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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (July 12, 1917)
Die Merkmal , "«N um«-« m one soc-akz« » · (9. Fortseyungx : «Wns«t Anne, ’nen leibhastigen Banns« ! »Ja, Mutter.« sagte Ernst gelassi sen und klemmte sich das Monotel’ lesier ins Auge. .Da sagt ver Vater» mmer, ich wäre ein Tunichtguti Da bei verkehre ich in der allerbesten Gesellschaft! Jch treibe praktischei Studium! Großziigrg geh’ ich zu rle! Ja, meinst Du, es war so l t, siir Arme in den Kreisen einen» Mann zu finden? Denn, darüber sind wir uns doch alle drei einig, die Schönheit drückt sie nicht gerade!... Und ein junges Miiochen in ihrem Alter will doch heiraten! Weil noch leiner um sie rumscharwenzelte, wur " de sie doch so nervösl Menschlich durchaus begreiflich! Wie Du so alt warst wie Anne, warst Du doch auch schon verheiratet, Mutter! Denk an die eigene Jugendzeit!... Ja. nun; tommt oer chalenk ; Anne fing an ganz txild zu schleichzen ihr Bruder schwieg und knisf vie Lippen zusammen Nnni sollte die Mutter erst einmal redenJ «Jct toeeßs Wir und der Herr Ba ron!« Sehr tleinlnut scigte es Frau Ehristine. Da ruckte Ernst erst wieder an sei nern Monotel, wie er es Oerrn Soles macher abgesehen hatte, und machte eine großzugige Handbeivegung ,,Dariiber ist er im Bilde! Fatal bleibt das nitiirlich immer! Aber tein Mensch lann doch dasiir, in welches Nest er gelegt wird!... O, der Herr Baron« der einen sehr wert vollen Rennstall unterhält und zu den tonangebenden Leuten aus dem grünen Rasen gehört, ist nicht so. Wir leben doch in einem demotratis schen Zeitalterl Also darüber denlt er entschieden äußerst liberal!.. Wir leben aber auch im Zeitalter der ta ditalistischen Wirtschaft-sprin, das habt Ihr ja, Gott sei Dant, am eigenen Leibe zu spüren betont-nen, als Jhr Eure dierzig Morgen Sand boden verlaustet!... Natürlich mass in Herr in solcher Lebensstellung sius die Mitgift· seiner Frau sehen!« Frau Christine Hallertow machte in ganz trauriges Gesicht. »llsf die wird’s der Herr Baron anz alleene abjesehen haben!" Während Anne wild schluchzte, wars sich Ernst in die Brust. »Bitte! Hättst Du mich vielleicht siir einen dummen Kerls Die Pferde des Herrn Baron ziehen von Sieg u Sieg! Jch muss doch Bescheid wis n!... llnd wenn die Stunde liigt, werde ich Euch das schwarz aus weiß beweisen! Jch hab’ das gar nicht gewußt s-— nnd Jdr werdet es heute noch nicht wissen, ganz reizend tann Arme sein! Es ist doch orrslucht viel von der teilten Pension an ihr hängen geblieben· Bisher hat ihr nur der llmgang in diesen Kreisen ge sehlt! Da hab', ich mich siir die Schwester ins Zeug gelegt, wie sich das gehört!" Frau Ehristine schöpfte wieder Mut «L«l!ieviel soll denn Anne mitbrin gen?' Da tat Ernst ganz entrüstet. »Aber Mutter! Was denkst Du Dir eigentlich! Mitten Schimmer hast Du, wie es in solchen Kreisen zugehtI Da sallt man nicht mit der Tür ins hauc. Ich will Dir ganz genau sagen, warum ich diese Frage nbedingt stellen muß. Also der Ba ron hat fmich unterm Arm genom rnen, abseits geführt und gesagt: Ihr Fräulein Schwester ist wirtlich riesig nett! Jth bin Geschöstgmann und hab« die Ohren steis zu hatten. Denn mit meinem Rennstall« in dem ein ’ beträchtlicheg Kapital steckt, will ich Geld verdienen. Alle wollen es! Nur I-mancher Lnsse gibt es nicht zu und redet von purer« blanler Passion silr den grünen Rasen. Jm Stillen lacht man darüber! Ja, Jhr Fräulein Schwester! Wir jeden in einer sünd hasten Welt! Verschlechtern will sich keiner, wenn er heiratet! Denn sonst sliegt die Liebe zum Fenster hinaus! Und nun entschuldigen Sie, ich maß s mich um meine Pferde tiimniern!