Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, March 13, 1913, Image 3

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utsche Treue.
Von C. Zotll.Lionheart.
ben und sich der große Neichtum all
vergängliche! Gut erwiesen, von dem
ihr nur ein sehr bescheidener vlest ge
blieben war. Hedwig hatte Paul ge
liebt, fo ouSschlleßlich. so mit der
ganzen Kraft ihrer Seele, bah ti für
sie nach seiner Flucht kein Zukunft
glück mehr gab, ur.ö sie die Bewer
bung ihre! alten Berehreri nunmehr
ganz apatisch, nur als '.ine Berssr
Lgung, annahm. Ein Hehl daraus
war ihm nicht gemacht worden: aber
der äußerlich so kalte, innerlich so
glühend leidenschaftliche Rumele rMe
da vergötterte Mädchen um jeden
Preis besitzen wollen, und sich auch
wohl mit der Hoffnung geschmeichelt,
daß dem Eigentumsrecht auf das
junge Weib die Seele desselben nach
folgen mUss.
Paul Westap hatte von alledem
nicht die leiseste Ahnung. Seine Arg
klosigkeit hätte sonst wobl nicht mit
der Eifersucht diese? einflußreichen
ManneS gespielt und sich und der Sa
che, der er diente, inen Todfeind dass
durch geschaffen.
Harmlos neckte er sich mit Hedwig
und rief die tausend süßen gemeinsa
men Erinnerungen an die Heimat,
die zusammen genossenen, heiteren
Stunden auf Bällen, in Äesellschaf
ten wach, wob unbeabsichtigt, unbe
wußt dadurch ein Band der Gemein
samkeit um sich und die junge Frau,
daS sie in ihren Erlebnissen und Rück
erinnerungen gewissermaßen von der
übrigen Gesellschzft isolierte.
Wissen Sie noch, auf der Rous
seauinsel, Gnädigste, als der Pöllnik
mit der kleinen MinninghauS. . .
Und er warf sich hintenüber vor La
chen, und HedwigS glockenhelles, sil
berneS Stimmchen in lebhaft ange
regtem Interesse sekundierte ihm, und
nun lachten sie beide übermütig, sich
rückhaltlos gebend, und schienen der
anderen, die weder die Menschen noch
Verhältnisse kannten, ganz zu verges
sen, während der Oberst den neuen
Gast etwa? gezwungen in in politi
scheS Gespräch verwickelte, bei dem
sich die glänzenden oratorischen Ta
lente Ctoiloffs fo recht entfalten
konnten, und Frau von Maltitz ihre
beiden reizenden Kinder hereinrufen
ließ, und sie mit türkischem Konfekt
und überzuckerten NosenblätterrWsüt
terte. ff
Welches ist er?" sagte derWeine
Sergei altklug und stellte sich iichtig
auf, mit dem Daumen auf die errö
tcnd Hedewig deutend. Er sah sie
forschend mit seinen großen dunklen
Augen dabei an und blickte von We
stap auf Stoiloff und von diesem wie
der musternd zu jenem.
Ein verlegenes Schweigen folgte.
.Du bist hübsch wie die Heiligen, so
weiß, mit so strahlendem Haar",
sagte daS fürchterlich offenherzige
Kind, und dann sich zu Stoiloff wen,
dend, den man ihm als den Mann
von Tante Hedwig bezeichn hatte,
setzte es mit grausame?., Kinderrück
sichtslosigkeit hinzu: Ju hast Haare
überall, schwarze, häßliche Haare.
Bist du daS Tier aus meinem neuen
Bilderbuch. daS von der Schönen er
löst werden will?"
Konstantin Stoiloff schoß daS ver
rit.erifche Blut jäh in das hagere,
braune, von Leidenschaften durch
furchte Gesicht, und er lächle gekürt
stclt auf.
.Ich hoffe daS zu der heiligen
Jungfrau, mein Kind! Einstweilen
hat sie mich noch bezaubert, aber noch
nicht erlöst!"
