Tisch Vzixkclautx Roman von Rudolp- Stroh (10. Fortsesunw Dann zündete sie das Weihnachtis häusliches nn, feste sich daneben und wartete. Sie wollte Chneley damit siibeemschen Sie wußte: er war nach seiner gesehten Art die Püntttichteit seiden Schlag sieben kam er. Sie hörte seine Stimme draußen in der Halle. Dann zu ihre-n Schrecken eine zweite. Das wnk nicht der Diener. Das wot ein seecndee, weiches Bari ton. Sie sprang aus« sie eiite Karl Feddeksen entgegen, der den Kopf durch den Tiikspalt steckte. ,U1n Gottes willen, Du hast doch keine Gäste mitgebracht?« »Mir einen!« Er lächelte harmlos. Er begtiss nicht, was sie wollte. «Wo Du mit in die hand verspro chen hast, daß wir heute...« «Ein einzelner Mensch stött doch nicht« Es ist doch nuk dek Vetter At phonset« Leiber am Weihnachtsodend . . .« »Ich hnb’ nachher wichtige Geschäf te mit ihm. . das hilft nun nichthh Roms-s nur herein, mon chec. . J wie ich Dir gesagt hab'! Du kommst n la sottune du pot .. " Alphonse Feddersen trat ein. Auch noch gerade dieser Gast! Sie hatte ihn in ven sast zwei Jahren ihrer Ehe erst einmal sluchtig gesehen Sie ent sann sich seiner laum mehr. Nur sei-; net iiblen Russ. Aeußerlich merlte» man ihm ben nicht an. Er war einf großer, schlanter Mann. nahe an den Vier-Um viel dunkler als hie blande Hauptlinie ver Feddersen, mit mass gerein, lönglichem Gesich:, weichen» schönen Augen und spiggeschnitteneins Wollt-act Er hatte eine lächelnde Art» einein die hand zu tiissen, guten Abend zu sagen, einen anzusehen —J gar nicht breist — nur so selbstversl ständlich. als habe man schon einens Schessel Salz miteinander gegessen.: Er tat, als mektte er Ihre Unruhe; und Bliisse nicht. Er setzte sich. wish-; rend Karl Feddersen sich entfernte um sich umzuziehen —- er selbst wars schon im racl —- und bewunderte; sosart den hristbaum, den jener noch» gar nicht beachtet hatte. Er hatte et was KindlichsErsreutes gegenüber dem Lichterglanz. Er niate der haus srau gutmütig zu, alt- seien sie beide vie einzigen Menschen in Paris, die’ dasiir Sinn besahen. Er rückte ver traulich näher-. Sie möge ihm doch» von zu hause erzählen. Von Weih nachten dort. heute, an oem heiligen Abend seien ihre Gedanken gewiß bei ihren Lieben daheim. Seltsam, ioie er ihre Stimmung erriet. Jhr Mann wäre nie daraus gelommen. Eigent lich gesiel ihr Alphonse Feddersen trotzdem nicht. Sie war froh, als Chorles zuriäcktehrtr. »Schon mal an! Da hast Du Dir ja auch einen Christbaum gemacht!« wars er leicht hin und setzte sich. Jhn interessierte diese Spielerei wettet nicht. Er sah aus die Uhr. Man konnte gerade vor dem Eisen noch das Geschiistliche erledigen. «Ja, lieber Vetter-was die Guin misAttien betrisst,' sagte er achselznts tend. »Da tann ich Dir nicht helfen. Du mußt in den sauren Apsel beißen. Du hast sie nun einmal zu dem da maligen Kurs lombardiert... Ich weiß, hie Papiere steigen harrend! Aber trohbem . . .« Margnrete hörte still za· Vor ihr lnisterten die Weihnachtslerzen unb erloschen allmählich«. Es war ein zarter hnuch von Bienenwachs nnd Tannennadeln.·. daheim sangen sie jetzt »Stil« Nacht, heilige Nacht. .« »420 Brief meinst Du höchstens-« sagte ihr Mann neben ihr laut und laltbliilig zu seinem Gast und wehte dabei mit der hand den haftenden Qualm des Christbaunts von sich ab. Die sunge Frau erhob ich stumm und blies selbst die letzten Kerzen aus Katl Febbersen beachtete es nicht. Aber sein Vetter Alphonie sah sie soncerbar mitleidig nn. Der Diener meldete «Madame est seroie!