Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, October 05, 1912, Image 6

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    ttjMMtäJLWl&M lU-'- 4-J-. ' !.,
Der Cirrusreiter.
i ittktil
44
(90. Fortsetzung,)
VIII.
Oeaf Arnold an Graf Wer.
nr.
Mein liebt! Neffe!
f Es ist, nun wieder Frühling gewor
' ha. Ueber ein halbe Jahr sind Sie
loa mir entfernt und nur ein einziger
Brief seit jenem, w welchem Sie mir
anzeigten, dab Sie meine Anerbietun
gen nicht annehmen könnten, hat mir
mitgetheilt, nicht wo ich Sie zu finden,
lwhl aber, wohin ich meine Briefe zu
richten habe. Ich beeile mich also,
von dieser Mittheilung Gebrauch zu
machen und Ihnen über einige Ange
leqeAhkiten Auskunft zu geben. -Lassen
Eie mich zunächst ton etmaö sprechen.
Jen sonst das Herz eines Sohnes
uf'S Tiefste zu bewegen pflegt und
waS dennoch für Sie eine Erleichtk'
rung sein muß von dem Tode Jh
tti ÄaterS. Ich werde Ihnen über
' Incse Ereigniß die volle Wahrheit
schrriben. Denn ich weiß ja. daß für
.,Eie als Sohn ein Vater längst nicht
cbr eriltirt.
"leb lelKN WZ? ich Ihnen damals
schrieb, hatte nicht die Absicht, eine ge
richtliche Untersuchung gegen meinen
, Bruder einzuleiten, zum Theil Jhret
' wegen, zum Theil auch, weil mir per
sönlich an der Besitznahme des Majo
rati wenig gelegen war. Ein früherer
freund jedoch, der Geheime Rath von
Wolden. ein ganz alter Mann, an den
ich mich unter dem Namen deZ Master
Hanis gewendet und der mich bald als
seinen einstigen jungen Freund erkannt
Katte, drang in mich, die Schuld des
Verbrechens an da Tageslicht zu zie
Ken. Dennoch weigerte ich mich, den
Mahnungen deS erbitterten Greifes zu
folqen. Es widerstrebte meiner )Hi
tur. öffentlich als Kläger aufzutreten.
und vielleicht gezwungen zu sein, müh
sam Beweise für eine Thatsache zu
liefern. Zeugen eristirten nicht mehr.
Der alte Tom Cerulli, den Ihr Vater
inst dZu gedungen, mich in den Ab-
run m stürzen, war inzwischen ge
sterben. Nur ein altes Weib lebte noch.
und war auch bereit, zu zeugen. Sie
selbst und den alten Georg in den
BrozeK zu verwickeln, hatte ich nim-
niermehr gewagt. Ich beschränkte
mich also darauf, einige Briefe an JY
ren Vater zu richten, in denen ich ihn
aufforderte, mir seine WillensMemung
zu erklaren, ob er mich als den todt
cealaublen älteren Bruder anerkennen
s. rv .j.-fci.
unu uu ti vsic cmciui ijiiui uuu
.icht. Ich erhielt niemals eine Ant
oort von ihm. Persönlich wollte ich
ihn nicht aufsuchen, und inzwischen
iatte der alte Geheime Rath bereits
der Ober Staatsanwaltschaft An
zeige davon gemacht, daß der ältere
Graf Hasselstein mit einer schweren
Anklage gegen seinen Bruder zurück
aekechrt fei. Ich mußte mich zu einer
längeren Besprechung mit einigen ho-
Len Beamten bequemen und die Unter
suchung wurde eingeleitet. Inzwischen
benachrichtigte mich Fleuron wieder
Kolt, daß die Stumpfsinnigkeit Ihres
Vaters mehr und mehr zunehme, ja.
dak er oft Tage lang ohne ein Wort
zu spreche und ohne die geringste
Nahrung zu sich zu nehmen, in feinem
Lehnstuhl sitze. Einige Aufforderun-
en der Untersuchungsrichter, vor ih
nea zu erscheinen, hatte er unbeant
ortet Gelassen, und den Beamten, die
sich in seine Wohnung begaben, keine
Silbe auf rhre Fragen erwidert. Den
Skandal einer öffentlichen Verhaftung
mochte man vermeiden, fchon um Ih-
retwillen. Ich fah also ein, daß mir
nichts übrig bleibe , werde, als ihn
dennoch selbst zu sprechen, und benach
richtigst ihn deshalb brieflich davon,
daß ich mich an einem bestimmten 2a-
ge bei ihm einfinden wurde,
Es war ein rauber, kalter Februar
Morgen, als ich diesen Gang antrat.
Zwei Justiz - Beamte begleiteten mich.
denn es laa mir daran, für die lörila
runaen. die Ihr Bater etwa abgab.
