set Iilddikik Novelle von V. Schuld Nun wußten sikss auch im sank haus zu Ewerdingen, daß Krieg war, der Feind über die Grenzen ge brochen, daß in Ost und West Ka nonendonner etdköhnie und All «dentschlnnv zu den Waffen eilte. So gar den sinmpfestrn uniet ihnen, den halb blöben ,,Siammgast«. wie sie den zu lebenslängiichem Zuchihaus vetuueilten Alten nannten, von def sen Geschick sie übrigens sonst nichts wußten, hatte es gep«ctt, daß ek, dek sonst mit einer fast aufreizenden Gleichgültigkeii von früh bis spät nn der Hobeibant stand, beim Schritt vorbeimatschietenvet und die »Macht am Rhein« singendet Bot-sil lone plötzlich nuigehorchi und ein paar Tritte mitgesungen hatte, bis ihn ein meh: verminderter als mah nender Anruf des Aufsehers mit ei nem verlegenen Grinfen verstimmen gemacht. Und eines Tages war mit ten unter ihnen in der Werkstatt eine Schwester mit einer Roten Kreuzhinde am Arm erschienen und hatte sie um ein Scherflein zum be sten derer gebeten, die da draußen auf blutigern Feld für Heimat und Vaterland stritten nnd litten. Wann und herzlich hatte sie es gesagt und dabei einen nach dem andern so un befangen angesehen, als fei es selbst verständlich, daß sie auch zu ihnen gekommen war und mit ihnen sprach, als wären sie freie Männer. War es nun dies, oder wehte bei ihren Worten ewtas von der Begeifterung die draußen durch alle deutschen Gurte flammte, auch ihnen ins Herz — keiner weigerte sich, als sie nun hat, einen Teil ihres Arbeitsverdien ftes fitrt Rote Kreuz zu opfern. Und dann ging sie lächelnd und froh don einem sum andern und gab jedem einzelnen don ihnen mit leuchtenden Augen die hund. Das blieb ihnen lange ein großes Erlebnis. Aber alt dann die Nachrichten von draußen spärlicher lamen und die Aufseher, die sie in der ersten Aufregung und Begeifterung so ziem lich auf dem Laufenden gehalten hatten, wieder worttarger wurden, gewann auch bei ihnen die alte Gleichgültigteit wieder die Oberhand Was ging es sie im Grunde denn an, was da draußen geschnh —- sie hatten ja doch keinen Teil mehr daran. Nur einer war es, den ließ es nicht wieder ruhen. Der horchte in fchljflofeie Nächten mit zufammen gehtffenen Zähnen auf das Nattern der Gefchiiiy die durch die Straßen fuhren, das Hufgetlappser ooriihers reitender Schwadronen, das Hupeni signal dahinfaufender Militiirautos, den Gesang ausmarschierender Trup pen — fernez huren — Oh, daß er hier hinter- Eisenstä den gefangen faß, wie ein wildes Tier, nicht dabei fein tonnte! Hin ter einem Busch, einem Stein, einer Ackerfurche auf dein Anstande lie gend, den Finger am Drücker — sprungweife vor — wieder niederge worfen — da! Drüben ein Blitz ein Knall — drauf gezieltl Sol Hek. das Mi! Ja. ja — schießen konnte er wie der Deixel —- darum saß er ja hier 7 Mit einem Stöhnen preßte et die geballten Fäuste vor die AugenViet Jahre erst von den secher, die sie ihm aufgebeummt h.it!en, weil ee den Fötstey ver ihn bei dem frisch geschossenen Reh ertuppt, übee den hauftn geschossen hatte! Er wußte, sie hatten schon lange auf ihn ge fahndet, der Fötftek und ver Herr Graf. Dem würde ek’ö, sobald et wieder feeitäme, schon noch einltän len, daß ek ihn ins Zuchthaug ge bracht, hntte er gedroht, als sie ihn til-führten Der here Graf aber hatte nur dazu gelächelt, ein leifes, verächtliches Lächeln, das ihn nur noch mehr gegen ihn nufhkachtr. Und stolz und aufrecht hatte er dagestans den, als ginge ihn das Gerede nichts nn. —- Und er —- det