Sonntag-blast de StaatS--Anzetger und Wold » MOOUWUI Spiel-me klit? Her närrische Graf. ( Bin p. v. Schalle-tin ----4 Jn einein kleinen Dörflein ver Franeiaturtm jenes weinreicheit hil geltandes zwilchen Brescia und Ziel-, hauste ver atte Conte Pietra. life war der lehte ieinet uralten Ge schlechte-, und wie es bei solchen, im Laufe der Jahrhunderte verwitterten Familien nicht ielten vorzukommen pflegt, ein körperlich iind geistig ab ncrnier Mensch. ein Sonderling, der von Schwerrnut und Wahnideeii ge plagt wurd, ohne gerade ein vollen deter Narr zu sein, der bei fabelhaf ieiii Reichluni oft lächerliche Spar samkeit entwickelte, ioahrend er zu zeiten sein Geld hinan-ward toie es einein anderen, noch i- fteinreichcn, aber normaien Menschen widerstreb häitr. Kurz, Conte Mem-, oder vet iiarriiche Graf. ioie inan ihn nannte, liit an Iener Krankheit der derroftes ten Geschlechter nicht niir Englands, sondern auch anderer Länder uns nicht zum wenigsten Italiens, ans Spl . Conie Pietro war eigentlich kein Geni, obwohl man ihn io hekitelte, nnd wenn ihnt irgendein Demokrat e:nen Vorwurf mochte, daß er sich lc nennen lasse, antwortete er: «Jch tonnie ee fein, itsenn ich wollte. abekl ich bin zu wenig —- Deinokrnt, uni solchen Dingen Beachtung zu schen-. ken." · ’ Jni nächsten Augenblicke aber tonnie er sich wieder bis zuni leiden-; schriftlichen Zorn erhitzen, wenn man es wagte, Zweifel zu hegen, obwobls seine Familie in der Tat zu den öl tciten Italiens gehöre. Wie es sich auch damit verhalten mochte, nis niand nannte den Alten anders denn Grol. Eigentlich warder Grafentitel für ihn auch 1ii wenig« thronte er does wie e tteiner König au fei Os- istth ei isehr fttv ZWMOIIW war fein eigen und de größte Teil tser Bevölkerung arbeitete auf seinen Feldern und in feinen Weinbergen. Ein reicher Adliger in einem ita lienilchen Torie und nicht zugleich Bürgermeister, das wäre vollends et was Unglaubliches gemeini. Trog deni es in leinein Kopie sputte« war er Sindaro. Alles hatte unter iet nen Verrüctiheiieii zu leiden. Doch da er öfter mildtiitig als harthergig war und dabei zuweilen die unglaub lichsten Summen oerschleuderie un: die Gemeinde überhaupt von ihni ab hing, so trug inan all das Ungemach, das aus der Wurde in seinen hän den erwach-, mit ftaunenskverter Ge duld und Ergebenheit Das unan genehmlie Erzeugnis feiner verichros benen Lebensanssaifung war das Verbot gegen die Errichtung einer Schente oder eines Wirtehaufes iin Orte. »Wer hatte in ver Francinrurta teinen eigenen Wein im Hausei« pflegte er zu sagen. ,Wenn aber ein Fremder des Weges kommt, so findet er je nach seinem Stande unb seine-. Bildung an rnelner Tafel over in meiner Küche bas, was er im Wirts haus suchen wärt-U So mancher lebenblustige Bursche munte. Dennoch blieb ei beim obrig teitlichen Willen. Wollte man all bie Narrheiteu unv Verschrobenheiten wiedergeben, die von ihm erzählt tverven, es würde ein Tag nicht geniigen. Nur ein oerriickter Streich, ver all iiberall in ver Franciaeurta in grauenhafter Erinnerung schwebt, ist zum Zeitvertreib des Erzählenb wert. Conte Pietro hatte es verschmäht, sich vas Leben vurch die Ehe zu ver süßen. Ein braves Ehegetnahl hätte thrn vielleicht das Glück bringen tön nen, das er vergebens in einem schranlenlosen, aucschtveisenven Le ben suchte. Ali betagter Mann hatte er aber noch irgendwo in ver Welt ein bralleb Möbel nufgelesen unv aus das Schloß gebracht Gleich anfangs nahrn dasselbe un ter ber Dienerschaft eine bevorzugte Stellung ein. Das Mädchen, Ade Ana genannt, trug