Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, March 15, 1913, Image 7

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    II
i W .
V. A.
? ;." I ah
f .'-N-UeW
U
il
:
c
l
,h
n
Ä
ir ,
t:
, 1
, ." V
t '
i
1
l
V
N
I
i
TaS Herbstglulk.
Clit von ÄZte Lulwk'öki. '
.Mädel. Mädel, besinne dich end
lich auf dich selbst und aus das. Wal
wir un, vor sünszehn Jahren unter
Ktr nrnJln 'FMlllMi n(iitnrtr.n sin
v V ,w v' rc
vtn , iag,r vn iiinociaijim onor
Gertrud Pettsold zu ihrer Freundin
?m ül i , v r 'r i Hast du e, denn schon erprobt?
Die Angerede srich d,e braunen'' Wrnid(f, d zerbrochen im
Haarweaen d,e tref in d,e we.Ke.noch G(au6 f(n( ;.fnfd)tfifn mi n3 QC.
giunc iciuii tyiiinuictcu, vuug Äu
tücf und sah zu der anderen mit ei
nem bortvursbvollkn Blick aus: .War
um erinnerst du mich gerade jetzt dar
an. Gertrud?"
, Die Aerzin kachelt sein: .Weil ich
mein, daß du dich nachgerade ouSge
schlafen haben kannst."
.Ich schlafe doch nicht. . ."
.DaS Gesähr'.'chste bleibt stetZ der
Zustand, den der Nranke nicht an
erkennt! ToZ kannst du mir glmi
ben. Du hast dich so fest und be
t 4. i -. 1 "v 1 ; ul iv. v w -V vw tt
bagl'ch in dein v.rmeintlichkS Unglück,, ei ruhiq an das Aufgebot und
ingksponnen. daß du dich bimt, seit Aussteuer. denn ich hab. einen
u.iHi. w imm uunn iuvii ui.u
jeden als deinen persönlich? Feind
betrachtest, der S dir durch gute Nat
schlag rauben möcht. . ."
Berta Mir fuhr empört von ihrem
tuhl auf:
So hast du ja r.och nie zu mir ce
prochen! Soll ich dich, die einzige,
v . s nii wi nnti r ai hih n ?
et . .f . ...
5""'
auch noch verlieren?
, '
tnIgkJNkte die
ik 1 .Da hast du es iu",
' A'?,tin h-lnmhfi!Tnh 91ITp8 fall
"ii" - "r 7 " w -
dir entschwunden sein. Völlig beraubt
l ' du. Die Elendste, nicht wahr?
U.. , ajt dock deinen gesunden Zlör
und Geist, hast in bequemes
is kommen. . ."
.Ich weide irre an dir. . . zum er
stn Male", stöhnte die Freundin.
.Träume ich denn das nur alls?i
Bist du dc.s wirklich, die vor mir steht
, und solch Worte spricht?"
'.Du bist ausnahmsweise ganz
wach, meine Beste. Darüber beruhige,. au( ti3 0llf den Aeltesten. dn
dich nur." Jungen. DaS war von jeher ein Sor
Ja. was ,st das denn aber? Hast.. Ein Hartkopf, an dessen
du vergessen, daß ich den Mann, den,, niemand herankam. Auch mir
,ch Über alles liebte, an ine ander. (i vergönnt, ihm näher zu
, die , wie eine Schwester von meinen kommen. Mit dem wirst du viel
Eltern gehalten war, verlieren mußt, orge haben."
das meine guten Eltern in einem $ .'in fkineS Lächeln
Jahr die Augen für immer schlössen, m n Mund der immer noch Lieb
L'?"'.. wF.en und nutzlos Ii(fj.n: Su meinst gewiß, daß er sich
m a J ' tm V : . . , r i I V. w i 1 . . .
fr "Hl iiantii iurjitn u;c vaau
j,eau den Augen.
lXpit Aerztin ergriff ernst, jedoch
nmi"uhrt ihr Hand: Nichts ver.l.g e? Wenn er mir sein kleines
g,sse ich Berta. Alles hzbe ich m,r. Hz erschlösse? Ich bin ja so ganz
kvor rch zetzt über deine Schwelle ! gdrS wi ihr. Gar nicht stark und
zLim, noch einmal überdacht: deines stT " -NSI?"."
und deincS LebcnS, Die Aerztin mußte den Kopf schüt
Dom Irti im nu&nertinfi unk m.i r:4. cxn..r:..
7 v V Ti . " .
abgewogen habe die F'.euden waren
tsti& ist dir durch den Tod
KiPtintt Eltern daS Herbste widerfah.
m.ren, und ich bin die letzte, die das
.MHt mit dir empfi kann. Jener
.,-Mnn aber beri es mir Bertha!
der suchte in fci ?,e starke, opfe
..runasvolle Frau unk., fand nichts als
,jaS Kind, daS geliebt und ver
hätschelt sein wollte."
s." .Du gibst ihm also recht?"
.lul. m: ij. rr:t..:jt,i..o
r' .ji ein Äiucnnujici
Willst du wirklich die wahre Mei
,nung über die alte Geschichte hö
'
l' fflm ntsiAf ? it firtft
i- -( ff v v 4 iitwvtytv va uvt 7M
v, bisher noch stets gewußt, mir darin
Bevukiche"-"
m Ü höre alfo. Gewiß, wenn
aiM l zählst, tat er dir bitteres
? !Ugre)t, brach die Treue und den
.?Mchur. . . Aber hast du dich auch
. z.'.ZwalS gefragt, was ihn dazu getrie
n hat? Ob er nicht auch harte
ämpfe erlitt, ehe du ihn soweit ge
' acht hsst?'--
iel, ' .Ich ihn gebracht. . . um Gottes
gMen, was sprichst du nur heute?"
