Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, November 01, 1917, Sonntagsblatt, Image 11

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    Kinder je- Not. ’
M m I- —
(11. Iortfesmrg und Schluß .
Jn dem dorten Gesicht des ne
tnli zuckt es. «
«Sehr lernt-! Jch danie, danke!
Und tver ist der Freiwillige, den Sie
tragenk
.Dieser sterbende Ireiwillige, Ex
zellenz, ist meine Braut, Charlotte
Karnpernmnn!«
Der leyte Schleier ist gefallen:
groß und rein und siegreich, erschllti
ternd und gewaltig steht die volle
Wahrheit do. —
Auii höchste erstaunt hat Yorel das
Wort vernommen
»Ist-re Braut?« fragte er. »Der
greirpillige Kampermnnn —- Jhke
rnut —- ein Mädchen?« —
«Cin Mädchen, Exzellenz!«
Da nimmt der nlte ergrim seine
Milde nd nnd jagt:
»Das Vaterland grüßt dich, und
ich Iegne dich, du trenes Mädchen!'·
Das hört Konrad noch, und wie.
ein helles Jubilieren und Triumphiei
ren tlingt ihm-dieser wundersame
Gruß. Er will zu dem General
herantreten, ans dessen Augen eine
Träne fällt. Aber er vermag es
nicht mehr —- es dunkelt ihm vor den
Augen«-—- und nun bricht er lautlos
über dem geliebten Mädchen zusam
men. Und rings über dem weiten
Schlachtfeld donnert.vns harer sieg
reicher Treu-pen. —
Auch bort hinten an dein tteinen
Kirchhos on ver Dorserte donnert bie
sei siegreiche harm.
Ei hat schwer gehalten an dieser
Stettr. Ein vernichte-wes Feuer war
den preußischen Angreisern entgegen
geschtagein hatte ganze Ratten nie
dergerissen und den Angriss gurn
Stehen gebracht. Man tnm nicht
weiter.
Da springt —- so erzählt ein Au
genzeuge — ein riesigen großer Mann
mit wehenbecn Wettban urn dessen
Stirn ein btutbesteckter Verband tag,
in unsere Reihen, snszt bie Fahne,
eilt vor die From, und seine mäch
)tige Stimmg donnert:
! »Vorwärts, atte Preußen, mit
ott siir König und Wetterkran
Ei ist der Ireitvittige Berihotd
Kampernsnnin Er hat tin Unzarett
gelegen, aber es hat ihn heute nicht
bagehntten — er wollte nn ver Seite
Iseiner Kameraden sechten —
·hoch, Number-nannt« schnitt es
aus ntten Seiten, uns sosort geht
ver Angriss voran. Tie« Fahne in
Rotnperntannd band zeigt den Weg.
»Wi- ist mein Sohn-" sragt er.
«ttnp Leutnant von txt-»oui« -
.«ttbtonimnnbiert!« heißt es« »Wer
,hin tmn die Nachricht, sie sotzen beide
tot sein!"
Itamperennnn spricht tein Wort
,rnehr. Stumm schreitet er. mit der
Zahne den angretsenven Kotonnen
vor-Jus- Utn sein Haupt rauscht das
nasse sietozeichen settsnnte, schwere-tü
tige Weisen. —
t Reihe- ukw nähe- cm den Kirchhof
kommen sie.
»Dort ist Frieden und litt-hel« rnst
jetzt Kninperumnm nts die Grabhip
gel sichtbar werden.
Ein« rnörderischep Feuer schlägt ih
nen entgegen. Ader es hält sie njcht
mehr aus —- itninperntanns Fahne
sührt ne zum Siege. Doch er te
znhlt den Sieg mit dein Tode
Lton vier Kugeln getrossen, bricht
r zusammen. Sein drechendes
nge sucht nach jemand
Ein Ossizier beugt sich iiber ihn.
