Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, November 20, 1912, Image 2

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    TSgllche O K a S a Trivlln.
- Afatne ans Moz
. cbst Zubchör.
Nrmlsfiihrung am 2.",. Oktober 1912
im Königlichen Hoftlzcati'r (sU'i-
es Hauö) iil Stuttgart.
Stuttgart. 2K Oktober,
ch habe an dem Festbankett 31t
Clitnt dcö Konipontfien, das gestern
Abend nach der Premiere stattfand,
nicht tkcilarnonkmcn. Schließlich;
- lmtte ich luoljl noch die zehn Bfark
nftrcibcit körnten, die man jiir da
trockene Vkbcd" m be;al,len hatte,
aber ich bin nicht gerne oalvy
wenn die Wahrscheinlichkeit verbau
den ist, das; die Redner, die Worte
benutzen um lhre Wedciiifen zu ver
bergen. Ich ttvrds Al)cr mich gar
nicht in den Tageszeitungen uackle
sen. was für Liebenswürdigkeiten In
teudan, und (rtonipoimt einander ge
sagt haben. Mir war nämlich schon
' genug von einem lebhaften iedan
kenmiötausch zwischen RichardZtrau
und Baron von Culliö bekannt ge
worden, der am Tonnerstag vor der
Generalprobe gepflogen worden war.
Eine Weile Kalte es sogar den An
schein gehabt, als ob überliaupt keine
Vorstellung stattfinden wurde: aber
jener Berliner Herr, dem -trau?; sei
11c Elektra" gewidmet hatte, soll
dann eine feine diplomatische iimtst
entfaltet und die Rufer im Streit be
sänftigt liabe. Indessen, was geht
-uns das weiter an? Opernprenii're
mögen zwar .m.7..cheomal daZ Publi
kum kalt lassen, aber die sie veranstal
ten, kommen sicherlich daei in Hit)?.
Ihnen sollte man daher auch Zeit ge
ben, sich nachher ein wenig abzuküh
len: ein m'slbaukett unmittelbar im
Anschluß a,l die Premiere wlle ich
für einen faur PaS. Tritons kann
man ja nie wissen wie's ausfällt, auch
wenn der Erfolg todt sicher" erschien
wie sie jetzt in Teutschland sagen,
und zweitens liegt eine Nötlngung
darin, sich schon vorher zum Feiern
zu verpflichten, ebe man wissen kann,
ob man einem Leichenbegängnis; ober
einerttrönung beiwotmen wird. Tolch
ein aschlics;endes Bankett nimmt sich
wie eine Art zwangsweise Erfolgs
Versicherung aus.
' Aber da es sich lim eine komplizir
te Geschichte handelt und ich mich
nicht ohne einige längere Ausführun
gen verständlich machen kann, will ich
gleich mit der Hauptsache, dem Werke
selbst beginnen und von all dem
'Brimborium so wenig wie möglich er
wähnen. . Ariadne auf Süaros" ist soweit des
Äompomsten Arbeit in Betracht
kommt, so recht eigentlich eine Gele
gmyettsrovwontlon. :ia,aro is traun
wollte sich Herrn Max Skeinhardt er
kenntlich erzeigen, zum Tank für
dessen Jnszenirung des Rosenkava
liers". und so fing er an. ineidental
Music" zu MoVre's Bürger alö
Edelmann" zu schreiben. Aber hier
irnisj ich schon einschalten, das; es sich
nicht mehr um das Molire'che Ori
,ginal handelte, sondern um die bei
den Akte, die Herr von Hofmannsthal
davon übrig gelassen hatte. Und da
zu MoWre's Zeiten die Komödie mit
einem eingelegten Ballet endigte, ka
men Hofmannsthal und Strauß auf
' die Idee, statt dessen ein Operchen ein
zulegen. Aus einigen Blattern be
schriebeiren Notenpapiers, aus ein
paar musikalischen opercus wurde all
inählich eine dicke Partitur, deren
5llavierauszug jetzt der Verleger
Fiirsttier für zwanzigMark zu verkau
fen die Gewogenheit hat. (Vor der
Aufführung wurde dieser Auszug
nur den sicheren, sozusagen abgestem'
pelten Anhängern des Komponisten
?ur Verfügung gestellt, anderen wur
de er selbst gegen Geld und gute Wor
te nicht ausgefolgt, ein Verfahren,
das, milde gesagt, höchst merkwürdig
gefunden werden mich). Hugo von
Hosmannsthal, Richard Strauszens
cibLibrettist. warf aus derMolire
sehe Komödie 'chonungslos alle? her
aus, was ihm nicht zu feinem Plan
pchte, ließ alsa nur die Schnurren
übrig, die den reichen Bürger Iour
dain in seinem Bestreben es den Edel
leuten gleich zu thun lächerlich erschei
nen lassen. Von diesen reiht sich nun
eine an die andere, und die am mei
sten veralteten, wie die Orthogra
pbie"Lektion, werden am meistw in
die Länge gezogen. Schon in der c
neralprobe wurde es offenbar, daß
diese uralten Spasse das Interesse der
Leute nicht wach halten könnten, und
fo wurde für die Premiere schleunigst
noch wacker gestrichen. Aber lange
nicht genug, denn auch gestern Abend
war die Aufnahmefähigkeit des Pub
likums fast schon erschöpft, als drei
Stunden nach den: Beginn der Ko
inödie erst die Oper anfing.
