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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (Dec. 20, 1917)
Sonntag-blast de Skaats Anzeiger und errold MUWU.O·-sqtag, haft-. Heimkkhn Erzählt-im von Fritz Müller Der Soldat Franz Manier saß lchweigiain in der Ecke des Eisen bahniibteils. Es war eine lange Fahrt von Ypeen nach Weiifalen. Sie ist nach länger, wenn rnan verwun det ist. Auch Geh-räche Ritzen sie nicht ab. Die machen höchstens nn gepulvig. Was fragen sie einen nicht alles! Kaum daß sie auf die Ant wort hören, ifl schon ihre zweier Frage da. bis man merkt: sie fra gen sur nicht dich, sondern wollen sue in ihrer eigenen Weisheit vor vie plätscherte. Davon wird man schweig sam, nicht allein von ver langen Fuhrl Aber dann tauchen plößlich drei Schotnfieine einer Eifenhiiiie ani: lang, länger, am längsten. Wie drei Schmuriinger iianven sie plan lich im Fenster. Für Franz Kra mer mass die Hand ver heimat« di. sich aus dem Boden keckie uns schwor. Schweif Ei, was ichwar fiel denn? . hin, die Eisenhiiiie hatte sich mi: einem Kahlenbeegiverl gegenüber un terhalten, über den Franz Krame: unterhalten. «Dee ist vielleicht da drüben ichonj gefallen,« brummte der Förderiiiein und ließ einen Wagen in vie Tiefe gerne-n »Nein, er kommt zuriich dort ien Zuge sidt er,'· sagte du- Eisenwerl nnd hob dekriiftigend die drei Schorn steinsinger. » Der Franz Aretiner wunderte sichs dnsz die Knmine plöftich schies im; Fenster-schiert stunden. Aber da; rnerlfe er nnr Breitesen unter seine-il Fußen. daß der Zug eine schiefes Ebene abwärts sichr. »Aha, der Zugs steht echte-Z nicht die ilnmine, dnchtes er lächelnd. Und trotzdem er kexn orrgleichender Philosoph wur, sondern nur ein eins-icher Soldat, knm es ihn duntel zum Bewußtsein, daß es einem tnit dem eigenen Urteil iider anderes ähnlich gehen könnte wie mit den schiefen Essen. Rrrr —- ging’s um eine Biegung. Eilig liefen die Essen aus denr Fen ster. Andere tauchten nnf — viele viele. « Sie schwenkten schwere, schwarze Fahnen, wie zum Gruße: »Ah, der Franz Kramer! Guten Tug, do disk du ja nneder!« Beinnhe wäre er ausgestanden, unt wie vor Hemmtsoorgeseszten strninm zu stehen: .Zn Beseht, da bin ich — Streifschuß, rechter Fuß —- ein wenig steis —- in vier Wochen meint der Doktor, könnte ich wieder mar schieren — vielleicht in drei schon, oder zwei —« «Meink der Doktors« srngte der längste Schornstein. «Rein, ich, Herr —- herr Oberst!' Jn, ein Oberst schien jener riesig kkinnin dort drüben nnch zu sein. Oh, den kannte er! ilnd mich das Ri giment der kleinen Schleie. Und die drei Fördertiirme mit den schmieren den Rädern nn der Stirne. Es wurde ihn- so heinmtlich, dein Franz Ru wr. Aber tht —- iveiin’s nur ein Bild innr, ein Kindhin ekton, ein tunstltchest Geschwind ließ er das Fenster herni-. häcnmergedröhn bun ste herein. Eo, jeft war? doch klar· Vlttz — Aber halt —- auch Hömmerdröip nen machen sie jetzt tiinsilich nach im Rina, hinter der Leinwand Dr siand er auf und streckte den Kopf iilier das «.Vinauslehnen verboten!«i weit in die Luft und sog sie ein. Ah. das war der feinsiiuerliche Ge-! ruch der mesifiililchen Dei-nat —- derl cvesifalische Gesinnt, sagten sie wo an ders —- das war der alte Arbeitsge ruch der hiiinmernden Heimatl Nein, den konnten sie in teinern Kind rachahnien, diesen eilentohligen Duft, nach dem sich seine Nase to ott gebläht hatte, wenn er draußen in den fremden Schiigengröben gelegen hatte. So lange« iog er sie ein, die heimats liche Luft, bis ihn sein rechter Fuß vom Stehen schwerste. Dann laß er wieder still in feiner Ecke. Es wurd: duntler. Jrgendnw wurde der Zug aufgehalten. Da stand er auf offener Streite ge en iiber einer Kot-batterie.