Image provided by: University of Nebraska-Lincoln Libraries, Lincoln, NE
About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (March 21, 1918)
Lieb Vaterland Ins-m you Ist-m M — , cis Fortiecung und SchluH »Und ich doch, gnädige Bank Der Generaldirettor alloney toiegte dabei ganz gemiitlich das rötliche handt und fügte hinzu «Das hab' ich schon vor sechs Wo chen, wie ich das leste Mal in Paris war, als neueste Neutgleit gehört Daraufhin kam mir die Jdee« Sie aufzuiuchen Da erfuhr ich, day Jhre Frau Mutter auf dem Tode liege. . . Uebrigens mein herzliche-Z Beileid, gnädige Frau« « «Dante!' iagte sie mechanisch und fühlte den ehrlichen Druck feiner hand. Dann fuhr er fort «Da konnte ich Sie natürlich nicht belästigen. heule, gleich nach Ihrer Abreise. ivar ich bei Jhnen in Potss datn und hörte, Sie ieien hierher. Da bin ich rnit- dem nächsten Zug nachge fahren, eh« Sie mir ganz aus den Augen tonimen.'« Er seufzte. «Was glauben Sie wohl, was ich alies durch die Spritztour hierher serfiiuniei Zwei Sinungen — eine telephonische Konierenz mit Berlin Die Arbeit brennt mir auf den Nä geln. Jch kann's lauen vor den Uttioniiren verantworten. Aber man ist schließlich auch Mensch. hier bin ich Mensch. Sehen Sie: Sie fa gen selbst, Jhre Ehe wird geschieden Iclso war sie unglücklich, natürlicher weise. . .« »Ja, gen-ist« »Und sicher nicht durch Jhre Schuldl Jch tenn' doch auch die Leute dort! Hatten Sie einen an deren bekommen, wäre alles gut ge gangen. . .« Die junge Frau erhob sich bald. »Den Generaldirettor, ich weiß wirtiich nicht, wieio diese Frage ge xade unt beide hier interessieren oll.« .Dai werde ich Jhnen gleich ver raten, weine Gniidigstet Bleiben Sie nur hübsch sihenL . . Daß Sie den bewußten andern nicht gekriegt haben, das hat er rnir selber oor ei nein Vierteljahr erzählt! Gniidige Frau. . . Sind Sie mir nicht böse, wenn ich mir eine Zignrre anzündei Ich tnnn nun mal nicht reden, ohne u rauchen. . .Versluchte Angewohns ziith . . Dante schön!« Er entlockte einer hat-onna die ersten blauen Wolken und nahm ganz gemächlich das Gespräch wieder aus« .Nun — und wenn mich der eine von den beiden Teilen seines. wenn auch spä ten Bertrauens würdigt — warum soll ich es dann nicht auch bei dem anderm oersucheni Der Lüneinnnn ist so ein tüchtiger Mensch! Daß er mir nun ganz ootn Fleisch sällt und lopshiingeribh wird und über Gott nnd die nsterblichteit spintisiert, statt nn unsere Kurse zu denlen, so eht das nicht weiter. Schon im Interesse des Geschäfti! Der Liines man-i muß unter die Haut-ei« »Er ist do schon längst verhei ratetl« sagte nkgarete Ieddersen. «Dentt nicht daran! Entlobtt Seit langemi Knall und Fall! War um, wissen die Götter! Er sagt ei keinem Menschen. El war ’ne nette sescherung! Wütend wak alles aus ihn. Jch tonnte ihn tnum halten· Jch hab' die erste Gelegenheit be mißt, um ihn zu liisten, und ihn in Geschäften nach Griechenland geschintl Zltpefn Sie denn davon nichts ge t « »Aera «Auch nicht, wie Sie seht nach Deutschland zuriietlkimen?« «Jch hah’ fja laum einen Menschen gesehen und gesprochenl Jch hab' mich ganz der Pflege- meiner Mutter ge wwmnk «Ach so. . . ja! Was haben Sie denn, gnädige Fraui« - «Nichtit Nichtst« .Sie werden auf einmal so hlnßl Soll ich ein Glas Wasser holen?