, .Es hängt mit dem Vorschlag zu
immen, den ich dir anfangs machte,
,j'd auf den du nur ein müdes Kopf
kziUliein oane I. . . . as ylll vu
r, ..si.,;;f,rt iv.v.
"ii.i.. nn -i va
iguuyiic ui rnii uuiyuuuyu.
er hatte sich gefreut, wenn sie
Pflichten bekäme. Jede an
e hatte, als ich ge ragt: ffltu t
diesen mutterlosen Kindern, deren
ter auf einer langen, beschwerli
Fsorschungsreise weilt, Hüterin
d Pflegerin werden, willst du end
ich deinem Leben einen Inhalt ge
ben?", ein freudiges Ja bereitgehal
ten.. Du schlugst die Augen zu.Bo
den. nur damit ich nicht den Blick des
kVorwurfs. der in deinen Augen doch
.sicherlich gelegen, sehen sollte."
i Ich war erschrocken das gebe
Lch gern zu."
!'! .Erschrocken wovor denn? Reizt
r?eS dich nicht, einmal für andere zu
Arbeiten? Schwer schaffend dein ei
rlgfneS Leid. daS du so ängstlich in
),Ehren hältst, zu vergessen? Freude zu
.laenren? zs eueicni lonai w i"
nen, dich selbst zu freuen zu ia
rhen. . ."
.Ja, wenn ich das erlernen konn
te. . Eine still Sehnsucht klang
auS der matten Stimme.
.Du kannst es. Berta. Vertraue
mir! Ich weiß am besten, welch
Trösterin Arbeit , und Pflicht sind,
Sieh, ich habe dich ein paarmal auö
Krankheit errettet. Das einemal war
es in schwere Sache. Du hattest
daS Typhussiebe? zu lange unbeach
tet gelassen. Ist dir da auch nur
einmal der Gedanke gekommen, ich
W I
IT.
.
"Ui-
TM
M
Zchch:
rairi
könnt mich im Mittel rergreiftn. dirjdiM zwischen der bisherigen Haus
I verabreichen lassen, was dirdame und PfleLcrin und der Kreun
schadet, dein Leben kürzte, flolt fJ zu
verlängern?"
Niemals, Ttuc", untwortele die
ander dankbar. Ich hat! sleti fe
!c Vertrauen zu dir."
verloren?
' 1 . ,
stehst du tind nun xiötzliq
.Äkriortn o nein:
'. Ich iiterte
,, ij
,2,
ich fühle, daß Ich eigentlich
legen? Ich glaube dai nicht. , Ein
Versuch nwNr nicht gemacht. Und
darum laß dir raten, Beria. Dein
Jugend will entweichen. Sorge dafür,
daß wenigstens dein Alter reich und
gesegnet ist."
Wa riiißte ich dazu tun? Nach
deiner Meinung!"
Etwas ganz Einfaches und
Selbstverständliches. Mich bevollmäch
tigert, daß ich an die Hausdame und
Pflegerin der mutterlosen Ninöer ei
neu Brief schreib de Inhalts: Den
voll,rt aen ffrsak für G e. E ne
Freundin, für die ich mich der
bürge. Sie wird ihren Platz schon
ausfüllen."
.Du glaubst doch aber in Wahr
heit gar nicht daran?"
Freilich bin ich ganz fest davon
überzeugt. Ich mein, daß In dir
, M . j- m
MV"slVMrl" o v
,g viel verborgene nrasl . sco'.um
! mern, daß du km Atttiang lio,l
, zcht au, dem Erstaunen heraus
kommst."
.WaS hatte ich denn in d'eser Zu
kunst zu tun. Trude?"
Genau aufzuzählen vermag ich dir
das nicht. Aber du magst dich selbst
belehren, wnn ich dir sage: fünf
Kinder sind da. DaS kleinste, bet
dessen Geburt die Mutter starb, zählt
zwei Jahre. Gesund sind sie alle,
wenn auch sehr ?.art. Es ist nam
lich keins da. oaS ich nicht schon mal
behandelt hätte. Lieb und artig sind
,auch vor mir zurückzieht, weil er S
a vor euch vorzüglichen, starken x.ti
!ten tat? Wenn dem nun aber nicht
mn: .i)J8 iw uuiuiitu, otuu.
zamit verzettele keine Zeit! Hoff
nmm lasse erst treiben, wenn du al
j 1,1 Men k,st. Sonst wackien dir
wiederum die Enttäuschungen über
den Kopf. . . Nun, soll ich in dem
angegebenen Sinne der jetzigen Haus
dame schreiben?"
Wieder stritten Zweifel und Scheu
in Berta Miz: Wenn ich nun aber
deine Erwartungen täusche?"
.DaS hast du bereits mehrmals ge
tan. Kleine. . . darüber gräme dich
nur nicht. Es war die härteste Ent
täuschung in meiner. Praxis, daß ich
bisher für dich und dein Schwäche
nicht die richtige Arznei zu finden
vermochte. Du meine Zeit ist jetzt
aber um. Ich muß ins Krankenhaus.
