Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, June 27, 1918, Sonntagsblatt, Image 9

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    Sonntag-Hatt des
staats anetger und Herold
Grau RVM
An der
Yelgisthkn Håflr.
Cassrtige Pläne, die sehr wohl
ais-r siehe aus-einer werden«
Sechzig Kilometer von der Mün
dung ver Schelde bis zur fran
zösischen Grenze dehnt sieh Belgiens
Miste, und wer sie vor dem Kriege
besuchte dachte wohl kaum, daß al
les, was«hier an mächtigen Bauten,
an Strand- nnd Dünenanlagen ge
schaffen, daß dieses ganze vielbewegte
bunte Leben das Werk weniger
Jahrzehnte, eines halben bis drei
viertel Jahrhunderts war. Vor acht
zig Jahren war dieier Küstenftrich
noch ziemlich öde. Die Wellen des
Meeres hatten den feinen Sand zu
Dünen angehäuft, die in der Breite
zwischen dreihundert Metern und
drei Kilometer-n Ichwankten, sich an
manchen Stellen bis- zn dreißig Me
tern erhoben und ein Schutz für
Flanderns grüne Wiesen und Dörser
waren. Eine arme, wenig zahlreiche
Fischereibevölkernng, deren einfache
Hütten zerstreut zwischen den Dirnen
etngebettet lagen, erwarb sich auf
einfachfte Art dnrch Fischfang ihren
Lebensunterhalt Ostende, die spä
ter weltberühmte, oergniigungsjiichi
tige, loomopolitifche Stadt, war da
mals eine wertlofe Festung mit
halb verfallenen Mauern und Boll
werten und der einzig bedeutendere
Flecken dieser Miste, der von wenigen
Fifchern und Kaufleuten bewohnt
war. Spas Stern war itn Steigen,
von Ostende sprach noch niemand.
Sieben Jahre später und der
Glanz Spas war verblaßt, aber la
Reine des Planes fatnntelte in jedem
Jahr Tausende nnd aber Taufende
von Fremden an ihrem gastfreund
lichen Strand, und kleinere Seebö
der zogen einen weiteren ansehnli
chen Fremdenstrotn an die belgifche
Miste: Marialerte, Naverfyde, Mid·
delterte, Westende, Loinbartydez
Wimpern Cornde, Ooft Dunkerte,
La Banne-, Le Coq ,Weiiduyne, Blan
Wnbc- Beet-Umge- Hchit- Duja
bergen und Knocke Eine stattliche
Unzahl von Bädern fiir einen nur
sieben deutsche Meilen langen
Strand.
Jeder von Dover herüberlomtneni
de Danipiec brachte im Sommer
Hunderte von Eiihnien der Riefeni
ftadt Londin Bantbuchhalter nnd
Kontoristen keiften in Begleitung ih
rer Familien und opferte-i gern ihre
sauer gefparten Gnineen fiir einen
«week end trip« von Sonnabend bis
Montag. Aller Augen leuchteien iui
Vorgefiihl eines frohen Tages-, und
wenn dann der Dacnpier dem Kai
von Oftende zusteuerte, fchieu die
Wirklichkeit die Erwartungen derje
nigen, die die Reife zum ersten
Male machten, noch zu iibertreffen
Oftende lag vor ihren entzückten
Blicken; eine Stadt des Lichtes fchien
es zu fein. Die einige tiilorneter
lange Strandpronienade folgte mit
ihren ftattlichen, fecho bis acht Stock
hohen Hotelo dein gewundenen Lauf
der Miste, fcherzeud und lachend,
ilirtend und fpielend tunnnelten iich
hier zwanzig- bis dreißigtaufend
frdhliche Menfchen ,und zwischen den
hell geilrichenen Bade-hinten rollten
branfend die Wogen iiber den im
Sonne-lichem glänzend gelben Sand
Jn den zahlreichen Hotels an der
Mitte waren in den Speifefalen alle
Tifche beientz die Damen srugen
helle Teilener die Herren Geer
is,ait:saiiziig. Hier wohnte die vor
nehme Welt, während die vornher
gehenden anhrnclizsloien Beincheriich
mit einein Zinnner in einein Hotel
der Stadt beginniteir Auf den Mo
lcn, die ihre :«lrine einen halben bli
loineter weit in die See hinan-Intel
sen, und auf deren tiopi tniviche
kleine Neftanrantis errichtet worein
wimnielte es von Mensch-en Die
Düne ioar von einer elegantein Iro
hem flirtenden Menge itderichiveinnit,
und im Sande spielten die Scharen
Götter Kinder in meinen Strand
kleidbrm überall herrschte ein vabys
lottiiches Sprachengeivikr.
