Hiaßerche. Con VIarta Nadehku. Hamsterchen lehnte müßig orn Fen f!er ihrer Mansardenftube. Niedlich und sauber, mit blankgescheuertem Gesicht und glatten Haaren, ruht sie von ihrer' Hausarbeit an diesem son nigen Sonntagnachmittag und blickte sinnend auf die stille, weiße Land träte hinaus. Gie lieble . in die liest, feierliche Lautlosigkeit um sie her in lausch, wie einer l,ei!ulichea Weise, nur ihrem Ohr vernehmbar. ES war ihre Lebens Melodie. Stille und immer wieder Still Kirch hofZruhe im alte Haus bei den gut Jen Tanten, die nur ihrer Erinne eung lebten und die Graber ihrer Lie ien pflegten. So floß das Leben leise dahin, fast unmerklich in seiner tintönigen RegelmäßigKit. Alle Wün fche der Jugend schliefen em. man wurde alt. ohne überhaupt jung ge Wesen zu fein. Hamsterchen hatte wenig Zeit, über lich nachzudenken. Sie war als klei neö Waisenlind inS HauS der Tan ten gekommen, hatte Fräulein Klees Schule besucht, der alle deutschen Kinder ihre Bildung verdankten, und dann den Haushalt führen, gelernt. gab alle Hände doll zu tun, und von müßigen Stunden wußte das Mädchen sein Lebelang nichts. S hatte eS gut und war zufrieden, und Olle Leute nannten sie mit freundw chem Lächeln .Hamsterchen', we:. Tante Adele ihr. der kleinen, flinken, zierlichen Person, den Namen einst ge geben. Bei Tante Adele hatten alle Leute ihren Spitznamen, und auf de ren Erfindung war die Dame stolz. Jch habe meine eigenen Namen und meine eigene Grammatik", pflegte sie u sagen, wenn die Schwester sie auf ihre Sprachfehler aufmerksam machte. Dabei wackelte das rosige Doppelkinn, und die Nadeln des Strickstrumpfes klapperten kriegerisch. ; Hamsterchen war heute unzufrieden. Sonntags kam'S manchmal wie eine raüthc:t,über sie. so ein Nagen und Sehnen mit aufsteigenden Tranen. Sie begann in ihrem Stübchen um herzugehen. Ihr Blick streifte den Spiegel über der alten Rotholzkom wode. Sie blieb stehen und musterte das gebräunte, schmale Gesicht mit den müden, blauen Augen. Sie kam sich heute alt und verblüht vor. Wann war sie denn eigentlich jung gewesen? Und plötzlich schien es ihr. als hätte sie noch nicht ge lebt, sich nicht einmal auf sich selbst besonnen. Aber Hamsterchen hatte gelernt, sol che sentimentale Anwandlung zu be kämpfen. Sie eilte die Treppe hinab und begann im Eßzimmer den Kaf feetisch zu ordnen. Die Fenster waren weit geöffnet, und sie konnte den Marktplatz übersehen. ' Da standen noch die kleinen Wa en der Bauern in Reih und Glied. Die Pferde waren mit der Leine an den Staketenzaun gebunden, der die niedrigen Holzhäuser mit ihren La den von , dem Platze trennte. Die wollenen.bunten Sitzdecken blähten sich im Winde und ließen die dielen Pa kcte und Bündelchcn sehen, die nach dem Gottesdienste eingekauft waren. Die estnischen Bauern in blauem Rock. Kniehose und gelben Ledcrsan dalen schmauchten das kurze Pfeifchen und ließen plaudernd die Brannt Weinflasche kreisen. Die Weib mit ihren hohen, spitzen Mützen, deren bunte Seidenbänder wie Fahnen hin und her flatterten, den selbstgeweb ten. steifen Röcken und , farbigen Schürzen kramten ihre Dorfneuigkei ten aus. hantierten und prahlten mit ihren Einkäufen. Das war das Sonn tagsbild auf dem Marktplatz des Or tes. , wenn die Kirchenglocken der stummt waren und der Herr Pfarrer nach des Tages Mühen in der Boh nenloube sein Nickerchen hielt. Hamsterchen zuckte zusammen, dann horchte sie angestrengt Postglocken? Sie eilte vor die Haustür. Kam er denn schon heute, der längst Erwar tete, um den sich alle Tage dag Ge sprach drehte?, Sie fuhr mit zitiern den Händen an ihrem Schürzchen ent lang und fühlte, wie dos B'ut ihr heiß in die Wangen stieg. Ein Frem der im Hause! Nach Jahren ein neues Eksicht hier im Ort, wo alle Men scheu sich kannten . Der Junge kommt!" rief Tante Adele mit ihre? v lauten Stimme. .Minna hörst du die Postglocken?" Tante Minna - trippelte , eilig