Ännikktie Roman von Jst III-Eh (9· Isolierung-) Ich ja. die Hand. Es ift abs fcheulich. . .' »Wie tnm es vermi« Sie befchrieh. ioie fie sich nitf ihre Schreihtifchplntte habe ftiihen wollen nnd die Hand dndei förmlich umge inicti fei; es tue bis zum Ellenbogen hinauf weh. «Dnrf ich bitten, nbzulegeni« Anna zog ihr innppes Jackett ab, das Seidenfutter trachte und kni tmtr. »Auch bitte die Taille, wenig tens fo weit. daß ich den rechten ern frei habe.« Er wendete sich zu steich feinem Experimentiertifch zu Irn die Patientin nicht etwa zu gerne .ren. . Anna biß sich auf die Lippen. Sie mußte sich nun htamieren und ein geftehen — over die Komödie durch fii ren. hne Zaudern entfchlofz fie fich zu iefterem. Sie knüpfte ihre Iaille auf, zog den rechten Arm hertsns und sagte: .Bitte, Herr Dottoe. . .« Und er befühlte den herrlich gebil deten weißen Frauennrm und driielte hier und driidte dn mit fnchgemäßem Ernst· , »Es ift nicht die Rede oon einer lierftnnchung oder nur- von einer tei fen Sehnenzerrung,« fprach er end lich, »die Schmerzen, welche Frau Gräfin hefchreihen, miiffen fchon neu rnlgifchsrheumntifcher Natur fein, nnd ich roiifzte nichts dagegen zu ver ordnen wie eine EinreiMllte es fchlimmer werden« empfehlen fich natürlich Bettruhe rnit gleichmäßiger Wär-me nnd Sulspyrinpuloer oder dergleichen.« »Es wird schon nicht schlimmer werden. Ich neige nicht zu derglei then-" .Wayricheintich ver Klimmen-tel bie Meeresluit . .« »Ich tann mich wieder tiiiziehen3« »Bitte-« Und er erinnerte sich Mr wohl, daß« Patientinnen mit dein Ablegen im-’ mer ralch znftande trmmen, daß vasi Anlegen ver Gewanvitiiete aber ihnenx oft mühielig ist. ,Soll ich meine Tochter schicken?« selber nein. . .ich tann ielbst.. Er zog sich indessen vistret zuriick und ging nach nebenan, um dort dem Leutnant Normann nnd feiner Joch-; ter zu sagen, daß es sich bei der MIC- » sin weder um eine Veritauchun1, noch um eine Verzerrnng tyanvte i Anna stand inmitten ver melanchoi ! lilchen Stube, lnöpite langsam ihre Taille zu und fah oabei immer aus jene Gruppe tleiner Fläschchen in be nen das Gift fein sollte Die gleichmäßige fimnenloie Helle, die das Zimmer erjiillte, ließ jeden, auch den tleinlten Gegenstand tlar ertrnnen. Aber die Beleuchtung hatte doch etwas Rattes Iotes. Kein Licht reilrx brannte auf den Glasleiberchen der lleinen Flaschen Und gerade das gab ihnen vielleicht etwas geheimnisvoll Lockendes. Es schien, als ständen sie in still sicherem Warten. Anna tonnte ihren Blict nicht da von wenden. Ganz mechanisch nahm sie ihr Janett vom nächsten Stuhl. Wer so ein - löschchen beiaßl Der war aus gewi e Art auch her- iiber Leben und Tod! Der Fedbanty Fee vän vielen trei nen, m räunl e liissigteit ge fiiclten Phiolen zu besitzen, hatte ei ses Wteuerlichen Reiz file fie. Was soll ich damit? sprach sie in sich hinein. Aber ihr Auge lonnle lich nicht davon trennen. Was soll ich inmit? Dummer Sei-ante. Nicht-. Man hat vieles, tout man nicht braucht. lind es ist doch interessant, es zu haben. Wer braucht all die Mordwafsen, die in der lle hängen? Sie beschäftigen die hantasie, das Augen. heimlich Gift haben —- ivie romantisch. . . Und sie lachte lautlos, ihren gieri sen Wunsch seihst verspottend. Unsinn! schloß sie ihre Gedanken reihe. Dann nahm sie ihre hand schade, zapfte n das tnappe Jöcki chen zurecht und chritt ans die Iiir . .