Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, January 10, 1913, Image 7

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Aus der Frunenme
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KtuS dem Bind) der Mode
und Gcscllsckiast.
Ntw I o r k , 27. Tez.
Zur Zeit scheint die Hausrobk und
oa Strahenlleid in gleicher Gunst zu
stehen. ES ist dies eine Besuchssaison.
die einer Steife . Saison vorangeht,
denn binnen Kurzem, nach den frier
tagen, beginnt die sashionable Welt,
den Zug mich dem Süden anzutreten,
wo em milderes Klima die äste in
Versuchung führt, leichtere Kleider zu
tragen, wahrend man sich dein 'Sport
der kälteren Saison bingibt.
DaS Sammet Kostüm ist das. loas
unsere Modedame ollein Anschein nach
für Ctraßcntracht bevorzugt, während
sie die schöneren Toiletten von Tuch,
Seide. Atlas etc. für HauS . Gelegen
heiten rcscrvirt. Tie modernen Cam
rneistosfe sind so weich, unö gcschniei
biv daß man nie 'die Frage der Hand
habung derselben in Betracht zu ziehen
hat. wie in früheren Jahren. Es sind
sehr wenige Moden vorhanden, se.bst
die mitgerechnet, die die geschmeidigsten
Drapirungcn und Einkrausungcn ver'
langen, die nicht in Sammet ausge
führt werden könnten, oder in Beide
teen und ähnlichen Geweben.
Das Straßenkosiüm von Sammet,
passend für Bormittagsiracht unter
scheidet sich von dein korrekten 'Nach
mittags r Kostüm durch Schnitt und
Garnitur. Der Anzug, der Bormit-
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Sammet Kostüm für Nach
mittagstracht.
tag! getragen wird, sollte in erster
Linie von einfacher Machart, dabei
aber kleidsum und chic sein. Das am
meisten begünstigte Modell hat immer
eiwag durch seine eigen Popularität
zu leiden, es haftet ihm jedoch eine ge
wisse individuell Eleganz an, die
verhindert, daß es monoton wirkt. Der
Rock ist gewöhnlich einfach, oft streng
einfach. Dies ist jedoch keine unver
anderliche Regel. Die kleinen Säum
chen und Trapirungen. die an einer
Seite angebracht werden können in
Verbindung mit einem Ornament, sind
so überaus chic und originell, das; die
Kleidermacher sich ihrer häufig bedie
nen, aus dem einfachen runde, dasz
sie bestrebt sind, sich von hergebrachten
Linien fern zu halten. Paneel ffron
ten und andre eigenartige Seiten
Arrangements bekommt man in den
don hervorragenden Kleidermachern
ausgeführten Modellen viel zu sehen,
diese können aber sehr leicht herge
stellt werden, ohne daß dem Modell da
durch ein Note von Geputztsein ge
geben wird.
Dai falhionable Jacket für ein
solches Kostüm ist sowohl der Cuta
way" wie der gerade Effekt. Hier
findet man etwas Garnitur, mehr
oder weniger doch ist dasselbe von
streng einfacher Art. Hübsche Seiren
borte, flach aufgesie' pt. Blenden von
gerippter Seide. Moiree, etc. Knöpfe
spielen auch eine brvor:aqende Rolle
il? dem Sammet Kostüm sowohl für
Vormittags- wie für NachmitlagS
tracht. Das distin.iuirte Aussehen des
Cutaway JacketZ liegt ganz allein
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im Schnitt, der nicht beeinträchtig
werden sollte "durch. Garnitur irgend
welcher Art. Für eine große, schlanke
Figur ist das Cutaway jedenfalls sehr
vortherlbaft.
Manch Frauen ziehen trotzdem den
geraden Effekt vor da dieser weniger
'cem Wechsel der Mode unterivorsen
ist, da man ein Sammet - Kostüm
doch nicht nur eine Saison tragen will.
Ein solches Kostüm sehen die Leserin
nen in unserer ersten Abbildung. Das
Modell ist ausgeführt in schlvarzem
Sammet und garnirt mit Serdenborte.
Für Nachmittagstracht bestimmt weist
dasselbe demcntsprechende Garnitur
auf.