zur Haustür, stülpte das Spitzenhaubche über die weißen Haare, und ihre hohe Stimme klang noch weinerlicher als gewöhnlich, als sie sagte: .Gott. Ham Lerchen ist der Kasfee auch , stark g:nug? Immer näher klangen die Glocken: kling, klang kling. . . Die Frauen standen in zitternder Erwartung vor dem Häuschen. Tante Udele. die immer redselige, sprach ihre Befürchtungen aus: Ein Groß ' iUtz, tn Studierter wie wird cr die Tag hier verbringen? Was r, !rd man mit oem Jungen ansän ' n?" Denn der Junge" blieb er . z einmal, war es doch des ein ' z Bruders Kind, der sie ein be z ftie. Als kleinen Buben ' 'i fe den Ernst Flemming zu. ,:n, uns leine öiiciu;e wu - -') jt n.e n'sznte Erin Eine Staubwolke. Pferdegeirappel die hohe, grüne Postkutsche hielt vor der Tür. Da war er, der .Junge" eine hohe, kraftvolle Ge stall in prcuem Lodenmantel, flotter dunkler Bart, hübsche Männergestcht. ssnniqe Augen. Ein Lächeln flog über seine Züge, al sein Blick die drei Frauen streifte. Hamsterchen ärgerte sich. Wa bedeutete dieses Lächeln? War' Mitglied oder gar Ironie? Sie grüßte steif und kalt, bitter wallte e in ihr auf. .Unsere Pflegetochter Anna Lenz", stellte Tante Adele vor. .wir nennen sie Hamsterchen." Er reichte ihr die Hand: Darf ich auch Fräulein Hemstercheu sa gen?" Anna brachte kein Wort über die Lippen, sie meinte, im Augenblick diese sicher.-, frische Männlichkeit , zu hassen. Eine Stunde später bewunderte sie den Gast. Wie konnte er plaudern, wie interessant erzählen! Da war eine ganz neue WIt. die sich ihr of fenbarte. Tos war daS Leben mit feinen Kämpfen, seinen Erfolgen, mit seinem wilden Wogengang, mit Ebbe und Flut. Seit jenem Tage kam e wie ein Fieber über sie: Leben le den können. Aber lebte sie nicht jetzt schon? War nicht alles ander gewor den, und schien die Sonne nicht hel ler denn je? Eines Tages ertappte sie sich dar auf, daß sie eine kleine eitle Person sei. Sie stand länger als sonst vor dem Spiegel, schmückte sich mit bun ten Bändern und probierte neu Fri suren. Sie schämte sich vor sich selbst, und Tante Adele machte mit Stentorstimme höhnische Bemerkun gen. Sie versteckte sich, so gut es ging, vor dem Gast, aber wo sie es unbemerkt tun konnte, da beobachtet sie ihn. Sie fürchtete ein Gespräch mit ihm sie fühlte wie noch nie ihre Unwissenheit. An einem frühen Morgen traf sie ihn im Garten. Sie schnitt Rosen für den Frühstückstisch. da stand er vor ihr, lächelnd und sicher sie er rötend und linkisch. Jetzt wurde er mit ihr allein sprechen! Und er blieb, stehen und begann: .Ist der Tag nicht zu lang hier im stillen Nest, wenn man ihn so früh schon beginnt?" .Ja. still ist's hier ich glaub, es gibt auf der ganzen Erde keinen stilleren Ort", entgegnete sie leise .aber ich bin's gewöbnt. und Arbeit habe ich bis spät. Wir haben doch unsere Haustiere, den Garten und das Gemüseland." Sie wunderte sich selbst, daß sie so viel sagen konnte, und mit einmal war alle Befangenheit fort. Die son nigen Augen ruhten so warm und teilnehmend auf ihr, daß alle Scheu von selbst dahinschwand. .Und Sie lebten immer hier, wa ren nie fort?" .Nie. Ich kenne nur unseren Ort und ich liebe ihn. Früher, als die Tanten noch ihren Laden hatten, da sah ich mehr Leute, jetzt .ist's noch einsamer geworden." .Aber gab's hier auch jungen Ver kehr für Sie frohe Jugend, als Sie' Er stockte, er wußte wirklich nicht recht, für wie alt er die kline Seele taxieren sollte. Sie schüttelte mit wehmütigem Lä cheln den Kopf: .Die Jugend geht bald fort von hier. Die Alten woh nen nur immer hier, Leute, die Ruhe brauchen.' .Weshalb machten Sie es denn nicht ebenso, Fräulein Hamsterchen? Auch Ihnen stand die weite Welt doch offen.". Sie sah ihn erstaunt an, als rede er in einer fremden Sprache zu ihr: .Mir die Welt offen? O nein ich mußte doch bet den Tanten bleiben, ich habe ihnen ja so viel zu danken." ' Er sah sie aufmerksam