« Aber biihschnell wandte sie sich noch einmal, trat rasch an vie Wand, nahm vom Vorde eine der tleinen Phiolen aus der zweiten Reihe nnd liesz sie in ihre Tasche gleiten. Alles ganz ohne Kampf und Ueber legt-um «So,« strach sie heiter, indem sie in das nächste Zimmer trat, .da wä ren wir wieder. Tut- schiinen Dant, here Doktor. halten Sie mich nicht r verziirtelh daß ich gleich zum Arzt e, wesen dem bischen Schmerz. II liebes Fräulein! hoffentlich tnir bald einmal wieder das iiqem Kommen Sie doch auch tin-not von selbsti Mus- man Serdenn immer Fest feierlich einla Eine Einladung fitr heute sur Teilnahme on der Partie nach tub lsentntnrnee erfol te nicht. Obgleich Sop ie entfchloffen gewe fen war. die Aufforderung jedenfalls abzulehnen tnt ihr dnt Ausbleiben doch weh. War et nicht ein Zeichen. das die Greifin fte doch nicht be fonders gern mochte. daß bei der Griifin leinenfnlls die Absicht vor lag, fie viel hernazugiehent Ach. ei war wieder ein Symptom fiir den traurigen Ausgang ihres Liebes romant. Sophie halte alle ihre Hoffnungen begraben — sie fagte es, sie glaubte ei feft. Aber folche hoffnungen hu ben es fo an fich: sie miissen immer wieder von neuem begraben. werden; denn fie leben immer wieder auf. Auch Stephan war enttiiufcht. Er bildete fich ein, jedes Zufammenfein der Geliebten mit feiner Familie und feinem Wohltöter müßte ihrer glitrti lichen Vereinigung vorarbeiten. Denn mufzte Sophie nicht aller herzen ge winneni Aber fehl gestatteke feine Begleite rin ihm nich« so fchweigfnm zu blei ben wie auf dem Verweg .Wns habe ich nrir unter dem Dol lvr Schüler vorgeftellt,« fprnch fie, ,fo eine Art Ungliicklichem von den Erinnyen Verfolgten. Das ift ja aber ein fehr netter, verständiger Mann.« Er hat, während er noch feinen Beruf out-übte, das Außerordentlichs fte nn Selbfilofigteit und Menfchens liebe geleiftet, hörte ich einmal. Das er fich Jhnen gegenüber fehr zufam mennnhm und nicht fein ewiges tran riges Thema gleich besprach, ift ni tiirlich. Der Mann ift ja bei vollem Verstand Es geht ihm nur wie fo vielen ltngliictlichen —- ihr Unglück ift ihr liebstes Gefpräch·', antwor tete er. »Damit Sie bemerlt, wie rein es da wur? Nur roch es greulich nach Petroleuni auf dem Flur. Scheint eine brave tleine Perion, die Tochter —- nur etwas httlelftolz. . ." »Sie ift der höchsten Verehrung wert'«, sagte Stephnn mit flnrkeru Ausdruei. Das war mehr, als er er trngen tonnte, in diesem Ton von der Geliebten sprechen zu hören. Es wäre Vlnna gewiß nnfgefallen, wenn nicht gerade im selben Augen blick ihre Aufmerksamkeit vollkommen abnelentt worden wäre. Graf Bnrchard und Wolf tarnen ihnen entgegen, fehr eilig ausfchreii tend. Die hohe ftolze Erscheinung des Gatten fiel Anna in diesem Augen blick vefonders auf. Itirsttichl dachte sie befriedigt. Und der gute Wolf! Zu viel blon der Bart, zu fehr »Rese« nnd »Ger mane" in der Erfcheinnngl Was hatten denn die reinen, difz sie fo eilig daher lamen? lind iyn Grunde: wie fatall Denn nun mußte Anna wohl fagen, daß sie beim Dot tor Schüler gesoefen war. .Anna!" rief Wolf schon von wei tern, «dir fehlt etwa« Du leideft?" Mein Gott, Urfnla und Greti Wenderoth