Der Charatter Onendeö zeigte sich
besonders in seinen architektonischen
Ochs-pfanqu Kirchen und diients
licht Gebäude, die ein höheres Alter
beiin nnd ein größeres Interesse
erwecken konnten, fehlen gänzlich,
und alles übrige war nen nnd von
midringlicher Pracht Das groß
artige, verichwendekiich ausgestattete
Kur-hatte beherrfchte den Strand und
W zusammen mit dem Kaiino
M« dem Leopold- und Mariestdens
etwa-Pakt den Mittelpunkt des
do en Verwüstung-Ziehens das
Wd durch dac- vor etwas über»
nt erlassene Verbot
Mit-let einigen Ab
M erlitten hatt-s Doch dank iet
WH Lustige-i Sage
behauptete Ostende feine Stellung
als Europas vornehmstes und größ
tez Seel-ad cis war der Endpuntt
des Orienterprefzzuges über Wien
nach Konstantinopeh des Not-der
preß über Berlin nach Peteerurg
und des sMerischiimlienischen
Exprefzzuges über Straßburg, Bafel
nnd Mailand nach Brindisi. Jn fünf
Stunden war es von Paris, wie
auch von London zu erreichen, und
die von Dover kommenden delgifcheu
Postdampfer tandeten jährlich über
125 Taufe-nd Reisende in der Stadt.
Die meisten Besucher Ostendes hat
ten nur ein Auge für das frohe
Treiben, in das sie sich hier gierig
stürzten ,und ahnteu gar nicht,«was
siir Riefeuarbeit und großziigige Plö
ne diese glänzende Oberfläche barg.
Es war ihnen unbekannt, daß die
Staatsmänuer des übervölterten
Belgiens danach strebten, le littoral
Belge zu einer der besten Einnahme
quellen des Landes zu machen, und
die sieben Meilen lange Miste in ein
einziges Riesenseebad mit einheitlis
cher Verwaltung unuvandeln woll
ten. Belgiens tiiiste sollte der vor
nehmste Badeort der Welt werden,
das war der große Traum König
Leopolds, einer der vielen Pläne,
die er zu verwirklichen gesucht hat,
um das kleine Belgien zu einer wirt
schaftlichen Großniacht zu erheben,
und die sein Tod durchkreuzt hat
Ostendes Glanz war hauptsächlich
ein Wert dieses Fürsten, der hier
auch meist die Hochsaison in seiner
am Strand gelegenen Villa, einem
weitläufigen Holzgebiiude, das seine
stattlichen, im Schweizer Stil gehal
tenen gesälligeu Fassaden aus einem
gewaltigen Zetnentuuterbau erhob,
verbrachte
Dieses große Paradies der Frem
den, dass König Leopold mit Hilfe
des Unternehmung-geistes seiner
Landsleute aussen öden Dünen her
sbrgezaubert hatte, tostete der bel
gischen Staatskasse-, der Besitzerin
der tleineren Bade-arte, und den
Korn-rinnen der Kiistensiiidte jährlich
Millionen; denn die Arbeit wurde
eigentlich nie beendet. Von Ostende
beiderseits bis nach Middelkerke und
Viankenberghe sollte ein National
part angelegt und hierdurch eine Ge
währ geschaffen werden, daß der
Landschast ihr eigentümlicher Cha
rakter erhalten bbiebe, der sonst Ge
fahr lies, der ständig im Wachse-u
begrifseuen «Pensiouopolis« der
Vadeorte zum ster zu sollen
Der Plan rechiiete»iiidbesoiidere
mit der Tatsache, daß heutzutage
dort, wo ein gewisser Wohlstand auch
in den breiten Schichten der Bevöl
kerung herrscht, sich selbst in den Ar
beitertreisen das Verlangen nach ei
neni Laudausenthalte bou Jahr zu
Jahr immer mehr geltend macht,
und daß dank den verbesserten Ber
tehrsverhiiltnissen diejenigen Fami
lienviiter, die der Beruf in der Groß
siadt sesthiilt, ihre in der Sommer
srische weileudeu Angehörigen an
den Sonntage-i besuchen könne-u.