seine stiibtische Kleidung, speiste arn Tische des Gra sen, und balb machte Eonte Pietro tein hehl ntehr daran-, baß er in seinen alten Tagen noch einmal an gefangen habe u leben unb u lie ben. Alle tou ten es und netnand wunderte sich bariiben Daß ihn vae junge frische Ding nicht liebte, bat tvar vetn Alten. ber aussah tvie eine verborrte Zroetschte und noch dazu eine Schulter höher trug , als bie andere, tvohl bekannt, aber er vertraute aus ben allgewal tigen Mammon. veriichtete übrigens völlig daraus, dein Weibe aus sämt lichen Wegen und Stegen nachsuwani peln. —- Allmiihlieh tam das gebrech liche Alter immer driictender und schwerer tiber ihn, und er mochte wohl in manchem llaren Augenblicke die liebende hand einer pstegendew den Gattin ersehnt haben. Alter schiiht vor Torheit nicht, aber das höchste Alter muß davor schäkern Adelina begann ihm iiberdriissig ·a lästig zu erscheinen, und alt er sie eines Libde belauschte, wie sie im Parie sich von einem jungen Manne herzen und tiissen ließ und demselben unterdessen die Wangen streichen-, schien ihm das Mittel gesunden, sich Ihrer zu entledigen. Der Manu, Giulio mit Namen, hatte das an dar Schloß anstoßende Wirtsshastsgebäui de und die aus Sehweite umliegen den Grundstücke in Pacht. Conte Pietro ließ sich also denselben tum Hnen und machte ihm folgenden Vor ischlag: Das Schloß samt allem, wass :-er junge Mann bis nun in Panz-» gehabt habe, würde nach des Grasen; Tod des Pächtrrs Eigentum sein, wenn er seinerseits bis dahin einen um eine bestimmte Summe erhöhten Pachtschilling zahlen, anderseits Ade lina zu seiner rechtmäßsgen Frau nehmen wolle. Die anderen Grund stücke, die allerdings den hauptwert irn ganzen Gittertomplexe darstell ten, würden testamentarisch den Ber wandten in Brescia überlassen. Sol chen Vertrag unterschrieb der Päch ter, wenngleich er es mit der Liebe zu Adelan nicht gerade allzu ernst nahm, mit sichtlichem Wohlbehagen und heller Freude, und jene war es auch zufrieden, da ihr der Gras ge stattete, ihre ganze tosihnre Garbe rahe samt allen Schmucksachen mit. sich zu nehmen, oor allem aber des halb, weil sie in nicht allzu langer Zeit dort als Herrin austreten lonns te, wo sie bisher ein undestimmtes Dasein geführt hatte. » Adelina war heimatlos, das Dörf lein entdehrte jeglichen Gasthkiuses2 also war es nur das grösliche Schlos, das siir die Abhaltung der it in Betracht inni· Coate »Ist-N « . stimmte zu dies den sogenannten Rittersaa. Der Name rührte daher. dasz aus dem Parasuoca, dem Schirm des riesigen Lamm-L ein ledensgroßer Ritter ge malt war, der einen Urahnen des Geschlechtes darstellte. Jm übrigen waren die Wände des Saales mit Goldtapete iiberlleidet, die ungeheuer hohen Fenster mit schweren, roten Damastvorhiingen versehen und ruh ten die Samtmöbel aus vergoldetem zierlich gearbeiteten Füßen. Den Brautleuten standen Küche und Fiel ler siir den ganzen Tag völlig zur Bersiigung. Der Gras selbst war — verschwunden. Niemand tiimmerte »sich in dem üppigen Jubel der Gäste Jurn ihn. Erst spät am Abend, alt man nicht mehr wußte, aus wessen Wohl noch sollte getrunten werden, erhob Adelina das Glas und seierte Eonte Pietro als den Urheber des Festes. Jhr eigenes schallendes Ge lächter solgte dem Trintspruchez im ’Ramin aber antwortete, zum Ent Jsegen aller Anwesenden, ein leises, Iheiseres Gelicher· Der Gras hatte ldem Ritter die Augen ausgeschnitten und sich durch die Oessnungen das Leben und Treiben des leichtsinni« gen Volkes angesehen. Der Scherz hatte mehr Schrecken als heiterteit