, Am Rock sind die Scitenpaneele seit
wärts gezogen und mit Riegeln von
Seidenborte befestigt, das mit geradem
Rand geschnittene Jacket ist vorn bis
zur Taillenlinie abwärts mit Riegeln
von Seidenborte garnirt, außerdem
garnirt die Borte den Kragen und die
Aermel.
Natürlich gibt eö auch Tuniks,
Paniers und Drapirungen jeder Art,
um den Unterschied zwischen den Nach
mittags- und Vormittags Kostüm
stärker zu betonen. Es kommt häufig
vor, daß das Erstere in einem Stück
gemacht ist, so daß in diesem Falle das
Jacket mehr als Begleiter erscheint,
denn als ein Theil des Kostüms.
Sammet wird für Kleider, für
Hute, für Mantel und für fast jeden
Gegenstand im Reich der Mode ge
braucht. Er kommt sogar für einige
prachtvolle Blousen - Modelle zur
Berwen'dung. Es ist eine leichtere Auf-
gäbe, einfache Blousen mit guten
Linien und von ansprechendem Mate
rial zu entdecken, als es ist, von der
sinnverwirrenden Masse von Modellen
elegante, distinguirt wirkende Blou'en
herauszufiikden. An vielen dieser reich
verzierten Blousen sind verschiedene
Stoffe zusammengestellt mit einir
Rücksichtslosigkeit, die mehr kühn, als
künstlerisch wirkt. Eine sorgfältige
Auswahl lohnt sich immer, denn gele
gentlich stößt man auf ein Modell wo
zwei Farben und zweierlei Material
in geschicktester Weise vereinigt sind,
wie zum Beispiel in einem Modell von
grauem Panne - Sammet und rubin
farbigem Atlas. Der untere Theil der
Blouse und der Unterarme! sind von
dem Sammet, und der obere Theil, der
der Figur eng anliegt, wie ein breites
Yoke. ist von' Atlas. Es ist die Art
und Weise, wie das Modell zusammen-
gesetzt ist was dasselbe distinguirt er-
scheinen latzt, denn Garnitur ist nur
sehr wenig an demselben. Das Foke
ist klein und rund, in grobem, ecru-
farbigem Netz ausgeführt, und hat
einen hohen Kragen, mit Fischbein gc-
steift, so daß er den Hals eng um
schließt. Die Blousen sind in jedem Stil ge
macht, und weisen viele eigenartige,
neue Noten auf. An den Modellen von
weicher, dicker Seide wird der Epau
let - Effekt mit. hübschem Resultat be-
nutzt. Diese Schulterstücke tragen dazu
bei. die moderne, abfallende Schulter
zu betonen. Dieselben bieten eine hüb
sckie GelegeBeit. zum Anbringen von
etwas Stickerei, die nie verfehlt, einer
einfachen Blouse Distinktiv zu ver
leihen. Tie Westen . Einsätze irnd,
weitn auch nicht o neu. aurein an-
sprechend, und bieten ein Mittel, um
etwas Farbe an einer sonst dunklen
Blouse anzubringen.
Chiffon Blousen werden in großer
Zahl aeschen. und es giebt zwei beson-
dcre Typen. Die. weicye ganz von
fon sind, und die. welche Chiffon nur
als Beihilfe für Atlas oder Sammet
haben. Tie Chiffon . Blouse, weich,
leictt und zart, ist sehr verschieden von
der Blouse von Atlas, die mit Chissn
bedeckt ist. Es ist da ein durchsicht,ger,
wolkiger Effekt, der verloren geht,
wenn daS Futter von Atlas erkenn
bar ist.
Sowohl die ganz von Chiffon ge
machten wie die Chiffon- und Atlas
oder Chiffon- und Sammet , Modelle
sind hübsch garnirt mit God- und
Silberspitze und Stickereien jttcr Art.
So wenia Garnitur wird benutzt, und
die Verschiedenbit ist so groß, daß
man allerlei Ueberbleibsel von feinen
Besätzen zur Ausschmückung einer
Blouse verwenden und 'öabei doch ein
überaus modisches Kleidungsstück
haben kann.