·.. , Was das in «unseren'« Kreisen heißt, Mutter, wirst Du verstehen!" Da rutschte Anne auch schon von sihrem Stuhl, lag vor der Mutter aus den Knien und schluchzte ihren . Jammer in deren Schoß. Das sand die rundliche Frau Christine rührend! Und Geld war ja d l Der Jugend gehörte die Zukunstl Upoie Ernst reden konntet Die sei n Leute verstanden sich dadrausl Wenn Anne nur glücklich wurde-» Mein Gott, wie hatte sie mit ihrem Paule aus die Kinderchen gelauert.. Jrn Grunde seines herze-is war ihr Mann a auch seeleniguti Troß aller Kniets igkeiti Aber er sah nicht wei ter als ilder den nächsten Zaun, wenn et auch Wunder wie llug tat! Das hatte er doch damals bewiesen, alt er sein Land vertauste. Schön hatte die Bande verdient —- toll!... Und der Speitalel im hause mußte «wirllich aushiiren. Jüngers wurde man nichts lleder was Kette man Ich deren tin-nett Ueber Hindert o 's W Bot Amte erst perheiratet in die fei ;se Geistliche-ft- zssg hoffentlich auch scrnft irgendwie Rasen davon. Vor dein hatte sie doch allerlei Refpett de loinrnent Der war nicht auf den VKopf gefallen —- i Gott bewahrel.. Hund weil ihr die Gedanken nicht all zu fchnell durch den Kon gingen, fchluchzte Anne ganz verzweifelt in derSMutter oft« .Da legte die ihre dicke Patf Hand auf der Toch ter dürftigei Blondhaar. NAnne nu beruhige Dit! Et wird fchon allent werden! Wut tornmen foll, torntnt ja doch...l« Ernst aber zog die Augenbrauen fo hoch, daß ihm beinahe das Monotel aus dem Auge gefallen wäre, und un terbrach feine Mutter. »Du fcheinft ja einen ganz vernünf tigen Standpunkt einzunehmen! Da hoffen wir, wir finden Dich auch auf unserer Seite, wenn es gilt, den Va ter zu til-erzeugen!,. .. Ader das alles hat noch gute Wege! Jch muß vor allen Dingen wissen, wieviel Anne mitbelomintl . .. lind wenn eben nicht genug Bargeld oa ist« mitfer Hypo thelen auf die Häufer aufgenommen werden!« Da fiel die gutmütige Frau Chri ftine doch ganz gehörig au- den Wol ten. »Tai tut der Wer nich! Dazu bring irt ihn nich! tieen Jedantel Aber uff die Bant liegt doch ’n Posten Jeld, ’n tüchtiger Potient« Ernft machte wieder feine großziii gige dank-bewegung· «'n tüchtiger Postens Das ist ein dehnbarer Begrist Wenn Leute wie der herr Baron heiraten, haben sie ein Recht, eine Mitgift zu fordern, die ihnen ern stundeigemiiszes Leben ber sbiitgt!... Aiso wieviel liegt aus der Matt« .Jott, da muß ict erst mit Vatern sprechen. fang genau weesz ia oet nich!'« Anne hatte sich wieder aus ihren Stuhl geseht und das Tascheniuch an den Mund gedrückt, als gäbe sie sich alle Mühe. ihr Schluchzen zu unter drücken Jhr Bruder aber machte ern sehr hochmütiges Gesicht. »Es tornmt doch nicht aus fünf oder zehntausend Mart an, ungefähr wirst Du schon Bescheid wissen!" »Ja« so an die vreihunderttausend werben et sein,« meinte die Mutter tieinlaut. »Das genügt natürlich nicht! Dar iiber ist gar nicht zu sprechen! Wir haben nicht nur sehr große Vordr häuser vie eine anständige Miete eins bringen, auch stattliche Hinter-hausen die der Berliner ja so schön »Es-Ums Musik« nennt. Ungefähr weiß ich sa, wie hoch die Mietbeingitnge sind! An die achtzigtausend Mart im Jahr . . .!" uUn die Neparaiuren, Ernst! Un de Steuer! Un de Wohnungen, die ooch mni leerstehent Ei ließe sich hoh besser machen, Anne betäm’ ’ne ans ständige Aussteuer und «ne Jahres rente!