Sonntag-statt de — StaatS Art-Zeiger und errold »Hu-« m W III» M, den 25. Eis newmirdigee Jldeii lenkt eines gewidmet-. Von Heinrich Seiidei. Mein Freund Abendrdth erzählte kürzlich folgende kleine Geschicht-: Ich din in iiudgeiprdchenerti Grade dag, was miiit ein »Geivdynheirstier' nennt. So vergeht wohl lein Abend, diUz ich nicht zwischen sechs nnd ein hold acht Uyr in einer Weinhandliirig der Pdisdiiiiier Straße sing Jeitiins gen zii leien iiiid meinen Schdppen hindieiidein zii trinken. Um diese sen if« die deliedle Weinflude nicht stark besucht, niiintrifit dort diiiin nur ide nige Leute dort ähnlichen einiiedteris schen Neigungen oder eine bis zwei kleine Gruppen älterer Männer. die iniiner im denielden Zischen die Heir liiiifte mit dreier Weisheit erörtern. Dir sich dieser Besuch oder auf drei Ziittiiier und eine gernuiiiige Veranda verteilt, sd five ich« besonders in der warmen Jahreszeit, dft iii dein dori niir erivuhlten Rai-me iiiit meinen Zeitungen oder mit allerlei idintiiieri lichen Gediinten allein. Dies idnr wieder einnml längere Zeit der Fall geweien, al· sich ein Mann dortdm gewohnte, der etwa in der Mitte der funfziger Jahre stand und alliibend lich auf demselben Plahe seinen Schodiien Leooitle traut, ein wenig tit den Zeitungen dliitterte, und wenn er darnit sertig war, eine Zigarre rau chend behaglich oor sich hin sah un langsain seinen Wein ausfchliirsir. Nach einer Stunde bezahlte er uno ging. Ein startei Mitteilungsbcss diirfnis schien er ebenso wie ich nicht zu besitzen denn niemals re dete er mich oder jemand anders an, und ausserdem daß wir uns seit ei nigen Woche-i sluiniiiee Betaniitschait beim Gehen oder Kommen begrüßt-n, hatten wir leinen Verlehr miteinan der. Jch interessierte iiiich siir dies-n Mann feines Aussehens halber. Iin sein Alter waren seine Bewegungen noch sehr jugendlich; es hatte den An schein, als habe er die Kraft und Ge wandtheit leistet wohlgedauten Lär pero durch iinauogesehte törperlichr Uebung immer frisch erhalten. Er trug noch sein volles haar, ohne eiue Spur ooii Grau, seine Gesichtssinn waren niiirtig, iiber einein schöne-i blonden Schnurrbart stand eine etwas gebogene Nase, und seine gauen Augen hatten senen sesteii, ruhigen Adlerblick, der nicht in Studierstuden gewonnen wird, sondern Leuten eigen is» die fich mit allerlei Gefahren der traut gemacht haben. Der Mann mußte vieles erlebt ha ben. das sah man ihm an. und loeaii meine Ausniertsaiiileit sonst nicht ad gezogen wurde. ertapple ich mich öster dariider, das- ich nachgriidelte, welch ein Beruf ihm wohl eigen sein und welche Schinsale er wohl erlebt haben möchte. Da geschah es eines Tages, am Ende des Juni. daß ausnahmsweise der Tisch, an den ich mich gewöhnt hatte. belegt war oon einer etwail liirinrnden Gesellschaft junger Leute. die irgend ein siir sie ersreuliches Ei eignis eifrig mit Wein begossen. Der einzige Plag, der außerdem gute-i Licht zum Lesen darbot« fand lich an dein Tisch des Unbeiannten diesem gerade gegenüber, und ich setzte mich nach gewohntein Gruße dorthin in.i jenem llillen Groll. der einein von lei nem gewohnten Orte oertriedeiieii Stamnigast eigen ist. Der Unbe tannle schien auch eben erst gekommen zu sein« denn ee war mit dein Stu dltis der Weinlarte beschäftigt, aus nahm-weite, wie ich hinzufügen muß denn sonst beachte ihm der Kellner ungeheißen den gewohnten Schoppen Noch einer Weile bestellte er eine Flasche Nanenthaler Auslese von. ich weih nicht mehr welchem berühmten Jahrgange. »Ei, da geht's ia heute hoch her.