verursacht, aber man sand ihn dennoch unerreichbar in sei ner genialen Eigenart und brachte dem Grasen, als er erst mühsam aus dem Kamin hervorgelrochen war, eine unendliche Reihe bon Trinlsprii chen, bis er der Geschichte überdrüs sig ward und die ganze Gesellschaft zum Teufel sagte. »Weißt du, warum der Gras stun senlang geduldig im Kamin gesteckt hatt —- Weil er noch einmal unge stört meine Schönheit bewundern wollte, lachte Adelina und schmiegt sich schmeichelnd an ihren Mann. .Jch dachte mir« weil er überhaupt hören wollte« wte man über ihn iache und spotte wegen des ganzen Vertra geö,« sügte der junge Gatte hinzu und drückte sie an sich. Giulio und Adeltna nistetes sich im Wirtschastsgebäude traultch ein« und die Honigwochen slossen in Aul sicht aus die künftige Schloßherrlichs lett in Saus und Braut dahin. Eines Tages hieß es. der Gras habe eine Reise in die Schweiz un ternommen. Daran wäre nun ge rade nichts Besonderes gewesen« hätte nicht der Postbote einige Wochen dar aus einen Ortes gebracht, in welchem unter der Firma irgendeinei Schwei ge hotels der plöhliche Tod des rasen insolge eines eschlagansallel mitgeteilt wurde. Giulio und Ade lina standen sprachlos. Lan e schaute eines den andern starr die Augen, bis sie endlich beide tu hellen Fabel ausbrachem — F Dann holte sie den Kontratt vor, lasen ihn ein paar putzendnml küßten sich und tanzten im Kreise herum, nie wäre ver Böse in sie go snhren. Daraufhin aber bereiteten im Rittersqal des Schlosses eint tosel vor und luden in alter Stille vie Verwandten und Freunde Gin ltos ein. Die Dienerschast, die nicht wußte, was tm zu tun sei, ließ es widerstandstos geschehen Da floß per Morsaln nut dem schönrnenven Elfti unt die Wette, und beide mach ten die Gemüter toll. Der neue Burg herr nnd die gestrenge Schloßfrau wurden in begeisterten Worten ge sriert. Man tiißte und umarmte sich« cie einen aus wohnsinniger Freude o.-riiber, daß sie reich waren, die an deren, daß sce reiche Freunde unl LVerwundte hatten,’ von denen sie, wenn auch sonst nichts, so doch hin nnd wieder ein derartig reiches Ge lage erwarten konnten. Adelina starrte von Gold und Brillnnten und war eitel Gunst und herablassung. Man küßte ihr vie Hände und endete nimmer, vie hoheit ihrer Person in schtvutstiger Phruse zu preisen. Ein Trintfpruch folgte dem ande ren. Adelincz Millio, sämtliche Gii e waren bereits fattfam damit beda t. Ali man endlich nicht mehr wußte, auf wessen Wohl man feinen Becher leeren sollte, da tvar et wieder Ade lina, die sich taumelnd erhob und urt ter fchallendem Lachen hervorftieß: «Wißt ihr, toen wir vergessen heime —- Ei lebe der — tote Grafs« Jm selben Augenblicke stieß sie ei nen durchdringenden Schrei aus und fiel wie leblos dem entfehten Gatten in die Arme, während das volle Glas tlirtend auf die Marmorplatte schlug und zersplittertr. S reiend, und treischend fuhren die Gii e auseinan der und flohen den Türen zu, denn ein"grauenhastes Gelächter aus«- dein Kamin war dem Trtntspruche ge folgt, und durch die Augenöffnungen des Ritters grinste wiederum Conte Pietrp. Dann troch er hinter dem Para fuoco hervor und setzte sich kichernd zu Giulim »Was hat dich dies frohe Fest ge toftet, Giulio't" fragte er mit trä l,eitd-heiserer Stimme ,Verzeihung. herrl« »Was hat es getofiet, Giulio? Jch toill meine Totenseier selbst bezah len. So lange ich lebe, tann ich es tun!a Dabei legte er eine bedeutend Summe mit gellrndem Gelächter auf ren Tisch. «Nun, das tvöre abgemacht, Giui lio, jetzt aber folgt die Feier meiner Auferstehung! hel« schrie