« Sie äing stumm am Arm des Gastes zu -isch. Sie hatte Mühe, ein Weinen der Mutlosigteit zu unterdrücken Sie hatte sich diesen Abend so anders ge bacht... sie banlte ihrem Schöpfer, baß sie nicht viel zu Jeden brauchte. Der Vetter Alphonse besorgte das sast allein, in einer leichten, weltmäns nischen Art. Er erzählte von Monte Carlo, wo er seht, wie gewöhnlich, ge wesen, von Argumen, wohin er in nächster Zeit liichten wollte — ganz amiisant — eutsch und Französisch durcheinander-, wie es ihm gerade ein siel. Im Deutschen sehlte ihm zuwei len ein Wort· Er hatte überhaupt nichts Deutsches an sich. Auch nichts e« entlich Welsches. Er sah unbe st tnmt egotisch aus —- eine Mischung von Nor und Südländer, die liber all Fi ehiiren konnte. Er besaß un ztvei el st mehr allgemeine Bildung als die andern Febbersens, hatte mehr gesehen und erlebt. Ein eigentümliches ututtitigiieonisches Lächeln schwand auni von seinem Gelt t. Er düntte sich offenbar den brei riidern liber .Wyi»e die Drohne ben Arbeits Noch aufgehoben-r Insel sing Karl Feddersen hiniiher in sein ehrst-la dinett. Die Zigarren. die der Diener gebracht, paßten ihm nicht. Er hatte da eine neue Marte in Glasriihren, direct nat der hat-onna Margarete war mit dem Vetter in den Vorder riiunten allein. Er machte aus einmal einf Armensiindergesicht und stand au . »Er-te Nacht, Kusine!« versetzte er dann rasch und geheimnisvoll »Grü szen Sie Charlenl« »Sie wollen doch nicht schon sort7« »Erstens mißfnlle LI) Jhnenl« sagte Alphonse Feddersen mit uner ichiikterlicher Ruhe. »Widersprechen Sie nicht! Seien Sie slohl Es ist ein schlechtes Zeichen, wenn ich einen guten Eindruck machet Und zweitens ist hier jeder Dritte zuviel. Das sieht ein Kind· Nur der Gliiciliche selber nichtl"« Er zog sich lächelnd zur Tiie zu rück. Dort hatte er aus einmal das Bedürfnis, sie noch ktröstecn »Sie diirsen das dem guten Char ley nicht iibel nehmen. Stimmungen stehen in seinem hauptbuch nicht« Er denlt immer: zwei mal zwei ist vier. Alle Feddersen denlen dasl Ader er ist eine Seele von einem Menschenl« Er lächelte wieder, verdeugte sich und verschwand Er beeilte sich so wegzulonimem daß sie ihn schon» draußen aus der Straße mit hochge-! schlagenem Pelzlrngen, den aninderl ties in der Stirne, durch den Schnee zum nächsten Absiieg in die linker grundhahn waten sah, als Karl Fed oersen mit den Zignrren in dns Zim mer trnt und sich erstaunt nach Ali phonse umschnutr. »Er ist tliiger als Du," sagte sies müde nnd fuhr sich mit der Hands iiber das Haupt, als wollte sie da al-; lerhand trübe Gedanlen verfcheuchens »Er hat gleich gemerkt, daß er nicht; hätte mitkommen solle-il« l »Kilrrststiiekl... Bei Deinem Ge sicht!« Jhr Mann ging ärgerlich aufs und nieder. Er fühlte, er hatte schons wieder einen Fehler begangen. Er« wußte nur nicht recht, wo der eigent lich ftak. Vielleicht in der Person des Bettes-? »Er ist ja eiu Inauvais iujet!" gab er zu, »aber..· enfin... leg aifais ree sont les affaires!« Sie Zuckte die Achseln. »Ach Gott!... Jhr tut mit ihm, als sei er Gott weisz was! Ihr habt Euch da einen Familienpopanz zu rechtgemacht in Eurer Philistrositiit. Wirttiche Taugenichtfe sehen doch ganz anders ausk« Karl Iedderfen hatte sich gesetzt nnd eine seiner Fünffrancg«.-fiaarren entzündet. »Jmmerhin.» seit Ende Oktober hat er wieder ununterbrochen in Monle Carlo gespielt. Ergebnis: Eine llnterbilanz von einer Viertel Million! Er ist wieder einmal fertig! Nun tönnen wir ihm aus der Patsrhe helfen! Tuns ja auch. Aber umsonst ist der Tod." »Mit seinen weiteren Streiche-I will ich Dich verschonen!