« dachte ich. Der Wein wurde gebracht, er drehte die Flasche eine Weile sorgfältig im Eisliihel herum, schenkte ein, hob das Glas ge gen das Licht, nahm ein Schlückchen und ließ es, indem er Lust durch die gerundeten Lippen eingeg, prüfend iiber die Zunge gleiten, tranl noch einmal, nielte befriedigt und setzte das Gleis vor sich hin. Ein gewisses Et was in dein Benehmen des Manne sagte mir, das- er sich heute in einer mitteilsamen Stimmung besände, und nachdem er sein Glas wohlgesiiilig geleert und wieder gestillt hatte« re dete ich ihn nn. »Ein tösilichek Tropsenl« sagte ich. Oe brummte mir Beifall, hielt auch dieses Glas gegen das Licht, ersteuce sich eine Weile on dem goldttaren Schein seine- Jnhalti uns tranl. Dann sagte er: «Jch verstei e mich sonst nicht so leicht so doch, a r heut ist iie mich ein kleiner Erinnerung tag. heute vor zwanzig Jahren trant’ ich solchen Wein viertausend Meter über Berlin und erlebte dort ein sehr! ,merlrviirdiges Abenteuer-« 1 - Ich muß ihn wohl etwas verblüfft angesehen haben, denn er lächelte ».·OI fügte erläuternd hinzu: »Ich war nämlich früher Luflfchiffer. mein han« »Ach so,« sagte ich etwas erleich tert, denn ich hatte schon geglaubt, es rapple ein wenig bei dem Fremden Dieser fuhr fort: Mach dem grofm Kriege mit Frankreich kam bekanntlich die Luftfchifsaisrt sehr in Mode, und da ich durch einen Freund, mit dem zich oft aufgestiegen war, einige Vor kenntnifse in dem Fach hatte. fo gab .ich meinen Beruf als Turn- uno Fechtlehrer einstweilen auf, baute mir :den Riefenballon «,«,Zauntönig« und Wabe dann das Geschäft fünfzehn Jahre lang teirieben.« »Warum Zaunlönigi« fragte ich. »Ein komischer Name fiik einen Rie fenballon.« «Run, lennen Sie nicht das Mars chen vom König der Vogels Da sloel doch der Zauntönig bei dem großen Wettfliegen arn höchsten, weil er sich in den Federn des Adlers verstectt hatte und erst anfing zu fliegen, als dieser nicht mehr weiter konnte. Sie waren übrigens wohl in jener Zeit nicht in Berlin? Jch bin damals mit meinem Batlon «Zaunlönig« von oer hasenhaide ault wohl fünfzigmal aus gestiegen.« »Ich befand mich damals in Ber li«,« erwiderte ich, «doch ist tnir dies entgangen. Uebrigens wie war es m-t dem Abenteuer?" Ein merkwürdig seines und selths mes Lächeln lriiulette sich um den Mund des Fremden. »Diese Ge schichte is lögenhaft tau vertellen,« sagte er. «toie eo von dem Wett aus zwischen dem «Swinegel« unI dein Oasen heißt, nnd ich furchte, Sie werden mir nicht glauben. Können Sie viel vertragen in dieser Hin sicht?« »Das stärtfte,« erwiderte ich. »Ich arbeite selbst in dem Flieh-" »Nun gut, daraufhin will ich ee wagen. Also heute vor zwanzig Jahren war ein ganz ungewöhnlich stiller, sonniger Junitag, in dem sich lein Lüftchen rührte. Mein Freund, der alte Weinhöndter Botestie, meinte scherzweise, ich Iotirde wohl heute an: denselben Fleck wieder herunterkom men, von dem ich aufgestiegen wäre. Er wußte aber ebenso gut wie ich, daß, wenn unten auch vollkommene Windstille herrscht, in der oberen Lust doch immer eine gewisse Stro mung geht. Jch hatte beschlossen, den günstigen Tag zu beniiszem um einmal ganz besonders hoch aufzustei gen» und dies wurde dein zahlreich oersammetten Publitum angeliindigt während Bötefiir diese meine Ansicht schon um Mittag von mir erfahren hatte. Der alte Herr nahm ein ganz besonderes Interesse an mir nnd mei nen Fahrten nnd fehlte nie, wenn ich aufstieg. heute tant er lurz oor der Abfahrt und brachte mir eine wohl eingecviclelte Flasche Wein. »Nimm thaler Auslese«, sagte er, »ich habe nur die eine Flasche noch von diesem tösttichen Jahrgang. Wenn Sie der höchsteu Punkt erreicht haben, da trin ten Sie ein Glas davon auf mein Wohl. Jch dente mir, das wird ooa ganz besonderer Wirtung sein, und ich tann dann sagen, mein Wohl ist schon in soundsooiel taufen Meter Höhe iiber dem Meeresspiege getrun len worden!