Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, May 30, 1918, Sonntagsblatt, Image 11

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    Ännnzkhn
sont-n von III Ist-O.
(10. FortfesungJ
Natürlich fah aber wieder jemand
in der Halle. Diesniot Ioar et Do
nat, der Ztgaretten rauchte und tn
übter Laune nachdechte. Urfula toqr
hter ja rein tote oefeffen. So unru
hig! So weine-tschi Und gestern
abend war fie fogar in ihrem Zim
mer geblieben. Wolf hatte then ver
raten, warum. Sie glaubte sich tot
fchämen zu Inüffen, weit Stephan
Normann fie fectronk gesehen hatte.
Was für«n Uman Aus ob on dem
Leutnant was lage! »
«Wohint" fragte Donat rnit der
hariniofen Neugier, vie geoantenartne
Leute fiets für das Tun nno Laffen
anderer haben.
Es war wohl etwas knabenhaft,
daß es Stephan eine Art von Be
friedigung gern-ihne, laut zu fagen:
»So Herrn Dottor Schüler.'«
Zwanzig Minuten fpoter öffnete
er oie niedrige grüne Gittertiik zum»
Garten des Dottorhaufetn i
Er hatte Sophie ans-Fenster sitzen]
ehen hinter oen Blumentöpfen eri;
chien the Profit ooe oem ountsen
Hintergrund ver Zins-irre Dek
feine, edle Kopf war geneigt —- way-J
fcheinlich über die Nähniafchine.
Mußte nicht allein ihr raftlofer
Fleiß beim Grafen Brucher zum
Fürfprecher ioerren —- bei dem
Montie, der die Arbeit fo hoch ein
«
sey-usu
Reiche Leute haben selten eine rich
tige Taxe siir das, was eine beschei
dene Lebensführung leiten Sieichlas
sen eine unwahrscheinlich geringe
Summe an. Sie glauben, mit dem
Fortfntl dei Luxus dernsindere sich
der Verbrauch iogteieh zum Mini
mum; von einem Stllet Geld, das sie
an einem Tag sür ein Fest auf-geben«
meinen sie, es reiche in der Band des
Aetrnlichen sür lange, lange Zeit be
quem zum täglichen Groschen. Graf
Burchnrd sah oder urteilssiihig mit
tlugen Augen aus die Verhältnisse
anderer. Das wußte Steht-am lind
der Gedanke beruhigte ihn, daß ver
Graf es werde ermessen tönnen.
weiche Leistung dirs von Sophie war,
rnit der lleinen Rente doch ihr Leben
id einzurichten, daß sie und ihr Va
ter nicht aus ihre-n Stand als hoch
gehildete Menichen herabsnnten zu
unwiirdiger Daseinsfilhrung.
Als er die Haustür Zssnete, tnm
ans M Birnrneln der kleinen alt-no
diichen Glocke hin sogleich Sophie
aus der Stube qui den Flur-.
»Dir ....' sagte sie bestürzt. Sie
hatte ihn nicht lonrmen sehen.
«Sophie,' sprach er und zog sie
gleich an sich, «vier Tage sahen wir
uns nicht. Und nicht einen-it ge
schrieben habe ichs Was hatt du ge
Nichts«
.Stitl!' flüsterte tie, »Vat» itt
iin Zimmer. Er hört dich....«
»Er toll es. Kommt«
Sophie fah sehr blaß nas. Diese
vier Tage, die to stuinin dahingeichtii
then waren, hatten sie sehr gequält.
Nur ein Ende —- nnr ein Ende!
dachte sie oft.
Und sie tain sich to feige vor, to
chntattertos, tveit sie troh aller ihrer
heiligen Apistik zu entsagen, immer
wieder hoffte.
Das beschtich sie gieichltiim ohne
daß tie es mectte, sie konnte gar nicht
davor aiii ver hut fein: niit eineni
Male war sie wieder on, die iitße,
törichte hoffnung, daß doch noch at
tec gut werden tönne....
»Wenn zwei ttck lietien niit Gottedtlams
nie-n.
Geschieht ein Wunder und tühit Iie zu
satiiiticii."
Das zog oft durch ihre Gedanken
Aber sie wehrte sich dagegen. CI
geschehen keine Wunder. Arme Leute
werden nicht ptiiytich reich. Abhän
gige nicht ptöhlich unabhängig.
