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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (Nov. 22, 1917)
I Lieb Vaterland. Roman von sieh-if Strah. CZ. JortfesungJ ,,Jch Jan fa gen-usw« ,Wai denn, gnädiget Fräuleirit«; «Morih verdtrht immer alles! Er hat Sie neulich fo vor den Kopf ge-. fioftenl... Wie innn man da ver langen. daf- Sie .« ’ .Das hat auf mich gar keinen Ein druck gemacht, Fräulein von Teuf fern’«' «Alfo können S;e ihm aus anderen Gründen nich helfen?« «Dnvon hat ich noch kein Wort gefagtl Sie müssen mir doch ein biß chen Zeit zur Ueberlegung laffent« Der jung-. Millioniir fprach es fafi ärgerlich. Maragarete von Teuffern wagte nicht, ihn noch einmal durch eine Fra ge zu stören. Sie hatte sich von der Heiiftung aufgerichtet und ftand frei da und fa? ihn mit vor Erwartung angstvoll zufammengeprefzten Lippen, aber ohne Scheu, ins ihren dunklen fchdnen Augen an. Eine Selunde regte sich in ihm noch die Versuchung des reichen. vielgeplngten Mannes: was tat mass oft mit den Leuten, die Mögliches und Unmöglichek von ei nem forderten? Man hielt sie hin... Man vertriiftete sie auf die Zukunft Nein, diesmal wollte er wirtlich hel fen. Diefss Mädchen, das einen Ein druck auf ihn gemacht hatte wie keine je zuvor, rollte ihm dankbar fein. Dann tonnte auch er fpäter ohne Afchermtttnzochftimmung an diefe paar wunderlichen Berliner Tage zurück denken. .Wir wollen fehen, Fräulein von Teuffern!« fagte er. »Es trifft sich giinftig: ich habe gerade in diesen Tagen fo etwas gehort... Jch tann von mir allein aus nichts entscheiden. Aber ich werde anfragen Jch teles graphiere jeht gleich nach zwei. drei Seiten. Bis heute abend have ich Ant tvort und Sie morgen früh von mit Befcheid!' Sie traute ihren Ohren nicht« Er mußte es wiederholen, bis sie es glaubte. .Warum nicht? Wenn die fragliche Stellung nicht schon besetzt ist, uns ich nicht glaube ...« « Fräulein von Teusfern trat sprach los aus den Millionär zu. Ein Schimmer von Gtiirt lief plöhlich ioie ein Sonnenstrahl liber ihre schönen Ziigr. Sie streckte unwillkürlich die hände aus. Sie verlor ganz die an erzogene Zurückhaltung Sie hatte nicht mehr das Gefühl, einem jungen Mann gegenüberzustehen, sondern ei nem Wohltäter. «Jch bin noch wie... wie vor den Kopf efchlagen!«« versetzte sie mit einem schwachen, halb kutlosen Lä cheln. »Am Ende bild’ ich mir das alles bloß ein!... Jch träume es nur!" »Es ist doch nichts so Ungeheuer liches!« Also ist'g wirklich wahrs« »Ja, gewiß!« Ihre Augen wurden feucht. «Jch danke Jhnen von herzen!« sagte sie leise und einfach. Sie hielr ihm immer noch die hände hin Er nahm sie. Und verspürte dabei, zu seinem esgenen Er staunen, teine Genugtuung über sei nen Edelmut, sondern nur die Angst: Herrgott. sie wird doch nicht zu wei nen anfangen! Nahe daran war sie .. Und ihm war der Kopf heiß. Es drängte ihn plötzlich von Margarete von Ieuffern weg. Sonst war er, der nüchterne Geschäftsmiinm noch im stande, zu guter Letzt irgend eine Dummheit zu fngen oder zu tun und alles zu verderben. Er nahm rasch, unvermittelt, Abschied. «’lllso wäre vorläufig alles erle digt!« verfetzte er. «Ver4eihen Sie, wenn ich seht einer anderen dringen den Verabredung folge . Auf Wie derfehen, mein gnädiges Fräulein . .