?.euaen zu . besitzen. , Auch Fleuron
war von meinem Kommen benachrich-
. tigt ndhatte den Auftrag uns auf
- Ijfciir Ä.-.5T I tirtfnffn "r,h
jeden Füll Zutritt zu verschassen.
weiß, daß es mir sehr eigen zu Muthe
war. als ich übet den Hof schritt. Mein
Lzer, lehnte sich dagegen auf. denjeni
gen noch einmal zu sehen, der mir nach
dem Leben getrachtet hatte, und der
nicht die eerinaste Reue darüber zu
mpfinden schien. Ich hätte viel, viel
darum gegeben, wäre es mir, erspart
worden, diesen Gang zu machen. Die
Beamten bemerkten meine Stimmung
und suchten mich zu beruhigen, indem j
k?e mir sagten, die Unterredung mit
dem Grafen Wilhelm werde hoffentlich
mir eine kurze sein.
Fleuron empfing uns unten am
Finaanae des GartenthoreS. Obgleich
13 bereit; zehn Uhr Morgens war. so
herrschte dock noch eine trübe Dämme-
sung und einzelne Schneeflocken sielen
langsam aus die seuchie roe. uzt.
Kammerdiener sagte unZ. daß mein
cuder auf unsere Ankunft vorbereitet
i, daß sehr früh aufgestanden und
Ute, er wolle schreiben, es solle
d stören. Wir gingen also
- . 'Uiif und Fleuron trat
"--fS Bruders. Wir
'u war ir:idi
M M r.
-hJ j iifiU"!.
zugehen. 'Er schien an seinem Tasreib
tisch gesessen zu haben, denn geordnete
Papiere lagen aus vemieen.
Fl?uron ging in das anstoßende fla
blakt, in welchem er seinen Herrn der
muthete, kam ab.'r sogleich mit der
Nachricht zurück, baft er auch dort nicht
fei. Mich eigrisf etn MsU Ahnung.
filmen behaupte! mit Beftimmlheit,
daß Ihr Bai den 0iUn$'-v) nicht
verlassen l abe, und die BeaM. k spra
chen die Ansicht au, daß ihnillcicht
eine sehr erklärliche Furcht vor ver Un
terredung mit mir angewandelt und
daß er sich versteckt habe, El blieb uns
in der TKat nicht udng, ais tcn zu
suchen. Wir durchschritten alle Zim
wer. auch in den oberen Stockwerken,
untersucht::, jeden Winkel, in dem er
sich verborgn haben könnte, und fern
den ihn nicht. blieb uns nichts
mehr, als be: Raum unter dem Dach
deö Gartenihurmes. zu dem nur eine
schmale Treppe Zuhrt und der zur
Aufbewahrung einiger Gerätschaften
dient. Fleuroii erklärte es zwar für
unmöglich, difc sein Herr in dem Zu
stände von Schwache. ? weem er
sich in der letzten Zeit befunden, diese
schmale Treppe ohne Hilfe hinaufge-
stiegen sein könnte. Dennoch wollte ich
wenigsten! einen Blick auf jenen Raum
werfen und sinterte empor.
Ich will hnen die genauere Be
schreibung dessen ersparen, mein lieber,
tbeurer Werner waS ich sah. Gras
Wilhelm hatte sich selöst den Tod ge-
aeben. Nachdem ich mein Ent etzen be-
meistert, rief ich die Beamien. iüki
schnitten ihn los und versuchten zu ent
decken, ob noch Leben in ihm sei
vergebens. Er war todt. Fleuron
rief einige von der Dienerschaft und
wir schickte.: nach der Behoroe. Jq
blieb, bis Alles versiegelt war. Vor-
her jedoch hatte ich einen Zettel aus
dem Schreibtisch gesehen, auf welchem
die Worte standen: Ich bitte darum.
Aufsehen zu vermeiden, wenn es mög-
lich ist.
So bin 'ch jetzt Ihr Vater. Wer
ner. unv ich wiu ein oc,'.erei aicr
fein, als derjenige gewesen, den feie
kaum verlieren konnten, da Sie ihn nie
besessen. Ich will Alles, was ich an
Liebe besitze, auf denjenigen übertra
gen. der mein einziger Bm:sÄer
wsndter ist und auf den ich alle meine
öoffnunaen setze. Weisen Sie meine
Bitte nicht zurück. Werner! Lassen Sie
mU Ihren Vater sein, lieben Sie mich
I 1
i loiazen.
