Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, October 30, 1912, Image 2

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    XiaU4( Dmjt Trume,
r.ttnttner Der Wirklichkeit.
Wo L u d w i g B a u t r.
Auf der Tram. Ein Herr blättert
kerstrcut die Attung durch, dann
' sattelt er mißbilligend den Kopf: l!
eeht nicht vor!' Ganz gekränkt und
leidigt sagte er dat.während er seine
Eebente Großmacht in dit Zasche steckt.
3ie, wenn er um sein eld betrogen
wäre. Ta bißchen Geprllgel im
ungarischkg Reichstag, die zur Nettunz
der Nation unumgänglichsten Gau
ner" .Schurken' und Schweine"
." : mtla Ciilt, davon ist so ein richtizer
Zeitunailkser schon iiberfättiat! Aber
uch ich habe dai Journal in der Hand,
und seltsam, im selben Augenblicke
impfand ich. wie cl übervoll war von
Wundern, Begebenheten, Humoren und
.Abenteuern. Nur: Wir sind zu stumpf
jzlnd zu eilig geworden, die Worte
öbleiben unS Schriftzeichen auf Helz
ixQpier, werden nicht Bilder und &t
(-f!alifn, nicht einmal Gedanken. Dieser
ffctxx aus der Tram hat auf derselben
XEeite gelesen, welche Gefühle Legaz
,neuz hatte, als er im Aeroplan 5790
Meter hoch flog. Aber es war ihm
gleichgültig und sehr wahrscheinlich,
er las ei überhaupt nicht. Er weiß
fchon, es gibt ein paar Leute, die sich
in eine solche Maschine setzen, öfterZ
gelingt es, einmal stürzen sie dann ab
And brechen sich daS Genick, und 8
'interessiert ihn durchaus nicht, ob sie
vorher tausend, zweitausend oder sechs
tausend Meter hoch geflogen sind. An
fangs war das schon etwas, nun ja.
Aber daS ist ja doch schon eine ganze
Ewigkeit, vielleicht sogar zwei Jahre,
also vergangenste Vergangenheit. Er
ist freilich fast unausdenkbar, dieser
Einzelne in einer Luftschicht, da sich
nicht mehr recht athmen läßt, die Erde
erborgen hinter Wolken. aLein in
Weltall auf einem schmalen Sitz, ver
, trauend einem winzigen, knatternden
Motor als Helfer. Und man erinnert
sich, welcher Rausch und welche Hoff
nung das doch noch eben war. als es
hieß: Wir fliegen! . . Und nun ist daS
gerade noch eine Notiz für die Blatter,
eine sportliche Neuigkeit, daß ein neuer
'Höhenrekord geschaffen fei. und der
Herr auf der Tram hält sich für berech
iici, die Nachricht zu überfliegen. In
diesem Blick, mit dem er die paar
Zeilen übersieht , steckt die ungeheure
Gleichgültigkeit,- der Uebermuth und
1 Hochmuth zugleich, den wir Men
schen haben. Und jagt sich, ob es denn
wirklich nothwendig war. daß so Viele
sich abmühten und ihr Leben opferten
nur damit dieser Herr gelangweilt
finden kann, daß nichts vorgehe.
Aber gleich hinter der That des
Piloten steht die Nachricht von einer
.' seh: merkwürdigen Erfindung. Man
hat aus ememLuftschiff einePuppe von
siebzig Kilo Gewicht auf die Erde
fallen lassen, und sie kam wohlbehal-
" ten an. Der Chef des Generalstabes
" toat zugegen und bestellte sogleich.
ynßt es weiter, solche Fallschirme für
die Armee. Der Herr auf der Tram
meint offenbar, daß dies ihn nichts
angehe, aber er konnte irren. Freilich,
man kann solche Geschichten oft in den
Journalen lesen, die ja derart eifrig
sind, allem Werdenden zu dienen, daß
die Wirklichkeit oft zu wenig schnell ist,
ihnen nachzulaufen. Glauben wir aber
nun, dies wäre die Lösung, und ich
loeite, in zehn Jahren wird dieser Ge
langweilte mir gegenüber ganz be
uhigt in seiner Luftkutsche fitzen, er
feiß,- er hat jenen Fallschirm, ein
Druck, und er ist gerettet, und nun erst
gehört ihm ine Luft, sie hat dann keine
Gefahren mehr, und alle die Aben
teurer. Tollkühnen und Helden, die
zerschellt sind, sind vergeblich gestor
den, an einem Irrthum des DatumZ, ;
weil sie eS zu eilig hatten und flogen,
' bevor jener Fallschirm erfunden war.
Dann kommt die Zeit für die Ge
schäftsleute und Praktiker, deren Un
dankbarkeit jetzt eine solche Notiz noch
nicht bemerkt. Und welches ungeheuere
Zutrauen steckt doch auch in dieser
Gleichgültigkeit des Philisters! Er ver-
iaßt sich auf die Entwicklung, er ver
traut dem Leben, er weiß fchon, alles
muß zu ihm kommen, wartet auf ihn,
die Kühnheit, die geistreichen Erfin
düngen, das ist nur 'für ihn, die An
deren schaffen, er aber macht erst den
Erfolg, einfach, indem er ihn ge
braucht. Wahrhaftig, er hat es gar nicht
nöthig, aufzupassen, die Anderen thun
das für ihn, und indem er in seinem
Kontor sitzt und seelenruhig Geld
macht, leistet er alles zugleich, die
liige, die Sicherungen, die Schönheit
cder Künste, die Eingebungen der For
, scher, es gibt nichts, das ihm dann
'ich! zufließen würde, es geht durch
ten großen Filter des Lebens, und bloß
fcos Seine und Gesiebte bleibt für ihn
!.drig. Wenn es etwas also fern wird
r.;t dem Fallschirm, er wird es er-
f wenn zuvor sich ein paar Men
l,zn geopfert haben, andere als er, von
-ix gefährlichen und gesegneten Art,
"xx die immer etwas vorgeht. . . .