Dieser plötzliche und unfreiwlige
StreichElfer bildet ein reizendes Sa
tvrspiel zu einem der Witze, die Ri
chard Strauß selbst im Tialog des
Vorspiels angebracht hat. Er ver
ulkt darist .den Königlichen Inten-tomien,-'
dem eine Oper überhaupt
nur Spaß räche, wenn er tüchtig da
ran streichen könne. Er wollte damit
wo 1,1 Rache nehmen, für denneintli
Cz Unbill, die ihm bei früheren Ge
i.'.'.e,cheiten tmderfahren war. Und
r:;n mußte er. zuin Heil des eignen
:"-7tes selbst den Rathstist zur Hand
z 'r.enl- : -1 ' " ' '
' ! ;r ich komme ohne kurzeJnkaltZ
md;t vorwärts. Jourdam,
; . .'o-Snob ist verseZZn, darauf
iit einer richtigen Marquise eine
Liaison ninnknupsen. kein Op'er da
für iit ilim zu gross; olr der Tölpel
beael,t ans Schiichternlieit die dninin
sie aller Tlimnibeiten. sich bei seinem
Lirl'c&liaiibel ciiu- Bettreterd zu lv
dienen. Ter ärg'ie seiner or,slokr.i
tischen AuSsauger. der."raf Toran
tes iit nur zu bereit, ilim diese Tie.
sie zu leiste, da er selb't längst mit
derÄ'arquise angebandt'lt hat und ihr
nun die ('schenke des Ionrdain als
seine eignen zu Fiifcen legen kann.
Er verleitet ben bürgerlichen Tölpel
auch, der Marnuise ein Pnmfnmlil
in seinem Hause zu geben, während
er die Marquise glauben läßt, er
selbst sei der Gastgeber, wolle sie aber,
in (berede zu vermeiden, nicht in sein
eignes Haus entbieten. Tiefes Prunk
niabl soll durch die Anfstihrung von
zwei Opern gekrönt werde, durch je
eine opera seria und opera bulfa.
Und nun kommt der Spaß: da Iour
dain um neun Uhr spät auch noch ein
Feuerwerk abbrennen lassen will,
gibt er nmittelbar vor dem Beginn
den Befehl, beide Opern zu gleicher
;dt zu spielen, damit alles um
neu,, Uhr vorüber sei. Ter .Kompo
nist der ernsten Oper jammert über
solche barbarische Grausamkeit, wäh
rend die Leutchen von der leichten
Äusik bereit sind, auf den tollen
Spaß einzugehen. Taß einen Mann
wie Richard Strauß, dem gerade das
!omplizirte so gut liegt, eine solche
Aufgabe reizen mußte, liegt auf der
Hand: auch würde er sie wohl völlig
gelöst haben, hätte Hoffmannsthal
ibm ein ernstes Operntertchen kern
striiirt. in dem Personen von Fleisch
und Bein mit einander zu thun ha
ben. Aber der Aeslthet Hofmanns
tbal wünscht vor allein recht tief und
bedeutend zu erscheinen, und so setzt
er unö mit Ariadne und Bachus zivei
Schemen auf die Bühne, die abgese
ben vom Namen nichts mehr niit den
mythologischen Figuren gemein h.
ben. denen aber auch kein rotk)cs2'!rn'
schenblut in den Adern fließt. In ei
nem Briefe an den ttomponisten hat
sich Hofmannsllial darüber auSgelaf
fen: er will die beiden symbolisch
aufgefaßt wissen, er behauptet, Ariad
ne sei die PeNonifikation lenes höhe
ren Menschenthums, das nicht ver
gessen kann, und Zcrbinetta, .'ine Alt
Kolombine, ibr (Hegenftück, denn sie
kokettirt gleichzeitig mit vier Liebha-!
bern, und wenn sie dem einen in den!
Armen liegt, freut sie sich schon aus
den anderen.
Nun läßt sich aber zu Bühnencha
ratteren, die der philosophischen Aus
legung bedürfen nicht gut warme,
stark pulsirende Musik schreiben, und
Richard Strauß, dessen Eigenart sich
am überzeugendsten im Elarakterl
fiten undStimmungmachen bethätigt,
bringt daher in dem langen Zwiegc-
sänge zwischen Ariadne und Bacchus
nichts weiter als wohlgearbeitete, gut
klingende, zum Schluß im breiten ho
mophonen Strome dahinfließende
Musik zu stände, die nirgends einen
wirklichen Herzenston anschlägt. Man
kann die Artiftcrci dieser Muiik prei
sen, aber hinaufgetragen, fortgeris
fen wird man von ihr in keinem noch
so kunstvoll präparirten Moment.
Tagegen ist Strauzz ganz in seinem
Element, wo er es mit der lustigen
Zcrbinetta und ihren vier Anbetern
zu thun ht, wie er denn auch in den
Musikstücken zum Bürger als Edel
mann" durchweg höchst Erfreuliches
geliefert hat. Mit offenbaren Wohl
gefallen stürzt er sich in die konventio
nellen, geschlossenen, längst für über
wunden gehaltenen Zormen der alten
Oper hinein, stimmt einfache, jedem
faßbare, freilich nicht sehr eizenar
tige Melodien an, thut reichliches Ge
würz aus feinem Harmonien-Mi-schungs-Laboratorium
daran , und
gießt den ganzen Zauber seiner un
nachahmlichen Instrumeiitationskunst
darüber. Diese Tänze, diese Eouplets
klingen so frisch, so warm, als wenn
sich ein echtes Musikantenherz so recht
con amore daran gemacht hätte. Ich
habe gestern und vorgestern Abend
die volle Ueberzeugung gewonnen,
daß Richard Strauß der kommende
Mann der von allen herbeigesehnten
Komischen Oper sein kann, wenn er
nur will, und wenn er vor allem die
sen schädlichen Bund mit dem Aesthe
ten HofmannSthl aufgibt. Auch aus
seinem Bündnis; mit Mar Reinhardt
verspreche ich mir keinen Segen, denn
solch prickelnde, lustige, mit Ironie
durchsetzte Musik wie Strauß sie hier
geschrieben, bedarf nicht nur nicht ei
nes überreichen szenischen Bildes, das
durch seinen Reichthum und seine
Kompliziertheit die Aufmerksamkeit
des Zuhörers ablenkt, sie büßt da
durch sogar von ihrer Wirkungskraft
ein.