ant Ein merkwürdiges Geschöpf, dieses kleine, blasse Mädchen mit dem verblühten Kindergesicht. So unberührt vom scharfen Lebenshauch. als hätte sie im Glashäuschen gesessen und wüßte nichts von Schuld und Ktmpf. "' .Sie Hausen hier wie Dornröschen im Märchengartcn und warten wohl des Prinzen, der Sie erweöl?" sagte er scherzend. Dann lachten sie beide, und er half ihr mit seinem Federmesser die Ro sen schneiden, denn sie hatte sich die Hand an den Dornen geritzt. Konnte ! sie so lachen? ! Sie verstummt fast erschrocken und 1 sagte ernst: .Ich bin ja kein Königs ' ;t iu,Aa v..- ,.. r.:s niiu. vyuic ytui B IjlUH WH auch nicht mehr. Ich bin ja nun auch ein altes Mädchr:." .Darf ich fragen, wie alt?" .Dreißig Jahre schon." .Me ein l unterdrücktes. Seufzen klang di Ant ! wort. , : : ,;;- ,, . . : Da sind wir ja beinahe Altersge nossen ich bin sicbenundzwanzig. Wollen wir gute Kameraden werden? ! Ich bleibe noch s:chs Wochen hier, da lebt sich's , besser, wenn man mal mit ! t'mrm brav? MensckkN t'tn ML?tksin reden könnt. Wollen Sie. dann schla gen Sie in,: Hamsterchen." : Er hielt ihr feine Hand hin, und seine Augen blitzten, sie fröhlich an. i Scheu legte sie ihre harten Finger in feine Rechte. .Ob Ich will? Schön war' schon, ober' .Nun wa sind da sür Be denken?" .ch bin gar zu langweilig und unwissend", kam' stockend hervor. '.Ach wa Unsi..n! Sie bö ren so schön zu, und da ist viel wert." Sie gingen zusammen in Hau. Er plauderte fröhlich darauf lo. sie schwieg, aber ein GlückSafühk drob! ihr fast da Herz zu zersprengen: E? ihr guter Kamerad. E war ja viel zu fchön, um e begreifen zu können. Jetzt war sie nicht mehr allein, sie hatte einen Freund. Ganz stolz war sie und immer verträumt, so daß die Tanten viel zu schelten hatten. Ach. all die fcösrn Zänkereien taten nicht weh, sie lachte nur. Und wie sie jetzt lachen konnte! Laut und lustig, wie ein ganz junger, forg'o ser Mensch. Schwing hatt sie. Flügel, die sie hoch emportrugen, so daß sie den Alltag gar nicht mehr r lebte, durch den huschte sie wie ine aufgezogene Maschine hindurch. Nur die Stunden empfand sie be wußt, die sie mit Ernst Flemming verbrachte. Sie machten zusammen Spazier gänge an di See, die zwei Stunden entfernt war. in den alten Schloß park, wo sie auf einer schalt'gen Bank faßen und er ihr vcrla. Di gräftliche Familie war ins Bad cx reist, der große Garten war den Ein wohnern des Orten geöffnet. E kam aber selten jemand. Jede Häuschen hatte sein Gärtchen,. und die Leute saßen lieber auf eigenem Grund und Boden. Dammrig und kühl war's in oen Alleen, wo die wildverzweigten Ulmen ihre knorrigen Arme zueinander streckten. Braune, beharrte Affenarme nannte Flemming die dicken, bemoosten Aeste. Er liebte diesen uralten Park, in dem der Odem einer längst versunkenen Zeit noch zu wehen schien. Anna war eine aufmerksame Zuhö rerin. und der welkerfahrene Mann weidete sich an der Freude und dem Staunen des Mädchens, das durch in zu erwachen begann und offene Augen für das reale Lebn bekam. Hamsterchen blühte auf. Sie zittert nur alle Tage davor, daß er von der Abreise sprechen würde. Aber er blieb und fand, daß' sich's hier ganz besonders gut arbeiten ließe. Eines Tages kamen tin Stoß Bü eher an und sein Fahrrad. Er teilte zu Mittag den Tanten mit, daß er noch einen Monat bleiben wollte, wenn es ihnen recht sei. Sie beeilten sich beide, ihm zu versichern, daß seine Abreis ihnen große Trauer bereiten würde. Anna schwieg, aber ihr Ge sicht war roll jauchzender Freude, und er nickte ihr heimlich zu. Sie wurden viel zusammen gese hen. Die Leute lächelten hinter ihnen her und tuschelten eifrig hinter ihrem Rücken. Gute Nachbarn fanden sich die mit den Tanten von diesem höchst unpassenden Spazierengehen sprachen und aus Freundschaft natürlich es für ihre Pflicht hielten, den alten Damen die Augen über ihre Pflege tochter zu öffnen. Es kamen böse