« Während er draußen dsnch das un wirtliche Winterwetter mit hochge tlnpptem Pelztmgem oie hände in den Taschen, langfam zu Fuß feinem Hotel zufchritt, dachte er sich mit einem leiten Seufzer: Ja . die ift nun orrforgti . .. und hinterher- Wer roird wohl einmal Deine Frau fein? Er tonnte sich nicht helfen: Dies Bild der Zukunft trug immer noch, immer wieder Margarete von Teuf ferns Ziigr. Er blieb ärgerlich ftehen und finmbfte mit dem Fuß auf. Er wollte fett dtefe Dummheit vergessen Er trat in fein Zimmer und öffnete die eingelaufenen Depefchen, darunter auch eine lehr gereizte feines Bruders mit Paris. «Der Ton Deines Gefirigen tft durchaus untnufmiinnifch. Jch machte Dich darauf aufmerksam, dafz Du Ieillzaber der Firma Fedderfen bist, ans ihr Deine Revenuen ziebft nnd ihr mithin auch Deine Arbeitskraft fchuldeft Wir Brüder haben ausge macht, da einer von uns immer nur mit Gene migung der beiden anderen fiel- nufzergeivöbnlichen Urlaub ertei len kann. Du hast alfo tetn Recht, Dich wochenlnng plödlich in Berlin aufzuhalten, toenn dies nicht im Jn tereiie des Hnuleo gefchiebtk« start Fedderfcn zündete sich eine signrre nn, feste sich und fchrieb das ’ »Antworttelegramm. i - »An hier im Interesse des Hauses Dade hier auf Deinen ausdrücklichen neulich geauherten Wunsch mälitiirisch efchulte Kraft fiir unler Orientges fchiift gewonnen Erbitte Vollmacht, adsusch iestem Reife dann poftwendend Parisf Am späten Nachmittag war die Er widerung da: WEngagiere wen Du willftl Aber tommi« Und drei Stun den darauf eine Depes e aus Jetates rinoslaw, wohin Karl eddersen dem dritten der Brüder, tholai, gedrahtet hatte. Ein bündiges «Kar-.1fcho!« Es ist gut! Als · alles geordnet trat, schrieb Karl Fe derfen an Margarete. Er hielt seine Worte so knapp wie mög lich: »cehr geehrtes gnädiges Fräulein! Die inzwifchen telegraphifch fest gesetzten Bedingungen wären: mög lichft baldiger Eintritt, zunächst probeweife auf ein Jahr, dann dauernde Anstellung mit Verpflich tung zu Auslandsreisen aller Art Das Salair...« Er zögerte. Wieviel? Er hatte ja freie hand. Er wollte nun wirtlich groß miitig fein. Dagegen warnte der Kaufmann in ihm. Er fuhr fort: »Das Salair vorläufig zehntau send Franks jährlich, und Ersatz aller Speien. Könnte der Herr , Lentnant —- fein Name ist mir lei der entfallen — morgen mittag um ein Uhr bei mir vorsprecheni Er würde dann alles Nähere von mir erfahren. Jch reife morgen I abend. Jhr ergebener Diener ! Karl Fedderfen.« Unten beim Portier schlug er in ,«arm Adreßbuch den Namen des Gene ralleutnants z. D. von Truffern auf und fügte Margaretes Straße und Hausnummer auf dem Umschlag hin zu. Ein Page nahm ihm dienftfertig den Brief ab und warf ihn in den Kasten. Karl Federer ctmete auf. So, nun war’s geschehen. Er fuhr sich mit der Hand über die Stirne. Als erwache er aus einem Traum. Aber aus einem Traum, in dem er sich ta dellos benommen hatte. Er war hin terher iiber sich felber erstaunt. Er hätte sich das gar nicht zagetraui. 