« »Ich lachte iiber den alten Kauz und legte die Flasche in die Gondet. Als ich ausstieg, rief er mir nost nach: - »Nun, heute werden Sie wohl die Engel im hicumet zu sehen triegeni Größen Sie Petrus von mir!« »Der Aufftieg ging bei dem stillen Wetter glatt und ruhig von statten. »Als der Auftrieb nachließ, löste ich tangfarn nacheinander die Schnür ver Sanviäcke, und während ihr Jn hatt in tattmäßigen Pausen wie ein weißer Strahl in die Tiefe fuhr, stieg ich zu immer reineren hohen auf. Das Geräusch der Welt war längst verstummt, unter mir lag Berlin, von seinem eigenen Dunste leicht ver schleiert wie ein riesiges Spinnenneiz. und vie Cisenbahnziåge trochen wie tteine Raupen hinein und heraus. In der Tiefe treifte ein Falte und warf« mir zuweilen einen schnellen Itiigeii btih zu. Trohdem auch er in Steigen begriffen war. ward er doch bald sum guntt und entschwand meinen Augen. o war ich eine ganze Weile gesti qen, als ich bemerkte daß mein sal laft zu Ende ging. Eine Anzahl von Grundsäan mußte ich mir fiir allerlei Möglichteiten hei der Niederfahrt aufbewahren, auch hatte ver zuerst noch ichtafse Vallon sich in der leichte sren Luft ausgedehnt und war fteatnrn Igeftillt. Ich hatte die größte Unter diesen ums-sahen mögliche Höhe sie-I ericht. Mein Baroeneter zeigte gegen 4000 Meter an. Der Montblanc ist nur 800 Meter bisher. Es war emp sinblich kühl, mich fror ein wenig« und ein bischen Schlösrigleit lara über mich. Da fiel mir die mitge nommene Flasche in die Augen. Sie »enthielt rheinischen Sonnenschein ans einem der heißesten Jahre dieses Jahrhunderts und lonnte mir will lomene Erwärmung bringen Jch wickelte die Flasche aus und sand, daß Idee vorsorgliche Weinhänbler ein Trinlglaz iiber den Hals gestillpl hatte. Dann öffnete ich ste. Nie in meinem Leben habe ich so etwas von Blume an einem Weine gespürt; ein so edles Geteiint war noch nie über meine Lippen gekommen. Von Dank barkeit gegen-den Gebet erfüllt, hob ich das Glas empor und rief: »den Johannes Bötesür ist ein edler Mann. er lebe hoch! viertausend Meter hoch! Hurral" »Dann ekanr ich behaglich ein Glas nach dem andern. Jch führte bei mer nen Lustfahrten sonst nie alloholische Getränke mit, daher war mir diese sineiperei mitten in dem unendlichen Luftozeam wo ich als ein einsamer Punkt schwamm, ganz etwas Neues. Jch geriet in eine seltsam träumerische Stimmung und hatte allerlei Ge sichte-«So stellte ich mir zum Bei spiel plötzlich dor, wie unzählige Men schen in und um Berlin zu mir em porschautem und sah sie deutlich·vor mir, eine bli schnelle Reihenfolge von Gestalten, hubsche Miidchengesichter, die unter Blumenhiiten hervorschauH ten, uno Köpfe alter schrumpfligckl Mittterchem von Spiyenhauben einge rahmt, Sonnenbriidrr, die, faul auf Bänle gerelelt. schnapsrote Nasen zu mir empor-hoben nnd die Lippen zu faulen Wihrn verzogen, einen einfa men Schäfer im Felde, auf seinen Stort gestützt, einen Feld-jagen der« aus der Chaussee ritt, und so noch tlnziihliges. Auch Herrn Bötesiir sah ich. Er hatte den Kopf so weit in den Nacken gelegt. dasr sein breiter, weißer Bart horizontal stand; sein gutes, runde-, rötliches Weingesicht leuchtete wie die Sonne, die im Res« del ausgeht. -Seine Lippen bildet-m Worte; ich hörte sie zwar nicht, ver stand dennoch aber ganz deutlich: »Grüßen«Sie Petrus von mir!