« «Nein, danle sehr! Es geht schon vorübert« Margarete Feoersrn saß aufrecht du« Sie heherrschte ihre Gesicht-Vit ge. Nur ein leises Zittern übertces ihren Körper. Ei war ein Schweigen groischen ihnen. Dann hub der Ge neraldireltor an: .Der gute Lünemann heißt sich lie ber die Zunge ah, als daß er einer Menschenseele verrät, warum er sich eigentlich entlobt hat. Aber Ihnen gesteht er«ii vielleicht. Falls er eben lIriegenheit hätte, mit Jhnen zu re n. Die junge Frau hob die Augen zu dem Generalvirettor. Mit einem raschen, halb angstvollen Eli-, und sentte sie wieder. Er war oon neuem verlegen. Er sog emsig an seiner Zi garre. »Sie gehen mich ja nichts an, gnä dige staut Aber wenn ich so den Litnemann Jahr um Jahr im Schweiß seines Angesichts siir unsere Usellschast hiisseln seh’, ohne daß er irgendeine Freude am Leben hatte. . . ich will nicht die Vorsehung spielen . . . ich hin nicht der liebe Herr pfi- . . ich hab« bloß dem Liinemann Ist ein paar Leibs-n nach Athen tele er s nach Deutschland Ich sent-. er wird heute »Es s« ; in Murg feint If» Ihnen WI« Margarete erhob sich. Auch der Generaldirettor Malloney stand auf nnd bettete den Stummel der st garre, die ihm iiber diese saure Bier teiftunde hinweggeholfen, in einen is «Wenn er hier ift, gnädige Frau, werd’ ich ihm sagen, dasz Sie auch hier find. Dann rutfcky ich sporn ft.·eirhs ins Geschäft zurück. Mag nun werden, was will. Jch hab' den Lü nemann wietlich liebt. . . Jeh wollte, ich höit’ ’nen Sohn wie ihn. Aber es sind man lauter Töchter. Ufst Adieu, gnädigs Frau-« ’ Der Generaldirettor Malloneh fchiittelte Margarete die hand und lief förmlich davon, als habe er eine übte Tat begangen, und trott nete sich, während er im Lift hinan fuhr, mit einein Tafchentuch die Stirne. , Von oben sah er durch die Licht halle noch einmal die junge Frau. Sie faß, ohne sich zu rühren. Men schen kamen und gingen im Getriebe des hotele. Sie beachtete es nicht. Dann durchzuckte es sie: So wird nun auch bald Morih Liinemann hier eintreten. Sie sprang jählings auf. Sie ftand oor dem Gasthaus. Sie ging in die Straßen hinaus, ohne zu wissen, suchte fie ihn oder floh sie ihni Wie im Traum fah sie um sich. Der Wind lräufelte den blauen Spiegel der Jnnenalfter. Au ßen auf der großen, freien Fläche Ichiiumten weiße Wellen. Silber-grau oerfchwamm weiterhin der Wasser spiegeL Ein alter Mann mit einer Title trat ihr in den Weg. Sie sollte tleine Fischen für die Möwen taufen. An der Ecke standen zwei tileinmiidchen mit weißen häubehem Sie lispelten beim Sprechen. Es war wie auf dem Theater. Ei war alles unwahrstheinlich in diefer gro «ßen fremden Stadt. Ei war, als müsse man jeden Augenblick etwa chen, in die Wirklichkeit von stottdanr oder Paris zurück. Der Alsterpaoili lon war schwarz von Menschen. Die Musik spielte. Sie schritt geistesads wesend daran vorbei — wieder in sdatt hotei. Sie stand am Fenster ihres Zimmerö, den tion zwischen den ausgestiihten Armen, die Hand sliichen an die hömmernden Schläsen sgepreszn Unten schossen die Dampf Iboote wie Schwalben kreuz und quer durch die Flut, Jachten dliihten wie sschwimmende Schwäne ihre weißen lSegeL Ruderboote slihten dahin. Ei ne tiihle Brise wehte herein. Eis war smm schon span- Nachmiiiag. Die xSonne stand ties irn Westen. . . Wie Lhatte der Generaldireltor Malloneh kgesagti heute wird er noch kommen »-— oon Griechenland her —- iider JLand und Meer. . . I Oder er