Mag-W de Staats Anzeiger und Mrold Orme MM,Dquwsttsg-dsn.9io l— — folkk Kam-, th Lin-nun » dir Wahrheit sprach. : Cszuhlmm ans dem Frnnzdsifchcn von F. Ast-sie Melchior war der Sohn recht an ständiger und Mittel-mäßig begabter Eltern, die durchaus ehrenhast dach ten und daher selbstredend tapfer drauslos lagen, wie dies ja alle Welt tut. Seine Geschwister waren mit keinem absonderlichen Laster behaftet, und nichts deutete aus vie ungewöhn liche und verhängnisvolle Neigung die sich schon in ihm entwickelte, als er kaum aushörte, nach dein Schwil ler zu schreien. Diese Neigung tvar schon mehr eine Geistestrantheit, die eine ganz besondere, ausgesprochene Form an genommen hatte, eine Krankheit, von der bisher noch niemals ein Sterb licher befallen tvuroe, denn sie bestand in einer leioenschastlichen, durchaus unnatürlichen Wahrlseitslielsr. mtelehior steckte deinnhe noch in den Windeln, cils er es schon nicht begrei sen konnte und wollte, dnß man ihn täuschen wolle, und ebensowenig hätte er jemals daran gedacht, andere zu täuschen oder die Wahrheit zu um gehen. Als einst die Dame. deren Ge sicht ihm nicht gestel, den Kleinen liessen wollte, wehrte er dies nd mit den Worten: »Nein, dii dist mir zu hnszlich", und er sngte das mit der seloeii unschuldigen Aufrichtigleit, mit der er die manchmal unniogliche Erfüllung eines Versprechens sorders te. das miin ihm vielleicht nur gege ben, uin sein hiietnäckiges, tindisches Bitten und Drangen zu beschwichti gen. Sein Verdrus iitser eine derar tige Täuschung ioar so lies, daß er zu förmlichen Krisen siihrte. Er wollte es nicht nnerteiinen, daß man ein Versprechen geben lönne mit der Absicht, es nicht zu holten. Er ivnr beiniiize achtzehn Monate lang tod betrüdt dariiber, dnß er den Mond nicht velominen konnte, den sein Vir ter eines Adens, nls er sich im Teiche des Giirtens obspiegelte, ihm scherz weiss versprochen hatte. Er heulte vor Wut, nls er endlich einsah, daß dieses Versprechen sich nicht erfüllen ließ. Seine tindliche Liede iidertviind diesen Schlag niemals vollständig. Man wird begreifen, daß diese üb len Eigenschaften ihiii zahlreiche Un annehmlichleiteii ziizogen ii. den Ver tehr init ihm sehr erschwerten. Als er herrtusivuchs, hosste iiiiin durch die Erziehung aus ihn ivirleii zu löiinen und glaubten auch. diisz, wie dies doch meistens der Fall ist, eine so unnatürliche Neigung mit der Zeit von selbst schwinden miisse. Aber ge rnde das Gegenteile snnd stritt; sie entwickelte- sich immer mehr und das Kind wurde so tinleidlieh, diisz seine Eltern es sobald als nur möglich in eine Erziehungeanstnllt gaben Dort sing Melchior an, das Le ben kennen zu lernen, und er sand, daß es durchaus nicht so sei, wie er es sich geträumt hatte. Da er trotz seiner krankhaften Neigung durchaus nicht dumm war, erkannte er sehr bald, dass, die Lehrer ihre Gunst stets den Lügnern zuwandten, während er sich durch seine unschuldige Liseiiher zigteit unzählige Strafen zuzog und sich obendrein seine Kameraden zu Feinden machte-. Sie nannten ihn einen Mutter nnd scheinheiligen Lin geber und verpriigeiten ihn gel)i)rig, niem- er bei Gelegenheit eines gemein