er, tvie es ihm nur die altersschwache Kehle er laubte, »ein paar Ilaschen vom fein ften Falernerl Nun wollen tvir zwei miteinander trinken. Gelungen ift unser Spaß. Hei Giulio, trinke auf das Wohl deines entzückenden Weibes. hoch lebe die freie Schweiz, in der Conte Pietro —- verschieden ist, hoch leben die Dämonen, in de ren Klauen die Welt ist« hoch lebe die —- Grisette —- die —- du zum Weibe hast« Conte Pietro tranl und trank und er schüttete Flasche um Flasche di: Kehle hinab, alr- wollte er sich zu Tode trinken. »Totensest«, stöhnte er, Justiges Zeit«, und trank und trank, bis dein alten schwächlichen Greise im morschen Gehirne eine ver rorrte Ader brach. —- Draußen tobt »eines jener surchtbaren Gewitter, wie ’sie so ost an den Voralpen Ober »italiens hinziehen und ein heulendee iSturm risz die Fenster trachend aus, fund löschte die iterzenslammein so idaß nur mehr das grelle Licht des IBlitzes mit undurchdringlicher Fin ssternis wechselte. Giulio stand er sstarrt, den Vertrag trampshast in seinen Händen haltend, zwischen seis nem schwer ohninöchtigen Weibe und dem toten Grasen. dessen verzerrte Züge von Zeit zu Zeit das weiß Licht des Blises beleuchtete. — Die Unsinnigteit des ganzen Ver trages, der letzte grauenhaste Streich des Grasen, endlich ein ausgesundes nes. wenn auch altes Testament, in welchem alle Güter den Verwandten überlassen wurden, bot diesen eine geeignete Handhabe, die Gültigkeit des Pattes zu bestreiten. Durch Monate zog sich der Prozeß und wurde endlich zugunsten der Vers wandten entschieden. Wegen des er höht gezahlten Pachtschillings wurde mit Giulio ein Abtommen getroffen, der hier mit Adelina anderswärts kein Glück suchte, ohne es zu sinden. n das entweihte Schloß aber zog junges, wahrhaft dornehmes Leben ein. Zum Adel der Geburt gesellte sich der herzensadel der Jntvohner, und Dom Glücke, das tm Schlosse herrschte, siel auch so manches Sa mentorn aus das weinretche Land ringsumher. tgtieg nnd Ehe. Skizze von Elle straff-. «Krieg und Ehe« lautet das The ma. das sich die Vortragende gestellt-» Und, da es eine Frau und Schrift-; stellerin war, die m Schrift undi Wort schon oft sur die Grundlagen menschlichen Glückes und sozialerj Döhenentwicklung mutig und dahnsi brechend gewirkt hatte, war auch zui dem heutigen Vortrag die Zahl der Zuhörer groß. Und die Rednerin lam, sprach... tnd enttäuschte. Es tncn nichts. was man nicht schon vorher schritt oder gelesen hatte cdn dieser Frau. Mit viel Tempera ment und selbstsicherer Gesäuigteit wurden die sittlichen Richtlinien der monognmen Ehe gesetzt, und beson ders der jungen Generation Ratschlä Lge gegeben, zu einer alleinseligmachesp trei: Verbindung zwischen Mann und Weib zu tom«nen. Niemals dürfe dein Istörleren Geschlecht erlaubt sein, wa «d-tn schwuåeren zur großen Sünde engerechnet wird, nur« die heiligste Reinerhaltung der Ehe von beiden Seiten ist die Grundlage des Glückes und einer gesegneten Zukunft für Kinder — und Kindestinder... «Jn,« jauchzte es in vielen Frauen seelen wieder, die es hörten, und mit ihren tiefsten Empfindungen vergli chen. »das ist doch selbstverständlich ...dns lehrte uns ja schon das sechste Gebot, wir wissen und wollen es langst, wo aber sind die Wege zu je nen glückt-vollendeten Höhen-« . . . Dle Allllvvtt blieb aus, die mail heute erwartet hatte. Die vielen tra genden, heißen Mädchenaugen zwar bauten ein Brücklein hinüber und her iiber, so daß der Mund ver Rednerin die brennendste Frage aussprechen mußte, die aus aller Lippen lag: »Was aber soll mit