Hedwig war blaß bis in die fei
nen Lippen geworden? sie erzitterte
vor dem Blick lodernden Hasses, der
auS den sckiwarzen A,n i6re3 fö&iV
Vten brach. 'und ihr holdeS Köpfchen
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Tn ircrer uno ircier aus oie mii.
ie schon vorher gespannte Stim
h war durch die Kinderoffenher
y nicht angenehmer geworden.
Zklein Sergei, der mit seinem
; vn 'Verstände instinktiv füblte,
er Unheil angerichtet, ohne doch
wissen, bei wem oder wodurch,
sichelte in dem Bemühen, gutzu
achey, um die lieblich junge Frau
rum. Die kleine Mascha w wie
Aeffchen dem Beispiel des Brüder.
gefolgt und kletterte auf Heo
Knie, beide runden Aermchen
ren Nacken schlingend.
n Maoonnenbiio. aus Eyre.
adonna. wie sie leibt und
. Paul Westap, ganz hinge-
d gewohnt, alles zu sagen,
m Moment oiazte ooer
mele sah grüngelb aus vor
rger; ozaufrasenVe E-
ut nahm ibm jeden Rest von
stiger Selbstbeherrschung.
daS Kind nieder, es verdirbt
ostbare , Toilette!" befahl er
in tyrann?sch:r Gerne!
ergebenen.
gehorchte sofort. Auf
kjenden Gesichtchen. daS
ßt war. lag aber ein fol
ergebungsvoller Trauer,
q trieb ,yr so unwioer
inen in die Bugen, daß
von oem Impuls sei
glichen HcrzenL binrei
r rnii einer (normin-,
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nur Mitgefühl meinte, ober wie seu
rige Anbetung ouksah.
Oberst Maltifc ahnte. in den
dräuenden Mienen del Advokaten,
wie nahe in GewitterauSbruch sein
mochte, er kam demselben geschickt zu
vor. .Meine Herrschaften, wir sind
alle hier keine Lukuömenschen, son
dern wir Männer wenigstens
fleißige, von unseren Pflichten ab
hängige Arbeitsmaschinen. Di Da
men müssen nun entschuldigen, wenn
wir dieser Frühstückisitzung ein et
not schnelles Ende machen. Und mit
ernstem Nachdruck setzte er hinzu:
.Wir wollen ernstlich danach trachten.
unS gegenseitig verstehen und unsere
nationalen Eigentümlichkeiten respek
tiren zu lernen, und dann, hoffe
ich, wird ek zwischen uni Fünfen zu
einer schönen entovte corlla!e
führen, wo die Landsleute die Frem
den und die Fremden die Landsleute
chltzen und wert halten werden. Und
nun, mein Damen, uberlanen wir
Sie sich selbst."
Meine Frau kommt mit mir . ent
schied Konstantin Stoilosf so schar
und unverbindlich wie möglich.
Hedwig stand sofort geduldig auf,
ließ sich den funkelnden Schmelzvol'
man um die graziösen Schultern le
gen. fetzte ohne einen Blick , in den
Spiegel daS Pariser Hütchen auf die
silberblondcn Haarwellen. Sie war
Mit LuruS, ja mit Raffinement ge
kleidt, aber die Toilette trua nicht
den Stempel charakteristischer, durch
den persönlichen Geschmack bestimmter
Eigenart wie bei Madame Nadme.
die in ihrem luftigen HauSkleide un
übertrefflich schick aussah. Man
ahnte sofort, daß alleS von dem Dik
tator Stoiloff in einem Pariser Mo
dehauS nach seinem prunktvollen
Sinn ausgewählt und seiner jungen
Gattin wie einem Kleiderständer auf
vi graziöse Gestalt gelegt war. Sie
trug S ohne Fnude daran, ohne den
Prunk zu beseelen, wie sie jetzt auch
an Stoiloffs Arm mit stummem
Gruß an die Freunde das HauS
verließ, fein Eigentum zwar, aber
ohne einen Hauch wahrer, innerer
Hingabe.