schaftlich verlibten dummen Strei ches sich selbst beschuldigte, aber gleich zeitig seine Kameraden angab. Die Buchdruiterlunst bereitete ihm auch viele grausaine Enttiiuschungen Er hatte einen unbedingten Glauben an allei, was er las, und hielt jede gedruitie Erzählung, so unwahr scheinlich sie auch sein mochte, sur unbedingt wahr. Es war ihm völ lig unmöglich, eine Dichtung als sol che gelten zu lassen. Was gedruckt war, mußte wahr sein; wenn es nicht wahr wäre, hätte man es nicht ge drunt. Von diese-.- seltsamen Aus saisung ging er nicht ab, und so kam es, dass selbst die Fabeln seines Lesebuches siir ihn zu einem gefähr lichen Gift wurden, denn er suchte immer und überall nach sprechenden Tieren, und man sing an, ihn siir einen Jdioten zu halten. . » lEr wuchs heran, ohne sich zu bes sern. Trotz der iileln Erfahrungen, die er machte, trok der Mühe, die man sich gab. ihn eines Bessern zu belehren, gelang es i m nicht, zu be greifen, daß es unm’ lich sei, immer di- Wahrheit zu sagen und dasz die Lüge zum Leben durchaus notwen dig sei. Sein Leid wuchs, als er endlich eins , dasz die Menschen eine ewissenhasi und schranienloseWa r itiliebe durchaus nicht hochschäsze « Aber selbst diese Erkenntnis trug nuri dazu bei, ihn in seiner gefährlichenl und sanatischen Leidenschaft noch mehr zu bestärken. Man konnte al-’ les von ihm bekommen, wenn man ihm nur nichts vorschwindelte. Der brutalste Hohn erschien ihm liebens würdig, weil er naiverweise darin ein Zeichen von Wahrheitsliebe zu sehen qiaucte Seine Kameraden wußten das sehr wohl und verstanden es, Nutzen dar aus zu ziehen. Sie veranlaßte. ihn,. ihre Arbeit zu tun, indem sie ime sagten: »Wir sind saui; mach du« unsere Ausgaben; während dieser Zeit? werden wir uns mit verbotenen Spie-. len unterhalten. Aber wir werdens dich darum doch ir. der Erholungs-; pause prügeln«. — »Ich werde ess tun«, sagte Melchior, »un! Euch da sii zu belohnen, daß Jhr die Wahr heit gesprochen habt«. Und er gab sichf mit Mut und Eiter ans Wert, arbeitete siir alle, während die klei nen Maikiiser ipießten, Frösche mit Hilfe eines Federtiels ausbließen oder Feuerwertszstörper unter den Bänleii abbrannlrii. Die weniger Schlimmen spielten Karten oder be schiistigten sich mit Seidetttviirtnern. ? So wuchs Melchior heran, ttnd als Idieser unnatürliche Knabe das Jüng lingsalter erreicht hatte, verließ er die Schule Er sing nun aber doch an, die Last seine strengen Wahr theilt-liebe sehr drückend zu empfin lden Er siihlte sich auch unglücklich Tweil er sich nickt verhehlen tonnte, ’dasi es sehr schirer sein würde, in Gesellschaft der Menschen zu leben und dabei sUg wahrhaft zu blei ben Dieser edante aber war ihm unerträglich, da er wirklich die Wahr heit iiber alles liebte Zu dieser Zeit aber geschah es, daß er dennoch zu ein oder zwei hatbliigen gezwungen ward; er emp fand jedoch wahrhaft brennende Ge wisseitsbisse darüber. llnd nun woll te es sein guter Stern —— oder viel mehr das grausame Geschick, das ihn versolate daß ihm Gelegenheit wurde,s einem Engel des H: mittels einen gro ßen Dienst zu erzeigen, und der dant biire Engel sorderte ihn aus, einen Wunsch