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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (Sept. 13, 1917)
Kinder-der Not. ’ - le. Wes-neu In der Tat: ein Ort-sei war ten Werden, und als der erste dedeutangsc l schwere Erlag des Mal s vom ZU Februar 1813, der In ruf an dte’ Freitoilligem in das Land ging, da’ riß er auch von dem blödelten Unge. den Schleier weg. StaegernnnnH Lled ertönte auf allen Straßen: ; »Noch ist nicht uns rechte Wort ge-« « sprech-u der Adern heftig Pochen D tet nur auf dich, Fraun-IF » Man Ivar überzeugt« daß diese! gcrenrsilligen nicht mit den Inn-oh fen gegen die Aussen tämpfen wür den. Freilich, die von Tausenden to heiß erwartete amtliche Ertlärung über Yotcls Kapitalation stand noch immer aus, und manche Nachrichten über dieie Vorgänge schienen nicht un bedenllio;. Es schien manchmal, als schwanke der tlömg noch immer; daß Yorck selbst von den Ereignissen im mer weiter vorgetrieben wurde, war eben n.1r der Zwang der Umstände, aber jedenfalls tein königlicher Be fehl. Auf diesen aber wartete ganz Preußen ; Der alte Christ hätte sich in die sen Tagen verzehninchen könne-UT wenn er alle die Fragen beantwor-i ten wollte vie an ihn gerichtet wur- ; ben. Er liekz sich aber selbst voni den Diytöpfigiten und Stürmisch iten nicht aus seiner gewohnten; Ruhe hungern und wenn iie es ihm! gar zu org trieben, so brummte er» höchst-un l »sehr Essi- ader genug! Fahrt doch fett-it in die Stadt unv leit vie neuesten Buttetmerk Jch ing· immer bloß diri- eine.« ve: Fuchs ist-in ver( Fgllc und wenn er wieder muss kommt, rann Seid ihr verfluchten Kette· letter ichuio oaram denn dann trittst ihr ihn nicht rechtzeitig totge sann-nur« tDann ging er d-;acn. — Jn Konrad von Uossau Härte es in diesen Tagen gewaltig. Kein Hinwer Die Stunde war »r. wo jeder Wassenfähige das Ge ehr von de: Wand nehmen und or den König treten mußte: »Hier n ich zum Siegen oder Sterbens« Er aber sollte davon ausgeschlossen sein? Er sollte rest- Neehts und der eligteit verlustig gehen, seinem gro en Dichter anchzuleden und das Schwert in die hand zu nehmen« um für das Vaterland zu tänidsent Er sollte ein-gestoßen sein aus der Zahl aller derer, die hinan-zagen sur grü deiee, tro die Schwerter htidten d die Trompeten zum Angrisf metmtent Ganz ungeheuerlich tarn its-n der Gedanke vor, durch den Spruch des sKriegsgerichts sür alle Zeilen ausge Ischlossen zu sein aus der Armee, der er doch mit ginzeln Herzen angehört hatte —- audgeschlussen sein zu einer iZeit, wo das Heer doppelt und drei fach nötig jedes wassentnndigen jun gen Mannes bedurfte, das schien ihm unsaßlich Aber doch tag die Tatsache e, hart. ehern. unabänderlich wie e Vergangenheit selber. Er zerbrach sich den Kaps, wie er vielleicht um diese Tatsache herum kiime. Aber machte er grübeln, wie er wollte: die Tatsache spottete alles Grübeln-, er war ein Versemttr, ei ner, dem man die Ehre abgesprdchen hatte« einer, der zu schlecht, zu säm mertieh war siir den herrlichen Kampf, zu dein der König ausrief. , Mit fliegende-n Atem und heiß schlagendem setzen hatte er den Aus rus odm s. Februar gelesen. Ja, soviel nannte er noch sein, um sich stellen zu können: ein Pferd, einen Säbel. eine gute Büchse. die Barmit tel siir Unisdrrn und