Dementsprechend hatte sich in Ost
ende die Saisou, die ursprünglich
nur iu den August fiel, bedeutend
erweitert. Zahlreirhe Bodegäste ta
inen bereite un Juli oder erst im
September. Auch schon zu Ostern
nnd zu Psiugsieu wurde Ostende von
bseleu besucht, usk selbst zur Weih
uachtrgeit machten manche einen klei
nen Abstecher aus Meer.
Solche treuen Badegiiste verlang
teu natürlich mehr Bequeuilichteiten
als die vorübergehenden Besuchen
und ioiinsctnen außerdem eine weni-f
ger stadtiihiiiictie Umgebung. Die
ininder Beninielten ,die die Miste
aiiisiichteii, iiin sich non den Anstren
giiiigen deg- tiigtichen Lebens zu er
tielen, giiineipineist in ein kleineres
Bad, in ein Zischeks oder Bauern
ddrs; aber ana) sie wollten wenig
stens als Zuschauer das Vergnü
gnngszteben kenne-. lernen. Und das
internationiile Piibtiinin, das nack,
Ostende tain nnd tnee viel Geld
ließ, liebte esJ inanaiiiiiil in der Na
tnr zu schiuiiinieii.
Das Pmbleni »in a niiishell«' war
also, lang-:- der ganzen dinste Bade
orte von verschiedener Größe-, von
verschiedenes-i Charakter nnd mit
verschiedenen Preisen zii schauen die,
nait einander dnrai eine ichnelle iind
beqiienie elektrische Bahn verbunden,
le tittoral Beine zu einer einzigen
entzintenden Gartenstadt mit ab
wechstniniisreichen Bildern machten.
Jni ;ziisiiiiiiiieiil)aiig mit dieser
Haiiptsirnsze sollte ein Schuhu-all
gegen die Brandnng des Meeres ge
baut werden, da bei westlichen Stür
men das Land schaiiingslos den Flu
ten preisgegeben war, die fürchter
liche Verbeerung anrichteten nnd
schon einmal Middelterte beinahe
gänzlich zerstört hätten- Ostendes
stolzer Strandwall, aus dem die hun
dert Meter breite Strandpromenade
entlang läuft, reichte bereits bis
"!8esteride. Jm Nordosten wurdedie
Düne Zeebrugges mit der von
vereinigt und bis Duinbergen
länger-t. Zahlreiche Wellenbrecher
ichwächten die Macht der Brandung
und gaben so dein Wall Schus.
Die alte Strandstraße, der Dü
nenweg, der die verschiedenen Mi
stenplätze vierhundert Jahre lang
mit einander verbunden hatte, und
sich drei bis vier Meter breit im
Flugsand entlang schlängelte, mußte
der großen Straße, der Ronte
Royale, einem vierzig Meter breit
angelegten Boulevard, weichen. Die
große «Nationale Gesellschaft zum
Bau von Landstraßenbahnen«, deren
Oauptteilhaber die Stadtverwaltuns
gen waren, hatte die privaten Stra
ßenbahnlinien angetaust, und in
Ostende wurde eine große elektrische
Krastsiation errichtet, die die Stra
ßenbahnen und sämtliche Badeorte
an der Route Novale mit Kraft und
Licht versah. Da sich auch das
stanzösische Landstraßennetz zwischen
Paris und Diinkirchen in ausgezeich-I
i«ete1n Zustande befand, so wurde die
Noute Royale ein Paradies sür den
Antotnobilsport.