4. Am nächsten Vormittag stand Karl Ieddersen am Fenster feines Hotel zimmers und blickte miißig aus den Pariser Platz hinab. Sonderbar schauten die Menschen von da oben aus. Cigentlich sah man nur ihre hüte, ihre Schirme, die Stieseispiszen darunter-. Da war ein großer weißer Tellerhut mit schwarzer Schleife. Ne ben ihm ein Militörhelm mit abge rundetem Knauf. Der oben zuckte zu sammen. Das war Margarete. Sie begleitete ihren Freund bis an das Tor. Er sagte sich nerviis: Das hätte sie mir auch ersparen können, ihn mir persönlich heranzuschlepbeni Dann kam das Gerechtigleitogesiihk Fe weiß doch von nichts. Jch bin siir re eine Art Geldschrant. Izrtigi Mit melanchoiischem Lächeln verfolgte er das Paar. Die beiden driietien sich unten stumm die hand. Dann wandte sich der Leutnant ab, trat ein und ließ sich melden. Der Kammerdxenee emp fing ihn aus seanzösisch Er unter hielt sich mit ihm in der gleichen Sprache, während er den Mantel ab legte, und zugleich sagte Karl Fedder sen schon durch die halb ossene Tür zum Vorraum, auf deren Schwelle er stand: »Nun... Jhr Französisch ist ja gut!... Guten Morgen, Herr Leue nant... Wie steht’s denn mit dem Englisch?« »lLbenso." «Jtaiienisch2« »Das tann ich nicht! Silber ich wer de heute abend damit anfangen, eg« zu lernent« «Sonstige Vortenntnisse?" »Nun- Stenographie und Buchfüh rungi« »Und Jhr bisheriges Fach, die Wassenbrkinche?« »Das gründlich!« Da war man schon mitten in der Sache. Der junge Ossizier wußte gar snichh wie er hineingekommen Eine leichte Röte von Verlegenheit nnd Selbstiiberwinbung erschien aus sei nen Wangen. »Aber oor allem, Herr Febbersen ....e3 hat da neulich einen kleinen Dijput zwischen uns gegeben... Jch zhötte den vermeiden sollen... gerade seinem Fremden gegenüber-. Jch habe ’niir das nachher gesagt und wollte iJhnen jedensalls gleich auch...« s «Ach... lassen Sie das doch gut »sein!« Der junge Millionär machte ’nur eine nachlasslge hanobewegung Er war jetzt ganz der vornehme Weltmann« der seinen Gast nicht sei ne Abhängigkeit siihlen ließ. »Du choe des opinions jaillit la vöriiesi Sehen Sie sich doch, here Leuinant... Zi garref Ober Papyrossenf Jch hab’ sie noch selbst aus Russland mitgebracht.« Er gab dem andern Feuer siir sei ne Ztgaretie, zündete die seine an und behielt, sich irn Sessel zurücklehnenb, eine liihle Nachlässigkeit icn Ton bei. »Also Sie möchten hier heran-? Auch ins Auslanbi Strapazen scheuen Sie nicht?" · »Das ist mir alles warst, Herr Ieddersenl« Ertrages Nun selbstverständlich» Bitte wollen Sie Ihren Heim nicht abstellen, Herr Leuinant... Gesund heits« - — , i «Tadellos!« s ! »Und Sie glauben, sich veränderten Verhältnissen anpassen zu isnneni« » »Ich weiß, daß ich mich unterord neu muß. Das muß ich jetzt beim Mi litör auchl« « »Was ift Ihr Herr Vaters« » »Ghmnasialdirettor a. D.« F »Seht er nochit" ; »Meine beiden Eltern.« i »Aha. ishr schZW s Es war eine Pause. Karl Fedder ssen wiederholte: »Schön! Dann kann Tich die betreffende Firma benachrich Itigem daß Sie zum sofortigen Ein Ltritt bereit sind?« I Der Artillerift war ergriffen. Er» »streckte halb die Hand aus. s , »Ich weiß nicht, wie ich Ihnen danken foll, Herr Fedderfen!« sagtet er unsicher. i Karl Feddersen rührte sich nichtJ Er zog nur, wie erstaunt, die blonden; Augenbrauen hoch und versetzte trot len: »Ich wüßte nicht wofür!... Ich bin nicht Maisenrat, sondern Ge schäftsmann! Ich suche die geeignete Kraft siir die geeignete Stellung. Boiln tout!