sonstige Ausru srung —- ja, das hatte ein Lossau noch immer, auch wenn er sonst am hungert-sehe hätte nagen müssen. Ader was hats es ihm, dem Elen den. dein Lin-gestoßenem mit dem tein Ehrenmann zusammen würde dienen Idlleni Und dann —- wenn er zueiictdlieh in der heimat, wenn er nicht lich dern König stellte, was würden «die Leute dazu sagen! Was würden sie sagen, wenn es hieß: der Loflau bleibt hinter dein Ofen. er, ein frü herer Difizier, welcher alle Ursache hätte, mitzuhelfem daß die Schatte von Jena und Auerltedt ausgewetzt .verde! Würde nmn dnnn nicht nach dein Warum fragen, würde die Neu gierde nicht« einnml rege gemacht, fragen, forschen, suchen —- irgendein lZufall tonnte das ängstlich gehütete Geheimnis ans Licht reißen, und dann? Dann würde man puch hier mit Fingern nui ihn zeigen: «Seht da. ein infani tafsierter Offizier, der Beruf Feinde tapfer den Rücken gezeigt at.« Und wenn ein gütigee Gel iet das Belnnntwerden dieser-—Tntln e der Ynderte —- was war gewonnen? ann würde, ja, dann mußte man ihn tiir einen elenden Ieigling hal ten, der wahrscheinlich ichontsost feine Schuld leit nicht getan und deshalb die rmee verlassen hätte nnd jefi nicht wieder einberufen wtiedk dingten sieh die Gedanken in Mod- Me. Und er stöhnte und nie- using tie- Sste sanan des seelischen Zustimmuer nadr.t Stunde-lang las er ln sich versun tesr sinßer grübelnd de; aber er fand M Ausweg, und qunldoll rang seh der Rots rei iiber seine Lippen lrn inttnel, tue ein Wun der und rette mich!' llnd der Hirn-net biirle ibn und lächelte gnädig a und nein. Mehl zulest n allen diesen See lenquqlen stand der Gedanke nn das geliebte Mädchen. Er dlirslele du nnch, ihr zu zei en, daß er unrecht verurleilt sel, da er Mut dabe, wie tein anderer, daß er jede Stunde zu sterben bereit sei, wenn ini Schlacht gewlilsl der Ruf an i n ersinne. Und ebenso wollte er das rern Vater be weisen. Denn nach wie dor war er davon überzeugt, daß jenes unnah bnre Etwa-, welches Kamperrnann umgab, das Konrad deutlich spllrte und fühlte und das ihn immer ab hielt, eine entscheidende Frage zu stellen, seinen letzten Grund in seiner ! Chrlosigleit haben müsse, wie sie ihm ( durch das Urteil des Kriegsgerichtsl bezeugt worden wäre. Und er lonnte das dein Vater nicht oerdenlen — denn welcher Vater wirst seine Toch ter einern Ehrlosen an den hat« Und so litt der- Arme dop elle( i Qualen —- sein Vaterland und eine Liebe, beide marterten seine Seele, daß sie laut aufschrie dor Schmerz und er von Tag zu Tag sinfterec und düsterer wurde. Nur ein Wun der lönnte ihn retten, so dachte er immer wieder, nur in Wunder. — llnd er wartete aus5 das Wunden-— Eines Tages lurz nach dem Ve ianntweroen dec- Vlusrusg un die Freitdilligen l.«;n Lotte zu ihm ,.Tu, Rainer-id« —- — Sie storlte. »Was denn« Kamerad-' s ,,.Diir’ mal, iet; hätte eine Bitte, eine Sau-L ganz neue Bitte." « »Du machst mich nerlgierig!« »Deine Neugier soll gleich Jestsllt werdens Also lveißt du, mag ich» gern nIZ te?" ( »Noch ·-.rst ou mir nichts g-:s.-.z«;t!'··l »Deine thue-Jst —- und Pulver und ·. Blei.« —- — l »NMIUI« Ganz erstaunt starrte er sie an. Wenn dieses Mädchen auch ein Junge war — das hatte er doch nicht erwartet· »Was willst du denn daniit«t« fragte er. »Schießen lernen!'