Hast du dich entschlossen?"
Noch einmal ging ein Zucken
über Bertas Gestcht. Dann schlangen
sich die schmalen Hände fest zusam
men: .Ja. . . ich habe mich entschlos
sen. Ich will die Stelle annehmen!"
Die Aerztin sprach kein Wort wci
tcr. Sie neigt sich nur hernieder
und küßte die Freundin herzlich.
Stumm wollt sie auch jetzt zur Tür
hinaus.
Da drängte sich Bcrta an sie. .WaS
habe ich damals eigentlich unter der
Blutbuch geschworen. Gertrud?",
fragte sie leise.
.DaS Nämliche wie ich, Berta:
daß wir niemals aufhören wollen, das
Leben zu zwingen, auf daß es uns
nicht zerbräche."
Bier Wochen waren seit dieser
Unterredung vergangen. Berta Mix
war auf das stille, große Landgut
übergesiedelt, trotzdem sie inzwischen
die volle Wahrheit erfahren hatte. . .
Es waren die Kinder ihreS Iu
gendgeliebten und die der toten
Freundin, die sie einst um ihr jubeln
des. junges GlllZ gebracht.
Fast zusammengebrochen war sie,
als sie es zuerst aus dem Munde
der Aerztin erfuhr. Schwer; Ankla
nm kielen von iluen Livven. Ger
trud Pettsold aber war weder ge
kränkt, noch erzürnt gewesen,
&te
hatte sich längst aus derartiges gefaßt
gemacht.
Schließlich, als der Sturm der
Empörung, das Gewitter des Schmer
zes vorübergezogen war, kam die Er
durch die Tränen. Berta Mix
! hatte stundenlang im dunkeln Zim
'met gesessen und geweint. Hatt e?
jm stillen als ganz felbstvrrständlich
hingestellt, daß sie nun diese Stelle
antrete und war zuletzt doch
,u zum vorher bestimmten Termin
gegangen, icer iwann, der s nie
mals wiedersehen wollte, war ja nickt
daheim, Ja, er hatte überhaupt sei
nen Teil an der ganzen Sache. L
din war die Sache abgemckt wor
den. Er war auf einer Forschung'
reise, die ihm fein autaehendei Land
serbe. daS. ihm in Onkel hinterlassen.
gestattete.
ehrte er zurück, war sie m,i
mehr da. Er würd vielleicht ihren
Namen hören, denn die Kinde: wür ,
den zuweilen von ihr sprechen, und
nach ihr fragen aber auch nicht
mehr. Sie blieb für ihn unsichtbar
und verschollen, wie dies letzten fünf!
zehn Jahre. I
Fünfzehn Jahre! Welch lanfle '
Zeit! Sie umschloß Jugend. Hmer
keit und Willen. Damals, all er
ihr das angetan, als er in einem
langen, traurigen Brief auZ:inander
gesetzt, wie er sich so tief in ihr ge
täuscht, wie sie ihm nicht von olle
dem. was für ihn der Begriff deS
Glückes sei. gegeben habe da hatte
sie beschlossen, daß er hinfort für sie
tot sein solle. Sie hatte daS auch
gehalten. Niemals fragte sie nach
ihm. Sie wußte gar nicht, wo er
lebte, ob er glücklich mit der ehema
ligen Freundin geworden. Sie
wußte nur. daß er ihr alles geraubt,
waS in ihr hatte blühen und duiten
wollen, daß sie in einem vorzeitigen
Herbst stehen müsse, der um ss här
ter und vernichtender auf sie wirke,
als ihm kein Sommer vorangegangen
war. der Früchte reifen ließ. Denn
nur ein kurzer, kümmerlicher Lenz
hatt in ihrem Leben gestanden.
Ein wenig heiße, brennende Sonne
war auf ihr Haupt gestrahlt, und
zwar in der Zeit des kurzen Trau
meS. Sie hatte genug Acngste und
Kämpfe durchgemacht. DaS Gefühl,
daß er anderes von ihr erwartet, daß
er bereits in ihrer unfertigen Kin
derseele ein starkes Wollen und Un
terstützen gewähnt, war bald, nach
dem er ihr den schlichten Reif an
gesteckt, in ihrer Seele. Und zugleich
damit kam die entsetzliche, trostlose
Angst, daß sie ihn verlieren könne,
über sie. Niemand konnte ihr daraus
helfen. Niemand einen Weg zeigen,
auf dem sie ihm Halt und Freude
entgegenbringe. Ihre Mutter hllt't
seit Jahren daS Bett. Sie durft
keine aufregenden Worte hören. In
ihrer Nähe wurden die Stimmen gk
dämpft und jeder Tritt zu einem un
hörbaren Tasten. Der Bater
ach. der war stets so überaus beschäf
tigt. daß sie niemals gewagt hätte,
ihn mit einer Frage zu stören. DaS
Geschäftliche nahm ihn völlig in An
spruch. Zudem sollte er sich in den
kurzen Freistunden auf den dringen
den Rat seines ArztcS mehr Bewe
gung machen. Sein Gesicht war 10
rot und heiß, und sein Atem Ing.
't r l.l.S. maA
zumenen icyivcr, leiten i
kaum fünfzig Jahre zählte. Gerade.
als ihre Not am höchsten stieg, gc
fchah das Schreckliche: ein Schlagan
fall beraubte ihn der Sprache und
Bewegungsfähigkeit, der zweit, der
nach einem Jahr ihn wiederum heim
suchte. deS Lebens. Bald darauf ging
auch die Mutter heim. Nun war sie
ganz allein
Ihr Liebe tot ihr Elternhaus
veriausi iyre reunvin aus neu
verschiedenen Universitäten. . .