Graf, wußte doch, daß ver Alols Futtwangek traf, was er steh einmal mit Bedacht aufs Ker genommen ——« Und solch einen Kerl ließen sie dahintenz ver mußte tatenlos zuse hen, wie Bataillon an Bntnillvn in schütteendem Glelchlchtitt, singend und blumengeichmilcit an ihm vor über dem Feinde entgegenzogl »Sptung aufs Marsch, marsch! hat-rni« -. Ah —- verwlinschn — Ja zwei Jahren tmn et frei. Kei nen Tag eher· Aber sie würden ihn auch seinen Tag länger behalten können; denn ee hatte sieh stets gut geführt, sich nie etwas sWden kommen lassen —- oh, et- III-t tpaemnl Wohl was- ihm III-III nicht leicht geworden, steh h Ue strenge acht biet zu illa-Is- M et hatte· l - gewett, das est-nicht nur UW half, sieh dagegen erstm enen, vnbetn l e noch fchadetr. Sie ten ihn k weh länger hier « ; lten, benahm et sich nn sot « sz S- abe- nt ten sie lhn. kenn n Ins heran, lassen — nd a Wie sich feine Umh- hole-, W temp- sksin W »sich-. wes s den, ihn hinterher wieder n greifen, undan auch —- seine Iiache hatte er doch gehabt! — Jm ersten Fahr hatte er sich riet mit dein Gedanken g Flucht tra gen· Zber die se t, da er, misgltigte es ihm es erstemal, vorauszich nicht nur seine sechs Jahre, sondern noch Monate dar iider hinaus werde absihm müssen hatte ihn davon abgeschreckt. Es hatte sich ihm auch nie eine rechte Gelegenheit dazu bieten wollen. Wie aber, wenn jetzt —i Utpliiglich tam ihm eines Nachts der Gedanle, als draußen Stim mengeliirm und das hin- und Her wogen einer erregten Menge aus den Straßen verriet, daß wieder etwas Besonderes los sei. Wenn es ihm gelang, sich in einem solchen Augen blick unter die Menge zu mischen — wer würde dann in dem Gedränge groß aus ihn achten — »Deutschland. Deutschland über al les!« brauste es von draußen herein, und den einsamen Mann packte es plötzlich so, daß er ausfprang und mit geballten Fäusten gegen die der riegelte Tür seiner Zelle hömmettr. ,,Rauslassen sotlt ihr mith! Raus lassen sollt ihr mich! Raus!« Fast besinnnngslos schrie er es vor Wut —- oor Sehnsucht — vor glühendem Verlangen ——· Aber trotz seiner Erregung hört er aus einmal schnelle Schritte den Gang zu seiner Zelle herunterkom men. Da faßte ihn die Angst; mit einem Sag war er wieder an seinem Bett, wars sich darauf« W die Decke über sich, stellte sich schlafend — Ein Schlüssel tlirrte im Schloss; die Tür öffnete fich; der wacheha bende Aufseher trat herein und sah verblüfft den Sträsling ruhig auf seinem Lager liegen. Alois richtete sich scheinbar schlaftrunten auf, als er zu ihm herantrat »Was ist i« fragte er. »Mir work-, als wäre hier Lärm,« brummte der Aufseher-. ,.Na, dann isi es wohl draußen gewesen« Und miirrisch ging er wieder hin aus. it t- t Es war viel, viel leichter gegan gen, als er je zu hassen gewagt. Frei lich, der Aufseher hatte an dem Abend seine Gedanken nicht recht bestimmen gehabt, weil er eben die Nachricht bekommen hatte, baß sein einziger Junge dort oben in Belgien wo sie zwischen Deich und Düne er bittert um den Zugang zur Miste ranger gefallen sei. Gar nicht ge ,rnerkt hatte er, daß einer der Stras linge sich in der Werkstatt versteckt hatte und zurückgeblieben war. Seine Schicksalsgenossen aber, die es gese hen, hatten geschwiegen. Von dort war es ihm dann ein Leichtes gewesen, nächtlicherweile iiber die Dächer niedriger Vorge biinde zu entkommen Auch einen unberdächtigen bürgerlichen Anzug eines Trödlers zu ertoischen, ohne . entdeckt zu werden, war ihm geglüeki. I