« »Du? Wozu denn?· »Na, vielleicht tann man’s bald drauchenl« »Aber du doch nichtl« »Weder weißt du das so get-aus« Und wieder war in ihrem großen, seelendolten Auge Bene- seltsatne Blit zen, das er sich n e zu deuten wußte. »Miidchen schießen nichtl« sagte er leert-, sast unwirsch. »Bist du mir böse, Kamerad7« fragte sie, und ihre Augen trasen ihn, daß sein Vers zucktr. »Wie könnte ich dir böse sein!" »So gib mir die Büchse —- bitte, bitte! Und Pulver und Blei! Und stell' eine Scheibe aus hier im hof, nach der ich schießen lannl'· Er schüttelte den Kaps. »Mir-umd, Kamerad, was soll das mit dir noch werden? Sag wiss dloszi« Sie lachte »Wat aus mir werden soll? Sehr einsachl Einer, der sich wehren kann, wenns draus antatnmtl Und nun, bitte, bitte, Konrad, hole die Büchse!« Da tonnte ernicht mehr wider stehen. Er lief ins baut und brachte alles Erforderltche. Ein dierestges Brett wurde ein eine Mauer gestellt und sein Zentrum durch ein rasch-i nusgetlebtell Stück Papier bezeichnet Dann nahm Konrad eine ordentliche Entfernung und stellte seinen su gendlichen Schützen aus« .So, nun schieß!' »Aber, Kanærads schmollte sie, »du mußt mir doch erst zeigen, wie das Gewehr Zelt-den wird!« Er schlug sich vor die Stirn. »Ich Esel! Das hatte ich wahr hosttg vergessen!« Nun zeigte er ihr die hondgrissr. Dann gab er ihr das gelttdene Ge wehr in die band und unterwies sie, wie sie es in Anschlag zu bringen und wie sie zu zielen habe. Schweig snm, ohne zu srngen, hörte sie zu. und er wunderte sich höchlich, wie sie nach nur eintnnligetn Anhören ohne Ueberlegen und Zaudern sosort das richtige tat. Das Gewehr lag an ihrer Backe. Sie zielte. Fest und sicher, ohne sede- Zittern ruhte die toddringende Wasfe in ihren Händen. Nun tnallte der Schuß. «Au!« sagte sie und faßte nach der Schulter. wo sie den Rückstoß des Gewehrj gespürt hatte. «Jst das immer so, Kanten-di« »Ja, aber man lernt es ausglei chen! Und nun will ich sehen, was du geschossen hasti« »Ich mit diri« Sie eilten beide zur Scheibe. «Donnerwetter!« tnm es til-er seine Lippen. .Ein halber Zoll vorn Zentruml« lSie hchte hell. .Outs sticht wahrl« « most Idee es lann Zufall sein l« in usqlli Wenn ich ziele —- Zu et »Es kann immer in setnl« uIlse- ein neuer usi« sagte sie kurz. Sx M snrilt sing Staub-J m Man da labenf« fragte er. ,Will’s versinkt-P Und Hei-e da. Es gWs wenn auch rnit einigen Schwierigkeiten »Bist du sufriedeni« fragte fie. Portrefflicht Du bift rnetn ge ielprigßer Sehiller!« Linn pas anfi« Wieder lag das Gewehr int An schlag. Ein paar Augenblicke ver gingen, dann fiel der Schuß. Dies mal fagte fie nicht »stel« Sie rieb sich nur stumm die Schulter-. Dann gingen beide zum Ziel. Mitten im Zentrunr faß die Ku gel. Die belle Röte des Stolzes flog über Lottes Gesicht. Habe ich es gut gemachi?« fragte e. «Laß dir gratulieren!« » Er drückte ihr die Haut-, und! strahlend nahm sie feinen Glückwunfch ! entgegen. ! «Wo haft du das gelerni?« fragtej r. .Geletni? Es ift die erste Büchse, diä ich in der Hand habe, die aller r e!« »Dann ist's fchnde um dich, daßl du nicht Freitoilliger werden lnnnftl« Sie entgegnete nicht-L Sinnenb fah sie zum himmel empor, der in frvftigrtn Blau herniederleuchtetr. »Dort ich nun täglich schießen, Konradi« fragte sie dann. »Wenn es dir Vergnügen macht!