Aber in einem Falle ist Strauß in
seinen Verlangen nach Satyre über
das Ziel hinausgeschoßen. Er hat für
die Zerbinetta eine Arie geschrieben,
die durch ihre Ausgedehnheit und
durch die Extravaganz der fast durch
aus rein instrumentalen Koloraturen
die Ausführende und die Zuhörenden
ermüden mutz. Um denen einen Prit
fchenhieb zu versetzm, die ihin bei sei
nen früheren Opern vorgeworfen ha
ben, daß er die menschliche Stimme in
grausamster Weise durch sein lärmen
des Orchester erdrücke, schreibt er
vor, daß gegen den Schluß der Arie
bei dem inimer lauter erdenden Or
chefier die Zerbinetta das Singen mit
Gebärden der Verzweiflung, respekti
ve J Abwehr gegen das Orchester
aufgibt, und gleich daraus da CtZf
sier ebenfalls abbricht. Taranf soll
dann die 'Begleitung ganz leise di?
Zache wieder aufnehmen, tvorauf sich
'Zerbinetta. erleichtert, ebenfalls zunl
Weiterlingen beguemt, Ob nun Mar
garetbe SiemS. die Sängerin der
Zerbinetta. bei der Generalprobe
wirklich .bloß so tlt, als wenn ihr
Ivr.M flirrn fiii.SLirMiitiiifn fei olaub
htit genug erschien es. das; sie mit
dem N'abttsinnig rasenden Orchester
nicht mehr Schritt halten fernste; der
dirigirende Richard Strauß begann
aufgeregt mit dein Fuß den Takt zu
stampfen, und Msrgaretlikmt' Mi.
mik drückte ehrliche Berziveiflung
auö. während sie nur noch unartilu
litte Laute kervorbractite. Wenn die
ses Vorkommnis; wirklich nur eine
fchallhaftc Irreführung des Publi
kumS gewesen sein sollte, dann haben
die maßgebenden (ivalten jedenfalls
fofott cingeselx'n, daß die Wirkung
auf' Publikum ihren Absichten
durchaus nicht entsprach, daß nian
einer einfach den Eindruck einer Ka
tastrophe hatte. Und siehe da. am
nächsten Tage, bei der Preinire er
hielt die Sache ein ganz anderes An
sehen, wie man sagte, auf dasEin
greifen Reinhardts hin. Tns Orche
ster raste und lärmte bei jener Stelle
viel weniger, die Unterbrechung war
eine ganz kurze, und statt des ver
znvilleden (5ebahrens lächelte Mar
garethe SiemS durch die scheinbare
Katastrophe so verbindlichst, daß je
dersoglcich nierkeu mußte, hier werde
nur gescherzt. Tann wechseln Tiri
gent und Sängerin ein paar Worte,
und cö geht slott weiter. '
Ueberkiaupt verbesserte die öffcntli
die Aufführung den Eindruck der Ge
neralprobc ganz wesentlich. Richard
Strauß schien die .Herrschaft über sich
selbst ivicder geivonnen zil baben und
dirigirte mit der nöthigen Rulie, al
les ging glatter und geschmeidiger,
die Kürzungen aber insbesondere em
pfand man als Wohlthat. Eine glän
zende Tarstellung war es freilich noch
lange nicht, und iveiin man sich besten
erinnerte, daß die Intendanz ihre
fünszigMark pro Sitz bereits vor dem
ersten Juli einforderte und crfiiclt,
daß sie die hohen Preise mit dniAnV
gaben für die Testinn, die Henivel
und so weiter motivirte, daß diese letz-,
ten beidenSängerinnen gar nicht auf-j
traten und das Ganze, was auf der
Bühne vor sich ging. Komödie nne!
Gesang, nur in einzelnen Tingen
über anständige Mittelmäßigkeit hin
ausging, dann konnte einem sogar
ein berechtigter llnmuth aufsteigen.
Trotzdem wird es das nächste MI
wohl wieder fo gehen. Gerade in den j
eraltirten Preisen liegt die Garantie
für den finanziellen Erfolg. Bei we
nig erhöhten Preisen würden die rei
chen Leute sagen und unter den
Strailßverehrern befinden sich merk
tJüim viele reiche Leute Ivanen
wir doch die erste Vorstellung nihig
ob, sehen wir erst einmal, wie der Er
folg ist; aber wenn die Preise so hoch
angesetzt werden, daß ein Fernblei
ben als Sparsamkeitsrücksicht gedeu
tet werden könnte, dann müssen die
Reichen, und die für reich gelten wol
le zwangshalber dabei sein.