Tage fürs Ham fterchen. Sie wurde einem Verhör unterzogen, und Tante Adele sorgte dafür, daß immer Arbeit da war. die diese .infamen Bummeleien" nicht mehr zuließ. Anna wurde blaß und traurig. Ernst Flemming är gerte sich und radelte alle Tage auf Stunden davon. Er begann aber seine kleine Begleiterin zu vermissen und langweilt sich allein in seiner freien Zeit. Da beschloß er, den bei den Tanten die .Mucken" auszutrei ben, wie er Anna zurief, die am Kllchenfenster Bohnen schnitt. Die alten Damen saßen in der Laube, und die rundliche Adele laö der Schwester aus der Provinzzei tung vor. Di kleine, hagere Minna strickte eifrig, und ihr zarten Nerven litten, wie immer, unter dem lauten, harten Organ der Schwester. Wie ine Bombe fuhren Ernst Flemming's Worte miten in den ge fllhlvollen Nekrolog hinein. -, .Weshalb wird Hamsterchen jetzt plötzlich eingesperrt? Ganz elend sieht das arme Ding schon aus. Paßt auf, sie" geht euch noch an der Schwindsucht zugrunde. Arbeit und immer Arbeit das ist die reine Tierquälerei. Habt ihr denn kein Erbarmen mit dem Mädchen? Ich kann's nicht mehr ansehen und hole noch heute den Arzt." .Um Himmels willen Ernst!" rief Fräulein Minna händeringend. .Ach was", fchrie Adele dazwischen, .ihr, seht Gespenster! Durch Ar beit kann man alle Krankheiten hei !n." Aber Ernst Flemming sprach so überzeugend, daß die gute Seele schließlich auch anz ängstlich wurde, und beidr ihm hoch und teuer ver sprachen. Anna ihm wieder für einige Stunden des TagcS anzuvertrauen. Zuvor hatten sie ihm aber noch von dem Klatsch gesprochen und chn bim i melhoch gebrten, nie mit Anna durch die Straße zu gehen, den diese Rücksicht auf den , lieben , . Nächsten wäre er, ihnen schuldig und aex al lern dem jungen Ding, .dem Hamster chen. ' i . , . , , ' Da lacht; lMenin.inz hell auf! ,Ach was - sie ist doch eigentlich XhHt Cmasj ?riie. schon ein eitel Mädchen, da müßte doch mal die Bevökmndunz oufhö ren. Jun Tinz rein, wirklich zu komisch da, ftic Im Leben hab: ich daran g?dack,t. daß Hmstrchea ein junge Mädckn war." Anna hatte gehorcht. .Alte Mäd chen" hatt er gesczt alt alt. Da hatte sii r.cn von ihrem Lau schen. Die Tränen stürzten über ihre Wangen, und sie lief, so rasch sie , konnte, zum Garten hinaut auf die i weite Weise, an den Feldern ent lang, in atemloser Hast immer ge radezu. nur daß ihr kein Mensch be gegnete. Alt - alt! Wie Peitschenhiebe klang ei In ihren Ohren. Si war ja nie jung gewesen,, hatt nie ge liebt, nie einen Menschm für sich gehabt. Und jetzt da war endlich die Jugend gekommen, führte sie in den goldigsten Sonncnsch?in. und ihre Seele war wie eine tönende Harfe und ihre Tage wurd:n zum Lied, da nie verklingen konnte. Jetzt war aber da? alle viel zu fpät gekom men. Lächerlich war'! weiter nicht. Er hatte gelacht, und sie lachte auch, b! S ein Schluchzen wurve und dann ein verzweifeltes Schreien. Sie sank ermattet zu Bcden. mitten auf die große, frei Fläche hin. Wie ein graue Bündel lag sie da. Tiefe Stille um sie her. Ihre Le.'enimelo' die. Mit müden Gliedern erhob sie sich. Sie mußte den W:g zurückfinden in ihr altes Leben, zu ihren Pflichten. Die Festtage waren vorüber, der tö richte Traum war auö. Boll roter Feuergarben strahlte der Himmel in Adschikdöfcnnenglut. Ein leiser Wind strich über die Ebene, da hohe Gra rauschte, die Aehren neigten sich wie Seufzen klang ti. D leuchtenden Farben verblaß ten nach und nach, graue Wolken deck ten sie zu, wie ein Traum verwehte die purpurne Pracht. Abend. Hamsterchen wandte sich heim wärts. Die Tanten sorgten sich ge wiß schon, die vielen kleinen Pflich ten riefen si. Weiter blieb ihr ja nichts als diese Pflichten des fordern den Alltags. ... Seit jenem Tage war sie wie zer brachen, sie konnte nicht wi'der froh werden. Finster und kalt war's in ihr und eine Oede, vor der ihr graute. Sie nahm sich mit aller Kraft zusammen, aber nachtö, da