Die nächste Seite Ihrer Zeitung.
:rr von der Tram, wie, sehen Sie
r.t'i, von welchen hartnackigen Schlach-
j:n sie erzählt? Der alte Geheimrath
:rr.? berichtet von seinen Kämpfen
' "x den Krebs. Ist es nicht, als ob
: c:i der Druckerschwärze bunt und
; ;';ch die Gewalt deö ehrwürdigen
"3 spränge? Er sammelt die
r fix fein Institut, sucht wohl
? C:ldleuie, die eS unterstützen
; :":n, und hat die Sorge, daß
F"
rk zugleich mit ihm ver
Er besitzt den Ruhm und
schsftlichen Arbeit und er rastet
nicht, versucht alles, treibt die Anderen,
die Jugend an. die nach ihm kommt,
und für wen thut er dies? Für tiie,
Herr von der Tram, denn es könnte
sei.., Sie tragen fchon den Feind in sich
oder er lauert im Leide ihres Kindel!
Scheint die Jchnen ein langweiliger
Fachdericht? Ne,n, et ist e, keuchendes,
heiße und grimmiges Ringen gegen
einen unfaßbaren Gegner. ES gilt,
seine Tücke zu studieren, die Geheim
nisse seiner Existenz auszuspüren, sein
Leben zu zerstören. daS unser Tod ist.
Ezerny spricht und es ist, als öffne
ten sich Hunderte Laboratorien und
man sieht all die Aerzte über Phiolen
uns Präparate gebeugt, sie untersuchen
die Geschwülste in den Thiertörpern,
es ist wie eine Ahnung, daß die Wahr,
heit bald gefunden wird, irgendwo gibt
es Hilfe. Rettung, mag fein, sie ist ver
graben in Kupfer. Arsenik, in Salzen
oder irgend einer chemischen Verbin
dung, es gilt zu mengen, zu mischen,
zu suchen und zu versuchen. So bringt
ein jeder 'eine Erfahrungen und Hoff
nungen zu dem Patriarchen, der als
Seneralflabschef den Krieg gegen den
Tod führt. Zu ihm kreischt das Stöh
ren aller Verzweifelnden, heult die
Qual der langsam Vergehenden, und
es scheint ihm vielleicht, als höre er 'den
Ruf aller jener, die nicht mehr warten
können, deren Leib von Geschwüren
schon zerfressen ist. deren Gewebe zer
fallen, und näher und näher kommt
der Feind. Sie alle heben flehend die
Hände, treiben zur Eile, und es ist eine
unausdenkbare Grausamkeit in der
Vorstellung, daß jenes Krebsheilmittel
dereinst gefunden wird an einem
Tage, während dessen Hunderte am
Krebse sterben, nach Tagen, in denen
Hunderttausende an ihm zugrunde ge
gangen sind. Oh. in den Spitälern.
Sanatorien, Laboratorien geht sehr
viel vor, es gibt da gewiß überraschende
Erfolge, die Wange des Antes rötbc
sich freudig, schon glaubt er den Siea
zu besitzen und dann sieht er, es war
no j nicht das Rechte, die Hoffnung
trog, der Sieg, der ihm in einem Falle
oorgaureue, versagte in den anderen
tfau roas in aas ooch für ein
mattes, graues, dürftiges Wort und
was schließt es olles ein: Bitten. Er
Wartungen. Tragödien! Nüchtern be
rüstet davon die wissenschaftliche Ver
sammlung, in der Zeitung ist es kaum
eine Spalte, aber diese Spalte ist ein
reis von ermuroungen, Hossnungen
versuchen, in der Dunkelheit unserer
jjgnrnaqt zqeinen winzige Lichter auf
zusiammen. erioichen wieder, bei man
chen aber ist es doch, als würden sie
weiter glimmen, könnten sich bald zum
gronien sichle enyachen Niemals
seit den Tzen der Goldmacher gab eS
einen solchen heißen und athemlosen
Kampf in den Laboratorien, nur daß
er sinnvoller und wunderbarer ist als
jene Alchimistenschlachten, er wird mit
unendliS verfeinertem Werkzeug ge
führt, die Lebensinstrumente sind fast
so prazis geworden wie jene des Todes.
Und die Andeutung, die Botschaft von
au dem birgt sich ,n einer Zeitungs
notiz, die der Zeitgenosse gelangweilt
'(..st rv . 1 rr n . " "
vvcrlagi. ueji weiier
Da ist er aber auch fchon im Ge
nchtssaal'. der alle Menschlichkeiten
wie mit Scheinwerfern überstrahlt ein
crclles. böses, peinliches Licht umfließt
die nackten Seelen der Menschen, und
eoen m seiner lledersulle hat eS etwas
Ungewohntes und Unwahres und der-
zerrt die Dimensionen. Der Herr auf
oer Aiam rinoei ccuie in seinem .zour-
nal nur ein bißchen Ksndesmord. Eine
ledige Mutter hclt im Findelhause ihren
Säugling vergiftet. Ungerufen zog er
ein in diese arge Welt, seine Mutter
suchte Hilfe, aber niemand drang US
?u ihr vor, und der glückliche Vater.