jenen Frauen ge schehen, die ihre unverdrauchte Lie bejsiille einsam rnit sich tragen, denen Schicksal und Krieg Ehe — und Mutterhossen entzweit-reich wie es zihntausendsach geschah und noch ge schehen wird oon Tag zu Tag«... Eine atemlose Pause solate... Die glückliche Frau und Mutter ain Rednerpult lächelte ein ganz tlein wenig unsm oor dieser Ateinlosigleit. «Wozu haben wir unsere Kolos nien?" sagte sie dann bei.iahe über stiith hastig. »Unsere Vertreter euro päischer Kultur hungern da draußen in ihren verantwortunggreichen Arm tetn nach der weißen Frau reiche Arbeit-selber stehen dort auch siir das weibliche Geschlecht sijr Jahrzehnte essen, zieht hinaus in die Fremde, trenn ihr daheim die Männer nicht findet, die euch ein Eheglitit geben und eine Miitterhosstiung.«... Langsam, wie widerwillig, leert sich der große Saal .Das hätte nicht lominen dürfen,« sagte eine alte Dame laut nnd weh mütig, indem sie mit behenden Fin gern ihre Garderobeninarte in der schwarzen Handtasche suchte. »Unsere Kolonien... unsere lieben Schmer zenslinder setzt ikn Kriege-» srei vorn Feind und srei von Blut müs sen sie erst werden, und dann... dann, oh niit oder ohne Mann, wird unser Vaterland sicher noch Raum genug bergen, um Glückesheiinstätten daraus neu erstehen zu lassen.'« .. Lore hausen fuhr mit energischer Armhewegung in ihren weiten, un inodernen Ulster hinein und siihlte dabei einen Widerstand An dein obersten holen saß etwas sest, das nicht zu ihr gehörte. »hoppla,« sagte sie, spgehört der ’Pelzlriigen Ihnen, gnädige Frnui« s Die Angeredete niclte und griss «scheu zu. » ,,,«Dc1nke sagte eine weiche, junge, traurige Siilszime ; Lare hansen blickte überrascht hoch. IDer Ton in dein einen Wort riß an jihrem Herzen. ) So ein Kindergesicht unter dem Witwenschleier. So ein abgrundtiefes Leid in den blauen Augen. Mensch lein du, was hast du dir wohl erhofft von dem heutigen Vortrag über Krieg und Chef Da... die schlanten Fin-« get hatten kaum die Kraft, denI Schleier um den hut festzus«ecken. »Geftatten Sie,« sagte das altern de Mädchen rasch, indem sie die Na dei über dem kleinen Krepphut be fcstistr. «Dan!e,« tagte die junge Frau da noch einmal. Nun lächelte sie aber da bei. »Es« es ist« so ungewohnt, wenn sich mal jemand wieder um mich buniiht.·'... Unwilltiirlich schritten beide nebeneinander dem Ausgang zu, durch den ein kalter Wind wehte. «D.1t tut gut nach dem heißen YStnrzbad da drinnen. Solches An deniKopssPsefsern von Worten lann ich nur vertragen, wenn man sich wehren sann mit einem freien Wort der Gegenrede. Das war uns he e versagt. Und... so viele Vortrii auch in Berlin und überall im Reiche gehalten werden, es ist und bleibt im mer dieselbe Geschichte von Theorie und Praxis, diese beiden harten Geg ner einigen sich nie.'« »Nie," wiederholte die junge Witwe kurb, unschliissig vor der Haltestelle dcr Straßenbahn stehen bleibend. »Die Wagen sind überfällt, man lrmint selten mit um diese Zeit in dieser Gegend. Nachts allein aber durch Berlin zu gehen... ach, das ist schrecklich« Die junge Frau war schon weiter geschritten. Nun sah sie forschend m das schmale. lluge Gesicht neben sich, und ihre Stimme war dunkel vor Schmerz und dem Bedürfnis, davon abzugeben. «Ach ja, Sie mögen recht habent Und der Krieg zwingt uns ja direkt zur Selbständigkeit Jch lann mich nur nicht so schnell daran gewöhnen . .die... die Wunde ist noch zu frisch. Und heilung...« oder Hilfe sndet man nicht, soviel man auch» grübelt und sucht.« - »Ihr Gotte ist gefallen?'