Doktor Schüler laß in einem
Lehnstuht am Tisch, vor dein leeren
Sein. Das Kasseegetchitr ftnnd vor
ihm« altes Daggehdrige eng beistim
iiien auf dein rett. Sophienj Tasse
End wifchen Zeugstieteii auf dem
nster ins.
«Guten Tag, here Leutnant!«
Iaqte Dotter Schüter.
»Bitte, sihen bleiben!« hat Ste
phsih ihin die hanp fchitttelnv.
.Sotihie, noch eine Taste. Ja to»
- vie Kanne ist schon leer.« .
Ein ich seinen tragi- Sol
phie, vie ein heißes Gesicht betoninien
hatte von ver Erregung des Wieder
leben-.
«Ditte, nein wenn ich inich
zu Jhnen sehen darf...«
Und er nahm iin weiten Lehn
itht, on der anderen itth eite Utah.
ttor Schiller fragte na dein Be
ten der Grsfim eetviihnte hie nit
hetehisieiide Sendung eines allzu p
ten Leibes init Vetilatessen
nnd per-h feine Befriedigung aus«
an her Seite des Greifen stircharti
eine Gattizenzit seh;n, ge vielfach-Is
erIefenen nnne itr its g ei e
h scheine. . .
sei dein Gespräch konnte teine
-
W d u L -
. HWLDD tMY tecwschtettlä
dein ej schon recht mühsam tonr, fo
viel sprechen en iniifienx
«Znt vorigen Jacke hoben Sie unt
häufiger besucht, Herr Lentnnnt.«
»Die Substtnisse im Scipios tie
gn die-mai ander-.u antwortete1
enden, awenn ist auf mein ri(
hören dii e, totiee ich täglich ter
Und ich in heute gekommen, mir
dies Versen-re t gn erhitten.«
Er stand nu .
.O Gott ....« fliifierte Sophie
und faltete die Ditnvse in Angst nnd
Freude. »
»Den Leutnnnt .. .. ichweiß nicht«
ums Ihre Worte..»' Ver atte
Mann stand ganz ratlos dem jungen
gegentiber.
«Lieber herr Doktor,' sprach Stei
phnn mit fester Stimme, »ich bin mir
oolliommen meiner geringen Quo
titöten ais Freier bewußt: ich bin
ein armer Okfizieh der seine Zulage
von ver Gro mut eines Verwandten
erhält. Ich tonn Sie mir bitten
vertrnuen Sie ein wenig dem Manns
Er wird in redlichem Kampf versu
chen, für Ihr geliebtes Kind eine ge
sicherte Zukunft zu erobern."
Sophie sprang auf und fiel ihrem
Vater um oen Date-. Sie weinte
teivenfchaftiich.
Und der Mann, der um sie ge
storben hatte, stand nnn blaß uns er
rent.
Das war kein ireuviges Werken.
Die bitterliche Sorge nahm dein Au
genblick vie Weibe und den Stolz.
.Wir lieben uns, Vater — es ist
wahr. Aber ich liabe Stephan ge
sagt, daß ich verzichten will ich
habe ihn angefleht, zu schweigen...«
»Wir lieben uns seit zwei Jahren.
Jn all dieser verslossenen Zeit habe
ich nach einer Stellung gesucht, um
sowohl Ihnen, wie meiner Familie
gleich sagen zu können: Ich liebe So
phie, ich kann ihr auch eine Zukunft
bieten. Bis jetzt habe ich keinen Aus
weg gesunden. Aber meine hochach
lung vor derjenigen, vie mein Weib
werden soll, verbietet es mir, mein
Verlöbnis mit ihr länger zu verheim
iichen,« sprach Stepkzan sest.
Der alte Mann hatte gehört, wie
»einer, der erst langsam begreisl. Nun
ieuszte er lies aus nnd drückte sein
’:vemenves Kind fester an sich.
k- «Sie haben leine Antwort siir
wicht« fragte Steplym Sein Ge
sicht wurde düster
I »Was soll ich Ihnen sagen," sprach
»Damit Schüler leise, immer aus
sein stinv niedersilxaaenb und den
dunklen Kopf zart streicheliiv, »was
«hilse et, wenn ich Ihnen sagte: Sie
sind mir lieb. Jch schätze Sie. Ich
spertraue Ihnen. Alle lierztictzen Emp
ksinvungem vie mich zu anen ziehen,
klöIchen sn vie Talsache nicht aus,
dass eure Sache hossnungsloe ist s
- ganz hoisnungslos, meine arenen
Kinder.«
·Jch wallte mir Jksren väterlichen
fsegen holen. Dann wollte ich ossen
mit Onkel Burcharv sprechen.«
i Der alte Mann, der so ost unter
)ver tranthasten Einbilvung litt, in
isiilge seines Unglücts von niemand
mehr als ganz bollwertiger Mensch
aenaminen zu werden, sah Stephan
sgros ii
i »Mein Segen," murmelte er, «mein
sSegen ivno liegt an einein nn
Yniisen alten Mnnu . . . . der der Fluch
feiner Tochter ist-» l«
« »Unterl« schrie Sophir.