Taupe ist ungefähr die etnztze
Farbe, die in, dieser Saison der Ueber-
Popularität wkerstanden hat. Obgleich
dicielbe in ikder nur denkbaren lsct,at
tirung erschienen und in Kleidern für
jede mögliche Gelegenheit verarbeitet
wird, bleibt sie modern. Taupe besitzt
die merkwürdige Eigenschaft, zu ver
derben eher als verdorben zu
werden. Es bringt die Trägerin zur
Berzweiflung wegen Mängeln in der
Hautfarbe eher, als daß es sich aus
der allgemeinen Gunst ausstoßen läßt.
Frauen, denen es wirklich steht, sehen
in ihm eine angenehme Abwechselung
von der langen Liste der üblichen Far
ben, so daß sie es tragen trotz seiner
Popularität, während diej.nigen, die
es nicht mit Erfolg tragen können,
schnell fallen lassen, denn nichts ist so
unvorteilhaft, wie Taupe für einen
schlechten Teint.
In unserer zweiten Abbildung sehen
die Leserinnen ein Modell von taupe
farbigem Serge, für Bormittagstracht.
Rock und Blouse in Einem gemacht,
sind garnirt mit Stickerei. Kragen und
Manschetten sind von rothem Atlas.
Alle Schattirungen von Grau werden
in dieser Saison mit Roth garnirt,
und es werden als Resultat prächtige
Wirkungen damit erzielt. Knöpfe und
falsche Knopflöcher bilden eine weitire
Ausschmückung an dem Kleide.
Einen Borläufer der Moden für
südliche Tracht können wir den elegan
ten, hellen Paletots von Cutaway
Schnitt erblicken, die zu Weißen oder
sehr leichten Röcken getragen werden
sollen. Unsere dritte Illustration zeigt
ein Modell dieser Art in schwarz und
weißem Tuch mit Weste. Kragen und
Manschetten von schwarzem Atlas, das
zu einem weißen Tuchrock getragen
wird. Tie Ränder des Paletots, wie
die der Revers sind mit schwarzer
ewenoorte tngesanr.
Sebr wirkungsvoll ist aucb uit 5iut
von schwarzer Moiree. nur garnirt mit
Flügeln, die kokett an der einen Seite
der Krone tn dte Lust ragen.
Tanükleier sind in dieser Saison
der Festlichkeiten natürlich stark in Be
oebr. Bon Cbiffon. weicker Seide, uns
Atlas oder selbst Sammet von leich-
teuern Gewicm aemacyr. und vieietven
rin Ausdruck kwckist Eleaani linh
Schönheit. Plissirte Effekte sin!!) popu-
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Der neuePaletot mitWeste.
lär für Röcke, und Fsondus von AilaZ
in lebhaften Farben sind überaus
en vogue.
Jungen Mädchen steht in die er
Saison eine grosse Auswahl von
Kopfbedeckungen zur Beifügung.
Nichts ist jedoch kleidsamer für allge
meine Zwecke, als das kleine Toque in
grauem Filz, rauh oder glatt, mit
einer Sammetkrone derselben Schztt
runq oder einer kontrastirenden. Die
Ränder werden für jugendliche Träg.'
rinnen mit Borliebe mit einer weißm
Bekleidung versehen, und an Stelle von
Flügeln werden zugeschnittene und be
sonders geformte Stucke von Sammet
in zwei Schattirungen die mit Draht
steif gemacht sind, für d! Ausschmück
ung benutzt, und zwar mit sehr hüb
schem Effekt.
W a n d a.
Sintermodcn.