« » Und nach kurzem Ueberlegen setztes er hinzu: 1 »Nachdem wir nun einig sind, tannl ich Jhnen ja auch das Nähere mittei len: es handelt sich um unser eigenes Haus, Iwan Feddrrsen und Söhnes in Petersburg und Paris.« ; Er glaubte einen tanm merklichen Schatten über das Antlih seines Be-« gleiters gleiten zu sehen. Aber wenn dem so war, dann war es im Augen blick wieder überwunden. Der junge Ofsizier hatte sich in der Gewalt. Er wollte sein Ziel erreichen. Es war nie derdeutsche hartnäckigteit um seinen Mund nnd ein bißchen von seinem sonstigen Humor in den grauen Augen, während er feine Entschuldi gung von vorhin wiederholte: »Da muß i Ihnen wirllä dop pelt dankbar ein, Herr Fed ersen, daß Sie sich nicht von vornherein durch mein neuliches Auftreten ab schrecken ließen! Das war ja eine nette Dummheit von mir.« Der andere zuate nur ablehnend die Achseln und sah nachlässig den Wölkchen seiner Zigarette nach. Sein Ton nahm jetzt, nach Abschluß der Verhandlung, eine leise Herablassung gegenüber dem tiinftigen Untergebe nen an. »Sie sehen, mon cher: il ne fant juker de rien! Und nun« .'· Er rückte seinen Stuhl einen halben Zoll als Andeutung, daß der Empfang zu En de sei. «Lassen Sie mir bitte Jhre ge naue Adresse hier! Sie bekommen in einigen Tagen den Vertragsentwurf und auf Wunsch einen Reiseoorschuß und können sich dann, wenn es Jhnen paßt, in Paris einmal persönlich mei nem Bruder vorstellen, mit dem Sie auch geschäfttich zu tun haben wer den!' Morisz Lünemann toar trotz des Winke-s noch sipen geblieben. «Verzeihen Sie mir bitte nur noch eine Frage. Aber was habe ich da hauptsächlich zu tuni Mit meinen Kenntnissen hapert es doch natiirlich noch höllisch! Jch möchte sie so rasch wie möglich noch erweitern.« Karl Fedderfen brannte sich eine neue Papyroz an· »Wir brauchen keine Kenntnisse, sondern eine Persönlichteit. Jch sprach neulich mit meinem Bruder darüber-. Wie fanden da in unserm Betrieb eine Lücke. Seitdem tvar es mein fe fter Vorsatz: den ersten preußischen Offizier, der in unser Lager übergeht, den nehme ich!« »Wieso... in Jhr Lager?" »Wir sind doch eine halb franzö sische, halb russifche Gesellschaft Sie missen als Militiir besser als ich, daß es ein Grundsatz im Kriege ist« den Feind möglichst mit seinen eigenen Waffen zu schlagen!« »Im Kriege mit tvem?« »Ja, wer wird es wohl sein?«· meinte Karl Feddersen halb ärgerlich iiber diese fortgesetzte Fragestellung »Ueber Spanier und Griechen lassen wir uns leine grauen Haare wachsen Aber die deutsche Konkurrenz —- das ist’s!" »Die deutsche Konlurrenz . . .« »Wo man hinlommt, sind Jhre Landsleute am Werl!..« Sie sehen mich so erstaunt an, Herr Leuteiant?" »Ich weiß nicht... Jch muß mir erst allmählich den Sinn Jhrer Worte deutlich machen, here Ieddersen...« Der junge Kotmopotit zuate die Achseln. »Die sind doch llar genug .. Durch nichts und wieder nichts wird wirt schaftliche Ueberlegenheit nicht gewon nen. Also ist bei Euch etwas, was an derswo mangelt. Und war unter vie lem andern der militirrische Instinkt. Den wollen wir uns in unserm Ein zelsall bei Jhnen nutzbar machen. Wir erwarten nur, daß Sie als Ehren mann auch wirklich ganz aus unserer Seite stehen.'« »Und daß ich zum Beispiel auch gegen die deutschen Interessen ar beitei« « »Ja. Grade gegen die. Das hossen wir ja eben...