ein Blutjunger Bursche, war arm. Er
meinte b der Verhandlung, eö sei
wohl so am besten gewesen. Denn das
winzige Stück Elend war krank und
wurde kränker mit jedem Tage. Der
Vorsitzende konnte sich bei der Verhand
mng gar nicyi genug entlegen, wie
wenig liebevolle Eltern doch jenes Kind
gehabt hätte. Aber da war ein armes
Dienstmädchen, das für den kleinen,
lochen Schreihals ihr hartes Stück,
Brot, ihre armselige Freiheit verloren
hatte, und das Kind hatte vor sich ein
Leben ohne Liebe und Lächeln, ohne
rasl und ffreude. oabgieriae Sieb
eitern, Schmutz, Prügel, Krankheit und
Laster. Man lönnte also über das
Kopfschütteln des Herrn Vorsitzenden
oen ops scrnmein. 2a3 Mädchen, das
für ein paar Augenblicke des Genusses
drei Jahre lang im Zuchthause ver
kommen muß, wird kaum der Meinung
des blasierten Herrn von der Tram
sein, und finden, daß an jenem Tage
doch immerhin etwas vorgegangen sei.
Ebenso wie der Herr Postunteroffizial
:vcenichik. der aus Derselben ZeitungS
spalte gerade in New Aork ankommt.
Eigentlich ertappe ich mich dabei,
wie ich diesen Reisenden auf seiner
überraschenden und plötzlich , aufge
zwungenen Seefahrt immer begleitet
habe. Es ist eine grausam witzige
KcrnSd d:s Lebens, ein zu merkwür
diges Abenteuer. Vor vielen Jahren ist
die hübsche Schwester des Herrn Men
fchik geradewegs von ihrem Dienstplatz
mit ihrem Liebsten über das große
Wasser gereist. Dann kam ein langes,
langes Schweigen, Amerika ist . weit
und groß, und wir dürfen vermuthen,
daß die Familie Menschik sie vergaß,
das Leben ging hier ruhig und klein-
bürgerlich weiter , bis plötzlich von
der Verschwundenen eine Ansichtskarte
eintraf, dann em Brief, sie hatte ein
kleines Vermögen, wollte zurückkehren,
die Brüder hier in Wien die wiederqe
fundene amerikanische Goldschwest
erwarteten, war sie auch schon neuer
verloren, statt ihrer schwamm
der rief eine New Yorker Kellners
yeruver, der von ihrem Verichwinden
erzählt und die Besorgn! autspricht,
ein ihr sehr befreundete Rechtsanwalt
habe sie ermordet. Aus einmal dirigiert
die tote Frau, die sich so gar nicht um
die Jbrigen gekümmert hatte, deren
ganze Existenz. Der Mörder soll ge,
saßt werden, inde. dazu sind Doku
mente nöthig, ein Familienzeuge, ein
Vertreter des Hause Menschik muß
hinüber, so gebietet Amerika. Und zwar
söfort, sonst wird ein wichtiger Termin
versäumt, der Unhold kann entwischen.
Die Mensch,! halten Familienrath,
und der H?.rr Postunteroffizial ist als
Beamter offenbar am ehesten zu ent
veyren. er weyrt ich. vergebens, er,
der biser bloß Sendungen befördert,
muß sich selbst befördern, und auf ein
mai veaegnen wir ihm aus einem
xroßen Ozeandampfer, dai Abenteuer
ist in seine geordnete Efistenz emge
vrochen. er i t. er weik nicht wie. in
New ?)ork. ist eine interessante Person.
der die Reporter entgegenfahren, und
er muß ihnen von der Todten erzählen,
die ihm schon so ganZ entschwunden
war. Und sieht sein Bild in den Zej.
tungen, sich selbst im Kino, in allen
Kinos, lauter Dinge, die sonst öfter,
reichischen Postunteroffizialen nicht zu
panieren pflegen.
Ich blicke aus. der Trambahnwagen
hält cn meinem Ziele, und ich muß
eilig absteigen. Wahrhaftig, da habe ich
auch meine Zeitung drin vergessen. Und
wer weiß, wie viel ihr noch vorgeht.
nelche Abenteuer der, Wirklichkeit sie
noch bergen mag. Ach ja. das Leben ist
reich, ist aller Wunder voll, wir aber
haben zu oft stumpfe, kurzsichtige
Augen, harthörige Ohren, können nur
ganz reale Dinge. Et giebt verschie
dene Gründe für diesen englischenCha
rakterzug: manche sind einfach die Hol
von Mangein aus andern ebieten
m Durchschnitt denkt der Engländer
angsam. er hat auch gar keine Ge
wnndtheit im Plaudern und Debatti
rem. die Kunst, da Wort wie einen
Fangball hin- und herzuwerfen. lieg
ihm fern, so hüllt er sich in seine eine
nen Gedanken, spricht sie aber nich
au. Er hat andererseit auch eine
viel zu aufrichtige Meinung von der
Freiheit anderer, alt daß er versuchen
wollte, ihnen seme Meinung auszu
drangen, dann spricht er yosiich ein
paar banale Worte ganz allgemeinen
JnraltS, die der andere, wenn er will,
ltf für feine Meinung nehmen kann
Tiefe englischen .Common place'Ge
spräche sind ja gewöhnlich dieVerzweis
lllna der fremden wäbrend Ihre ersten
. --, - ' - "
Aufenthalts in Enaland. Manches
mal kommt man mit bestimmten Leu,
ten monatelang nicht darüber hinaus.
