Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, November 29, 1912, Image 3

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Tägliche Omaha Tribüne.
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Vurnholm.
(5iu Äusflug nach der dänisch,,, Insel in der
VII Goethe zum ersten mal die
Schweiz gesehen hcitle. konnte er sich
rühmen, für alle Zeiten einen Z.
skilchtkort gefunden zu haben. eS gehe
ihm. wie tt wolle. Daß nicht er al.
lein diese Anschauung besitzt, beweist
die Masse der fremden, die alljähr
lich da Alpengebiet besuchen. Neben
diesen steht nun aber eine nicht min
der große Zahl von Menschen, für die
jenes Refugium der Meereestranv ist.
Die Vermittelung zwischen beiden,
nicht gleichwertigkn. aber einander
picht unwürdigen Idealen zu schaffen,
scheint in neuester Zeit Norwegen be
rufen zu sein, ine Nachbildung not
rvegischer Verhältnisse, freilich mir in
bescheidener Weise, bietet Bornholm.
Auch auf Bornholm finden wir
schroff zum Meer abfallende ffelskij.
sten, bizarre Formen von Klippen,
die die unermüdliche gemeinsame h
tigkeit von Frost. Wind und Wogen
modelt haben, eine See. die bei tu
hii Zeiten durch die Schönheit je
ner' Farbenspiele, die wir aus den
Bildern der norwegischen Maler kcn
rien, im stürmisch bewegten Zustande
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?ie Rimdkirckie
durch die Erhabenheit ihrer Kraft
Äußerungen bezaubert. Trotzdem er
klärt dies aber nicht genug die neuer
dings stark hervortretende Anzie
'hungskraft der Insel; vielmehr wird
das Bewufztsein des Besuchers, auf
einem so kleinen Eiland inmitten des
Meeres zu weilen, nicht wenig dabei
in Frage kommen, wenn auch vielleicht
winder als bei Helgoland. Endlich
bietet nun aber Bornholm auch dem-
jenigen Anregung, der die Muße gern
mit benutzt zu Studien über Land
und Leute von sonst und jetzt. Auf
dem kleinen Raum ist eine Fülle m
teressanter Erscheinungen zusammen
gedrängt: die in das graue Altertum
SchiffcrtMiZ.
hineinreichenden Steinkistcngräber, de
ren Lage wir an Ort und Stelle
betrachten, und von deren Inhalt wir
vieles m dem Museum der Hauptstadt
finden können, die Bautasteine, wie
sie zahlreich vorgeschichtliche Begrab
niSplätze schmücken, die Runensteine,
jene eigentümlichen Rundkirchen, die
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Christians!?.
zugleich Befestigungen waren, dazu
eine Anzahl mehr oder minder groß-
artiger Burgruinen, endlich ein Volks
turn, das des Originalen genug zeigt.
Alles das bietet reichliche Gelegenheit
zur Unterhaltung und Belehrung.
Bornholm ist ein kleines,' birnsor
miges Eiland, das mit seinen zehn
(Seher)meUn ,in fflr'rifi nnrfi mffnf
lich hinter Rügen zurückbleibt; unter
dem Meridian von Stargard und
kaum einen halben, Breitengrad nörd
licher als Rügen liegend, ist es von
der südschwedischen Halbinsel Scho
nen nur fünf deutsche Meilen in süd
östlicher Richtung entfernt, d. h. ae-
-radt so Iveit, daß es von dort bei
''ttm Wetter mit bloßem Auge sicht.
cs'see.
bar ist. Big auf den heutigen Tag
nennen denn auch die Bewohner
Schönens die Insel kurzioeg .den
Holm". Auch die beiderseitigen Bo
denformen entsprechen einander, das
Urgestein, da am Aufbau BornholmS
in erster Linie beteiligt ist. stimmt mit
dem der südschwedischen Landschaft
Blekinge überein. Auf Bornholm
tritt eö, namentlich im Norden, ganze
Strecken hindurch zu 2age und ist
auch sonst nur von einer dünnen
Schicht von Laterit oder vom Tilu
vlum bedeckt.