Waben Sie einen Wunsch, ita
nierao?«
Er lann nur noch leise lispeln:
.Ja! Bringen Sie dem Leut
nnnt von Losan meinen letzten Gruß
und meiner Tochter meine lentenSes
genstvtinsche.« —
«Jhrer Tochter?«
»Im der Ireiwsllige Lothnr Kam
perrnnnn ist tneine Tochter Chirrlotte
—- btingen Sie —- meinen —- les-en
Segenswttnsch.« —
Ein Zacken sltegt isker den riesen
1hnsten Körper-, er streett und dehnt
I « —
»Es tst genug, lVerr! So nimm
nun meine Seetel« flüstert ee tnum
noch hörbar
Und dann wird es still, ganz sttll
—- der Ossizter drückt ihm wetnend
die Augen su. —
Ueber den Toten hin sltegt seine
anhne zum Stege —
Die tieineDoritirche hat nran als La
sarett eingerichtet. Auf einer Schatte
Stroh liegen Konrad und Lotte. Sie
sind beide verbunden, und Lossau ist
aus seiner Ohnmacht wieder erwacht.
Aber er fühlt, daß es zu Ende geht.
Er hält Lottrs band in feiner und
verwendet keinen Blick von dein ge
liebten Antlitz. Ob er wohl noch
einmal in die sonnigen, blauen Au
gen wird schauen tönnenf i
Auf seine Frage hat man ihm vor- ?
hin mitgeteilt, daß Berthold Kam-;
permann gefallen fei, und die tedten »
Grüße nnd Sr est-wünsche des ver- «
ehrten Toten Bat man ihm über
hracht. - »
»Wir tonrmen bald, Vaterl« sagt
er leise. , J
Da iiihli er ein Zacken in seiner »
hind« Und im seiden Augenbliitl
-«
sehen ihn zwei geliebte Augen an.1
.d«Konen d«! ’
«Lvtte, mein Liedtingi Kommst
du doch noch ein-not zu mit zurückf«
Ein seiiges Lächeln hufedt iider
ihr Geschi. i
»Ich mußte doch, Konrad! Jch
hatte s dir doch io ieft vekspröchen!« !
Be sprechen —- toazi« i
Und wieder jenes selige Lächeln,»
das ihm schon wie ein überirdisches
dünkt. ;
»Ich wollte dich rufen, wenn —’
die Stunde da seit«
»Lotte —- Geiiebte!« .
Und nun ist sie da, Konrad! Die
Stunde ist da: tüsse mich, Geiied-«z
iet. « «
Er neigt sich über sie und betiith
ihre Lippen scheu und keusch, als ob
et ein Heilige-wild iiisse. Und noch
einmal sieht et dabei das seltsames
Leuchten in diesen unetgtiindlicheal
Augen· i
(
«Geliediei«
-Wo ist dee Vaterst«
Er ingt ihr die ganze Wahrheit,
denn er sieht, die Sterbende steht
schon hoch iider allem eriichm
»Der Bemer cm der Spine un
seres Regiinentji Er ist uns vor
angegangen.' —
«Wir wollen ihn nicht lange war
ten lassen, Konrad! Er hat uns
beide ieyr lieb gehabt.«
Tiefes Schweige-n Nur ihre schnel
len, pfeifenden Ateinziige nnd hör
bar.
Dann wieder:
«ttonrnd!«
»Mein Liebling!«
»Fühlft du den Reisen noch?·
»Er ist abgefallen!«
«Sind wir nun frei gewordeni«
»Ganz frei!«
»Und trinnen wir nun entsiihnt
vor alle Menschen treten?'«
«Vor allei« l
»in-umdu
I
»Oh, dann laß sie kommen!«
Und sie tnmen.
Ein glänzender Zug detrnt diel
Kirche. Der General Bliicher vor
»nn, dann Gneifenau, Ofiziere des
Etat-eh Dionrads Regnnentstoinnmns
!denr, der treue Knpttiin hieher nnd
sein Fahnenträger mit der wohlveii
Itannien Fahne des Regimentö, mit
zder in der Hand anperniann den
! Heldentod»ge1unden hat.
f flüstert sie.
;«ncch nicht dagewesen!«
USE-:- qc unerdon," sagt Wucher-,
Gneiieuau nickt.
.Glütttich das Land und der
UIütit für den solche hetzen schm
gen!" antwortet- et.
Und nun ttedt der ganze glän
zende Zug doc stonmd und Lotte.
»Die Stunde tit da, Kante-W
«Gl-1ndst du es nun?«
»Ich glaube est«
Die Generale neigen sich und sei
Ychen beiden die Hund«
Hing-. Mächte tiefbewegt.