und es giebt Menschen, mit denen man
im ganzen Leben nicht weiter kommt
Selbstverständlich sagt einem derEng,
länder. wenn man gut Freund mit ihm
ist, sehr aufrichtig seine Meinung, und
er kann gewiß ein ebenso zuverlässiger
l . e i if h r i
uno ausrichiigerreuno ein ai irgeno
ein anderer. Nur muß man erst über
diese Scheidewand seines Ichs hinweg
!tn, d,e er vor feiner Person ausstellt
wie die sauber geputzte verschlossene
Thür, die er vor seinem Hause hat,
unnt man die Tyur, so wird man
daS HauS meist ganz komfortabel fin
den. ES hangt daS auch damit zufam
men, daß der Englander vor dem
Worte nicht diesen hochheiligen Respekt
hat und kein Prinzipiennarr ist wie
sehr häufig Deutsche und Franzosen,
Aber in der Politik hat selbstoerständ,
lich seine Undurchdrinalichkeit die fa
tale Folge, daß er die anderen Völker.
die großen Bilder sehen, bloß das die sich in seinen Gedankengang nicht
lnftnrnh AtmrSiirn rVftrn Sr'A I C ! f c ... . -
donnernde Bumbum hören, während
nngS um uns, in den kleinsten Notizen,
Kamps toben, Schicksale sich erfüllen,
Um Menschen, in denen selbst etwas
vorgeht, geht auch immer etwas vor,
und das unscheinbtrste Zeitungsblatt ist
sehr dramatisch, viel dramatischer als
die meisten Dramen man muß es
nur recht lesen tonnen,
Die
englische Undurchdring.
kichkeit.
,.Man wird immer die Beobachtung
machen, daß ein Volk sich weit weniger
uoer die lebenden Vertreter eine! an-
deren Volkes ärgert als über die stbea
le, die es ihm auf Grund wahrer oder
sal cher Beobachtungen, fluchtiger Rei
sen, vorgefaßter Meinungen, besonders
aber und das ist die schlimmste
quelle aus Grund von Erzeugnis
sen der Taaesliteratur zuschreibt, die
für irgendeinen bestimmten Zweck oder
tur die Stimmung eines Augenblicks
geschrieben sind. An diesem Mlhver
ständniß der Ideale, wenn man sich so
ausdrucken will, leiden wenige Volker
so sehr wie Deutsche und Engländer
in ihren gegenseitigen Beziehungen.
Wayreno die einzelnen Deutschen und
Engländer sich fast immer sehr bald
versieben, soweit es sich um den aesell,
schaftlichen und geschäftlichen Verkehr
hineinfinden können, vor Unberechen
barkeiten stellt, die er selbst als solche
gar nicht empfindet, weil sie von sei-
nm eigenen englischen Gesichtspunkte
auS ganz logisch sind. Nach festen
Grundsätzen, kann man sagen, handelt
eigentlich die englische Politik niemals,
sondern nur ganz ausschließlich auf
ihr eigenes englisches Interesse hin:
dies erkennt sie vermöge eines gewissen
nationalen Instinkts, der sich unter den
verschiedenen Parteiprogrammen
deren Namen ganz gleichgültig sind
verbirgt, und der sie noch selten im
Stich gelassen hat. Natürlich ist das
für fremde Völker nicht immer ver-
ftändlich, und auf der Stelle erscheint
in erhitzten Leitartikeln das perfide
Albion mit allem Zubehör. John
Bull liest seine Kritiker auf seiner Ne-
belinsel, aber er regt sich nicht darüber
aus. vielleicht denkt er, daß die nützlich
sten Nebel nicht die sind, die oualmend
durch Londons Straßen ziehen, son-
dern die. die er ruhig und zielbewußt
vor seine eigene Seele legt.
Plötzlich bin ich in Hamburg!
Ein Heimweh , Skizze.
Gcstcrn saß ich hier. Genie bin ick
auch vier. Alelleicht bin ich schon zu
lange hier? So dicht in b; tktaen
yanoeil, trat in kulturellen Fragen ein mi1 ccm 'vcis.en neiiiainee. cy tarnt
großes Hinderniß ein, womit soqleich l'icr nicht länger bleiben. Ich kann
die irteive ver Mißverständnisse be
ginnt, d,e Undurchdringlichkeit des
des Engländers. ES ist nicht zuviel
ge agt, wenn man behauptet, Undurch
dnngllchkeit sei ein englisches Ideal.
Sie ist ganz und gar kein deutsches
Ideal, und der Deutsche nennt sie mit
l''gii,t c5. L'iS zum Moraeu n'iht
sich rinö an andcre. Aber jrdrS vcr
schikiX'n nach Tempo und Stärk,?.
Nun kommen auch die Tcl-ise. WxoH
teil erleuchtete, mit zivet drei k'ichtfet'
ten iibernnander. (5 in wl an iui5
vorbei. Andere liberlizken wir. ES
ist lein ?tern zu sehen. Aber eS ist
auch lein !'.'cbel. M.in niöchte ... ich
möchte in einer Wolke siten, in einer
holcii Wolke, und wiit unter mir an
diese Lichter selten, n ie sie ziehen, sich
kreuzen, wie sie von einander und zu
einander streben Zwilchen Mi'u
gen und tt'tonfntcsc, zwischen Lij
zard und Llan Rare. ES sind nicht
viele teilte mehr an '."ord. 'Mut fol
che, die ZZeir baben. Die niei''ten gin
en in Neal'el, in Marseille an Land,
die lebten soeben in Plislingen. Man
kann die Kamniettl'ur, die misS of
sene tei gellt, nilii chic Stunde of
sen lassen in der Nacht Und sann
vom ö'ett anö direkt auf die See blik
sen. 2ic ist schwär,!. Aber die Slani
ms der kleinen Nordfeen ellen sind
lenchend weiß. ES schlägt 3 Uhr. ,n
'ivi'lf stunden sind wir da. ?n zwols
-tnndeii werden wir durch alle Herr
ichkeiten deS Hamburger Hasens a,?'
schleppt werden, ölte, neue lpser
grüne, rothe, hämmernde, spritzende.
sckiniiijlge, leuchtende Herrlichteiten
dieser Stadt. Jeden Abend, wenn
wir zwischen den lernen schlafen ge
hen. denken wir an dies Stndt.
um 0 Uhr im spaten Tagesgran
kommt Elbe 1 in cidn, ein f fei
nes Feuerschiff. Die .unde fliegt non
der Brücke durch alle Maniifchastö
kamniern. Es ist baS erste von Hain
bnrg. Diese Leute waren fünf Mo
nate fort. Sie stckm nun an b?r Ncc
lina und - suchen daS kleine, rothc?,
merkwürdige aufgetakelte Eiscilbovt.