« schloß er. »Man könnte da Bande erzählen. Da hat er jetzt wieder mit einer sogenannten russischen Gräfin . .. nun ..· lassen wiss . . .« Er sah ihre Traurigteit. lFr meet te, dasz ihre Gedanken längst nicht mehr bei dem gleichgültigen, in der Nacht draußen verschwundenen Vet ter waren. Eine Neue wurde in ihm wach. Er hatte sie irgendwie geträntt Ohne Wissen. Es war so schwer« sich in deutsches Empfinden hineinznver setzen. Es gab da immer neue Winkel und Rätsel. Zu Weihnachten offenbar besondere. Aber er wollte es gut ma chen. Er iiberlegte, wie. Dann hatte er eine gliietliche Eingebung. Er ging behutsam, auf den Fußspitzem zu dein Tunnenbaum und entziindete den Rest der fast herabgebranuten Licht fttimpfchen. Das Zimmer wurde ge heimnisvoll hell. Wieder trachten und glühten die Nadeln, war Weihnachts hauch «n der Luft. Karl Feddersen riiett zwei Sessel zurecht. Er führte seine Frau zu ihnen hin. ..So... da sehen wir uns nun!« sagte er verbindlich. «Und feiern noch einmal en petit romita Euern Hei ligen Abend!« Er erkannte an ihren seucht gewor denen Augen« daß er beinahe blind lings, durch einen glücklichen Zusall, das Rechte getroffen hatte. Sie drückte ihm die Hand. Sie schaute ihn dank bar mit einein schwachen Lächeln an. »Er-the heute, Charley... ich war so traurig... es lag mir so viel an ten paar Stunden mit Die . . .« ,Er wollte es nachholen. llir forsch te eifrig: »Hast Du irgendeinen Wunsch, Dampf Soll ich Dir etwas tausen? Spricht« . Sie schüttelte den Kaps. Er riet: »Ist es vielleicht das neue haus, das wir uns draußen bauen wollen? Nächstes Jahr, wenn die Weisenernte halbwegs gerät, geh’ ich ganz gewiß daran. Meine Hand draus. Vorläufig ist «a hier noch Raum siir uns beide.« ie sprach ganz leise: »Wir werden beide bald nicht triebe allein sein, Charl.«,s« Das ist's was ich Dir heute sagen wollte...« Er sah fte an. Dann besriss er. Er beugte ich zu the und t«szte sie. Es war stitl irn immer. Nur its-e Macht-Versen he sixrten . . . « s .12. »Meine liebe gute Grete! Also gleich gesagt: Mutter und ich kommen nicht zur Taufe Deines klei nen Charles · Jtpan nach Paris. So — nun ishs heraus, und mir ist leichter. Mich hakt- schon die ganze Zeit gedrückt-und Dich wird es jetzt betrüben, mein altes Mädel, und ich bin Dir die Gründe dasiir schuldig! Wie Ioir ini Juni vor einem Jahr bei Dir in Paris waren. da haben wir uns gefreut, Dich in Glück und Glanz zu sehen. Da war ich vor mir der Verantwortung ledig, daß ich mei ne Tochter einem fremden Mann in die Fremde hinausgegeben habe. Es ist gottlob gut ausgegangen, und der gute Charley trägt Dich ja auf Hän den! Nun rüstet Ihr also die Tause Eures Erstgebornent Es wird, wie Du selbst schreibst, auf Wunsch Dei nes Mannes ein großes Fest. Eure ganze Verwandtschaft ist geladen. Kind — was sollen wir unter den Millionären? Dein Söhnchen gehört hinüber in Euer Lager —- zu den Feddersen! Du schreibst, ich solle auch Tauspate sein, die beiden Großvater namen Jtoan und Hans seien dassel be und Jtoan nur aus Geschäftstäti sichten vorgesehen! Mag alles sein, aber schau, Grete: Wenn ich iiir den Täufliug Ja sage, so übernehme ich vor Gott und meinem Gewissen Ber pflichtungeu für die Zukunft eines jungen Menschenkinder-. Ader tanu ich das? Ich weiß ja gar nicht, wag aus ihm wird. Pano aufs Verz, was ist der zun ge eigentlich? Ein kleiner Nussei Russland ist weit und« Du bist eine Deutsche. Ein Deutscher auch nicht. Auch kein Franzose, obwohl er in Paris geboren Ist. Also ein kleiner Weltbiirger nicht’wahr«k Ihr feid’s auch! Ihr findet das