· Franz ra nier zählte. »3weiunddreisig«, sagte er laut. Er freute sich til-er dio siratnii me Reihe. Der Zug hielt immeel noch. Die Kotibatterie derichwamknJ Auf einmal ein leichtes Klirrern Eini ichnmler Kotiofen tat sich auf. Ein gewaltigen tertiggebrannter Kot-tur chen lchoh sich langsam iiber die Ar beit-plumpen Es fah gut wie ein sittchterlicher glühender Lindwurtn. I Nein, nicht wie ein Lindwiirm. « Die neue Industrie gebiert Gestalten die wir nicht dergleichen lönneru Der Kuchen starrte rußi rot in die Nacht Dann zischte er auf Wasserstrahlen drangen aus ihn ein. Arbeiter lösch ten ihn ab. Aber es sah aus, als speie das glühende Kotstiek selber di weißen Strnhlen nach lint5, nach rechts. Ganz wohlig ward es dem Franz Manier bei dem oertrauten Anblnt Und dann iiberkam ihn die sonder bnre Ueberlegung, daß sein eigenes beirn Kriegsbeginn gleich einem glii nden Kotetuchen in das Feindes laud hineingesahren war. Aber alte Wasserstrnhlen der Mühen und der Fäheiichteiten draußen hatten es nicht löschen können. Es gliihte heute noch wie am ersten Tage. Der Zug war längst weitergesnhi ren. hinein in die heckeuumsiiumten Wiesen des Münster-landes. Gleich würde seine Heimatstadt kommen Was wohl seine Leute sagen würdet-, wenn er plötzlich dahertämn seine Fron, seine Mutter, sein Bruder seine Schwester-i Keinem hatte er’3 geschrieben. Er hatte es sich gar zu schön gedacht, so nus einmal unter der alten Türsiillung zu stehen: »N-1, wie gehts euch Kinder-. . .«i« Jn, heute abend würde er das noch erleben. lind beim Einsnhren di Zuges stellte er sich das zum zwanzigsten Male still nnd lächelnd Dann stieg er aus. Den langen Buhnsteig hinite er oor ·Darf ich Jhnen helfeni« — »Bit te. wollen Sie sich ans meine Schus ter stützen?« — »Nein, aus meint, bitte!" Aber er lehnte alle Anerbietun gen der Krankenschwestern freundlich ad. »Nein, nein, es geht schon so.·' Jetzt durch die Sperre iints, dann rechts hinüber, dann die ztue««.e Querstrasze an der Ecke — na, würd-. sein Weib Augen machen! Und die anderen —- schade, daß der kleine Iris schon schlafen würdet« »Dars ich bitten, mit knir zu ge hen.« Ein Offizier hatte es höf lich zu Franz gesagt und, ihn leicht ffimn Rockiirmel fassend, neben drei un deren Soldaten ausgestellt, die auch mit diesem Zug gekommen waren. Dann tanr noch ein fünfter — ein« Sechster. Und dann gingen sie lang sam in die Itaferne, der kleine Trupp mit den verbundenen Armen, den hin· tenden Füßen. Keiner sagte ein Wort. .Miis3t euch nichts daraus nrachen." Kameraden,« sagte der Offizier, .e3 ist nur siir diese Nacht« daß ihr in« der Auserne bleiben sollt —- Pers-»F nalfeststelkung, weiter nichts. Morgens sriih geht’s dann zu Muttern um« wohin ihr sonst wollt· — Kommt! toohl a·le oon Flandern her? Muß höllisch heiß gewesen sein dort unten —- sagt mal, wie steht es eigentlids dort unten?« s Kein bischen tehrte er den Ofsizreh heraus: Gleich wurden ssie vertraut mit ihm. Und plaudernd ging es durch die»Nacht dem Stadtwall ent lang zur Laterne. Jn der Kaserne tauchte der Un teroffizier die Feder ein. »Wenn geht«-z zum Essen, Leute —- es gibt was Gutes —- habt ihr nichts gero chen? —- Aber vorher muß ich euch noch in die Listen dringen —- am be sten ist’s, ihr knöpst den Rock aus nnd legt mir die Erkennungömarke oor, die euch auf der Brust hängt Dann gibts teine Hörfehler. —- Der nächste also!