hatten alfo doch die Ge fchichte von der «verftanchten Hand« erzähltl Natürlich, ilrfula lonnte nie fchroeigeni Anna — mein Liebling —- ich höre, du haft Schmerzen — ein Un fall? Jch bin außer mir vor Sor ge«, fagie Graf Burcharo nun, als er vor feiner jungen Gattin ftand. Sie erglühte. Welche Beschämt-vgl Alles, was gesund in ihr war, tatn aus dem Uniergrund ihrer Seele herauf und wandelte sich in Scham. »Ja, wir kriegten einen Todes fchrecl«, erzählte Wolf, »dein Mann und ich, als Urfche fagte, ou Iviireft rafch zum Doktor gegangen«. »Warum haft du ihn nicht hol-n lasseni' fragte Graf Burchard und nahm den Arm feiner Frau. »Weil es vielleicht ein Nichts war nnd ich dich nicht eeft damit dehelligen wollte. Ei ift richtig auch nur ein wenig Neuralgie, vom Klimawechfel, meinte Schüler«. Die liebevolie Beforgnie des Gat ten vernichtete fie gerade«u. llnd gefiohlen habe ich auch nocH dachte fie und erinnerte sich drei Flälchchenö in ihrer ttleioertnsche, von dem sie nicht wußte, ob es ein prur Pfennig oder wie viel Wert habe. Nun, das ließe fich bezahlen. Mor gen kain eine Sendung Schnepfrn aus Ostrnu und eine Sendung Deli tatefsen aus Berlin. Man konnte ei nen «Friibstiiaetorb" packen und mit einer verbindlichen Karte zu Schülers senden. Mit dieser praktischen Erwägung beruhigte Anna ihre Geivissenobifse wegen bes entwenoeten Flopchchens. Und die tiefe BefchiimunY die sie wegen ihrer Jntrige und Lüge vor dem Gatten empfand, löste sich nach und nach in Ungeduld auf. - Erst hieß es, bie Portie nach Stub benlamrner sollte aufgeschoben wer ben —- Annac «Reurnlgie« wegen. Dann gab jeder feinen guten Rat gegen derartige Schiner en. Greti Wenberotb bgtte drei Re epte in ib rein Kasten. Sie selbst, Frau von Reinheit unb Wolf suchten fieberhaft danach, fanden sie aber nicht "hermis. auch las Frau von Reinbeci sich bald feft bei allen Teini- und Dankt-siege mitteln, die ihr givis en bieaginger kennen. Da Anna a r var f be stand, wurde der Ausflus endlich doch eingetreten. Einige der Tellnehinee fuhren-« dk Griifin Ren-te, der Baron und die saronin Wendeestln sowie here von Reinheit Dieser hatte bei dem Ad marfch der Fussgsnger genau die Mi nute festgestellt und ropdeseite ih nen, dasz sie eine halbe tunde länger unterwegs sein tviirden als sie sich tächten Streitluftig und jodial, iider sein ganzes rötliche3, von Nar den überauertes Gesicht lachend, stand er unter dein Poetal und fah den Freunden nach. Seine Frau gesellte sich anfangs Anna zu. Sie sollten sich ja de rennden. Das war ihr Programm. Die tleine dunkle Frau mit den braunen Funtelangen und den Sou brettendewegnngen hatte eine rasche, fast zwitfchernde Art zu sprechenJ Jhre Interessen drehten sich um KleisJ der, hutpreife, den dorteilhafteften» Schneider nnd dergleichen. Anna og sich sehr gut an. Aber in rn r Wahl, mit ungeborener Sicher heit« traf sie das Gefchmaeldolistr. Viel darüber zu reden, tain ihr uns» niih vor. Entweder sie weiß nichts zu sagen oder sie ist gräßlich bedeutend, dachte die tleine eFrau endlich mit einein Seufzer und Wnßte sich geschickt von der loorttarge Anna zu trennen. Zu Annae efriedigung schloß sie sich an Stephan Normann an. Wenn die einen Kavalier neben sich berief, beanspruchte sie ihn auch ganz, das hatte Anna