Sein Brot erbettelte er sich unter wegs —- willig taten sich ihm die Türen aus, sobald er sagte« er sei eingezogen und aus der Wanderung nach seinem Gestellungsort, habe Iaber seinen Mundvorrat schon aus gegessen und nun hungere ihn. Erst als er sich eines Abends sei nem Ziel, dem Schloß Hochstein nä ,herte, siel ihm pliislich ein, daß alle sseine Anstrengungen vielleicht ganz soergebens gewesen seien, der Gras fschon im Feld. — So besessen von Ider Vorstellung, daß er ihn tressen miisse, koste es was es wolle, war er gewesen, daß ihm dieser Gedanke erst jeyt lam. Ein eislalter Schauer lief ihm über den Rücken. Was - dann?! j Es iieß ihm reine Ruhe mehr; unter einem geheimnisvollen Zwange trieb es ihn vorwärts, Stunde aus Stunde. Meile aus Meile, ohne sich Rast zu gönnen. Jede Minute schien ihm tostbor. — l Er überlegte sich auch g» nicht, wie er es machen solle, zum Grasen szu gelangen, fand sich nur auf ein Imnl vor der Tür des gräflichen lSchIpsscs stehen hakt-, wie ek den Ifhm össnenden Diener’sragte. ob der Herr Gras zu hause sei, fühlte halb unbewußt, daß der Mann ihn mit einem verwunderten Blick maß und hörte die Gegenst-age: wer er sei und s was er von dem Verm Grasen wol ste; es sei doch schon nachtschlasende !Zcit· Da ging es ihm mit einein Inuck durch vie Gliede-, daß u sich ierzengerade nusrichtete, und er ant wortete laut: «Sagen Sie dem herrn Grasen, der Alt-is urtwans grr sei da und wolle ihn prechen!« «Schiin,« sagte der Diener arglos und ging, ihn zu melden. — Alois war allein. Totenstille herrschte im hnuöx die Gräsin und die Kinder waren wohl längst zur Ruhe gegangen, nur der hnujherr noch ans. Er würde mit ihm allein sein — der Diener rechnete ja nicht —- qllein mit ihm unter vier Au gen — Aus einmal tielte ihn ein in grimmiges La n. Narr, der er gewesen wart Wo hatte er denn seine Sinne gehn-D ais er sich mit seinem Namen hatte meiden lasseni Gleich wiirde der Diener wievertommen, ihn hinaus zuweisem oder der Gras selbereri III- - « scheinen. des Oel-eitler h der W vie hunve ans ihn behend. — Noch immer die gleiche Stille Run fern im Gang das leise Sehen einer Tite, der Diener kam uriick nnd meldete gilt unbewegter lese «Der here Gras läßt bitten« Raq dein, loas Als-is Futter-an ger noch eben gedacht, verschlug then diese Antwort sast den Mem er starrte den Diener an, als habe er nicht recht gehört, und brachte nur das eine Wörtchen: »Was -—?« her vor. »Der Herr Gras läßt bitten,« wie derholte ver Diener mit tühler Ge lassenheit, und ging, ihm den Weg weisend, voran; benommen, sast taus melnd, folgte Alois ihm. — Der Gras saß, als sein später Gast eintrat, ein Buch vor sich, an seinem Schreibtisch, den rechten Arm in der Binde. Er wandte sich nach dem Eintretenden um und winite leise dein Diener, hinauszugehen und die Tiir hinter sich zu schließen Alois blieb an der Tiir stehen. die Mühe in der Dank-, und fiir Augen blicke war es so still im Zimmer, daß man das Zielen einer kleinen Uhr vernahm, die auf dem Schreibtisch stand. «Du!' sagte der Graf nun, als er sich mit ihm allein sah. »Dich hab’ ich freilich nicht erwartet! Jst deine Strafzeit denn schon umt« Sein Gesicht war hager geworden und blaß; es zeugte von überstan denen Strapazen und Schmerzen; Alois sah es sofort. »Er war im Felde —,'« dachte er, «ist verwundet worden,« und er brachte kein Wort hervor, sah ihn nur an, ein seltsames Gefühl, halb Neid, halb Bewunderung im Herzen. Der Graf wartete eine kleine Weile auf Antwort; als aber nichts erfolgte. fragte er von neuem: »Du sagtest, du wolltest mich spre chen. Was willst du von mir? Wie tommft du überhaupt hierher?