gut! Jch kann mich in Eure Stimmung nicht verset gen. Jch hänge ziih und fest an mei nem König und an meinem Vater land. Ich bin damit verwachsen wie mit mir selber. Jch will mit Degen nnd Handschuh auf dem Sarg be graben werden-s und die Glocke der Jnvalidenkirche soll dazu läuten, tvie sie schon so manchem alten Soldaten geläutet hat. Wer weiß, wie bald die Stunde kommt! lind schan, meine Tochter-; Deswegen taug« ich nicht zu Eurer Tausfeier. Mir tut das Kind leid. Mir tut jeder Mensch leid, der kein Vaterland hat· Nach meinem Ge fühl fehlt ihm der Boden unter den Füßen. Er werd der unmerklichen Wohltaten nicht teilhaftig, die aus einer großen Gemeinschaft fließen. Mag er ein guter Gatte. Vater, Ge schäftsmann werden -— ihm mangelt unser Niiekgrat vom Alten Fritz her: die verfluchte Pflicht und Schuldm leit im großen! Sprich: fürchtest Du nicht, daß ein junger Mensch da leicht eigensiichtig und blasiert wird? Nun wirst Du antworten: Ein Deutscher kann unser CharlesJivan nie und nimmer werden! Höchstens ein kleiner Franzose oder Russe, wie das schon seine Vornamen sagen. Das ist es eben! Am Taufbecken eines Kna ben, der vielleicht als Mann dereinst gegen Deutschland und feine Onkel und Vettern kämpfen würde, möchte ich, ein alter preußischer General, auch nicht stehen! Das wirst Du mir von früher her, als Du noch ein Ber liner Soldatentind warst und eine preußische Leutnantsfrau werden wolltest, wohl nachesnpfindenk Vlber seitdem darauf kommt es immer wieder hinaus — haben sieh Deine Wege von den unsern getrennt. Und somit auch die Deines Kindes und Deiner künftigen Kinder- Sei mir nicht böse, meine gute Grete: Jch sag« es Dir offen, wie mir's um's Herz ist. Jch bring es nicht übers Herz, dabei zu sein« Das Uferlofe, Unbestimmte bei liuch geht mir so wi der die Natur. Jch kann nichts liebes Kind. Jch kann nicht. Jch bin alt und krank. Es würde mich zu sehr aufregen! Sei mir nicht bösei Mama schreibt Dir noch extra! Dich liebt wie immer und segnet Dich und wünscht Dir nnd dem kleinen Char lengwan und Deinem lieben Mann alles.Gute Dein treuer Baker-« Juni zweitenmal sprossen in Paris die Anstnnienbiiuine in diesen wilden ersten Septembertngen Sie trugen rosa Blüten zwischen soinmerkniideni Laub enn selben Ast. Tag site Tag überstrithlte die Sonne voin gleichen blauen hinnnel die Inchende Stadt. Ein sanfter Wind scheuchte die Schtviile. Er brachte einen Hauch von Schatten und Kühlheit des Boulogner Waldes mit sich, wie er die Vorhänge un den ossenstehenden Fenstern des Palaiit Feddersen blähte nnd mit dem Bries spielte, den Margarete schmerz-v lich in der Hund hielt. Sie las die zitterigen Zeilen des Vaters zum drit tenmal. Sie merkte aus der unsicheren Schrift, wie nlt er im legten Jahre geworden. Sie wunderte si nicht iibee das, tvns er schrieb. Sie ntte es ei gentlich erwartet. Und doch tat es ihr bitter weh. Auch oafz Mamn nicht term. Von sich aus hätte sie es getan. Sie ließ es in hrem Schreiben durch blicken. Aber ie hatte ja keinen eige nen Willen. Sie ging in allen Din gen des Lebens blindlingö mit dein Vater durch dick nnd dünn. Und die Geschtbisteri Gern-nd, die zweite, hats-l geantwortet, ein Abs-; cher nach ris- —- ch wäre sei himmlisch. Aber so alsjlkschenbrödel dgzusiehen unter den wahnsinnigen Totletten der dortigen Millionärins nen, dazu ihr littnrnerliches Pensions sranzösisch. . · Ebensowenig konnte Sosie, die Jüngste, eben erst Ver miihlte, von ihrem Assessor weg. Adalbert und die anderen Brüder be lamen als Ossiztere auch schwer Ur laub nach Paris. Es