Welch ein ungelenker Bar!" lachte
Westap leicht !',!g hinter dem sich
entfernenden P , . her. Arme kleine
Frau!'
.Ich wurde den Baren den tch
übrigen? mehr für einen lauernden.
von hinten heranschleichenden Schakal
als für den ehrlichen Bruder TapS
halten möchte, im eigenen Interesse
nicht aufreizen, lieber Paul!" sagte
Oberst Mauig sehr ernst.
Ich! lachte Paul grenzenlos ver
wundert.
Sollte man glauben. Ninachen.
daß dieser elegante Offizier von
bald achtundzwanzig Jahren wie
ein Tertianer mit diesem Feuer spie
len kann und sich einbildet, es brenne
nicht. Du großes Kind, du ahnungs
loser Engel du! schalt er auf ihn
ein. 'Jb'ttn t ou oenn gar nicht, dak
der braune Affenmensch sich das Gal
lenfieber h'ranärzert, weil seine Frau
dich von ehedem kennt und du sie.
und weil Ihr beide schöne, harmlose
Menschenkinder .seid, die sich unbe
fangen geben und' zeigen und aus dem
gegenseitigen Wohlgefallen kein Hehl
machen. Hüt dich, sage ich dir, und
ich warn dich: bewahre zeden deiner
Blicke. Worte, wenn dir dein Glück
und das der armen kleinen Frau
lieb ist. Mach' meiner Frau den
Hof, du Allerweltskurmacher, wenn
du durchaus den Liebenswürdigen
spielen mukt, halte aber Hedwia ge
genüber dein Wesen sireng in den
Grenzen ganz oberflächlicher Bekannt
schaft. Ungeschliffenen!) sie alle hier,
da hast du recht.Mn wirst du dich
mit dr Zeitoieser Bauernrepu
Uik aber hifqntn müssen. Ein
paar tiop'jßfon, wie Stoiloff zum
Beispi)abcn während des lang
atjf Aulemyaits in Veu: qianos
Hauk und Universitätsstädten des-
sere Manieren . und Umganzsformen
angenommen; aber den oberflächlichen
Firnis durchbrechen . doch gar zu
schnell die elementaren Leiden chaftn.
Noch einmal: reize sie bei Stoiloff
nicht hervor; ich kibe in unheimliches
Gefühl oem Manne gegenüber, als
ginge man bei ihm' neben einem Bul
tan her, der in seinen unberechenba
ren Ausbrllchen alles ringsumher mit
verschütten könnte, wenn er überhaupt
in Aufruhr gerat. Heute steht e
scheinbar fest zur Negierungspartei;
sie war die Staffel, auf der er zu sei
ner politischen Bedeutung emporge
klommen. Trau' ihm aber! .Ich
glaube, er ist einer der ersten, der die
Lunte ins felbsterrichtete Geböude
schleudert, wenn an demselben etwaS
ist, was ihm persönlich entgegenstlln
de. Apropos, gute Gesellschaft! Hat
dir Nadine schon erzählt, daß der
Fürst Karsakbff nun wieder seine
Salons öffnen wird, da seine Nichte
nächste Woche auö Petersburg zu
rückerwartet wird, wo sie die Winter
feftlichkeiten mitfeiern half, besser
wohl: diese sie feierten; denn sie ist
die Schönste der Schönen, eineiM's
haarige Lorelei, Undine oder wie die
Zauberweiber unserer Mälchen sonst
alle noch heißen mögen, vor denen
Nittersmann oder Knapp' nur ihre
Herzen fest. zusammen halt:n mögen,
damit sie an dem felsenharten Herzen
dieser unbezwinglichen Schönen nicht
k?chissbruch leiden."
(Fortsetzung sowt.)
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1 Virt" m t ....... . . . , il I
inwoyiierii. oie wen-, ,
grokte wtaot des brit, chen wm
Xtr Frenb Ut Tönzkriu.