Die Beisetzung Ihre? VaterS fand
in aller Stille statt, und in das Publi
kum gelangten nur dunkle und unbc
stimmte Gerüchte von dem Aorgeialle-
nen, die jetzt längst zerstreut sind. Die
Testaments Eröffnung ergab, daß
Ihr Vater entweder das frühere Testa
ment wiederhergestellt, oder es nie der
ändert hatte. Sie sind der legitime
Erbe, der Majoratsherr von Hassel
stein, und jetzt wird eö mir nicht mehr
beifallen, meine alten Rechte in An-
fpruch zu nehmen. Sollten die Ge
richte mich dazu auffordern, so werde
ich zu Ihren Gunsten einen förmlichen
Verzicht leisten. Außerdem habe ich
Sie langst zu meinem Erben bestimmt.
Einen öffentlichen Aufruf an Sie, der
Sie veranlassen sollte, Ihren Wohn
ort anzuzeigen, habe ich zu verhindern
gewußt. Doch wurde es gut sein,
wen Sie sogleich den hiesigen Gerich
ten anzeigten, wo Sie sich befinden.
Die Annahme deS Majorats dürfen
Sie nicht ablehnen. 'Weshalb sollten
Titel und Besitz in die Hände eines
entfernten NebenzweigeS übergehen?
Ich hoffe, Sie werden Gutes und
Nützliches genug in Ihrer zukünftigen
Stellung ausrichten, und wer weiß,
ob jene Verwandten einen guten Ge-
brauch von dem machen wurden, was
ihnen so unerwartet zufiele.
Auch in dieser Aenderung der Dinge
liegt eine neue Aufforderung für Sie,
Werner, Ihre Prüfungs- und Lehr
zeit abzukürzen und sobald als mög
lich zurückzukehren. Doch will ich
nicht in Sie dringen. Lassen Sie Ihre
Ueberzeugung sprechen
I " " . . , ,r '
Vun zum Schluß noch eine Nach-
richt über zwei andere Personen, über
Breitenfeld und Bianca Cerulli. Was
den Ersteren anbetrifft, so hat mir
Graf Wildenau gesagt, daß er Ihnen
damals in Schönruh ausführlich mit
getheilt, welche infame Rolle dieser
Heuchler und Jntriguant in Ihren ei
genen. in Alfred's und Lucien's Ange
legenheiten gespielt. Er war nach je
nem Duelle geflohen. Nachdem er aber
wahrscheinlich unter der Hand ersah
ren, daß die Sache ohne Aufsehen vor
übergegangen, und daß wohl kaum er
ne gerichtliche Untersuchung eingeleitet
werden würde, ist er hierher zurückge
kehrt. Wir haben ihn ganz unbeach
tet gelassen. Dennoch hat er nach dem
Todes Ihres VaterS die Frechheit ge
habt, an mich zu schreiben, und d'.k
Auszahlung des Legats zu fordern,
daS ihm. wie er behauptet, von dem
Grafen Wilhelm ausgesetzt worden
Ich ließ ihm mittheilen, daß sich ein
solche Legat nicht in dem Testament
meine BruderS befinde. Tarauf er
hielt ich einen anderen Brief mit der
TWnfmw hi;n r ftnfPit IS fönnn
des Grafen Wilhelm ,n . Anspruchs
löflMe
nehmen und cinen Theil de Erbe
beanspruchkn werde. Ich h,'be ihm
gar nicht daraus antworicn lassen. Er
mag thun, was er will. Merlin wird
er jedoch bald verlassen müssen. Da
Gerücht von seinen Intriguen ist in
das Publikum gkdrunacn. er bat seine
vornehmen Patienten verloren. Da
ist die härteste Sirate für den ehrgei
ziqen Mann, dem nicht unerträglicher
ist. als sein Leben unbekannt und un
berühmt hinzubringen, und der nie den
Muth haben wird, nach dem wahren
Ruhm der Wissenschast zu ringen.
Ihm gönne ich diese Niederlage von
ganzen Herzen, ja. wenn ich denke, wie
kaltblütig er Alfred titesei,ss,, suyie
ich mich versucht, alle Qualen dieser
?rde auf ihn herabzuwünschen. Die
?erulli dagegen dauert mich. Ich be
suchte sie einmal, um nach ihrem Vater
zu fragen, und als sie ersuhr, rag icy
Ihr Oheim je,, oisnelt !'k mir ivr
Seri. Sie batik erst in der Tode
stunde ihres Bater erfahren, welcher
Verbrecher er gewesen, und ,hr erz
blutete noch immer unter diesem
Schlage. Sie ist ein Weib mit großen
Anlagen und Borüaen. Ab'.r die
klraft ihres Lebens ist durch ihre Ver
zangenheit und durch die Schuld ihres
Vaters gebrochen. Sie sagte mir schon
damals, dak sie Willens sei. nach ia
lien zu gehen und dort um die Auf
nähme in ein Klcster zu bitten, und
wie ich höre, soll sie jetzt im Begriff
stehen, diesen Entschluß auszuführen.