packte sie ter Jammer ihrer Liebe, die sterben sollte und doch so heiß nach Leben verlangte. Draußen regnete es. und sie wünschte, die Soni'e möchte nie mehr scheinen, denn so konnte sie unauffäl lig in Zusammensein mit Ernst Flemming vermeiden. Aber der Him mel hatte bald ausgeweint, und die Julisonne trocknete schnell die nassen B.ege. .Heute wandern wir wieder , rres der .Junge' frühmorgens den Tan ten zu, .Hamsterchen muß wieder fröhlich werden.' Und Anna mußte lachen, denn vier fragende Äugen starrten sie durch blitzende Brillengläser durchdringend an. Und sie wanderten wieder.' Das Hamsterchen mühte sich, auf das frohe Plaudern ihres Begleiters inzuge hen, aber sie war doch so anders als sonst. Er betrachtete sie neugierig von der Seite und sand, daß sie heute hübsch war. Ihr Gesicht hatte einen neuen Ausdruck, in , ihren .Augen brennte ein Feuer, daö machte sie groß und tief. Tann das weiße Kleid mit der hellblauen Schleife ganz festlich sah das kleine Menschenkind aus und eigentlich jung. Er sagte es ihr in seiner fri schen Jungenart, die ihr so wohltat, und sie errötete bis an die Stirn hinauf. Dann sprach sie schnell: .TaS will ich nicht hören darf nicht vergessen, daß ich ein altes Mädchen bin." Er sah sie erstaunt an, und das Mitleid packte ihn mit dem armen Aschenputtel, das die Freuden des Le bens nicht kannte. Im Weiterschreiten schlang er den Arm leicht um sie und sagte: .Um sein Leben neu zu zimmern, ist kein Mensch zu alt. Auch Sie müssen daran denken, in ine andrre Bahn zu kommen, denn die Tanten sind schon recht hinfällig, und Ihr Weg wird bald frei fein. Vergessen Sie nicht, daß ich immer bereit sein wür de, Ihnen zu raten." Und als sie schwieg, da begann er von sich zu sprechen, von seinen Plänen und seiner Arbeit, und daS machte si: stolz und froh. ' Sie be merkten es beid' nicht, daß eine Radlerin ihnen dicht auf den Ferfen folgte. . ; Ein energisches Klingeln erschreckte sie. Beide wichen zur Seite und blie ben stehen. Ein hübscheö. dunkeläugi ges Mädchen sprang vom Rade und begrüßte Anna. Es war des Pastors Enkelin, seit gestern erst im Ort, die sie mor gens im Pfarrhause gesehen hatte. Sie stellte Ernst Flemming der jun gen Großstädterin vor, und bald wa ren beide in einem eifrigen Gespräch. Anna' verhielt sich schweigend -und fluschte. Wie beneidete sie das Mäd chen um ihre sichere . Art. um ihr Wissen und um ihre Jugend. Es würgte sie im Hslse vor Bitterkeit id oufsttigekiden Tränen. . Wie eine Vusgestoßene kam sie sick) vor. - V und Ihre Schritte wurden immer lang famer. - Ja. die beiden paßten zusammen. Jugend ,! Jugend! Der klein, stille Ort war mit ei nem Schlage ganz verwandelt. Leu t. lachend Stimmen, junge Gesich ter. auf den Straßen. Tel alten Pfzrrer siebzigster Geburti'ag stand vor der Tür, und nun waren sie alle gekommen, die vielen Paflorkinder mit ihren Kindern, und mancher jun ge Student hatte seinen Kommilito nen mit !nS kleine Nest gebracht. In Großmutter Flemdenstuben war Platz genug, und auf die ttastfreund schuft der alten Herrsck,aften konnte man sich allemal verlassen. Et sollte diesmal ein große Fest werren, denn so viel Jahre in Amt und Arbeit sind keine Nlein'okeit", schrieb Groß mama in olle Städte, wo Kinder und Enkel hausten, .kommt nur und sorgt, daß alle rech! lustig und schön werde." Tie Frau Pastor war eben ein Original, .nimmer müde' und .ewig jung" nannte sie ihr Gatt. So kam es. daß die bucklige Schneidermile in diesen Juli gar nicht zur Ruhe kam. Tie Tamen modernisierten ib?e Kleider, und in den schwarzen Rocken der Männer gab' manch Motienlöck'ein zu stop sen. Die liebe Dorfjug'.id au dem Kirchspiel' prüfte die Zaunlücken im Pfarrgarten und tohrte heim lich Löchlein dazu in di morschen Latten. Ernst Flemming war bald mehr im Pfarrhaus al bei den Tan ten. die ganz empfindlich waren, wa er aber gar nicht bemerkte. Man hatte bald