kostete auch zu diel siir die paar Tage... lutz... sie fehlten sämtlich! Margarete dachte daran, wie sie einst im lleberrnut als Braut alle ihre Freundinnen zu sich in die Pariser Herrlichleit eingeladen hatte. Keine von ihrxeln war je gekom men, der Briestvechse mit ihnen jetzt, wo sie im dritten Jahr verheiratet war, längst eingeschlafen, die Bezie hungen gelöst. Sie empfand heute deutlicher als je, was sie nur noch war, immer bleiben«wiirde: ein An hang des Hauses Feddersen. llnd da zu ein unerbetener. Das liesz man sie nur nicht fühlen, weil ihr Mann sie schätzte. Sie siihlte, sie wurde miide an diesen Leuten. Die waren stärker als sie. Die hätten es auch gar nicht begkissen, daß sie die ganze Geschich te anders als rein geschaftlich auffaß te. Man zappelte nun einmal als Schmetterling ans der goldenen Na del. So oder so . .. Nun war der Tag der Tause. Die protestantischen Tempel der Seine stadt boten nicht genug Raum zur Prunlentsaltung So wurde das Fest im Palais Feddersen gefeiert. Drau szen standen die Autos in langen Rei hen, drängten sich die Gassen Jnnen blühte und dustete es wie in einem Gewächsheiu45. Kostbare Gaben für den kleinen künftigen Millionär lagen dazwischen, vom goldenen Löffelchen bis zum Scheel auf die Bank von England. Auch Margaretens Angehö rige hatten Gesamtgeschente gesandt, einen mächtigen, silbernergoldeten Pa tenbecher, ans dem das Wappen der Tenfsern, die Taube mit dem Oel zweig Prangte. Es nahm sich sehr gut aus. Papa war immer anständig in solchen Dingen. Zu anständig. Er gab lieber iiber seine Mittel. Auch Briese waren von daheim gekommen, von der Mutter, den Geschwistern. Der alte Herr hatte nicht selbst ge schrieben. Er hatte sich, wie er melde te, beim Aue-gleiten aus der Treppe die Hand verstancht und diktierte sei nein Sohn Adalbert. Es waren -nur wenige Zeilen ockll Liebe und Giitr. Sie machten Margarete das Herz schwer· Sie saß blaß und schweigend während der Taufe in ihrem Sessel Der schwere Dust der Blumen, der Parfiitn-3, der Kerzen betäubte sie halb. Sie hörte wie von weitem die Stimme des Geistlichen. Sie hatte immer den dumpfen Gedanken, das ginge hier seht auch alles ohne mich. Jch habe meine Schuldigkeit getan. Der lleine Feddersen ist da. Er ist nun schon acht Wochen alt. Die Fir: ma hat ihren Erben. Nun gehört er schon diesen Großkaufleuten nnd ih ren Frauen, nicht mir, dem Eindrings ling. Sie siihlte einen Haß gegen diese Leute. lessie war zu miide, ihn tan ge festzuhalten Es war Traurigkeit in ihr. Ein Abseitgsein Ein Frieren Ein gleichgültiges Alles-mit-sich:ge schehenslassen. Dann entstand mitten in der feier lichen Handlung ein leises Kichern unter den jungen Mädchen, Das war, während Lllphonse Feddersen oor den Altar trat, der ilbel belenmnndete Junggeselle, ans dessen Erbschaft Eharlen dereinst fiir seinen Sohn hoffte. Daher dessen Wahl als Pate start Feddersen hatte das seinerzeit seiner Frau erklärt und sie dabei triumphierend ans seinen tiihlen blau en liontoraugen angeblich und sie hatte sich beinahe geschämt, daß sie immer noch so naiv war nnd vergaß, worauf ales im Leben antam... Geld.... Geld.