»An diesem Segen liegt mir alles-.
Er wird mir den Mut geben« jeden
Kampf aufzunehmen Lichten Sie
inich genug, mir Jhr herrliche-!- Kind
anzuvertrauen, v scheue ich nicht da
vor zurück, selbsit mit meiner Minute
zu brechen," sprach Stephnn
« Der alte Mann ward von Rüh
irang überioiiltigt. Er streckte Ste
rhan die Rechte hin. Sein Gesicht
neigte er tief auf das Haar feiner
-Tochter. "
So standen sie lniige iii stuiiinier
Ergriffenheit.
«Sopl;ie!« fliiflerle der junge
Mann endlich
Da ließ sie von ihrem Vater und
schmiegte sich an den Geliebten.
Mit schweren Schritten ging der
Alte im Zimmer bin und her, von
oen erwartende-i Blicken ver beiden
Jungen verfolgt. Was würde er si
gensi
»Ihr Onkel ift großiniitig,« de
gaiin er. »Aber tvie ioenig iontirs
tcheinlich ist es, dafz er Ihnen das
Geld geben wird zu einer solchen hei
rntl Jn, wenn meine Sopbie bloß
arin wäre!· Aber sie ist das Kind
eines Manne-, der nur durch einen
Gnadenalt vor zwei Jahren Gefang
riis bewahrt wurde. Es tiinn fein,
daß weder Jbr Oberst noch die an
dern Offi iere des Regintenteo sich
daran fto en; es tann aber au
ebenso wohl geschehen, daß Sie sig
wegen der heirat verseßen lassen
nitlfsen oder gar derr Abschied zu
nehmen haben. Urn eines Weibes
willen seinen seruf zu verlassen....
das trägt seinen Segen in sich. Und
tvie schwer ei ifl, ln einein bürgerli
chen sm- ielleu Fuß zu lassen. ha
ben Sie chon erfahren. Sie sagen
es selbst, itvei Jahre suchen Sie schon
vergebens-" « q
Ader durch die protektion des
Grasen Seher wilrde es leicht nier
den,« warf Slepdan ein.
.Und tvenn er J nen nun Ja i:’
Rein, ich will, da du DfizferJ
bleibst, ich will nicht alle die der-s
U wes-« . ·
slossenen Jahre mein Geld fortgeil
werfen hinten. Was werben Sie
nntlvorten Löwen-« Gras Geyer ist«
nicht nur gut. Er ist auch klug unsi
Itlar. Einer ausgezeichneten militiisl
ciichen Carriere iit er Illr Sie sicher.
Er weiß. daß ein Berufstvechsel leicht
etwas von Entgleisuug an lieh hat.
Er wird vielleicht fürchten, daß auf
per Grundlage von io viel Opfern
ein rechtes Gltlet nicht erbliihen tön
ne. Und dann wird er Jhnen sagen:
Lieber jetzt siir dich und Sophie den
harten Schmerz M Verzichtes, alt
Das graue lange Elend eines uner
quickltchen Lebenjtampses."
Sie schwiegen beide. Die Worte
res Vaters trnien iie tvie Renten
lchlägr. Die schweren Befürchtun
gen, vie harten Wahrheilenz die sie
lich selbst oft genug gesagt, lvirlten
noch vernichtenver, weil nun ein nn
oerer Mund sie emsime
Und dennoch, in all der hoff
nungslos-gleit, vie nur noch deutli
cher geworden Innr, weil jegt auch der
Vater sie kannte und teilte, hatte
Ztephnn ein starkes, munnhasles Ge
fühl. Daß von feiner Liebe der
Schleier vers Geheimnisles genommen
um, veirievigle ihn, war die Quelle
vieles nlannyaflen, ftnrteu GeiiihleH
Es gal- nnn einen Mitwilier, ven;
wichtigsten nnd würdigllen von nllentl
nen Vater ver Geliebten. l
Stephnn und Eopyie halten beide
lsllter ver Heiinliqteit gelitten, viel
ihre Liebe zu entndeln schien; fie.