auszusprechen, dessen Erfül lung er ihm gewähren wolle. »So wünsche ich', sagte er zu dem Enge-, »itrinier nur die Wahrheit zu sagen, und daß auch jeder sie mir sage«. Der Engel fuhr aus vor Staunen und Schrecken. »Mein artner Junge«, sagte er, »ich hat-se dich aufgefordert, dir etwas zu wunscheii, was dir Freude bereiten und dich glücklich machen tönnte«. »Ich wiinsche mir«, sagte Melchiim »daß ich niemand täusche und von leiiiein getäuscht ande. Das ist das einzige, was mich glücklich machen knur. »So sei es. tvie dtt es wünscht!« sagte der Engel. »Ich habe verspro chen, deinen Wunsch zu erfüllen, aber dii hättest besser daran getan, niir tei nen Dienst zu eriveiseii'«. Ter Engel tehrte zum Himmel zu riiit und Melchivr tritt in das Le ben ein. Tie Beziehungen zu seinesgleichen grimlteten sich hi·chst unfreundlich, dant seiner schrecklichen Gaue, die ihn in einein unerbittlichen, tödlichen Feind alles gesellictmsttichen Vetteln-z innititr. Nachdem man ihn während eine turzen Zeit mit einer gewissen Neugierde als Entlderling angesehen hatte, stand er doch sehr bald in isems Muse, ein brutalek, l)ändelsiiit)tiger, und unannehmer Geselle zu sein, dein man in derselben Weise begegnen musse, die er gegen alle Welt zur Schau triige. Ohne von Worlldech: seln und unzähligen Keilereien zu re den, hatte er in der ersten Zeit durch schnitilich alle vierzehn Tagen eini Aue-U Die meisten waren Pistolen-s duelle und ziemlich gesahrlos, aberi bei einigen anderen Gelegenheiten, tvo mit dein Degen gesochten wurde» trug er starke Verletzungen davon. Man sing an, ihn zu fürchten, und die Folge war, daß man ihn immer mehr mied· Es larn jetzt nicht mehr zu so häusigen Zusammenstöszen und meistens nur mit Unbeiannten, die er durch irgend eine rücksnhtslose Wahrheit beleidigt hatte. Aber er sing an, schmerzlich zu leiden unter der Vereinsamung und dem Gesiihl des Grauen, das er allen Menschen einslcsze, sobald sie seine schreckliche tfigentijmlichteit erkannten. Er war ungesiihr sünsundztvanzig Jahre alt, als er sieh verliebte. Seine Auserwählte tvar ein sehr hübsches Mädchen, gut und tlug. Trag seines schlechten Ruses und der unangenehmen Wahrheiten, die er ihr zu sages pflegte, liebte auch sie ihn herzlich. Sie verlpbten sich, und er tvar sehr glücklich. Unglüctlianveise aber tonnte er nicht schweigen. «Liebst du wicht« fragte er seine TBraut eines Tage-. « »Ja« sagte sie. Und er zitterte vor Freude, weil er wußte, das- dies wahr sei, wahr, tvie auch alle-, was ee the sagte. »Liebft du mich mehr als alles in der Welt?« fragte er weiter, denn er träumte, wie alle Männer, von einer absoluten Liebe. Sie zögerte und errötetr. »Nein«, fagte sie kann, »ich liebe meine Mutter noch mehr«. »Acht« sagte Melchior und feine Stimme verdüsterte sich. Aber er verlor den Mut nicht und bemühte sich nach Kräften, sich feiner Braut noch liebenswerter VI machen. Es gelang ihm auch« aber eines Ta ges wiederholte er ferne Frage:· «Liebft du mich mehr als alles in der Weltt« »Ja« antwortete si ohne zu zögern. Er war feht glücklich, hatte aber nicht die Kraft, sich zu mäßigen. Und obwohl er das dunlle Gefühl hatte, eine