« Es ging alles rasch. Fünf Mar ken, die den Feldzug nächst dem ha zen mitgemacht hatten, llapperten nach einander auf dem Tisch Metall aus Herz — es war, als würde aus« Vcsclyib Der sechste ivnr Franz Kramer. »Na, nnd Sie? Wo ist Jhre Marie?« »Ein Beseht —- ist weggeiommen.« »Weggetommen7 Wie soll denn ’n Ding wegkommen, das einem um den halt hängtii Könnten ebensogut sa gen, es sei Jhnen Ihre Leber wegge t-mmen oder sonst was-« »Ja Beseht — weiß selbst nicht, wie es ging. Wir kamen hart aus den eind — Brust an Brust. Ein Gris riß mir die Unisorm aus — wurde dann ohnmiichtig —- Blatt-er iust — Beinschuß —- lag zwei Tage draußen — snnd mein Regiment nicht mehr —- und meine Ertennungsmarie war fortt« »Gut — Sie kriegen eine neue Marie, morgen sriih schon. Ein Sei-i dat ohne Ertennungsrnnrie, das geht! nicht, mein Lieber. Denken Ste» mal, ei vergißt einer in der Briilieis rei da draußen seinen Namen —- he mir soll ich den dann in meiner Liste aussindeni —- Na, Sie wissen in den Ihren scheinbar noch «- Franz Kramer, sagen Sie? —- Jst gut — das andere seh’ ich ja an Ihrer Uni sorm." « Ein wenig nnbebaglich schlies» Franz Krainer doch in der Rasen-e Wust die Erwartung aus das Wie-l versehen morgen? Wars ein Restä Enttäuschutth — Es war sicher, dass er manche Nacht tm Schühengrabsen draußen besser geschlafen hatte als dse erste Nacht in seiner Heimatstadt» Lange Stunden lag er wach nnd» starrte gegen das Fenster. Dort drau ßen stand der Krieg und schlug sein-a Mantel zurück: Sieh her, Franz Kra mer, das hast du erlebt und das unb» das. . . . Endlich, gegen Morgen, schlief er« ein« Man weäte ihn nicht. Es war! heller Tag, als er erwachte. Nun aber rasch —- einer half ihin in der» hole, alles andere konnte er sich selber; tun. Dann nochmals zum llnterosiis zier ins Wachlolai. Der gab ihm einen Schein. »Da mit gehen Sie im Lauf des Tag-s ins Hospital lll —- lassen sich ’n bischen nachsehen. Fehlen tut Ihnen ja weiter nichts als das, bischen Steifigteit — wasisp Er hintte iiber den KasernenhoL ans Tor —- da dröhnte es schon vom Marschschritt der Soldaten. Die schwenkten die helrne —- Junge wa ren’ö, Ersaßmannschastein die heute binausgezogem die jetzt sangen und ihni zuwinkten: .Wit« hinan- — dn hereinl Bald wird's wieder anders seine Wir herein -- nnd dn hinaus —« Langsam nahen er die Richtung nach seiner Wohnung. Es war ein scsönes Stück Weg dahin. An der Herzjesntirche kam er jetzt vorbei. Die herzjesnlirchei War das nicht die, wo er gesinnt worden war? Hm sa, mächtig lange war er nicht hin-— eingegangen. Die Tiir stand ein we nig offen. Wie, wenn er doch mal «n wenig hineinschanen wiirdei Mußte er nicht der Muttergottes danken dirs für. daß sie ihn wieder heimkehren ließ in die Heimat? Hatte er das Be ten nicht wieder gelernt da draußrih ans den Kampfieldern — ans eine be sondere Art gelernt in den langen Nächten im Schützengraben unter dein gestirnten Himmel, iin Jammer der Verwundetem in stürmender Toch verachtnngZ Da war er schon die Treppe hin anfgehinlt, hatte sich durch die hatt ossene Kirchentiir geschoben nnd stand nun, ein wenig geblendet, in der hal ben Helle. Er setzte sich ans die hinterite Bank. Etwas befangen ging sein Blick rings unt die Kirchenschissr. Wie