»Ich wollte ete tennen letnen,«
»Eine fett- -
innig nnglnublinze Runde ist mir zu
IQheen gekommen von einem Miso-J
»chen, das eine Liede im Herzen ge
tragen hat, wie iie auf Erden nicht
ethott ist. Und von einem Manne,
; dem diese Liede geweiht war und der
dadurch aus Beezweiitnng und Ver-T
Jbtttetnng erlöst werden idllte·« (
Eine kurze Panie. Auf einen «
Wink Gneiienaue steute der Fahnen
troger die Fahne zu haupten der dei- !
den Betwundeten !
Dann fuhr Btücher in feierlichem
Tone fort:
»Ich stehe hier tm drinnen Sr. Luca
sestot des Beding-, und als sein Ver
treter rehahitinere ich den Leutnnnt
Konrad von Lossnu von dein Sprache
deo Rriegsgericht5. Die sorcnetle
tekushebung des urteils wird denn
trngt werden. Sie, Leutnant oon
Latium hohen uns personlich bewie
sen, dnst dieses Urteil nus eine-n be.
donerlichen Irrtum beruhen muß;
wer so seine Pflicht tut wie Sie,
wer dem Tode to in das Auge zu
sehn versteht wie Sie — der steht zu
Lhoch siir ein Urteil, wie es gegen vie
ergangen ist. Ader nuch weint das
altes nicht wäre, wenn Sie teine Ge
legenheit gehabt hätten, sich dor unser
aller Augen nusznzeichnen — tven
ein solches Mädchen liebt wie dns
Ihre, wen ein solches Mädchen liebt,
»das tochetnd ihr reiches, blühen-des
Leben siir den Mann Ihrer Liebe in
die Schanze schlägt und es in bluti
getn Männertarnps dein Vaterland
darbringt-: der Mann inuß, muß ei
nie solchen Liede wert sein, oder die
»We« und alle ihre sittlichen Begriffe
müßten sich ucngetehrt haben. Und
weit wir nlle ohne Ausnahme dieser
Ueberzeugung sind, so hohe ich als
Jnhnoer der Kommandogewalt und
als Vertreter Sk. Mnjeftcjt des Kö
nigs es für recht und billig gefun
den, Sie, Leutnnnt von Lofsau, mit
allen Ehren wieder in die Armee
aufzunehmen und Ihnen, mein tap
fetes, treuei Mädchen, den Dank des
Batertandes und ver Armee auszu
sprechen. Und zum sichtbaren Zei
chen defer habe ich befohlen, daß bis
zum Abmnefch Jhrei Negitnents
morgen früh vie Neglmentsfnhne zu
Jhten Höupten flehen soll —- das
Symbol, welches nur über dem Tap
fern, dem Treuen, dem Ehrenhaften
sich entfallen dntft«
Und wie zur Antwort taufchte der
Abenvrvind, der durch«dte eöffeten
Fenster strich, ln dem lelfe lamen
deu Palladium.
Noch elmnnl nahm Blitcher das
Bette
»Wie ich allen im here gedantt
habe fiir ihre heute bewiesene Tap
ferkeit, so will ich auch Jhnen per
sönlich danieni«
Ein Wint an Gneisenau, und die
ser legte auf die beiden Verwundeten
zwei tleine Eichenzweige
Und nun nahm Gneisenau dag;
Wort-, nnd die Augen des herrlichem
Mannes hatten einen eigenen Schein
Jliöge Ihnen, meine beide Tapfern,
dieser frische Bruch von unsern deuts
sehen Eichen, die auf dem heutigen
Schlachtfeld gewachsen sind, den Lor
heer ersetzen, den Sie sich reichlich
verdient haben. Möge Jhnen das
Grün derselben sagen, dasz reine Ver
gangenheit triihe genug ift, die nicht
von einem reinen Herzen und einem
reinen Willen überwunden werden.
tönntei Nachdem unser Chef Sies
rehabilitiert hat, heiße ich Sie voni
Herzen in unseren Reihen willkom-;
men, lieber Lossau —- miige das Ver-»
terland in Stunden der Gefahr nie
arm an treuen Herzen sein, wie das
Ihre und Jhrer herrlichen Braut!"
Er neigte sich nieder und führte
ehrsurchtsvoll die Oand des tapfern
Madchens an seine Lippen.
Konrad erhob sich mit unsiiglicher
Anstrengung Schwer nur tamen
ihm die Worte vum Munde
,,Jch tann nicht viel sprechen, Ex
zellenz! Das Leben flieht! Aber zu
einem habe ich noch die Kraft: Kö
nig und Vaterland hoch, hoch, hoch!«
Dann sank er ermattet zurück.