« Moritz Liinemann suhr sich mit der Hand über die Stirn. Er war ganz verwirrt. »Aber... verzeihen Sie-« Sie betrachten mich dann ja einsach als eine Art Ueberttiuser.« »Sie schnellen doch jedt Ihren Sä bel ab, das sind doch künftig nur Kämpfe auf dem Papiee!« »Ja, aber gegen Deutschland.»,« murmette der Leutnant unsicher. Der junse Millioan unterdrückte ein Gä,nen. Er wollte ein Ende machen. Es gehörte sich überhaupt nicht, daß nenengagierte Angestellte da einsach schen blieben und ihm die Zeit weg nahmen. Karl Feddersen wurde ungeduldig. »Was soll das Reden, herr Leut nanti An den Tatsachen ändert das nichts...« »Gegen Deutschland? Wie soll ich denn meinem Vater noch unter die Augen treten? Er hat den Krieg sieb zig mitgemacht . .. er hat das Eiserne Kreuz . . »Das ist ja sehr schön von dem al ten Herrm aber was geht uns das Jahr siebzig an? Um die Zeit waren wir beide noch gar nicht auf der Welt.« »Sedan gebt mich nichts an? Aber Herr Feddersen. .. Jch bin doch Os sizier.« »Sie wollen es doch nicht mehr sein!« »Gewiß-» Ja... Aber man hat doch ererbte Anschauungen von Kin desbeinen an» .'« »Diese Anschauungen lassen Sie nur daheim." »Und was hat man dann? Zehn tausend Franks jährlich und lein Vaterland!« Moritz Lünemann sah ganz ver dutzt und erschrocken, wie bilsesuchend, del-; andern an. Der stand ärgerlich au . »Meinetwegen bleiben Sie in der Kasernei Da haben Sie ja Jhr Ba terland! Aber eine internationale, über ganz Europa verzwcigte Firma kann es Ihnen nicht bieten. Das müssen Sie sich selber sagen! Oder hätten Sie sich sagen m:issen, ehe Sie sich bier 1neldeten..·« »Die Anmeldung geschah ja eigent lich ohne meinIVorwissen.» und ich wußte ja auch, als ich hier eintrat, nicht, um was es sich handelte.« Der Leutnant Liinemann hatte sich gleich falls erhoben. Er stand au recht und spielte unruhig mit dem Poetepee sei nes Säbels. »Ich bin so beschämt. Alle meinen es so gut mit mir... Sie auch...« »Gewiß, Herr Leutnantt Mehr als Sie denken! Solche Posten sind rar . . .« »Nicht wahr? Jch lann es doch gar nicht verantworten, so mein Le bensglück aus der Hand zu gehen? Solch eine Gelegenheit kommt nicht lwieder! Jch mache mir hinterher die »bittersten Vorwürset... Und trotz dem: Das geht mir so aegen die Na tur... Jch hin ein Deutscher...« Der Millionär war ärgerlich im Zimmer aus- und niedergegangen. Jetzt blieb er dor seinem Besucher stehen« die Hände in den Hosentas schen, die Zigarette im Mundwintel. »Ich begreise Sie nicht! Sie ertlä ren: Mir ist alles recht, wenn ich nur heiraten kann! Jch nehme diese Ber sicherung ernst, osseriere Jhnen eine Stellung, um die sich hundert andere reißen würden, nnd nun tommen Sie nachträglich mit Jhren »Wenn« und »Aber«... Ja, mein Verehrtester... Opser muß man bringen! On ne sait pas une otnelette sans casser des oeuss!« »Das weiß ich alles, Herr Fehden sen. Jch wiederhole eg mir ja selbst die ganze Zeit. Und trotzdem . Karl Feddersen wars erziirnt die Papyros sori. »Ich erscheine mir in einem ganz lomischen Licht,« sagte er. »Daß ich jemanden noch lange zurede, in un sere Dienste zu treten! Wir sind wahrhaftig nicht in Verlegenheit in detresf unseres Personals-! Jch bringe diese Langmut auch nur anf, weil ich Fräulein von Teusfern nun einmal versprochen habe-» ich glaube wirk lich: Jhr Fräulein Braut denkt in diesem Punkte vernünftiger als Sie.