?Ae reden über (vleichaultiars. Zum
Beispiel sagt einer, beft schon hier ei
gentlich die Elbe anfange. Heimlich
aber hat jeder etwas, worauf er sich
reut. Nun tominen auch bieZirischen
berfer heraus, fröstelnd mit gleichgül
tigen, mit wehmüthigen, mit Ueugi
rigen Blicken. Es ist nur ein spökiaer
Eiscnfnhn. Aber von seinem rothem
Bauche leuchtet in tveijzer Schrift:
Elbe IV.
Die Sonne kommt. Nicht imponie.
enb gerade. Die ganze Ostwanb ist
ein ge prcntcites 'srau. ammos?
in. Die Sonne kommt nickt durch.
Der große helle Fleck thut nur weh in
den Augen.
Jetzt ist die onne auch in Srarn-
nicht
Ganz Plötzlich kam ich nach Sam
bürg. Ach. baß ich es nicht gethan
Hatte. Warum bin ich nicht weiter ne
wandert, ach Blankenberghc und
Eharlerm? Es war ein Narren
einem falschen Namen, bloß weil er sie streich: Wer reist nach Pllssingcn, nur
nicht versteht; er ist sogleich mit dem um zu sehen, wie bie Leute cus beni
Schlagwort von der englischen Perfidie
und Heuchelei bei der Hand. Hier ist
eben ein Zug, in dem beide Völker nicht
nur in ihrer ganzen Entwicklung, son
dern schon in der ursprünglichen An
läge verschieden waren; kann man aber
darum sagen, welches von beiden recht
hat? Des Engländers undurchdring-
iches Wesen ist ,a überhaupt dtk
Quelle fast aller Mißverständnisse zwi
cyen lym und seinen Nachbarn auf
dem Festlande. Wenn man durch die
Zug in den Londoner Nachtdampfcr
schlüpfen? Ich bekenne mich schuldig.
Ich that es. Ich stand die paar Minu
ten bort, sah die vielen Lichter, die
fröstelnden P.iisagierc, bie lärmenden
Gepäckkarren, die fliegenden Posisäck!?
und wie das hohe chisf schnell
im dunkel verschwand. Ich wollte
dann weiter. Ws'iin , sate ick,?
Nach Blankenberghe, nach Ostcnde,
in die Minen von Eharleroi. Statt
dessen kam ich auf ein Schiff, dessen
Straßen von London geht, gleichen die Schnabel ach Hainburg zu stand.
W4 4r3 ftaAMwWA 0..1 n tt . . v i
Gesichter der uns begegnenden Leute
den grauen vornehmen Häusern im
Wesiend, deren Fensterläden ewig ge
chw en ins; es scheint kein Weg in
yr Inneres zu fuhren. Beiläufig be
merkt, sind die einzigen vergnügten Ge,
ichter. die man aus den Londoner
Straßen sieht, die der Schutzleute, wai
nun wieder mit den Sitten anderer
Hauptstädte im vollkommenen Wider
pruch steht. Geht man im Foyer ei
nes Londoner Theaters während einer
Premiere umher, so sieht man vielleicht
ein paar Leute stch im gleichgültigen
Tone über daö Stuck unterhalten, mit
abgebrauchten Ausdrücken; ob der eine
dem anderen seine letzte Meinung über
daS Stück sagt, ist fraglich, jedenfalls
erhitzen sie sich nicht darüber, sondern
betrachten eS als Gesprächsstoff, und
am Ende behält jeder feine Meinung
ur sich. Im Rauchzimmer eines
Klubs kann man die Leute sich jähre-
anq gegenübersitzen sehen. Leute, du
vielleicht interessante und aufregende
Dinge mit einander ansahen, ohne daß
es dem emen einfiele, den anderen des
wegen zu stören oder ihn durch eine
Beobachtung zu eine? indiskreten MeU
nungSaußnmrz zu veranlassen.
Leidenschaftlichen Meinungsstrett.
w ur in Deutschland der ' Mki
nungsstreit ist unser beliebtester natio
naler Sport! liebt der Engländer
überhaupt nicht, außer in der Politik.
me es tam? vs war wirtlich em
Narrcnftreich. Ich hörte vom Hotel
auS im Morgenschlaf ein dumpfes
Tuten. Ich stehe auf. Ich sehe drau
ßen auf ber Reede ein tüchtiges Ham
burger AfrikaSchifs liegen. Ich gehe
an die Schleuie: Auöreiie der
Heimreise?" Fcibrt in einer Stint
de nach Hamburg " Wo ist die
Agentur? ..Tickets an Bord.
Ttoffoper kommt alch " Ich
springe ins Hotel. 'Der Kcsfcr ist ge
packt. Zwischen Zoll, Arzt und Poli
zet aiif einem breiten Tender dampfe
ich i den srischenee.Morgcn. Adieu
Eharleroi I Wollte ich nickt nach Blan
kenbergbe? Ich wellte über Land nach
München zurück I?tzt fahre ich nach
Hamburg, nachEurhaven, nach Blan
kenese, nach dem Petcrsenkai." Nach
Hause, v, ich weiß genau, wo wir
landen iverdcn. Drei Schifke liege
jetzt am Kai, Nicht mehr und nicht
weniger. Zwei liinlen, eins vorn.