Die Gesetze der Mode sind stärker als
die Kräfte eines Simson, und nur ihre
eigene Wandelbarkeit ist im Stande,
den Bann, in den ihre Diktatur Alle
schlägt, wieder zu lösen. Wäre nicht
das Gedeihen der Mode so eng mit
dem Wohlstand ganzer Industrien ver
knüpft, würde man das Interesse an
Modefragen in so gewitterschwülen
Zeiten wie die gegenwärtigen stark
mißbilligen. Ein ftr.nger Richter könn
te auch jene Modetendenz nicht guthei
ßen, die sich jetzt darin gefällt, die
Aschenbrödel der Wirklichkeit, die sich
keines besonderen Titels erfreuen, mit
dem Nimbus einer Prinzessin zu um
kleiden; sie hüllt alle Evastöchter
ganz en masse nicht nur bei beson
deren Gelegenheiten vom Kopf bis zu
den in goldenen oder seidenen Schuhen
steckenden Füßchen in Pelz und Spitzen
und krönt das zum Glück wieder schmal
frisirte Köpfchen mit einem glitzernden
Reif, der aus Brillanten sein kann,
aber wie tröstlich! nicht sein
muß. Auch die einst so seltenen Reiher
sind in guten Imitationen ausgeführt,
bald einem Portemonnaie zugänglich
und tragen viel zur Jlluston der Bor
nehmheit und Gleichberechtigung bei.
Die neuesten Abendtoiletten sind für
den Hang der Mode, feines Material
in gehäuften Mengen zu verwenden, be
zeichnend; ein Modell zeigt ein Unter
kleid aus weißem, mit bunten Sträu
ßen brochirkm Atlas, das ein weißes
Brüsseler Fichu und ebensolche Bolants
vollständig deckt, das aber noch über
dies eine Tunik aus schwarzen Spitzen
verschleiert; ein anderes Modell pra
scntirt sich als schwarzes Chantillykleid
über Goldstoff mit einer Drapirung
aus grünem Panne, die sich nach der
neuesten Mode eng um den unteren
Theil des Rockes schmiegt und nur ganz
wenig auch bei der Taille zur Geltung
kommt; bizarr ist hier die Richtung,
welche die Drapirung der Tunik in eine
seitwärts fallende. zweispitzigeSchleppe
verlängert. Bei anderen Modellen
wird die Tunik als schmales Melusi-
nenschwänzchen nachgeschleift, welcher
Linie auch der pompöse Abendmantel
aus Brokat mit Pelzverbrämung zu
folgen hat. Zum Schluß wollen wir
noch ver'athen, daß auch der ominöse
Reif beim Rock der Abendtoilette wieder
eine Rolle spielt, nur bauscht er nicht
dn unteren Rand desselben, sondern
dessen Mitte auf.
Als neues Gebiet, das von der
Mode frisch beackert wird und bereits
bunte Früchte trägt, ist Alles, was zur
Sportkleidung gehört, zu betrach.en.
Während in früheren Tagen 'dle dem
Sport ergebenen Jüngerinnen eine
wenig auffällige Außenseite zur Schau
trugen, hat es die Mode verstanden,
mit ein wenig Faib und dieler Wolle
die Anforderungen des Schönheitsin
nes mit denen der Zweckmäßigkeit zu
vereinen, und statt der Raupen in
graubraunen Loden, die einst die
Sportgebiete bevölkerten, tummeln
sich nun bunte Schmetterlinge, deren
knappe Kleidung an die lustige der Ar
tisten erinnert, im Schnee und Eis
herum. Sehr flott macht sich der An
zug der Rodlerin oder Skifahrerin, der
sich aus einem kurzen Rock aus ge
strickt weißer, weicher Wolle mit
ebensolchem Sweater, Schneehaube,
Gamaschnstrümpfen und wehender
HalSscharpc zusammensetzt; Bordüren,
Aufschläge und Fransen leucbten in
Oranae, Smaragdgrün, Enzianblau,
Weinroth oder Violct; auch dunkel
blaue Anzüge mit weißen oder gelben
Aufschlägen entsprechen der Mode, als
Gipfel der Eleganz ist aber der Reh
lederrock zu betrachten, mit gleichen
Wickelgamaschen, dem fich ein Swea
ter aus farbiger Wolle und weisen
Aufschlägen mit aleicher Schneehaube
und Halsschärpe gesellt. Die leiden
schaftliche Sportlerin verzichtet übn
gens gänzlich auf den Rock und trägt
ihr Wollkostüm, das außerhalb des
Sportplatzes ein weißer Fellplüsch
mantel ergänzt, mit gestrickten Bridges
oder mit Bridges aus Homespun.