« c «-JI!« »Aber sag« nur, was du damit willst?« Einen Augenblick Schweigen. Dann leuchtete ihm das große. sonnige Auge entgegen, geheimnisvoll und seltsam, und langsam tam die Antwort: »He-then wir ni t neulich alle drei zusammen den «.E,.1tespeare gelesen? Tkn Hamlen meine ich. To- stJbt est »Ja Bereitschast sein ist aätes«l" Er sal) sie an, aber er verstand sie nicht. Doch er fragte auch nicht mehr. Er wußte es längst, dieses Mädchen trar ein tieisinniges Rät sel. — Täglich iain jetzt Lotte zutn Schie nen. Und schon am zweiten Tag bestand lein Zweifel Ineert sie trat eine gebotene Meisterin in der Wasse. Ganz selten nur ging ein Schuß neben das Zentrum, sast immer saß er mitten drin. Konrad liesz die Entfernungen größer und größer werden, man sedte die Uebungen im Walde oder aus freiem Felde fort daz Ergebnis war dasselbe: die Schüsse saßen in der Mitte. Kamdermann hatte von diese-n neuen Sport seiner Tochter zuerst entt Kopfschiitteln gehört. Aber er hinderte ihn nicht und sagte nur zu Konrad .,Man muß das Mädchen nehmen, wie et ist! Sie ist aus einem Guß, und an solchen Stücken darf man nichts iindern wollen, sonst gibt's einen starten Mißtlang. Oder,« setzte er mit leisem Lächeln hinzu, «gesiiilt etwa der Kamerad, der schießen kann, dem Kameraden nicht mehrt« »Ach, lieber Freund« nur zu gut.« »Das darf auch nicht sein,« fiel Kampermann ruhig ein. ,.3u gut gefallen —- das ist nichts! Sie wis sen doch, lieber Konrad: »An dieses Reigen Von Herzen zu Herzen, Ach, wie so eigen Schaffet es Schmerzen!« Nicht das, lieber Konrad, nicht das! Freundfch t ist das Höchste, eine herrliche, totbare Frucht, die den Durst jedes Verschmachlenden löscht; aber Liebe ist immer ein Dorn im Fleisch, der leicht zu einer zeit lebens eiternden Wunde fiihren tann.« Tiefen Eindruck machten diefe in ernstem, fast fchwermiitigem Ton ge sprochenen Worte auf Konrad· Aber er glaubte nicht, daß der verehrte eFreund mit feinem Urteil über die iebe recht habe. Schon am Nachmittag diefes Ta ges machte Konrad die Probe auf's Exempel. Er war mit Lotte weit draußen im Bergwald gewesen, um zu schießen. Jauwetter lag in der uft, dicle Dunftmasfen hingen um die Berg-, und der Koppenlegel hatte sich in ganz undurchsichtige Schleier gehiillt. Jn einer Lichtung haxtten sie geschossen. Ein Stiist Holz, n das Konrad einen alten, blanten Uni sormtnops eingetlemmt hatt-» diente als Scheibe. Schon der erste Schuß Lottes zerschmettern den Knopf. «Bravo·!« rief Konrad· »Aber was nuni Womit bezeichnen wir jetzt das Zentrum?« Sie fah fich nach allen Seiten um, ob nicht etwas Geeignetes da wäre. Aber der"Schnee deckte den Boden, und tein pasfendes Steinchen oder dergleichen war sichtbar Da blieb Konrad plötzlich vor ihr stehen, breitete seine Arme aus und sagte «Nimm mich, Lotte! Mitten aufs herzt« Sie erschrak so heftig, daß das Gewehr in ihrer Hand zitterte. «Konrad!« Schon stand sie neben ihm, und ihr Blick sentte fich in den feinen. .Konrad.' wiederholte sie, »wir tonnteft du so etwas fageni« Es war ja Scher. Lottei« ent gegnete er, tief ergrisf en und doch auch beseligt von des tidchenl se M:Ml« rief fie, nnd tbr Fuss klar-ante. »So etwas baer bu auch! niY irn Scherz sagen!