« - Da ließ Ernst die Munbwiniel ganz ties hängen. »hast Du 'ne Ahnung! Solche Her ten begeben sich nicht in Abhängigkeit von ihren Schwiegereltern Die wol len über ein beträchtlicher- Kapital oersiigen tönnen!’« »Ja, wat dentt denn. der Herr Ba um«-" i »Weisz ich’ik,« sagte Ernst und zuri te init den Achseln. »Mit ’ner Miilion wird er wohl rechnen!« Das war zu viei für Frau Chri stine, ihre Hände tiatschten zusammen. »Me! Reei Nee! Daraii io iar nich zu denken!« Und weil Anne aittschrie, als habe sie einer ausgespieszt, sugte die gutmütige Mutter schneu hinzu: «Det se sünshunderttausend mitbe tonimt un ’ne anständige Aussteuer. det sey ict bei Vatern durch, da will ict Anne zu helfen. aber mehr, nee — nee!« Nun das war ein Wort! Also gleich einen Rodrpostbriei an herrn Solemacher geschrieben. Wenn et überhaupt möglich war, aus dieser Grundlage zu verhandeln, würde sich das weitere schon finden. «Wir werden sehen, Mutter. Sag Du Vater noch nicht-! Jch glaube aber, der Herr Baron war aus eine ganz andere Summe gefaßt!.. . Und nu disk niit der heulerei aus, Anne! Mutter und ich werden schon unser Mögltchstes tun, da oerlaß Dich draus!« . . ' O All here Solemacher am Spät nachintttag den Rohrpoitbries erhiett, nickte er befriedigt. Eine halbe Mi lion und eine anständige Aussteuer, mehr tonnte einer, der so in der Pat sche sasz wie der tleiiie Nalstow, wirt lich nicht verlangen. Da stieß auch die Autzahlung oon siinszigtaussnd Mart aus teine Schwierigkeiten... Morgen srüh stand seine Anzeige in der Zeitung, der Kerl würde es mit der’Antwvrt eilig haben Na, wenn er nur erst wüßte« wer der war, dein wollte er schön den Mund stopsen. .. Aber iegt vor allen Dingen dein Ba ron glei einmal aus die Bude ge rückt. Se ne Pferde tonnten in Leip zig die Rennen bestreiten, ohne daß er zugegen war. Die hallertowd durs ten gar nicht erst zur Besinnung kom men. Schlag aus Schlag mußte jegt gesilhrt werdent...«· Er tras den Baron zu hause, seh te ihm auseinander, was nun zu ge- l schehen hatte. Der ader wollte so « schnell nicht in den snneen Apiel bei ßen. Aber da kam er bei deren So leinacher an den Rechten! «Sie müssen einfach! heute enor gen haben Sie mir den Daumen auf die Nase gedrückt, seit tu ich’st Wa rum sind Sie so unllugl Jch bin nicht zu erwischenl Und wenn Sie Frau von Prahniseingk in die Quere korn nien, bringen Sie manchen Jhrer gu ten Freunde mit ins Gerede! Wollen Sie dass Sie wissen doch ganz genau, die Militiiedehötden haben iein Ver ständnis für andauetnde Schulden machet!" Der lleine Rahmen ließ sich aber die Pistole nicht auf die Brust setzen. »Eure halbe Million mit der Zu gabe, ich bitte Sies« »Nun das mäe doch Jhre Sache, später noch ein Sütnnichen tauszuhos len! Wenn Sie es geschickt machen wikd sich dieser Herr hallertoiv ge schmeichelt fühlen ob der Ehre, aus gerechnet Sie zum Schwiegersohn zu haben« ,, Ja —- wie denien Sie sich denn den Verlauf dieser —- Herzensangeles aenheit?