·.. immer Geld... Albhonse zog sich im iibrigen sehr gut aus der Affiire. Mit unerschiitter licher Wurde hielt er das Spitzenkis sen. Er war, km Prosil gesehen, mit seinen scharf geschnittenen liinglichen Zügen, dem spitzen Vollbart, der schlankem hohen Gestalt in seiner Art ein schöner Mann. Und seltsam: so lange er den Täusling aus dem Arm hatte, war der mäuilchenstill und schrie erst wieder, als ihn Madame Madge Feddersen, die letzte der Paten, an sich nahm. Während der FesttnseL die daraus folgte, verstärlte sich Margareteng Traurigkeit Sie blickte die Reihen hinnus und hinunter. Ein Schauer bodenloser Einsamkeit iiberlies sie. Nirgendg ein vertraute-Z Gesicht. EinT Mensch, dem sie nus der Ferne hättel zunickeu tönnen und der sie ohnei Worte, mit einem Lächeln, verstand. Nichts, das aus dem, was sie war, woher sie karn, aus Rindheitstngen und Mädchenjnhren zu ihr sprach Wns hätte sie darum gegeben, unter allen diesen Fremden irgendwo Pa pns freundliches, gesurchtes Antlitz, die stillen, immer noch schönen Ziige ihrer Mutter zu sehen, einen Blick der Liebe zu erhaschen, ein wenig Wärme im Herzen zu spüren. Sie wäre nm liebsten ausgestanden und aus diesem Gelächter und Stimmen gewirr weggegangen Sie hatte ein wildes Heimweh nach den Menschen daheim, die wie sie dachten und fühl ten und sprachen. Aber um sie tlang tein deutscher Laut. Sie hörte, wie eben setzt ibr Mann seinem Bruder Saschä gedäinpft etwas aus russisch über-den Tisch sagte, mit einem Blick aus sie. Er sprach dort ihr-« Sit- fuhr auf. Sie tonnte diese Angemohnheit Intchtjeideiy sich in ihrer Gegenwart, Iwie es die Feddersens häufig taten, in der Sprache des Landes zu unter ;h-.:lten, dessen Untertanin sie war, und svon der sie doch leine Silbe verstand.« I »Was haft Du denn da wieder fiirs Geheimnisse?« fragte sie gereizt, unt-l LKarl Ieddersen antwortete, absichtlichl ileichthim i »Ich erzähk es Dir nachher!M s Er sah auch zerstreut und etwas angegriffen aus. Sie wunderte sich darüber-. Diese auserlesene Tafel hier war fein eigensteg Wert. Er hatte sich» ieine Mühe und Kosten verdrießen lassen nnd aus allen Ecken Europas Leckerbissen verschrieben, um der Fa-! milie zu imponieren. Aber nun saß; er worttarg da. Er aß wenig. Ers wußte wohl geschäftliche Sorgen ha-; jben. Margarete dachte nicht weiter. darüber nach. Sie war froh, daß man sie selbst in Ruhe ließ. Man beachtete sie nicht. Man lachte und lärmte um sie herum . « iiber sie hinweg . .. ! s Dann klopfte jemand an das Glas )Monsieur Gust.«ve Beinhauer, der jgrosze Mühlhauser und Pariser Pa triot, der selbst eine Fedderfen, Al phonseg ältere Schwester-, zur Frau hatte, erhob sich zur Festrede auf den’ Täufling. Der hitzige tleine Herr, mit zwicker und schneeweißem Hemi quatre, die rote Rosette der Ehrenk gion in der Frackllappe,«fing heiter an. Er wolle von dem Zweibund spre chen. Dem ersten Zweibnnd auf Er sden. Adam und Eva. Mann n. Frau. sDieser Bund ist heilig. Durch ihn be jsteht die Welt. Jhn preisen wir auch ’heute und danken Gott. s Ein paar Damen lächelten gerührt. Einige Herren machten unbehaglich Jgespannte Gesichter. Sie tannten den stillten und seine fixe Idee. Sie ahn sten schon den Uebergang. " Gustave Beinhauer verstärkte seine Stimme. Er schlug nervös mit dem sMesser. das er noch in der Rechten ihielt, gegen die Tischlante. Er lä ;chelte immer noch, aber mit funkeln den Augen: »Viel-en Diesem Zweibund ider Ehe, meine Damen und Herren, lverkiirpert der Knabe, den wir eben Laus der Taufe hoben. nocl eine ande re Allianz. Er ist als Nusse in Frank reich geboren. Das ist wie ein Sinn bild. Jn ihm einen sich die wichtigen und heiligen Freundschastsbeziehun: gen, die die beiden großen Staaten seit den Tagen von tironstadt . . . « , »Was de politique!