kam nicht. Er wollte Inichts oon ihr wissen. Und sie saß shier und wartete. . . J Sie stand aus einmal wieder im Knien Sie ging mechanisch aus das athaui zu. An dem war eine Jn schrist. Die war lateinisch. Sie konnte sie nicht lesen. Jhr Herz stand still. Da kam ein Mann rasch hinter ihr her. Der sah Morih Liinemann ähnlich. Der lüstete den hist nnd gab ihr die Hand und sie ihm Dann hörte sie wie ans weiter Entfernung seine Stimme: » .Eben war ich bei Malloney im shotelt Dort sagten sie, Du seist aus sgegangeih in der Richtung hierher. iDa bin ich Dir nach.« i »Ja Y »Und gottlob hab’ ich Dich schon oon weitern erkannt. . Auf einmal schwiegen beide und isahen sich fast erfchrocken an. Dann Igingen fie langsam weiter — neben einander, irgendwohin in die Stadt hinein, in das Gen-irr krummer Grachten und alter Gassen. Da begann er wieder und stieß es hervor: «Malloney sagte, Du wolltest von Deinem Mann fort?" i »Ich bin es fchon längst! Jst tur xzem bin ich geschieden!« Sie konnte nicht anders. Sie mußte aussprechen, was ihr das herz drückte « ch habe Dir doch geschrieben, wie ung italich meine Ehe war. . . da mals. . . zu Deiner Verlobung. . . oder hast Du den Brief vielleicht gar nicht belommeni« »Ach-' Eber ich nie eine Antwort!« » Er holte tief Atem. i »Ich hab’ Dir damals nicht ant worten tönnentk ’ »Warum nichts Du weißt i.icht, wie tveh Du mir damit getan haft!« »Ich hab' nicht tönneni Du hast mir in dem Brief zu meiner deirat Gliid gen-Unschi- . .« .Wenn tch nicht gewußt hätte, daß Du vor der heirat standest, hätte ich nie eine ile an Dich gerichtet. Es sollte d nur eine Verföhnung zum Abschied feint i Mai-is Lünemann hatte Mühe, ; weiteszuspkechem »Du hast den Brief an einen viel besseren Menschen gerichtet, als ich damals war. Du hast geglaubt, ich hiitte das alles zwischen ans hinter mir und hätte eine andere gefunden, i i s Y- mik passen-e in spi- sannst-« u. . .« »Ich hab' es gehofft, Worts . J um Deinetwilleni« · » . .Jch aber will Dirgeftehenx Jch war in jener seit in einer fchlimmes ren Berfaffung wie Du vor fech Jahrem Eben weil ich von Dir .nicht loslpinmen konnte, dachte ich: Macht wie die Gretet Taufch' Dir wenigstens fiir Dein Unglück Geld ein! Sie hat Dir ja das Bei piel gegeben und ift ganz vergnügt. enn sie vergessen und sich «in alles finden lann. warum nicht auch Du? Dazu war ich feft entfchtoffeni Da hat Dein Brief mir plöglich fchrecllich die Augen aufgemacht. An Det nem Schicksal hab' ich mein eigenes lünftigei Schickfal erkannt. Du haft mich im legten Moment gerettet, Grete. . .« »Und da bift Du ohne eine Zeile fort. . .« »Dir auch das noch zu gestehen. . . . Jch bracht’ es nicht fertig. Jch brauchte meine Kraft fiir das näch; fte. Jch bin heimgefahren und ha meine Verlobung aufgelöst Die Leute hielten mich einfach fitr ver rückt. . . Es war ein harter Schritt. Jch habe mir damit mehr Feinde gesE macht, als ich zeitlebens wieder ver föhnen lann!'