DaS Klima det Insel ist ein ge
mäßigtes Seeklima; überall atmet
man frische, kräftige Seeluft. Die
Flora weicht von der norddeutschen
wenig ab; Eichen- und Buchenwal
düngen finden sich namentlich im
Herzen der Insel, wo freilich nrns
recht ode Kiefernwälder anzutreffen
sind. Die Bewohner sind gutmutige
frischer Art; von ihren altväterlichen
Gewohnheiten ist unter einer dünnen
Decke modernen Nivellements noch
genug stehen geblieben; die National
iracyl kreincy nnvek man auner an
l'Oii St. ZU
hohen Festtagen nur noch im Muse
um vertreten. Politisch ist der Born-
holmer ein guter Däne, der qelegent-
lich auch wohl einmal chauvinistische
Anwandlungen haben kann, doch
sprechen heute schon viele Leute
Teutsch, namentlich die Besitzer und
du Kellner in den Hotels. Die Be
schäftigung ist in erster Linie Ackcr
bau. dann Fischfang, verbunden mit
Räucherei, und Pferdezucht, die treff
liches Material liefert. Die einst
so rege Uhrenindustrie ist fast ganz
verschwunden. Endlich ernähren die
Ausbeutung der reichen Kaolinlage?
für die Terracottenfabrikation sowie
der Abbau des Granits für bauliche
Zwecke einen Teil der Bevölkerung.
Die täglichen Tourfchiffe von Ko
penhagen nach Rönne sind alle see
tüchtig, bezüglich ihrer Ausstattung
aber sehr ungleich. Abends um 8)4
Uhr abgefahren, landeten wir mor
gens 5'.. Uhr in Rönne, einem
freundlichen, stillen Städtchen mit
trefflichem, freilich schwer zugängli
Hafen. Nachdem wir uns durch
kurzen, tiefen Schlaf gestärkt hatten,
brachen wir nach flüchtiger Besicht,
gung der Stadt auf, um den Stell
wagen zu benutzen, der regelmäßig
morgens für weniges Geld nach
Hammerhrt. Was uns nun bei
unserer Fahrt zunächst auffiel, war
der Mangel an Dörfern, nur ein
zelne Äehöfte, Gaarde", beleben die
Gegend; hier sitzt also der Germane
noch wie in Westfalen auf seiner
Scholle. Selbst die Kirchen, die wir
antrafen, lagen allein, darunter die
altehrwürdige Oleskirke. Bald hin
ter ihr erblicken wir zuerst wieder die
See. die Terrainwellen uns so lang
verborgen haben, und nun sieigen wir
bald hinab nach Allinae. von wo uns
eine reicht Umsäumung des Ufers
mit Klippen schon von weitem enig,
genieuchtet. Wir verlassen hier den
Wagen, um der freundlichen Stadt
einen kurzen Besuch abzustatten, In-
tercljant ist der aus den Felsen her
ausgehauene Hafen, der, zurzeit un-
günstiger Winde oft ganze Flotten
birgt. Weiter geht's dann an der
Küste nach Sandvig, der kleinsten
Stadt des Königreichs, und von da
westwärts auf Hammer. Der Weg
führt uns vorbei an dem kleinen
Hammers, hinter dem die gewalti
gen Steinbrüche von Ohlendorff
sichtbar werden. ,
Wir begaben uii4 alsbald nach der
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nahe gelegenen Ruine HammerShuuS.
einer Befestigung, die in gleicher
Weise durch die Vrofzartigkeit ihrer
Lage wie ihrer Werke imponiert und,
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Ter Saeiichafen und die
seit dem 13. Jahrhundert bestehend,
bis in das ILte hinein eine große
Rolle in der nordischen Geschichte ge
spielt hat. Besonders imposant er
schienen die Ruinen von der See her
im Strahl der sinkenden Sonne. Au
her ihr. bietet die Nordwestküste bei
Hammer wirkungsvoller Partien ge
nug," fast überall fällt von beträcht
licher Höhe der Fels steil zur See
ab. stark zerklüftet; besonders eigen
artig sind jene nassen Oefen", in
die man bei ruhiger See hineinsah
ren kann. Nur an einer Stelle, bei
der Sacne - Bucht, wo sich auch die
noch sehr einfache Badeanstalt befin
det. ist der Fels unterbrochen, zur
Anlage des Hammerhafens Gelegen
heit bietend; nördlich davon aber
steigt man wieder hinan zu dein
nördlichsten Punkte der Insel, der
ein Leuchtfeuer erster Klasse trägt.