Auch gemeinsame bygienische Ein
richtungen wurden fiir die Badeorte
der französischen Küste geplant, und
vom Jnnern des Landes nach Ost
ende eine Wasserleitung gelegt, die
sich hier nach den übrigen Küsten
orten weiter verzweigte.
Es war sogar geplant, sämtliche
Verwaltungen des ganzen Küstengei
biets mit einander zu vereinigen;
denn die bestehende tomniunale Ein
teilung, die den Verhältnissen ver
nangener Zeiten angepaßt war, ent
sprach keineswegs der durch die mos!
dernen Vertehrsmittel gänzlich um«
gestalteten Lebensweise Heutzutage
ermöglichen beispielsweise die Bah
nen, daß ein grosser Teil der ind -
striellen Bevölkerung in dein einen
Orte wohnt und in dem anderen
Orte beschäftigt ist. Die Notwendig
keit, große administratioe Einheiten
zu schaffen, drängt sich immer mehr
auf, nnd die Vorteile, die dadurch
entstehen würden, werden immer
mehr anerkannt. Es war daher ernst
haft in Frage gestellt worden, die
Ortschaften der belgischen Küste zu
einem arrondisse:nent tnaritinie zu
vereinigen, dessen weitgehende
Selbstverwaltung alle Mittel auszu
bieten hätte, sämtliche Hilssquellen
usizuniitzein Die Hauptstadt dieses
großen Verbandes sollte natürlich
Ostende werden, dessen Verwaltung
die Ausgabe hätte, luxnriöse Feste zu
veranstalten, tun den Ruf des Rie
senbades über die ganze Erde zu tra
gen und aus aller Herren Ländern
ceiches Publikum auzuziehen. An
fprnchslosere Gäste würden ihr Ver-»
gniigen in den kleineren Orten
längs der Küste finden. Weitende
strebte danach, alsllinderbad zu glänss
zen Decken legte prächtige Golfplähe
an, und ähnlich hatte jedes übrige
Bad den Ehrgeiz, einen besonderen
Anziehungspunlt siir die Fremden
zn schaffen.
Aber nicht nur wegen des Frem
denberkehrs find diese teuren öffent
lxchen Arbeiten an der Kiifte ausge
iiihrt worden, Arbeiten, die weit
iiber 100 Millionen Franken ver
schlungen haben. Man hoffte auch,
daß fie dazu beitragen würden, eine
neue Blüte-seit der belgischen Fische
rei herbeizuführen, die im Mittel
alter fo ertragreich gewesen ist, daß
vieleOfchiine Kirchen der Fischer-dür
fer mit den Zehnten vom Herings
fang erbaut werden konnten. Durch
den großen Fremdenftrom und die
fchnelleren Verkehrs-nittel hatten sich
fiir den Fischfang die Absatzmtig
lichkeiten in den letzten Jahren unge
wöhnlich verbessert, und die Anlage
von verschiedenen neuen Häer hatte
die Bemühungen der Fischereibevölkes
rung« der vermehrten Nachfrage zu
genügen, bedeutend erleichtert. Ueber
Völf Millionen Kilogranun Fische
. irden jährlich mit der Eisenbahn
nach dem Jn- und Auslande beför
dert, und die Einnahmen aus dem
Fischfang wurden allein für Oftende
auf nahe an fiinf Millionen Franken
geschäst Man fing Lachse, Sardi
nen, Seezungen, Schellfifche, Stein«
butten und namentlich auch Krabben,
von denen allein das kleine Fischer
dorf Panne jährlich für 200,000
Franken- nach Paris schickte. Der
Fischfang wurde meist mit dem
Schleppneh betrieben; im Küftendorf
Eoryde konnte man auch den Fang
zu Pferde beobachten. Die Fischer
ritten der Brandung entgegen, bis
das Wasser den Pferden bis an den
Widerrift reichte; dann sogen-sie ihr
Schleppnetz ein, in dessen feinen Ma
Ichen sich die Krabe ver-fangen hat
en.
Diese Fischetbevölkerung lebte von
der Nußenwelt abgeschlossen für fich,
und kam wenig in Berührung mit
Heiterk- nun
der Genehirhtr.