Beherzigen Sie meine Bitten und las
sen Sie mich vor allen Dingen oft,
recht oft von Ihnen hören. Denn zu
weilen bin ich doch in großer Unruhe
Ihretwegen und dann macht Ihnen
mein Herz Vorwürfe!
Graf Wildenau und der Vicomie.
der nun bald im Stande sein wird,
eine Erholungsreise anzutreten, lassen
Ihnen ihre Grüße senden.
Berlin. 26. April 1850.
Arnold Hasselstein.
IX.
Alfred an Lucie.
Meine theure, meine geliebte Freundin
Es ist entschieden ich soll Sie
noch nicht wiedersehen, wenigstens
picht in Jahresfrist! Gestern fand
eine große Berathung meiner Aerzte
und meiner beiden unvergleichlichen
Freunde, der Grafen Hasselstein und
Wildenau statt. Man befragte mich
nach allen möglichen Dingen und bat
mich so dringend, die volle Wahrheit zu
sagen, daß ich auch wirklich diesem
Trängen Folge leistete, obgleich eine
Ahnung mir sagte, daß man uns dann
kein Wiedersehen gestatten würde. Ich
erklärte also, daß ich mich zwar geistig
vollkommen gesund.körperlich aber doch
in der eigenthümlichen und unangeneh
men Laae befände, daß jedes nur
etwas anstrengende Nachdenken, jede !
kleine Gemüth-bewegung mir einen
m:hr oder weniger starken Schmerz in
der Brust verursack,te und eine drll
ckende Ängstlichkeit hervorrufe. Dar
auf erkläne mir der Haupt - Arzt, er
sei mir dankbar für dieses offene Ge
ständiiiß, da es ihm ein gefährliches
Experiment erspare. Er habe nämlich
die Absicht gehabt, eine Dame zu mir
zu führen, für die ich große 2hm
nähme empfände.
Ich dachte soaleich an Sie und ver
mutbete. Sie seien im Nebenzimmer.
Zugleich aber verfärbte ich mich und
griff mit einem leisen Schrei nach mei
nem Herzen.
Berubiaen Sie sich! agie varaus
der Arzt, der sogleich zu mir trat. Die
Comtesse Lucie ist nicht in der Nahe.
Ich wollte nur den Eindruck beobach
ten, den diese Mittheilung auf Sie
machen würde. Sie dürfen nach dem,
was ich jetzt bemerke. Niemand wieder
sehen, dessen Anblick Ihnen Aufregung
verursachen würde. Es handelt sich
um Tod und Leben. Sie müssen rei
sen, ganz langsam, ganz nach Ihrem
freien Willen, und zwar ,n einem
milden Klima. Weder körperlich
noch oeistiqe Aufregung darf Ihnen
nahen. Bedenken i-ie das,, yerr
Vicomie! Ihr Leben und das Glück
derer, die Ihnen zugethan sind, hängt
von ?iwr Vorsicht ab. Wollen Sie
meinen Rath befolgen?
Ich seufzte, und da ich mir nicht
verhehlen konnte, daß er die Wahrheit
sage und meinen Zustand ganz richtig
beurtheile, so antwortete ich bejayeno.
Eine Menge Vorsichtsmaßregeln wur
den nun aufgeschrieben, eine strenge
Diät festgesetzt genug, man verfügte
über mich, wie über ein Püppchen von
vier Jahren. Ach. es war ein trüber
Tag, meine theure Freundin, und ich
wagte nicht, unter dem Eindruck jener
düstern Stimmung an Sie zu schrei
ben. Heut bin ich gefaßter, ruhiger.
Ich soll sobald als möglich reisen.
zuerst nach Paris, um meine finanzielle
Angelegenheiten zu ordnen, obgleich
der Graf Hasselstein in dieser Hinsicht
durch einen Agenten bereits alles
Nöthige gethan hat. Dann soll ich
mich auf einige Monate in die Pyre
näenbäder begeben, und später durch
Südfrankreich nach Italien gehen. Ich
kenne alle diese Gegenden und freue
mich nicht darauf, sie wiederzusehen.
Denn ich bin dann fern von Ihnen, ich
erhalte Ihre Arie e erst spater ge
nug. wenn es sein könnte, 'bliebe ich am
liebsten iVnttn. wo ein Brief vo
Ihnen mich in wenigen Stunden errel
chen kann.
Aber es muß fein und so hilft kein
Sträuben. Tausend Mal Ad,eu!
Berlin. 1. Mai 185?.
Alsred d'Argenteuil.
Joitsctzung fvlgt '"-x
Cinaüd Tribune. SamStag, Itn 3.
Ckjrintot.
Ton 51. Mirö!Iauber.