Auch auf dem Eislaufplatz macht
sich zwischen den raffinirten Pelz-
oder Sammtkostümen der farbige
Sweater angenehm bemerkbzr. Junge
Damen tragen ihn um weisen Tuch
rock; er darf aus Cordonnetseise ge
strickt sein wohnroth, goldgelb, en-
iianblau. smaragdgrün oder slieder
arbig heraueleuchten; die gleiche ge
trickte Mütze hat die From einer Wag
nerkappe, einer Schnee oder Zipfel
Haube; die xileichfalls weißen Tuch
aamaschen sind mitunter mit Leder in
der Farbe des Sweaters vorgestoßen.
Das Wild des 'Fodes.
Skizze von
Egon v. Koinorzynski.
Es war auf der Fahrt von Genua
nach Marseille. Ein halbes Dutzend
Reisende, hatten wir uns an einer
Stelle auf dem Berdeck des ziemlich
dichtbesetzten Dampfers niedergelassen,
die mehr abgelegen und daher von
dem auf demSchiffe herrschenden bun
ten Getriebe verschont war. Es war
Abend geworden, der Lärm der Menge
klang nur gedämpft herüber; in das
von den schäumenden Wellen nd dem
Pochen der Maschine verursachte
gleichmäßig Geräusch mischte sich mit
unter eine banale Folge von Tönen ei
nes Klaviers, dessen Saiten die zarten
Finger einer Weltdame im Salon
meisterten. Ringsum breitete sich das
Meer, und drüben im Westen schickte
sich die Sonne zum Scheiden an.
Wir sahen, sämmtlich Deutsche, die
der bezwingende Zauber des Südens
vollends zu Schwärmern gemacht
hatte, dem gewaltigen Schauspiel des
Sonnenuntergangs mit leuchtenden
Augen zu. Ein heiliges Schweigen
lag über der ganzen Gesellschaft. In
weiter Fenre, wie eine sich entblättern
de glutrothe Rose, sank die Scheibe des
Lichts dem Meere zu, das in tausend
fachcr Farbenpracht weithin elglänzte.
Gold, Scharlach und Purpur strahlten
am Himmel und blendeten den Blick.
Da ein Moment und alles ist wie
in Funken zerstoben ein trauriges
Entfärben geht durch Himmel und
Wasser, die Sonne ist todt.
So stirbt ein Held anbetungs
würdig!" zitirte einer von uns mit
leiser Stimme. Und allmählich löste
sich der Bann und wir sprachen wie
der. Aber woran jeder von uns uncin
gestandenermaßen gedacht hatte beim
Anblick der scheidenden Sonne, das
zeigte sich deutlich im Thema des nun
folgenden Gesprächs. Es drehte sich
um das Sterben, um die Auffassung
des Todes, ' wie sie verschiedenen Böl
kern zu verschiedenen Zeiten eigen war.
Die meisten von uns hatten noch von
der Schule her den Titel des Lessing
schen Aufsatzes: Wie die Alten den
Tod gebildet" im Gedächtniß. Was
uns in den düsteren Nebeln des Nor
denz gleichgültig gewesen war, das
gewann hier im Süden plötzlich über
zeugende Gewalt, und bald war ein
eifriger Meinungsaustausch im Ean
ge, in dem wir alle aber darüber einig
waren, daß der Tod in der Phaiitasie
der Bewohner des lebensvollen, von
der Natur so reich mit Schönheit be
gnadeten Südens naturgemäß die
freundliche Gestalt des blühenden
Knaben mit verlöschender Fackel an
nehmen müßte, wie ihn sich die Grie
chen vorstellten. Ein Zwillingsbruder
des Schlafes, führt er in ein unbe
kanntes Land ; aber sein Erscheinen
hat nichts Gräßliches, nur etwas ernst
Nothwendiges. Jugendlich elastisch,
schön und anmuthig trat der Giuius
des Todes an den Griechen heran und
bot ihm die Hand zur Führung in tal
Reich der Schatten.
Ueber uns alle war es gekommen
wie ein Verständniß dieser schönen
Art, einen Zustand zu personifiziren.
Weit von uns lag der kalt:, finstere
Norden, der für jeden von uns Sorge,
Mißmuth all' das quälende Einer-
lei des alltäglichen Berufslebens be-
deutete.