« » Sie kannte dies trogige Lächeln an ihm. Er fuhr fort: »Um einen tüchtigen Kerl kommen sie heutzutage nicht herum: sie brau chen mich. Es heißt nun fchuften. Leicht werden wiss im Anfang nicht haben! Das ertliir' ich Dir gleicht« ( Er sprach wie selbstverständlich oon ihnen beiden. Sie sagte nichts dazu. Still ging sie neben ihni her. Auf den abenddiimmernden Gassen wimmelten die Menschen. Zuweilen fah man bei einer Straßentreuzung weit in der Ferne die Maften der Wasserkante. Sie hatten die große Burstah hinter sich gelassen. Die häuser wurden mittelaltertich, hoch giebelig, engbriiftig, noch aus der it oor dem großen Brand. Moriß it nemann begann wieder. »Ein Leben ini Luxus, wie Du es bisher geführt hast, kann ich meiner Frau nicht bie ten. Aber ich oerdiene genug! Jch hab’ es nicht zu bereuen, daß ich ebenso wie Du auf meine Art auch aus unseren alten Verhältnissen her aus bin. Und der Unterschied zwischen uns beiden, Grete, war: nur, daß ich dabei ein ehrlicher Deutscher geblieben bin und bleiben werde. , . Und Du mit mir!« Er schaute sie·erwartungsooll an, ob sie ihm nicht etwas erwidern witt de. Sie konnte nicht. Aber sie blieb, wie Schuß suchend, den Blick am Boden, dicht an seiner Seite. Und ihr war, wie er da neben ihr schritt und gedämpft und kräftig in seiner rau-« hen Herzlichteit ihr Trost gab, als redete das Vaterland, als redete Deutschland selber zu ihr. HGnte —- hast Du mir denn nichts zu sagen?« Er war stehen geblieben. Auch sie machte halt und schlug die Augen auf und trat fast erschrocken einen Schritt zurück. Dicht hinter ihnen rectte sich ein Riese empor, hob sich turrnhoch in die Dämmerung, iibers ragte Stadt und Fluß. Ein getreuer Eckart hielt Bismarcks Denkmal, aus steinernen Quadern, wie fiir die ’Ewigleit gefügt, die Wache an der Pforte des Reichs. Die beiden Men schen unter ihm schienen winzig klein« Andere waren außer ihnen nicht da Es war still, auf dem Schluchtweg hernieder zu den Landungsbriiclew Nur aus der Ferne klangen vor der Reeperbahn und deni Spielbudenplaß der Trubel von St. Pauli. und von unten, vom Hafen her, ein unbestimm tes, tausendfachez ehernes Brausen der Arbeit. »Gute. . ." Er breitete die Arme aus. Da sanl sie ihsn on die Brust. »Ich hin wieder daheim! Jch bin bei Diel« Sie sprachen nicht weiter. Sie litßten sich stumm· Ueber ihnen stand der steinerne Riese. Der Abendschein lag iiber seinem mächtigen haupt. Seine Augen blickten auf die beiden zu seinen Füßen nieder und schauten weiter in letzte Fetnen und segneten das deutsche Lond. Ende-) « x.—.-.— —- Gecn ii t l ich. Fräulein: «Eine Postlarte... weshalb losnrnen Sie denn heute so irilhzeitigi« Briefträger: »Weil da Ihr Schatz schreibt, daß Sie uin neun Uhr an der Annonceuhr sein sollen, jeyt isth ja schon dreiviertell" —- Laloiiifch. Gläubiger: »Ich war schon in drei Wohnungen um Ihnen den Wechsel zu präsentieren; wie ost ziehen Sie denn eigentlich ansi« Schuldner: »Wi« scheint, noch lange nicht ost genugt« —- Feiner Unterschied. — Einetn Luftschissee, der or verschul oet ist, hat man das Luflschiss ge pfiindet. Am Tage darauf will ihn ein Belannter besuchen, und als die 1 fer ihn nicht zu hause trifft, fragt er den Nachbar: Ist er ausgeflogenF ,Nein,« antwortete dieser, »der hat , ausgeflogenl« Jch hatte einst ein Stück geschrie ben, ein Tt)eaterstiick. Leider ist es nicht das einzige geblieben, in späte ren Jahren habe ich mich in ähnli cher Weise noch einigemale vergan gen, und vielleicht hat der eine oder andere der geneigten Leser meinen Namen schon auf irgend einem Theaterzettel gelesen. Sollte er da mals versäumt haben, sich diese Vor stellung anzusehen, jo hat er nach meiner unmaßgeblichen Meinung entschieden einen großen Fehler be gangen, nnd ich