Wir kommen bei Schuppen längs'
seit. 7
Um Uhr drehten nur von Vlis
singen ao. vm 1t ulir uatten w,r
kein Land mehr in Sickt. So ruhig
ist die Nordsee nie gewesen. Wir lau
sen 14 Meilen die Stunde. Bis zum
Abend treffe wir kein anständiges
Schiff; Spanische Erzdampfer, schm
tzige englische Frachtkähne, auch ein
paar 'seeschicpver. Die Nackt aber
berg aufgegangen. Sie macht das al
IcS bunt. Ich sehe weiße Häus.,'? mir
braimenDachcrn und rotben Blumen
schmuck, drei Bergketten, eine höher.
dünner, weiter. woi!i?er als die an
oere ougci uno .yunne einen
Tee. Ich sehe fern den Walchensci'.
grün, mit Bergen bis ans Ufer, wei
sie Bcrgköpse' im blauen Himmel.
Boote mit Feticnmenscben. ?t'ein. ich
U'ill nicht zurück. Hört, wie die MZ?
ven liintcr uns her kräckzen ! Die sah
le Ostwand ist nun gleichmäßig grau.
Niedrig, bnckia. sandig schiebt sich eben
aus dem Wasser rechts Neuwerk her
aus, eine Insel ohne Menschen, mit
einem Blinkfeuer, das auf vier ge
spreizten Eifenfüsien steht. Das tu
deutet: mm ist Ebbe, aub wir haben
den Strom gegen uns. Vielleicht sind
wir doch cnt ncacn Abend m Sam
bürg?
Zwischen Elb und EmLmündung
gibt es schönere Orte als Curhavcn.
Wer kennt etwa Harlingcrsirl? Es ist ;
zuviel Schnelles, Neues, Ouadrati
scheö m Jung'urkaven. Wo find
Lotfm wie die, die vor zwanzig Iah
ren hier an Bord kamen ' Auf Ä ratz
sano sitzt ein zwhlendampfer fest. Tie
Sonne irrt zwischen denWolken. Gro
Ke erleuchtete Flecke schwimmen tv'v.
fettig auf dem Wasser umher. Und
der zarte Strich im Osten ist Titmar
schen. Wir warten mit der gelben
Pestflagge im Fockmast auf ben Arzt.
Was nun vor uns liegt, auf Harn
bürg zu, breit, weit, zioischen zwei un
scheinbaren Boicnrcihen, ut Teutsch
lanbö wichtigste Straße. Und alle
Leute hier glauben an Krieg. Tl r
Lotse trinkt Grog imd er.'.äblt. da;
drüben im Ditmarschen die Böden der
Schulen voll von Gewehren liege
Ob er im Falle eines Krieges
auch mit mit fr fragt einer. üc
Miß" antwortete er alle Elb
lotsen haben sür diesen Zall bestimm
te Order". Derweilen schießen fünf
Torpedoboote von weitem her. Man
sieht im Anfang nichts als schwarzen
Oualm und weißen, hohen Schaum
und eine spitze Nase. Wie sie uns
bauten, stoppen sie ab. Aber ihre
Wellen werfen die Sanit.'itöbarkasie
mit solcher Wucht aeacn unsern
SchiffZrumpf. daß ihr im Nu ein
paarVlatten eingedrückt merdcn.Wäl'
rcnd die Leute m der Barkasse noch
fluchen, lind bie schivarz.'n Teufel zu
kleinen Nauchpeitschen geworden, dc
ren slatternbe Bänder vom Horizont
bis zu uns her reichen. Fünfmal zic
hm vom Bug der fün,' Boote nach bei
den Seiten hin endlos lange, weiß
Wellenkämme.
Langsam nähern fich nun links und
recht? die Ufer. Die Schiffe werden
alilreicher. Jetzt ein Stadcr ttinder
schisf mit tausend Hurras und wehen
den Taschentüchern. Die Kinder sie
hen alle ans einer Seite. Der Tan:
Pfer liegt beängstigend schief zu uns
her. Ich sehe von oben weiße Kleider,
rothe Turnerhcmden, eirime Botani
sirtrommeln. Weiß Gott, wir mach,
ten olsHamburger Kinder keine Tou!
ren bis an die See! Wir begnügten!
uns mit Bobcrg, Hummclöbüttel und!
'Iech und jsarpe riechenden nrun.'n
Troniinel bcnuhten wir auch. Jetzt
spielt tinsire Musik, iliu sellsames
Vs'ohliier.iit taucht recht? ans, Wozu?
Der Lotse erklärt es: Hier wird der
.Imperator" liegen. Die Auge
g!eiten t,brr dab (erlist anö Land,
Ininier qleichelkuirme.Iriche, baiim
verltte rotlie Häuser kommen und
gehen. Wir fahren langsam, mit hal
der rait. Da? vierte Schiff in ci
ner Ne.he. inter uns noch zwei
Bei Pagensand loollen wir an di.'
Spihe ?Iber niemand läßt unK vor
bei. Langsam rucken wir an. Linki
über uns zirbt eine dicke NiNickwolke
Ich vrrmnttie: sie ist von der Zucker
sabrik.
Und da liegt Blankcnese.
Wohin wollte ich? Ich wollte nach
Brüssel zu Bandervelde. ich wollte auch
in den Ardennerwald. Ich wollte wahr
haftig nicht fchon wieder nach Ham
bürg. Ich schwöre es! Denn was nützt
es? Ich muß doch noch lange Zeit
längsseit der Berge wohnen. Aber jetzt
scyre ich vor lankeneie hin.