Wie stimmt das scheußliche Ge
rippe, der ien emann mit oem
grinsenden Todtcnschädel, mit Stun-
denglas und Htppe, zu dem durch eine
düstere Umgebung zum Grübeln und
zur Sorge hinneigenden Gemüth des
Nordlanders!" sagte etne? er Reiige
fährten. Wir sehen im Tod die Ber-
wefung, denken an Erde und Moder,
an klappernde Gebeine und fürchten
uns vor Gespenstern. Mir ist, als
hätte die wunderbare Stimmung die
ses Abends mich geheilt. Denke ich
künftig an den Tod, so will ich ihn
mir vorstellen, wie er mir erschien in
dem glühenden Schleier der unter
gehenden Sonne, freundlich und ernst,
in seiner leuchtenden Schönheit be
rückend zugleich und majestätisch!"
Laßt, uns meinetwegen vom Tode
weiiersprechen, aber dabei dem Leben
zu Ehren das Trinken nicht verges
sen!" meinte der Spaßvogel unserer
Gesellschaft, eine der Flaschen aus dem
Kühler nehmend, wo sie die Zeit übe?
vergessen gestanden hatten, und die
Gläser füllend. Fs lebe da Leben!
. . . Denkt euch den Tod, in weicker
Gestalt ihr wollt; es bleibt doch immer
nur eine subjektive Vorstellung eurer
Phantasie. Wie er in Wirklichkeit
aussieht, wißt ihr ja alle nichts
Eine Pause entstand, während wir
alle schweigend tranken. Dann meinte
ein anderer von den Gefährten, in
dem er daS Glas absetzte und uns in
der Runde bedeutend ansah: Vielleicht
weis; ich, wie er wirklich aussieht".
Betroffen blickte ein jeder auf den
Sprecher. Es war ein hoher, schniger
Mann von etwa vierzig Jahren, den
wir erst in Genua kennen gelernt hat
ten; ernster als wir anderen alle und
mit einer Art zu schauen und zu re
den. die einen zwang, das, waz er
sagte, ernst zu nehmen und auf sich
wirken zu lassen.
Hören Sie zu und lassen Sie sich",
sagte er, unser erwartungsvolles
Schweigen als Aufforderung neh
mend, ein Erlebnis; erzählen, das ich
vor wenigen Wochen in Nervi hatte
und das nicht alltäglich ist."
Wir setzten unö bequem zurecht und
schickten uns an, zu lauschen. Ich
hatte mich", so begann er, schon län
gere Zeit in Nervi aufgehalten, als
mich de: Zufall eines Tages mit einem
Manne ins Gespräch kommen ließ, der
mir längst aufgefallen war. Ein älte
rer Herr, weißhaarig und sonnver
brannt, mit tadelloser Eleganz geklei
det, verrrieth der Vicomte R. in fei
nem ganzen Wesen die Ritterlichkeit
des französischen Edelmannes vom al
ten Schlag. Er schien eine Umgang
liehe Natur und pflegte viel Gesellig
keit, so daß es mir leicht war, mich
ihm zu nähern, ohne zudringlich zu
scheinen. Was mir an ihm auffällig
schien, war der seltsam bedauernde
Blick, mit dem er mehrmals einzelne
Personen, mit denen er zusammen
war, betrachtete. Der sonst so beweg
liche. , heitere Mann schien mitunter
starr, wie unter einem beängstigenden
Drucke stehend; dann blickte er mit
abgrundtief mitleidsvollen Augen je
mand an und zog sich so bald w-e
möglich aus der Gesellschaft zurück.
Das widerspruchsvolle Wesen des
Mannes fesselte mich unwiederstehlich.
Er war mir ein Räthsel nach dessen
Lösung mich verlangte.
Ein willkommener Zufall fügte es.
daß ich mit ihm näher bekannt wuroe.