Aber fein Ruf pshnzte sich von
den Generalen aufgenommen, nach
draußen sort, und bald tlang es
brausend von Bataillon zu Batails
lon:
,-W
»Es lebe der König! Es lebe
Preußen!«
Jeder drückte den beiden die hand.
Mit warmen Abschiede-werten und
Tränen in den Augen entfernten sich
alle. —- Nun wurde es still in der
kleinen Kirche« Nur der Schritt der
Wachen, die bei der Fahne zurück
geblieben waren nnd in einiger Ent
Fernnng auf nnd ab gingen, hallte
durch den Martin.
Die Fahne aber rauschie leise und
geheimnisvolle über den beiden Gliiels
lichenz
«Konrad!«
»Mein Lieblings«
«Hörit du die Fahne?«
»Jii!«
»Versiebst du, wnb sie lagi?«
»Oh, sage du es mir, Geliebtel«
»Griiße vom Vater meldei sie! Er
ruft unt-Z«
»Und biilt nichts inebr zurück,
Liebling!«
»Nein, denn es ift alles doll
brachtt«
»Aus-, aner! Durch dich, Ge-!
liebte!«
»Nicht durch mich! Durch einen
Höherm der mich mit Kraft aus
riisiete aus der höhe! Nun iind wir
aus Kindern der Not Kinder des
Glücks geworden!«
"«Kinder des Glücks-F wiederholte
Konrad.
Immer stiller wurde es. Nur ein
stoßweiies Atmen hörte man noch.
»Konrad!«
»Liebling!«
Nüsse mich noch einmal —- zum
leytenmal!«
Zitternd und vevenp neigte er lich
iiber sie hin und tiifzte die blossen
Lippen. Und er sah, wie das ge
liebte Blauange sich ulnflort hatte.
»Konrad!"
»Jli.«
»Vorft du mich noch?«
»J»!«
»Ich sehe dich nicht mehr! Es
ist der Schlaf, der lommtt Nun
wollen lvir schlafen gehen, Geliele
ter! Gute Nachti«
»Gute Nachl, mein guter Kame
todt«
Jetzt ist es ganz still. Keiner
spricht mehr ein Wort. Nur die
Fahne rauscht und flattert. —
Alö die Wache nach ihnen sieht,
findet sie beide für immer entschlas
fen. hand in Hand fest verschlun
gen, ruhen sie. Anf ihren Zügen
liegt das glückliche Lächeln des Sie
es. —
q Von drauslen herein fchsnettern die
Trompeter nnd Signalhörner Vit
lorin.
Endn
Böliniifelle Börse-h
»Böhmische Dörser«, heißt soviel
lrie unbekannte. unverständliche Din
ge, weil die Namen der Dorfer in
List-heilen deutschen Ohren ganz fremd
artig klingen. Diese Erklärung fin
den Sie in jedem Lexilon. Viele er
lliiren jedoch diese Redensnrt nicht
davon, daß die Namen der böswi
schen Dörser uns Deutschen so
f-enidctrtig tlingen und meist unans
«lrrechlich sind, (z. B. Tlvrdz ercho
lvec), sondern daß m Böhmen in den
langen Hufsitentriegen dem
dreißigjährigen u. a. eine große An
zahl Dörfer verbrannt und von der
Erde vollkommen verschwunden wa
ren. die innn nachher vergeblich such
te und nicht finden konnte.
—- Jmmer zerstreut Zahn
atzt (eiaen Professor der Mathema
tik behundelnd): »Alle Wetter, diese
Wurzel ist furchtbar schwer zu zie
nProfessor: »Aber-, mein Gott so
bedienen Sie sich doch einer Sogar-Eth
wen-Tafels·
X« .
glitt-.