« »Aus solchen und ähnlichen wun derlichen Träumereien wurde ich auf geschrectt, als ich plötzlich in diese ungeheuren Einsamkeit des Lustwa res Stimmengemurrnel vernahm und dazwischen ein Jauchzen wie von munter spielenden Kindern. Ber wundert sah ich nach den Seiten und endlich hinter mich. Wo war denn mit einemmal das mächtige Wollen gebirge hergekommen? Wie eine Felswand, aufgetiirmt, aus mächtigen halten weißer Watte, stieg es aus der Tiefe empor, und als ich höher blick te, ward meine Verwunderung noch größer. denn oben wurde diese Wand gettönt durch einen überaus prächti gen Palast von durchscheinendem Alabaster, dessen goldene Zierraten in der Sonne blitztem Auf den Wol ten, die dieses schimmernde Gebäude umschwebten, bald es zum Teil ver dectten, bald mit treuem Glanze wie der hervortreten lieszem tummelie sich eine Unzahl von geflügelten Kin dera. »Auf der breiten Freitreppe aber oon weißem Marmor, die zu diesem Wunderban hinsiihrte, standen einige alte würdige Palriarchen und sahen unter verwunderten Ausrufen und Gesprächen aus meinen Ballon hia." -Der ansehnlichstefunter diesen trugj Stirnioete in Form einer Flamme; in der hand hielt er einen grogen goldenen Schlüssel. Da wußte ich nnt einemmale woran ich tvnr, öffnete schnell noch einen Simoan wodurch oer Ballen ein wenig stieg, und wars ben Leuten ein Tau zu· Der eine ver Patriarchen sing es aus« unb nun ward mein Ballen herangezogen Ju banv ihn an einen goldenen Ring. oee in M Mauern-keck eingelassen cour, und stieg nut. »Na, hören Sie mal«« sagte der Mann mit der Siirnlocke, »auf die Art ist hier noch keiner angekom nun-" «habe ich die Ehre«, sragte ich »Den-n himmelopsörtner Petrus vor rnir zu sehens« »Ja wohl, mein Name isi Pe trus«, erwiderte er. »Sie wün schmi« »Ich habe einen schönen Gruß zn bestellen oon here Bötesiir aus Berlin.« «Danle schön, obgleich ich here-i Bötesiir nicht kenne, bosse aber sein-. später einmal seine werte Bekannt schast zu machen. Was hat der Mann silr ein Geschäfts« »Er ist Weinbiindler.« »Da machte der gute, alte Petrus "clllkll Milch Weisen Bock Und Uns ein dedenlliches Gesicht und lrakte sich hinter dem Ohr »Da sieht s windig· aus mit der spätern Betanntschnöw sagte er, «Weinhiindler kommen ie nur sehr selten her. Sie haben inc-« met so kleine Geschöstsgeheimnisse« die ihnen hinderlich sind. Sie logie ren meist eine Etage tieset. Höre mal, Niquet«, sagte er dann zu dem Alten« der das Tau ausgesungen hat te, »Sie sind ja aus Berlin nnd wa ren auch Weinhändlet; wie steht es init Bötesiir?« , »Es ist’n ordentlicher Mann, Hm Oberpsörtnet,« antwortete dieser. «Nn, dann wollen wir das Beste hoffen« « »Ich hatte mich unterdessen nen gierig umgesehen, und da war mir eine wunderschöne Türe ausgesallen, von Elsenbein mit Gold beschlagen die in das Innere dieses herrlichen Palastes zu siihren schien. Hinter ihr ertönte eine wunderbare Musik, wie von mächtigen Aeolöharsen in wech selnden Harmonien; bald schwellen die Töne gewaltig an, bald säuselt-n sie sanft, »dem Weste gleich, der über Beilchenheete nicht« it «Berehrter Herr Oberpfortner, da ich nun einmal hier bin, so erfüllen ie mir einen fehnlichen Wunsch. Darf ich einen Blick tun auf dag, was hinter jener Ture ist?« »Da wurde der alte Herr seh: ernst und runzelte die Stirn. · »Lieber junger Mann,« sagte er, »das ist ein seht vermessener Wunsch yenn irdische Augen ertragen nicht den vollen Glanz des himmlischen ichtesz es würde Sie vernichten. — chauen Sie herl« I »Damit ging er an die Tiir und l ob nur die Klappe vom Schlüssel ch zurück. Da fuhr ein blendender trahl heraus wie eine lange, scharfe .linge von weißgliihendem Eisen, das-, ich entsent die Hände vor des Gesicht dire, rnn der alte Niquet mich niaht klug und die Stufen hinabgetanmeiL hal n hötte.