Von Dr. Adolf Lohn-.
Nicht nur die große und ge
waltige Geschichte mit ihren
haupt- und Staatsaktionem ihren
mehr »der weniger erschütternden,
tief einschneidenden oder gar bahn
brechenden Ereignissen, ist fiir die
Bölkiy wie für die einzelnen zuwei
len von hoher Wichtigkeit und Be
deutung, sondern auch der sogenannte
Treppenwin der Weltgeschichte hat
seinen Reiz. Aus der Fülle kleiner
Geschehnisse, in deren Mittelpuntt
bekannte Persiinlichkeiten stehen« wol
len wir einige heitere Momente her
aus-greifen, die an und für sich von
Jnterefse sein dürften.
Ein stänkischer Herr hatte eine
Sendung an den griechischen Kaiser
Nicephoruz l. seitens Karls des Gro
ßen· flach seiner Rückkehr erzählte er
seinem Monatchen, daß sich der grie
chische Kaiser über den langwierigcn
Krieg, den Karl mit den Sachsen ge
siihtt (der Krieg dauerte bekanntlich
you 771—804, also 88 Jahre) sehr
gewundert und zu ihm gesagt habe:
»Warum bemüht sich denn start eine
so lange Zeit gegen ein so kleines und
liederliches Lands Ich, der ich doch
der Herr der Welt bin, und jeden, den
ich will, groß machen kann, schenke
Euch hiermit ein solches ganzes Her
zogium.«
Karl der Große lächelte und erwi
derte dem Gesandten: »Es wäre schon
tliiger gewesen, wenn er Euch ein
Paar Hosen geschenkt hätte.
Karl I» König von England, den,
tvie man weiß, Cronnvell aus Tod
und Leben befehdete, gab anläßlich
seines Ausenthaltes in Schottland im
Jahre 1633 bei einer Substription
zur Errichtung eines Bibliothetge
bäudes in Glasng 200 Psd. Ster
ling, d. h. er unterzeichnete diese
Summe. Doch waren feine Taschen
fo leer, daß er sie nicht bezahlen
konnte, ja er mußte sich sogar aus
seiner Reise Geld putnpen.
Nachdem Crotnwell als Sieger
nach Glasgow gekommen war, schickte«
er die erwähnten 200 Pfund an die
Universität, und man setzte unter die
Substription des Königs die Worte:
Solvit Dominus Protector (der Herr
Proteltor hat sür ihn bezahlt-L Diese
günstige Gelegenheit benutzte eine
Magistratsperson von Edinburg und»
Isprach Croinwell um die Summe an,;
»die der unglückliche, notleidende Kö-!
nig von der Stadt Edinbutg geborgts
hatte. Der Lord-Proteltor, der denl
Biitsteller nicht loswerden konnte,
sagte zu diesem ärgerlich: »Lasse mich
zufrieden, ich bin ja nicht Karl
Stuarts Erbe.« —- Das ist richtig-—
verscte jener —- beerben lönnet Jhr
ihn nicht, doch habt Jhr Euch seiner
Rechte bemächtigt Es isi also auch
Eure Pflicht und Schuldigleit, seine
Pflichten zu übernehmen. —- O, o,
lachte Cromwell —- sür Euch zahle ich
leinen Deut. Jch zahle nur für Ge
lehrte, für Laien Euresgleichen tum
me ich nicht aus.
Nach jeder Schlacht, die unter der
Regierung der Iiönigin Anna von
Oesterreich Frankreich mit England
führte, veranstaltete der sranzijsifche
Hof zu Paris Feuetwerle und Fest
lichteiten, selbst dann, wenn die fran
zösischen Waffen eine Niederlage er
litten hatten. Ein Marschall von
Franireich sagte spöttisch: »Unsere
Soldaten sind wie die Feuersteine, je
mehr mnn sie schlägt, desto mehr
Feuer geben sie.«
den internninnsnlett sinrgaslcth die
ihrem Vergnügen nachjagten. Jn den
Augen der einheiniischen Bevölke
rung war das ausgelassene Leben
der Fremden Sünde und eitler
Tand; denn der belgische Fischer ist
religiös und der Gewalt der Prie
ster ergeben. Or trägt stets sein
Amulett, ein geweihte-z Heiligenbild,
bei sich: der flämische Genever darf
jedoch im Boot auch niemals fehlen.