Von Rudolf Presbeex
Jch denke an Jsidor. Und ich sehe
ihn vor mir. Ein dunkelbrauner
sWallaeh mit weißen Fesseln nnd
seinem schönen, langen Schweiß in
fden ein paar silberne Fäden einge
Isteent sind. Der hats ist ein biß
skhen kurz und selt, das Kreuz ein biß
sehen zu hoch. Aber ein ganz stattliches
Tier fiir sein Alter.
i Als Remontepserd kam Jsidvr —
kder Isidor, den ich kannte —- wirklich
Nicht mehr in Betracht Der Stall
»meister bei Golinth und Söhne gnb,
»wenn er gerade gesrlihstiickt hatte,
das Alter Jsidoes aus neun Jahre an
und nannte ihn ein Oalbblut. War
der Stallmeister aber nüchtern, so
stieg Jsidors Alter aus zwölf Jahre,
nnd von seiner Abstammung war
weiter leine Rede mehr. —
Jch war damals abonniert bei
Goliath und Söhn-. Ohne ein pas
sionierter Reiter zu sein, hatte ich
nni Reiten mein bescheidene- Vergnü
gen. Wie ich jeden Sport mehr trieb
um des damit .verbundenen Natur
genusses als um seiner selbst willen.
Bald hatte ich herausgefunden
dasz unter den edlen Tieren, die Go
liath und Söhne ihren Kunden siir
die Ritte zur Auswahl stellten, gerade
Isidor meinen persönlichen Wün
schen am meinen entsprach or haue
keine Untugenden, boette nicht« war
an das Getlingel der Straßenbahnem
ja sogar an das Fauchen der Dampf
walze gewöhnt, scheute nicht vor sei
nem eigenen Schatten oder einem
neuen Frühjahrshut, rieb die Schen
lel seines ahnungslosen Reiters nicht
tückisch an den tnorrigen Bäumen des
Waldes-, nahm die geräuschvollen
Odationen der Vorstadtlinder mit
Gleichmut aus und zeigte teine Nei
gung, vorzeitig in den Stall zurück
zukehren. Kam noch hinzu, daß er
Immerhin noch empsirwlich genug ge
gen da- ritterliche Spiel der Sporen
war, so daß er bei wichtigen Begeg
nungen mit hübschen Mädchen un
schwer ins Tänzeln zu bringen war,
eine gute Figur machte, ohne den
Reiter ernstlich zu gefährden, nnd
sogar bei den meisten Zuschauekn den
erhebenden Eindruck eines starken und
feurigen Temperament-s zurückließ.
Alle diese genannten Qualitäten
hatten mir Jsidor lieb und wert ge
macht. Und wenn es irgend anging,
ließ ich mir ihn und keinen anderen
satteln zu meinen Morgenritten in
den Wald, der sich Stunden weit hin
ter meiner Vaterstadt über die preu
sische Grenze hinaus erstreckt. Ja so
gar in der Farbe meines Reiman
gei hatte ich dem bevorzugten Gaul
Konzessionen gemacht und sür meine
Hose ein zarte-B Mausgrau gewählt,
das sehr schön zu dem duntelbraun
glänzenden Fell aussah und die Ele
ganz des Gesamtbildeg wesentlich er
holer mußte.
Nun war es einer jener wonnig
schönen Maitage, deren Häufigkeit in
lyrischen Goldschnitibiinechen leider
auffallend kontrastiert mit ihrer Sel
tenheit in der Wirklichkeit Jch hatte
das unbestimmte Gefühl, daß mir
heute bei einem Atorgenritt etwas
Ungewöhnliches einfallen mußte.
Mehrfach erlebte herbe Enttöuschun
gen in dieser Beziehung ließen mich
nicht mutlos werden. Ich war sicher:
Heute mußte mir d Wald, der Duft
des heimlich blühen en Weildmeisters,
das Hännnern der Spechte und der
Sonnenglanz aus dem jungen Grün;
der stillen Schneisen einen gute-h
frnchtbaren Gedanken eingeben ’
Fiir diesen Ritt, bei dem nich dass
Pferd nicht allzusehr in Anspruch
nehmen durfte, tani natürlich Jsidor
in Betracht·
»Als ich in die Ställe kam, war
Jsidor fort
»Bor einer halben Stunde ist Jhr
Freund, der Doktor Lenze, mit dem
Isidor fortgeritten. Wir wußten ja
nicht, daß Sie heute. .. Es ist eigent
lich nicht Jhr Tag.