lonnte ihr, wurde ile unzelllg auf
jgedeclh Pen Verdacht Des Abenteuer
-itll)cll, Ullltilllckcll ANYTHle i
Lange sprachen fte noch hin und;
her. Der Vater bat Stepharn nwrsf
gen, wenn er es könne« wieder-litean
n.ezt. Den alten Mut-n hatte dieer
zrage fo plötzlich überfallen Sie
ndertvältigte ihn faft tnit alten venss
Mictblielen und Ytusvtirtetn zu venens
fie ihn notigte. Man tonnte morgens
weiter fprenkern txr wottte fich famsf
metn — n.ntfoenten. — f
etephan hatte faft Furcht. Jhnt
fchien ec, als würden Vater link-I
Lochter ftch in Klugheit, Stolz unv;
detvftloirgteit gegen ihn vervttwen.?
Zophtenv nufopirrnder Vorfah, zu
entfagen, tonnte Rückhalt an ihrem
Vater finden zumal ver Alte
auch immer wieder darauf zurücktanH
Daß ihm ver Gedanke furchtbar fei,«
Graf Geyere Gute mit fcheinbarernj
Unoant zu lohnen; denn wenn er ej
nicht sage, die Gräfin Renate fage es
gewiß: Das haben wir nun davon,;
ritsfz wir gttt gegen diese Zehnter-«
waren —- ver Doktor verfncht, feine
Tochter in unsere Familie zu ichntttgs
gelit. .
Als Stephan endlich ging, nahm
er von Sophie einen Abschied, alt
ftänve ihnen eine lange, harte Ven
nung bevor. -
Auf vetn kleinen, mit roten Zie
geln gepflasterten Flur ftanven fie,
aneinanvergetlainrnert , in den
Schmerzen und Sorgen ihrer Liebe-(
Es war fo ftill ringsum. Einl
breiter Sonnenstrahl lnnt zum Fen
fter hinten irn Flur herein, entzün«
oete auf dem Glagbafftn ver Petru
lenmlampe auf dem thch einen Me
flex, ver aus feinem Ltchttern ein
Honnenrnd vielfarviger Strahlen
cntließ, und legte fich nls orangefarp
viges Bund auf den roten Ziegelbos
»Alle-«- ift unsicher um uan und
oor iins,« sprach er, »nur eins ist ge
irißz unsere Liebe! Nicht wahr —
rie ist eivig....«
»L5wig . . . flüsterte sie zurück.
Co tiang wie ein Schwur.
lind der Nachhall ihres heißen?
Versprechens lag in seinem Ohr unv
in seinem Herzen, als er dann heim
wärts ging. —
Gerave uni diesellse Zeit kehrte
auch Anna von ihrem Besuch bei
Frau von Braunau zurück.
Sie benutzte die erste freie Stunde,
die ihr seit der Unterredung mit ih
rem Gatten steh bot, seinem geäußer
ten Wunsch zu entsprechen. irr follte
niemals iir die Lage tornnren, zwei
«nal einen Wunsch auszusprechen —
das hatte Anna sich vorgenommen.
Er sollte das Gefühl haben, sich
ganz aus sie verlassen zu tonnen. Sie
hatte auch mit Verdete schon die
itevernahine aller Hangfranenges
schiffte verabredet. Sie war sogar
entschlossen. sich fortan von etwaigen
Bormittagspartien auszuschließen,
uin sieh in ihre Pflichten einzuleven
Der Gedante daran befriedigte sie
ungemein. Sie wollte den Leuten
schon zeigen, dass sie troy ihrer Jn
gend alles zu leiten verstehe. Und
am lebhaftesien genoß sie es vorweg,
daß sie ihrem Gatten imponieren
wurde.
Schon am gestrigen Vormittag,
während den Segelpartie Ursulas,
und heute vormittag hatte sie viele
Stunden mit Herdete zusammen teilt
vor den Büchern, teilst in den Vor
rat-räumen verbracht.
Und beidete sagte nachher zu ih
reni Bruder: .
»Sie ist von einem an ordentlich
ro ihen, sicheren Begrl soverinögem
D gebotene Herrscheriiatur.«
Er hörte es rnit glücklicheni Lächeln
an.
Später sagte er ein lobendes Wort
iiher Annas Eifer-, und sie errötete
ror Freude.
Der Bes bei der Braunau tvar
llhe recht lii ig.
