Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, January 03, 1918, Sonntagsblatt, Image 2

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    Sriu Trin;
Ost Post Bish.
Der kleine Bin-on Egon von Zeck
stand vor dem Spiegel nnd strich
sewsigesiiuig seinen schonen Schmier
bart in die Höhe. Alsdann vetnpstc
er einige rauhe Hanisienen mit Tok
lettenckenie, nnd zusteht gis-note er
mit der scidesnveichen Durste ein
paar widerspenstig hochstehende Här
chen der Amsenvmneii.
,Er war prächtig bei Latini-, der
gute Egois. Nach einein iivemnsz
amiisanten Abend hanc et eine rn
yigc Nacht gehabt nnd skisch ge
stärkt durch den gesunden Schms sah
er nnn init seinen wasservlnnen
Acnglein hossend in den sonnigen
Fkiihiingsinokgen hinein.
Dann liess er sich in den bequemen
Aliwsessei satte-i, steckte sich eine der
neuen Meicichrinos an nnd schaute
weht-gefällig den dnsiig binnen
Bauchringen nach.
Pwtzilch kam Besuch. Tck dicke
Rantltng war es. Ganz auszer sich
kain er zur Tiir herein. Egon be
grüßte ihn mit Schinnnzelm blieb
aber stnnnn nnd dentete nnr anf ei
nen Sessel
Fast atemlos begann der Dicke:
»Egon, ist dass wahr, was man sich
von Tir inst Klub tschi-nur«
Nithtg lächelnd fragte der andere:
»Was erzählt tnan sich denn wieder
von tnir?«
»Daß Tn Tich mit der Claire
von Varwald verloben willst!·«
Egon neigte lachend den Kopf.
»Stimnitl«
Wortlos starrte Rantling ihn an
Nach einein Weilchen erst fand er
die Sprache wieder. »Und ich wollte
es absolut nicht glaubeii!«
ABC-halb wolltest Tn es denn
nicht stahl-ein«
»Es schien mir direkt titidetikbarl«
»Seim Lächelnd blickten sie sich
an. Dann fchiittelte Rantling den
Kopf. »Ein toller Kerl bist Du
dochl Wie oft warst Tn nnn ei
gentlich verloth«
»Daß weiß ich wirklich nicht«
Dicke-chem«
»Nicht zn glanben —- so etwai!«
sinnig erwiderte Egois: »Aber
was ist denn daran so verwunder
lich, lieber Kerls Wenn inan ein
sicht, daß nian sich geirrt yat, ist es
l
l
dann nicht richtiger, ntan geht rinn-v
einander, bevor es zn spiit ist? Eine »
aufgehobene Verlobung vergißt die
Gesellschaft bald, aber eine geschie
deneEbe niacht schon länger von sich «
re . Ein Narr-, der von zwei
Ilebeln nicht das kleinere wählt.
Hals ich vielleicht nicht recht ?'·
Der Dicke hob die Schultern.
»Bielleicht".
»Nein, sondern nnbedingtl«
Plötzlich fragte Nantliiig: »Und
was wird die kleine Sebenstein «zdazn
iseeu i«
Unabänderliche fügen nnd inich ber
geil-ji«
»Du glaubst, daß das so leicht
geht«-« «
»Warum sollte es denn schwer
Erliegt Wir sind ja noch nicht ein
mal ossiziell ver-lobt gewesen«
Alberinan sagt, Dn hättest sie
wirklich geliebtl«
»Was sagt »in-ni« stiehlt-Uebri
gens habe ich sie anch wirklich ge
liebt. —- Aber, lieber Himmel, ich
bin eben ein praktischer Mensch. Von
der Liebe kann man nicht solch Le
"ben bezahiein wie ich es zn fiibren«
gewohnt bin. Sie hat nichts, nnd,
ich habe nichts. sinnen werden aber
ärst wach wenn ein Einser davor
m-«
»Sie wird sich trösten, sich in das .
»Ich denke, ihre Bilder nerden so
gut bezahltl«
«Biclleicht. Aber eine Baronin
Bock, die den Haushalt voin Eil-sies
ihrer Porträt-» bestreitet —- die
Those hat einen leichten Beige
schmack, finde ich. —- Gelt-verdienen
ist ja 'ne recht neile Sache-, nlnsr es
ist mir doch liebe-, wenn das der
Schwiegecpapa besorgt«
»Ein toller Kerll« lachte Nun
liiiq.