lange war es jetzt, daß er znm letzten Pulte — 1 Ach was, das war setzt gleich! Ins diesen Zeiten schaut man vorwärts( nnd nicht rückwärts. J Ja, das war noch der alte sitze-»F Links die inilde Jungfrau, rechts der P;truö. Es sliminerte vorn Altar» her wie einst. Wie einst, da er noch» als Knabe all den Glanz bewundert» hatte. f Eine Frau in Trauertleidein gingz eilig an ihm vorbei. Nein, welch-f Llehnlichteit die mit seiner Schweftccz siathi hatte. iind die f warze Fick dahinter — er hätte fi wahrhaft-. fiir feine Mutter halten tönneiii Aber das war natiirlich Unsin» i Weshalb sollten denn die beiden ’ Trauer tragen? Er war doch iarf Einziger im Feld. ilnd daß er nichtl gefallen fei, das iviirde er ihnen H bald beweisen können. Jetzt wurde es lebendig ani Altw Zxoei Miniftrantentnaben machten siiii zu schaffen. Ein paar Leuchter letzten sie zurecht, einer zapfte an einein Tuch, der andere legte ein neues auf. Vorfichtig hoben sie ein Glöctchengeftelt herab. Richtig, da tam ja schon der Prie ster. Und nun folgte Franz Kramek allen Handlungen mit fteigender Auf mertfamteit. Aha, eine Totenmeffe war das also! Der heilige Ritus stieg aus seiner Knabenzeit empor. Plötz lich wußte er wieder alle-. »He-ihr kommt das —- und dann kommt dies — und dann das,« sagte er halblaut bei jeder handbeweguiig des Priesters und der Miniftranten voran-. Und immer stimmte es. Er hatte nichts vergessen. Aber mitten in der Messe und den Gebeten, die von dem Altar nur mit einem schwachen Gemurmei zu ihm in die legte Bank drangen, schwand ihm das Schauen und hören plöhs lich. hinter die Messe zu sehen war -e auf einmal imstande, und er disk betroffen oon der tiefen Gewalt, auf ihn überströmte. und die sich son derbarerweise mit den Kämpfen isa draußen symbolisch zu verbinden fchiem » Die Priesterstimme rollte tief: Kanonendonner in der Ferne. Die» Ministsantenlnaden fielen mit ihren hellen Stimmen ein: Maschinen-ge wehrseuer.. Feine Glöckchen läuteten scharf: Trompetenbesehle gingen durch die Schlacht. —- Auf einmal lams ihm in den Sinn: War dies Verglei chen eine Sünde? Nein, Gott taen in vielerlei Gestalt. Er schreitet gleich durch eine Schlacht und durch eine Totenmessr. Gott war überall in diesen Tagen lebendig Es war unmöglich, ihn nicht zu sehen. Zu weit hatte er den Mantel zurückge schlagen. So — nun wollte er noch rasch zum Marienbildnid vorgehen, wo er als Knabe immer saß. Wie ck leise vorging, sah er schief in zwei, drei Bänle hinein, die allein besetzt waren- Sicher waren das die Ange hörigen von dem, dem diese Toten enesse galt. Er fuhr zurück —- das Blut schoß ihm ins Auge: das dort waren wirklich seine Leute, alle seine LeutH Die Mutter, die Schwester Kathi, oc: . Bruder Fritz. Und ganz am Ende die zutiesst gebeugt war, das war die Anna, seine Frau. Und alle waren sie schwatz. ganz schwatzt Wie wa es denn nur möglich? Und da aus d:r anderen Bank, saßen da nicht altef Freunde? Ja, das war der Grad mann, der Peterhoser, der Maibachts Und wie lani denn der Schlosses? Knell auch dazwischen? Das wars doch sein Feind, sein ärgster Feind,? kder ihn seit Jahren nicht mehr ansah!» »Und ihnen allen sah man an der Hai: l »tun«g an: das war leine Förialichtei:· Iie sie in diese Bänle schob und nie derdrückte, dag war Trauer, echte· tiefe Trauer. - Es wurde ihm ein wenig wirr im Kopf. Weshalb fafzen alle feine Leute in der Totenmessei Ach, oie! leicht war es nur ein Traum? Viel