Wie vorauszusehen gewesen« wirkte
ihr Erscheinen vorerst schreethatn Ein
Dienstmädchen nötigte sie in ein Zim
mer unddit zu warten.
Draußen gingen Türen, huichten
Schritte, wurden Jltisterziiiufe ver
nedmlich. Offenheit zog Frau von
Braunaii sich erst uni, ehe sie vor das
Auge der Gräsin Gener trat.
Anna sah sich unterdes im Zim
mer die mannigfachen Spuren von
Unsauberteit und Unordnung an.
Endlich erschien denn Cäcilie
Braunau, mit ihrem wirren Dank
und ihren blasseii, oerschleierten Au
gen« iieriiöser und adgehetiter als je.
halb ersieiit, halb zerstreut be
grüßte sie Annn.
»Frau Gräfin müssen verzeihen
es ist hier schlecht aufgeräumt — es
tehll mir eben un Dienerschiist —
oas eine Mädchen und ich, wir tön
iien nicht alles. Mehr Bedienung
kann ich inik ja nicht leisten — in
der Lage sind wir nicht."
»Man muß zufrieden sein« Viele
lännen sich gar tein Mädchen hat
ten," sagte Anna, aus Verlegenheit
—- wao hätte sie antworten können?
Das reiste aber die Frau.
»Damit wie Frau Gräfin haben
is ja leicht. Vielleicht sände auch ich
mich leichter in alles, wenn ich es in
meiner Jugend nicht so anders ge
iröhnt gewesen wäre — ichibiii doch
eine von Schulmann aus dein Hause
Griibin,« schloß sie, zur Beweisfüh
rung beide Hände gestitulierend vor
Annae Gesicht schüttelnd.
Anna sichr zurück — etwas mehr
als notig — um der anderen zu ver
liehen zu geben, daß man iiichi fo
iebhaite Gesten mache.
Ader die Frau hatte seine Ah
nung von der hysterifchen Uebertries
benheit ihrer Art und Weise. Sie
hielt sich vielmehr für vollkommen
erzogen.
»uede Frau von Braiinau,« sprach
Anna, »Die haden doch einen dra
dkn, ruchtigeii summi. esie yaden
Hat Ordi. Wa- iollie denn zuin
veripiel Fräulein Schüler sagen!
xie plagt sich dyne jede Bedienung
ad nnd hat eine so traurige Ju
gend."
»ph, Sophie Schüler wird schon
daiur sorgen, daß iie wieder obenan
ioinint:« sagte die grau. Der Yieid
aiii copyie cchuler kochte iorniiich
in ihr einpor und laß tyr Io grillen
diler aui den Lippen, dukz Iich tyr
Gesicht verzerrte. Aug den viaisen
uiigen tani ein stechendeg Licht.
Wie niegiiienliaitl dachte Unna.
Noch nie iiatte sie id deutlich den
ausoiua des Neides aui eiiieni we
Iicht gesehen, wie auf deni dieser Ca
ciiie wriiunam
»Wie Idilte das arme Fräulein
Schulek dag....'·
«l.)y, die hat Talent dazu!«
»Nun, ich möchte es iyr gonnen,««
sagte Maria« nur aus Widerspruch
gegen die Frau viel ldariner, als
iyke eigentlichen Gedanten iur So
pyie Schiller waren.
Ader dainil ließ sie den Neid über
fchiiunien· Daß Sopyie Schiller
dauiiger aufs schloß geladen ward,
als ite, dort gern gesehen idurde, der
giftete ja der Braunau jeden Auf
enthalt der Herrschaften hier.
»Auch das, daß ne zu iyrein Ber
iuch, ein gutes Glück zu machen, fich
cin Mitglied Jhrer Familie aus
sticht-"
»Was wollen Sie damit fageni"
fragte Anna schroffen Darleg. Sie
fand gar trinen Sinn und Verstand
in der Beniertung »Ein Mitglied
meiner Familie —" es hufchte ihr
so durch den ttopf Donat-: Den
rennt ne ja taum. —
Aber fchon sprach die Braunau
triumphierend:
»Dir Ihr Herr Gemahl wohl sehr
entzückt davon ware, wenn er wüßte,
dasz Leutnant Kilormann ein heim
liches Liebe-verhältnis mit Sophie
Schiller hat's Mit diesen meinen
eigenen Augen," hier erhob sie ihre
beiden Hände zur Augenhöhe und
schüttelte sie ein wenig in einiger
Entfernung vor ihrem Gesicht, »mit
riefen meinen eigenen Augen habe ich
ne im Wald gesehen, wie sie auf
einer Bank saßen und sich küßten.