Novelle von Ldmond Jalolin.
.Wenn Sie nach Orvieto kommen,
vergessen Sie nicht, dem Komman
deur Persica einen Besuch abzustatten.
Wirklich, e lohnt die Mühe!" sagte
die berühmte Tänzerin GherardeSca
zu mir ... Nur erzählen Sie ihm
um keinen Preis, daß ich noch am
Leben bin!"
.Wie?" fragte ich ungläubig. Ich
glaubte nicht recht gehört zu haben.
Die Gherardeöca lachte.
.Ettore Persico ist ein alter Narr,
aber kein Mann hat mich so geliebt
wie er. Er war schrecklich eisersüch
tig auf mich. Er wollte, daß ich
daS Tanzen aufgebe und ihn heirate.
Wir hätten dann zusammen in Or
dieto wohnen müssen, in einem sin
steren. trostlosen Nest. Aber da ich
ihm meine jetzige Lage verdanke und
ihn auch gern hatte, wollte ich ihm
nicht durch einen Korb Kummer be
reiten. Ich tat. ali wollte ich auf
seinen Vorschlag eingehen; dann ging
ich nach Paris, von wo auS ihm
einige meiner Freunde mitteilen; daß
ich gestorben bin."
.Aber wie konnte ej denn bei Jh
rer Berühmtheit Ihrem Freunde ver
borgen bleiben, daß Sie noch am Le
den sind?"
Die Tänzerin lachte: Sie kennen
Ettore Persico nicht. Er hat seit
30 Jahren keine Zeitung gelesen, da
ist eine seiner Absonderlichkeiten, und
nicht die emzige! Er liest nur Me
moiren auS dem 18. Jahrhundert
und lebt ganz allein in Orvieto. ab
geschlossen von aller Welt
DaS Bild. daS sie mir von ihrem
alten Liebhaber entworfen hatte, in
teressierte mich. Bor , meiner Rück
kehr von Rom nach Paris erinnerte
ich mich dieser Unterhaltung und be
schloß, in Orvieto Halt zu machen.
Ich kam gegen 10 Uhr morgens dort
an. ES war em ungemütlicher, naß
kalter Tag, dazu fiel ein fürchterli
cher Negen.
Die alte, auf einem hohen Felsen
gelegene Stadt machte einen wenig
anziehenden Eindruck. Von überall
her läuteten Klosterglocken. Ich stieg
in einem Hotel ab, in dem es unmög
lich war, sich zu erwärmen. Mein
Zimmer, das gespensterhaft groß war.
führte auf einen durchnäßten Garten,
wo ein unglückliches weißes Kanin
chen im fürchterlichsten Regen herum
hüpfte.
Die riesengroße Kathedrale auf
dem einsamen Marktplatze konnte
mich ebenso wenig heiter stimmen wie
die Bilder des jllngstei Gerichts von
Luca Signorelli .. an den Wänden.
Ich machte mich "auf den Weg und
fragte nach der Wohnung des Kom
mandeurs Persico.
Ein Kind führte mich dorthin.
Das Haus stand am Corso Ca
vour, der die Stadt im Zickzack durch
quert. Es sah verwahrlost aus. Ehe
mals mußte es grün gewesen sein,
jetzt zeigte es ein schmutziges Weiß
und hatte mit seinen hermetisch ver
schlossenen Fensterläden ein düsteres
Aussehen. Es schien, als wohne nie
mand darin. Auf dem Vorplatz wuchs
üppiges Moos zwischen spitzen Stet
nen.
Ich läutete. Das Geräusch der
Klingel hallte in dem' langen einsa
men Korridor nach. Nach wenigen
Minuten wurde die Tür aufgescylos.
sen und vor mir stand die gebue
Gestalt eines Dieners, dessen bleiche
Gesichtsfarbe an die Farbe der Fassa
de erinnerte.
Der Herr Kommandeur empfängt
niemand," brummte er unfreundlich.