« l ie hatte seine Hand ergriffen und hielt siee Hi in ber ihren. »Mit nem Leben darf man nie Scherz treiben, Konradi« »Ach, Kamerabl Mein Leben« — »Dein Leben ist jung und schön und reich und bat viele hoffnungen.' »Von denen eine nach der andern welltl« siel er bitter ein. »Und neue blühen auf! Js« niizt so, Konradi« »Manchrnal, ja, dann will es so scheinenl« Sie ging langsam weiter Mit kein Schienen war es fiir heute vor ei Seine Stimme wurde leiser, als er zu ihr su reben sortsuhr: »Sieh, Lotte. in mir ist alles Gä rung, alles Flamme und Feuer! Jch muß hier sitzen, weil man mich im Heer nicht will, und während andere von Sieg zu Sieg eilen werden, muß ich hier veriommen!« Wieder sah sie ihn vorwurssvoll an. »Verlommen? Konten-, verlorn men? Wie verbittert du bist, mein armer Freund! Glaubst du nicht, baß auch dir genug zu tun übrig bleibt, selbst wenn bu hier bleiben mußt? Wird es nicht Verwundete geben und Kranke, die der Pflege be dürfen? Willst du es wirklich »Lee tommen« nennen, wenn bu in deren Dienst trittst, wenn du als barmher ziger Samariter von Bett zu Bett gehst, hier Wunden verbindest, bottj tköitest und Mut zuiptichst, hier ei nen Genesenden in Wald und Berge begleitest und dort einem Sterbenden das brechende Auge zudriiclstZ Willst du es lvirllieh »vertommen" nennen, wenn du fiir Brot und Pflege der Armen und Kranken sorgst, wenn du der Vormund und Beschützer der Kinder bist, deren Väter im Kampfe stehen, wenn du der Berater und vFreund der Waisen wirsi, deren Vö ter in der Schlacht gefallen sinds Jst das nicht ein schöner Beruf, der dir stille Lorbeeren und Stille deines stürmisctfen Herzens bringen wird?" Erschiittert zog er ihre Hand an sein laut schlagendes herz. »Ja, Lolte,« entgegnete er, und aus feiner Stimme tlang eine tiefe, lebendige Wärme, »ja, Kamemd, wenn du bei mir bist! Denn ohne dich, Mädchen, taan ich nicht mehr leben! Jch habe dich sehr lieb.« »Ich weiß es, Konrad, daß du mich lieb hast. Jch weiß es längst. Aber sprich davon nicht« ’ »Und warum nicht« Lottei« »Die Zeit ist nicht danach, Konrad. Die Welt steht in Waffen, und siir die Liebe ist kein enhigeb Mädchen mehr des-« »Aber ich will es dir sogen« Lotte, wie so lieb du rnir bist.« Sie schüttelte den Kopf. »Nicht fest, KonmdB »Aber später?" fragte er, und fis-ir rnisch bedeckte er ihre Hand rnit Küs-« en Sie snh hinauf zum himmel, un ter dessen mattein Blau ein Raub vogel seine Kreise zog. »Aber späten-« wiederholte et. »Wenn es Ruhe nnd Frieden sein wird?« »Ja, Konrad, wenn es Ruhe und Frieden sein wird. Dann —- ja — dann.« — »Und wann wird das sein, du selt sames Mädchen, du, meine rätselhaste Spinan »Wann«i« »Ja, wann? Gib Antwort, Ka merad.« Da sah sie ihm ins Auge. und er erkannte in diesem Blick, daß ein Meer von Liebe ihm entgegenbrans dete. »Ich werde es dir selbst sagen. Konrad, wenn die Stunde da ist« .Versprichst du es mitt« »Ich verspreche es dir·« Und nun sprach keines ein Wort mehr. Hand in band stiegen sie lang sam zu Tal. Die Nebel hatten sich verzogen. Es war klar geworden. Ein srischer Lustzug wehte, driiben hinter dem Hochstein ging die Sonne unter glühendem Abendbrot scheiden. Jhre goldenen Strahlen hingen zwi schen Baum und Strauch, zitterten über die Berglehnen hin und spielten um das zerbröclelnde