Oh — ja —- und fo eine versteht es,
sich bei den gräflichen Damen lied'
mild zu rnachen.·'
Anna saß steif und aufrecht. Sie
war leichenblaß geworden. Jn ihre
klugen trat der kalte harte Gtanz...
»Wirklich».« sagte sie im Ton
des Zweifels. Und das entlvate aus
oem Mund der anderen einen Wort
schwall.
Sie erzählte, wie sie fchon vorigen
Frühling Verdacht gefchopft, als sie
ein paarmal gesehen hatte, daß der
Leutnant Normann immer bald den
Weg zum Wald einschlag, wenn kurz
vorher Fräulein Schiller auch dahin
gegangen war. Sie hatte auch
manchmal versucht, die beiden zu be
schleichen, aber sie fah sie damals im
mer nebeneinander gehen. Das war
kein Beweis. Liebezblicke tann man
nicht zu Protokoll nehmen« Aber
neulich, den Tag, wie das Unwetter
war, da begiinstigie endlich das Glück
ihre Beobachtungen.
»Ich hv se, herr Graf wird es mir
nicht als ndittretion autlegery daß
ich Jhnen dies berichte. Es fcheint
mir im Gegenteil, dass ich nur meine
Pflicht erfülle. Me ne Ergebenheit
für die gröfliche Familie «« man
kann es doch nicht inii anseoen« wenn
eine solche Person versucht, sich an
einen jungen Mann zu hängen« dern
lgeiviß eine große Zukunft devorftehk.
und Leutnank Narrn-un verdankt
doch alles der Güte des Grasen.«
Bei dein Wort «nlles« streckte sie
ihre Hand weit über den Tisch dor.
Anna stand ans, in kühlen hoch
rniitiger davong
»Sie nehmen das viel zu wichtig«
Ein Leutnnntl Und ans dein Mandel
Er wird wohl denken: warum soll
ich die hübschen Mädchen nicht lüs
sen, wenn sie sich küssen lassen wol
lenk«
Frau von Braunau war sehr un
ziisriedem daß ihre Mitteilungen
keiner ernsteren Aussassiing begegne
ien. Daß gerade diese die»vern:ch
sendste siir bot-hie Schüler war, tain
ihr nicht zum Bewußtsein Sie
hatte erwartet, Anna würde über
tindant, Verrat und Schlechtigteit
lamentieren und sie — Cäcilie Brau
nau —- ihres ewigen Dankes siir die
empfangenen Austtarungen versicheru.
viasenden Zorn im Herzen, ging
Anna von dannen.
Deshalb also, weil seine Gedanken
bei diesem armseligen tleinen Mad
chen waren, deshalb ging er damals
olind an ihr doriiderl
Wer war denn jene? lind wer
war sie selble
Diese kleine Person, die schuldbei
wußt erröten mußte —- o, Anna er
innerte sich genau, wie ihr bei der
allerersten Brgegnnng dies Erröten
ausgesallen war — diese kleine Pers
son init dein schlechten Gewissen war
siegreicher gewesen, als Annal
So also mußte man sein« ausse
hen und dahertomnien, wenn inan
der Beachtung des Herrn Ylortnanti
wert sein ivdlltel Berschiichtert, ge
sellschaftlich unsicher war diese Do
phie, ihre Hände verarbeitet es
lani Anna dor, als röche sie wieder
den Petroleuindunst, der an jenem
Morgen Sophie umschwebt hatte.
Wie lleindiirgerlich alles! Und
dann dieser Vater mit der geschei
:e:ten Existenzl
Und diese Augen mit dein Aus
druck des stillen Duldertiiins —- wie
die logenl Das war alles Kriterie
rie. Anna erinnerte sich, wie hoch
mütig diese selben Augen sie ange
blitzt hatten, als sie leiiiselig ein paar
teilnehmende Worte gesagt.
Diese ganze scheue Madchenhasligs
leit Mastel Uiierhortl Vetmlich
ließ sie sich im Walde oon eineni
Manne lassen. Noch dazu von ei
nem, der sie ja gar nicht heiraten
lonntel
Daß er es wollen würde, bezwei
selte Anna teineii Augendlia. Nur
ein ernstes Gesiihl inacht einen
Mann so blind gegen andere Frauen.