« »Petrus und die Patriarchen lä Oelten sauft, die kleinen Engel aber erhoben ein lautes Gekicher. «Ertliiren Sie uns lieber Jhr son derbares Fahrzeug,« sagte Petrus Oanm »das ist doch wohl ein-soge nannter Luftballon?« »Ich tvar dazu gern bereit, stieg in die Gondet und erklärte dem alt.«i Herrn alles, die Anwendung der Sandsiicke, die Füllng des Ballen-L das AblaßventiL meine Instrumente und die ganze Bauart des Luftschifi fes. Unterdesz kletterten die Engel in dem Tautvert herum und tanzten auf der oberen Rundung; der Ball-m tvimmelte von ihnen, nnd sie ums fchtvärmten ihn wie die Fliegen ei nen honigtopf Rinde-N sagte ich, .daß mir teiner von euch an der Ven tilfchnur zieht —- dann gib« ’n Un gliict. »Der alte Niquet hatte mit kundi gem Auge die Weinflafche entdeckt. Er nahm sie und las die Aufschriit. »Eure gute Nummer —- wenn’·3 wahr is," meinte er. »Belieben Sie vielleicht zu to sten?« fragte ich «Er schenkte sich ein und priifte tvE. · ein alter Kenner. Dann gon er den ’Reft, der noch in der Flasche war, tn das Glas und bot es Petrus dar. ,,Wie war’s, Herr Oderpsortner,z das ist wirklich Nil-unter Eing.«« s »Petrus machte ein wunderlich-K Gesicht, er schien nicht recht zu wissen, ob es sich auch siir ihn passe. »Seit achtzehnhnndert Jahren hab ich let-s nen Wein mehr prodieri,« sagte er» dann; «nun, der Wissenschast hal her möcht ichs wohl riettieren.'·l Dann sog er wohlgesällig den herr lichen Dust ein und traut mit Ge-l siihl in tleinen Schlückchen das Glas-! leer. Seine Ziige hatten sich ver-I trakt. » · .Jn manchen Dingen ist die Welti doch sortgeschritten,« sagte er, »so ctsl was kannte man zu meiner Zeit noch -nicht." »Der Wein ist von Bötefiir«, sagte ich daraus mit Beflissenheit. »Ich denle,« antwortete er, »ich habe doch noch Aussicht, den Mann kennen zu leben. Wer solchen Wein in seinem Keller hat, tann tein schlechter Mensch sein.« .Wiihrend wir nun so miteinander diskutierten, hörte ich plöhlich ein Geschrei, das ich nicht verstand; ich hatte aber das Gefühl, es ginge mich rin. ·ch«Wer schreit denn hier sof« sragte i . »Wer schreit niemand,« sagte Pe trus, »hier wird überhaupt nie ge schrien.« «Diese Antwort tatn aber wie aus weiter Ferne, nnd ich sah niemand mehr; Petrus, die Patriarchen, die Engel, das schöne Schloß nnd alles war verschwunden. Jch riß die An gen auf und bemerkte ringsum nicht« als leere Luft. Das Geschrei aber dauerte fort. Ich blickt« über Bord und fah Wasser unter mir mit KälH nen, auf denen Leute saßen und mirs zufchrien. Der Ballen fant und war nur noch hundert Meter über dem großen Miiggeiser. Wie der« Blis stürzte ich zu und zog die· Schau-e an den setzten Sandiiicken.( Das half, der Ballon hielt sich eine Zeit lang in gleicher Höhe und segeigel dann langsam sinkend, von eineerl leiien Luftzuge getrieben, dem Uer zu. Mit tnnpper Not entging ich dem Wasser und tam nuf einer Wieiel bei Rnhnsdorf, mit Hilfe hinzueilem der Leute« glücklich ans Land. Noch am fslbigen Abend wnr ich wieder m Berlin und konnte meinem Freunde Bötefiie dies höchst merkwürdige Abenteur erzählen und ihm Gliict wünschen, daß er sich für die Zukunft dn oben einen so guten Freund erwor- l ben habe.