Tie Moliöre'sche Komödie wurde
in der Titelrolle von Victor Arnold
durchaus konventionell und dbei an-nachronistisch-modcrn
gespielt. Daß
Max Reinhardt eine solche Ausfas
sung durchgehen lassen konnt:
er führte persönlich Regie läßt
mich an seinen historischen Sinn ver
zweifeln. Dasselbe wäre über Biens
feld zu sagen, der den Rokoko-Tanz-meister
mit jenem fast schnoddrigen
Humor ausstattete, der ihm in mg
dern.ernt Rollen so bortrefflich zu
Gesicht steht. Herzerfrischend dagegen
waren die beiden Tänze Grcte Wie
senthals, das Publikum jauchzte or
dentlich erleichtett auf, als dieses so
natürlich-graziöse Mädchen auf der
Bühne herumzuhüpfcn begann.
Als dann endlich die Oper selbst
an die Reihe kam, merkte man so
gleich, daß es mit den einheimischen
Gefangskräften nicht weit , her war,
die auswärtigen Gaste aber auch sei
ne Wunder verrichteten. Die Ariadne
Jeritza lvon der Wiener Volksoper)
hat zwar eine recht warme und . volle
Sopranstimme, aber von kunstgerech
ter Behandlung dieses Organs hat sie
vorläufig nur erst -ganz fragmenta
rische KcnntnlkZ. Wenn ich derZer-binctta-Siems
. (von der Tresdener
Hofoper) Koloraturfertigkeit nicht ab
spreche, dann denke ich aber noch lan
ge nicht an Koloraturen wie sie einst
die Melba oder die Sembrich hören
ließen, wo jeder Ton wie eine gefeilte
Perle auf die Glasplatte sprang. Fer
ner ist Frau SiemL für eine leichtfer
tige Kolombine längst viel zu um
fangreich gcivorden. Iadlowker mach
te stimmlich sehr viel aus dem Bac
chus, begnügte sich aber darstellerisch
mit einigen stereotypen Armbeioegun
gen. , Nun, dieser lächelnde BacchuZ
knabe kann freilich nicht viel mehr
thun. '.., - ' .
Ganz ausgezeichnet erledigten die
sechsunddreißig Musiker im Orchester
ihre koniplizirte und gefpanntesteAuf
merkZamleit veslangende Arveit.Ganz
erstaunlich und ungemein wohMu
end ist die.Att. wie Strauß 1)ief?w.:t
eiiieiil duMichtigen Mmnienttustk'
fatz erstäUlzlich'Neue Klangkoiiibii
tionen hervordringt. ' Freilich lmt
sich durch die, Verwendung einer Ee
lesta, eines Klaviers und Harmoni
ums eine größere Mannigfaltigkeit
der Ülanzfarben gesichert. Ta ol
les klingt so Hell, so saftig und so
pikant. Tie Tanziuiiiuiirrn werden
sicherlich allen weibliche Wesen da
Stillfitzen unmöglich inachen. TaS
set?r reichlich ventvndete Klavier l'il
det aber doch in dieser Besetzung die
größte Ueberraschnng. Wie oft haben
sich selbst die stärkste Verehrer des
Klaviers darüber klar werden mus
sin, daß der K lavierte. sich in der
Kammermusik gar nicht recht mit dem
Ion der Streicher mischen will. Wenn
-trauß das aber in die Hand uiinmt
klingt eS auf einmal ganz anders, so
viel befriedigender und crigineller zu
gleich. Kein geringerer alö Professor
Mar Bauer spielte die Klavierpart,?.
Unzählige Male stößt man auf melo
dischc Reminiszenzen, und tvenn
Strauß lyrisch wird, bekommt du!
MeloS fast allemal einen Mendel
sohnischen Anstrich. In der Instru
niriitirungskunst ist Strauß dagegen
der souveräne Meister, der Schasfer
neuer Klangwirkungen. Und daß er
sich in dieser Hinsicht auch dynamisch
zu mäßigen versteht, daß er nicht
brutal zu sein braucht wenn er nicht
will, ist cinc der angeneymsten ue
berraichungen seiner Ariadne"-Par
titur.
Die Ausstattung, von der Monate
lang vor der Aufführung in allen
Zeitungen die Rede gewesen, bedars
auch noch einiger Worte. Für alles
TieS verantwortlich war Mar Rein
hardt. dem ja auch die Partitur von
Richard Strauß und Hugo von Hos
mannsthal in Verehrung und Dank
darkcit" gewidmet ist. (Sie erinnern
sich vielleicht noch der ursprünglichen
Absicht, das Ganze im Berliner Deut
schen Theater zur Aufführung zu
bringen, bis dann unter dem bestandi
gen Wachsen der Gesangsforderungen
diese Idee fallen gelassen werden
mußte.) Gern will ich einräumen, daß
die Dekorationen und Requisiten von
untadeliger Echtheit" waren, und daß
sie zum Beispiel in der Gaftmahlszen:
vcn Eindruck der Bühnenvorgänge
wesentlich hoben. Sehnliches laßt sich
von den Kostümen sagen, nur oah zu
diesen elaborirten Rokokokostümen doch
auch Trager gehören, denen ihre Weit-
laufiakeit nickt tm Wcae 11t. i2 dauert
gewiß auch für den geicheitesten cyau
spieler eine längere Zeit, sich in die
merkwürdig überladenen Röcke hinein-
zugewohnen. Hier blieb also der Ein
dru doch vorwiegend, daß es sich um
eine Maskerade handelte. Einzelne
Ausstattungseinfälle erschienen zwar
deplaciert. Wenn z. B. m der Ban
kettszene sich Musiker im altholländi-
schen Konum oben auf einer Ärt i!m
Pore aufstellen und zu fideln beginnen,
erhält man durchaus den Eindruck
eines alten Bildes, etwa von Ostade
oder sonst einen niederländischen
Meister. Das ist gelviß sehr malerisch,
aber waren denn zu Moliöre's
Zeiten in Paris die Bilder von dem
lebenden Ostade schon so bekannt und
beliebt? Ferner, wie kommt die Magd
der Frau Jourdam, v.t lachende Nico
lin zu dem hollänrischenKostüm' Und
wecum erscheinen endlich Bacchus und
Ariadne allein in griechischen Koftü
men. während Hie anderen Mitwirken
den der Oper, die Najade Dryade und
das Echo, dem Gebrauch der Zeit ent
sprechend, in Rokokokostümen umher
wandelns Aber das alles sind nur Kleinig
leiten, die bei der Zukunftsfrage dieses
komplizierten OpernwerkeS kaum in
Betracht kommen. Natürlich ist jede
einigermaßen leistungsfähige Bühne
äußerst begierig, die Ariadne" zu er
werben, denn was auch imm gegen
ein neues Werk von Strauß einge
wendet werden mag, es hat doch genug
Bedeutung, um wenigstens überall eine
berechtigte 'Neugierde zu erregen. Aber
die Thatsache, daß hier ein doppelter
Apparat verlangt wird, ein ichauspik'
lcrischer ud eine Oernorganisation.