« «Ja,« flüsterte die junge Frau. .Wir wurden triegsgetraut dar zwei Jahren... Als mein Kind ins Le nen wollte, ging sein Vater in glei-. cher Stunde aus ihm sort...«· ; »Aber sein Kind lebt2« ! Eine ganze Weile blieb es stumm zwischen den beiden Frauen. Sie schritten die Linden entlang, den ein samen Mittele, der zum Branden buiger Tor führte. Hs muß etwas sehr Gutes sein unt so eine erfüllte Muttersehnsucht, die uns gesunden Frauen ja mehr oder Miger allen im Blute sthi. Man hat einen Richtweg im Leben, en- Ziel, underbrauchte Liebe zu be tätigen. Jch beneide Mütter, die das begreifen und so ein kleines Auferste huugötvuuder in sich erstehen sahen mit dem Bewußtsein, es als solches zu betrachten und zu Vollmenschen zu erziehen. Aber nur solche Mütter be neide ich!... Unsere Rednerin heute ist in vieler Hinsicht ein famoser Mensch, hat wohl auch in ihren Wor ten und »ti-;ssa,ten haufia sehr wun te Punkte beruhrt, bloßgelegt und zu heilen versucht... sie bleibt aber oft oclljiändig einseitig. Wenn man be denkt, daß Viele tausend Mädchen jede Aussicht auf ein Ehe- und Mutter gliict aufgeben müssen, ist es zweck los, immer wieder die Vorzüge einer alleinseligmachenden Verbindung zwi schen Mann und Weib hervorzuheben. Damit ist den ratlos im Dunkel ta stenden jungen Dingetn wenig gehol sen . .. na, und wir Alten lachen dar liber.« »Wir Alten-« wiederholte die jun ge Frau lächelnd und toehrend »Als ob Sie schon dazu zähltenl Jm Ge genteil . .. diese nette, selbstverständ liche Art, mit der Sie mir heute hal sen, und mich nun durch das nacht liche Berlin begleiten, gibt mir eigent lich eine Art junger itrast, Ihnen gleich zu tun... Jch bin ost so ein san1... menschenscheu and verlassen. Die Freude an meinem Rinde hemmt das Leid. daß niemand daran teil nimmt vor allen der nicht, dem sie am meisten gehörte!..· Der Vortrag heute lockte mich. Meine junge, zerbro chene Ehe riß an mir, hundert Fra gen quälten mich, die man vor an dern nicht auszusprechen wagt, um die man verspottet wird, nnd doch! meine ich immer, wir sind doch alles Menschen, Gott gad uns gleiche Ge fühle, Jnstintte, warum nur sind Menschen untereinander so grausam in ihrem Urteil utid Nichtöoerstehensz wollen2« Lore hansen blickte warm in das zerquiilte Gesicht. «Weil sie sich ost selbst beliigen, meine liebe, gnädige Frau, aus Furcht vor diesem Urteil der Menge. Jch bin teine Rednerin und teine berühmte Schriftstellerin, aus deren Stimme die Menschen hören, sondern nur ein alterndes Mädchen, das nicht aus den Mann als Erlöser gewartet hat, son dern iich durch eigenen Willen und viel Arbeit und Kampf selbst befreite und das eigene Ehrgesiihl höher ein schiitzt, als die Meinung der Leute. Könnte ich aber reden und hätte die Berechtigung dazu, dann würde ich alle Menschennot und Einsamleit. Sehnsucht und Bitterteiten nur durch eine gemeinsame Menschenliebe heilen mögen, die sich weder an Geschlecht noch Normen bindet, sondern nur liebt, versteht und gibt; Denn das Geben ist dabei die hauptsachr. Nicht von der Ehe, nicht von dem Manne das heil erhoffen und aus ihn war ten. Gewiß, Ehe und Liebe sinds Menschwerdung durch beide Faktoren ist und bleibt Naturgesetz, und heilig jeder Bund zwischen Mann und Weil-, der in reinen Bahnen geschlos sen und gehalten wird, aus daß eine gesunde und glückliche Generation aus« ihm ersteht. Wo das qber nicht er reicht werden kann, wie es seht nach dem Kriege der Fall zum großen Teil sein wird, da sollten wir Frauen uns urn so stärler zusammenwic, zusam menhalten, die eine der andern in ver stehender Liebe helsend, jede nach ihrer Veranlagung und ihrem Können.