Ich gab ihm meine Karte, auf
welcher mich ein Freund der Gherar
desca, der früher auch mit Persico be
freundet gewesen war,, dem Komman
deur empfahl. , .
Der Diener kam bald dienstbeflis
sen und ehrerbietig ' zurück.
Wenn der Herr mir folgen wol
len der Herr Kommandeur
bittet entschuldigen zu wollen, daß
er den Herrn im Bett empfängt, aber
der Herr Kommandeur sieht erst um
fünf Uhr nachmittags auf."
Eine prachtvolle Büste der Gherar
desca stand ' im Vorzimmers Eine
Marmortreppe führte mich in einen
dunkeln Solon, durch den. ich tastend
ging; ich durchschritt zwei weitere
halbdunkle Zimmer, dann trat ich in
ein Schlafzimmer mit gemalter Decke.
Vier hohe Säulen trugen einen
Baldachin aus rotem Samt. Ueber
einem Bett, tn dem ein Greis lag,
oder vielmehr ein Mann von unde
finierbarem Alter, gelblich, mager,
mit knochigem Antlitz, aus dem leuch
tende, fast junge Augen . glänzten.
Er trug ein Spitzenhemd und saß
aufrecht zwischen zwei Kissen. Bor
hm lag ein glänzender Haufen Rin
ge, Armbänder, Br?schen, Schmuck
stucke aller Art. die er mit einer Bür
ste und einem Leder rieb, um sie
glänzend zu machen. Ich hörte spä
ter, daß Kommandeur Persico stets
eine ganzen Vormittage mit solcher
Arbeit verbrachte. . .
Mein Herr," sagte er mit tiefer
Stimme zu mir. ich hätte Sie nicht
empfangen, wenn Sie mir nicht von
einem streunoe geschickt worden wä
ren. der mir doppelt teuer ist. !f r
auck der freund einer Nrau mar.
. . . . ,. . KJ . '
oi ich cig und mnäit beweine
i er &ämrJ"'' KL
schien rr. fast lächerlich. Ich sah
die GherardeSca tn ihrem Boudoir
vor mir, ihren King Charles auf
dem Schoß, und den betreuenden
Freund neben sich, wie sie gut gelaunt
eine Zigarette nach der anderen auf
raucht, wahrend hier ein Mann sie
beweinte!
An den Wänden hingen sechs oder
sieben rosafarbene Schuh unter
GlaS. am Kopf des Brettes hing ein
lebensgroße Bild der Geliebten.
Mein Herr sagte der' seltsame
SreiS zu mir. entschuldigen Sie
mich, daß ich Sie hier empfange, aber
ich hoffe doch, daß Sie mir die Ehre
geben werden, heute bei mir zu fpei
sen. Ich würde mich sehr darüber
freuen, mit Ihnen dann von der
GherardeSca sprechen zu können. Ich
speise um sechs Uhr, mein Herr."
Ich zog die Unterhaltung nicht
lange hin und verabschiedete mich
bald.
Eine Stunde lang schlenderte ich
umher und betrachtete mir im Regen
auf dem Corso Cavour die hübschen
Mädchen auS Orvieto, dann ging ich
in mein Hotel, um mich umzukleiden,
und fand mich pünktlich um sechs
Uhr bei meinem Freund ein. Dies
mal ließ man mich in ein herrliches,
aber frostig wirkende Eßzimmer ein
treten. Zur Beleuchtung deS großen
hohen Raumes standen zwei Kan
delaber auS altvenezianischem GlaS
auf dem Kamin und dem Tisch. Ker
zen brannten darin. Hohe Spiegel
wechselten ab mit großen Bildern, die
immer wieder die GherardeSca dar
stellten. . ; .
DaS Tafelgeschirr war auS pro
vencalischer Fayence: die Bestecke auS
schwerem alten Silber stammten auS
dem Besitz Ludwigs des Fünfzehnten.