« »Das weiß ich nicht!« Moritz schüttelte halb verzweifelt den Kopf. »Und den Entschluß muß ich von mir allein aus fassen. Es geht doch um meine Seelenruhe. Und um mein Pflichtbewusztseinl Jch kann mich doch nicht als unnützer Brotesser bei Jhnen herumschudsen und schließlich wieder wegjagen lassen... Jch mqu doch was leisten können. wofiir man mich bezahlt...« »Das werden Sie schon, wenn Sie einmal in den neuen Verhältnissen drin sind!« . »Ich fürchte: nein!« veeseszte der Artillerist entschlossen. Er wurde plötzlich ruhiger und sehr blaß, im Schrecken vor der verspielten Zukunft. »Wenn ich auch die Schiffe hinter mir verbrennen würde... ich fühle es zu gut: ich werde den deutschen Michel doch nie los...« »aniefern?« »Und wenn Sie mir hunderttau send Franks im Jahr geben, ich wäre doch immer im Herzen drüben aus der deutschen Seite, so wie es einen Batteriegaul nach seinem alten Stall zieht! Das Biest kann nicht anders! Für die Franzosen gegen Deutschland —- nein — das ist einfach Fahnen slucht, Herr Feddersen, das bring’ ich nicht fertig! — Das kann kein Mensch von mir verlangen . . .« »Ja, Dann treten Sie Jhr Glück mit Füßenl« Karl Feddersen fah ans die Ube. »Mir lann es ja schließlich gleich seint« »Herr Feddersen... Haben Sie denn leine andere Anstellung fiir nicht« »Es tut mir leid: neint« »Ich bitte Sie inständig...« »Mon Dies-i, Monsieur. . Sie ha ben doch teine kaufmännischen Kennt nisse! Jhre militörischen Fähigkei ten wollen Sie uns nicht dienstbar machen! Was soll ich also mit Ihnen anfangen?« s Der Leutnant starrte zerknirscht" vor sich nieder. I »Man ist ein solcher Eselk« mur-l melte ek. »Man sollte mit beiden; Händen zugreisen und tann doch’ nicht! Herrgott ja. . .und wenn ich mir in Gedanken das Jnnerste nach außen tremple, so kommt immers noch ein waschechter Preuße zum Vorschein-« ( »Bleiben Sie ein Preuße!« sagte der Kobmopolit gleichgültig und blickte wieder aus die Uhr. i ; Moritz Liinewann war auf einen Stuhl gesunken. Er oatte den Kon »auf die Hand gestützt und die Zähne Izusamknengebissem Er kämpfte einen derzweisetten letzten Kampf. Dann stand er langsam, mit einem tiefen Seufzer au» ; »Sie mögen das von einer höhe Hren Watte aus überschauen, Herr HIeddersenX sagte er. »Ich glaube das wohl. Sie sind ein Mann, dem das sSchicksal alles im Leben gegeben hat. tUnd doch hab' ich den Eindruck, ais sfeyste Ihnen, ohne daß Sie es wis tsen, gerade das, was Sie an mir nicht i verstehen i« »Bitte, lassen Sie mich aus dem Spiel. Es handelt sich nur um -—" « eint s »Ja. . . und ich. . . Jch stecke nun ,einmal in meiner Haut! Es ist Blöd Jsmn, was ich tue. Es kommt Un glück dabei heraus! Jch muß weiter aus dem Kasernrnhof rumstiebein und weiter wegen einer Brotstelle anti chambrirren. . .Aber ich tann nicht anders! Und wenn mich der Teufel holt, Herr Feddersem ich bleibe ein Deutscher!" »Ganz, wie Sie wollen« Herr Leut nant!'