Egon blies den Rauch von sich
,.8eniger toll sals praktisch. Das
wdernc Leben ersieht uns ja io."
«No, nnd Du glaubst wirklich
daß Dich die kleine feiche Malerin
is ebne weiteres steiget-en wide
·Sie wird es, nicin Kerlchen, ver
laß Dich darauf. Mein erprobier
Trick büeqt mir daiiirf
,Ieh, und darf man erfahreit?«
Zieh das darf man nichtl Sol
che Jdee kann man sich nicht gesetz
lich schlisen lasset-, um fo geheimer
sitt man sie aliok ·
III-u denn-ich wünsche OliIcM
Mist geieiteie quu den Freund·
M
l
W se Meil
HM die springe its-: fis-sank
je site sitt-die M ging i
M · M smachie
ist-Wüs- ldcsr lehr
VIII- M kam ja der
« Ost-M Nenn-nd m et
»F i Ists i
"M«"T-e«dsermsgni
Meinen Goidfiich die Freiheit«-costs
in alter Form anttagisn zn können.
Nach einer halben Stunde war
er aus dem Wes zn Lucis Sehen
stein. Die junge Mein-in war new
daheim. Aber Leutchen Milli, des
Hauses Ostern-, ließ ihn, ais alten
Freund der Familien eintreten. So
saß c: im Ateiier nnd wartete.
Doch schon nach zehn Minuten
kam Lucie. »Tiiiisciidnml Verzei
hung, lieber Barin —- Ein ganz
notwendiger Gang!« Freundlich
reichte sie ihm die schnnite weiße
Hand hin, die er ehrerbietig küßt-.
Plötzlich war alle Heiterkeit von sei
nem Gesicht verschwunden, mit mid
sciigcr Leidens-nimm stand er da.
Ein wenig erstaunt sah sie ihn an.
Tann smgte fie heiter: «Was ist
Jynen denn, Vakiincheni So have
ich Sie jn noch niemals gesc—i,1eii.«
»Friinlein Untie, ich hin der nn
gliicuichstc Mensch von dsk Wem«
siottcktc cr.
»Ja, um Gottesivillein toas ist
denn nur geschetjisit«i"
»Das Furchtbarste, was einem
Mann passieren tanu.«
»Aber so reden Sie dochs Sie
ängstigen mich!«
Er nahm einen kleinen Anlaus
und begann mit bebender Stinuue:
»Mein Vater ist gegen unsere Ver
viudung.« —- Pause. —- Stirn-blos
wie erstarrt sah sie ihn an.
Mit leiser, zitternder Stimme
suhr er sort: »Im Ernst, meine
Gniidigste, es ist leider se.«
Noch immer schwieg sie und sah
mit ernstem Gesicht vor sich nieder.
Er ging erregt aus und ab. »Na
tiirlich habe ich gebeten nnd gesteht,
daß man eine tiese Herzenssteigung
nicht starren FamIlientraditioneu
opfern diirse. Aber umsonst —- al
tes ganz umsonst! Mein alter Herr
ist even ein Mann, der an seinen
attererbten Grundsätzen nicht riitteln
und nicht deuteln laßt. Schließlich
habe ich sogar mit einem Unglück
mit einer Katastrophe, ja sogar mit
einent Standal gedroht. thich das
blieb ohne jeden Ersolg und jetzt
bin ich ratlos, vollkonuneu hilss nnd
ratlos.« Matt, wie gebrechen, sank
er in einen Sessel. «
Da plötzlich preszte sie das Tuch
ans Gesicht und begann laut zu
schluchzeir.