« i Der fremde herr hatte während der Erzählung seinen Wein nicht ver gessen nnd die Flasche war unterdes leer geworden. Die Bezahlung hatte er im Laufe des Gespräches, als ge rade der Kellner vorüber kam, eben falls abgemacht, und kaum hatte er das letzte Wort hinter sich. als er lich erhob und nach Stoek und Hut griff. »Ja, es passieren dietvunderlichsier Geschichten«, sagte er. «man sollt’ es kaum siir möglich halten. Jch hals die Ehre, mein Herr-X Und sort roar er, Jch sah ihm etwas verblüfft und nicht ganz befriedigt nach. Ueber einige dunkle Punkte in dieser Ge schichte hätte ich ihn gern um Aufklä rung gebeten. Jch oertröstete mich ani den nächsten Tag, allein er kam nicht, während er doch sonst sich so regelmä ßig einfand. Er ist seitdem liber hanpt nie wieder in diese Weinstulse gelommen, und die dunkeln Pant.c werden siir mich wohl ewig dank-It bleiben. Vielleicht geht er jetzt tvied.: zu Bötefiir. Längst schon hätte ich ins dort ausgesucht, aber im Adresibuch ist ein Weinhändler dieses Namens nicht zu finden. Er wird wohl schon bei Petrus sein. " Dru- PnJet non» Itlriiulein Meyer-. Von Ernst lllitzsch (i1n Feld). l l s Nichts machte uns so viel Vergnü gen als die Verteilung der Post. Beim Abendappeli hielt uns der Feld-l tvebel erst die Siinden des Tages vor, ehe er die Namen derjenigen ausrief, die vortreten und ihre Brief sachen empsangen durften. Briesei waren das einzige, das vorn Lebeni der Heimat sprach —- hundertmall gelescne Zeilen, in denen das Blut geliebter Menschen schlug. liamerad Brandt empfing niemals Briefe.i Ueber zwei Jahre lang lebte er unsers Leben, und niemals warf ein Briesi ein Lächeln in seine Tage. Er wart in Chicago geboren, sruh uerluaist,s von Verwandten erzogen, deren Spurs dass uberstiirzte Leben in den »Staa-· ten« verspiilt hatte. Als einem der menigen gelang es ihm, dein Deutsch lllllo UlO otllJlll lllllili lllclsk Als clslcT Legcnde gewesen war, nach Krieges-L ausbrach Europa in Vertleidztng zu« erreichen. Er trug nie llrlauo an, denn er lannte in Deutschland nir mand, zu dem er hätte gehen tön nen. Aber niemals tam eine Klage iiber Vrandt5 Lippen. Nur manch mal schien ein stunipses Grau seine Augen zu überschritten, wenn wir gar lange über unsere Briesen saßen nnd aus den Päachen allerlei Herr lichleiten schalten. Weihnachten war vorübergegangen u. hatte Berge von Paleten iiber uns ausgeschaltet Uns dem schmalen Tisch bauten sich die Piickchen aus« die wie in einem Märchen die löst lichsten Dinge hervorzauberten. Jn diesen Tagen tvar der Andrang zur Feldtsiche nicht groß; nur tiamerad Brandt aß sein Kochgeschirr leer. Zwar hatten verschiedene Hände Ge schente von den Dingen aus seinen Platz gelegt, aber sein Dank war gequält gewesen, und er hatte kaum davon gegessen. Kamerad Biber, den eine zahlreiche Familie mit Gaben versorgte, öfsnete am Silvesterabend eine grvsze Kiste und entnahm ihr als sp«es eine Gänsebrust. »Spickgani!" Aber nicht Biber hatte es gerufen, sondern Brandt. lind er gestand srelmiitig, daß er noch nie welche ge gessen habe. »Ich bin stets ein armer Kerl gewesen,·«, sagte er ruhig, »und in Amerila sind solche Dinge sehr teuer«. ,Bei uns sind se jetzt noch vllle teuerer«. slel der neugierige Schuwald ein« »Bei Ding koft mindestens seine zwanzig Emmelzen«. »Dann werde ich sie mir gut ver wahren!