Nach schweren Stürmen zogen diese
Fischer in ihren roten Blusen und
weiten Beinkleidern, die in Wasser
stiefeln steckten —- nnr die Ostender
Fischer tragen die gewöhnliche ein
fache Fischertraeht —- in Scharen
nach einem Dorfe bei Nieuport, in«
dessen Kirche sich ein Bild der Jung
frau Maria befand, welche die Fi
scher in ihrer Not anrufen, und dank
ten ihr für den gewährten Beistand
während des letzten Sturmes.
Die belgischen Fischer sind im all
gemeinen nicht die Besitzer ihrer
Boote. Sie mieten dieselben von ei
nem «proprietaire«, der natürlich
trefflich seinen Vorteil wahrzuneh
men versteht, da er es mit einfachen
Leuten zu tun hat, die von der
Hand tn den Mund lebet-.
König Heinri UT von Frankreich
ließ bei seiner urchreise durch eine
kleine sranzssische Stadt einen Fran
zisianetz den man ihm als einen gu
ten Kanzelredner gerühmt hatte, zu
sich bescheiden, damit er ihm eine gute
Predigt halten möchte. Der Fran
zisian r war ein sehr gesunder und
wohlbeleibter Mann. Darüber wun
Edette sich der Monarch und fragte ihn,
woher es eigentlich käme, daß er bei
Ieiner so strengen Lebensart, wie es
ihm der Orden vorschreibe, doch so
wohlgenährt aussehen könne, wäh
rend doch seine, des Königs, Hof
leute durchschnittlich mager und so
spindeldürr seien. daß e: oft be
fürchte, der Wind werde einen der
selben umstoßen. —- ,,Sire«, antwor
tet der Franziskaner, »das kommt
davon, weil Ew. Majeftät Diener
das Benedicte nicht herzusagen wis
sen.« —- ,,Nun wohl, so sagt Euer
Benedicte her. damit meine Leute es
Euch ablernen können und ebenso
korpulent werden wie Jhr.«—,,Se
hen Sie, Sire, wie ich es mache.«—
Der Franziskaner legte nun die Hän
de anf das Herz: »Ohne Leiden
schaft«, dann aus die Achsel: »Ohne
Prozesse«. — Der König fand in die
sen Worten reine Wahrheit und ent
ließ den Franziskaner sehr gnädig
mit der Bemerkung, daß seine Höf
linge diese Leition lernen und täglich
aufsagen sollten.
L
Im Januar 1474 richteten die
Aerzte und Wundärzte von Paris an
den König Ludwig xl. von eWank
reich eine Bittschrift, worin ie ihm
vorstellten, daß, da viele Personen
von Stand an schrecklichen Stein
schmerzen litten, es sehr nötig und
nützlich sei, die Stelle, wo sich dieses
Uebel zeige, aufs genauefte zu unter
suchen. Da man ferner sich nicht zu
oerlässiger belehren könnte, als wenn
man diese Operation an einem leben
digen Menschen vornähme, so bäten
sie ihn deshalb um die Auslieferung
eines bereits zum Tode verurteilten
Delinquenten, der von besagtem Uebel
sehr geplagt fei.
Der König bewilligte das Gesuch
und die Operation; der erste Stein
;fchnitt wurde öffentlich ans dein
Kirchhof der Kirche des heiligen Se
verinus — zu Pari: vorgenommen.
Nach gegliictter Qperation wurde die
Wunde des Patienten wieder zuge
nähi, der Delinquent verbunden und
auf Befehl des Königs so gut ge
pflegt, daß er schon in vierzehn Ta
gen geheilt war. Er wurde überdies
Legradigt und noch reichlich beschenkt.