Ich lag auf dem Bette, starr und
kalt. Man hielt mich für ,ol. viver
ick lebte: e war ein fürchterliches
Leben! Mein Geist erwaazi? unv
raste und alle meine Sinne waren
geschärst, wie noch nie. Doch ich war
nicht in der Lage, so sehr ich mich
rtrf, kmit abmükte. Ein schwerer
Krampf hielt mich gelaymk. 'ceiii
Körper fühlte keinerlei Schmerz, aber
der Seelenschmerz war unsäglich.
Immfr wieder durchzuckte mich der
aiiälende Gedanke, daß man mich
lebendig begraben werde, daß kein
rnM, nbn'r dak ich noch am Leben
u und rtin Leben erhalten werde.-,
könnte.
AN, ins um mich vorging, hör
te ich aam genau, und die feinste
5ed,inkcnarbkit rmarterte unaus
Kürlick mein Gebirn. Ich erinner'e
mich plötzlich an Vorgänge und Per
sonen. die im even wen. mn w
itx mir lagen und mich nie sonder
lich interessiert hatten. Und. dab,
löschte ick ängstlich auf jede G:
rnnsrfi tws sich bemerkbar machte
Ich hoffte, daß man mich rechtzeitig
erwecken werde. Noch war es s:,
fnH tirnfi ein sl i-tunden vor
mir. und die Untersuchung ' meines
Arzte stand noch bevor. Der wur.
de ganz gewiß meinen Zustand er
kennen und mich retten!
Mein lieber, aller Freund, wenn
er doch nur endlich käme! Ich hörte
jetzt Tritte auf der Treppe, schwere
plumpe Schritte. Der Medizinalrat
hatte den leichten Gang deS Welt'
mannes. Es war ein Beamter der
Leichenbestattungsanstalt. d;r geru
fen ivorden war, um mir das Msß
zum Sarge zu nehmen.
Wenn es mir doch nur jetzt gk'
lingen würde, ein Lebenszeichen, zu
geben! Ich sammelte meine ganze
Kraft, um die Hand, um nur einen
inoer u rühren, allein es war ol'
lcs umsonst, ich konnte mich nicht
gen!
Der Mann entfernte sich langsam
und schwerfällig, wie er gekommen
war; ich erkannte seinen Schritt noch,
als er in die Nebengasse einvog
Das Fenster des Salons, in wel
chem ich aufbewahrt lag. war geöff
net. Ich fühlte, wie mir die Kälte
immer tiefer ins Mark drang. Bald,
bald würde alles vorbei sein! Im
Grabe würde der Wahnsinn bei mir
ausbrechen, der- grause Wahnsinn,
der alle Menschen in der Stunde der
Künsten Todesaeiabr befällt, und
dann würde ich sterben, befreit von
der Last des marternden Denkens
Mein aanzes Leben zog an meinem
geistigen Auge vorüber, das nutzlose
Leben eines verwöhn'en. reichen
Junggesellen.
Meine nächsten Anverwandten wa
ren mein Neffe Max und seine schö-
ne junge Frau, die mich stets mit de:
zärtlichsten Fürsorge umgeden yar
ten. Sie waren häufig bei mir, und
jeden Sonntag muhte ich ihr Gast
sein. Und auch gestern abend wur
ich zum Souper dort gewesen: wl
feierten Hildas Geburtstag. Da wur
de viel Wem getrunken, und ich
mußte immer wieder Bescheid tun
obwobl mir der Wein schadete. Und
diesmal schien mir der Wein einen
eigentümlichen, anwidernden Nach
geschmack zu haben. Nach Mitter-
nacht kam ich heim. Ich kam schwer.
fällig ins Schlafzimmer und sank
angekleidet aufs Bett. Eine tiefe
Ohnmacht umfing mich, die nicht
mehr weichen wollte. Ich horte aber!
Ich horte das Geräusch der von ch
ren Standplätzen heimkehrenden Wa
gen und nahm an. es müsse schon
Heller Tag fein. Um 8 Uhr mußte
mein Diener das Zimmer betreten
Jetzt wurde die Türe geöffnet, Jo-
bann kam herein. Er trat an mein
Vett. um meine Befehle entgegenzu
nehmen, prallte ober sofort mit ei
nem leisen Aufschrei zurück. Dann
näherte er sich mir wieder und beta
stete mich von allen Seiten. Nun
stand er einige Minuten regungslos
hierauf zog er mir sachte die Brief
tasche aus der Rocktasche, entnahm
ihr einige Scheine und schob sie wie
der an ihren Platz, mit zitternden
Händen. Tann verließ er eiligst das
Zimmer und schlug Lärm. Die Woh
nunq füllte sich bald mit Leuten
denn im Nu war die ganze Nachbar
dran alarmiert worden. Auch ein
Schutzmann war erschienen. Dies
er
ordnete an. daß man einen Arz
rufe und daß man mich angekleide
aus dem Bette belasse. Dieses wur
de in den anstoßenden Salon g:
schoben. Hernach ictzt wurde das
Schlafzimmer verschlossen und der
Schlüssel abgezogen. Seitdem wa
ren ungefähr vier Stunden bergan
gen. Ich hörte trippelnde Füße am
Fenster vorbeikommen und fröhliches
Kmdergefchwatz: die Schule mußt
letzt aus sein. Das Zimmer war
menschenleer. Da hörte ich wieder
Schritte auf der Treppe: leichte, zu
gendliche Frauenschriite und schwere
re, schleichende Männerschritte. Das
waren mein Neffe und seine Frau
Diloe. Der Diener hatte ihnen re
spekisvoll die Türe geöffnet und sich
dann diskret zurückgezogen. Die
leiden traten an mein Lager und
blickten mich bedächtig an. Ihre Na
senflllqel sogen prüfend die Luft ein
als ob sie gierig den Verwe
hauch suchten. Ich hörte und fühlt
Eiioöfr lau.