Ueber die nachfolgenden Jahre war
eigentlich gar nichts zu sagen. Sie
,, !, .. (V V! . S !
waren wie eine Schnur Perlen, von
oenen eine unilchlvare yano eine um '
di andere abstreift, so daß schließlich
nur ein leeres, wertloses Ende zurück
bleibt, über daö sich nichts von Be
deutung sagen laßt.
Erst jetzt, seitdem sie in Knut Ol
scns großem, unfreundlichem Herren
hauö bei den fünf Unmündigen lebt,
zauberte die Zeit allerhand Zierwerk
an die Stelle der entschwundenen
Perlen. Es gab Knoten nach Sor
genstunden, wirre Kreischen und Ber
schlingungen, wenn der kleine Knut,
der Trotzkopf und Eiferer, seinen bö
sen Tag hatte; aber es gab auch
Schleifen und schmucke Stiche, wenn
eine junge Seele kam und bei Berta
Mi? anpochte.
Die erste Zeit war unendlich
schwer. Meht als einmal hatt Berta
die Feder eingetaucht, um der Aerz
tin zu schreiben: .Ich kann nicht
weiter. Es sind ihrer zu viele. Ich
glaube, ich werde krank vor Sorgen
und Angst um diese fünf zarten Le
ben."
Aber keiner dieser Briefe kam je
mls zustande! Ja. . . wenn das
Sorgenkind nicht gewesen Ware! . . .
Der kleine Knut hielt sie. Der
gab ihr in dieser schwersten Zeit im
mer neue .Kraft. Der hing an ihr. . .
Bald genug ward ihr das offenbar.
Sie hatte ohne festgefügte Grund
sätze diese Pflege und Aufsichtsstelle
übernommen. Sie kam darum auch
zu ihm nicht als strenges Oberhaupt,
sondern als ein stilles, schwaches
Mädchen. Am ersten Abend ihrer
Anwesenheit vergoß sie sogar in seiner
Gegenwart bitere Tränen. Die bei
den Zimmermädchen waren nämlich
wenige Stunden vor Berta Mix'
Ankunft heimlich aus dem Dienst
entwichen. Und da nun auch die
Hausdame durch ein Telegramm an
daS Krankenbett ihres zukünftigen
Schwiegervaters gerufen wurde, stand
sie in dem EhaoS von Köpfen, Bein
chen, Händen und ungefüllten Töpfen
fast allein da. Der klein Knut zählte
neun Jahre und war ein hellhaari
ger. hübscher Junge, der weit Über
sein Alter hinaus dachte und auf
horchte. Dem aber war niemals Rech
niing getragen worden. ' Nichts wie
TostlüJjt Cmafja Tribuns
die Blume, die zu früh geboren ward,
weil ein bißchen warm Sonne sie
au dem Erdreich gelockt, ward er
behandelt und betrachtet, sondern stell
als etwa, was sich inen Platz an
maßt, der ihm noch lange nicht ge
bllhrte. Dadurch war auf allen Sei
ten ine Verbitterung und eine Ab
ehr gekommen. Berta Miz tat un
bewußt das Rechte: sie vergaß, daß
tt tn flnö wcir, aenau so ein hilflo
f.. hungrige Kind, wie die vier
andern, und sagte: .Du mußt mir
fielfen. du bist ja schon so groß.
Nicht wahr, du wirst mich liebhab'n.
Knut, und wir beide werden versu
chen. daß wir alles in gute Ordnung
bringen?"
Das helle, feierliche Leuchten in
den großen Knabenaugen war ihr
freilich entgangen. Aber einen Bun
desgenossen hatte sie in dieser Stunde
an dem Kinde geworben. Er half
ihr getreulich. Wie ein Schatten
war er. Sein kleine? Gesicht konnte
oft einen so nachdenklichen, sorgenvol
len Ausdruck trogen! Um dieses Kin.
des willen konnte sie auch nicht mehr
in ihr einsames, leeres Leben zu
rück.
Sie sagte ihm das auch einmal.
Es war gewiß erzieherisch durchaus
nicht richtig. Aber das Kind horchte
auf und nickte: .Soo Mutter
Berta. meinetwegen willst du blei
ben?"
Ja. Herzblatt, deinetwegen! Du
bist mir eine große Stütze, und ich
wollte, ich könnte dich immer behal
im." '
Da hatte er. der Trotzige und Lau
netthafte, der ni dr guten Haus
dame, die jetzt im igtnen Heim schal,
tete. in liebes Wort, geschweige denn
eine Liebkosung gewährt, beide Arme
um ihren Hals geschlungen und ge
flüstert: .Ich will dir etwas sagen,
Mutter Berta. . . Wenn du mal fort
gehst, gehe ich mit. Ohne dich bleib;
ich nicht mehr."
Darüber vergaß sie den anderen
Kummer und 'die wachsende Last.
Denn die Kinder wurden größer
und gesünder, bekamen Wünsche und
Verlangen; taten Fragen und ver
langten nach Sachen, die so schwierig
und verwickelt waren. . .