So wurde denn durch eine seltsame
Fitgung ein zum Galgen verurteilter
armer Verbrecher nicht allein vom
Tode gerettet, sondern auch durch den
Steinfchnitt von feinen Schmerzen
befreit.
Am Hofe des Königs Ludwig XIL
von Frantreich gehörte es bei den
Damen und Kavalieren zum guten
Ton, Papageien zu halten. Einst
latn eine der Damen aus den Einfall,
sämtliche Papageien zusammenzu
bringen. Der Vorschlag fand Bei
fall, und es wurde zu einer General
versammlung ein bestimmter Tag
festgesetzt Jn der Zwischen; eit lehrte
einei der Hoflavalilere seinen Papa
gei: .Ei, wie viel Papaaeien sind
hier?« in der Absicht, ihn als letzten
erscheinen zu lassen. Durch ein Miß
verständnis aber lam er zuerst, als
weiter noch niemand ini Saale loar,
als schön geputzte Herren und Da
men. Man lann sich die Verbliissnng
der Anwesenden denken, als der Pa
pagei seine eingelernte Lettion her
sagte: »Ei, loie viele Papageien sind
hier!«
König Ludwig le. von Franl
reich sagte einst zu einein Vertreter
der Atistotratie, den er fiir einen
Gesandtschastsposten bestimmt hatte:
»Ich habe Sie anstelle des Grasen X.
zum Gesandten an dem und dem Hof
auserwählt. Besteißigen Sie sich ei
nes solchen Betrage115, das ganz dem
Jhres Vorgängers entgegen ist."
«Sire,« antwortete der neue Ge
sandte, »ich werde versuchen, mich so
auszuführen, daß Ew. Majestät nicht
genötigt sein werden, meinem Nach
solger eine ähnliche Jnstrnttion zu
erteilen.«
Der berühmte englische Staats
mann Lord Bolingbroole wollte einst
inkognito reisen. Er befahl daher sei
nem Mohren, dem einzigen Bedienten,
den er bei sich hatte, ihn überall, wo
er hintäme, fiir einen Franzosen
auszugeben-« Der Mohr, der das
Schießpulver nicht erfunden hatte,
versicherte man überall, urn die Sache
recht schlau zu machen: »Mein Herr
und ich, wir sind beide Franzosen." «
Ein gewisser Velasco hatte dem
König von Spanien Philip; V» dein
ersten Bourbonen auf dem spanischen -
Thron, eine Bittschrist überreicht. Er
erhielt oon diesem gar keine Antwort. s«
Daraus reichte er eine zweite bei dem
ersten Minister des Königs, Kardinal
von Portocorerm ein, der ihn nicht
einmal anhörtr. Nun wandte er E
an des Präsidenten des Gerichts,
H
i sagte, er könne nichts für ihn
tut: nnd endlich an den französischen
Gesandten in Madrid, der ihm er
klärte, er wolle sich nicht in die Sachen
Spanien-Z mischen-»Ehe vortreff
liche Regierung«, ties Belasco wiiw
tend aus-»ein König, der nicht re
det, ein Minister, der nicht hört, ein
Prä;;dent, der nicht kann, und ein
Gefandter, der nicht will.«
Eine Französin speiste eines Tags
mit dem Kaiser Rapoleon i. nach ei
nem ersten Feldzug in Italien. ie
stimmte bald einen epischen, bald
einen lyrischen Ton an und über
häufte den siegreichen Feldherrn mit
übertriebenen Lobeserhcbungem —
«Was ist man in der Welt«, rief sie
endlich begeistert aus —- ,,was Kann
man sein, wenn man nicht Bona
parte ift2« — »Eine gute Hausfrau,
Madame« — antwortete er.