»Ach wag-, »Tag« oder nicht! Was
mußten Sie auch dein Lenze gerade
den Jsidor geben. Der Medizinmann
hiitte auch ganz gut die hartmäulige
Stdn-Frau reiten können oder den
Casanova, den Fliegenschiinmel mit
dem habnentritt.. Jst der Unglücks
xnenfch denn allein ausgerittem
oder —«i«
»Er ist mit Frau Nothstein aus
geritten.«
»Ei, ei, ei, —- hin, so. Und der
Herr RothsteinZ«
»Der ist vorgestern von seiner neu
en Fuchsstute gefallen und hat Mus
telschmerzen tin Bein. Der Dottor hat
ihnr sür ncht Tage das Reitenl ver
boten, sagte er.«
»Der Doktor —- ha.-— —- So,
so!« Wenn ich dem.brnven Stall
ineister gesagt hätte, daß der Haus
arzt des Herrn Rothstein eben aus
meinem Jsidor saß, so hätte er viel
leicht mitgelächelt. Aber ich schwieg
und liesz mir resiguiert nach längerer
Wahl die vom Stallineister glühend
empfohlene »Leda« snt.eln· -
Das mhthologische Pferd enttäuschs
te mich leider schwer. Es ging einen
unleidlichen, stoßenden Trab, und in
Gnlopp war es überhaupt nur durch
viel Gewalt und hinterlist zu brin
gen. Außerdem hatte es eine, vermut
lich irr-seinen Jahren begründete Nei
gung, iiber harmlose Baumwurseln
zu stolpern Kurz und gut: ich dnntte
dem lieben himmel, als ieh etwa eine l
YSiunde später am Forsthause aus
dem Sniiel stieg.
Als ich das Tier, das ohne eigent
liche Veranlassun seht naß gewor
- den wur, in den toll einstellen woll
te,« fah ich dort Isidor, meinen Isi
’dor. Neben Rothfieinö Iuchssiuie
stand et, die einen Damensntiel trug.
Aha, also hier!
Draußen irn Garten frühsiiiciien sie
gerade, der Doiior und die gold
blonde Frau, die- in allen Kostiimen
so reizend aussah, der aber kein
Kleid besser stand als das tnappe
dunkelgmue Reitileid.
Jch winkte den Stnllburschen her
an, den ich von häufiger Einkehr Her
hier kannte.
-
»Peter, mein Sohn, ich will einen
Scherz mit meinem Freunde machen
Stellen Sie hier die Leda neben die
Fuchsstuie und siihren Sie mir
schleunigst den braven Isidor heraus!
Den reit' ich nach Haus«
Ein Taler, den ich Peter in die
schmutzige Hand drückte, ließ ihm
diesen meinen Scherz als einen der
köstlichsten Späsze .rscheinen, den er
in seinem an Frohsinn kaum allzurei
chen Dasein erlebt. Jch hörte ihn noch
brüllen nnd sich die Schentel klopfen,
als ich schon auf dem stolz ausholen
denstidor um die bröctelnde Hos
mauer getrabt war und in den jung
grlinen Wald hineinritt·
Eingesallen ist mir leider auch aus
Jsidor nichts. Jch mußte immer an
Freund Lenze denken, der sich jetzt
sicherlich neben der schönen, schicken
Reiter-im mit deren goldigem Blond
baar die Mailuft spielte, verzweifelt
nbmiihte, die von mir treulos ver
lassene alte Leda in Galopp zu drin
gen. Und ich lachte vergnügt.
...Zwei Stunden später saß ich
zu Hause und las behaglich die Mor
genblätter. Jch hatte noch den schö
nen, ans Isidor gesiimmten Reitanzng
an nnd die hohen, ein bißchen engen
Stiefeln.
Da wurde mir Herr Rotbstein ar
meldet.
Etwas verwundert ließ ich bitten.
—- Was wollte der Gute?
Die Linie aus den anscheinend
noch schinerzenden Hüsttnochen ge
preßt, humpelte der kleine zur Kor
pulcnz neigende Mann herein. Meine
höflich zum Gruß entgegengeiiteclte
Hand übersah et, sparte sich jeden
Gegengruß und musterie mit Jn
geicnin meinen schönen Reitanzug, ans
’den ich, mein Schneider-, meine alle
Köchin und Jscdor sosiolz waren
»Wohl zu Pferde gewesen, was?
An bißchen im Walde und so, war-W
sauchte er mich an.
Allerdings-, Herr Rothsiein, ich—«
»Wohl nach dein Forsthaus gerit
ten, was? Wohl den — Isidor gerit
ten, was? Sie reiten doch immer
Jsidor. Oder nichl?«
. Jch hatte nie geglaubt, daß man·
eine solche Welt des Griinms und
der Wut in den harmlosen Namen
Isidor legen könnte.