Eine Liebelei iourde ihin die innere
Freiheit gelassen haben, Anna lind
ursula zu bemerlen; wurde iyn nicht
so gleichgültig gegenüber ursulaH
Geld lassen. Auch hatte Attila ihn
nun schon genug beobachtet, um sei
nen Charatter beurteilen zu hinnen
Stephan Norinann war eines leicht
stnnigen Spiels iiicht sähigl
Und gerade deshalb empöile sich
ihr Selbstgesühl is auss äußerste.
Oh, ivie schämte sie sich, daß sie ein
mal diesem Mann warnt zugelächelt
halte! Gewiß hatte er es nicht be
merkt und ahnte nichts davon. Aber
es demütigte sie noch jetzt vor sich
selbst, daß sie einst diesen jungen
Menschen ihrer heinilicheti Gedanken
sür wert gehalten hatte. Sie — die
dann von einem Burchard Geyer um
worben ward! Sie —- die nun des
auserlesensten Mannes Gattin war!J
Jn ihr war teine Liebe. Deshalb
sehne ihr auch alle einsache Weisheit
der Liebe.
Sie wußte nicht, daß Liebeswahl
sich nicht von außeren Dingen de
stimmen läßt, und daß ein Bettler
imstande Iein kann, eiiie Prinzessin
zu verschmähen uin eineg arinen Rin
les willen.
Jhr Stolz aus ihren Gatten stieg
in diesen Augenblicken ins Ungemes
sene. Aber es war teine reine Emp
sindung. Es mischte sich Hohn hin
ein gegen den anderen, der sie teiner
Beachtung gewürdigt. Ein Rachege
fühl mischte sich hinein
Und in Ier seltsamen Logik solcher
Zorngedanten tain es ihr vor, als
habe Stephan Eliorniann auch ihren
Gatten in ihr beleidigt. »Za, sie
machte plötzlich gemeinsame Dache
auch mit Ursula.
Er wagte, die Hingehung dieses
guten, tüchtigen, reichen Mädchens
aus edlem Hause zu übersehen-und
stüßte sich mit Sophie Schüler im
iWaldet Er, der hatte Gott danten
ssollen, wenn er eine solche Heiiat
ssand, wie die mit llrsiila gewesen
lwiirei Die Eifersucht ihrer Eigen
liebe Ursula gegenüber schwieg ganz.
Sie hatte plötzlich nicht-, gar nichts
mehr gegen eine Vereinigung Ursulas
mit dem Manne. Sie war ja nicht
um Ursulas willen zurückgeseht wor
den!
Jede sollte er heiraten —- jede.
Nur gerade nicht die Eine, um de
rentwillen er eine Anna von-Linstow
einst übersehen hatte!
Er würde natürlich versuchen, sei
nen Willen durchzusehen; denn er
war wohl der echte Sohn seiner Muts -
Ut.
um zweiten Mal sollte die Fa- «
mir Geher aber das Schauspiel ei
Her stunden-sen pener see einern see
Itzt-en unt-c erleben. Anna war nun
auch eine Gener. Sie weine pas
schon verhindern und hoch erhi
benen Haupte-, ihres Siege-s ganz
sicher, ging sie durch vie Anlagen vor
dem S los und betrat die Haue.
Da tanv noch gerade Lusan
Rot-nann, der eben von Schülers
zurückgekommen war.
»Weder Staunens sagte Anna mit
einem Lächeln, »gut« pas ich Sie
treffe. Ich wünsche, pag Sie iiq
heute nachmittag und abend Fräulein
von Pauau ganz besonders web-new
Meine lieve urzaze glaubt sich genie
ren zu müssen, weit See ne Ieeirxmk
sahen Wachen Sie ihr suit alles
Nachdruch veiien ern preußischee
Leumant fäng Ut, den heft'«
Und ohne zeme Antwort auf ihren
Befehl abzuwarten, gmg sie wettet-.
Stephan stand benutzt Er biß
sich auf die Lippen.
Was war du« Und welch selt
sames Lachen« So urserkegent Ja
— Inst IemvzeligS
Oe hanc wogt herausgefühlt ge
habt, daß Anna un dem Plan ver
..noeru sum-ten, Ihn um Uriulu zu
sammen zu dringet-, sucht oetcingt
com-. Jmcner wuyte Anna es zu
verhindern, daß er vet Tisch, im Wa
gen oder auf opaztergongen Uriulas
Partnet wurde. w war dafür herz
suy dankbar geweienz denn er glaubte
darin eme tiuge uuo nevevolle Ab
Iicyt zu ertenuen. wenns wollte
euqu ore Freundin vor Cauauzchuns
gen vewayzesy tooute veryuten, oaß
zurichte Vonuuugen m Ihr wuchsen.