Sosort stand er ans nnd trat zu
ihr heran. »Statut-in Lucie«, bat
er leise, »ich weiß, ich suhte es sa
dasz Sie mich lieben, und ich brauche »
es Ihnen doch nicht von neuem zu
versicheru, dasz auch ich Sie wahr-s
hast nnd innig liebe. Eben des
halb trisst mich die-Z unerbitterliche
Schicksal ja so siirchterlichl«
Zitsanimengesnnten sasz sie da
und schlnchzte noch immer laut aus
Leise und zart sprach er weiter:
»Ich weiß ja anch, daß es in
Wirklichkeit nichts gibt, wag uns
trennen samt. Unsere Seelen ha
ben sich gesunden. Und Jwenn das
unerbittliche Leben uns das legte-,
das höchste Gliirk versagt, ja —
dann gibt es eben nur eines, was
unseren Leiden ein Ziel sehe-staun:
wir gehen gemeinsam in den Todt«
Bei-end stand er da. Nun war
es heraus. Begierig, atemlos war
tete er nun aus die Wirkung seiner
Worte. sLs Aber sie erwiderte nichts
daraus. Laut schlnchzend jammerte
sie weiter.
Nach einem Weilchen begann er
von neuern: »Fränlein Lucie, ha
ben Sie gehört, haben Sie meine
Worte verstanden?«
Da richtete sie sich aus und sah
ihn mit festem, tapseren Blick an
ttud sagte: »Ja, lieber Egom Sie
habest recht, ganz recht! —- Es ist
ja ein gräßliches Ende, aber ed gibt
doch sür uns keinen anderen Ans
tveg mehr. —- Ja, lassen Sie tms
gemeinsam sterbenl«
ztiriiet. — Er glaubte, feinen Ohren
nicht zu trauen — Sie nnhni es
ernst!
Zehnan schon hatte fein genia
ler Trick glänzend gewirkt, zehnmal
hatte nmn ihm bedanernt zngenictt,
aber keine von den zehn anderen
hatte feinen Wunsch erfüllen wollen,
vor dein Tode schreckte-n sie alle zu
kiick, nnd leicht nnd glücklich hatte
er seine Freiheit wieder gewonnen.
Diese aber, die elfte, lie naht-H
es ernsll Wortlos nnd hilflos laß
er da »id fühlte, wie ihm der
Aug weiß auf die Stirne trat.
Inzwischen war anie ausgestalt
den, an den Schrank getreten nndl
Starr sont er in feinen Stuhl.
hatte Wasser in ein Glas gegossen.
Nun schüttete sie niit liebender- Hand
ein weißes Pulver hinein.
Jede ihrer Bewegungen verfolg
te er mit. atemlofer Spanituitq,iind (
doch saß er wie zuiatnmengetnickt
da, denn der entiehliche Schreck
lähmte alle Kraft in ihm. Stuhtg
nnd gefaßt, mit wahrhaft hewitcher
Größe, trat sie zn ihm heran, goß«
die Hälfte des Traan- in ein ande
res Glas nnd reichte dies mit be
bendet Hand hin.
Die Knie ichlotterten ihn-, die
Zähne klappert-n ihn-, nnd die
Diinde zitterten ihm io start, daß
et das Glas nicht hatten kennte-.
Wn G neben sich stellen muste.
TM tote also den lecteit
«t« DE He Hit tot-Me
. Da ermannte et sich. Mist letter
Kraft bat er: »Aber nein, liebe Lu
rie, doch« nicht hierl Nein —- neinl
Und nicht zufammen! Weshalb der
Seit denn M Stoff zum Stan
dal geben? Neinl Jrh werde nach
dem Ausland fahren und doetspnrs
los vekicknvinden, nnd Sie, Sie
werden auch eine andere Art fin
den, ans dem Leben zu gehen, als
mit solchem Eile-if
Matt nnd wehniiitig lächelnd
blickte sie ihn qu. »Weder Freund,
Sie machen zuviel llnistiinde,« er
widerte sie, »der Lebensniiide kennt«
feine Rücksicht mehr. Lassen Sie
die Leute nachher reden, was sie
wollen. Uns kümmert es ia nicht
mehr. Hier ist, der Trank, genießen
ivir ihn zusammen, nnd geben wir
i der Welt ein Beispiel, was echte
nnd treue Liebe verinag.«
i Sie reichte ihm von neuem seini
kGlasT Er aber nahm das lestej
«Restchen seiner Stärke zuiannnem
nnd init bleicher Angst bat er:
- »Nein, liebe-Z Kind, nein —- nein»
nicht hieri« »
) Da rief sie voll Leidenschaft: »M«
kSie haben keinen Mut, Bat-du«
Nun ant, so lernen Sie von einers
i Fran, wie man mit Anstand stirth
I Und nsit einem Zug leerte sie das
; Glas
s» Atenilos stürzte er aus sie zu, um
T es ihr zu entreiße-L
Es war zu spät.