Die Matquise von Fleury fragte
einst den König von Frankreich-Lud
wig XV., als er svom König von-Dä
nemark sich mit ihr unterhielt, ob die
ser Monarch sehr reich wäre. «
«Nein,« entgegnete der König, «er
hat aber einen trefflichen Minister,
der die Staatsangelegenheiten aufs
beste besorgt.« —- ,,O, Sire«, sagte
sie zu ihm, »den sollten Sie ihm ab
spenstig machen.«
Die Königin Elisabeih non Eng
land sah einen ihrer Lieblinge im
Garten spazieren gehen. Sie rief ihm
neckisch zu: «Woran Denkt ein Mann.
wenn er an nichts denkt?« —- »An
die Versprechungen einer Frau", ant
worrete er. —- »Gut", sagte die Kö
nigin verletzt. »Ich swill mit dir
nicht streiten, abenvergiß dein Wort
nicht« Nach einiger Zeit bat er sie
um die Ernennung zum Peer von
England und erinnerte sie daran, daß
sie ihm dies versprochen habe-»Ah
ah«, meinte sie, »das waren die Ver
sprechungen einer Frau« —- und er
erhielt diese Auszeichnung in der Tat
nicht.
Während der Streitigkeiten des
Königs Heinrich Vlll. von England
mit König Franz l. von Frankreich
beschloß der erstere, einen Gesandten
mit Depeschen an seinen Gegner nach
Paris zu senden. Diese-wissen Dies-schr
drohcnden Ausdrüaen abgefaßt. Er
erwählte zu seinem Gesandten den
Bischof Banner. »Sire«, sagte die
ser, »wenn ich diese Depesche:: abgebe,
so tann.es mir den Kopf tosten.« —
»Läßt euch Franz den Kopf abschla
gen«, erwiderte König Heinrich Vill.
iviitend, »so lasse ich alte Franzosen
in meinem Reiche köpfen. —- «Recht
schön«, versetzte Bonner, »ich fürchte
nur, daß teiner von all den abgeschla
genen Köpfen auf meinen Rumpf
passen würde.«
Wie reizend chinesische Gesandte in
früheren Jahrhunderten zu schmiss
cheln wußten, das beweist die nach
stehende tleine wahrheitsgetreue Ge
schichte· Als im Jahre 1733 der Ge
sandte China-s anläßlich einer Au
dienz in Petersburg von der Kaiserin
Anna von Ruszland gefragt wurde,
wen er für die schönste Dame in der
Gesellschaft halte, antwortete der
schlaue Diploinat, sich tief verneigend,
daß es sehr schwer sein würde, in ei
ner sternenhellen Nacht zu sagen, wel
ches der schönste Stern sei.
Das Selbstrasicrcn.
Lebte da im Westerivald mein
Freund siiilice, ein alter Jungge
selle Bei einein Besuch klagte er
iilier die Feiichtigkeit seiner Woh
iiiing nnd dass lalte Filiina Jch riet
ilnn, sleiszig Grog zu trinken, aber
er meinte, dass ginge nicht, seine
Assiiiiglsiilierin iiiiirde das nicht leiden.
Woher das heiße Wasser nehmen?
»Sage, du wolltest dich riisieren,
dann beloininst du iiielclses.«
Erfreut dantte siiilite siir meinen
iliaL Nach einigen Wochen jprach ich
iviider liei iljiii vor.
Blode liicljelnd iiiid lallend stierte
er vor sich hin iind erkannte iiiich
iiiilkt
,.lliii’—3 Hiiiiiiielgswilleii,« ries ich,
dass sehlt il).n'-«
»Ach, ach," schliiclszte die Haushal
lei·iii. »Jald nachdeiii Sie damals
sort niaien, jina der giite Herr an,
siclz selbst zu i·asiereii. Erst eininal
täglich, daiiii voi·iiiittag-:- iiiid nach
:.nttags:s, dann vierinal jeden Tag
fpijtek sogar acht Miit, und wenn
ich ilsm jetzt nicht zwanzig Male
Lieißes Wasser bringe, dann kriegt er
Tiiien Tobsiicl)ts:saiifall.«
seh habe iiieinalH niehr jemand
;.iiiii Sellsstrajieren über-redet
— Sächsiich. Kellnem »Was
vird gefällig sein?«
Sachse: ,,Mei Gutesleiy bringen
Zie mir Z llingekehrte von Siel
IDer Kenner studiert eine Weile,
im di Rätsel zu lösen.)
WSa «Nn, verstehn Se mich
Pf J will das Umgester
swu sie« — ä Si sont«