Wir aßen ganz vorzüglich, denn der
untröstliche Liebhaber war ein gro
ßer Feinschmecker. Und der Kom
mandeur sprach. Er sprach von der
Gherardesca. von seiner Liebe zu ihr,
seinem Schmerz und seiner Verlassen
heit. Dann glitt die Unterhaltung
auf ein anderes Thema. Der Kom
mandeur las viel, nur seit dreißig
Jahren keine Zeitung. In ganz Eu
ropa war er herumgereist und kannte
viele bedeutende Persönlichkeiten. Ich
hörte aus allem heraus, daß er für
die Tanzkunst stets ein besonderes
Interesse gehabt hatte, und sie auf
feine 5?osten habe ausbilden lassen.
Sie hatte es im zu verdanken, daß
sieeine der größten Tänzerinnen der
Welt geworden war. Und all dies,
mein Herr, damit sie mit dreißig
Jahren stirbt!" Ich Habe nie etwas
Seltsameres erlebt, als dies luxuri
öse Mahl in diesem halbverfallenen
Haufe, das nur von Kerzen erhellt
war., mit , diesem kultivierten, emp
findsamen Mann, der in der Einsam
keit eine Frau beweinte, die noch
lebte und deren Freund ich war. Ich
verabschiedete mich von dem alten
Narren, und als ich nach Paris zu
rückkehrte, malte ich der Gherardesca
ein so wohlgetroffenes Bild von mei
ncm Besuch, vom Kommandeur Per
sico und seinem Kummer, daß die rei
zende Frau ausrief:'
.Ich habe mich dem Kommandeur
gegenüber wirklich unwürdig benom
men. Er muß die Wahrheit ersah
ren! Dieser Mann war mein
Schutzengel, und um meine Unabhän
gigkeit wiederzuerlangen, habe ich ihn
in unedler Weise belogen. Ich werde
ihm schreiben, daß ich ihn besuchen
will. Er liebt mich'fo sehr, er wird
fo glücklich darüber sein, daß er mir
alles verzeihen wird."
Am nächsten Morgen schon schrieb
sie dem Kommandeur Persico. Wie
geschah es? War der Brief verloren
gegangen, oder hatte der Greis, weil
er von niemandem ' etwas erwartete,
ihn gar nicht geöffnet? Wie dem
auch fei. der Kommandeur erfuhr
nichts von dem Inhalt des Brie
fcs. . ' . . - '
Eines Abends läutete es bei ibm
in seiner Villa in Orvieto. Der
Kommandeur erholi sich gerade von
Tisch. Vielleicht hatte er etwas mebr
als gewöhnlich getrunken. Er hört
klimmen an oer ur. einen Aus
schrei des Dieners. Er borclit auf.
wird unruhig, ruft nacb der Die
nerschaft, niemand antwortet ihm. Er
nimmt einen der Kandelaber und
steigt die Treppe herab.
Eine Dame will gewaltsam ein
dringen, obwohl ihr der Diener den
Clnirilr vermeyri i.. -tx Klang th
rer Stimme läßt Persicos Herz lau
ter schlagen. Er eilt auf sie ,u. bebt
seinen Leuchter in die Höhe. Diese
Gestalt da vor ihm. im weißschwar
zen , Mantel, das lächelnde Frauen
antlid umrahmt ' von tiefschwarzem
Haar Sie ist es die
Gherardesca: . . '
.Ja. ja." stammelte er. und obne
den Leuchter aus der Hand zu fiel
t:. ri". i r1 .1 r.. w.
len, urzi er seiner einnigen Ge
liebten zu Füikn , nieder, tot vor
Ueberraschung'Schreck und Freude.
'y J,:
',n deutlicher Wink.
,Un dös saa' i Jbner. wg s ,n
schwärzen. Hia als Führer nehmen,
den derfen . S' a gut's Trinkgeld
geb'n, denn, erstens is der a 5iugro.
der. . Lümmel und ,a boshaftes Luder,
der M tten Schandtat' fäbia is.
tT"! 1 Trinkgeld weni leucht.