Wir fanden an einander Gefallen,
trafen uns gern und häufig; er hatte
viel von der Welt gesehen, eine hohe
Weisheit verband sich oft mit d
Courtoisie, . die ihm eigen war. In
mancher Auffassung stimmten wir
überein: so wurden mir die Gespräche
mit ihm bald unetbehrlich. Dg. als
wir einmal im Caf6 zusammen saßen,
hatte an einem Nebentisch ein anderer
Gast, mir auch vom Sehen gut be
kannt,, Platz genommen. Mt Befrem
den bemerkte ich an dem Vicomte bald
eine Zerstreutheit, die ihn geistesab
wesend erscheinen ließ: er blickte
auffällig nach dem ruhig in einer
Zeitung lesenden Fremden hinüber
und gab mir lässige Antworten; dann
verstummte er ganz. Endlich eben
als ich eine dringende Frage an ihn
richten wollte sah ich den Blick, in
seinen Augen, den ich schon kannte.
Wtit einem unsäglichen Bedauern
blickte er auf den ahnungslosen Zei
tungsleser. Es war ein Blick, den
man nicht vergessen kann, als wollte
er einem Unglücklichen helfen und
könnte es nicht. Dann stand er auf
mit einem verwirrte Neigen des
,kovfes grüßte er mich, stumm und
fremd, und verlich das Zimmer.
Ein Mcnschenauflanf lockte mich
des andereit Tages, hinzugehen und
zu sehen, was es gebe. Es war ein
Mensch ins Meer gefallen und und
ertrunken. Schon wollte ich mich cnt
lernen, da mußte ich gegen meinen
Willen stehen bleiben und den Todten
ansehen, den man an mir dicht vor
beitrug. Mch schauderte es idciv
der Zeituiigsleser von gestern; die
gesunde, blühende Gestalt jetzt leblos
und gedunsen, das Gesickzt blan und
fürchterlich entstellt. Ich drehte mich
um der Bicomte stand hinter mir
und winkte mir, ihm zu folgen.
Wir gingen schweigend nebenein
ander den Strand entlang. Endlich
begann er: Ich bin Ihnen eine Er
klärung schuldig wegen memcL gestrt
gen Benehmens. Zu keinem andern
würde ich so sprechen, wie zu Ihnen.
Hören Sie und glauben Sie einem
alten Manne, der jeglichem Flunkern
abhold ist. Ich habe eine Eigenschaft,
großartig und schrecklich zugleich. Ich
kann den Tod anderer Leute voraus'
sehen. Seit Jehrzehnten ist es so. Auf
all' meinen Reisen hat mich diese
Gabe nie im Stich gelassen. Ich sehe
hinter einem Menschen, dem bestimmt
ist, in der nächsten Zeit zu sterben,
die Gestalt deö Todes. Nie lzat mich
die gräßliche Erscheinung getäuscht,
noch jeder, hinter dem ich das furcht
bare Bild gesehen hatte, ist kurz
darauf gestorben. So war es gestern
'in Cas. Hinter dem Mann, dessen
Leickze Sie eben vorbcittMN sahn,
erblickte ich den Tod und ?rkainlte daS
Schicksal deö Ahnungslosen. Tarum
meine plötzliche Zerstreutheit, mein
rascher Ausdruck). Sie mögen mir
glaube oder nickft: allein es iit
Wahrheit, waS ich sage, und bei Gott,
ich habe mein Leben lang diiniber flcVV
schwiegen, eine eigene Ziieu hindert "
mich, von alledein zu andern zu spre
cheu selbst Verwandte und Freunds
klärte ich nicht auf. Sie find, dce
erste, zu dem ich darüber rede, mir ist, ' '
als wäre es mir eine Erleichterung, '
gerade Sie um Mitwisser meines Qi
hcimnisseZ zu haben. :
Ich weiß, wie viel des Uiierklarlk
chen und scheinbar Unglaublichen daZ
Leben birgt, darum glaubte ich den,
Vicomte. Ein Schauder überlief mich.
Ich danke Ihnen für Ihr Ver
trauen," sagte ich zu ihm, jetzt der
stehe ich Ihr gestriges Berhaltün.
Aber verzeihen Sie die Neugicrde ci
neö Manne?, der etwa? Unlösbarst
Plötzlich lösbar sieht. Ich kann die ' '
Frage nicht zurückhalten: wie sieht
die Erscheinung aus, die Sie als die
Gestalt des Todes bezeichnen?"