eicht lag er fefzt in Wirklichkeit in ei nein Unterfchlupf des Schiitzengm bens und war«eingedufelt zwischen zwei Gefechtspausent Gleich wün er erwachen —- gleich! Er wußte fchom roie er's machen mußte. ,,Duninie2 Zeugi« wiirde er jetzt laut rufen, dann würde er don felbft erwachen. Und wahrhaftig, der Soldat Franz Ferarner öffnete fetzt den Mund und sagte: »Du-ums Zeugi« Aber eben hatte der Priester mit el nem tiefen Meßgefang eingesetzt, unt-« das Wort des Franz Nramer ertrant in dem Gefang. Aber ein Traum mass doch! »Ich will mein Gesicht einen Augenblick lang abwenden, der Mauer zu,« dach-» te er, »und wenn ich dann zurück-; schaue, ist’s doch der Unterfchlupf im» Schüsengraber —- ej kann ja gar nicht anders fein-« ; Und wie er jetzt auf die Mauer schaute, fah er dort einen gifchriebew nen Zettel angeschlagen: «Totennieffe um zehn Uhr fiir Franz Kramer, ge fallen vor Ypern.« Es wurde noch verwirrter. Das ivar nun doch ein gar zu dummer Traum. Nein, fo etwas: feine eigene Totenmeffe im Schüsengraben zu träumen! Nun wollte er sich aber scharf um drehen. nnd dann mußte er erwa chen. Eine ganze Weile hielt er den Kopf der Mauer zugewandt und lernte die Anzeiae feiner eigenen Iolenmesfc answendig. Dann wurde ihm den Kopf fast fteif. Nein, es war dich zu langweilig, diefer Traum. Lied-r noch aufwachenl Und unter dem CJJleffegeklingei wandte er den stopf fcharf zurusi Aber da faßen sie immer noch voll Trauer in den Bänten und wankten nicht und wichen nicht aus feinem Traume. Jetzt wurde er ungeduldig. Er richtete sich ftranim auf. Nein — das war kein Traum mehr! Gerade aus ging er auf die Frau zu, die den Kopf am tiefften gebeugt hatte. Und mitten in die hellen Stimmen der Ministranten fiel feine Stimme, fest und fchwer: «Annnk« Die schwarze Frau guckte aus. »Fcanz!« schrie sie aus« »Zuwi« Und tvie vor einem Geiste wich sie in dek Bank zurück. Die hänoe hob sie, halb wehtend, halb verlan send. Andere Stimmen erhoben sich· Ent sesen starrte den Soldaten aus den Bänten an. Der Priester hatte sich umgewandt. Itagend schauten er und seine Ministmnten aus den Lärm, von dem et nichts verstand. Die Mutter hatte sich zuerst er holt. Am Aekmel hatte sie den Sol daten gepackt, über die Stirne war sie ihm gefahren, zu der icilttveißen Tochter hatte sie sich niedergebeugt »Er ist es,« sagte sie, »e: ist’g wirt lich, Anna!« »Nicht tot? — Kein Geists — Wiktlich der Franz?« scholl es durch einander. Jetzt war der Pfarrer herangetre ten. Er hatte verstanden. »Wie wunderbak,« sagte er ruhiz, »wie wundetbhrt Der Totgeglaubs te ist wieder lebendig geworden. Kommt, Kinder, wir wollen die Messe zu Ende lesen, die Auferstehungs messe!'« Und dann saß während des letzten Messeteils ein schwarzes Weib dort vorne in ver Bank neben einem Sol oaten nnd hatte seinen Arm fest ums schlossen, fast umlrallt. Und während oie Messeglöclchen zum letzten Male silbern durch das hohe Kirchenichifs jubelten, fah sie unter Tränen zu ihm auf. . . Es war noch am gleichen Vormit tage, daß sie ihm, noch immer ver wundert ourcheinanoerredend, eine blanke Erlennungsmarle und einen kleinen Lederbeutel zeigte, Die itz nen das Regiment vom gefallean Soldaten Franz Kramek zugeschtdt hatte. Om— Der ijnndktbiinvkllkhkim . BUH Cgull NOT-fu« Die Geschichte spielte vor etlichen Jahren in einein der vornehmer-en Restanrante der rnssifchen Haupt und Residenzftadt, die damals noch. Petershurg benamset war. Es war in der