Dummheit zu begehen, fragte er weiter: « »Und wirft du mich immer lie ben?" »Jnimer", antwortete sie sofort. Ganz überwiiltigt von Glück ergriss er ihre Hand, abe. schon wandte «sie den Kopf ab und stainineltet »Das heißt.... imnier.... ich weiß es nicht.... Aber«, ries sie dann leidenschaftlich, »ich liebe dich ietzt, und ich liebe dich so sehr, daß ich sterben würde, wenn du Iiich ver ließest-C «Ach««, sagte er tiestraiirig, »ich weiß es ja ebensowenig, ob ich dich immer lieben werde ..... Wir lieben uns nicht genug ..... Wozu nützt es, ein Verhältnis weiter zu führen, das sich doch eines Tages lösen wird. . . .«« Er ging -— und tehrte nicht zu ihr zurück. Wie sie es ihm vorher gesagt, starb sie an gebspchenem Herzen, denn in jenem Augenblicke liebte sie ihn über alles in der Welt. Die Geschichte sprach sich herum, Und da Melchior natürlich von nie mand verstanden wurde, galt er in den Augen vieler Leute sür nichts anderes als eine Art wildes Tier. Die ihn am nachsichtigsten beurteilen, meinten, er müsse verrückt sein. Er machte sich nichts daraus; ein Raub des Schinerzes und der Gewissensbis se, beklagte er beinahe die Gabe des Engels —- aber es war zu spät Er versuchte es vergebens, sich ir oendciner Arbeit hinzugeben, die zu leisten ihm sein Verstand und seine Kenntnisse sehr wohl ermöglicht ha ben würden. Aber rnit welchem Stu dium er sich auch zu beschäftigen strebte, es war ihm unmöglich, sich darin zu versenken. Die Wissenschaf ten verschlossen sich bei der ersten Hy pothese vor ihm. Bei der Geschichte tani er nicht über die ersten Daten, bei der Geograpyie nicht über die un erläßlichsten ersten Beschreibuiigen weg. Das Finangwesem der Handel die Rechtsidisienschast waren nichts sür ihn. An die Philosophie dachte er nicht einmal, so ioeiiig wie an die Statistit. Ein tleiner literarischer Versuch siel so seicht und unbedeu tend aus, daß er ihn ins Feuer wars und nieniehr etwas zu schreiben ver suchte. Man weiß nicht, wie es geschah, daß er plötzlich daran dachte, die Po litische Laufbahn einiusrhlagen und sch um einen Platz im Parlament in beiverben. Ter Verlauf feiner ersten dissent lichen Rede war ein höchst iiierlimir Vieren »Meine Herren Ltlal)ler«, sag te er, »ich stelle mich Ihnen hiermit in der Erwartung vor, dass Sie miet: zu Ihrem Abgeordneten ernennen userdetk Jch must Ihnen jedoch vor lier sagen, das-, Jhre Interessen mir völlig gleichgültig und Sie selbst mir beinahe unangenehin sind. Ich be trachte Sie nur als eine gemeine Herde, über die man sich lustig macht. Alle-, wag das Wahlloinitee Jlmeii in meinem Namen verspricht, werde ich nicht halten. Wenn ich gewählt zu werden wünsche, so geschieht dies nur, uni Geld zu verdienen, Einfluß zu gewinnen und um intrigieren zu ti.in nen". Er mußte sish unterbrechen. Aus der MLtte seiner empörten Hörerschaft wurden Wursgeschosfe aller Art auf den Redner geschleudert. Die Wölf ler waren außer sich vor Wut. Mel-· chior war genötigt, über das Dach des Saales zu entfliehen, um nicht verpriigelt zu werden. Die allgemei ne Aufregung war so groß und eg entIand ein solcher Lärm und ein so schreckliches Gedränge, dofz ver