»Allerdings, Herr Rothsleim aller
dings, ich ——«
Allerdings —- so?! Und das sa
gen Sie mir so ruhig. Mir! So
will ich Jhaen etwas sagen: Ich bin
auch im Wald gewesen — ich." lind
noch einmal schrie er mich mit den
blitzenden Augen an: ,,Jn meinem
Kabriolett bin ich im Wald gewesen.
— Verftehen Sie?«
»Hoffentlich ist es Jhnen gut be
kommen, Herr Rothsteini« sagte ich,
einen Schritt zurücktrat-no
Der Mann gab rnir Bilderrätsel
aus, aber humorlose.
»Gut bekommen? Wollen Sie mich
iizen? Auch noch. Jch werde Jhnen
was sagen. Wie ich die Chaussee hin
ausfahre —- ich deute meine Frau
beim Friihstiick auf vem Forsthans
zu treffen —- da sehe ich in eine
Schneise hinein. Zufällig. Nur so im
Vorbeifahren, wissen Sie. Ganz in
der Entfernung sehe ich. —- Nun Sie
wissen, was ich da gescheit habe!"
»Aber bitte, nein, Herr Rothstein.
Vielleicht einen Sechzehriender?«
»Ich sage Jhnen noch einmal, nzen
Sie mich nicht! Einen Herrn und
eine Dame sehe ich. Beide zu Pferde.
Die Gestalt der Dame paßt genau,
ganz genau auf meine Fran. Erlen
nen kann ich sie nicht« es ist zu weit
Auch nicht den Herrn, der sich zu ihr
hinuberbeugt, aber Isidor habe ich
erkannt, ganz genau erkannt, am
Schweif, an der Kopfhaltnng gn al
lem. Da gibts nichts zu leugnen, es
war Jsidor. und der Reiter waren
ohne Zweifel Sie!«
»Mein lieber Herr Rothstein —
das ist nun eine delitate Sache. —
Wenn ich Jhnen nun —- hören Sie
gut zu — auf Ehrenwort erkläre ich:
ich bin — vor einer Stunde —- et
roa auf Jsidor vom Forsthause zu
rückgeritten, verstehen Sie?«
»Was ist denn da zu verstehen!«
Er sprach nicht mehr, er brüllte.
»Gut. Also weiter, ebenfalls aus
Ehrenwort: Jch habe Jhre verehrte
Frau Gemahlin mit keinem Auge
heute gesehen, viel weniger heute oder
jemals den Versuch gemacht, mich ihr
unehrerbietig zu nahen. Jede weitere
Auskunft muß ich ablehnen.«
»Klein« Schäter!« Herr Rothstein
ist plötzlich äußerst gut gelaunt. »Also
gewesen sind Sieg doch — —!«
»Das habe ich nicht gesagt.«
»Das heißt, Sie haben —«
»Nichts gesagt, Herr Rothsteinq
nicht-t«
»Nun sa, gesagt haben Si« frei
lich nicht« Und die Dame? Darf
man’ö nicht wissen?«
»Ich bin nicht berechtigt —«
»sch, so tum! Nu ja, ja. Reh
men Sie mir nur meine Hihe nicht
übel. Die Entsernung war groß. —
Und die Aehnlichkeit der Silhouette
mit meiner Frau...«
»Die Silhouetlen eleganter Damen
im Reitileid ähneln sich ieicht.«
»Allerdings, ja — und dann —«
noch einmal tastete seine Neugier ver
schmitzt nach der Unbelannten, »dann
ist meine Frau wohl auch schllinteri"
Jch zuckte nur, mich ganz in Dis
tretion hüllend, die Achseln und lä
chelte pythisch
»Den Isidor alter-, den- Isidor hab'
ich doch erlannt, wag? Sie geben ja
selbst zu ——'«
»Ja, Sie haben ein Fallenauge,
Herr Rothstein!«
Wir schüttelten uns die Hände. Er
war sehr glücklich.
..·Cine Viertelstunde später sah
ich — noch immer im mausgtuuen
Reitrocl und den zu engen Stiefeln
—- am Schieibtisch und schrieb ein
Briefchen an Freund Lenze. Es stand
verschiedenes darin. Auch von Isidor
war die Rede. Und die Epistel schlosj
mit der Bitte, das Blatt zu vernich
ten. —
Jiidors Bildnis stand Jahre lang
auf meinem Pult. Der dankbare Lenz
hat mir das edle Tier photographie
ren lassen.