und daß die schauspielre'rfche Zugabe
viel zu ausführlich und langweilig ist,
wird doch wohl zu einer gründlichen
Umarbeitung,' iai heißt Verkürzung
des Ganzen führen. Im Promenoir
traf.ich bereits zwei junge Prima
donnen r-. aus Amerika die
in.Frankfurt'und Karlsruhe auser
sehen sind. Hauptrollen : in den dor
tigen Ariadne-Aufführungen zu über-
nehmen: Marcm van Dreer, .die m
Frankfurt die Ariadne zu singen haben
würde, und May Scheider,. die in
Karlsruhe als Zerbinetta hören lassen
könnte, was sie bei Lamperti gelernt
hat. :-.
,' Endlich noch ein Stückchen Privat'
anficht. Ich bin wirklich nach dem Ein
druck dieser beiden Aufführungen zu
der Ueberzeugung gekommen, daß
Richard Strauß garrnchts besseres
thun könnte, als sich nach einem wirk
lichen Lustspieldichter, einen mit na
ven Regungen, umzusehen , und sich
dann 'an die Herstellung satyrifch
komischer Opern zu machen. Nie
manden unter den modernen Musikern
wüßte ich zu nennen, der auf. diesem
Gebiete ihm auch nur .daS. Wasser zu
reichen vermöchte. In 'der richtigen
komischen Oper gilt musikalischer Witz
nd die Gabe zu ironisieren fo viel
mehr, als originale Erfindung.
Strauß lehnt sich in seinen Melodien
überall .an Bekanntes an man
könnte da mit wenig Mühe, eine ganze
Liste von , . Motiv . Reininiszenzen
herausgeben' aber die At wie
er, auffällige. Ukbcreinstimmungen ver
meidet, ist wiederum eine. Kunst, und
eine unterhaltende dazu. . '..
Im Publikum befand sich auch Herr
Kahn aus New Aork. die Macht im
Metropolitan Opernhouse. Ob das be-
beutet, daß Ariadne" sich in dem
großen gelben ' Zieelsleinhaust orn
Broadway sehen lassen wird? Der
Riesenraum würde olle Jnitimität w
schlingen.
August S p a n u t h.
New Z)orkcr Plauderei.
Die Oktober Einwanderung.
Wegen Geldmangels festgehalten.
Der Grabsch in der Marine.
Tai Hotel der Nächtlichen.
Für die transatlantischen Dampfer
Wkiellschaflen erwiej sich der Monat
CltoUt im westlichen Verkehr als sehr
ergebnitreich. denn es trafen im Otto
bei mit 102 Dampferfahrten 12,3
Passagiere in der 1. Ka,nte. 23,(Mi() in
der 2. Kaiute und 77.C33 Zwkfchen
deckö 0 Passagiere im Hafen von Ne,v
yozl ein. Die beiden deutschen Gesell
schasten brachten mit 20 Tampferfahr,
ten über ein Biertel der Gestimmt
Passagiere mit. Der Norddeutsche Lloyd
brachte mit ZI Fahrten von Bremen
2630 in der 1., SCfil in der 2. Kajüte
und 0237 im Zwischendeck, zusammen
15,528 Personen; mit zwei Fahrten
den Eenua 3454 Passagiere. Die
Hamburg Amerika Linie brachte
mit 7 Fahrten von Hamburg 1970
Personen in der 1.. 3095 in der 2.
Kajüte und 7178 Personen im Zwi
schendeck, zusammen 12.243 Passa
giere. Die Eunard Line brachte mit
5 Fahrten von Liverpool 1574 Per-
sonen in der 1., 1822 in der 2. Kamte
und 4942 im Zwischendeck, zusammen
338 Passagiere. Die Holland-Ame
rika-Linie brachte mit 5 Fahrten 1119
Personen in , der 1., 1607 in der 2,
Kajüte und 3832 im Zwischendeck, zu
sammen 6o58 Passagiere. Die Red
Star Line brachte mit 4 Fahrten 294
Personen in der 1.. 1280 in der 2.
Kajüte und 3792 im Zwischendeck, zu
sammen 536ö Personen. Die Austro
American brachte mit vier Fahrten
" i V . ff. 1 P (
wij Pan agiere, die rui 1 cy ameri
kanische Linie mit 2 Fahrten 2071
Passagiere. Aus ?ittelmrl,äfm
brachte die Eunard Line mit 2 Fahrten
4471 Passagiere mit. An der Konkur
renz betheiligten sich 25 verschiedene
Linien, die insgesammt 113.218 Pas
sagiere mitbrachten.