So verging ein volle? Jahr. Der
Vater schrieb regelmäßig jeden ersten
des Monats ein Karte. Niemals
einen Brief. Er erzählte auch nichts
von sich. Er wollte nur hören, wie
es seinen Kindern ginge. Berta Mix
antwortete ihm nicht. Das hatte sie
sich ausdrücklich bei ihrer Freundin.
dre schon früher mit rym m regeima
feigem Briefwechsel gestanden, ausge
ma&i gr durfte überhaupt nicht
. r .
ahnen, dak sie rn seinem Vuie war,
Sobald sie wußte, daß er heimkehrte,
schied sie. Mochte er dann von den
Kindern auch ihren Namen hören, sie
selbst würde er niemals sehen. Seinen
ältesten Jungen, ja zwischen dem
und ihr war ein Band, das auch die
Hand des stärksten Baters dauernd
nicht mehr zerriß. Der würde stets
den Wea au w smoen. uno oas
je druckt ibres leeren, einsamen
" ' ' '
Lebens.
Es war diesmal ein wundervoller
Herbst. Der kühle, nasse Sommer
hatte den Alleebäumen das frische
jrün bis in den August hinein ge
atn. Die Berbenen auf den erhol,
ttn Beeten im Park zeigten erst zwi
sehen den lanzettlichen. starkgezackten
Blättern die ersten Knospen. Som
merfäden gab es überhaupt noch nicht.
Alles war wie unterbrochen durch die
mangelnde Sonne. Erst jetzt schien
der eigentliche Sommer zukommen.
Die Luft war warm und köstlich
frisch. Kaum ein gelbes, welkes Blatt
rauscht über die Wege. Die hoch
stämmigen Rosen bekamen neue
Knospen. Die Astern standen dick
und breit auf der fetten, fruchtbaren
Erde, als harrten sie des ersten leisen
Herbstschauers, um Knospen zu trei
ben.
Berta ging. Knut an der rechten
Hand, das Baby, das auf dicken
Füßchen ungeschickt und eilig neben
ihnen einherstolpeite, an der linken
, durch den Garten. Sie war heute
unruhig und betrübt. Gertrud Pett
sold hatte ihr geschrieben, daß sie be
reits mehrere Wochen an einer Erkäl
tung festliege und sich herzlich über
einen Sonntagsbesuch der Freundin
freuen würde. Bcrta Mix war fest
entschlossen, diese Bitt zu erfüllen.
Aber st wollte es zuvor mit dem klei
nen Knut besprechen. .Knutlein",
sagte sie zu dem Aufhorchenden, .ich
möchte am liebsten verreisen. Tan!
Doktor will mich sehen. Sie ist krank.
Kann ich mich wohl auf dich verlassen,
Junge?"
Er nickte mit ernsthaftem Gesicht.
Seine Augen hatten einen stolzen
sicheren Blick: .Mutter Berta. du
sollst sehen, es wird nichts passieren.
Ich habe ja zum Glück Ferien. Wenn
ich das Pensum sonst auch schnell ler
ne, aufhält es sa doch. Nun aber
werde ich den ganzen Tag bei. den
Kindern bleiben." ;
Eine andere hätt vielleicht gelacht,
wie er das so wichtig und feierlich
hervorbrachte. Berta aber lachte
nicht. Sie legte nur di Hand, die
er im Eifer losgelassen hatte, auf
den Blondkopf und sprach: . Dann
ist's gut, dann werd ich also sah
ren. . ."
, Sie hatte eigentlich ein paar Tage
bleiben wollen. ' Nun sie sich aber
überzeugtet daß eS zum Glück nichts
Gefährliche bei Gertrud Pettsold sei.
beschloß sie, bereits am Montag hrtm
zufahren. .Du weißt ja gar nicht,
wie sehr sie mich brauchen", sagte sie
und sah dabei so iung und fröhlich
aus, daß die Freundin, den Kopf auf
die Hand gestützt, sie verwundert be
trachtete.
.ES geht kaum noch ohne mich"
sagte sie mit einem Ausdruck Im
Gesicht, als wolle sie sich selbst ver
lachen. Aber Ihre Aug.n schimmer
ten feucht und sehnsüchtig. Die Aerz
tin hatt kigentlich mit der Bit! um
ihren Besuch etwa Besonderes ver
bunden, was sich so schwer schreiben
ließ. Jetzt aber sann sie, die oll
zeit so Sichere, vergebens nach, wie
si das. waS doch gesagt werden
mußte, am besten und zartesten an
bringen solle. Es war wirklich schwe
rer als alles, waS sie bisher geleistet
hatte.
Ihre Schweigsamkeit fiel schließ
lich Berta Mir auf. .Ws hast du
nur. Trude?". fragte sie erstaunt.
Schmerzien sind es nicht, die dich
quälen. Darin kenne ich dich zu aut.
So tue doch deinen Mund auf und
bekenne."
Wir haben scheinbar die Rollen
getauscht", erwiderte die Aerztin mit
einem Auflachen, daS nicht sehr na
tllrlich klang.
Dann sprich nur zu! Du, ich
habe jetzt kräftige Schultern bekom
men."
Aber die Aerztin fand nicht den
richtigen Ton. Sie schieden, ohn:
daß das Schwere, das von Beginn
an auf ihrem Herzen gelegen, sich auf
das befreundete heruntergewälzt hat
te.' Zum Abschied hielt sie lange
Berta Mir' jetzt verarbeitete und hrte
Hand zwischen den ihren. Gelt. Mä
del. du versprichst mir. daß du mir
niemals zürnst?"