« »O, denkbar einfach! Die erstens Fäden sind schon gespannt! Sie haben einfach nach meinen Anweisungen zu handeln — und dürfen natürlich iin entscheidenden Augenblick die hallet tdws nicht oerprkllenl« Ein letzter Refi von Anstand be gehrte in dem tleinen Baron auf. Aber er stal zu tief in dem Sumpf. Was blieb ihm denn übrig? Er biß die Zähne zusammen. Am liebsten wäre er auf den Kerl, der ihm so ge lassen gegenübersaß, zugestiirzt und hätte ihm die Reitpeitsche uni die Ohren geschlagen... Aber dieer Hangen und Bangen machte ja ganz verrücktl... Und wenn man raus war aus dein Sumpf und das nötige Kleingeld in der Tasche hatte, da würde man vielleicht — hoffentlich — vernünftig, hielt seine Frau in Ehren, lroch erst einmal als deririjppelter bund in ein Dickicht —- und fing dann an zu arbeiten. Jrgendwo drau ßen auf dem Lande! Jn einer ganz gottverlafsenen Ecke, in die keine Stadtgloae lüutete... Da holte er tief Atem. »Gut! Mag kommen, wag da will! Jch will Sie und Ihre Hinterleute las sein —- so oder so! Aber das sage ich Ihnen, wird nichts aus der Sache nnd schmeißen Sie mir dann tinüps del lzwischen die Beine, gibt's ein ein ziges, großes Aufwaschenl Dann se hen »wir uns in Moabit wieder!« Herr Soleinacher war mit dem Verlauf der Unterredung ganz zufrie den. Auf die Drohung antwortete er überhaupt nicht! »Die Angelegenheit soll auf das alterschneuste erledigt werden! Sie dürfen daher nicht nach Leipzig fah ren, Baron!·« «Meinetlvegen! Jch bleib' hier-! Große Chancen haben meine Pferde bei diesen Rennen nicht!« »Ich bitte, sich möglichst zu Hause zu halten!« «Auch das soll geschehen! . . .Adieu, herr Solemacher. Als der gegangen war. schüttelte sich Ralslow vor Ekel. Fest in der Tasche hatte ihn der Halsabschneider noch lange nicht! . .. Und wenn Anna Hallerlow seine Frau« werden sollte, dann wollte er immer daran genten, welchen Dant er ihr schuldete. Das nahm er sich vor . .. Frau Christine hatte den Mund nicht halten tönnen. Als sie nach dem Nachmittagstusfeeallein mit ihrem Mann zusammensasz und der immer wieder nach der Uhr schielte, ob es nicht endlich Zeit wurde, zum Dam merschoppen zu gehen, sing sie an, Andeutungen u machen. Erst ganz vorsichtig· Das-i Anne in die Jaare käme, in denen das Herz spricht! Und Vertehr, wie er eigentlich einem doppelten Hausbesitzer an der Kaiser allee mit außerdem ·nem recht hiids schen Banttonto zukomme, habe man auch nicht — na ja!... Die ganze Nervosittit Annes tiime doch dlosz davon! . .. Seit Ietla sich verlobt ha be, sei das noch viel schlimmer gewor den!... Und daß das Mädel jetzt so erpicht sei aus schöne Kleider, das ha be seinen ganz bestimmten Grund! Ja! Jus-» Ein Seufzer solgte. Da sing Paul Halle-law an, lang sam zu verstehen. Er schmunzelte so gar. »Nu. wat is er? Und tout hat eri« Die rundliche Frau Christine rollte mit den Augen. «'n Baron Es er! Und ’nen wert vollen Rennstall hat er!" Paul hallertoiv blies die Backen aus — und dann lach«e er. »So-of Wohl ’n Freund von Ernsten?« Irau Christine nickte heftig. »Ach du lieber Jott," stöhnte der doppelte hausbesttzet mit dem be trächtlichen Baattontm »Bei wird ’ne Nummer sein!... Wie heißt er denn?« quchristine gestand natürlich nicht ein, daß sie den Namen nicht wußte! Wenn sie ihrem .Ollen«· den grossen Vortrag hielt, den ihr Ernst vor zwei Stunden gehalten, hätt’ ett doch nur Spettatel gegeben und au ßerdem konnte ste das lange nicht so gut tote ihr Spröszliup »Da reg« Dich man jar nich Risi. Paulet Da werd ich mir erst erkunU digen!« « Er war froh, daß er vorläufig sei-» ne Ruhe hatte. Es wurde auch Zett,1 zum Stnmrntisch zu gehen. j «Erlundige Dir. Juti Jut! Es« wird ’n Blech rauökonrmen.