schon beobachtet. , Urfula, geträntt und dem Weinen nahe. blieb neben der Gräsin Her dete. Sie fand eine Art vorlvurfsi voller Resignation darin, mit dein alten Fräulein zu gehen» Graf Bnrttxsard hatte Donat an feiner Seite. Es war sein Vorsch, auf den jungen Schwager such Möglichteit fördernd einzuwirtemdai Iait Anna doch die Freude habe, aus dein Bruder noch einen rechten Mann werden zu sehen. lind so konnte Wolf neben seiner Jugendfrenndin bleiben. .Wollen wir mal tüchtig ausschreis ten? So lvie früher? Weißt« noch du und ich. wir brauchten im mer zwanzia Minuten weniger don Pallau bis Reuhagen als Ursche und Donat.« »Ja," saate sie, »so im Takt umr ichieren . . . .« Sie ließen die andern Spazier-· gänaer hinter sich zurüc EB wanderte sich gut im Wald. Durch die noch blätterlosen Widsel kamen die Sonnenstrahlen herein. Sie matten die Schatten des Geästes als duntle Schlangenwinduugen aus den Gotdgrund des Weges-. Völlige Windstille herrschte zwischen den Etömmeu. Es war eine wohlige Wärme, daß man förmlich spürte· wie der Frühling heut’ am Wert sein mußte. Und es schien auch, als ob las griiue Gesprentel aus dem Un terholz reicher geworden sei. »Bei uns ist es noch nicht so tveit um die Zeit. tind wir sind hier roch um ein gut Stück nördlicher.« »Ja, das macht die Meerrsnähe,« sagte Anna. »Weißt noch? Vater rieb sich bei solchem Wetter die Hände und sagte zu meiner Mama: »Ursi, heut« wächst Butter.« —- Anna, hast du nie Heim tveh?« sragte er. - »Wie so!lt' ich tvohl!« «Freilich, sreilich.« Er nictte vor sich hin und dachte an Herrn von Liustotv, der sich durchs Leben aß, schlies und träumte. Er setzte hin zu: »Und dann, wenn man so einen Mann hat!«« Er bewunderte den Grasen.Burchar-d auss außerordent lichstr. I »Nicht tv.ihr?!« sprach Anna be stätigend; »ich sage dir, Wols, auch in Berlin habe ich keinen gesehen, der iinponterender gewesen wäre, att Erscheinung und im Auftreten« »Das ist ja nun was Aeußerlis ches,« meinte Wols langsam. Jhrn war, als hätte sie ettras anderes sa-» gen müssen »Aber wie wichtigs« sagte sie mit starker Betonung. Sie schwiegen eine Weile Tann sagte Anru: »Lieb, da rechts geht oer Weg hnntntrr, der oberhalb des tlfers nach Stubbentarnmer führt — wollen wir den nehmenfs Er fall etwas weiter sein...." »Gewiß, wir kommen doch noch vor den andern an.·« Es war ausgemacht, daß man den anderen, auf der Ebene oben im Walde hinsührenden Weg benutzen wolle. Anna und Wolf aber, in der Rinderdergniiglichleit, die ern Um wegen Spaß hat, liefen nun fast hinab. Bald kamen sie aus der sich mn bange hinziehenden Waldstrrcke ins Freie. .Lints blieb das Meer, rechts stieg, oft so steil, daß es zur schroffen Wand wurde, das hohe Ufer aus, vorn Meer noch durch einen Streifen steiniibersöten Strandes ge trennt. Jn mäßiger Höhe oberhalb des Strandes war ein schmaler Pfad dern Kalkgesiein abgewonnen. ; »Ei«, sagte Wolf, «dns ist hier« schön. Das mär’ was fiir Vater. Der schrie gewiß: »Dannerwettert«« Der blaue Himmel wars den Wi derschein all feiner Bläne auf das Meer-. Jn lustigern Rauschen lam et gegen den Strand nnd bespriyte ihn mit Schaum. Jn der Ferne schien das Wasser dunkler und dunli s lee zu werden« fo das am hortzoutf W Linie fi tote Staunan oom richtenden rdenton des him