ihr Schnauben. Jetzt, mußte ich thu
Bewegung machen, um ihre Aus
Wirksamkeit zu erregen, um mich zu
retten. Ich strengte mich Übermensch
lich an. und ich sühltk. ich konnte
endlich ein Lebenszeichen geben. Den
Mittelfinger der linken Hand hatte
ich ein wenig lewegt. Aber ach. sie
sahen e nicht mehr! Sie waren
an Fenster getreten, und ich hörte
sie kichern, lachende Erben!
.Gottlob, daß er tot ist." sagte
Max, gedämpft, .da Messer saß
un schon an der Kehle.
.Ach ja. wir sind nun feine Un!
dersalerben. WaS mögen wohl die
Bilder hier im Salon wert sein?"
.Sie sind jedenfalls sehr wertvoll
Welch ein Glück, daß er nicht geh,,
ratet hat.'
Da saubere Paar wurde unter
Krochen: der Medizinalrat war ein
getreten. Nun würde mir die Ne
tunc, kommen! Sein erster Blick
galt meinen Erben, denen er in ge
wählten Worten sein Beileid au
drückte, wobei er Hilde galant die
Hand küßte; er war ein großer Da
kreund.
Dann trat er c.n mein Lager und
betrachtet: mich fluchtig mit sein
kurzsichtigen Augen, denen auch die
Brillen nicht viel halfen. Auch die?
mal konnte ich wieder mit großer
Mühe einen Finger bewegen, aber
ch. auch er bemerkte es nicht! Jetz
verlangte er Schreibzeug, um den
Totenschein, mein Todesurteil, zu un
schreiben, ohne nähere Untersu
chung! Hierauf verließen alle drei
den Salon. Hilda markierte etn
Schluchzen! Ein Viertelstündchen
mochte verstrichen sein, als der Die
ner abermals die Türe öffnete. Ich
hatte wieder huschende Frauentritt,
auf der Treppe gehört. Die Dame
die jetzt hereintrat. kannte ich gut
Sie war meinem Herzen einst sehr
nahe gestanden, als ich noch ein flot
er Student war und bei ihrer Mut
er. einer c?rmen Witwe, wohnte.
Das Mädel hatte mich rechtschas
en lieb gehabt und hatte sich sehr ge
härmt, als ich sie nach einem Jahre
verließ. Sie ist ein ältliches Mad
chen geworden, mit dem vergrämten,
fahlen Gesichte aller ältlichen Mad
chen, die an der großen Liebessehn
sucht kranken.
Ich habe sie ab und zu wiederge
theil, wenn uns der Zufall zusam
menfllhrie, aber ein Gefühl der Ve
schämung zwang mich stets, vor ihr
scheu den Blick zu senken. Jetzt
wohnte sie in meiner Gasse, wo sie
in einer Buchhandlung als Kassiere
rin angestellt war. Die Mittags-
pause benützend. war sie in mein
Sterbebaus gekommen, um von ihre:
toten Liebe zum letzten Male Ab
schied zu nehmen. ,
Jetzt stand sie vor meinem Bette,
viel, viel länger als die andern. Sie
sah mich stumm und prüfend an,
ernst und innig. Jetzt mußte ich
meine ganze Kraft zusammenneh
men, um ihr ein Lebenszeichen zu
geben. Ich wollte versuchen, mit
der Wimper zu zucken; es mußte
gelingen, sie würde es gewiß bemer
ken! Und gerade, als ,ch krampf
hafte Anstrengungen machte, die
Wimper zu bewegen, fühlte ich ein
süßes, heißes Lippenpaar aus mei
nen Lippen. Es war mir, als wür
de ich neues Leben in mich einsau
gen. und als ihre heißen Tränen
tropfen meine Augenlider benetzten,
da konnte ich mit der Wimper
zucken! Sie stieß einen gellenden
chrei aus und sank an meinem
Bette nieder; eine Ohnmacht hatte sie
befallen.