Sie sank bereits schlais und leb
los auf daszSofa hin
»Fränlein Lukiel« schrie er.
»Frau-lehr Lukiel Um Gottes wil
lenl Hilsei Hilsel Es ist ein
Unglück aeschehenl Einen Arztl
Schnell einen Besti« —
In liebender Hast rannte er hin
aus nnd alarmierte das ganze
Haus«
Nach zehn Minuten bereits war
örztliche Hilfe zur Stelle.
Aber als er mit dein Doktor nnd
dem Heilgehilsen wieder ins Zim
mer trat, glaubte er seÄnen Klagen
nicht tranen zu sollen: a vor ihm
am Tisch saß Fräulein Lucie Se
benstein, frisch nnd-gesund und lach
te mit so herzersrifchendem Humor.
daß er immer erstannier wurde.
»Bester Herr Dotier,« sagte fie,
»Jhre liebenswürdige Bemühung
ist umsonst, denn der leichte llnsall
ist bereit-S völlig kuriert. Entschul
digen· Sie die unnötige Störung.«
Ganz betreten nnd verlegen lam
plimentierte Egon Jex Arzt wieder
hinaus.
Als der Herr Baron Egon bouq
Zeit aber wieder zurück ins Zim
mer kam, fehle er eine erufte, wink—
devolle, ja fast eine strafende Miene
anf, indem er feierlich begann:
»Meine Guiidigste, darf ich nun
wohl um Austliiruug bitten für dass
—- nnu sagen wir —- fonderbare
Spiel, das Sie mit mir zn treiben
die liebenswürdige Lanue hatteul«
»Gewiß, Herr Baron,«· entgegne
te sie heiter nnd mit leifer Ironie
»ich wollte Ihnen eben nur zeigen,
dass ich ebenioviel und vielleicht noch
mehr Talent als Sie habe zart-No
rnödienspielen. Jch wollte Jbuen
ferner zeigen, dasz selbst Jhy so ge
iialer Trick,· den Sie vor kurzem
im Klub, als Sie über den Durst
getrunken, ausgeplaudert hatten,
daß selbst ein fo geniale-r Gedanke
des Baroiis Egou bou Zeck auch
noch zu iibertrnmpfen ist. Weiter
wollte ich nichts. So, und unn,
Herr Baron. sind Sie frei und tön
nen bei dem reichen Fräulein von
Bärwald von neuem Jhr Glück ver
·fnchen!« «
Da nah-n Baron Egon von Zeck
feinen gelinder-, machte eine durch
aus korrekte Verbeugung nnd ver
schwand
Noch am. selben Tage trat er el
ne Erholuugsreife nach dein Süden ]
ans
.0
—- Jm Bilde geblieben.
»Alio Hoffmann hat sich eine Villn
gekauft?« Woher ist der plötzlich
io reich?«
»Er war doch lange genug
«Strol)monn« in einem Bontur
Will-«
»Ach io, daher hat er nun soviel
Heu in seinen Stall geltiegi.«
— Origineller Scheide
grnnd. Anwalt: »Warum wollen
sie sich denn von Ihrem Manne
scheiden lassen7«
Frou": »Ich habe Trauer bekom
men, und da kann ich doch nicht gut
mit meinem Mann zusammen le
ben, der von Beruf Komiker ist«
—- Am Fuße des Gebir
ges. Erster Touriln »Nein Menich
weit und breit zu fehsenz deshalb
fehlen auch die Esel, die sonst im
mer für die Tonriiten bereit stehen«
Zweiter Tour-ist Un Gedanke-m
»Jo, heute sind wir wirklich die ein
zieml«
—- Höflich. Getösiqtiisinspeks
tor Un einem Grössan der ausge
brochen wor, aber noch an demsel
ben Los wieder eingeht-sen wurde):
»so, horte- Sie sich gestern ums
usittso such ein bis-to Moo
III-st« .
l·
Tumbrnclsenes
Wirt-at
..Abendbrot brauchst du nisi zu
Les-irgen, Maus, das bringe ich nnö
mit,'· hat er beim Fortgehen gesagt.