Aus der Rückseite des Bildes Las
man nur: ,,Lenze seinem iiekssi «
Freund Ullrirn zur freundlichen-Ex
innernng an ein historisches ltiosz.«
Dass Bettesiz.
Eine betannte Pariser Schau-spie
les:in, die aus der Biihne erste Lieb
'al!erinnen vertörperte, hatte ebbet
tanden, sich das Wohl-vollen END
tuühmten Schriststellers zu gewin
nen. Dieser gab segnet Sympathie
siir die schöne Dame durch eiter
L«i1ittienstri1usz Ausdruck, den er ihr
unrch seinen Diener, einen Neqey
riberbringen ließ. -
Als der Schriftsteller später mit
ten in der Arbeit saß, wurde ihm die
tciinstlerin gemeldet. " «
»Ich tomtne«, meinte die schöttp
Frau Hebenswüroig, »rein Jl)nen«sit7
Hrzre fortgesetzten, zarten Aus erk
Hnnteiten meinen herzliche-I ans
.i.1L-zusprechen.« « .
Erstaunt hebt der Schriststeller dtp
stopf: .
»Wosür?«
»Für all’ die hübschen Stränskr.«
»Aber ich habe Jhnen ja nur ein
exnzigeg Mal ein Butett geschiät.«
»Seit drei Wochen bringt mir Ihr
Dtrner jeden Abend eins.'« « v
Der Diener wird gerufen und ge
Escht voller Verwirrung: »Aus
das erste Mal den Strauß hinbrachp
tr. gab mir die Dame siins Fran
ken, da das Bukett aber nur zwei
lcsiete, war das ein hübsches Bene
fis siir mich.... so snhr ich derm
tr’kt....« 7
.
ans Busoni-tu
Das Bajonett gilt gewöhnlich C
eine stanzösische Erfindung, diemtl
der Stadt Bayonne, Ivo es zåtks
hergestellt sein soll, benannt must-Mk
H. Manto-, der jüngst in der Brhth
denburgia etne Reihe Bajonette obs
legte nnd erläuterte, beztveifette nl (
nur die stankösische Hertnnst der Et
sindung selbst, sondern auch die des
Namens. Jedenfalls waren diss
»Flintenspiene« bereits längst im, e
be.tuch, lsevor das sranzösische sp
1679 damit ausgerüstet wurde-,- Ty
ländische Truppen sollen das ihn i
nett schon weit sriiher benutzt haban
an Laufe der Jahrhunderte hat W
Waffe mancherlei Wandlungen Jst-.
sahren. Schließlich hat das Seit »
mehr das Bajonett erseht; aber- -
nnigelehrt hat man neuerdings
Basonett älterer Form zutn Seil-Im
geweht gent cht. einst
«»11--l
—
nigsteng einmal inI Monat Wa;
nnd Seise lienntzcni mili
Bettler: Ich habe auch schon das-mit
gedacht, gnii Hekt; aber es gibt sitt
viele Arten Seife, nnd man — W
nicht wissen, ob sie nicht der Ist
schaden!
— nindiiches Mißvfiii
ständiiig. Gartenbesitzei (zn sei «
Nachts-arg Sohn): Na, Hans ’ um
suchst du denn da so eifrig unt-H
tncinen Obstbiinmen; du willst miss,
toohl Obst fortnehmen? »li
Hang: Nein, ich suche Geld Ist-«
Gnrienbesitzek: Geld? «· i
Hans-: Ja, Geld Mein-Papa sy
— Enipsindlich
lznm Bettler): Daß Sie nicht Js;
immer, Ihre Obstbäume werfen
Geld Ab!
— Sonderer —- Wie OF
Sie denn Ihren Hund gekauft? «
— Schust! ! Ist
—Aber das ist-doch ein Name ,i
besser siir Menschen paßt
— Eine Aufmerksamk,«
Schriftsteller lzn seiner Hauch -
rin): ,,Dreiinnl in dieser Woche »s
Sie mir nun schon Hammelsleis-- , ;
Ztviebelsanre vorgesetzt, Frau Mit ·· z
Das ist wohl Jhre Leibspeise?«
Frau Müller: »Nein, aber dip- -. -«
Helden Jhtes neuen Romans, «
Doliot, den ich eben lese Ich ds
kaen mit diesem Speiiezettel
tlsinc Ebtimg zu bereiten-« IF