seine Taleite entdeckt, und er mußte überall im Festprogramm mitwirken. Der Himmel lachte am 25. Juli. Kein Wölkchen trübte da sonnige Blau, goldene Strahlen huschten über Blüten und Blatter, über blonde Gelock und braun. Zöpfe. Anna war von früh an im Pfarr haus. .Ohne Sie. mein liebe Hamster chen. kann ich n'.cht fertig werden", hattt die Frau Pastor gesagt. So war sie von vornherein vom frohen Treiben der Jugend auSge schlössen. Sie weinte viel h'iße Trä nen in ihrem Stübchen: zu alt für die Jugend, zu jung für Alt und immer nur abseits allein und ganz einsam! Wurde sie die Kraft haben. Ernst Flemming und Benita Rose beieinander zu seen, ohne mit der Wimper zu zucken? Sie ordnet die Mittazstafel, an der nur die Familie teilnahm, und zählte dreißig Gedecke. Schnell warf sie einen Blick aus dl Paare, die durch den Laubgani daherkamen, dann eilte sie in die Küche, wo sie die Oberaufsicht übernommen hatte. Lied lich wie ein Märchens war Benita neben ihm gegangen nebm ihrem guten Kameraden, der sie jetzt verges sen hatte. Erst nach dem Mittag zeigte sie sich wieder im Garten, um den Tisch abzuräumen. Sie schaute sich nicht um, si: wollte nichts sehen nur ar beiten, ihre übernommene Pflicht er füllen und Ruhe finden. Aber da war er schon an ihrer Seite, dem sie nicht begegnen mochte. .Wo stecken Sie denn. Hamsterchen? Ich konnte Sie nicht finden." Er nahm ihre Hand und fah sie mit seinen glücklichen Augen an. ' Da zwang sie sich zu einem La cheln! .Ich bin heute Haushosmeiste rin." Und die rüstige Frau Pastor trat herzu und küßte ihr fleißiges Ham fterchen mit einigen dankbaren Wor ten, die ihr wohltaten. Ernst Flcm ming aber rief mit lauter Stimme: .Stimmen wir ein Hoch an auf diesen guten, freundlichen Hausgeist, der selbstlos schafft und dessen Leben nur andern geweiht ist. Daö liebe Hamsterchen soll leben!" Anna stand zitternd da. Jubelnde junge Stimmen umbrausten sie, und sie lächelte, während in ihren Her zen seine Worte tönten: sür andere leben. Ernst schüttelte ihr die Hand, und alle folgten seinem Beispiel. Er wollte sie heute erfreuen und ehren, die kleine Mott, die ins Licht geflat tert war und sich die Flügel versengt hatte. Er war glücklich, und .sie sollte wenigstens einen Augenblick der Freu de haben. Gar arg hatte er sie ver nachlässigt in den letzten Tagen, und daS fiel ihm aufs Gewissen. Der , Abend wurde besonders prächtig: lebende Bilder, Feuerwerk, Illumination ja, sogar eine ge schmückte Gondel schaukelte auf, dem Teich., , : Die jungen Mädchen waren schon seit einer Stunde beim Ankleiden. .Hamsterchen. ach, bitte, liebes Fräu lein Hamsterchen", so hieß es in ei nem fort. Anna half, sicckie. stichelte, bewun derte, flocht Benitas herrlich: Zöpfe und hackte ihr das Mieder zu: Wie schön war di Jugend! Dies vollen Arme, diese srische. rosige Haut! Blit zende Aucen roll freudiger Erwar tung und Ungeduld, frohlockend und siegeegelviß. Und dcS hilfreiche Ham stecchen unscheinbar, im Schat ten verblüht im Schatten ver, welkt. Mit dem Recht der Jugend schritten sie alle über das heimliche Wünschen des ältenn Mädchen hin weg., , ' .Cif.d wir so schön?' .Bin Ich nett?" .Steht mir daS Kleid?" So fragten sie durcheinander, bi d.i Signal zum Beginn der Auffllh rung ertönte. Note Flammenalut durchleuchtete den Gar'en. Dornrökchen lag fchlaflnd unter Rosen. Flammen glut loocrte cuf dem Gesicht de .Prinzen, al er sich zum Kuß nie oerugte. Rote Fkan.men schlugen über An na Haurt und tan-en vor ihr.n A'gen, so daß sie nicht mehr sah. Sie flüchtete in den dunkelsten Gang, ei war zu licht um sie qeworden. Au der Ferne Geläch.'er. Stimmengewirr, ein schimmernde Durcheina-ter. Der müde, schmerzend Kopf de Mädchen sank auf die Steinbank. ibre Seele schrie nach Frieden Erlösung von allem, Leid. 1 . Ernst Flemming hatte Abschied qe nommen. Die qrüne PostkutsFie stand wieder vor d:r Tür de kleinn