rate ihm wohlmei nend, denselben bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit gut zu ma chen, zugleich empfehle ich ihm drin gend, diese zweite Gelegenheit ja nicht zu vrsiinmen, da sich die deut ichen Theaterdirektoren, »aus Min derschatzung meines Wekt'o«, sehr selten entschließen, eine-s meiner saintlichen Werke zur Ausführung zu bringen, was mich jedoch nicht ab gehalten, 21 Stücke mit 62 Akten und 7:’..: Szenen zu schreiben. Um strtümern vorzubeugen, sei hier be nierlt, daß nicht jedes der 21 Stücke 62 Akte und 732 Szenen aufweist, sondern alle zusammen so viel Ab schnitte enthalten. Allein das alles gehört ja gar nicht hierher, und ich bitte der Ab schweifung wegen nnt Entschuldi gung. Daß ich ein Stück geschrieben hatte, glaube ich, wenn ich nicht irre. i..c Eingang erwähnt zu haben· Es war kein siinfaktigess Trauerspiel, nur-II Iiis droinkiszusz Onthnsksl · nein, nnr ein ganz kleiner bescheide ner Charakter war aus meiner Fe der geflossen, und wenn ich auch zu meinem Werk zwei Tage mehr Zeit gebraucht hatte als der liebe Gott, da er die Welt erschuf, to ging es mir doch nicht schlechter wie ihm, denn alr- ich ansat), was ich gemacht lsatte, siehe da war alles sehr gut »Was Wunder, wenn ich mich rasch sentschlosn der Welt nicht lange den sGennsz nnd mir den Lorbeerkranz des Ruhmes vorzuenthalten, das Stückchen sauber abschreilien ließ nnd es an eine Theaterbuchhandlnng sandte Jch war indes einigermaßen überrascht, als ich nach etwa Vier Wochen mein Stück mit einem artigen, gedruckten Brief als Ein tage zuriickerhielt, in welchem der Verleger behauptete, daß das Stück Ileider siir seinen Verlag nicht ge Eeignet sei. Am ersten Tage war ich sehr niedergeschlagen, am zweiten ’argerlich, bis ich endlich am dritten zu der ileberzengnng tam, »der Csel«, so nannte ich frevelnd den IBnchhiindley verstehe nichts, das Stück nochmals einpackte nnd an ei nen Zweiten sandte. Derselbe Erfolg, mit dein Unter schiede, dasz dieser Zweite das Manu stript nnsraniiert znriickschickte, was jedoch nnr znr Folge hatte, daß ich ihn einen »Schas5iops« nannte, der noch weniger verstünde als der Erste, nnd das Stiict einem Dritten ein sandte. Aber anch dieser Dritte schickte es zurück, nnd zwar eingeschrieden nn srantiert. Nun legte ich es still re signierend beiseite-. Einige Zeit darauf siihrte mich der Zufall nach einer grösseren Stadt, und ein anderer Zufall liesz mich zufällig die Bekanntschaft eines sich dort zufällig anshaltenden Thea terdirettorci machen. Dac- ich so viele giinstige Zufälle nicht nnbenutft vor izbergehen lassen ionnte, war selbst Verständlich, ich gäb ihm das Stück Jchen, was ich auch wieder zufällig bei mir hatte, nnd er versprach mir, dasselbe sobald wie möglich zn lesen. Eher als- ich geglaubt, hielt er Wort, denn schon am nächsten Tage schrieb er mir, das Stiia habe ihin enszerordentlich gefallen und er gnsiirde e-: mit Vergnügen zur Ans ssnhrung bringen, wenn ich aus ein »Hoiiorar verzichten wolle. Beigefiigld swar dem Briese ein mit 18 Mart 5 iPs. und der Adresse des Theaterdis stettors ausgefiilltes Poftanweis sungsszormular als Abonnementsi preis siir zwölf Sperrsitfel -Wäre die Nachschrift nicht eine Einladung zn der übermorgen statt findenden ersten Probe meines Stückes gewesen, ich weiß nicht, was ich getan hätte, so aber verbiß ich meinen