« StIet1l .Miidel scheint Würmer im Kopp zuJ haben!« · Die letzten Worte sagte er, als er( schon an dkk Tür war. Aus Erfah-! rung wußte er, wie viel solche Vor sicht wert war . « Als Frau Christine nach dem Abenvessen — ihr Mann hatte sichs wieder einmal von oern Stammtiich’ nicht sortsinden können —- Anna aus suchte, um von der doch etwas mehr zu hören, saß die wie aus Kohlen. Ernst war ans Telephon gerusen worden und hatte ihr gesagt: »Wahr· scheinlich Nachricht!'« »Mutter, tein Wort jetzt — lein Wort!« Anne saß da mit angehaltenem Atem und wies nur nach der Tür, an der draußen aus dem Korridor das Telephon hing. Zwei Minuten später betrat Ernst das Zimmer, er rieb sich vergnügt oie Hände. »Anm! Anne! Jch hab( eben mit meinem iguten Freund gesprochen! Auf 'ne ganz andere Mitgift war der Ba ron gefaßt, aber — na er scheint Dich wahrhaftig sehr Ib zu haben. Er hat gemeint, ein paar Hunderttausend weniger sei iein hinderungsgrund... Ich muß gleich weg! Wir wollen noch eine Flasche Wein zusammen trinten, Du weißt schon mit wem, der Herr Baron wird nicht zugegen sein! Wie sähe denn das auch aus? Als könnten wir-I nicht erwarten. Und Du, Mutter, laß, bitte, heute abend Anne in Ruhe! Sonst hat sie womög lich morgen ihre etligen hebt-sichme zen —- wenn er tomnit!« Da bekam es Frau Christine aber doch mit der Angst. »Mot? Schon morgens Wir kennen ihn doch noch jar nicht« »Den-über konnt Jhr beruhigt sein. Er steht im besten Nuse. —- Genaue-Z über ihn weiß ich noch nichts! Aber heute abend werd’ ichs wohl noch er sahren!... Gute Nachtt« Rang war er... Frau Christine driictte ihr starkes Unteriinn an den Hals und sah Anne an. Die spielte wieder einmal groszartig Theater. Zu rückgelehnt sasz sie in dein bequemen LehinstuhL die Augen geschlossen, als sei es mit ihrer straft Matthäi am Letzten »Ankieien! . .. Anneien!« Da am Leben in die iiebegliihende Jungfrau. Wieder wars sie sich vor der Mutter aus die Knie und vergrub den Kopf in deren Schoß. »Verias3 mich nichtj Mutter!... Verlaß mich nich Die legten Worte erstarben unter einem Wimmern. »Ach nee, Kindcheih wo wert-« ick denn! . .. Nu sei man stille! Jct srag’ Dir nichts mehr!... iiomm, ick sbring’ Dir ins Bett!« Und das ließ sich Anne gern gesal len If s II Herr Paul Hallertow spielte init seinen Stamintitchsreunden Stat bis nach Mitternacht. Er wußte, bei der nächsten Gelegenheit brach zu Hause ein Sturm mit vereiiiten Kräften aus ihn Mi« Der taiii immer noch früh genug! heute war wieder so ein Tag, an dein er die neumodische Ein richtung der getrennten Schlaszintiner segnete... Und daß er von seinen Freunden tüchtig im Spiel gerupst wurde, störte ihn nicht weiter. Jn der nächsten Zeit würden ihm die Federn noch ganz anders aus dem Leibe ge zogen werdens . .. Anne und ein leid hastiger"Baron und Rennstallbesitzerl Na, so dumm schon... Wenn wirt lich einer antrat, würde das ein ver dammt fauler tiopp sein! Und da bot sich endlich die Gelegenheit, doch ein inal wieder zu beweisen, wer eigent lich here im Hause ivart Dicke Tränensäite hingen am näch sten Morgen Vater Oallerlow unier den Augen, als er ani Frühstückstisch erschien. Die ganze Familie war de reits versammelt. Selbst Ernst. der Windhund, hatte sich ausnahmsweise einmal so früh aus den Federn gesun den. Da stieß dao Familienoberhaupt einen dritsenden Blick über seine Lie ben gleiten — und wußte, wag toiris men würde. Ein geineinschastiicher Sturm