Häuschen, und die Glcäen laute ten am Halse der Pferde: kling klcinz. Wie Sterlegeläut dünkte e Anna heute. Stumm und bleich stand sie zwischen den alten Tangen. Sie fühlte den Druck seiner Hand, ober sie hob die Augen nicht zu ihm auf. Der Blick mußte ihm ja alles verra ten. Dann wa: er fort. Nur eine Staubwolke flatterte noch über d'e Straße hin. Fern klangen di Post glocken. Die alten Damen kehrten in die Stube zurück, plauderten von dem .Jungen" und freuten sich im stillen, daß sie nun im alten, ge wohnten Gleise weiterleben konnten. Anna war über die Wiese gelaufen. Sie mußte ihn an der letzten Wegbie gung noch einmal sehen Ten Arm um einen alten Weidenstumpf ge schlungen. wartete sie. . Da hielt der Wagen. Ernst Flem ming hatte sie bemerkt und stand vor ihr. .Hamsterchen, Sie haben meinen Wunsch erraten. Mein lieber Käme rad soll sich mit mir freue.r. Seit gestern ist Benita meine Braut." Er streckte ihr beide Hände hin, die sie herzlich faßte. . .Ich wünsche Ihnen viel Glück" Sie lachelfc, und ihre Stimme klang fest. ! .Viel Glück", wiederholte sie leise. Ein Windhauch schien daS Wort cken fortzutragen. eS umschmeichelte lange noch da Ohr de ManneS. der dahinfuhr. um sich sein Glück zu holen. Anna schaute '.hm nach. Eine fast feierliche Ruhe war über sie gekom men jetzt, wo er da Schwerste von ihr verlangt hatte sich mit ihm an seinem Glück zu freuen. Sie wanderte nochmals durch den einsamen Schloßpark, in dem sie ihre späte Jugend erlebt hatte Ihr Herz war voll Dank, daß auch sie einmal bor den Toren des Lebens stehen durfte. Sie kam sich plötzlich reich und gesegnet vor in ihrer tiefen, entsagungsvollen Liebe, durch die sie zum Weibe erblüht war, uiid die Worte, die Ernst gesprochen: .für an dere leben" klangen ihr wie in Ber mächtniS im Herzen. Die Sonne, snk, als sie dem Häuschen zuschritt. Die alten Tan ten standen wartend und besvrgt vor der Tür. .Hamsterchen", riefen beide, .wo steckst du?" Und sie schlangen die alten Arme um daS Kind und schoben sie in die Stube. Ahnten sie etwas? Stand die Er innerung an die eigene Jugend vor ihnen? Die Sonne war untergegangen. Der kleine stille Ort schlief. Ueber dem alten HauS am Marktplatz sun kelte der helle Abendstern. Japanische Sprichwörter. Es ist leicht reden, aber schwer tun. Wer drei Tage Bettler war. kann diesen Beruf nicht mehr aufgeben. Das Geschenk, welches ich gebe, ist teuerer als daö, das ich erhalte. ; Wer einen Freund zu sehr liebt. verliert dadurch zehn andere Freunde, ck Wenn ich der Freund vieler Men schen bin. werden mich nicht alle für ihren Freund halten. , Wer im Frühling keine Blumen hat. kann im Herbst keine Früchte verlangen. , .. När wahre Menschen besitzen Höf lichkeit. . Höflichkeit . ist nichts anderes alS die angeborene Natur deS Menschen, die weder zu sehr noch zu wenig dop Handen sein darf. " Das Schweigen ist leichter als daS Verbergen eines körperlichen Fchlns; ober daS Verbergen eines seelischen Fehlers ist schwerer als daS des kör beinahe wie In HUita. fl'lditlflrr l'ositn . Irontrlbifiisl X Cm' in ,etz iichigi f. Schon diele ist darüber geschrie fy ben worden pl,iuderl ein Korre Y spondent au Cadillac. Michigan , welche unschätzbaren Dienste Hun'e In Alaska im Besörderungsiv'.sen leisten: aber man braucht noch lange nicht so hoch in den Norden hinauf l u gehen, um eine fehr ähnliche Er cheinuna den antuen Winter hin durch zu finden! ?wn nördlichen TIU . . chigan, und auch in manch' fern ' l nördlichen Strichen von Wisconsin und Minnesota, herrschen ost fast I dieselben Verhältnisse, wie in Ala la und tm fernen kanadischen Nord Westen. Nur selten wird da Wet ; ter in AlnSka lä'.ter. al e häufig in manchen Zeilen der oberen Halbinsel von Michigin ist! Nur mag vielleicht der Schnee in Alaska stellenweise noch etwa höher liegen. Und die topo graphische Gestalt dieser Regionen ähnelt derjenigen eine großen Teile