Gemäuer des KMMIL Hoch über ihnen jin Blau schmet terte die erste Lerche und verkündete den kommenden Frühling. It i I Die kleine Frühlingsvertiinderiw die so tapser iibee Schnee und Eis ihr Lied zum himmel emporgewirs belt hatte, sollte recht behalten: der Frühling lam. lieber Nacht schon kam et mit Sausen und Brausen· Zwar nur ins Tal. Die Berge spot teten einstweilen noch seiner, wenn auch schen durch ihre Tannen- und Kieserwälder das geheimnisvolle Rau schen wehte, das Schnee und Eis von dannen treiben will. Aber ins Tal lom der Lenz. Zer rtsseue Wollensehen jagten dicht über der Taliohle daher, hoben sich, sent ten sich, verhüllten die Berge und gaben dann wieder weite Blicke durch das dampfende Land und um blei grauen Himmel srei. Leie begann ver siegen sein Wert. Schmustg wurde das blinkende nee ewond, und durch alle Gräben e est unterle» qu- asi-ersparen riet-ne geistig-e f i Wasser, das l am sbeg nnd W und ftch mit ern-sen nnd Wer den Weg zu Bächen und Flitßen bahnte. Jn den Dörfern und Sti tern wurden die Ackergerittfchnften in Vereitschaft gefest. Zwar fehlten faft überall die rüstigen, jugendlichen Minde, die sonst zu Pflug und Egge gegriffen hatten und seht statt Pflug und Egge, Bächse und Säbel um tlammenen; an Stelle der Jungen traten d.e Alten. die schon im Aus gedrnge gesessen und nach» der schwe ren Arbeit nno Miihe ihres Lebens die Hände zu befchaulicher Rast im Schoße gefaltet hatten. Nun mußten sie noch einmal heranb, denn der Frühling ist ein gebieterischer Herr. der die Ihm gebührenden Dienste nicht : stunden nnd vertagen läßt. Er heischt von der Stunde. daß ihre sechzig Mi- l nuten ausgefüllt werden durch nun-I mermlide Arbeit, und jede oerloreneI Stunde straft er nn dem, der sie uns i benutzt ließ, durch dürre Flecken zwi- s schen blühenden Feldern, durch ittnus l pen an den Obsthaucnen und durch« tnagere Korn-« und Obstiammern im I tommenden Winter. Auch ttonrnd von Lossau trat in seine Dienste, da er nun über Nacht , gekommen wär. Aber er tat es seuf zend. Denn et sah, es hätte so man ches neu angeschafft werden müssen, so manches Stück Vieh mehr hatte mim brauchen tönnen —- nber ach, es fehlte an den Mitteln zu guten Kaufen, und trotz allen Utndrehens wollte der eiserne Geldlasten nicht mehr herausgeben, als was gerade eben reichte, um das Allernotwendxgs ste uns unaufschteooarne zu oenreii ten Unterdessen jedoch ging Konrad an die Arbeit. Er wußte, es war Ia nicht für ihn allein, daß er sich sorgte und plagte — es war auch ncch fiir eine andere, die versprochen hatte, ihn zu rufen, wenn die Stirn-i de da wäre. ilnd ihr Versprechen würde sie halten —- dessen war er gewiß. Freilich, lieber wäre cr nach Brei-lau gezogen, wo sich die Frei milligen unt den König scharten, und dasz er es nicht konnte, nicht durfte —-« der Gedanke zehrte an ihm nrsie ein fressendeo Feuer. Er fühlte sich zuweilen unbeschreiblich elend; das Leiden der verdusterten Seele des Mannes zog den Körper in Mitlei denschaft, und nur der Gedanke an das geliebte Mädchen gab ihm von Tag zu Tag noch die Kräfte, deren er für des Daseins Last und Arbeit bedurfte. Er wollte nicht unterliegen -- nein, er wollte nicht —- er hatte genug on der einen furchtbaren Nie derlage seines Ledenöz er fühlte, eine zweite würde ihn hinunterfehleudern in das Grab. Und er wollte leben, wollte zeigen und beweisen, daß er des Lebens wert und würdig war-— Fiir heute abend sollte er zu Kampernsonni kommen. »Du tornmft bestimmfh hatte Lotte noch am Nachmittag gesagt, als sie ihm das Gewehr von ihren Schießiibungen zurückgebracht hatte. »Ich lommei« »Bestimmt?