Der nächste Morgen führt uns
südwärts, zunächst durch bewaldete
Felstäler (Paradicsdalen) hinter stei
ler Küste, die viele prächtige Durch
brechungen ausweist, über Wang nach
Ions 5kastell, einer besonderer bizar
ren Zerklüftungsstelle, bei der man
auf einer leidlichen Treppe zur .See
hinabsteigen kann.
Die Mehrzahl der Touristen wird
von hier nach Hammer zurückkehren
oder sich nach Hasle begeben; wir
HlMiiiicröhiliiZ -
zogen es vor. uns quer durch die In-
sel zu schlagen, in der Richtung nach
Helligdommen. Auf diese Weise
lernten wir den Charakter des Lan-
des besser kennen, leider auch von ei-
ner unangenehmen Seite. Wir hat
ten nämlich darauf gerechnet, bei
Oleskirke einen Gasthof zu finden, sa
hen uns aber getäuscht. Nur nach
vielen, infolge der Sprachverschieden
heit schwierigen Verhandlungen er
reichten wir. daß ein Bauer uns mit
Speise und Trank notdürftig er
quickte. Nach Besichtigung der Kir
che geht's dann, meist angesichts der
See. weiter, und in zwei Stunden
ist das neue geschmackvolle Hotel Hcl-
igdommen erreicht. Der neue Mor-
gen bringt hellen Sonnenschein, der
die hier besonders eigenartigen Klip-
pen voll beleuchtet. Schon wartet
unser Boot, das wir tagszuvor be-
'teilt haben; mit schnellen Ruder-
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schlagen gehi's erst nordwädZ, wo
wir nach kurzer Fahrt z einem Be
such in !em schönen Dwidalen oni--sieigen,
dann wieder mit geschwellte!',
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Segeln gen Süden, vorbei an der
Helligdoms und Lriseklippe, welter
lang eiiik sonst ans der Insel sei
Icnen Sandstrandeö aus ttudhjcm
Hain,neröhuS-Ruie.
zu, den wichtigsten Fischerort der
Insel, dessen Hafen ebenfalls in den
Fels gesprengt ist, und dessen Häuser
auf nacktem Felsboden stehen. , sodaß
es des Straßenpflasters nicht be
darf. Hier verlassen wir nun die
Küste, um zu Wagen weiter süd
wärts zu gelangen; zwei weitere
Rundkirchen begegnen uns. und auf
einem Abstecher erreichen wir das be-
sonders malerische Randkleveskaar,
dessen senkrecht niederstürzende Wän
de uns mühsam passieren lassen; bald
nachher erblicken wir die Stadt Sva-
nike. den östlichsten Punkt der Insel
einen Vtt wie udyem, von wo
uns das Postschiff nach den sogen.
Erdholmen führt, kleinen Jnselchen,
von denen Christians noch die qron
te ist. Man versäume ja nicht die
sen Besuch, in fünf Stunden kann
man hin und zurück sein; eine kurze
Fahrt rings um die Eilande genüqt,
um diese romantischen Fleckchen Erde
kennen zu lernen, die als starke See-
festung ihre Geschichte haben und als
Nothafen fortwährend segensreich
wirken. Der Abend sieht uns wieder
in dem freundlichen Svanike; am
andern Morgen aber gehen wir wen
wärts auf Rönne zu, um die südli
cheren Gelände kennen zu lernen.Nach
zweistündigem Marsch erreichen wir
Almindingen, das schön bewaldete
l'nidiuinn.
Zentrum der Insel, das auf dr
Jungferburg neuerdings ein schmuckes
Hotcl erhalten hat, Almindingen
mit seinen schönen Aussichtspunkten
(Ritterknecht mit Kongemindet), meh
reren Burgruinen, der tiefen Ein
sturzmulde des Ekkodals lohnt wohl
einen Besuch.
Bei guter Zeit sind wir nun wie
der in Rönne, wo wir Gelegenheit
nehmen, das Kastell und das Muse
um zu besuchen, etwa auch die Ter
racottenfabrik von Hjort, in der man
einige nicht ganz billige, aber ge
schmackvolle Andenken kaufen kann.
Am Abend besteigen wir das Schiff,
das uns in der Nacht nach Saßnitz
und von da weiter nach Stettin zu
rückbringt. Bornholm ist kein Neapel; im ei
gentlichen. Sinne großartig kann
nian es nicht nennen, aber ein loh
nendes Ziel für einen kurzen Aus
flug ist es jedenfalls.