von Alaska und des oberen Kanada sehr. Daher wird namentlich in Strichen mit dürftiger oder gar kei ner Eisenbahnverbindung den Hun den dieselbe Hauptrolle zugeteilt, und sie füllen dieselbe mit Glanz au, wenn es auch keine Valamutes oder .Huskies" sind. k Agenten und Arbeiter der Holz V Industriellen und Forstwärter haben diese Hunde besonder viel im Dienst, einzelnen und in Gespannen von drei Ibis fünf oder mehr.' Man erzählt j sich vieles von der großen Intelligenz , und Ausdauer dieser prächtigen Wau waus, welche übrigens nicht halbwild sind, wie die meisten alqskansfchkn ' I Trnnfihnrt sntnh nfir nrt ?iirk r-.. - v-.. t- tigkeit schwerlich hinter ihnen zurück stehen. Einer der hervorragendsten Hun degespann-Besitzer ist Charles Hickock von Gaylord, Forstwärter für die .Michigan Hardwood ManufacturerS' Association", welcher schon seit die len Jahren in seiner ausgedehnten ! Tätigkeit in nördlichen Wäldern 'auch in einem großen Teile von Ka - ' nada sich der Hunde , Gespanne mit großem Erfolg bediente. Er hat . auch einen der besten, und bei Holz I sällern populärsten Schlittentrans port-Hunde, welche es weit und breit gibt: .Sport" wird er genannt; er ii eine große, sehr schöne dänische j Gold-Togge. etwa 100 Pfund schwer und schon 9 Jahre alt. Trotzdem er also schon ziemlich bejahrt für einen Hund ist, leistet er noch ganz Er staunliches am Schlitten und ein an 'derer Eigenschaft. . .Sport" hat größere Anhanglich I seit für seinen Herrn, als viele Kin, j der, wenigstens amerikanische ' für ihre Eltern haben. Er ist eilt fas unglaublich gut geschulter Führer vo , Gespannen und hat als solcher im ganzen verschiedene Taufende von Meilen zurückgelegt. Trotz seiner vielen Erfahrung mit Hunden in solchen Diensten, sagt Herr Hickock, habe er noch nie einen gehabt, der für ihn so viel zu bedeuten habe, wie , Sport", und zwar nicht im Winter 'allein. Im Sommer, bei trockenem Wetter, leistet dieses Prchttier so , viel, wie nur irgend ein Mensch, im , Entdecken von Gestrüpp , Bränden, ! welche so vieles Unheil verursache I können, und rapportiert, dieselben ! rascher, als irgend ein Mensch t , könnte. Wenn er sein verdienstvolle Leben beschließen muß, so werden viele um ihn trauern. (. Doch glaube man nicht, daß dieser Hund etwas so Ungewöhnliches un ter seinesgleichen wäre. Noch diele andere ausgezeichnete Hunde, für den Transport und für allen Wachdienst, sind im oberen Michigan usw. zu finden. . Drei bis sünf im Ge spann, jeder die Schulter an feinen Kragen gepreßt, ziehe eine ' Ladung bis zu 600 Pfund ohne besondere Schwierigkeit große Strecken; ja sie scheinen die Arbeit mit Lust zu ver richten. AIS die besten Hunde für den Transport von Lasten gelten hier im allgemeinen Mischlinge von Blut Hunden. Mastiffs und. Größere Da nen (Ulmer Doggen). Sie haben wundervoll ausdauernde MuLkeln. eine starke Brust und starke Beine und lassen sich gewöhnlich am erfolg reichsten im Geschirr ausbilden. In der' großen Welt sind sie noch lange nicht genügend bekannt und gewür digt, und ihre Herren und Züch ter auch nicht. , . Mit einem alten Trick arbeitet in Deutschland ein Schwind ler, der seit einiger Zeit die Postäm ter unsicher macht. Der Schwindler beobachtet in den Schalterräume Laufburschen und Lehrlinge, die Geld einzuzahlen haben. Findet er einen jungen Mann, fo stellt er sich al . Postdirektor vor und bittet, für ihn einen größeren Betrag von der Reichs dank oder , einer anderen ' Großbank abzuholen. , Er Überreicht 'dann auch dem Boten, der gleich eine Mark als ' Lohn erhält, einen Briefumschlag, auf d?m die Summe, die von der Bank angedllch abgeholt werden soll, verzeichnet steht. Um den jungen fV Mann nicht Zeit verlieren zu lassen. erbietet, sich, der .Postdirektor", in. zwischen die Einzahlung selbst zu !e sorgen. Uebernimmt der Bursche den Botengang, so verschwindet der Direktor" mit dem Geld. .