Groll und schickte das Geld. Der Tag erschien. Um 11 Uhr war die Probe angesetzt, um 7 Uhr war ich bereits auf. Lessings Dra inaturgie und Kleins Geschichte des Dranias, soweit sie fertig ist, hatte ich bereits den Abend vorher durch gebliittert. Um 91X2 Uhr hielt ich’s in meinem Zimmer nicht mehr mis, ich mußte fort, ins Freie. Sie benmal ging ich die Straße-, in wel cher das Theater lag, auf und ab beim achteninal wagte ich mich sogar schon bis ans den Hansflny beim zehnten faszte ich endlich einen küh nen Entschluß und trat ein. O wie öde und unwirtlich sah der grosse Saal ansl Es war ein Rauch theaiek ziemlich niederen Rangech leere und halbgkleerte Bierseidel standen ans den Tischem die den wei ten, halbdunkeln Raum füllten. Kell net mit heronigekrempelten Hemd iitmeln schlüpsten mit oerdtossenek Miene zwischen den Stuhleeihen bet um. Der Vorhang der Bühne war halb aufgezogen, Möbelftücke aller Akt standen nnd lagen im wüsten Durcheinander auf dem in Dunkel heit fast verhüllten Podium. Ein unangenehmes Gefühl über tam mich. Wenn das die goldene Pforte zum Tempel der Kunst warl Jch bestellte ein Glas Bier, es- war sehr schlecht, aber die Uhr zeigte noch nicht einmal die zehnte Stunde. llm 10 Uhr bestellte ich mir ein zweites Glas, das war noch schlechten Die Minuten schlichen bleiem Jch nahm eine Zeitung, aber ich fand keinen Zusammenhang in dem, was ich las, ich weiß heute noch nicht, ob das Blatt oder, meine Gemiitsstimmnng an dein Umstand schuld war. Jetzt schlug eiJ dreiviertel, jetzt müssen sie bald tout-neu. Jedesmal, wenn die Tiir ging, fuhr ich von meinem Sitze aus, je desmal umsonst — tein Schauspielee ließ sich sehen. Es schlug die elfte Stunde, der nächste-, der da lau-, mußte der Di rektor fein. Die Tiit ging auf, ich erhob mich, um den Biihnenleitek zu begrüßen Aber es war ein Zeitung-sinnge. Jch warf dem liugliicklichen einen Blick zu, der hingereicht hätte, einen Ochsen zu töten, wenn man mit Blicken überhaupt einen Ochsen töten könnte EI" schlug ein Viertel ans zwölf Uhr. Nervös verfolgten meine Augen den Zeiger meiner Uhr —- wieder zehn Minuten voriiber. Jch bestellte noch ein Glas Bier, nur um den siellner fragen zu tön nen, wann denn hier die Proben an fangen. Ein undeutliches Gruuzeu, ans dem ich etwa entnehmen konnte-, daß er es selber nicht wisse, war die AntJvort;» YOU-V slulljc scsujcus iu« lljlll UIUH 5 Pfennige Trinkgeld zu geben. Endlich erschien der Direktor-. »Ich bitte tausendmal um Ent schuldigung, mein bester Herr Autor,« rief er mir iiberlaut zu, »ich kann heute noch keine Probe abhal ten, meine Frau hat Wäsche-, und ich mnsz sie in dem Stiick beschiiitigenl« »Die Wäsche?« fragte ich. ,,J bewahre, meine Frau —- und die wäscht eben heutel« erwiderte er. »Ah so, Jhre Frau Gemahlin ist Wäscherin,« sagte ich uializiög. ,,Wieso?« entgegnete er, mich mißtrauisch ansehend· Ju mir kochte ers. »Noch Ihre-u Worten,« antwortete ich daher, »inuß ich auuehmeu, daß sie das Theater als Nebensache betrachtet.« »Wo denken Sie hiu,« unterbrach er mich, »meine Frau ist Schauspie lerin, sogar eine sehr gute Schau spielerin — aber Jveun sie Wäsche hat! —- Sie wissen ja, wie die Frauen sind.