' Und nun auf einmal Dieser BejeyL
iacheinv unri voll eisiger Karte —
iino so entschieden —- alit have er
nur blind zu gehorchen — —
Ytein! schrie aiies in ihm, nein!
Aeußeriich iiiuszie er sich sügen —
heuie vielleicht noch — —
Aber er ioar ein Mann. Er wollte
sür seine Freiheit und seine viel-e
ieden stiiiiips ausnehmen.
Daß seiner Dache aber eine Fein
din eiiisianden war, sicher die gen-ht
iichsie von iilleii, bas. zigte ihn- ein
deutliche-l Gesiihi. —
Oben in ihre-n Ziiiinier, während
sie sich zuni Yiaihinitiagliee ein Haus
geivaiid iiverivars, satte Anna zu
ursche, die sie sich hanc herbeihoieii
tassen:
»Ich hat« gemerkt, Ursche, du
warst ivutend aus niiui. Aber siehst
du — ich inuszte inir ten Mann doch
erst nial genau angucliii, ehe ich niir
tliir war: isi er iiiich gut genug siie
meine Uische. Yia un) nun —- ——-«
»Und nuni «sragie titsche atemlos.
»Meinen Segen hast ou — unt-.
mag ich dazu iuii lau-i, daß es was
wird, soll soriiin gesitt:hen.«'
Ursuia siel der üitunoin aussu
belnd uin den Hals.
· I O
Beredier noch als dii Liebe ist ber,
Zorn. Und Anna hatte siir ihre Be
iidsainleil vie inuchiiglieii Wiss-trun
pen, iiiinilich die Liirsuiiheii selbst, die
veriide den Unwilieii ines Mannes-«
ivie Gras Buichard, im hochslen
Maße erwecken inusziek
Als das Ehepaar siiih ani Abend
oiiriiclzog, saß es Mes, tdie s«it5«
plaudernd ein wenig iteisainnien in
Lliinag lleinein Wahn inter. Uras,
Burihard liebte es, nisxs eine zwa
rette zu tauchen und seiner Urau
einige Mitteilungen z. machen don
Dein, wag die Post its-. heute zuge
iragen, oder wag sich in der wirt
schast eliva begeben hatte.
»ein diesem Avriib ilun brachte er
gleich etwas zur episiche, was ihm
sehr ansgesallen war.
»Liebsie Anna — iu;s bemertte uiit
Eritiiuneii, dasz du deii ganzen wach
inittag und Abend solldahretio iiiis
seien Stephiin iiiit Ilsula ziikuiiis
iiienzubringen verstand it.«
Sie wurde rot.
»Dnzu habe ich meiie Gründe. Es
soll sie heiraten· Es iiiire fein Gläs.
citelr es ihm bitte voi!« »
»Ich bente nicht di·ran, ntich iii
derlei zu tiiischen,« sikach er ernst.
»Herzlich würde ich nich in freuen,
wenn die beiden sich seitdem Aber·
nicht aul Befehl soll it sie suchen.
Und du, Anna — ins eiiiincil hast
dti deine Haltung und Meinung i:
der Sache ganz geändeit?«
,,Ja,« sagte sie, uns ihre Augen
blitzten, »er soll Urschoe heiriiteii!«
»Und neulich sollte ik nichts Und
neulich tatest du Urschc weh, iiideiii
ou ihr niit harter Absiilst den Mann
fernhieltestt Und nun willst du th
mit einein Male die s; liiiniig aus
bauens Mein liebes « iniJ -— ibet
gibt dir das Recht, s-. instit diiiier
Willkür mit Meitsitzcil ist-zunicht
geni Machst dit dir kie iuikiehe te
Verantwortung nicht tur, die .- u
Jus dich lädsti Wie Petiti, wohn
llrsulii, die mit der Hossitti.".;ssloßg
ieii vielleicht rasch sesltig x.«ioordeii
wäre, nun in Elend tin-d Leid kommt,
nachdem du ihr die cisinbildung Cr
regt hat, der Mann iieide sie doch
n)ählen?« «,
Er sah sie sehr einst nn. »H,
Entsetzung fsslgt.) Hi
H——.- «Is
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.,Licbrr Freund- pralilbn Siis bl
licht innnisk so mit Jlirer erq
Bilduiigl Mit mir können
iwanzig Jahre lang umgehen, ob
eitiiils zu itierken, dasi ich ein«
iildister Mensch hinl«