Er« der Derrlichste von alten, ihr
Herrlichsten aus dessen Wiedertehr sie
voll Sehnsucht wartet. und dem sie
mit einein Jubetschrei entgegenstregt,
nls draußen nus dem Flur ein ra
sscher Schritt ertlingt.
Jn den Armen liegen sich beide
nnd drücien und hetzen sich, bis ihr
stürnrisches Driicken ihm die besorgte
Mahnung entreißt:
»Du, Maus, in den Ueberziehers
taschen habe ich unser Abendbrot,
zertnutsch das nicht ganz.« .
Sie läßt ab von ihm, versieht das
Mündchen. «8ertnntschen — psui.
Rudi. so ein Ausdruck! Und über
haupt — an Avendbrot zu denken,
roenn ich dir einen Knß gebe.
Er blinzelie sie an. »Aber gerade.
Wo doch deine Küsse so was —
Appetitanregendes siir mich haben,
Melusi.«
Da tacht sie schon wieder und de
ginntO von selbst, ihm die Ueberzieheri
taschen auszuriiumem Große und
kleine Piiletchen, die sie neugierig be
sühlt, was wohl darinnen sei, und
er nickte vielsngenv: «
»Feine Sachen, Maus — wie du
sie in deinem ganzen achtzehnjiihris
gen Leben noch nicht getannt hast.«
Aus dem Tische, den sie schon zu
vor zierlich gedertt hat, bauen sie die
mitgebrachten Herrlichkeiten aus« und
der Disponent des großen Banthnui
ses Rudi Lederer besteht mit leuch
tenden Augen das leitete Mahl —
»Da schauts nicht aus wie bei ar
men Leuten, was, Musik«
·hm —- ei!'« Sie niate voll Eisen
läßt die Sdihe des roten Ziingels
cheni iiber die noch töteten Lippen
gleiten und deutet aus ein kleines
Näpschen —- ,,du, Rudi. was ist denn
das?«
.Giinselebervastete. Und das da
hummermajonnaise und getriisselte
Poularde und geräuchertet Mach-und
—- und — ua lang nur erst mal zu,
Schatz, schmecken wird’o dir schon-«
.Ob mirs schmecken wird!«
fauchzte sie.
Eine Weile stockt aus beiden Sei
ten der Fluß der Rede, und nur das
Klappern der Messer und Gabeln
ist dernehtnbar, bis männlicherseito
auch das verstummt und Rudi Lede
rer tatenlos hinüberschaut zu seinem
Weibe. Sie hat sich seine Auffor
derung, zuzulangen, nicht zweimal
sagen lassen. Ein wahrer Berg ist
aus ihrem Teller aufgehäuft und sie
ißt und taut und schluat —- es hat
ihm bisher immer Spaß gemacht,
sie essen zu sehen, so mit dieser tie
seu, leidenschaftlichen Hingabe an die
Sache. So etwas Kinderhasted war
noch in ihrem steten Hunger. Auch
jetzt lächelt er zunächst wohlwollend
in sich hinein, aber das Lächeln
schwindet mehr und mehr, etwas ei
gentümlich Gespannted kommt in sei-»
nen Blick, aus seiner Stirn bilden
sich ein paar Falten, von den Mund-s »
winteln zur Nase hinaus steigen ein
paar andere,,sast ein Schnierzenszug,«
als tue ihm etwas weh.
Weh- jatvohl, weh taki ihm. wie
sie wahlloz, bunt und durcheinander
all die herrlichen Sachen zu schnödem
Mischnzasch vermengt, Masonnaises
sauce und Gänseleberpastete, zu
scheuszlichen Klumpen geballt, und
dazu jetzt noch aus dem Knviartönns
chen sich eine Riesenportion heraus
holt und die hellgrauen Fischeier
hetunterlösselt, ohne eine blasse Ah
nung von der Köstlichtelt dessen, was
sie verschlang.
Verfehlung —- es gab nur den ei
nen Ausdruck dafür, und er ver
mocht-I nicht länger mehr mit anzu
sehen, sein ästhetisches Feinschmeäees
gesiihl riß es ihm von den Lippene
«Schiing doch nicht so! Iß mit
Verstand.«
Sie scheeckt"nus nu- iheee Weisun
tenheit, starrt den Gatten an, und
stöszt hervor:
»Schlingen — schiingen sagst du?
Jch schlinge?!«
Er lacht und sein Lachen klingt ein
bißchen schnöde.