« Damals wußte ich das noch nicht. «Uebrigen;:s,« suhr er fort, »ma cheu wir uns die Sache hier nicht so imgstlich, ich habe nur Jhretwegeu einige Proben augesetzt, sonst wird so ein Stück mit einer rProbe raus yewetterh daß es eine Freude ist lber morgen sriih, da soll’5 losge hen, kommen Sie nur « Nach einigem Sträuben versprach ich endlich, zu ericheiueih und stellte mich auch ani anderen Tage, diesmal erst siius Minuten nach der festge setzten Zeit, ein. Allein auch diesmal vergeblich, denn als ich das Theater lokal betrat, war weder eiu Schau spieler noch der Direktor zu sehen. Eine halbe Stunde wartete ich ge duldig, als- jedoch immer noch nie mand erscheinen wollte, ersuchte ich einen der stellner, doch den Theater dieuer zu rufen. utn schauenon Honngetuajler oek gesamten siellnerschar belehrte niich indessen, daß eiu solcher Würdenträ ger an diesetn Theater nicht existiere, endlich entschloß sich ein zufällig an wesender Junge, gegen ein Trink geld bei dein Direktor Nachfrage be ttiffs der Probe zu halten, nnd kam ttach einer Viertelsntnde mit der Antwort zurück: »Der Herr Direktor nnd sämtliche Mitglieder seien in folge einer gestern abend von einem tlunstntiieen veranstalteten Festlichs seit vollständig indisponiert.« Der Bote druckte sich natiirlich weit drastischer aus-, ausJ diiiieisicht fiir den Leser glaubte ich seine Worte nntgeftalten zu tuiissen. Ob dieser Antwort war ich einfach starr! Jch glaube entschieden, daß setzt titeine Geduld zn Ende nnd daß ich entriistet dasJ Stint zurückziehen würde, aber ntau täuscht sich ost, und am häufigsten iiber sich selbst. «- uerst freilich stand tnein Entschluß fift: Das Sttick wird zueückgezogenz aber schon nach einer Stunde be schloß ich, den Direktor nur mit die sem Schreckinittel einzuschüchtern, bis ich zuletzt zu der Annahme tant, die Sache gehen zu lassen, wie sie eben ging, aber eine Probe besuchte ich nicht mehr, soviel stand in mir fest, und feierlich beschwor ich es beim Haupte des Patrokius und der Tu gend der zehntausend Jungfrauen. Jeder der Leser wird nun erwar ten-« daß ich ant nächsten Tage doch hinging, und er hat ganz recht, ich ging, aber erst nach einer langen Auseinandersetzung mit dem Büh Person befuchte. Diesinal sollte kein tückischer sit-« fall oder böfer Wille das Werk ins seiner Ausführung hindern. Allesz war an seinem Platz, das Personal verfannnelt, die Biihne fertig ask stellt. i Auf dein Regiestuht, vorn neben» dem Sonffleurtasten, nahm ich Platz, der Jnfpiztent gab das Nutz gelzeicheu zum Anfang, der Souffiiv tenr schlug das Buch auf, und dis erste Szene meines ersten Stückes wurde auf der ersten Probe zum er-, ftenmat probiert. - Was ich geahnt, traf ein. Kein« Mensch wnszte eine Zithe- Gleich de - Erste, der auftritt, sprach den ersten Satz, so dasz man dass Gegenteil ; ite5«Jiil)atts verstehen mußte. T Zweite-, welcher mit oen W ; · «Pentre Saiut Geis« aufzut » » hatte, hielt diesen LiedlingsM Heinrich IV. fiir eine Pekfou, M unterbrach die Probe mit der Xe niertuug, dafz der Darsteller » Herrn von St, Gris noch nichtZ».«j sei. Auf seinen Irrtum aufmer f gemacht, forderte er von mir dies tliiruug, ob das der Heinrich-«- , fei, den nmn wegen f.-ines V : Henri quatre genannt hätte, M Dritte trat nicht auf, und als er M dem Grunde. gefragt wurde, behaup tete er, sein Stichwort fei nicht ge fallen, er habe in feiner Rolle als Stichwort Hahaha angegeben. »Das solt doch Lachen tiedententte rief ich ihm zu. - »Ganz rechtl« erwiderte en www Schnitt —- fo hieß der Gmnspietekz der ihm das-·- Stichwort zu dringenvv hatte, —- ,,hat nicht hahaha, fondcm hihihi gelacht, nnd da wußte ich richt, ot) dies mein Stichlachen fei.