fchiedene Menschen erdrückt wurden, deren Tod die öffentliche Meinung auf Rechnung des Uebeltiiters sente· Dieser Versuch, wie seine Mitmen schen zu leben, war der leßte, den er irnachlr. Er zog sich ganz von der JWelt zurück und wurde ein Menschen lseind, denn da er niemals absichtlich etwas Böses getan hatte, glaubte er, das Opfer eines ungeeechfertigten all gemeinen hasses zu sein. Er iso lierte sich vollständig und versanl im mer tiefer in Melancholie. Er wurde trank und nahm sich nicht in acht. Sein Leiden verschttinmeete sich. Ein Vkmächtni5. Von Tom Tuncke.. Jetzt standen die Bäume kahl und verschneit. Der Brunnen, eingefro ren, rauschte nicht mehr Niemand hielt ihre Hand warm und fest in der seinen, nieniand sprach zu ihr in unendlicher Güte und Liebe, heiße, lkliige niit Sinnen und Seele aufge fangene Worte Lotto stand, die Stirn gegen die kalte Scheibe gepreßt, nnd blickte über die schmale Galerie in den Hof Hherinitee Auch heute tpartete fie, während das- Ztind hinter ihr cnici Biiiitlötzen einen Schlinengmlieii anifiihrte nnd mit Gepolter Riissen nnd Franzosen ans den Gräben heran-J nnf den Fußboden warf. Vor elf langen Tagen lmtte sie iin die Schwester des geliebten Toten geschrieben, nnd liis heute inni· keine Ulntinnrt gekommen Seit einer Wo che fah iie nach dein Llriissträzier miss, vergebens-. Wollte iniin mich Ietzt noch nicht-:- uon ihrAwiIisih nachdem der uiibarinherzige Tadsie den Sei iieii iiiit selbstverstäiidlicher Gran saniteit weit nnd siir immer entrintt hatte? Nachdem sie nicht- iiiehr boii ihr zu siirchteii hatten, jede Mög lichkeit ausgeschlossen mar, dasz die iiiistandeögeniiisze Bliisennaherin Eingang in die Familie suche. Und doch iiiiiszte sie itni sich siir eine halbe Stunde wenigstens er zwingen, ioeiiii es ihr nicht freiwil lig geioahrt wurde· Der letzte Wille des Toten hatte es ihr zur heiligen Pflicht gemacht, den Brief, den er ihr zum Abschied hinterlassen, ini solle seines Todes dein Vater oder der Mutter persönlich z« nberbriii gen. Sie hatte im August, als Kiirt von ihr gegangen war, nicht nach deiiizGriuid noch nach dein Inhalt desSchreibeiiI gesorscht Sie wußte und vertraute: der Geliebte sprach niemals einen Wunsch, ein Verlan gen-aus das die Notwendigkeit nicht forderte. Bette Behring hatte in diesen leh teii Wochen Zeit genug zum Gril l«elii, Nachdenken, Warten gehabt. Das grosse Blusenerportgeschiist, in dein sie seit einer Reihe von Jahren eine vorteilhaste Anstellung beilei det, hatte seine Pforten geschlossen Da ess- aiiJschlieszlich siir England arbeitete, iiiiiszte iiiaii dass voran-I sehen. Lotte hatte sparsam geiuirtschastet all die Jahre. Goitlob, sie brauchte nieiiiaiidegs Hilfe anzurufen. Sie kennte siir ihren Jungen, ihren Werneiz sorgen, bis sich mich dem tirieg iieiier Verdienst siir sie sand. ,,Mntti!