1 1 'mek.'Vrii'-'' ; '
J('k':f
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i y , ' Up- ,r
i ' K I )
I s '
' ' A .? - f
Tiefer Hut stellt eine umgedrehte Blume dar. DaS s7"'"
Vb:ac1,krkunst ist in diesem neuen Blumenhut dargestellt, i
Modistin kommt. Ter eigenartine, aber durchaus nicht um'
irclfccn gefältelten Spitzen, goldener Lihe, dunkelrotem l '
Tiickerei hergestellt, nnd zwar in roten, goldfarbigen und ,
1 ir ytr iiitS Hii ney rttnf fc f- O' ,
V l HIV , U llv VV V VHHII tltfr
dein $ut den Eindruck einer großen
l1jvii ...k i...K. . itllj
.iiui:i iiiiv uuu cuiLiii
chinesischer Stieferei, tue sich am Hinteren
teste, was bis jeht da war.
,,Naturfrsch:r."
Ei!, verschwiegenes Morgengewerbe In
den Straßen v,n Paris.
Wer einmal des Morgens in aller
Frühe durch die Straßen von Paris
wandert, der sieht ein geschäftiges
Volk an der Arbeit, das er sonst nicht
ktnnt. Und er versteht auch wohl, war
um Paris trotz aller cmfgewcndeten
Mühe immer schmutzig ist und nie
den Eindruck einer wirklich sauberen
Stadt macht. '
Bor ledem Hause befindet sich plotz
lich ein Kasten, oder es stehen Kistm,
Schachteln. Eimer mit allen. Abfällen
auf dem Pflaster. Mit allem, waö
die Riesenstadt als nicht mehr golde
nen Ueberfluß fortwirft. Bunt durch
einander: Knochen. Ballblumen. Asche,
Spitzen, Briefe, Gemüse und Obst
rette, Lappen und Seiden. Und vor
jedem Hause beqinnt eine neue Ar
beit. Man sortiert den Müll .aus
der Straße, jeöcr einzelne der kleinen
Naturforscher" sucht sich daraus her
vor. was er brauchen kann für feine
speziellen Kunden. Der ominöse In
halt der Kästen wird ausgebreitet,
auseinandergelesen. Diese dicke ge
sunde Fünfzigerin mit der geflickten
Sackschurze sammelt, die Zitronen
schalen, das blonde junge Mädel
hat es aus Lumpen , abgesehen, und
der Bursche sucht Zigarren und
Zigarettenstummel. Er ha! dazu
einen Stock mit einem Nagel daran,
und piekt sie auf, um sie dann in ei
nem K?ack verschwinden zu . lassen.
Wie werden wir alle, diese Dinge
wiedersehen?
ES gibt 'Privatunternehmer für
orten, sur Flaschenulsen und Blei
kapseln. Dazwischen such! ein altes
verhungertes Weiblein nach Resten,
oie noch eine Lsuppe lohnen, sie
tut es scheu, verängstigt, furchtsam
wie jemand,, der unrecht tut, und das
Bolk der anderen gewerbsmäßigen
Sammler betrachtet sie mit scheelen,
gehässigen Augen, wie eine Diebin,
die ihre Kostbarkeiten stiehlt. Für
ein paar Morgenstunden sind sie ja
die Herren der Straße, und sie sind
geschäftig und selbstbewußt, und diese
Müllkästen sind ihnen besondere, wert
volle Gegenstände. Ein Mann mit
blauer Bluse und gesundem roten
Gesicht kommt mit seinem hochrLdi
gen Wagen daher, er sammelt das
Papier auf. ein paar Jungen helfen
ihm.. Der hohe Kastenwagen füllt
sich rasch.
Ein Alter zieht einen Handwagen,
in dem er alle Glasscherben aufsam
niett, feine Hände sind hart, fast hör
nig. Alle diese Mensch, wühlen und
kramen, in den Müllhaufen, die sich
nun vor den Häusern bilden, suchen,
werfen beiseite, begutachten, betrach
ten. was den anderen schon eine der
gessene, verächtliche Sache war, von
der man sich so schnell wie möglich
trennen möchte.