« »Bestimmt!« »Also auf Wiedersehen, Kamerad, heute abend-« - »Heute abend.« Damit eilte sie weg. Was hatten sie vor heute abendi Es war sonst nicht Sitte zwischen ihnen, daß man sich zu bestimmten Stunden einlud. Jhr Verkehr war ein freier und un gezwungener gewesen; Konrad iarn zn Itampermannö oder diese kamen zi. ihm, wann sie wollten und die seit ihnen recht war. Ein einfacher meiß, ein Haustrunl Bier, eine Pfeife Tabat waren immer vorhan den und die Luft zu plaudern er wachte dann wohl von allein. Heute hatte Lotte gedrängt, fast feierlich gebeten. Das war ihm auf gefallen. Sie hatte es sonst nie ge tan. Es muß etwai- Besonderes vor liegen llnd dein schien in der Tat so. Als er des Einsiedler-s Haus betrat und in das Wobnzimmer tarn, fand er den Tisch gedeckt, was zwar sonst auch geschah; aber heute standen, wag sonst nie der Fall gewesen, drei Weingläser darauf, und in der Zim merecke reckten einige Flaschen ihre zierlich schlanten Hälse. I· Kampermann trat ihm entgegen, und es wollte Konrad schein n, als seien der Ernst und die Würte, die sonst um diesen Mann lagen. heute noch schwerer, vertiefter, als in frü heren Tagen. »Williommen. lieber Konrad!« Konrad schlag in die dargebotene Hand ein. »Was sehe ich denn da l)eute?« fragte er und zeigte auf Flaschen und Gläser. - Rampermann iächelie —- sein ern steö, stille-H Lächeln, das Konrad je desmal ins Herz drang· »Ja, da staunen Sie, Konrad. Aber bei besonderen Gelegenheiten nuß man auch etwas Besonderes tun — so will es deutsche Sitte.«" »Und welche besondere Gelegenheit liegt denn vor?«« »Das ·werden Sie morgen früh. erfahren, lieber Konrad — heute abend isi teine Zeit zum Fragen, sondern nur zum Plaudern« Jetzt trat auch Lotte ein. «Guten Abend, Kamerad!« Und da er ibr die band reichte, wollte ibm scheinen, als ob sie gesf weint habe. So feucht schimmertel f lEine wundervolle trag-. se- ee e- nie gesehen zu haben meiste- Iset is verwarf den Gedanlen Hort wieder. Unsinn, dieses herbe Mädchen weinte nie-i um Kleinigkeiieen und um ei Ioas anderes konnte es sich doch ge w nicht handeln a bemerkte er. daß Kompet xunnns Blick scharf und prüfend auf ter Tor-hier ruhte und daß diese dein Blick des Vaters aus uweichen see nichte· Aber et hielt re fest, sog sie in seinen Arm, fah ihr lange n das. Auge und ingle: »Mein tapferei Kind.« · Sie gab sich einen Ruck und löste sich sanft aus des Vaters Umar Mang. Konrad war still erstaunt Was war das alle« So etwas hatte er nie bemerkt, in all den Jahren nicht« seit er Im Hause verlenrtr. Vater end Tochter waren keine Freunde von Gefühlsszenew Man hatte am Tisch Platz ge k-ommen., Kampermann füllte die Gläser. »Es is «, sagte er« »ein guter, al ter Wein — auf Rädedheimer Ber gen gewachsen — der Nest von einer Unzahl Flaschem die ich vor Jah ren als Extrapralent für die Taufe des Erben und Stammdalters met-. nes Patronntsherrn in Westfalen er l;ielt. Ich hatte sie sorgfältig aufge hoben. Nur beibe sonderssfeierltchcr Gelegenheit sollten sie getrunken wer ten-« Er hob sein Glas. Golden fun tekte der Wein, und das Licht der Lampe spielte in allen Farben datin.