Berta schüttelte den Kops: .Ich
dir böse sein? Nein. Trudel. das wird
eS niemals geb:n."
.Niemals das ist ein starkes
Wort, will mir scheinen. Und doch
hörte ich niemals ein ähnliches schwa
ches. Ein einziges Gefühl, ein Gram,
eine Enttäuschung wirft es über den
Haufen."
Jetzt wurde B:rta Mix ernst: .Zu
gegeben. Aber dann merke auch
auf. Tätest du mir wirklich etwas
an, was mich irre an dir werden
ließe, so glaube mir, die Dankbarkeit,
die ich für dich empfinde, gliche alles
wieder auS. 'Wirtlich, Trude. lasse es
mich ruhig aussprechen: du hast mir
ein neues Leben gegeben. Ich habe
di Kinder lieb. Besonders meinen
Knut."
So nahe steht ihr miteinander?"
.Nahe? Ich weiß nicht", ob die
ser Ausdruck paßt. Er gehört mir.
Mir allein. Zwischen uns steht nie
mand. Und ich weiß nicht, ob ich
ihn jemals verlieren könnte."
.Wer verlangt denn das auch von
dir. Berta?"
.Borläufig keiner. Aber, nicht
wahr, es kann doch sehr bald di Zeit
kommen, da "
Sie vollendete den Satz nicht. Ein
Grauen schlich ihr durch die Glieder.
Sie wurde bleich und stumm. Und
doch ahnte sie gar nicht, wie nahe
diese Zeit eigentlich war
Der Stalljunge mit den Apfel
schimmeln holt Berta Mix vom
Bahnhof ab. Knut fehlte.
Sie begriff daS anfangs nicht.
Augstvoll fragte si sofort nach ihm:
Wo ist denn nur Knut? Fehlt
ihm etwas?"
Der jugendliche Kutscher grinste
vergnügt. Man sah' eS ihm an, daß
er gern allerhand erzählt hätte. Aber
er blieb einsilbig, als hätte er extra
den Befehl dazu erhalten: Em fehlt
jo nischt hei het blot Beso! Irege.
Sie mochte nicht weiter fragen.
Ihr tat plötzlich daS Herz weh. Daß
er sich davon abhalten ließ, zu ihr
zu eilen. . . Es konnten doch le
diglich die Pastorsknaben sein, die
er jetzt, in den Ferien, alle Tag hatte.
Mit einem sonderbaren Wehgefllhl
kam sie in Knut Olsens Haus an.
Niemand kam ihr entgegen. Si
suchte krampfhaft nach einer Deu
tung. auch hierfür. Gewiß, der Junge
war viel zu schnell gefahren. Die
Apfelschimmel bewiesen es, zur Genüge.
Aber trotzdem wäre 'seine Unge
duld nur halb so groß wie die ihre
gewesen, wäre er ihr zum mindesten
entgegengelaufen.
Mit müden Füßen schlich si über
di große Diele zu dcm. Zimmer hin.
das sie als das gemeinsame. Spiel
zimmer eingerichtet hatte. Bor der
Tür blieb sie ein paar Sekunden sie
hen. . . Dann erst öffnete sie. Was
war das?! Niemand von den Klei
nen drinnen als derKnut, ihr Knut
und in Mann, in Erwachsener. Bei
de redeten zusammen. Leise, geheim
nisvoll dem Rücken gegen di
Tür. ob" u hören.
S,) nicht alles, was sie
flüstertev,! !yr Herz pochte zu laut.
Nur dal eine kehrte immer wieder:
.Mutter Berta. . . meine Mutter
Bcrta." Das Kind, der Knut, sprach
es.
Und der Mann sprach leise und
weich dazwischen: .üvu m.inr i,e oii
ten. daß stc bei uns bleibt. . .für im
mer ja. Knut?" i
Da lehnte der Junge seinen Kopf
nn den Arm des tangentbehrten Ba
terl und gelobte: Ja. Bäte: als
unsere wirkliche Mutter."
Jetzt konnte Berta Mir nicht län
ger blclben. EI wollt zurückhasten.
t,i,k an linsn ?Auh1 nfHrt und
blieb, d! Hönd vor da Gesicht ge
preßt, regungslos stehen.
r,ii. s: .tu s nt.r.At
Auch die uachsttN Minuten gingen
vorüber. Der Junge hing an ifjrem
Halse: .Mutter Berta'.'
Der Mann stand mit gen'iglem
Kopfe daneben. Seine Lippen schmie
gen, aber die Blicke baten, wie die
?.!.. ' l . . ! CI"l--
seines KindeS: .Bleibe kei unS, Berta
Mix!"
Sie stieß etwa hastig hervor: .Ich
wußte nicht, daß Sie so bald. . .
schon. . .kommen. . . wollten. . ."
.Ich wußte eS selbst nicht", sagte
der Mann plötzlich gequält, .ober ei
kam über mich. Ohne Borbreltunz
ich konnte nicht dagegen an. Jq
telegraphierte eS an Fräulein Peit
sold. Ich wor ja doch ahnungSIoZ
Wie konnte ich wissen, daß Sie
meine Kinder gehlliet und meinen
Sohn, meinen Liebling, so Wandel
ten?!"