«Mich steu» ja, IvennB dir
schmeckt, aber es muß einer dochauch
zu würdigen wissen, was et ißt.
Itinszehn Mart tostet von dem Ka
viar das Pfund, und du tust. alt
ob's saure Linsen wären.«
Wie in Purpur ist sie plötzlich ge
taucht, und die Stimme wiiegt ihr
an der Kehle.
.Saute Linsen — o du — das s-·
das ist --«
Er begreisks nicht sosort, was sie
von seinen Worten so ties betkossen.
Sie aber ist ausgespeungen und steht
vor ihm mit suntelnden Augen und
bebend var Entriistunen
. »Das ist empörend von die und
das ist schlecht Als ab ich mich ta
mall n t selber genug qeschsmt
hätt-, da wir nichts anderes zu
Mittag hatten. als saure Linsen und
Bratwurst, wie du um erstenmal su
M teufl. Wer sure Linsen, das
iB seine Schande- tvenn in einer
Wt Kinder sind und sein
- III erse- dss missen-:
»F
I .
q
tcsa und Fest ichs-m wo wir etft vier
Wochen und zwei Tage verheiratet
sites-, das ist eute Schar-des Und
wette ich dtt zu am war, und nicht
fein genug gewöhnt, da hattest du
mich 1a nicht zu nehinen brauchen
Ich frage nichts nach deinem seitdem
und ou dem teuren Zeug-, mit sind
saure Musen sum Sattesien noch
lange gut genug. Und intt essen
hat-« ich mich zu Hod- noq immer
warten, ohne daß tatst emek gaf
matztr. Und daß ich seht-age, dal·
hat mit noch teinee gqagt. Das —
hut mit noch —- temek gesagt!«
"Die Stein-ne zerbricht iyk m et
stiettem Auftchluchzem und to genagt
es ihm entom-, auch seinerseits zu
Worte zu tout-nett. Es tit nicht stet,
was et sagt. Er sieht ice nur tapf
ichüttetud un und spricht
.Du bist ja nicht recht geicheit.«
Sie ist schon wieder tm vestg voll
ftet Redegewandtheih
«Natütttch, gqsttett genug bitt ich
dir auch nichts Was tst die denn
üveghaupt recht on mir's Nicht-,
gut- nichts! Jch hat« schon eta
matt-tat aemektt."
«So,' sagt er und sieht sie :mmer
an — »das hast du schon gemertti
Ita, ich mer« heut zum erstenmal,
wie viel übelnedmertkche Entwind
tichteit in dir steckt. Das kann ja
nett werden.«
Ein Ausschrei unterbricht ihn.
»Mit werden! Damit songst du auch
schon ani Bereusks wohl gar, mich
iiderdaupt gedeiratet zu haben-P
Der stürmtsche Widerspruch, den
ihre stammenden Augen von ihm sek
dern« ersolgt nicht. Er niett im Ge
genteil voll Gelassrnheit.
»Ja, ich herrisch wenn du mir seht
etwa das sarnose Abendbrot verder
ben willst.«
»Das Adendbrott Natürlich, das
geht dir iider alte-, siir was anderes
hast du keinen Sinn. Schon vorhin,
wie du nach Hause kamst —- -— --— —·
will dir auch nichts davon verschlin
gen — verschlingen —,« die Stimme
beginnt ihr dedenllich zu schwanken —
.ganz allein will ich dirs lassen —
damit ich di« nicht — verderbe —«
Hin zur Tür ist ne geritt, hatt schon
die Klinke gesaszt, und er springt nicht
aus« hält sie Darin-, wie es ihr heim
liches Zögern zu erwarten scheint. deu
tet nur aus den leeren Stuhl sich ge
genüber und sagt:
»Benimm dich doch nicht wie ein
dummes Gönn Da sen dich toter-er
P hin und iß deinen Pamprs weiter, den
da dir zurecht gemacht hast«
Das ist zu viel!
»Tummelt Gohr — und Pamps
« Listan O da —- du —- hast
- mich nie geliebt. Nie —- geliebt —·'
! Ein wildes Aasschluchzen und ein
jTiikzuschlngen trennt die beiden letz
-trn Worte von einander. Sie hat
ji«-as Zimmer verlassen und schiebt
draußen trachend den Riegel der die
Tür, die ihr eigenes tleines Gemach
ist-n der Wohnstube scheidet.