« schrie von un. sten her slehentlich eine Dame. Auch »der Hausherr schaute mit warnendem Kopfschiitteln zu dem Redner hinüber Doch der ließ sich nicht beirren. Eine »Welle patriotischen Zornes färbte sei-· ne gefurchten Wangen. Er hob die Hand, unt sich Ruhe zu verschaffen, und zupste sich die weiße Itrawatte zurecht. »Und, meine Damen und Herren, ich gehe noch weiter! Jch — und nicht ,ich allein, sondern wir alle -— haben etwas davon läuten hören. daf; unser ilieber Charkey Feddersen damit um kgebt, das französischer Biirgerrechi siir isich und damit auch siir seine Nach kommen zu erwerben. Noch mehr: Nach Nachrichten, die aus dein Mini sterium dringen, ist die Sache schon so gut wie spruchreif. Jch glaube, wir ltönnen heute schon Et;arley, den Va ter, den Sohn, als Bürger der gro szen französischen Republit begrüßen!« Karl Fedderfen war ausgestanden, das Glas in der Hand. Er wollte dankend mit dem Redner anstoßen Der winkte ab. Er schrie jetzt fast» Fiir ihn kam nun erst die Hauptsa-; che. Ter Fanatigmug des Elsiisser Lpianten ging mit ihm durch: ! ,,Jrantreich kann Männer brau chen, meine Damen nnd Herren! Branchen fiir die grosse Stunde, wo seine Jugend zu den Waffen strömt und die geraubten Provinzen wieder an sich reifst. Ich neige mich im Geist vor dieser Stunde! Jch grüße Frank reichs Adler! . .. Jch griisze den, den sie dereinst beschatten werden, Char les-Jwan, unseren kleinen Patriotent Er lebe hochl« Starl Feddcrscn hakte beunruhigt zu seiner Frau l)iniibergesel)en, die wäh rend der letzten Sätze mit zusammen gepreßteu Lippen vor sich hinstarrte. YZun hob sie jäh das duutle Haupt’ nnd staate, mitten in das Gläser tlingen hinein laut ans deutsch nnd ganz mit norddeutscher Herbheit nnd Kiihle, die sie sonst längst nicht mehr an sich hattet »Sage-i Sie mal: dasz ich ’ne Deutsche bin —- dac- haben Sie wohl ganz vergessen?« Monsieur Beinhauer war so ver, bliisst, dasz er plötzlich auch seht gut aus deutsch antworten konnte: Sie waren es, Madame... Sie sinkt es nicht mehrt« ,,Fithlen Sie sich nicht als Fran zose's« »Ganz und gar-l'· »Und sind es geblieben, obwohl Jhre Heimat deutsch wurde-« »Da geendet« »Nun gut! Warum weisen Sie dann mir den inngelehrten Fall vor?« Es war still an der ganzen langen Tasel geworden. Der alte Poetestler sanb nicht gleich eine Antwort. End lich meinte er: »Sie haben uns diese Gesiihle bis her noch nie gezeigt, Madame!« Fiel-inne Feddersen richtete sich lalt alt . " « »weil« man meine Gefühle. nich sie so plump und tattlos verletzts hatt Das war Ihnen vorbehalten, Herr Beinhauee!« »Aber-, Madame.. .« »Ich wünsche die Nichtbeachtung nicht, die darin liegtt Ich bin keine quantite negtigeabte . . .«· »Margot...« Karl Feddersen stil- . sterte ihr entsetzt iiber den Tisch zu: v »Sei doch stillt« »Und ich verbitte mir, daß Sie hier an meiner eigenen Tafel den Rachekrieg gegen mein Vaterland pre digen! Jch bin die Tochter eines preu ßischen Generalst« Plötzlich wars sie das Haupt in den Nacken. Sie lachte. Es leuchtete trie gerisch, voll Teussernschen Geistes, aus ihren großen duntlen Augen« »Aber versuchen Si. es doch! Mar schieren Sie doch an den Rhein!... Wir find bereit!... Sie lomnien bald mit blutigen Köpfen zurücki Wir hauen Euch alte! Samt den Russenl Wir haben Uebung darin! Wir hauen die ganze Weltt« ,,Margot!