Eine deutsch ungarische Familie
von sechs Personen, aus zwei Frauen
und drei Kindern bestehend, gehört zu
den Bedauernwerthen, die gegenwärtig
auf der Thräneninsel festsitzen. Alle
r. t rr c ? . . - - c.fi; i . -
ino naaj uicugo ociummi, wo lyre
Ernährer ansässig sind. Frau Barbara
Kupche hat ihr dreijähriges Töchtcrchen
Elizabeth mitgebracht. Ihre Schwa
qerin, Frau Clara Müller, ist von
ihrem sechsjährigen Kind begleitet und
außerdem stnd zwei kleine Nichten.
Helene und Francisca Hannina, deren
Eltern auch in Chicago wohnen, mit
to;: der Partie. Die Leute brachten
Tickets nach ihrem Bestimmungsort,
aber nicht genügend Geld mit und sind
deshalb festhalten worden, bis ihnen
weitere Mittel und außerdem beschwo
rene Ausweise, daß sie hier dem Ge-
memwefen nicht zur Last fallen wer-
den, geschickt werden.
Detmirt wurde ebenfalls der 33iäh-
rige Ignatz Wolfer. der zu einem
Vetter nach Chicago möchte. Wohl
machte Wolfer die llebersahrt in der
zweiten Kamte, doch als er hier ein
traf, hatte er nicht genügend Geld für
die Weiterreise und mußte nach Ellis
Island wandern. In seinem Interesse
hat sich die Ungarische Gesellschaft mit
dem Chicagoer Vetter Joseph Oswald,
in Verbindung gesetzt.
Die 5iaad der Bundesbebörd, ns
scywwseiyaste E?knvarvs der Kriegs
schiffe und die Händler, die mit ihnen
unter einer Decke stecken, kam als unao.
genehme Ueberraschung für Jene, die
neun legien ei,ucy oes Mi,cywascrZ
alles fr schön fanden. Daß die Pur
ser' und Stewards" der Kriegsschiffe
stehlen und grasten" das haben wir
schon als Junaenö in Unserem Mar-
ryat gelesen; aber wir waren der An
sicht, daß dies eben nur vor hundert
und mehr Jahren so war. ,. Und : vor
allem in unserer Flotte? Never, ja
mais. niemals! Und dock wäre es
eigentlich logisch gewesen, speziell von
amerliamicykn idchlslöieulen, die nicht
direkt Seeleute im eigentlichen Sinn
sind, das zu erwarten; denn das Stre
ben nach Graft ist jedem Amerikaner
fast eingeboren. Glücklicherweise ist das
Offizierskorps der Flotte in den
Skandal nickt verwickelt: denn von
jetzt ab soll es die Controlle über die
remaros usuven.
Das Mac Alpin Hotel" . ist ganz
änlich erst in New Nork eröffnet
worden. Es unterscheidet sich von
ammtlicken Gastkofen der Erde durck
ewe höchst seltsame Neuerung. Das
oberste Stockwerk, das lechzeynte, ist
für solche Passagiere bestimmt, denen
ibre BesckLftiauna oder ikr Svleen
vorschreiben, die Nacht zum Tag und
den .ag zur 'acyt zu maiyen. '.efe
Abtheilung für nächtliche Leute bildet
in dem Hotel gleichsam ein abgeson
deries Hotel für sick. Es bat lein
eigenes Personal, das die Zimmer auf-
raumr, oir iangr srgi unv zum
Dienste bereit steht, zu ganz anderen
Ctunixn als daS übriae otelversonal.
Im Restaurant wird das frühstück
um z llyr !)kacymlllasis ,erviri. ser
Lunch um 7 Uhr, das Diner um Mit
innaä). Litt und Televkon machen
ebenfalls die Nacht zum Ta?. und kein
Tchläfer darf vor Abend geweckt im
hkn. Außer, wenn er ti besonder! an
geordnet hat. Bei Tag wird auch liii
Muck) zu ihm hingufgkl.isstn. Bon
cüli feil Abend ist den Kellnern und
Ctubenniävchkn die absoluteste Ruhe
vorgeschrieben. Bei Tage huschen sie
geräuschlos über die , Treppen und
dkck htt Korridore, um die Schläfer
nicht zu wecken, in den Nachtstunden
dürfen sie schon etwa lauter werden
it Allkböden find mit dicken Des
rick'en belebt, die Mauern wattirt und
tapeziert, damit die Tagfchläfer und
die Nachtschlaf einander nicht stören
Ancki hahtn die Fenster besondere Ber
schlösse, damit bei Tag kein vorwitziger
n.r. v a. m'.L.. i-!....
0lilieilitayi omu) eine jiiyr rnn'jt
Di. Hotelier hofft, wie die ausgege
benen Einladungen und Prospekte be
sz,n. dak da Bublikum die Neue
rung freudig aufnehmen werde. Er
rechnet auf eine ausgebreitete Kund
schast und auf den Zuspruch aller
Jener, die ihr Beruf zwingt, bet 'acht
oder tief in die vimi hinein zu arve,
ten somit auf Theaterleute, Zollinspek
tnrrn TIrtrslö!ifn Bost- und Eisen
bahnbeamtk und ganz besonders auf
die Journalisten.
Aas Zonnenweiber.
Bon C.A.'Raida.