war im Anziigr. Und der galt dieses Mal nicht nur einer Toilette oder ein paar hundert Mart »Baue gungdgeldern« oder unbezahlten Rech nungen, —- ach nein, zur Ader sollte er gelassen werden wie noch nie in sei nem Leben —- denn ein Schwieger sohn war im Anzuge... Aber dieses Mal sollten sie ihn tennen lernen! Da brachte er todficher einen ,,saulen Komi« aus der Schale! Ertundigen wollte er sich nach dem so gründlich. wie sich noch nie einer nach seinem zukünftigen Schwiegersohn erkundigt hatte-» Und das allerverdächtigste war, daß sie ihn erst in aller Seelen ruhe srühstilclen ließen! Aber als er das merkte, nahm et sich doppelt lange Zeit —- und entwickelte außerdem ei iien Wolsihuiiger... Um aber voll kommen im Viide zu sein, gab er Amte noch einen ganz nebensächlichen Austrag, der sie zwang, aufzustean Und vie fuhr aus und lief los, als hinge Gott weiß was von der kleinen Besorgung ab... Nun war ihm auch Fer allerleßie Zweifel ver slogen.» Er erhob sich mit iciheni Ruck, um sich seitwärts in die Büsche zu schlagen. Daß er nicht bis zur Tür kommen würde, wußte er ganz genau Und so war's auch. Seine rund liche Frau pslanzie sich einen halben Schritt vor ihm aus und sagte mit selten weicher Stimme: »Vater, wir haben Dir wat zu sagen! Es is nu so weit-' Wat ich gestern an deutete!... Heute mittag kommt der herr Baron, um um Anne anzuhal ten!'« »So-oft kommt er? Dat is ja scheen!'· Aus die Antwort war niemand ge saszt gewesen! Man sah sich an, wun te nicht, was nun geschehen sollte. .. Da stieß Ernst seinen Stuyl hart zurück. »Erlaube, Vater! Du mußt doch informiert werden!« ,,Oss eenmal? Bis jetzt habt Jhr drei zusammen getuschelt, die Haupt person war Lust!... Reh nee, icl will jar nischt wissen! Jct insormier mir persönlich! Er soll nur kommen! Da werd’ icl schon merken, war-am der Herr Baron die jrosze Ente an tut!« Schon war er aus dem Zimmer· Riegette die Tür hinter sich ab — und lachte. Endlich war der großartige. Augenblick gekommen. an dem er ein-. mal das allerlehte Wort haben Mir-i de . . . Es dauerte eine ganze Zeit, bis sigs die drei im Eßzimmer von ihre-m- Er staunen erholt hatten. Ernst wars zuerst leidlich damit fertig gewordeni Er suchtelte mit den Händen wild in der Lust herum. »Das gibt einen grenzenlosen Rein salll Ich kann mich überhaupt auf teinem Rennplatz mehr sehen lassen! Und wer ist isaran schuld? Du, Mutter! Weil Du wieder einmal den Mund nicht hast halten tönnenl« Anna fing an, herzzerbrechend zu weinen, Frau Christine aber wars den dsrps in den Nacken. Stellte sich, ganz wider Erwarten, aus die Seite ihres Mannes. »Ihr seid ’ne janz sreche Jcsellschaft -—— Jhr behen! Euc- sind Eure Eltern im Wege! — Mit die jibt’s ’nc Bla tnage —- verfteht sich!... Wenn wir dem Herrn Baron nicht gut jenug sind, dann Anne erst recht nich! Dann will et bloß uns « Jeldk llnd dat be halten mir un Lknnk dazu, wenn ihm dat nich pasz mit nn5! —- Sei bloß stille, Mädetl Die Heulerei tenn’ ictl Dat is Theater! . .. Theater is dat!« schrie fle. Ihr Mann hatte an der Tilr ge standen und jedes Wort gehört. Tag war ja ein Ton den seine Frau seit Jahren eigentlich nur gegen ihn an zuwenden pslegte!. . Dann war aug. nahntsweise einmal alles in bester Ordnung. Da rirgelte er die Tiir wie der auf. »)lonnn, Mutter-, wenn er an tritt, sollite dabei sein!