Sie erholte sich' aber rasch und
veranlaßte, daß man mich ins Leben
zurückrief. Diese Bemühungen ba!
ten unter ihrer Anleitung auch bald
Erfolg, und ich konnte endlich wie
der die Augen aufschlagen zu neu
em, seligen Leben!
Mein altes Unrecht habe ich bald
darauf gut gemacht und meine ver
lassen? J'Ugendaellebte als meine
Gattin heimgeführt. Meinem Nef
fen schickte ich eine Geldsumme, mit
welcher er in Begleitung seiner Gat
tin auswanderte, um für immer auS
meinem Gesichtskreise zu entschwin
den.
Zur Rettung von San
Bigilio am Gardasee, eines Punktes
am Südende des Sees, der 'wegen
seiner künstlerischen und lanoschastli
chen Schönheit in den Dichtungen aller
Zeiten eine Rolle gespielt hat, haben
sich österreichische Künstler, Kunst
freunde und Gelehrte zusammenge
tan. Sie wollen durch Corrado Ric
ci, den Direktor der Akademie der
Schönen Künste in Rom, die zustän
digen italienischen Stellen veranlas
sen, zu verhindern, tafe die Feijen
klippe von San Bigilio durch den
Neubau eines großen Hotels zerstört
werde.
Hyperbel. Ist das Ge
schüft Ihres Freundes bedeutend?'
. .Bewahre: die linke Manschette ist
sein Hauptbuch, die recht sein Jour
nal, und die Weste sein Kassen
schrank!"
Im Eifer. Der Chef ge
riet mit dem Buchhalter in einen hef
tigen Disput. Schließlich fragte er:
.Sind Sie etwa der, Chef?"
Nein", sagte der Buchhalter. .Na
also, warum reden Sie denn solchen
Unsinn??" S
Asm Mi
11 V 11
!
!i:io4.
Tamenblusk
reff
il'iuitcr iil in (rohen geschnitten: 2.
veiwiiat
1 fN ?wrds 27zoU. tos
für
bet ASzölligen Größe
.lMllltViU. iil
Mcsiickter Batist mit Net für Zvch und
in cianc sich für alle ifinarric Stoffe
Preis des Musters 10 Cents.
B e st el l u n g s
Diese Muster werden an irgend
Preise? geschickt. Man gebe Nummer
lich ai und schicke den Coupon nebst
Pattern Department, Omaha Tribüne, ,
1311 fatoarb Lt.
Der ,,Hma?a HriöünL" Gattern ßoupoiz.
Ich wünsch Muster Äo. .......
.... Zoll, Bruft oder TMenroerte U
(Iahn .... bei Kindersachen.)
Name.
3lx
ettafa
... ?
Am Sauerkraut Tag.
Eigenartige Fest i einem Städtchen
in Iowa.
Feste, welche bestimmte örtliche In
dustrien verherrlichen oder Reklame
für sie machen sollen, kommen in un
serem Lande immer mehr auf, teils
für sich allein, teils als besondere
Tage allgemeiner Festlichkeiten der
Ausstellungen; und es ist nichts dage
gen zu sagen.
So haben wir in Kalifornien einen
Rostnen Tag" unter erwarteter
Beteiligung der ganzen amerikanischen
Bevölkerung wenigstens m Gestalt
des Berzehrens von je einem Pfund
Rostnen in Colorado haben wir
.Melonen und .Kartoffel , Tage,"
usw. Und in neuerer Zeit ist auch
ein flotter .Sauerkraut Tag" er
standen, welcher zu Ackley. Iowa.
Heuer besonders enthusiastisch gefeiert
wurde. ' .
Wie ein Teilneymer berichtet,
strömten zu diesem Feste mehr als
10,000 Besucher zusammen, wenig
siens von Harbin County, und jeder
Mann, jedes Weib, jedes Kind konn
te . sich an freiem Sauerkraut und
freien Wiener Würsten laben. Bei
dem Frei -Mittagsmahl wurde al
lein ein Dutzend Faß Kraut und
1000 Pfund Wiener Wurste verzehrt.
Den ganzen Tag wurden freie Unter
Haltungen jeder Art geboten ; auch
athletische Wettspiele und viele an
dere Attraktionen gehörten zu dem
Programm.
Alle diese Festichkeiten sollten die
Tatfache hervorheben, daß die heurige
Kraut - Ernte in dieser Gegend an
Menge und Güte absolut nichts zu
wünschen übrig ließ, und dieses im
ollgememuen, aumen- uno cagen
Interesse des Publikums ohne Unter
schied der Rasse oder Hautfarbe liegt,
vor dem Sauerkraut Segen gehörig
Gebrauch zu machen. Ackley erwartet,
sur den kommenden Winter einen
großen Teil des Landes mit diesem
herrlichen Produkt zu versorgen. Hat
nicht einmal vor Jahren eine Bewe
gung gespukt, welche eine Sauerkraut-
Prohibition' anstrebte? &t war
freilich wohl nur satirisch gemeint.