P. van Rief fen.
Hand in H a n d. Haben
Sie schon gehört? Nach dem gestri
ren Souper bei dem jungen Arzt
Meyer sollen mehrere Gäste unwohl
geworden sein." Es wäre nicht
das erste Mal, daß ihm seine Frau
eine kleine Praxis zufammengekocht
hätte."
G e l ö st e s P r 0 b l e ni. Frau
A. (zum Schaffner): Schaffner,
machen Sie das Fenster auf. ich
schwitze mich zu Tode!"
Frau B.: Schaffner, machen Sie
das Fenster zu, ich friere mich ja
tot!"
Herr: Schaffner, machen Sie das
Fenster auf. dann friert sich die eine
(rtV. iJO. iT'l ..i ...
-CUliC, l'lllill muuyiii su tu u,
ton schwitzt sich die andere tot: auf
die Weise werden wir beide lo4."
ic lvir zm Schirm kamen
Die Natur wi'S dem ersten Er
finder des Schirmes den Weg. Er
brauchte nur ein großei schatten
spendendes Blatt aus einem leichten
Stoff nachzubilden und diesen an
eine Stangk zu befestigen; dann war
ein brauchbarer Schirm erfunden.
In dieser fächerartigen Form hat sich
der Schirm durch die Jahrtaufende
hindurch im Orient erhalten. Da
die Zahl der Regengüsse im Osten
aber eine viel geringere ist als bei
uns, andererseits aber auch die
Schleusen deS Himmels so heftig und
lange gezogen bleiben, daß auch der
gediegenste Schirm keinen Schutz da
gegen bieten kann, so sehen wir ihn
dort ursprünglich nur als Schutz ge
gen die Sonne im Gebrauch. In
bildlichen Darstellungen kommt die
ser fächerartige Sonnenschirm schon
umö Jahr 1170 vor Christo in
Aegypten vor.
Wollen wir in der Geschichte dek
Schirmes der Natur weiter als Lehr
meister nachspüren, so finden wir.
daß unser heutiger Schirm dem
schutzenden Dach eines Baumes nach
gebildet ist. Für den Alltagsgebrauch
mußte der im Orient ziemlich große
Schirm bald unpraktisch werden,
wenn er sich nicht zusammenklappen
Malerei auf einer griechischen Vase.
ließ. Wer der Erfinder des Schirm
Mechanismus war, wissen wir nicht.
Anscheinend erwähnt der griechische
Lustspieldichter Aristophanes in fei
nem Lustspiel Der Ritter" bereits
im fünften Jahrhundert vor Christo
einen Sonnenschirm, den man öffnen
und schließen konnte, mit den Wor
ten: Denn deine Ohren waren aus
gespannt grad wie ein Sonnenschirm
und klappten wieber zu." Vergleichen
wir mit diesen Worten unsere beiden
ersten Abbildungen, die griechische
Frauen mit Sonnenschirmen zeigen,
so wird man den Text des Aristopha
nes nur auf einen Schirm beziehen
können, der dem unsrigen glich.
Die Römerinnen übernahmen den
Sonnenschirm von den Griechen, wie
wir aus den Stellen verschiedener
ihrer Schriftsteller Ovid, Martia
lis, Pollux. Juvenal ersehen kön-
nen. )Mn trug eine Wienerin ihrer
Herrin den Sonnenschirm nach. Die
Bezüge waren buntfarbig, der
Schirmstiel meist aus Bambusrohr
hergestellt. Aber auch die Männer
eigneten sich damals schon den Son
nenschirm an. Es klagt uns der
Dichter Claudianus im Jahre 399.
daß die verweichlichten romischen
Junglinge, die ernst sabinische Jung
frauen truqen, jetzt nur noch den
Sonnenschirm spazieren führten.
Ueber die Verwendung des Regen
schirmes hören wir zuerst aus den
Briefen von Alkuin, einem hochqebil-
dcten Englander, der zugleich Lehrer
Griechisches Vasenbild,
und Freund Karls des Großen wur
de. Alkuin hatte sich im Jahre 796
in Tours niedergelassen und war be
müht, von dort aus Wissenschaft und
Bildung zu verbreiten. In einem
seiner im Jahre 800 an den Bischof
von Salzburg geschriebenen Briefe
heißt es: Alkuin sendet dem Bischof
ein Schutzdach, damit es Euer vereh
rungswürdiges Haupt vor Regengüs
sen bewahre." Eine allgemeine Ber
breitung erlangte der Regenschirm
aber erst viele Jahrhunderte später.