« Da huschte sie schnell iii ihres Man nes Zimmer- Sosort wurde der Nie gel wieder vorg.schol«seii... Die Geschwister sahen sich an mit offeneiii Munde. Dnsz die Sache so auslaufen konnte, hatten sie auch nicht im Traume erwartet. Ernst raste iii der nächsten Setuiidc durchs Zimmer. »Das hat man dnoonZ Jch Esel! Was muß ich mich auch sur meine Schwester in’s Zeug legen! Total nn möglich werd« ich! Rein, diese Diama ge! Jch mach, tasz ich sortloniine!« Anna erwischte ihren Bruder bei der Hand, hielt ihn niit ganz entsetz tein Gesicht sest. »Ernst, verlnsz mich nicht! Verlaß mich nicht!« bettelte sie, dabei ranuen· ihr die Tränen Jie Backen herunter. Er riß sich los, ging mit gesurchter Stirn, die Hände aus dem Rücken, ein paariiial uni den Eßtisch Dann blieb er vor seiner Schwester steh-n. Zum Gespött des Herrn Solemacher, der ihn immer so mitleidig »junger Freund« nannte, wollte er sich nicht wachen lassen. Und zerschlug sich das Helratsproielt, ging auch manche sei ner Hoffnungen «.n Scherben-. —- Also durchgehalten —- und getan, als wolle fr die Schwester nicht im Stiche las en. «Gutl Wenn Dir so viel daran liegt, bleibe ich!'· ·« Da hing Anna schon an seinem Halse. Er setzte ein hochniiitiges Ge sich aus« «Lassen wir den Herrn Baron-erst ruhig mit den Eltern reden! Da sieht er ganz tlar . . . Das weitere wird sich sinden!« Zwar hatte er noch teinen Schimsi mer, wie das »weitere« aussehen soll te, aber es klang gut, und bei ange strengtem Nachdenien würde ein Aus weg schon irgendwie zu entdecken sein. Er war ja dann Mitwisset eines Ge heiinnisses des Herrn Barons, da tonnte ihn der doch nicht von seinen Rockschößen abschittteln, wie er’s viel leicht unter den obwaltenden Umstän den gern getan hätte... Anne wiirde sich schon allmählich beruhigen, wenn sie merkte, aus der Partie konnte nichts werden. Da setzte er sich wieder tin den Frishstiickstisch nahrn die Zeitung zur Hand und tat, als ob er eisrigs lesc.... Anne aber unterdrückte ihr Schluck-sen und verhielt sich Mäus-l chenstill. » . i ·- · Spiegel seinen Uehrock glatt. Er lach t: sich dabei höhnisch an. Vorhin war der Kerl. der Soleinachet, bei ihm gewesen und hasie ihm sehr eindring lich vorgestellt, dJsz er noch heute vor mittag nach der zeaiserallee marschie ren müsse. Er hatte sich nach Leibes triiften zu wehren versucht, da war aber dieser Halssbfchneider verdammt ,deutlich geworden. Er hatte »esagt: I Der lleine Rolstow zog sich vor dem »Ja mein Fell tommen sie nicht, die in Moabitt Mehr brauchen Sie nicht Izu wissen! Jch bin einer, der Haus«-se .nau weiß, wars er tut! Und die fuan szigtausend Mart gehen in ein paar sTeilel Bei längerem Hinausfchieben slohnt sich das Geschäft nicht mehr! Denn für ein Butterheot arbeite ich nicht! . .. Sie werden sehr höflich sein bei den Hallertowg —- und höflish bleiben, selbst wenn man Ihnen die Nase mischen solltet Werden Aus tiinfte über Sie eingezogen, haben Sie herauszubekmnmem durch welches Bu reau dies geschieht! Daß die leidlich lauten, lassen Sie meine Sache sein. Und natürlich st.llt Jhr Rennstall ein sehr anfehnliches Vermögen dar... Um sieben heute abend sind Sie zu Hause, ganz gleich, ob Sie verleot sind oder nicht . . .