Er sagte eö ganz leise. Der kleine
Knut hörte es nicht. Er hielt nur
die Hand seiner Mut er Berta"
und preßte unbewußt, was er
damit tat die seine? Bateri damit
zusammen. Sein kleines Herz schlug
dabei angstvoll. Er wußte auch
nicht, warum ihm so weh wor. Er
hatte nur plötzlich die Empfindung,
als wenn ihn ein Berlust bedrohe. . .
Berta Mix wußte nicht. WaS mit
ihr geschah. Sie hatte immer nur
in Groll und Schmerz an diesen
Mann gedacht. Seine Kinder streng
von ihm gelöst. Ihn niemals ander
als einen Treulosen und Wortbrüchi
gen vor sich genannt. Jetzt plötz
lich nannte sie ihn mit dem Namen,
den sie ihm einst in stammelnder
Scheu gegeben: Knut . . ."
Sie sahen sich , beide an, der Mann
und das Kind, und lachten schließ
lich.
Und es war, als wenn dieser helle
Ton die Stille ausgelöscht hätte.
Schritte trippelten herzu. DaS Kin
dermädchen kam mit den beiden Klein
sten. Die größeren kehrten mit Grä
fern und Blumen aus dem Garten
zurück. Alle waren sie da, umringten
d:e beiden , schmiegten sich an sie.
ließen sie nicht loS. . .
Knut Olsen Bater sagte endlich
glücklich: .Du kannst dich ja gar nicht
mehr von uns uSsen, Berta, wenn
du auch wolltest. Was sollte wohl
aus deinem Herbst werden, wenn du
die Früchte deines Sommers nicht be
wahrtest und vor allen Dicken hüten
wolltest?"
Da sah sie ihn fest an. Es war
kein sehnsüchtiges und ängstliches
Blicken mehr, sondern ein festes, ver
trauendes Wissen, das sich nicht scheut,
Gefahren einzugestehen, die in der Zu
kunst feiner warten.
Und sie reichte ,hm doch beide Hän
de hin. . . Den Mund nahm er sich
dazu ohne Erlaubnis.
Und die fünf Sommerflüchtlein
lachten und jauchzten ihren Segen.
Nur Knut, der Kleine, faltete zuletzt
die Händchen, als wolle er seinem
Herrgott für dieses Herbstglück innig
danken.
ottesgericht'Bohnen.
In Westafrika wächst eine Lianen
art, die Calabarbohne, deren Samen
ein schnell wirkendes, starkes Gift
enthalten. Sie haben ihren eigenar
tigcn Namen von der Gepflogenheit
der Eingeborenen, die Bohnen zur Er
Mittelung von Verbrechern zu bcnut
zen. Der einer Missetat Verdächtige
muß von den Bohnen essen, oder ei
nen Aufguß, der von der giftigen
Frucht hergestellt ist, trinken. Je nach
der Wirkung, die nach dieser Proze
dur eintritt, wurde er sllr schuldig
oder unschuldig erklärt. Der Schul
dige hatte gleich seine Strafe weg,
die bei der starken Gifthaltigkeit der
Bohnen meist Todesstrafe war. Der
Unschuldige konnte den günstigen
Ausfall des seltsamen Gottesgench
tes nur einer .Schiebung derdan
ken, dem Umstände, daß ganz ahn
liche, aber giftfreie Bohnen, an Stelle
der giftigen, traten.
Die furchtbare Wirkung der echten
Calabarbohne zeigte sich einmal in
London, als beim Ausladen eines
Dampfers einige Bohnen, die aus
einem undichten Faß gefallen waren,
von Kindern gefunden und verzehrt
wurden. Die unglücklichen Finder
starben unter entsetzlichen Qualen.
Die Calabarbohne wird in der Me
dizin verwendet; sie übt, im Gegen
satze zur Belladonna, eine zusammen
ziehende, verengende Wirkung auS.
. Eine ähnliche Rolle, wie die ver
hä'nanisvollen Bohnen, spielt auf Ma
dagaskar die , gleichfalls giftige
Tanghinpflanze. Auch sie wird von
der Hovasbevolkerung zu Gottesur
teilen verwendet. Wer eines Berbre
chens dringend verdächtig ist. muß
von der Frucht der Tanghinpflcinze
genießen. Stirbt er an Vergiftung.
waö fast immer der Fall ist. wird er
als schuldig angesehen. Der Nachweis
der Schuldlostgkeit kann bet diesem
Gericht aiis ehrliche Weise kaum ge
sührt werden.
Der Grund. Mas, Deine
Frau hat sich den Finger verbrannt
und Du Dir den Magen verdorben.
wie ist denn das gekommen?
.Selber gekocht Kat itl
,
Aus d.; Eiszeit.
'Neue ,enlchlick,e Tkklktt
jkNtk
! uralten grdcride.