Im Mittelalter war der Schirm
nämlich stets das Zeichen besonderer
Würde. Schon im Jahre 1176 lieh
sich der Doge von Venedig stets einen
Prunkschirm voraustragen, wenn er
ausging, mochte die Sonne scheinen
oder nicht. In der Handschrift des
Ulrich von Riechenthal, eines Kon
stanzer Bürgers, der Das Konzi
lium, so zu Konstanz in den' Jahren
1414 bis 1418 abgehalten wurde."
niederschrieb, finden wir die Darstel
lung eines solchen Prunkschirmes.
Die Malerei zeigt den Schirm mit
einem dreieckigen Ausschnitt, den man
sich in Wirklichkeit aber wegdenken
muß. weil er nur zur Bequemlichkeit
des Beschauers hingemalt wurde, da
mit der Kopf des Schirmträgers auch
zu sehen sei.
Als Leonardo da Binci, dieser ge
wandte Höfling, um das Jahr 1500
m aiiioninti aiigap, mtt dem man
sich vou jedet Höhe ohne Furcht vor
Beschädigung herahkassen kann
wußte kr die Einrichtung noch nicht
mit einem besonderen Namen zu be
Prunkschirm deö PavsieS auf dein Kon
zil zu jionsianz 1114.
nennen, sondern spricht von ihr als
von einem Zeltdach". AuS dieser
Benennung geht klar hervor, daß der
Schirm zu icner Zeit in Italien noch
immer etwas Unbekanntes geblieben
war.
DaS sonnige Italien war es. daS
den Gebrauch der antiken Sonnen
schirme um jene Zeit aufgebracht hat
te. Der Engländer Thomas Cornate
berichtet im Jahre 1611. daß die lta
lienifchen Edelleute in ihrer Hand ei
nen Gegenstand aus Seide trügen,
der die Form eines kleinen Thron-
Himmels habe, und den sie benutzten
um in einem genügenden Umkreis
die Sonnenstrahlen von sich abzuhal
ten. Wenn sie zu Pferde sitzen, be
festigen sie den Stock an ihrem
Schenkel.
In England gefiel die Idee deS
Sonnenschirmes so sehr, daz John
son einen solchen im Jahre 1616 in
einem Lustspiel auf die Bühne
brachte.
Aber auch Italien, das, wie gesagt,
den Schirm damals aufbrachte,
scheint ihn durch seine Handclsbezie
hungen mit dem Orient wieder kennen
gelernt au haben. Es heißt in der
Morgenlandlschen Reyse Beschiel
bung" von Mandelslo über ein Er
eignis vom Jahre 1733: Es geht
niemand (in Goa), der ein wenig was
Sonnenschirm bon 1670.
sonderliches seyn will, zu Fuß über
die Gasse, fondern lassen sich von
etlichen Sklaven in Palanquinen tra
gen und über sich große Quitesol oder
Sonnenschirm für die Sonnen Hitze
und auch zur Pracht."
Selbst noch im Jahre 1675 erzählt
der englische Philosoph Locke von sei
ner Reise nach Frankreich, er habe
dort sehr praktische und leichte Son
nenschirme gesehen, deren sich die
Frauen bedienten, in einer Weise, daß
man daraus schließen muß, der Son
nenschirm sei in England noch etwas
ganz Fremdes gewesen.
Wenn etwas den Sonnenschirm
populär machte, so war es die uns
allen wohlbekannte Schilderung des
berühmten Sonnenschirmes von Ro
binson Crusoe, dessen Urschrift im
Jahre 1719 erschien und später in
alle europäischen Sprachen übersetzt
wurde.
Um jene Zeit kamen auch die Re
genschirme in England auf, und zwar
vermietete ein Unternehmer zuerst in
Oxford und Cambridge Regenschirme
stundenweise an die Studenten, damit
sie auch bei Regenwetter das Kolleg
Äarrikatur aus die Emführmiq des
Schirmes.
besuchen konnten, ohne vollständig
durchnäßt zu werden. Man lachte
zwar über die Studenten, ließ sie aber
doch gewähren. Später faßte der
Philanthrop iMenfchenfreiind) Jonas
Hanweiz den Geoanken, die Einfuhr
rung des Regenschirmes zur Berhii
tung von Erkältungen mit allen Mit,
teln durchzuführen. Mit Eigensinn
ließ er sich bis zu feinem Tode nie,
mals mehr ohne Regenschirm sehen,
einen großen bunten Schirm, den er
sich aus dem Orient mitgebracht hat
te. ES gab manchen Menschenauf
lauf, und manches Cpottwort wurde
ihm aui den Fenstern nachgerufen.