« Da stat er also gründlich im Sum pfe und hatte eine einzige Hand noch ein bißchen frei. Henn die nicht zu iaßte, nach Fräulein Anna Hallertonx erniette er . « Und sagen sollte er sich auch alles Mögliche lassen! Er, der Baron Ralstow, ein ehemaliger Offi zierl Das war das-v Ende doni Liedet Mein Gott! Mein Gott... Nun, wenn es nicht unbedingt nötig war, wollte er sich doch nicht aus dein Le den stehlen . .. Also gezeigt, daß man auch noch mit getnaxtet Rippe scharf anreiten lonntel Bis zur Ecke don der Regensdur ger Straße und der tkaiserallee fuhr er nn Liniomodii. Vorbei an der Woh nung der Frau von PrahnisringL Einen wütenden Blick wars er hinaus zi: den Fenstern. Dies Weib hielt das eine Ende des Stricles in der Hand, Solcinacher das andere.» Langsani duinnieltc er die Kaiserallee aus Frie denau zu, stand zehn Minuten später vor den beiden Hausern, die diesem ehemaligen Kleinbauern gehörten Hm, ein bißchen protzig Riesige Kä sten, die eine anständige Miete abwei sen mußten . . . Soleniacher naue schon recht, fnr Geld konnte man den Teufel auf deni Eise tanzen lassen... Auf einmal fing ihm ans Herz an bis an den Hals i)iii(nisz.schlagen. Hundsge mein war das-, was er voryatte — hnndsgeineinl Wäsc- nicyt anständi ger, er griff doch nach der Pistole? Jn seiner yintcren Hasentasche steelte sie Ia: Aug Gewohnan hatte er sie ein gesteckt, obgleich er wußte, in den nan sten Stunden trat keiner vor ihn und sagte: Jm Manna des tiönigs erklet re ich hie siir verhaftet... War das-« nicht ein Wink dcg Schicksals, daß er das Dinge bei sich triigs. · . Da öff nete sich das PoeiaL hastig mit verle genein Gesicht tasn Ernst Hallertoiv aus ihn zu. »Ohne-n Tag. Herr Baron!... Jch sah Sie voin Fenster ang!... Herr Snleinacher hat inir mitgeteilt, daß Sie heute zu meinen Eltern tommen wollen!». Jch glaube, Sie haben heute teiiien guten Tag geiviihlt!« Der tlcine ltt ilstoiv sah den Jüng ling an. Jhin tagen harte Worte aus der Zungc..· Dieser steil, der seine Schwester init oertnppeln halsl... Der ivahrscheiniich sich seiner einfachen Liltern schämte! Sie noch nicht genu gend eiiigeseist hatte» Da tiini die Urteniitnig iider ihri, daß es rinr ei nen Weg gab, der ihn aus dein Sumpf heraugsiihrtel Ein ehrliches Gestäiidni5, wie ek- uiii ihn stand! Und dann den sesteii Vorsatz gesaßt, wenn alles so endjgte, wie ei es hoff t, seine Frnn in Ehren gehalten-» und wenn er auch nicht das aller schliinmste glatt heraus sagte, wenig stens silr den Ansang zugegeben, daß er einen Schritt vor dem Zusammen bruch stand-» Jagte niaii ihn aus dem Hause, na, dann griff er eben iis die hintere Hosentasehe . . . Fest sah er Ernst Vallertoni an. »Jhre Eltern wissen. daß ich tonl nie«t«· - »Ja!... Nin ich meine —- morgen ist auch noch ein Tag, Herr Batoii!" Da sah der hochiniitig an dem Jüngling vorbei, erwiderte tein Wort und ging ins Hang hinein . .. Ernst Hallektow blictte ihm nach —- ganz entsetzt. Nun tain die große Blainagel Herr Soteinncher würdest-e mit einem initleidigen Achselzucten nn sehen, sieh umdrehen und ihn nicht mehr kennen» Da rannte er davon. Jn einer Stunde wollte er Anne an telephonieren, da würde er ja hören. wie sich die Dinge entwickelt hat kccl . . . Aber seine Hoffnungen, die er an die Zukunft get-rupft hatte, eine Rolle aleSchwager des Barong Ratstow zu spielen, die brachen zusammen. Und er hatte sich schon ans der Mittei biine stehen sehen — als BeM eine Rennstallettt · . . Entsetzung solgt). -- — GeiniitlicheEttliirnnix Reisender (zoinig): »Das ist aller dings der Schirm, den ich vor vier Wochen bei Jhiien stehen ließ. . . rote sieht der aber jetzt ausf« ’ Wirt (tleinlaut): »Ja, was es aber auch ins den vier Wochsn immer sitt Ha Wetter wart«