isels ask . , Die und. die fo fiih neben dem Pfad empor-flieg, war von blenden de- Weiß. Da und dort brach Oe ftriipp und hängendes Gerant aus den Spalten del Kallgefteines, oder auf einem Vorsprung hatte fich ein Baum mit klammernden Wurzeln feine Stätte gefucht. Wenn man den Kon weit zurücklegte, fah man oben iiber dem Rand der steilen Wand ten Buchentoald in feltfamer Ver liirzung feiner Stämme. Anna fchritl vor Wolf einher; denn zusammen tonnte man nur fel ten kurze Strecken auf dem schma len Pfade gehen. Schön tft sie gewachsen, dachte Wolf einmal, das ift mir früher gar nicht aufgefallen. Ueber-haupt, Hsie war ganz anders geworden, hatte Hsch fabelhaft herausgewacht, oder er hatte früher tein rechtes Auge dafiir gehabt! Wenn man fo immer zu fammen ift dann sieht man eben nichts.... Wolf feufzte tief auf. Sie drehte nach ihm um. Mann —- du und ein Seufzer? Warum?« fragte fie. »Weifz nicht. Anna, ich lann es dir nicht befchreiben: mir ift jeßt manchmal fo unzufrieden zu Mute Gott weiß warum." «llnsinn! Ein Weber von Pallau und unzufrieden! Das gibts ja gar nicht« «in wohl wahr. Aber ich toeißz einfa nicht wohin mit mir.« f » ein Vater follte dem Verwalter auf Glinde kündigen und dich dahin« einsetzen. Jhr zwei zufammen auf Pallau — das ift zuviel. Da haft’ du nicht genug zu tun.« »Das tann fein — ja, das kann es sey-" rief Wolf förmlich beglückt. »Ich ill es Vater mal fagen —- es. ift nur: Neimers ift fchon zwanzig Jahre auf Glinde, brotlos lann man» ihn doch nicht m.ichen.« t Das tvar natiirlich nicht AunasI Sorge. Die Schictfale des Ver walters Reimerss waren ihr egal. »Wie findeft du die Reinbeck?« fragte sie iiber die Schulter zurück. ,,Darf ich eure Gäste lritisieren?«; »Gott —- wir beide unter uns .. .«I »Sie ist nicht mein Geme. Sauf lleines Spielzeug möcht’ ich mal«nicht» zur Frau-« — J Dann vernegte ivr Gespenst-. Ums Takte, soweit hier und da die Un-; ebenheit des Weges nicht störte« schritten sie raschen Ganges hinter-; einander her. Jn ihrem Ohr lag res nno machte ihre Gedanken selt sam still und inbaltslos. In dreiviertel Stunden waren sie unterhalb der Kreideselsen von Stub benkammek angekommen. Nun hieß es, noch die gewundenen Wege der Waldschlncht emporzusteigen, die sich in einer tiefen Falte der steilen Küste, zwischen den Felsen von Groß- und Kleinstubbentammer zum Strande l)inabsentt. »Langsatn,« mahnte Wolf, ·gncl, wie der Weg vertourzelt ist." Es wurde Anna doch ein bißchen sagen Zoll ich trtichschieben?« »Jmmer zul« ; Er legte seine Hände rechts und links« an ihre Taille nnd schob ihre? Gestalt nun so trastvoll oortviirts,! Laß ihre Füße lanm nachlommeth konnten. . »Ja viel, zu viell« rief sie lachend. Gerade in dieser selben Stellung i)atte er sie einst über den Pallaner Dorsteich gefahren; aber hier hatte« man doch keine glatte Eissläche unsr ter den Sohlen. l »Ja viel ·...« Wolf ließ los. Fast in demselben Augenblick stolperte Anna iiber eine Wurzel und siel. Er schrie ans. Schon toar er neben ihr am Boden. lEr hob sie aus. er beachtete gar nicht jihr: «Laß doch.)..« l Er nahm sie in seine Arme. » »Er-se dacht« sagte sie, «es ist ja Jnichtö. Man stillt tvobl einmal.« ! »Nein ....