Die Aufsindung vollständiger
mtnfM6,r Skelette auS dem Eis
: Äeitarter die noch keineswegs zahl
j reich sind, nimmt erfreulicherweise
m jt0xtgan?. Bor nahezu drei
vajjrt haste Dr. Lalanne auS Bor
w... hg, Glück, in EapBlane bei
I w r r
Laullel. unweit LeS EyzieS lDor
dogne). einen wahren Bilderfries zu
entdecken, der unter eiszeitlichem
Schutt begraben lag. und an dein
vor allem eine Anzahl kunstvoll auS
dem FelS herausgemeißelter Wild
Pferddarstellungen allgemeines Inte
ress erweckten. Die Ausgrabungen
galten seitdem als beendet, und man
schickte sich an. vor dem Felsdacke e
nen Schutzbau zu errichten, alS die
von Dr. Capitan und L. Peyrome
überwachten Arbeiter bei Tieferlegung
d'.S LodenS noch auf ein menschliches
Skelett stießen. Es lag in Stein
schütt eingebettet und war mit vier
größeren Felsstücken beschwert. Der
Tote ruhte auf der linken Seite, und
' . ' r i rn.:
die eng zuiammengeprenicn ?n,c
waren hoch aufgezogen, so daß die
Fersen fast das Becken berührten:
auch die Arme waren abgebogen, und
der Kopf gegen die Brust herabge
drückt. ES, liegt also hier neuer
dingS eine jener gewaltsamen .Hol
kerbestattungen" vor, veranlaßt durch
die Furcht vor , dem Dahingegange
nen, den man derart geknebelt und
verschnürt hatte, daß ihm ein Grab
räum von 3 Fuß Länge und 2 Fuß
Breite genügte. Der Körper lag
unter der mächtig entwickelten Ab
iallschicht der Nenntierjäger", wcl
che zugleich auch ollmählich die oben
genannten eiszeitlichen Neliesbilder
verschüttet hatten; die Leiche ist also
noch ein wenig älter, und es ist nicht
einmal unmöglich, daß wir in ihr
einen jener Künstler vor uns haben,
di: jenen einzigartigen Fries her
stellten!
Ein desgleichen in der Forscher
weit wohlbekannter Fundplak der
Dordogne ist La Ferrassie. eine ur
zeitliche Felswohnstatte bei Le Begue.
Schon früher hatte man dort zwei
Gräber aus der ältesten Eiszeit ent
deckt, die ein vollständiges und ein
weiteres, leider ziemlich zerstörtes Er
wachsenenskelett in sich geschlossen
hatten. Ueber ihnen waren Feuer
schichten aus der Zeit des sog. Mou
sterien" (letzte Eiszeit) und .Aurig
nacien" von 8 Fuß Höhe aufgehäuft,
welche überdies noch weitere 8 Fuß
grober Felsfchutt bedeckten. Jede die
ser überlagernden Schichten hatie
ihre eigene Farbe, ihre charakteristische
Fauna und bestimmt umschriebenen
Kultureinschlllsse die nicht die ge
ringste Verwühlung oder Schicht
störung aufwiesen, wie sie hier be
sonders leicht hätten festgestellt wer
den können. Unter dieser 16 Fuß
dicken Leichenhülle" entdeckten Dr.
Capitan und L. Peyronie. genau im
Niveau der früher gehobenen Grä
der im August 1912 zwei Kinder
grabstättcn, die im Beisein mehrerer
Gelehrter, so der Professor Breuil
und Obermaier (Paris). Mac Curdy
(New York). Baron Blanc (Rom),
Pierre Paris (Bordeaux), genau un
tcrsucht uno gehoben wurden,
liest sich jeweils eine sorgsam her
gestellte länglichrunde Grube von e' .
wa 2 Fuß Breite und 1 Fuß Höh
wahrnehmen, in der j ein Kind von
drei bis fünf Jahren bestattet war.
Die zarte Beschaffenheit der Knochen
ieile 'bewog die Forscher, das ganze
zunächst in einem einzigen Erdblock
zu heben, und erst später völlig zu
irrtTiSm
gv fcjj b, vv
Es ist jedenfalls interessant, neu
erdings Beispiele für künstlich herge
stellte Gräber aus so alter Zeit ken
mn zu lernen, und, abgesehen von
dieser soziologischen Seite, ist über
dies zu erwarten, daß die Skelette
wichtige Aufschlüsse über die kid
! i ch e n Charakteure der sog. .Ne
andertalrasse" liefern werden, die
sich in vielen Punkten ihres Baues
durch große Primitivität ausznch
nete und feit diluvialer Zeit voll
ständig erlöschen ist.
Die Wikberaufrichtung rinrS Riesen
Menhirs.'
In Frankreich fängt man jetzt an,
den vorgeschichtlichen Bau , und
Kunstwerken, .die besonders in der
Bretagne sehr zahlreich erhalten sind,
etwas mehr Aufmerksamkeit und Für
sorge, als bisher, zu widmen. Sa
befand sich bisher der größte der Men
hire, jener den ägyptischen Obelisken
nicht unähnlichen, obschon weit rher
behauenen und deS bildlichen Schmuk
i? knilikurnorii 'jjtDiiumuni. uu
mehrere Stucke zerbrochen der Uac
mariaa?ek im Morbilun, wdliAtts
leicht vor zwei und metzr tausend Iah
ren als eine Art von Leuchtturm an '
der Spitze der Halbinsel gestanden
hat. Jetzt will man den 21 Meter
hohen Stein wieder 'zusammensetzen
und aufrichten, dessen' Gewicht , auf
400,000 Kilo geschätzt wird. Ein
Ausschuß, an dessen Spitze der Aami
ral de la Reveillire steht, sammelt ,
Beitrage zur Bestreitung der Kosii
ber Ausrichtung.
Die Kongregation der'
Ritter ließ die kirchliche Weihe jr
Gußstahlglocken erst, ppi 6. Fbn.
1858 zu,
erhal,
; ?
v . .
I
!,,
.
)t
l.
v,
r V
V
r
rW. T
v
, . st , .
.A- 'f-t s""' '
t