· »Stoszen Sie an mit unis, lieber, guter Freund: auf eine frohe Zu tunft! Froh fiir uns alle!« Die Gläser klangen aneinander und eS gab einen seinen Klang. ,,Sind Sie sich nun llar gewor den, lieber Konrad, über das, tan Sie tun wollen? Jch glaube, daß Lotte recht hat, denn fast immer fin den die Frauen in einem sittlichen kjwiespalt instinktiv das- echte, wo der Mann mit der schärfsten Ber ftundsarbeit nicht mehr ein und aus findet.« . Zeonrad lachte bitter. «Spitaltnecht werden soll ichs« »Wie Sie reden, Freund! Spitact tnecht! Nein, eine freie, christliche giebegtätigkeit sollen Sie entfalten an Sterbenden und Verwundrun an Witwen fvund Waisen. Oeffnett Sie Jhe Herz. Jch weiß, Konrad« esz steckt viel Liede darin — lasset Sie diese Gottesgabe, die herrlichste« die uns armen Menschen gegebenu daß sie uns einen Abglanz vom ver lorenen Paradies auf unsern steintq gen Lebenspfad werfe, lassen sie nicht verkümmern und erstickt werden un ter Bitterkeit und Groll. Sie wissen es ja, Konrad: der Flug zum Him mel steht jedem Menschen zu jedes Stunde frei, sobald er das nur wa gen will. So nehmen Sie doch die Flügel Jhrer Seele, Sie armer, ge anilter Mann, fliegen Sie heraus aus der Vergangenheit, die Sie nie derzieht, einer besseren Zukunft ent gegen, die sich keinem verschließt, der reines Herzens sich um sie müht Glauben Sie wirklich nicht, daß ei ne freie Liebegtätigteit an den Op fern des Schlachtfeldes Sie befriedi gen würdet« Konrad schüttelte den Kopf. »Ich glaube es nicht. Meine Hand lann wohl Wunden schlagen, aber teine berbinden.« . »Das sagt man, Konrad! Es lernt sich alles im Leben, alles.« — »Habe ich nicht auch das S se szen gelernt?« fragte Lotte und als ihn lächelnd an. »Du! Ja, du kannst alles, was du willst, Kamerad. Und das Schie ßen brauchtest du nicht erst zu let-» nen, denn du hast die Kunst siche ickion mit nus dEc Welt gebracht.« Sie schüttelte den Kops »Nein, Konrad, uns die Welt habe ich gar nichts mitgebracht als Mii lsen und Sorgen für meinen auteu Vater um ein so tolles Mädel, wie ich bin.« Dabei lüßte «ie den Vater ans die Stirn, und er strich ihr liebtoscnd die wirren Locken aus den Gesicht. Auch solche Lieblosungen in seines Gegenwart war Konrad nicht ge wohnt. Klar und tlarcr wurde ihm, tsusz Vater und Tochter unter einer tiefen, inneren Bewegtan stehen mußten die aus solche Weise sitt) ge chentlich nach außen hin verriet. Entsetzung folgt). . — Seine Rettung. stir ,,So, mein Nat-l)bai, den sie iotlrtnd in die Filinik gehrncht haben, ist wie-. Der ausgeloinnikn, wie ging denn das ztlesst Medizinen »Na, er war eben zu schwach zur Operation« — Ein höflicher Mann. ,,.ttönnen Sie mir sagen, ob itmn heute von dem Bein eine schöne Ans sicht hat?« · j »Gehn’s nusi nnd schaun’g nun-i zerl« —Knnllprotz. Richter-: »Fiins Stunden halten Sie in dem Kassen zimmer zugebracht?" Eindrechen ,Jo, und ich-bin wog tern mit dem Anstaunten nicht fertig geworden-« « » » Zeuge (geschineichelt): · g- Profi nent, könnte ich viellei »meine-I Strasantrng jeyt noch zuxttsztessenP