späteren Nachmit tagsstunde, in der sich in dem Restaus rant viele Gäste einzusinden pflegen. als ein junger, gut getleideter und vornehni augsehender Herr ersck,ien, ein Diuer und Wein dazu bestellte und es sich gut schmeclen ließ, dabei jene vornehin nachläsfige Haltung zu bewahren wußte, die Kellner zu größ ter Dienstbeflissenheit und Unterwür fialeit anzuhalten pflegt Zo war denn auch der Kellner ge schäftig hin und her geflogen, um den vornehmen Gast zufrieden zu stel len. Endlich hatte dieser fertig gespeist und saß bei seinem Getriinl noch eine Weile. während der Kellner mit an dere Gästen, die inzwischen gekom men und gegangen waren, zu tun ge habt. . Ein Weilchen hatte so der Herr gesessen, dann winkte er dem Kellner und sagte etwas kurz: »Na, wie ist das! Beionime ich nun bald mein Geld zrtrijell « Der Kellner war sehr erstaunt und erklärte, der Herr täusche sich, er habe noch gar nicht bezahlt und bat um Bezahlung der Zeche, deren Betrag er nannte. Der vornehme Herr lachte höhnisch und verbat sich dann sehr energisch den »dummen Scherz«. lind als der Kellner sehr ernst haft wiederholte, daß der Herr sich ganz entschieden täuschen müsse, er suchte dieser in energischem Tone, der Kellner sollte den Biisetlier herbeiru sen. Das geschah; der Biisettier latn dienstsertig herbei, ver vornehme Gast erklärte von oben herab, daß solch »Scherz«, wie ihn ver Kellner sich geleistet hat, siir ein besseres Bestan rant doch recht angeeignet sei, er habe dem Kenner einen Hundert ziinbelsåchcin zur Begleichung seiner Zechschuld gegeben, warte vergeblich eine Weile aus Riidgabe deH iibrinen Betrage-«- nnd nnn bestreite dieser Mensch gar, das Geld erhalten zu ist«-en Der Kellner betenerje nur immer wieder, daß er teinen Hundert Nabel Zchein von dein Herrn erhalten, über haupt von ihm noch keine Zahlung betommen habe nnd wurde schliesslich etwas kurz angebunden· Nun lvnrde aber der vornehme Gast sehr laut; so etwas sei ihm denn doch noch nicht passiert, sagte er in erhobene-n Tone, so daß andere Gäste aufmerksam wurden und sich um sei nen Platz scharten. »Ich kann den Beweis liesern,« sagte er, »daß ich einen Hundert Nabel-Schein hergegeben habe· Se hen Sie«, — und damit zog er sein Porteseuille mit vornehmer Geste her aus, — »hier hatte ich süns Hun dert-Rubel-Scheine ir. meinem Pot teseuille, und jetzt sind nur vier dar tn.« Das war freilich in der Tut so, es lagen da nur vier Scheine, aber das war noch tein Beweis, und Bil settier und Kellner und nmstehenve Gäste zeigten Hohnlächeln in den Ge sichtern, der eine in deutlicher-, der andere in mehr distreker Weise. Dann aber suhr der vornehme Gast fort: »Sehen Sie, hier habe ich alle süns Nummern der Scheine notiert.« Er nahm die vier Scheine aus dem Portesenille. verglich deren Num mern ganz genau. Nur eine von den notierten Nummern fehlte unter den Rubelscheinen, und der here sagte, indem er auf jene durch keinen Schein belegte Nummer mit dem in- » ger hinwies: »Den Schein mit dieser Nummer wird der Kellner oder wer den Sie, Heer Büfettiee, in Jhrer Kasse haben·« Büfettier und Kellner lachten und meinten beide, daß das völlig ausge schlossen sei; zder Kellner versicherte, überhaupt teinen Hundert-Nabel Schein bei sich zu haben, der Büfettiek erbot sich, seine Kasse durch den Gast revidieren zu lassen, und«Büfettiet, Kellner, der Gast und einige andere Gäste begaben sich nach dem Biifett, wo der Büfettier aus der