« murmelte er, »was iman immer gleich siir einen Schreck um euch Weiber hat . . . ·'« Sie entwand sich ihm nun nach drüctlich Kannst du auch stehen? hast du dir nichts getan« Nicht am Faßt Nicht am Knie?« Er hockte schon wieder und um iaszte schon ihren Fuß oberhalb des Knochels. Aber ebenso rasch ließ er los» . Sie toaren ja keine Kinder mehr —- wie damals — als er ihr einmal mit seinem Taschentuch den Fuß ver bunden hatte. — ) Der seltsame Schreck, der ihn d:trchslog, als er selundenlang ihren Fußtnöchel erfaßte — der bedeutete gewiß: heut’ schickt sich das nicht Imehr Noch vor ihr lniend, sah er zu ihr empor und fragte mit sonderbar hei serer Stimme: «hast du wirklich keine Schtrterzen?'« »Nicht die mindesten,« sprach sie langsam. Sie sah sein blaues Auge so son derbar leuchten —- sah die Versto rung in diesem offenen, männlichen jungen Gesicht» Und sie begriss, daß er sie liebte! Ihr herz begann rasend zu klop sen. »Komm« sagte tte nnd siihr im sit fort s- obschon das herztlop en the sast den Iteni nahm. Er ltedte stet ltnd nen, gewis. er hatte selbst nicht bis nindeste Er kenntnis davon. onst wäre er schon gestehen — sonst ioitrde er fliehen. Das tviißte Anna. Dieses große Kind würde sich schuldbesleckt vorkommen und einein Verbrecher gleich ihr und ihres Gatten Antlth meiden. Das durfte nicht fein. Wolf» durfte nicht begreifen. was das war; er mußte in Untenntniil bleiben iiber die Natur seiner- Empfindungen» Anna wollte ihn nicht verlieren. Ein ihr so ganz und gar ergebener Mann ioie Wolf tonnte ihr jederzeit Wert zrug sein. . Wer vermochte in die Ziitunst zu sehen treue Herzen tann man brauchen! Ah —- dag war das Leben mit seinen Komplitationenl Nun stand sie dnrint Nun war es schon er fiillt von zahlreichen Vertniipfungem vie Spannung und heimliche Erre giing brachten.... Als es doch notwendig wurde,ein mal einige Minuten zu ruhen, sagte» sie, mit Atem ringend, harmtos la-» chend: «Ob wir wohl rechtzeitig tonimeni Herr von Reinheit ist einer von de-» nen, die« es so genießen, wenn sie» recht behalten. Und dann ist er so« schadenstoh.« Wolf sah nach der Uhr »Ich glaube doch. Wir sind aber auch nicht schlecht gerannt.« Sie sah es. seine Erregung hatte sich gelegt, und sie hatte tein Selbst erkennen, geboren. Gottlob... ! Und sie stiegen weiter aufwärts durch den sonnendurchivärmten Früh lingeivald Das blaue rauschende Meer blieb unter ihnen zurück, und der blaue, lachende Himmel schien in immer fernere Höhen zu entwei chen, im Maße, wie sie selbst empor tletterten. Als sie oben ankamen, hörten sie schon die Stimmen der übrigen Ge sellschaft, die nun auch gerade aus dem Wald tam und den Platz be trat, auf dein die Gebäude der Wirt schaft von Stubbentainnier lagen. Auch die andern waren, je mehr sie sich ihrem Ziele näherten, desto leb haster von dem Ehrgeiz erfaßt wor den, Herrn von Neinbect nicht recht bklvmmm zu lauert, llllo guum fur, in der törichtften Weise geeilt. Nun standen alle heiß und lachend vor Herrn von Minder-, oer schaden froh mit der Uhr in der hand sefti »stellte. daß er doch recht betornrnen siiber die Zeit. hiervon war er of sfeusichuich seht befriedigt sen-e- vie Spaziergänger waren sehr beruhigt, daß es sich nur um zehn Minuten t;andelte. « Jn bester Laune gingen alle in den RestaurationsfaaL s »zum du bin so erhiin sagte sGraf Burchard liebevoll, »ich war Ibeständig in Sorge nm dich, seit du mir entschwandest· Denk doch an deine Neuralgie!