« rief ei- seht hinter ihr. ,Mutti, spiel« iiiitl« . Sie beugte sich zu dein stiiide nie der. Die Hand aus deni blonden tiosischen sah sie ihm niit zärtlicher Wehmut ins Gesicht Wie er seinem Vater glich, Hing iiiii Lsugl Dein ziinderbildchein dass sie von dem To ten liesas;, iiiie tin-:- deiii Gesicht ge schnitten. liiott gebe, das; er ein Mann iiiiii·de, ioie sein Vater genie sen war. Daneben, vor der stiicheiitiir. schlug die illingel an. »Es bininielt, Miittil« Sie hatte schon gehort iuid die Winke bereit-:- iii der Hand. Drau izen stand der Visiestrager Er trachte einen Brief, von des Oze ikeiniratd Hand adressiert. Sie kann te die Schrift oon den Brieseii her, die sinkt ihr gelegentlich boin Vater gezeigt hatte. Schien es ihr nur so oder war sie unsicherer, uiigteichiinis stiger geioordeii in dein Schmerz niii den Sehnt »Ich werde sterben«, sagte er sich eines Tages. Aber taum war dies Wort seinen unfehlbar-en Lippen entslohen, als er selbst davor erschrak. Er liesz einen Arzt rusen. »Was fehlt mir7'« fragte er die sen. »Ich weiß es nicht«, antworte der Arzt. »Ich werde sterben«« sagte Mel schior. ! »Ja«, gab der Arzt nach einigen sMinuten zu. Dann über seine Bru stalitiil und die Sicherheit seiner An lündigung ebenso erstaunt wie er schrrdem hielt der Arzt inne und suchte nach ein paar tröstlichen Re densarten, um dem Patienten die Hoffnung nicht zu rauben Aber: »Sie...Sie werden ster ben«, war alles, was er über seine Lippen zu bringen vermochte. »Sie sprechen die Wahrheit«, sag-s te Melchioe mit hnßersiilltem Aus-; druck. Und er starb. s Sie öffnete tlopfenden Herzens. Dankbar illierlas sie die wenigen Zeilen. Sie hätte ungern auf etwas bestanden, was man ihr nicht frei willig gewähren wollte. Und doch hiiite fie es miifsen. Sein letzter Wille iiber alleinl — Tief im Schnee begraben lag die kleine Welt, die sie dnrihfnhr. So retfchneit in trustluser Oede mochte der Hügel liegen, nnter dem der Ge liebte in Feinde-Stand den legten Schlaf schlief. Sie trockneie die aufsteigenden Tränen. Sie wollte ja stark sein, sei nem Willen getreu bis ans-«- letzte. Hatte er nicht gesagt: Wenn das Schlimmste kommen sollte, meine Lotte, nnd Dn endlich vor Vater nnd Mutter trittst. sei start, sei dn selbst! Sei du selbfi, wie eben du nur bisi." Die zimkefche Villa war leicht ge fanden. Ein Diener öffnete. Aus ihre An fiage, ab der Hei-r Meheimrat zn sereihen fei, gab er höflich zuriick: ..Friinlein Vehrings seh habe Or der, gleich zn melden.« Der lsleheinimt empfing sie Vor seinem Schreibtisch stehend. Er war allem. Cr fah ihr entgegen mit ei nem Blick ans Staunen und lsliite gemischt Die dllninntJhrer Erschei nung im frhlichten Tranerileid, das in nicht-I Anffallendem ihre enge Jngehörigleit zn dem Taten betonte,» ieffelten ihn ans den erfien Blick. i Er bat sie Platz zn nehmen undi filzte sich ihr gegeniibei, an ein« schmale-J, mit Büchern bedeckte-J Tischchen »Meine Tochter sagte mit-, Sie hätten mir oder meiner Frau Wich tiges mitzuteilen. Leider ist meine arme Frau noch nicht imstande-, Sie zu eiiitifangen Lotte iiirtte stuntm und mua ein Paar Augenblicke mit ihrer Bewe gutm, ehe iie Worte sond. Dann zog sie eiti geschlosieiies Echreiliem t: Herrn und Frau Ge heiinrcit Wenn-i- Zunte gerichtet, aus ihrer Haiidtasche »Es ist ein Brief Jhres Sohnes, den ich Jhneu oder Jhrer Frau Ge ,ii·.ahliu nach seinem letzten Willen persönlich überbringen soll. Jch nsiirde mir sonst nicht erlattht hohen. Sie attiziisucheii.