Nur die große Energie dieses Man
neS und feine unbezwingliche Rübe
vermochten es. dem Regenschirm nach
und nach Anerkennung zu verschaffen.
Einige Verständiae fanden d Jki
schließlich nicht übel und ahmten sie
nach. Noch längere Zeit brachten die
Journale Spottbilder auf Hanweys
Regenschirm; aber doch hatte der
Menschenfreund im Alter die Genug
tuung, daß sich die Londoner Bevöl
kerung eine Anzahl von Regenschir
men angeschafft hatte. Im 13 Jahr-
.ViÄti:
u'Hu
revv
Sonnenschirm cu3 der 1. Hälfte
fccä
18. Jahrhunderts..
hundert fingen dann auch die Er
finder an, sich mit der Verbesserung
der Schirme zu befassen. Die füh
rende Stellung in der Schirmfabri
kation nahm aber bald Frankreich ein.
Wie weit die Erfinder mit ihren
Ideen damals gingen, zeigen die
echzig französischen Patente, die zwi-
schen 1791 und 1843 allein auf
Schirme in Frankreich genommen
wurden. Da gibt es zum Beispiel
on unseren heutigen Stockschirm
oder Stockschirm mit Fernrohren.
Ein Erfinder hatte einen Schirm er-
dacht, der sich wie ein Fernrohr in
einer Metallhülse kurz zusammenschie-
den ließ. Andere nahmen den Schutz
ur Schirme m,t Operngläsern oder
ür Schirme mit Schreibzeuqen darin
in Anspruch. Sogar der Schirm, der
ich durch Druck aus einen Knopf
elbst öffnet und in unseren Tagen
zu den letzten Neuheiten gehört, wurde
damals schon patentiert. Am geist
reichsten aber ist der Gedanke des
Abb Bertholon de St. Lazare. der
1776 den Borschlag machte, bei Ge
wittern stets einen Blitzableiter auf
den Schirm zu stecken. Zu diesem
Zwcck war im Schirmstock eine lange
Metallspitze verborgen, die oben auf
den eingespannten Schirm geschraubt
wurde. In der Tasche trug man
vorsichtig viele Meter Uniformlitze bei
sich, die dann an die metallene Spitze
befestigt wurde. Diese Uniformlitze
diente als metallische Ableitung zur
Erde. Damit man mit ihr nicht in
Berührung kam, war an dem auf der
Erde nachschleifenden Ende eine Me-
"s'ir'.ni?
..f
.w1.-.
Haiidzcichmmg von 1813.
tallkugel befestigt, wodurch die Litze'
tcts einigermaßen straff gespannt
bleiben sollte. Der Regenschirm war
es auch, der nach der Erfindung der
uftballons wieder zu Fallschirmver-
uchen Veranlassung gab. Der Pa-
riser Physiker Louis Sebastian le
Normand ließ sich nämlich am 26.
Dezember 1783 mit zwei Regenschir
men zuerst versuchsweise ' von einer
entästeten Linde duf die Erde hinab.
Drei Jahre später warf Blanchard
ber Hamburg zuerst cm lebendem
Wesen, einen Hammel, an einem gro
ßen Schirm ohne Schaden zur Erde
hinunter. Und am 22. Oktober 1797
konnte Gcirnerin bei Paris sich als
erster selbst an einem riesigen Schirm
vom Balkon aus zur Erde herabfal
len lassen. Selbst im achtzchnten
Jahrhundert fehlte es dem Schirin
och nicht an Gegnern, und in den
Spottbildern mußte sich das nützliche '
Gerät vieles gefallen lassen. Bcsni-
ders galt er im Bilde stets als das
Attribut der Rückständigst und der
Schwerfälligkeit. Der Schirrn des
deutschen Professors aber ist durch
unzählige Witze als Snmbol der Ber-
geßlichkeit verspottet worden. Schließ
lich doch zur lyre unseres Gelehrten-
ums. das an Notlaeres zu denken
hat, als an den treuen Begleiter in.
Regenguß und Sonnenschein. . '
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