« »Ich wünschte, ich hätte eine Freundin, die so spricht, wie Sie,« sagte da die junge Frau leidenschaft lich und laut. »Ich hasse meine näch sten Angehörigen, weil sie von einer neuen Ehe sprechen, wenn sie mich trösten wollen, so jung und hübsch, sagen sie, eine Marter ist dieses Trö sten ohne Ende. Es gab nur einen Mann für irr-ich, und wird nur einen. sür mich geben, solange ich atmen kann. Eine Freundin aber brauchte ich, ja Frauen haben seelisch oft mehr zu vergeben als Männer, tind meine Seele trantt an Einsamkeit und Sehnsucht nach der verstehenden Schwester im Leide.'« »Schwes.-e. im Leide,« wiederholte Lore hausen, blieb stehen und streckte start und warm ihre Hand der an ;dern entgegen. »Ein gutes Wort isi daz, gerade jle in dieser Zeit, wo gleiches Erle keii uns Frauen auch innerlich gleich macht. Wenn ich Jhnen helfen kann fest siehe ich Gott sei Dant, was vie len noch schwer fällt. Sie sind gesog neier als ich, Sie durften Mutter werden, ich lann’s nur nachempsins den, das Muttergefiihl, und, wenn ich mir mal Jhr kleines Auferste hungswunder ansehen dürfte, teilha ben an dein Freuen über das neue, junge Leben, ich täte es gerne.« «Und mir vielleicht dann und wann helfen, es zu einem ganzen Menschen zu erziehen, ja7« »Ja,« sagte Hausen. »He!fen, in dein einen Wort liegt der Inhalt un seres ganzen Lebens, liegt die Brücke von Mensch zii Mensch, welchen Ge schlechts er auch sei. Etwas hat jeder zu vergeben, was dem andern fehlt, seine Ergänzung suchen, finden, und aixsteilen dafür von eigenen Schätzen, die Gott uns gab. Hier wird eine Ehe daraus, und da eine Freund schaft, immer aber Liebe. »erner. .. aber . . . Liebe,« wie derholte die junge Frau erschüttern ch- sie neben der neuen Kameradin weiterschritt, den Kopf zu den Ster nrn, als ersusse sie zum erstenmal ihr wahres Licht. —- Sehr e i n s a ch. Fräulein: »Aber sagen Eie- niik doch nur, was Zie- dieic drei Wochen in der lang ideiligen Wiistc gemacht ital-ein« iliisisendere ,,Gt-ichmitzt habe ich, mein zriiulein.« —- Das gl- n ii gi. »Nim, ist es Dir gelungen, Deine-in Jungen die Tiitlterei auszureden?« »Ca, heut nachniittng will er sich die Haare schen-n lassen." -— Einseche Buchführung Mein Freund, der Maler, dem das meld immer ziemlich lose in der Ta sche sitzt, tlagte niir jüngst, daß er alendg nie wisse, ido all das viele Geld hingekommen sei, daß er mor gen-H zu sich gesteckt hatte. ,,Fuhrst Du denn nicht Buch über Deine Einnahmen und Ausgaben?« fragte ich ihn »O doch; ich schreibe jeden Tag alles in mein Rotizbuch ein.« »So? Wie machst Du P denn?« »Ganz einfach: Morgens schreibe ich auf, wieviel ich habe, und abends zahle ich nach was übrig geblieben ist, und was dann fehlt, habe ich ;eden ausgegeben!« —- Stilgerecht. aWie haben denn gestern die beiden feuchtfröhlii chen Studenten geendet, die so viel dierhändig spielten?« —- »Sie gingen gegen Morgen in derselben Weise nachhause." — Anziiglich Er: »Du sin dest es öde lind langweilig hier? Jch nicht; ich könnte stundenlang so am Strande sitzen und in die unendliche Wasserwüfte hinausschauen.« Sie: »Na ja — Du! Du bist auch wie geschaffen siir die —- Wüstel« — Schwer ges"raft. Blie germeister: »Der Schluclertoni ist heut aus dein Gefängnis Weitem mal Er schwört, daß er fein Leb tag nie mehr was stehlen willi« Frau Bürgermeister »Aha! Da hats’n bei ihm die drei Monat doch ein bisserl Bat gholsen!" Bürgerl-Triften »Die drei Monat weniger-; aber bei Gericht hat et sich dreimal unterschreib'n mllss’ni«