Xt vmde 1 1 noq voll von grünen
gelben Blättern. Im Garten steht der
weiße Sonnenschirm. Bohn blinzelt
vom Bullen her in die Sonne. Im
Sande Hegen die letzten Sommergäste.
Da ist ein neuer Bootsteg. Hat Frens
sen den Garten richten lassen? Ne:n.
Und warum winkt keiner? Wir spielen
doch laut genug. Ich stehe zurück. Nie
mand braucht mich vom Bullen aus zu
sehen. Ich habe die alles (und was
noch kommt) zu lieb. Ich mag eS nie
mandem sagen. Tod und Teufel, wir
wohnen in Starnberg und haben ganz
altmodisches Heimweh.
Und dann kommt der Hasen.
Zuerst als Knabe sah ich den Hafen
von London wirr, trunken. Zuletzt
im Frühjahr Trieft oben von
Opeina her bei dalmatinischer Sonne;
man muß sich weit auS dem Fenster
der Südbahn lehnen. Dazwischen alle
Großhäfen von Neapel über Marseille,
Lissabon und avre bis ovenbaaen
hin (auch (Teneriffa und Rio.) Aber
dem Hamburger Hafen ist nichts
gleick. Nichts gleich? Als Hafen nichts
gleich an reicher, lose hingeworfener.
üppig verstreuter ArbeitS - Schönheit.
an Wucht und Aufbau der Werft, und
Dock- und Ladellnien, an wildem
Rhythmus von Holz und GlaS und
Eisen und Stein und Beton. Da
rllber und dazwischen der Rauch, gelb'.
blau, gräulich, schwarz. hier leise
und dünn sich hinfchlängelnd, dort dick
und streifig unbeirrbar stehend. Rechts
das bunte Wirrwarr der Kuhwärder
Häfen. Schiffe im Strom, Schiffe am
Pier. Schiffe haushoch auf dem Dock,
mennigfarbene Kriegsschiffrippen, eine
weiße Lustiacht mu protzigem Heck
schmuck in den hohen, hundertarmi-!
gen Hellinggerüsten hämmert, klirrt,
91 L L - l tt r mm
tnikschl uno oroynt es. Plötzlich udii
dem ganzen, über unserer Marconi
Spannung. auS dunklen Rauchfetzen
heraus tritt der weiße Kopf der
Hansa". Ich sah diesen Luftwurm
bisher nur zwischen den bunten Bergen
der Pfalz und des Schwarzwaloes.
Dort machte er Theater. Hier ist er
eingereiht. In das Geflecht unserer
Arbeit.
Jetzt fahren wir über den Elb
tunnel hin über die beiden dicken
Röhren, in denen Autos und Last-
wagen tief unter dem Wasser her
fahren. Wer weiß: vielleicht marschiert
unser Großvater jetzt unier mir ber?
Vieles ist neu. Seit wann zum Ezem
pel legen die Südamerika Dampfer
an den Landüngsbrücken an? Hie:
hatten früher nur die Stader
Dampfer Raum und Tiefe. Und vom
Rödingsmarkt zwischen Eisenbögen
saust die neue Underground heran, in
einem Sprung über den Binnenhafen
weg. Einen Augenblick ist man ver
wirrt. Aber schließlich ist dies doch das
alte Hamburg. Und in den hundert
neuen Geräuschen hört man den uralten
mystischen Hamburger Ruf (Wer kennt
ihn nicht von der Kinderschlitten
bahn): Hengalrdoor".
Jetzt haben wir zwei Schlepper vor.
Das heißt, wir sind angeseilt. Und
bald liegen wir fest. Mit dem Schup
pen stimmt es. Genau wie ich nach den
Zeitungslisten eS berechnet hatte. Eben
wie wir in den Baakenbafen einbiegen.
vericmvinoei
Von
E r n k e.
WlthrMithack.
S t a h n. -
Wenn der erste Herbstwind über die
Stoppeln weht und Dreschflegel und
Maschinen ihr Lied singen, läuten die
Glocken zum Erntefest. Kultur und
Kultus in uranfänalicher Gestalt der
fchwiflern sich an diesem .Eleusischeu
Fest'.
Daß der Mensch zum Mensche
werde,
Stift' er einen ew'gen Bund.
Gläubig mit der frommen Erde,
Seinen mütterlichen Grund."
Urlaute der Religion erklingen vr,
auch in dem, waS wir Heutigen Aber
gruben ennen. In Mecklenburg ha
ben noch bis vor Kurzem Schnitter ein
Büschel Aehren auf dem Felde stehen
lassen und daS ihnen selbst unverständ
liche Sprüchlein gemurmelt. ,Wode,
Wode. hole nun Deinem Rosse Fut
ter." In den Kirchen ist eS der uralte
heilige Vater, dessen Schöpfermacht die
Ernte gedeihen läßt. Und selbst dieje
nigen, die dieser Glaubensform ent
wachsen zu sein meinen, fühlen, sofern
sie fromm sind, beim Anblick gesegneter
Fluren, kindliche Schauer treu in der
Brust. Ja, wer diesen Empfindungen
vor dem Werden und, Wachsen in der
Natur nicht fähig wäre, ist ein Barbar,
er sei auch, wer er sei.