Als ich nach München kam. fiel ei
mir auf. die Weichen an den Kreu
zunasvunkten der Straßenbahn von
angestellten Frauen bedient zu sehen
In ihrem derben Lodenrock, ihrer eng
nliesenden. sck?war,;en Jacke, den
buntwollenen ikrumpten uno unsor
- - . ...
migen Gebirgsschuhen. auf dem von
einem schützenden Tu umwiaenen
itorr ein arunc j.itoiciuui um
." a er: -.i.:ii.r
Blecknummer machen sie einen ori
ainellen Eindruck. Der Volksmund
nennt so eine weibliche Hilfskraft
.Die Weickenati".
Führt der Weg an einem Neubau
vorüber, so sieht man auch da Frauen
beschäftigt, die, als gute Kameraden-,
den Mannern bet ryrer Arveil yiis
reiche Hand leihen. Wohl noch ein
Ueberrest altgermani'scher oder baju
variscker Wolksart. als die Frauen.
Schild und Speer tragend, mit in den
Streit zogen. Hier tragen ne dem d'e
K,llk sckwinaenden Manne den Mörtel
zu. Darum bezeichnet man diese Stütze
als a Mormwel- (dj.
Nock einer dritten Svezies werk
tbätiaer brauen beaeanet man in den
Münchener Straßen. Ihnen wuroe die
Aufgabe zutheil. die Rinnen der
Straßenbahngleife vom Schmutze frei
zuhalten und die allzukühnen Extem
pores edler Rösser" zu sammeln, wo
zu sie neben anderen Attributen eine
kleine, eiserne Karre mit- sich führen.
Sie werden .' dort kurzweg: Straße-
rinnen" oenannt.
Nach diesen überzeugenden Proben
weiblicher Vielseitigkeit wunderte es
mitf, auck nickt mehr, als ich eines
Taaes in unserem Hofe ein uraltes
Mütterchen an den Keyriwitonnen
oder, wie man bier saat. Müllkästen
hantieren, anlcheineno volamneren jao.
Klafnsche Fanen, tiefe innen uno
Nurcken an Gesicht und Händen, eine
Haut, lederartig wie die einer Mumie,
mager und vertroanel, iparnaze. wvrre
Haarsträhnen, unter dem lose ge
knüpften Kopftuche vorfallend, eine
Kleidung, nicht gerade unsauber an-
fangs der Woche sogar mit frecher
Sckürze. aber dock in außer t phanta
stischer Weise zusammengestoppelt
so präsentierte sich diese greife naiur
forsckerin. Unser dienstbarer Geist.
eine Urmllnchnerin, taufte sie kurz:
Das Tonnenwelberl' .
Unter diesem Namen war sie in der
ganzen Gegend bekannt. Tagtäglich
um dieselbe Zeit kam die mit. ann
stocherte sie mit einem eisernen Haken
oft halbe Stunden lang in den Tonnen
herum, um alles noch Verwendbare
htm Taneslicki aus Auaenblicke zurück
zugeben und dann wieder, ie nachdem.
in den inneren oder äußeren Sack, in
die besondere Hangetafeye ooer ven
tiefen Lttindkord zu versenken. Mit
stoischer Ruhe und Ausdauer wurden
so Knochen, Lumpen, Glas- und Elfen
ihtüt sluS der Akcke und den Kücken-
abfüllen hervorgestöbert und sortiert;
, .... o: r j. ' c ! r ..M
roar oer tfiiajzug trgicuiy, ju lumcu
mitunter auch besondere Raritäten, alö
alte Töpfe. Konservenbüchsen, ja.
chuhe und Hüte zum Vorschein. Für
die emsige Sammlerin war nichts
werthlos, und niemand kümmerte sich
um ihr Treiben; weder der Hauswirth,
noch die Hausmeister", wie dort die
Bortiesleute beißen. Und hatte die
Alte ihren Glückstag. dann fand sie
wohl hin und wieder auch einen lilver
nen Löffel oder dergleichen. waZ ver-
fehentlich in die Tonne gerathen war,
oder auch im Hofe liegengebliebene
rvielfachen der Kinder. LautloS und
stillvergnügt, in rührender Harmlosig
keit befangen, als ob es extra für sie
hingelegt worden wäre, ließ sie alles
alles mitaeken. Dann trua sie
das Ergebnis ihrer Forschungen zum
Groniumpenyanoier uno fegie es m
bare Münze um.
ftue ibre leiblichen Bedürfnisse
brauchte sie so gut wie nichts. Denn
es fand sich wohl immer eine gut
müthige Hausfrau oder Wirthin, die
,hr zu essen gav. Auch heimste ste unter
weas von mitleidigen Seelen manches
Fünferl" ein, das sie mit einem er
zwungenen Lächeln, wie es die ver
sieinerten Gesichtszüge eben nur noch
hervorbringen konnten, und einem 1
herzliche Vergelt'ö Gott" einsteckte. i
Wie alt ie war, wußte te leic
nicht; ihren Gebürtig halte sis
längst vergessen .AIS ihr einmal jf
wand sagte: Aber, Mutier!, warum
lassen Sie denn nicht Ihre Gemeinde
für Sie sorgen, anstatt daß Tie sich
so heruinplagen?". da ballte sie ihre
dünnen iiochensäuste und schrie mit
heiserer Stimme: I mag netl J
brauch nix von deni Haderlumpen!"
Eine Tage war da alte Original
wieder im Hof. Da gab e reiche Ernt
denn eine Partie war ausgezogen und
hatte eine Unmenge fcheinbar überflüf
siger Dinge in die Tonnen werfen
lassen. Die Alte war ganz aufgeregt
so viel Arbeit fand sie vor. Da galt
e. erst einen Haufen guterhaltener
Bücker einzupacken; dann besänftigte
sie sich lange Zeit mit der Zusammen,
siellung eine Petroleumofen, dessen
einzelne Theile zerstreut umherlagen.