« » All das herrische HochgefiihL in dem Anna eben noch gefchwelgt hatte, .tosch aus. leermalö drückte die Be schämung sie nieder. lind das war ein unerträgliches Gefühl. Lieber nicht liigen dachte sie. Zwei, drei Tage flohen hin, ohne daß es Stephan möglich gewesen wäre, mit dem Grasen Burchard eine Unterredung zu haben. Sie sollte ja unauffällig sein, diese Untertes dung, sie sollte, nach Eophiens aus drücklichent Wunsch, nur den Charak ter eines Aushorchens haben Das herrliche Wetter war die Ver anlassung, daß man beständig Aus fliige machte, die sich zu ganzen Ta gestouren erweiterten. Die Gesell schn·t fuhr zu Wagen nach Breege und nach Arcona. Einen Tag nahm man das zweite Frühstück in Saß nitz und fuhr von dort mit der Bahn nach Putdus. Bei der Heimiehr war es Nacht. Der dritte Tag der zettelte sich in kleineren Unterneh mungen. Wolf und tlrsula hatten einen unbezähnibaren Eifer auf eine Segelpartie, es war ihnen beiden ein noch völlig unbekanntes Vergnügen« Alle andern Gäste rieten ihnen ab, es sei dazu noch zu früh im Jahr, sie würden auch teetrant werden. Esl half aber nichts. Und Graf Bur chard, in seiner ausgesprochenen Vor liebe siir das Geschwisterpaar, mochte es nicht ansehen, daß ihnen ein er sehntes Vergnügen versagt blieb. Er bat Stephan, vorauszugehen und ein Fischerboot unten am Strand in siand seyen zu lassen. Er selbst tam mit den beiden Pallaus dann nach. Anna sand das zu gutmütig von ihrem Mann. Er verzog die Ball-ans zu sehr. Ilnd Ursula hatte nun genl noch den Triumph, mit Stephan lan- ’ ge zusammen sein zu lönnen, ohnel daß ihr jemand das zu stören veri; mochte. s Aber dieser Triumph nahm ein schnelles Ende. Kaum schoß das Boot, bei einem .t-urchsonnten Südost frisch vor dem Winde laufend, weiter hinaus auf das Meer und verließ den Schutz derl Küste, so wurde Ursula sehr elend. Sie begriss erst nicht, was ihr war. Sie hatte sich unter Seekranh heit eigentlich nur »Erbrechen« vor spzsgsg . gestellt, und da sie in ihrem ganzen Leben noch niemals basu genötigt gewesen war« nahm sie an, ils- rannte überhaupt nichts passieren. Nun sah sie aus der Bank im Engels-von ihr igegeuiiber der so heiß angeschwiirmte iManm Sie war anfangs außer sichs ’dor Glück. l um- wie schön due Bin-! Wort hatte wohl recht, stumm und an diirhtig dosuspiu Cu- den blauen. schimmernden srefien und Weiten ter Wogen,·aus denen Silbergefune lel blihte, stieg loie ein riesengevßee Zauberbau das schroffe weiße Kalt gestein des Jusellandes heran-. Aber sehr schnell vertehrte sich Ur sulas Glücksgefiihl in eine große Zer ichlagenheit. Ihr Lieben war sa doch hoffnungslos-! llnd was war überhaupt das Lebens Alles traurig und grau —- der Gedante machte Kopfweh er saß in der Stirn iiber der Nasenwurzet, dieser Kost schmerz, und tat so weh toe jämmerlich ach, oon all beut Kummer litt ihre Gesundheit ..... Stesihan sah sie so aufmertsarn, so beobachtend on Ein Liebezblis war das nicht .. .. Das toar zum Weinen. Nie, nie würde sein Auge ihr teuchtenl Ge wiß hatte Anna sie bei ihm so schlecht gemacht! Wer hätte gedacht, daß Anna sich so beniihme —- stch ifdet Freundin so getauscht zu haben, tat weh —- es war-zum