Und dieser Ernteglauben dai ist
daS Wesentlich an ihm strömt au
in einem Dankfest! Mag der kultidi
rende Mensch im Schweiße seine An
gesichts der Arbeit gefrönt haben, mag
er mit dem Hochgefühl des Schaffen
den auf den Teppich der Erde blicken.
den er gewebt hat: Religion ist immer
das Bewußtsein der Abhängigkeit von
dem, was über uns ist, ohne dessen Se
genskraft unsere Arbeit nicht nur
fruchtlos ist, das in unserer Arbeit
schasst, allbewegend, zielsetzend. Und
mag auf weiten Gebieten unseres Er
dentheileS der diesjährige Sommer
Reichthümer des Bodens, die hoff
nungsvoll aufblühten, wieder vernichtet
haben; felbst die Mißernte stimmt da
religiöse Gemüth weder zu trotziger
Anklage noch zu schlaffer Trostlosig
keit: daß wir nicht als Fordernde dem
II nmnMlf&Mrl nmtMrt i'ifmmt f. . (. . v f.Nli.Mi
unuiviiuiii yiyiuuuii uty(ü, Ullutui
immer nur als Empfangende, das ist
Urbedingung alles Frommseins. Zu
dem: Brot für alle trägt die Erde; ti
liegt an uns. daß bei der Speisung der
Millionen der Uebersluß zur gerechten
Vertheilung komme.
Erntefest! Die gesteigerte Kultur, in
der wir leben, nöthigt uns allerdings.,
dem Worte eine weitere Bedeutung zu
geven. Auq eine noch so rationell be
trieben? Landwirthschaft füllt uns den
Begriff der Kultur längst nicht mehr
aus. Wir Deutsche erleben mit Ver
wunderunq unsere fortschreitende Ver
Wandlung aus einem Land, in ein
Stadtvolk, aus einem ackerbauenden in
ein Maschinenbauendes. Die erschüt
ternden sozialen Kämpse der Gegen
wart, die fich zu Weltanschauuungi
streiten zuspitzen, gehen aus dieser
wirthschaftlichen Umwälzung hervor.
Und lange, bevor wir ein Industriell!
wurden, waren wir als Volk der
Dichter und Denker" in höchster Gei
steskultur am Werke.
Gilt auch für diese Erdenarbeit ei
Erntefest? Oder hat religiöse Dank,
barkeit nur da ein Recht, wo Sonne
und Regen den fruchtlagernden Schoß
der Erde beleben? Ist frommes Ab
hängigkeitsgefühl da ein AnachroniS
mus. wo eiserne Räder donnern, oder
wo die sichere Hand des Operateurs den
Herd einer tödtlichen Krankheit aus
schneidet? War der Mensch sich selber
Gott genug? Ist der Kultus der Zu
kunft der, daß er sich Tempel seiner
Größe baue?
Wenn das Gesetz von Saat und
Ernte für die gesammte Welt des Le.
bens gilt, so kann niemals in fühlen
der Menschenbrust der Dank verstum
men, wo saure Arbeit mit Erfolg ge.
krönt wurde. Und niemalz wird dem
Tieserbllckenden die
ewige Wahrheit
veralten, daß wir doch nur zu schassen
s-inen. wo in fTstitf IirfifeH ! KAU-
" WItifle Abschluß , rer Zweck durch uns und mit uns
des HafenS: ein Wald von spitzen '
r . . ( irr, . . -. . . ' I
egeiichisssmasten und die breite Elb
brücke mit ihren flachen Eisenwellen,
die sich gegenseitig überlauen. Nun
legen wir langsam an. Ein Schwärm
von Müttern. Ehefrauen. Bräuten, von
Brüdern. Schwestern und Bekannten
zieht am Kni neben dem Schifft her
winkend, fragend, scherzend oder auch
nur verständnisvoll mit dem Kopfe
nickend. Mich begrüßt niemand. Nie
mand kennt mich. Ich wollte nach
Blankenberghe und in die Minen von
Charlero,. Plötzlich bin ich in Ham
bürg.
Dr. A. K.
Ein rafinirter Kellner.
Professor: Diesen Abend habe ich
wieder nichts gegessen!"
Frau: Du wolltest Dir doch im
Restaurant etwas bestellen?"
Professor: Bestellt habe ich auch.
aber nichts bekommen; nachher hat
mir der Kellner solange vorgeredet,
daß ich meine Portion längst ver
zehrt lsätte. bis ich's selbst geglaubt
yaver
I n d i k i u m.
Herr (in ein Restaurant tretend):
Ist der Herr Professor schon fort?
Kellner: Ja. sein Schirm dänat ia
schafft. Wir selbst sind Saat, wir selbst
t'.'k se.. ..V. h...!.i . i
put; viiutt unu u vciciin ein in
ternationales und interreligiöseö Kul
turfeft alle, die heilige Ehrfurcht haben
zu einem Chor des Menfchheitsdanlej.
Fatale Ausrede,
Vater (der frühmorgens se!nen"stu
direnden Sohn besuchen will): .Wie,
mein Sohn ist noch nicht zu Hause, da
hört aber alles auf!
Hauswirthin (verlegen): Ja. in de,
Kneipe ist er aber sicher nicht mehr, da,
ist er gewiß wieder verkehrt abgegeben
worden!"
Moderne Gauner.
Gefängnißinspektor (zum einge
sperrten Tafchendieb, der einen grö.
ßeren Betrag an eine Vesicherungj.
gesellschaft schicken will): Ja. sind
Sie so hoch aufs Leben versichert?"
DaS nicht, aber jede meiner Hände
hab' ick mit vierzigtaufend Mark se
gen Unfall verfichert!"
N e s e : v l r t.
.Der dumme Köter bat mich oeste.
gezwickt und Sie sagten mir doch, als
ich den Hund kaufte, daß er Nieman
den beißt, den er einmal kennt!" ,
Das ist auch wahr, aber er m
r:- pizz T:cn In 5'tLründen. Und all.
M da..hZitdelt cö sich meistens mji1telttn.,Mcu Aber di übet
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j&dti langsam n?ae Lekanntj
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