Einen baumwollenen Regenschirm und
einen flachen Kinderstrohhut mit
langen, blauen Bändern hatte sie auch
ergattert. Erst schien sie im Zweifel,
wo sie daS Hütchen wohl unterbringen
könnte dann setzte sie es kurz ent
schlössen auf und zl.g da Gummiband
unterS Kinn. Wir hatten den ganzen
Vorgang vom Fenster au beobachtet
und kugelten un vor Lachen. Heuto
sah sie aber auch schon ohne diese Aus
schmllckung ganz besonder ulkig au.
Sie hatte einen braunen Faltenrock an,
der kaum die Waden bedeckte wa
sage ich, Waden Stelzbeine; der
rechte Fuß stak in einem ausgeweiteten
Zuzstiefel, der linke in einem roth
braunen, mit Pelz besetzten Filzschuh.
Eine karierte Bettjacke, eine dlauge
streifte Schürze, die länger war al der
Rock, ein buntes Kopftuch, darüber
noch den hellen Hut mit den hängenden
Bändern, den Baumwollenen" unter
dem Arm ein Bild für Götter!
Da war selbst unserem Dackel zu
viel. Er hatt augenscheinlich nur da
rauf gewartet, daß sich die Alte in
ihrem possierlichen Aufzuge zum Gehen
wenden wollte, um mit lautem Ge
kläff auf sie loszuschießen und wahre
Saltomortales nach ihrem Hut auSzu
führen. Sie bekam einen Todesschreck
und suchte sich, alle Heiligen anrufend.
gegen Butzi linkisch zur Wehr zu setzen,
indem sie mit dem Schirm unbeholfen
nach ihm stieß, was natürlich feine An.
griffslust aus die wehenden viaue
Bänder nur erhöhte. Ein energischer
Pfiff befreite sie schließlich von ihrem
Peiniger, ein geschenktes Zehner!" ent.
schädigte sie für die ausge tanDene
Angst; feufzend wischte sie sich noch mit
dem Schürzenzipfel die tropfend jaii
und wankte schwerbeladen davon.' !
Ich habe sie dann lange nicht mey?
gesehen und bin bald darauf von dor
weggezogen. , ,
ES sind nun zwei" Jahre her. j
Mittlerweile wird da Tonner
weiberl" wohl doch zur Ruhe elwn:'
men fein, und die Gemeinde von der
es eine Unterstützung nicht mochte, hat '
es vielleicht gar noch beerbt; denn ,
ihr elender Stroh ack Ware Wer-,
voller gewesen als manches Parade
bett" wollten Eingeweihte wissen.
Wahr Geschichten.
Unser Leutnant hält Instruktion
kurz vor dem Manöver. Steingräbe."
sagt er, was thun Sie zunächst, wen
auf dem Marsche Ihr Nebenmann
plötzlich umfällt und anscheinend einen
Hitzschlag erlitten hat? Wa ist daS
Allererste, das Sie thun müssen?"
Der Leutnant meint natürlich: Kra-
gen auf, Hemd auf, Wasser holen ufw.
Aber Stemgrabe antwortet: Ich
binde 'n die Säbeltroddel ab. Herr
Leutnant." Was?" sagt der Leut
nant verblüfft. Ich binde 'n die
Säbeltroddel ab!" Warum denn
das?" Steingräbe: Damit die
andern nicht merken, welche Kompag
nie fchlapp geworden ist!"
m
Ein Einjähriger eines norÄdeut-s
schen Kavallerieregiments stürzt mit
dem Pferd und kommt unter dasselbe
zu liegen. Bewußtlos wird er her
vcrgezogen und in das Lazarett der
Garnison übergeführt. Am Bette de
aus tiefer Ohnmacht Erwachenden
stellt sich bald ein Stabsarzt ein. Er
fragt den Verletzten: Haben Sie
Schmerzen?" Juvohl. Herr Dok
tor," antwortet stöhnend der Einzäh
rige. Darauf erfolgt die lakonische
Zurechtweisung: In den dreiviertel
fahren, die :e oivat und, hatte
Sie lernen können, daß eS heißt: Zu
Befehl. Herr Stabsarzt!" und nicht;
Jawohl. Herr Botlor!'"
In der Prüfung deö Kapüulantan
untrrt-irfitf'S wird das Tkiema abstellt:
..Des Soldaten Leid und Freud."
Ein Unteroffizier Meßt seine AuS
führungen mit folgenden Wörtern!
Im Manöver bekommt der Soldat
Einblick in die intimsten Familien
verbältnisse feines OuartiettvirtheS;
hierbei lernt or die Echonheitm fernes
Vaterlandes kennen." . ; ,
Hauptrapport für die Landwehr '
Ter mit Abhaltung des Rapports bS :.
traute Stabsoffizier hält dcir Hern:
nichtaktwcn Offizieren eine Vorlo
iing über die einschlägigen Borschrlst
ten. Er kommt auch zu dem Pimtte:
Beendigung der gesetzlichen Dienst
zeit" und erklärt die näheren Bestim
miiiigen über den Uebertritt in daS
Berhältnisz ver ..v-vivenz . und fahrt
ort: Der nichtaktwe Offizier kann
aber auch aus der Landwehr austre.
en und sogar den Ofsizierscharakter
ablegen und trokdem ein . braver
Mensch bleiben, wie er bisher nne .
war." - - -1