Nun springt er doch aus, pocht
gegen die derschtossene Pforte.
»Man- —- tlnies Schaf —« Und
da die Zoologie ohne Eindruck aus sie
bleibt, in desthlendern herrentonu
»Staat«
Und wild tlingt’s von innen zu
rück: «Lasz mich! Und laß du dich
doch nicht stören und lasz dir’ii gut
schmecken-'
Da täust auch ihm alten Ernst-s
die Galle über und er stampst mit
dein Fuß:
»Nun hab ich? satt, die Alvern
beit. Mach« was dtt willst.
Und hin zum Tische stampst er
wieder, nimmt Messer und Gabell
rarr neuem auf.
Aber ich will dir's auch ganz gemäß«
nicht verderben, dein Avenovron und»
)
(
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Aber es will ihm nicht seh-Hecken
der Bissen, den er in den Mund
schiebt, würgt ihn in der Kehle. Eine
Weile sitzt er nnd starrt nach der
Tür, hinter der er ein ersticttes Wei
nen und Schlnchzen zu vernehmen
wähnt, dann springt er plötzlihnben
mals aus, stürzt hin zu einer nn
.deren Tiir und ist in seinem eigenen
Zimmer verschwunden, wie sein Weib
in dem ihren.
Und fest-verschlossen bleiben bei
der Zimmer Türen. Die Zeit der
rinnt, der Abend schwindet, eti
kommt die Nacht. Jn.seiner Stube
ans der Chaiselongue liegt starr aus
gestreckt« Nudi Lederer nnd wartet
aus ein leises, zärtliched Klopfen,
mit dem Eine totnmt und ei ein
zgestehn dass sie sieh wirklich wie ein
;ganz dnmmei, nibernei Giihr de
inommem Und in ihrem Schmollsi
iwintel hoctt Erim Lederer und sie
tert domai. wann endlich da drau
ßen vor der verschlossenen Tür einer
auf die Knie stürzt nnd mit erho-·
denen hönden schwört, daß er sie
!
non allem liebt nnd lie nnsleht,wie·
der gut zu sein« ihm wieder guts
Doch vergebens warten beide. Die
Stunden stiehen. Die Turmuhr
tiindet Mitternacht
Sie stöhnt ganz leise, windet sieh
hin und her —- n
ger. —
f Sie hat ja so gut wie gar nichts
inn Abend gesellen und auf den
en Magen das viele Weinen, das
macht doppelt elend. Und da dran
'en seht noch mit allen seinen M
lichteiten der te Tisch
nzkknsssss Messe-«- gis
LXN sQ- Fieber fes-been sk
ninier nnd hun
Aber W Sterben ist schwer, nnd
reftut weh, nnd preile springt sie
an .
Nein. sie will nicht sterben, wo er
vielleicht noch sroh darüber wäre, se
wiever los zu sein. Jlsr Stäbchen
hat is außer ver einen noch eure
.» zweite Tür, vie dinnnssiihrt nus verr
Flar und vom Flur in die — Speis
petannnen Viel war nicht drinnen.
aber vielleicht Hoch noch ein paar alte
Broteinvtn und vom Mittag ein biß
chen Bvlpnengrrnilsn
Die kleinen Schuhe mit den llnps
pernden Æsäpen slreist sie von den
Füßen und schleicht ans Strilmpsen
Jhinlius, hin zu ver Speiselasntner,
»die sie wohl zu schließen vergessen
hat, denn vie Tür steht halb vssrm
Mit vorgestreellm Händen tnslet sie
um sich. llnd schreckt zusammen, als
sie drinnen in ver Kammer ein leises
Geräusch vernimmt. Was war denn
du« Vielleicht ein Dieb unv Ein
brecheri
Wie erstarrt steht sie da, während
das Geräusch sich störlee wiederholt.
Ein ganz seltsames, schwimmt-ex
schliirsenves Geräusch- nie ol) einer
da aus Leibeslrdsten laut und
schlum.
« erinnert nnd iaui — —- iie r
sich noch immer nicht- Dieser Ciri
brecher hier — so ertappt sie ihn. sa
tommt sie dahinter, was es auf sich
lzat mit dein Niman von Feinheit
und Vornehmheit, mit dein er sich so
gewaltig aufspielt.