Weinen! Wie sonderbar die-Juki hin und-her schwantte, als machte ein ist-wetten sie taumeln ja, es war schlecht von Anna; denn nur sie allein hielt Stephan davon zueiich sich mit Ur fula mehr zu beschäftigen Uns nun konnte Ursula ihre Tränen nicht mehr beherrschen. Sie weinte vor sich hin, leise —- elend.... »Ich glaube, es ist besser, wir leh ren um," sagte Stephain Graf Bur chard hatte gerade auch schon die bläutiche Farbe unt ursulas Nase demertr uno die Iealtweisze der Nase selbst. »Nun« — Ursche — du wirst doch nicht freiwan fragte Wolf. »Nein hauasie sie und sont in halber Ohnmacht zuruct, oon syste phans Arm ausgesungen und gehal ten. Aber sie hatte tein Bewusstsein davon, daß er es war; es wäre the in diesem Augenblick auch egal ge wesen.... Zwei, drei Tage gingen fo vor über. Nein, das war zu biet. Ste phan ertrug es nicht mehr. War dies lluge Warten nicht verzweifelt mit einer Feigheit verwandlee So unerträglich hatte sich ihm im vorigen Jahr der Aufenthalt hier nicht gestaltet. Damals bot das Ge heiman seiner Liebe doch mehr Reiz als Qual. Gras Burchard, noch Junggesell, hatte außer feinen Schwe stern und den Wenderoch tcine Gäste für längere Zeit bei sich gehabt. Es tainen und gingen nur ein paar ijrennde Des Grafen. Atlnachmits täglich fah sich Stephan atö freim Herrn über feine Zeit und tonnte die Geliebte treffen oder im haufe ihres Vaters besuchen. Jetzt war das Leben ganz anders geworden. Er, damals der einzig Junge des Krei ses, fand nun hier vier Altersgenoi sen, an der Spitze diefer die Hans frau selbst. Und um diefer Jugend willen, nm ihr die ganze Gegend zu zeigen, befand man fich in einer fteti gen Unruhe. Niemals lonnte er .nn Morgen beurteilen, ob esJ ihm ain Nachmittag möglich fein werde, die Geliebte zn besuchen. Voriges Jahr war auch ihre Lage noch anders gewesen. Zahllofe Hoff nnngen wintten noch. Da schienen noch ein Dutzend Wege offen zu ite hen, die man beschreiten konnte. Und gerade damals, als er seinen Früh lingsnrlaud hier verlebte, statt-d er in Unterhandlungen mit einem ruf sischen Grandfeigneur, auf defer Gütern er eine Vertrauensftellung zu erringen hoffte. Es ließ sich so an. als würde es etwas werden. Jene Stellung hätte ihn ganz unaishiingig gemacht und ihm geftattet, feine So phie fofort heimzuführen. Seitdem hatten sich alle hoffnun gen zerschlagen, jeder Weg war be schritten, teiner führte zn einem glücklichen Ziel. - »s Stenhan liihlle es: et stefkks als tem Punlt, wo er handeln mußte wenn er nls ein Ehrenmann vor siH selbst nnd vor dem vertrenulden Mädchen bestehen wollte. Jn diesen qunlvollen Tagen sing er an, alle vernünftigen Erwägungen schlechthin nls nnmiinniich ein-»u schönen. Der heisze Wunsch, sich stel« nnd skei zu seiner Liebe zu bekennen, be siegte alle Bedenllichteiten. Und um vierten Tag nach jenem Besuch An nas bei dem Doktor Schüler ging Stephnn den Weg. der für sein Ge iiihl nnalnveisbai geworden tune EZ war jene Nachmittagssmnde, in der sich Stille iibee das ganze Schloß zu icnten pflegte - « Gortsehnng solgt.)» — «-—....· — Druckfehler Der-« stns der erqiiielenden Heidelheeren M nnf manchem rosigen Miymesen Spuren hinterlassen, nnd der huisi Silssessor schien es auf die lisz · Lappen der Deinen besondeer f - sehen zn haben. l «