« lachte Biber-. Er enttortte dann eine Flasche Rotwein, der in der Runde getrunken wurde. Usii allen aber fiel der Blick auf, nijt dem Brandt-Z Augen die Kiste ver sengtem Als ich in der Nacht auf Weise zog, traf ich Biber« der irgend wen in einer anderen Baracke besucht hat te. « »Hältst du es für möglich«, sagte er. »du hockt der Brandtschon zwei Jahre bei uns, während ich bereits wer weiß wieviel Gänsebriiste betont-» men habe, und sag! niemals, daß er gern ein Stückchen davon hätte-L J »Er bittet eben nicht gern, was ich schon verstehen tann««. « »Ach nas, unter uns ist doch vom« Bitten teine Rede. Er hätte sich detach etwas sordern können«. »Da-hättest du ebensogut schon längst ihm etwas anbieten Können-U Und wenn du ihm seht etwas gi st, lehnt er ab. Er scheint sich s on. lange zu grämen, daß niemand in der Welt an ihn dentt«. Nach einer Weile sagte Biber: »Du magst recht ThalxenE dreht sich um und ließ mich alein. Am nächsten Ber inittag rief Biber durch die Barackt: ,,Kinder, wir niiissen wieder Falten aufstellen, esgibt Ratten. Die Bande - hat mir meine Gänsebrust zerfressen, den Rest habe ich eben weggeivorfetk.« Es war wohtinehe als Zufall, daß « wir alle auf Brandt blickten, d aber, ohne aufzuseheri, seine Stiefel putzte. Und es war nur gut, daß Kamerad Neuseld sofort !ieipflichte«te: »Mein Kuchen ist ebenfalls ganz Hee nagt worden." —-«"Die Ratten muß ten sich wieder eingefunden haben. Acht Tage später geschah das Er eignis, daß die ganze Kompagnie beim Postverteilen «Aeh!« rief, was sogar der Feldwebel ungeriigt ließ. Es war aber auch ein Ereignis: tiainerad Brandt hatte ein Palet belominent Die Freude ließ seine Hände so zittern, daß er es nicht öffnen konnte und es mir hinschob, damit ich XI an seiner Stelle tun sollte. »Von wem ist es draus« fragte der neugierige Schuivald. Jch beugte mich iiber die Adresse,. die verivischt und-zerrissen war. Tin tenflecke und Rasuren erschwerten das Lesen, aber schließt-ich entzifferte ich, daß es wirklich an unseren Brand-I gerichtet und von Gertrud Meyer in Berlin gestistet war. Dann teilte sich die Schnur unter dein Ruck mei nes Tascheamesser5, der Deckel flog herab, aus Papierschniheln wühlte ich erst eine Flasche Connac, dann. eine Suickganö und einen tiuchen her vor. Jch wunderte mi,ch, daß die Dinge nicht besser verpackt waren, aber Frauen schicken manchmal son derbare Palete ab. Es lag auch tin Brief dabei, in dem Fräulein Gee trud Meyer aus Berlin W unserem Brandt versicherte, daß sie von seiner Existenz »der Zufall« erfahren und ihm deshalb die lteiiie Kiste geschickt habe. Und ich wunderte mich weiter, daß Fräulein Gertrud Meyer aus Berlin W, so hatte sie unterschrie ben, die so teueren Geschente machen loniite, dasselbe ordiniireBriefpapier benutzte, welches- es in unserer Flan tine zu laufen gab. Auch schien es- mir auffällig, daß ein Fräulein aus Ber lin W eine plumpe, llobige Hand schrift hatte nnd die Orthographie des-J Briefes recht viel zu wünschen iibrig ließ. « Als ich mir aber die Geschenke » näher besah, mußte ich feststellen, wie sehr die Giiiijebrust aus BerlinW der meines Kameraden Biber Schnelle-, und der von den Ratten zernagte Kuchen wohl auch aus Berlin ge iveien war. Ohne daß es Brandt gewihrte, auf dessen Zügen ein Lächeln erstarrte, nahm ich Biber nnd Reufeld beiseite und behauptete dreist »Das Palet ist nicht von Weyeri — es ist von euch« »Qnatfch!« antwortete Biber »Ein Blinder sieht, daß Reisfeld den Brief geschrieben l)at««. Der antwortete erst mit einein gurgelnden siehllant nnd ging dann rasch weg» »----0.. —- Ach ioi Ednard: Siebin Frist-, ich bin d’r nämlich ä komi scher Kerl; wenn ich arbeeth da trin ke ich fernen Troppeni Feine: Amor deine Balle is doch bald leer. Editard: Ja, wischte-, ich arbcete ja doch ooch nicht — B osl)ait. Hutnoriit lin der Reduktion): »Bitte- könnte ich viel leicht den Herrn sprechen, der meine eisiger-richten Witze —- nicht lieitl" -