« »Nein —- ich mußt« »Aber denken Sie auch an Jhre Brautt« Der Artillerist suchte nach sei nem Heim und nahm ihn in die Rechte. »Meine Braut ist eine preußische Ossizierstochter, sie wird verstehen, daß ich nicht anders hab’ handeln können« Er verbeugte sich aus der Schwelle. Jn Karl Feddersen lam die franzö sische Höflichteit zu ihrem Recht »Auch ich bedaure sehr! llnd glau ben Sie mir, bitte, daß ich Jhre Ge sinnung. wenn auch nicht teile, so doch respektiere!« Er machte eine verbindlich entlas sende Bewegung mit dem Kopf. Und der Leutnant Lunemunn ging. - O. Als der Oberleutnant Liinemann wieder vor dem hotel Adlon stand, schien ihm das Ganze wie ein Traum. Langsam schritt er dahin, in einem dumpfen Erstaunen, das allmählich einem Zorn wich. Es thte eben so sein müssen! Eine verbissene Selbstzusriedenheit, mit der er den-letzten Rest ron Enttänschung Iniedertiimpsth spiegelte sich aus sei snem Gesicht, als er im Teussernichen Haus an der Flurtiir tiingelte. Mar sgarete war nicht da, sondern rasch iiber oie Straße gegangen — erzählte ·ihm die Generalin, die ihn im Sa lon empfing. »Mein Mann ist auch noch nicht aus der Stadt zurück! Aber er lzählen Sie! Sie waren bei diesem Herrn FedderseM Es ist alles in Ordnung?« Dem jungen Ofsizrer war gar nicht zum Reden zumute. Die Tiir zum Speisezimmet stand offen. Jhm schien, als sei der Tisch sestlicher als soast gedeckt. »Um Gottes willen. . . da sind doch nicht etwa schon Vorbereitungen für eine Art Sedanseier getroffen?« srug er rauh. Die Exzellenz zuckte die Schul tern. »He-Heu Sie ’mal Grete zurück, wenn sie ihren Rappel bat! Sie wollte es durchausL . . Sie ist ja wie unsinnig vor Freude!. . . Jch bin überzeugt, sie legt augenblicklich ihr ganzes Taschengeld drüben in Blumen an.« Morisi Liinemann wandte sich ab und biß sich aus die Lippen. Er hätte am liebsten laut ausheulen mögen. Er hörte, wie Frau Teusfern hinzu setzte: »Ja Gottes Namen, mein lieber Liinemann. . . Wer will es schließ lich einem jungen Mädchen verbeu len, wenn sie sich ihres Gliides freut. . .« »Erst muß das Gliick da sein!« »Es ist doch dai Sie brauchen doch nur zuzugreifen . ,,Jawobll Wenn das so einfach wäre, Exzellenzt Aber bei solchen IGesch.chten hat der Teufel seine Hand ;im Spiel!. . . Jch bin mit den be lsten Absichten binargangein Exzels lenzi Aber ich bin unter die Seelen zbertäuser geraten, Exzellenzl Dort «in dem Hotel sitzt ein Kerl, Exzellenz ———-—gi — der ist nicht nur stolz daraus, das er selbst als Deutscher keiner ist -« nein — der will auch andere ehrliche Deutsche zu Franzosen machen. . Der ist gemdezii unser alter Erdseind in Person. . . die oersluchie Vater landslosigteit . . iawohl. . . so hat« die Geschichte aus der Nähe ausgese hen, Exzellenz. . .« Er hatte sich in Atemlosigteit hin eingeredet. Er schöpfte Lust nnd brach von neuern los. »Das tonni' man sich doch schließ lich ooistellea, daß der Deudel nichts um Gotte-s Lohn tutl. . . Das mußte jeder wissen. Nur die Gerte nicht, die mich da hingeschth hatt. . . Der Mann war eigentlich ganz nett . . . sehr höflich. · . Wir begreifen uns nur even nicht. . . Ich- ein preußi scher Ossizier, sol! aus einmal siir Frankreich schusten. . . nee. . . da dani« ich gehorsamst. . . da dant’ ich· fiir Obst und andere Südsriichte . . . mein Vater schmeißt mich ja anbe sehen hinaus. . . meine Kameraden stehen ooin Tisch aus, wenn ich kom me. . . ich spuct’ vor inir selber aus . . .nee. . . wenn man sich das so nachträglich überlegt. . ich bewunde re meine Geduld, daß ich den niedre trächtigen Quatsch überhaupt bis zu Ende angehört hab'.