Kasse eine Anzahl Hundert-Rubel-Scheine her .1usnahm. Der vornehme Gast hielt noch sein Portefeuålle mit den notietten Nummern in der hand und las laut die fehlende Nummer ab, und sieht, —- sie fand sich unter den Hundert Riibel-Scheinen in der Biifetttasse. Ganz genau die vermißte Nun-mer lVllk«ö. Nun was-s an der Zeit, daß der« « Büsettier sich entschuldigte; er belegte den Kellner mit einer Anzahl wenig lieblicher Schimpsnamen, der Kellnet«« zuckte immer nur wieder die Achseln doch war er durch die Gewalt der Tatsachen, die seine Behauptung dra stisch widerlegte, so bestürzt, daß eti "« sehr kleinlaut geworden. Inzwischen zahlt der Büsettier dem vornehmen Gast den sehr beträchtlichen Rest von iiber neunzig Rubelu, den er aus sei-« nein Hundert-Rubel-Schein zu erhal-" ten hatte, heraus, und stolzen Schrit tes verließ der vornehme Herr-, nach dem er noch dem Kellner durch Dar ieichung eines anständigen Trinkgel »e:« den Beweis gegeben, daß er dein dienenden Geist trotz seines großen Verseheiig nicht böse sei, in vornehmer Haltung das Lolal. Natürlich tat das der vornehme Herr sehr eilig, denn er war sa durch die ,,Tölpelhastigleit« des Fiel-l isers uniiiitz aufgehalten worden und hatte viele kostbare Zeit verloren, weshalb er denn auch sosvrt in ein in der Nähe der Restanrants haltendes Llutomvbil sprang und sehr rasch da von snhr. So war er denn längst in weite ster Ferne verschwunden, als dein Büsettier endlich ein Licht ausging. Er behauptete nämlich steif und fest, daß er den Hiindert-t1tubel--Iclsein mit der ovni Gast iiotierten Nummer schon am Morgen desselben Tages erhalten hatte, lind als er sich dann .in die Polizei wandte, uin dieser den eigentümlichen Vorgang zu inei den, erhielt er die merkwürdige Linstlärung, daß zur selben Zeit ilt einem anderen Restaurant ein gan ileichartigeå Begebnis sich abgespiel helllc. So ivar es klar, daß zlvei Gauner sich geschickt in die Hände gespielt hatten; sie hatten aiii Morgen ieder in einem Restaurant einen Hundert Rubelsschein ausgegeben und am Nachmittage jeder in deni anderen Nestaiirant die geschilderte Entrü siuiiagszene ausgeführt Bedenkt inan, daß zu dein Unter nehmen immerhin eiii anständiges Iliiliigetapital gehvrt, das Stückchen sich auch nicht alliiiost wiederholen läßi, so scheinth freilich, dass sich von solch eineni Geschäft nicht dauernd leben laßt Aber ehe der giroiinene Betrag derangxabt ist, sällt sicherlich lbvbl so aeivitgigten Männern ein ali ccreg lsjiiunerstiict ein. —« -.—»— Adel nnd Gelehrsamkeit Aus dein Fiunztl Zn Basel (l«lkll Illw wurde die Anordnung ge nossen, das; die Tlldeligen aus des einen und die ljleleljrten ans der hnderen Zeile desJ Saale-:- ihren Platz lmbeu sollten. dlllsJ Kaiser Si giismund eine-I Jigeszs in den Saal trat, bemerkte er, dass sein gehei nier Rat Tr. Neurg Jeselius, dem ei« kurze Hielt vorher den Adel ver liehen hatte-, til-er den Adeligeu Plalz genommen halle. Voller Un ieillen rief er aus: »Da-I hätte ich Euch nicht zugelmut, daß Jhr Euer Toktomt geringer schiin als den Adel. Ich kann wohl an eitlem Tage Tausende adeln, aber in tau send Jahren nicht einen einzigen sum Gelehrten machen, wie Ihr ei ner seid.« —- Gesähkliche Drohunq. Der kleine Otto: »Nimm wwu du mir keine Schotolave, gibst, esse lq heute miltag, bis mir schlecht wird. —- Aus ver Schweiz. — OEL .,Wo hast Du Die denn diesen schmi lichen Schmipsen gehollk« B.: «Geslem im Zug ln Zug lm Zug!« .