Es ist ihr verschwiegenes Morgen
gewerbe. In ein paar Stunden sitzen
sie vielleicht sauber und behaglich in
ihrem netten Zimmer und legen die
Einnahme zu den anderen. 'Oder sie
ziehen den Karren durch die Stadt,
bis ans andere Ende in irgend
eine Fabrik ünd verschlafen, auf
elendem Lager , den ; Rausch, den sie
ich für die Lumpen erkauften. Ge
trandet Existenzen auö allen Völ
kern, allen Ländern sieht die bleirye
Morgenfrühe von Paris über vas
Pflaster schleichen. Hier ist's x$xl
; 411?,fYiA rtt.0tHAl SI.. äx"
WH gUUWiy,W ViVIVIUL, L' jjr
lindern 1'" .
U II ti. ILLfll H. l i-i l
umaekehrten Blun
. JT. ...
Jllticill'iuijclt V. ,
Teile des Hu '
e'"' ' ;
la . , - . '. ... '
fOiti. .
I '.ny .
rs- uii
Mocken und dtin Seiöei. '
cher Morgenstunde und .- t,
sie wieder in der Frau mi." , -geschürzten
Brautdruckkleid
geflickten Leinenschürze? - ,
ein großer Krater, in den täglich
sende von Existenzen stürzen '
weiß, ob sie verbrennen, oder'
welcher Form sie ausgeglüht wieder
erscheinen? Die Weltstadt ist ein ge- '
waltiger Mantel, der mit seiner Ver .
schtviegenheit alles einhüllt, rm' "
jeder seiner Stadtteile ist in beson '
ders fremdes Reich für sich. DaS
Bolk, das in frühen Morgenstunden
Paris durchsucht, hat ein doppeltes
Gesicht, welches kennen wir?
- Was nützlich und brauchbar ist.
liest es aus dem Abfall der Weltstadt
heraus, und s ist nur der
letzte wertlose Rest der Dinge, der .
dann schließlich auf den hohen Müll-
wagen nach Jssy les Moulineau? und
Javel rollt, um dort in die Eisen
bahnzllge und Kähne geladen und
fortgeschafft zu werden.
Das wiebielte Jahr ist 1913? ;
Man wird diese Frage vielleicht für
töricht halten, da mit der Zahl 1913
ja auch schon die Antwort aus sie ent
halten ist. Aber man darf nicht ver-'
gessen, daß das neue Jahr nur nach'
einer Zeitrechnung, nämlich der von
Christi Geburt an zählenden, daS .
1913. ist, daß es daneben aber dtrle
andere, zum Teil noch gebräuchlich
Zeitrechnungen gibt, in denen es etite
ganz, andere Nummer führt. Die
Erschaffung der Welt setzte man frü
her auf den 9. julmnischcn Mai 5871
vor Christi, danach hätten wir also
das Jahr 7784. Nach der Zeitrech
nung der Septuaginta 7647, nach
der griechischen Kirche, die mit dem
1. September beginnt, 7511, nach der
alexandrinischen Zeitrechnung, die den
29. August als Anfangstermin setzt,
7421, und nach der antochwifchen, die
am 1.' September anfängt, 741r .
Zum Teil wird in ' der griechischen
Kirche aber auch unsere Zahlung und
die alerandrinische angewendet, al- '
lerdings unter Zugrundelegung des ;
Manischen Kalenders (alter Stil . ,
114). Die julianische Zeitrechnung ,
ergibt mit dem 1. Januar als Neu .
jnhrstag das Jahr 626. die sog.
Wcltära. die vom 1. Oktober an 5921 .
rechnet. Die berichtigte" Zeitrech--nung
des Petarius am 7. März L899.- .
die, übliche Zeitrechnung desselben
L897, die jüdische 5674. nach. Ein- -führung
der Olympiaden 2692 und
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