Und so sieht sie ihn ddr sich- den
Ertapptem der dasteht wie ein liber
fiihrter Berbrecher und teiiien Laut
hervorzubringen vermag, weil er die
Bauen dollgeftopst hat mit deii lal
ten Bohnen. Mit sanftem Tone
mahnt sie: ·
«Schling doch nicht so! Jß mit
Vernunft! Es ist nicht sein« seine
Gesiilile gar zu undeherrscht zu äu
ßern·«
Er wttrgt und schlurtt noch immer-,
nnd stottert dabei:
»Ich — du —«
Sie nickt, spricht sanft tvie zuvor
«Ja, wie sehr wir zu einander
passen, das meet ich erst fest. Zwei
Seelen und ein Gedante —- zwei
Magen und ein bringen«
Und plötzlich hellauslachend und
unter des Gatten Arm die Bands
schiebend:
»Aber talte Bohnen ist ein scheus
licher Painps, komm in die Stube sit
dan saniosen unterbrochenen Abend
trot — da tönnen wir seht gemein
sam fchlingen.«
Nun lacht auch er, doch in dem
Lachen ist ein sehr gezwungener Ton.
Und wie die weiche Hand ihn dor
iviirts zieht libet die Schwelle der
Speisetainmer, da fiitilt er's, weiss,
so wird sie hinfort noch ost ihn zie
hen und leiten, ivie und wohin ed
ihr beliebt. Die leere Bohnenschiissel
da drinnen —- etioae ist unwieder
biiiigtieh in sie limadgesunten « sei
nes Weibes Glaibe an seines Wes
sens höhere Art. .
—--...
Vertqiisaite Rotte-.
—
. Das sehr erfolgreiche nnd tieftraiis
rige Theaterstiiet keignei Bein.siier«,
worin das Schicksal der unglliits
lichen Augsbucgerm geschildert wird,
wurde i. J. 17d3 in Salzvurg unter
der Direltion Schitrirteders« des Dich
ters der «Zaiivekftistr«, unter großer
Anteilnahme des Publikums ausge
führt. So sehr die Zuschauer das
Schinsal der Heioin retiagien, lossedr
has-ten sie den Oaupt · Jntrigiiantett
des Stüae5, den Vizedoirn Sie riet
ldrer vollständig jeden derniinstiges
Maßstab rind übertragen diesen has, -
aiiry auf die Person des Darstellers
des Vizeddnn der sich nicht mehr ausk
der Straße sehen lauen tonrite und
endlich sogar im Siasfeehaus tätlich
nnaeaeifisn wurde.
Das geschah gegen Schluß der
Spielzeii, und der große Geschäfts
rrmnn Schiinnedek benutzte diese
Stimmung der- Pzrbljinms zu eine-n
wunderbaren Trick, der ihm viel
Erli- einbrachie uno die Leute außer
ordentlich beseiedigte. Auf den Un
ichtrrgzencrm weiche vie We Borsier
lung anzeigten, stand mit großen
Buchstaben: »heute wird der Bise
«som iiber die Brücke gestiieth
Abends hatte das Theater einen
enornren Besuch zu verzeichnen, denn
dirs Schauspiel der gerechten Bestra
sung des Bizedorn wollte man sich
nicht entgehen lassen. Die Vorstellung
keelies ohne jeden Mißtosn aber
schließlich wurde inter dern Jauchzen
nnd dem rasenden Beifall der diej
rnal sreudig erregten Zuschauer an
Stelle-des Agnes Bernanee der Dar
steller des Vizedom iiber die Beisei
gestürzt.
ON
—- Der reiche Professor
«Prosessor Golding muss ein reicher
Mann sein, sonst könnte er sich nicht
einen solchen Dieneriroß halten«
»Jo, er soll sogar einen Leib
Schirmvogt habe-pil«
— Sichere Probe. »Sie
haben mir diesen Megenschirnr als
beste Ware empfohlen, nnd seIt zeigt
sich- daß es ein ganz ordinäree Stoff
istl« - ·
»Aber woraus schließen Sie denn
dass«
»Nun- einsnch daran-: Jch ließ
ihn gestern in der Knelpe stehet-, ,
sund heute morgen war er noch dal« -.