« Der Meheitnrat neigte sich ein nie nia zu ihr hinüber-. »Wenn Sie nicht getoiitmeii iuiis ren, mein Fräulein, Liitte ich itiir erlatiht, Sie niisztistiche:i. Der Tod eiiieci gemeinsam geliehten klltensilien hnut Brücken Torheit ttiiir·«:» nnd Unrecht, sie zu iiherseheii.« Sie antwortete nicht. Sie hielt die Anat-n eine-I Gedankens Quinte tie iiizlossetn der Stimme zu lauschen, Wirt-;- Etiiuttte, die sie im Innersten erheben machte. So hatte sie auch nicht-I- vou dem Blick decs Manne-:- hetnerlen hinneni der voll Weichheit iiud ljsiite aus ihr» ruhte. — s Nun sah iie iuieder zi: dein the-: iieiiiirat hin. Er iuar aiihieiiiindeiil iiiid hielt den Vriet in der Hand s »Hm mein Sahn den Wiiiiiih ausgesprochen das; nh oder mein-. Fraii deii Brit-i in Ihrer Geisen-i matt lesen seilte«.« l »Nein, Herr Neheinirah diixi hats ei nichts« i Ter Neheiiiirat sann einen Lin geiililiit »Teiii!uch —- ich iniiitte iiiiht, lie-l l«e-.- granleiih das; Sie iiiiz alt-nis iiiieder verliesien -- nnd sinkt-) letz tes: Wort an uns- — Sie liegt-eisen, ieie sehr est- niich driiiigt ——« Laite nictie iiiil. ,,Wiii«deii Sie die Giite halten« hier ein wenig zu warten? Ich machte zu meiner Frau hiiiiilseraes heii.« Er schlos; ein stach ieiiiesjs Schreihtischeii ans nnd leiste eine Mappe ver sie hin. ,,Bilder, Eriiiiieriinaeii, Vriete Den sturt —« Auch ihin itoktte die Rede. Ehe fie ihin noch danken toniite, iuar er hin aiiisgeeilr Drüben ini Zimmer seiner Fraii saßen sie, gemeinsam iiher das Brieshlatt gebeugt Juni zweitenmal lasen sie: »Viel-er Vater, liebe Mutter! Wenn meine Hutte mit diesem Brief vor euch hintritt, habe ich den Tod siir unser geliebtes Vaterland ge sunden. Weint nicht um mich sch habe das Leben geliebt, sehr geliebt, aber ein echter, rechter Soldatentod, et birgt wohl siir feinen der Mil lionen Kameraden, die heut niit mir; gegen den Feind ziehen, Grauen! und Schrecken Auch Lotto soll nicht iiveinenx sie hat es mir in die Hand gelobt, start zu sein iiir unser Rind. Um dieses Kinde-'s willen, liebe Eltern, trete ich heute im Geiste vor Euch hin. Es ist ein heilian Ver niiichtnis, das ich Euch ans Herz lege. Nie wird sich Lotte von dein Jungen trennen, der Deinen Na men trägt, Vater Nie aiirh wird sie Euch um das angehen, was ihr zu geben nie in meiner Macht lag, Geld oder anderweitige Unterstüt zung. Sie wird wie bisher Kraft und Ausdauer genug haben, sich iind den Jungen durchs Leben zu bringen. Was ich von Euch erbitten möchte, geliebte Eltern, ist das: Nehmt Euch des Knabe- mit Eurem Her zen anl Oessnet ihin da; große el terlirhe Haus-l Schentt ihm Liebe, viel, viel Liebei Und wenn Jhr Euch entschließen töniitet, laßt ein wenig davon auch meiner Lotte zu teil werden! Jch habe es ihr zur heiligen Pflicht gemacht, Euch diesen-Brief persönlich zu überhringeiil Wenn Ihr sie gesehen habt, werdet Jhr iiihlen, das; ich sie lieben mußte, und daß ich keiner Unwiirdigen mein Herz geschenkt habe Jih begreise eh, daß, solange iih lebte, Jhr dein Madchem das sich iiiir aus freier Liebe hingegeben, das- Hausz verschlossen hieltet. Jhr mißt, ich habe auch nie den Versuch aeiiiaiht, e-:s iiiit Bitten