- Es gibt noch andere wichtige Sau
erkraut Reiche in den Ver. Staaten,
namentlich in Ohio das in man
chen Jahren an der Spitze dieser
landwirtschaftlichen Industrien steht
in Wisconsin. Missouri und an
derwärtö im mittleren Westen, sowie
auch in Pennsylvanien. Und der
Sauerkraut " Tag mag eine noch viel
allgemeinere Bedeutung erlangen
und vielleicht sogar seinen Dichter
finden und Gouverneure, Präsident
fchaftskandidaten usw. als Festredner
llmskr Um. b
Yy jfw ' ; i
"Zmlwä "'
WMM ,
'K? U -i4f
, r
f Ml i I , ' V
mit Tucker. '
Ilinerarnicl sind hier darar,tcllt. ifl
und aurfi ebenso ant für skioe 03
34, :w, 3W. 4' unö n Mi Bru,iweiit..
den Tucker und 2'Aards für die Bluse
Anweisungen
fi:ie Adresse gegen Einsendung ' de
und Errße und die volle Adresie deut
dem oben erwähnten PreiS an daS ;
zfj.J
Stadt
i . . -
I
herbeilocken. Es ist bezeichnend, daß
auch manche anglo amerikanische
Blätter diese neue .amerikanische
Institution" mit Freuden begrüßen.
Eine naheliegende, wenn auch nicht
gerade notwendiqe Ideen Association
bildet der edle Gerstensaft. i
" mm
T5 Benu'Lchpftuch. ,
Daß ein so unentbehrliches Wasche
stück wie das Schnupftuch jemals eine
Seltenheit gewesen, möchte man be
zweifeln, aber wenn wir z. B. die
Besitzlisten -des 15. Jahrhunderts
durchgehen, finden wir wohl Kopf
tücher, Bettücher, Handtücher , und
sonstige Tücher, aber nach Schnupf-
t."r.. r,.x. :. ..r-si r,i :
luucin uiycu iuu uiuujii. wenn un
folgenden Jahrhundert solche Tücher
endlich häufiger wurden, so waren es
UUU; UKUUL)3 111(11 ,lljUS U19 wc
brauchstllcher. In Frankfurier Pa
a n h P U 0....i9 U . ,
trizierfamilien schenkte die Braut dem
Bräutigam ein reich gesticktes Taschen
tuch; das fand man damals genug.
Ob sich die Leute damals weniger er
kältet haben und wie sie mit einem
kräftigen Schnupfen fertig geworden
sind, das entzieht sich unserer Kennt
nis. Tatsache ist nur, daß die
Schnupftücher nicht gern u. oft gewa
fchen wurden, vielleicht auch nicht wer
den konnten wegen ihrer prächtigen
Stickerei, so daß ein findiger Kops
mit einem Reievt zur .fierliellnn
nes Taschentuches hervortreten konn
tc, das .fast niemals unsauber
wird" und das er das .VenuS .
r- v r i u i- r
aznupsiucy nannie. oer lvad
zu Hamburg erschienenen Schatzkam
mr.r iis iß. fö..tnru:u...
Milfc ClU.ki UUV !VUlllllUltJl
ist dies Rezept aus uns gekommen: . -Nehmet
Kreiden von Frianzon
oder Spanische Kreide ein halb vier )
tel, lasset dieselbe in einem Glaßof.
oder sonsten Kalcinieren, hernach ver
mischet sie mit guten Brandtewcin
oder Spiritu Vini. und lasset es sich '
vierundzwanzig Stunden lang wol
mit ein ander vereinigen, hernach
fou&ltl turt liirtifr hnmH nn imV
s lasset sie im Schatten trocknen, ohne
Staub, Sonnen oder Feuer; es ist
gut, daß man sie mit dieser Materie '
zu dreyen mahlen befeuchte, hernach
behaltet sie trocken; diese Art ist die
allerfürtrefflichste unter allen so ich
4 -L2' ' ..'
gcjcijrii, unv im innup aucd iviro
fast niemals unsauber." '
Ob das derart präparierte Tuch
auch einem Dauerschnupsen gegenüber
seine Sauberkeit bewahrt hat, vergaß -der
Berichterstatter leider mitzutei l
Un. ' ' ',
. Ein kleiner Stadtteil in fiil. ?
desheim hatte bis 1900 sein eigene i
,iiö5Cfii vas HYMij,
S
J.
r
J
"
i
i
,
0
fV