« Ein verzweifelte-r Blick zum Hirn-. mel war« feine Antwort. muten-H de- mich iu Wiss-eures --i cine Zeitlang sah ich mir nun sie Sache ruhig an, als aber mit jedes Szene das Gedächtnis der Darsteller mehr und mehr zu schwinden schien« bemächtigte sich meiner eine hochgms dige Nervosität, die nur durch dis leise iu mir ansdämmernde Ahnung-H ,man nzt dich«, an einem Ausdrucks verhindert wurde, alier doch die Schranken der kiinstlichen Ruhe durchlirach, alsJ einer der Darsteller den Schreckengrnf »in meinem Hausq Tesertenre!« mit dein srendigstert Gesicht von der Welt und den Wor ten »in meinem Hause-, welche Ehre« zmn Ausdruck brachte. Da legte nH mit vielem Aulomb den Rotstiit nie der nnd erklärte die Probef fiir auf-« erhoben! »Das ist unmöglich« rief piöhlickj der Diiettop ans- dem Zuschauer raum, die Zettel sind gedruckt, das Stint ist heute abend. «Nieinalcsi« rief ich. ,,Toch, doch, beruhigte e,r »die Herrschaften lernen heute nachmittcg ntch, das Stiiel mnsz sein.« Jch sah ein, daß nichts zu machen war und verließ rachebriitend das TheaterlotaL Aber abends zur Vorstellnns mußte ich doch zugegen lein, troc dein ich mir vorgenommen, nicht hinzugehen, litt es mich nicht in mei ner Wohnung. Tas- Hans war gut besetzt, viele meiner Freunde nnd Bekannten hat ten sich eingesnnden. Die Vorstel lung begann nnd endete, wie ich er-. wartet; mein Stint wurde total ges nun-sein und wenn trotzdem der Vor-. Lang nnter starkem Applanö siel, sq hatte ich dies- unr der an linverq stand grenzenden Harmlosigieit des Publikums zn danken nnd den aku « Ist-ich gehanteu nnd nut Blech ausge sclxlageuen Händen meiner Freunde« die des Guten noch uiehr taten nnd mich stiiriuisch riesen. Ich zögerte iratiirlich nicht, diesein ehrenvollets Ruf Folge zu leisten. Der Augenblick der Rache und des Triumphes-«- war gekommen. Beinahe wäre niir beides rereitelt worden, denn als ich die Bühne betrat-, war der Vorhang schon aufgezogen, und ich, der dies nicht wußte, befand mich plötzlich. völlig unvorbereitet, dein geehrtm Publikum gegenüber. Dies verwirrte mich, ich starrte die Menge verdunt an und sagte: Guten Abendl Guten Abendt antwortete das verbliisfte Publikum einstimmig, Aber da hatte ich inich schon gefaßt nnd sprach schnell: Meine Herrschaftenl So schmei chelhaft tnii auch Jhr Beifall ist und so gern ich denselben annehmen möchte, so inuß ich ihn leider ent schieden ahlehnen, da er ganz allein den Tarstelleru gebührt, welche durch ihre Darstellung inein Stück vollständig unigeschassen haben, obs zu dessen Bor- oder Nachteil, wagt ich nicht zu entscheiden. Große Pause, dann fiel unter dem Gelächter des gesamten Auditoriiuth der Vorhang, und ich fand es für dringend geboten, niich den Müss wiinschen der Viihneninitglieder, dtc aus allen Kulisseu ansinichzueiltem durch schleimige Niickwiirtxitieweguns gen zu entziehen tlnwilltiirlieh mu ji te ich dabei an Schiller denken, as er nach der ersten Vorstellung vm Walleustein das Schans pielhaus ver-; ließ und Mütter ihre siinder einem-« holdem unt ihnen deu berühmt-s Dichter zu zeigen, ich glaubte näm lich etwas enniorgehoben zu sehen — alser Kinder schienen es mir nicht zu sein«