« : »Und wag haben Sie denn geant wortci«t« »Nicht-It Wie so sachte die ganze Schweinerei — pardoii Exzellesizt — ang Iagessicht tam, da nahmi ich einfach die Klinke in die Haiid!« ,,Watnchi« »Ist-, wag denn sonst, Exzellenzs Die Geschichte ist aus und degra ben!" Ein Schreckensrus tin der Türe liesz ihn sich säh umwendeii. Da stand Margarete Sie hatte seine Worte gehdrt. Um sie nni Boden flimmern es bunt von deii Blu men, die ihren ständen entglitten waren Sie sprach tein Wort. Mit großen Augen, die zitterndeii Lippen hulbosseii starrte sie ihren Verlobten tin. s Ihm wurde das Herz ioeich. Er ging aus sie zu, bittend, beinahe de »miitig. die Hunde ineiniindeigelegt »Oui« . . liebe, gute, süße Gre te. . . Es ist graßlich . . du hat sung Ins Schicksal eiiien bösen Pos seii gespielt. . . Es iviire eben ztts schon gewesen!. . .l-Fe sollte nicht isein. . s Sie schiiiite ihm ungläubig ins Ge steht. i »Du hast Dich nicht mit ihn« geei -nigt'-«· D »Yteiii.« »Wiinii wirst Du’s?« »Utie!« l »Amt« wiederholte sie mechlinisch.« iDiiiin brach sie plötzlich iii ein« «trti!iipstiaste5 Lachen aus. Er war lerschrocieii. Es tlang so wild und !bitier. Es lviire ihm lieber geivesi seit, sie hätte geweint. Er nahm sie-« siiiist ciiii Arm und suhrte sie zii ei- . iieiii Stuhl. ,,.5toiiiin. . .setz’ Dich, Schatzt »Wir wollen start und gefaßt sein. . l »Du gehst iiicht noch einiiiiil zu( Herrn Feddersen hint« , »Es hätte teinen Ziveck!« »Als-) töiiiicii ivir uns nicht heim len·s« »Vorlciusig ist alles beim iillen!" Qi idiiis sie den Oberkörper dorti über, deii stops in die Hciiide lind verfiel in eiii heißes, uiiiiushulisip inie-s Schluchzeii. Die letzter. italie siiischeii ckelddlumem die sie bisher sestgehtilten glitten ihr in den Schoß, fielen zu Bot-ein Sie liigrii tvie Weichen zerstörten hossens um sie her. Er zertmt sie achtlos, ivdhieiid er net-en ihr stand, sich zu ihr ilir-"«" Iderbeugtr. ihr gut zusprach, ihi er- s itlcirte, ihr derirhete. Sie hörte es Inicht in ihrem oerziveiselten Wei lnen. Ebensowenig, iviis die Mutter . Imiihnte: ,,Grete . . . niiin gibt sich nicht i so nach. . . Grete . . .sei vernüns- « tig. . .« I »Warum . . sei Du doch still !. . . Was weißt denn Du ouoont Ue- « berhunpt — bitte — laß uns setzt alleiu!« Frau von Teussern hielt ihr Tuch vor die Augen und ging. Drüben im Solon war Moritz Lünemnnn bemüht, seine Braut zu -triisten. I »Gute. . geh’. . . sei doch tap äs.er . vent’ doch, wie lieb wir beide uns hoben. . .« Da wars sie sich jäh zu ihm het um Er blickte in ihr blasses-, ilber und über oerweintes Gesicht und er schral vor dessen rätselhastem, sost lseindseligem Ausdruck Er wieder lholte Unsicher: »Wir haben uns doch so lieb. . »Nein· Du liebst mich nicht. . .« »Aber Grete ..« »Du liebst mich nicht! Jetzt weis ich es genau!« »Da hört nber doch die Weltge lschickst- aus! . Grete . . sei ’mal» lruhig, um Gottes willen. . . lasse Dir :erl!iiren, warum ich. . « »Es ist mir ganz gleich, warum Du unser Lebensglück mit Fugen getreten hustl Mir genügt, daß es getan hasti« J »Ich huvg tun iiiiisseni . . Höre doch nur . .« « t Entsetzung solgt.) —-O— — ;