Wir waren an einer einsame
Stelle der Strandpromcnade ange
langt. Eine Bank stand dort. Der
Vicomte setzte sich. Ich stand ihm' ge.
genüber mit dein Rücken gegen da-Z
Meer, er schien an mir vorüber niit
müden Augen in die weiß schäunten
de Brandung zu schauen. Wie soll
ich Ihnen die Erscheinung bcschrei
ben?" begann er langsam. Sie ist
derart überirdisch oder außermensck
lich, daß Worte hinter der Wirklich. '
keit zurückbleiben müssen."
Er verlor sich in Sinnen und schien!
wieder müde und abgespmmt nachzu
denken. Ta es überlief mich kalt
erblickte ich aufschauend, daß ich
nicht mehr mit ihm allein war.
Es war ein Dritter in unserer Ge
sellfchaft. Hinter dem Vicomte stand
er. Er war nicht von dieser Welt. Ein .
hohe Gestalt, ein ernster Mann, ohne
eine Spur von Jugend oder Wer,
von Trauer oder Freude, aber auch
nicht grausam oder gleichgültig. See
lenlos blickten seine Augen; ich
könnte seine Kleidung, ob ich ihn
schon fest und genau ansah, nicht be
schreiben. Aber er trug keinen Hut,
sein dunkles Haar war leicht gekräu
seit. In der linsen Hand führte er ei
Werkzeug, daß ich nicht benennen
könnte, abet ich kann es beschreiben.
Es sah ans, wie ein kurzer Schaft, irt
dem eine Art Lanzette befestigt war,
wie sie die Aerzte brauchen. Mit der
Rechten deutete er, ohne ihn dabei an
zusehen, nach dem Bicomte. dave
blickte die Gestalt ins Leere. Alles Mi
dauerte nur einen Moment, dann
war der Platz hinter meinem Freunds
wieder leer. ... '
Sie ljaoen recht, mich so mitleidig!
anzusehen." sagte mein Bekannter,
ich hätte nicht von der leidigen Sachs
zu sprechen anfangen sollen. Lasseir
wir die Fortsetzung des Gesprächs auf
morgen; mich hat der Anblick tib
Ertrunkenen allzu trüb gestimmt.
War. was ich gelesen hatte, eine,
Sinnesaäuschung gewesen? Ich sagte
mir so. Wir setzten den Spaziergang
fort, mein Begleiter wurde besserer
Laune und wir trennten uns Mittags '
mit dem Versprechen, am nächsten Ta
ge an einem bestimmten Ort . wieder
zusammentreffen.
Aber am nächsten Tage gab es eins
schmerzliche Ucberraschung für mich.
Der Bicomte war in der Nacht gestor :
ben. vom Schlag getroffen worden.
Man hatte ihn Vormittags todt inr
Bette geunden."
Unser Reisegefährte schwieg. Stumm
blieben wir anderen, während die laue
Nacht des Südens uns mit geheim-
nißrollem Zauber umwob. Kaum ge
traute sich einer zum anderen hinüber
zusehen, und jeder hatte das Gefühl,
als stände, für ihn unsichtbar, aber
von jedem anderen leicht zu sehen,
hinter seinem Rücken im Glanz der
leuchtenden Sterne das Bild des Zo.
des. .
Grießauflauf. Man läßt über
gelindem Feuer Z Quart Milch " mit
einem Stück Butter kochend werden,
rührt langsam l Pfd. mittelfeinen
Grieß hinein, kocht alles unter bestän
digem Rühren zu steifem Brei, der sich
von der Kasserole löst, und schüttet ihn
zum Erkalten in eine Schüssel. Dann,
rührt man 2 Unzen Butter schaumig,
fügt nach und nach bei beständigem
Rühren 2 bis 3 Eidotter löffelweise
dem Grießbrei nebst etwas gestoßener
Vanille zu.gießt zuletzt schnell den steif
geschlagenen Schnee der Eiweiße da
zwischen, füllt die Masse in eine mit
Butter ausgestrichene Auflaufform und
läßt den Auflauf 43 bis 50 Minuten
backen. Er muß sosort , aufgetragen
werden.
Das Echo beherrscht alle SpraHek,