oder Gewalt iiir sie zu öifnen seh habe immer begrisiem dass Jhr auf Eure soziale iiiid beriisliche Stellung, auf Jrina iiiid den Siizinagei·, aiif die weitere Familie kliiiiliicht nehmen iiiiisztet Riiu ich nicht inehr bin, wenn die ser Briej Euch eirticht, iinii kein Lunteigednnle in irgend jemand aus tuuiiieii laiin, ich wollte mehr er zwingen als-«- Liehe siir mein Mind, fallen diese iiiiszeren Grunde meinem Ciiipiiiideii nach fort. Lotte sieht ganz allein auf der Welt· Fiir den Jungen gibt es keine iieriiiiiiidtschriftlichen Beziehungen iiielche Euch peinlich werden könn teu. Noch griiszt Euch ein Lebender, olier ioenu es Gott gefallen sollte daß ich nicht heinitehre init den Sie gerii, nicht einziehe durch unser ge liebtes Brandeiiliurgek Tor, grnßt Euch der Tote und segnet, die inei nem Jungen Gutes tun. Eiter 8liirt.«' Die Mutter erhob zuerst den leicht ergrauten stopf. »Briiig mir dass Mädchen, Wer iier." , Er nieste stumm und ging in sein Vlrlieitsssziuiiuer hiuiilier. EI- ioiir leer. Auf der Manne die die Auf fchrist trug »Unser Einiges lag ein ;,ettetelkeii iiiit deii iiieiiigeu Worte-in »Seht geehrter Herr Geheiniriitl Full-:- siurt shueii unseren Jungen ein-J »Hei-z gelegt lsalieu sollte, mischte ich nicht, diiji Sie oder Jhre Frau Neiiinhliu iui ersten Jiiitiulss hun delteu. Wenn ich irre, verzeihen Sie meine Flucht!« —- -— — Triiiii;eii fiel noch iiiuiier der Schnee. Tie Materie, die unter den Hofieuiiesu hinlief, tag-l iii dicken Ecluieeiiotiierii liegmlieii lieber den Hof taiii es iuit ra seheiii, heiualie iuigediildigeui Schritt Wenige :’lugeuliliele stiiiter stand der isteheiuiriit iu der Tur, sue Lotte ge ejiiiet haiie llelier ieiii eruueci Ge iieht flog ein Lijeiielu iilsrs er dass freu dige Liiiiteu des: :Ui’i«idi«h.ii-:s jali Er iuiuiii ianit ilue Linn-« »Ich halte inir drei In - Bedenk ieit geiiouiiiieii. Lang genug iind sie iuir geiiiiii"deii. seh iiiiire auch oluie jie dein Jiiiiiulc iii-.«l:t unterlegen, den Sie geiiiiehiet Ja, uieuu ich uieiiieszs Sol iiie«:- Viiei iue eiiiiiiiuigeu hätte, hiitte ich, naihde iii ich Sie ge teheii, gebeten: ,,Liiiiigei Si· nur Ihren Jungen —- Lotte!' Sie liengte iieh nui ieiue Hund i:id iiiollte jie tiisjeii, nlier er entzog sie- ihr mich uiid tiijzte sie niii die ieiiie Stirn. »Und uni- möcht« ich eudlisli meinen Enkel seheii!« « —- 91 b e r g l ii ii b i sch. Michel Cliciiii Gift-ni: Na. bis-J iii i nist, mit dreizehn sinijdcln liin i Iiii iiisi am unns muß lmlt no iiiiiiii-i«, und nimm i Ali-P iilaiz’! —- J m in c i- Fs u cl) ni a n ii. »Der Fiimnzmt iuill iiins jisiiic Tochter nicht acht-n, iitisil ich iliiii gar zu inc Iiig Gold l)abc.« Pioiiicsrlciitiiuiii: ,,Aijo mich liiisr Tradtliiiidisi«11isjc.« —- Ncich dem Wohltätig keitskonzeki. Tochter iabges spannt): »Wer Piciscii liabi- ich ge sungen, du«- gcin iibek meine Krijiie.« Vater: »Nun denke ’iiml crit, was wir linlnsii ans-halten i:iiissoii!·' —- Rccht tröstlich. »Dis, Mann, ich habi- iisut doch oit io ein eigenartiges GciiiliL nuiin ich dimi denke-, daß unsere Wksiiiiisi ium beim tct und dmm aus disni Hostie iislit.« »Tröfie dich —, dir kommt bald mit-deri«