« schrie ihr Mann wü tend. Ein Teil der Gäste war ausge sprungen. Andere, die nicht Deutsch konnten und den Grund des Austuhrö nicht begriffen, schauten sragend um sich. Flammen des Hasses loderten aus, spiegelten sich insden stetzetkten « Zügen, Flammen eines wütendem tiefsinnerlichen Hasses gegen altes-, wag deutsch war, Deutsch sprach, Deutschem lebte. Längs der Wand standen die Lalaien mit undetvegten Gesichtern Alphonso Feddersens wei cher, heller Baniton durchdrang Zins Stimmengetvirr. Er sprach Franzö sisch, mit dem versöhnlichen Lächeln des Wettmannes: »Mesdames — Messieueös... lir sind allzumal Sünder . .. ich ganz Be sonders... Sie brauchen nicht nach so zustimmend zu nicken, Consine Madge... ich weiß es selber am Je sten .. lind da wir Siinder sind, haben wir eine große Unterlassung-Z siinde gut zu machen... Pakt-am Schwager Gustave . .. Du hattest das Wort... jetzt rede ich... also: mein lieber Charleh —-— mein lieber Sa schas Eure guten Eltern sind nicht mehr. Wir haben sie schon var Lati ren in Jetaterinoslaw zur Nu ge tragen. Sie können sich nichtJne »ier ihrem Entelchen freuen. Aber Groß eltern hat der Junge doch. Die Elteen - seiner lieben Mutter. Sie sindxttigt hier. Sie leben — halte M steter tttustave fest, während ich das rt ausspreche! Sie leben in Besin! Aber sie sind gewiß jetzt im Geiste hier bei uns, und so wollen wir mit allem schuldigen Respekt an? ihrer gedenten!« Er erhob seine tin-nie. »Sei-te Crzellenz, der General von Jenssern uud Madame von Teussern —— sie leben hochl« Er lachte dabei nnd stieß gleich mit E dem Nächsten an. Das waren alle-i höfliche Leute, froh, einlenten in tön-— nen. Die Gläser klangen. Der Bann war aebrochea Nur Gustave Itzt-In-v hauer stand verbisseti«zur Seite. Er trank nicht aus die Gesundheit eilt-s Preußen -— er nicht! Aber man a.ti tete nicht mehr ans ihm-Man ltntte Welt. Man wußte nichts me e von dem ZwischeusalL ·nnd Karl either sen sliisterte, sonderbar blaß und er regt, seiner Frau zu: »Gott sei Dankt Alphonse hat die Situation gerettet!« Sie war dem duntlsm spihbäriis gen Vetter wirklich dankbar nnd sreundlich gesinnt, während ihre Champagnerschale die seine berührte Sie hatte ihn seit jenem Weihnachtss abend nicht mehr gesehen. Er tauchte immer nur in Geldnöten wie ein Ko met am Jeddersenschen Familienhims mel aus nnd verschwand wieder in der Richtung nach Monte Carlo. Er hat te wieder seine weichen, iranischen Augen. Er blinzelte ihr über das Glas hin verständnisvoll zu als sei er allein hier im Saal mit ihrem tit svrnng, ihren Lieben, ihrem Heitn vertraut. Er hatte so nett von den Eltern gesprochen. Sie war ganz ge riihrt nnd konnte sich doch Papa und Alphonse Feddersen beim besten Wil len nicht nebeneinander denken. Sie wußte, was der alte Herr nach galtj lnrzer Zeit in seiner stillen· milden Art mit seinem Lieblingswou von ihm gesazt hätte: »Wind-« ein Lic derjansti .. las-' ihn lausen...« Man lwtte sich wieder gesess· Tie Aufregung hatte sich allmählich gelegt. Man speisie weiter. Nur Gustav-e Beinhaners Stuhl blieb leer. Der Protestler war wiitend verschwunden Vlns LUtargarete lastete während des Restes der Tasel ein seltsames, blies tendes Gefühl, eine Verdiisternns». als habe sie etwas zn bereuen —- als sei sie etwas schuldig geblieben· Sie hatte doch niemanden verraten.- Am wenigsten die Eltern· Strudel-hakt Eigentiich hatte der alte Deuis M hosser vorhin genau dasseiä sc Mk wie der prrnszische General: erin es zinn ltrieg iatn, marschierte du Mi ne· Charlethvan mit gegen hie ves haßten Piaellsanbeiy sei es Ast-Fussk von Osten, sei es als Wel dem Westen! Und itihtings due Weste ein Schrecken: Weißt Du, wen Pia verraten hast?... Dein Winds Endlich war es vorüber. DicWe gingen. Das leyte Automobik Wurde draußen angelurbeit und schoß inni ternd in die beginnende Dämmerung hinaus. Die beiden Gatten standen einander gegenüber, er blaß nnd zus drückt, sie nachträglich wieder eiregt.. Sie trat aus ihn zu Gnrtsetznng folgt)