« Rauh, mühsam preßte sich Alois die Antwort ab. »Ausgebrochen bin ich halt, Herr Gras l'« »Ja so ·—,« sagte da der Graf und stand unwillkürlich aus — schweigend sahen sich die beiden Männer in die Augen. Jn denen des Wilderer-I flammte plötzlich et was von dem Haß auf, den er lange Jahre gegen den Mann, der nun vor ihm stand, im Herzen getragen, so daß der Graf mit der freien Hand nach dem Schreibtischfchubfach fuhr, in dem er seinen Revolver wußte. Alois erriet, was die Bewegung be deuten sollte, und wintte abwehrend mit der hand. »Lassen Sie fein, Herr Eras,· sagte er heiser. »Ich tue Jhnen nichts -——.'« »’s wär« auch eine Heldentat, ei nen Mann, der sich nicht wehren tann, über den Haufen zu schießen!« sagte der Graf, und dasselbe leise, getingschähige Lächeln, dessen sich Alois nur zu gut erinnerte, trat in seine Züge. Aber fett gefiel’s ihm, und die hochmütige Verachtung der Gefahr« die daraus sprach. »Ich treff’, was ich aufs Korn nehm', das wissen der Herr Gras!« sagte Alois düster. «Darum eben komm’ ich her. Vor ein paar Wo chen wär's freilich was andres ge wesen; da hätten wir zwei beide uns nicht so gegenüber stehen können, ohne daß einem von uns der Finger an den Abzug gefahren wäre; aber fest — seht ist das alles vorbei -—.« Eine jähe Röte stieg ihm ins Ge sicht; man sah, daß es mächtig in ihm arbeitete. und plöhlich tat er einen Schritt aus den Grasen zu und faßte seine freie Hand we zwischen einen Schraubstock in seine beiden Hände. Weisen Sie mir nerau5, Herr Grati« stainrnelte er. «helsen Sie mir heraus! Darum nur bin ich ausgebrochen; daruen tarnm’ ich zu Ihnen —- Sie wissen, was siik ein Schütze ich hin —- Sie tönnen be zeugen, daß ich zu brauchen bin da vorn, um's inallt. — Jch han«-Z nicht aus, daß ich da hinten bleiben »so« —.« Also so steht die Sache!« sagte der Gras. «J-n den Krieg willst du und ich soll dir dazu helfen. —- Ja, das ist freilich etwas ganz anderes, als ich erst dvn dir dachte —.« Alais hielt seine hand noch im mer fest. »Sie helfen inir dazu, ja, Herr Grasi Sie tun’s?" drängte er. «Danien will ich’s Jhnen die zu meinem lebten Ständlein —.« «Fnrtwanger!« sagte der Graf nicht ohne Bewegung. »Du bist doch ein seltsamer Kerl —.« »Bist ein Deutscher-, herr!« brach Alcid aus. »Nun hör! mir mal aufmerksam zu, Furtwanger,« sagte der Gras mit Gitte. »So wie du dir das denkst, geht es nicht an. —- Still, laß mich ausreden, Mann. — Ein entspkuns gener Sträsling —- mit nnsken bra ven Leuten zusammen —.« Alt-is hallte die Fäuste, sein Atem ging keuchend. »Den Gras, sagte das wer an ders als Sie, es sollte ihm bös be isnnnent Jch bin lein schlechter Kerlf «Dn bist aus dem Zuchthaus ents sprungen, in das du mit Fug und Recht gekommen btsi,« sagte der Gras W- - - «-—.-.—... - — - r« « M F- nn du rei- ais-um« für unfere mächtigen Leute da vorn.« Ein warmes Leuchten tarn in feine Augen; er dämpfte die Stimme. »Ich hab' stoei Monate Seite an Seite rnit ihnen getömpft Furttvani ger, ich tenne sie — weiß, daß ich mich auf fie verlaffen kann —.« statt fchlug sich mit der sanft ge gen feine Brust; feine Augen glüh ten, »Das können Sie fich auch auf mich, here Graf.« «Retn,« fagte der Graf ernst. »Das lann ich nicht. Denn ein Mensch, wie du« gehorcht nicht —- langl nicht Mannszucht halten -.« »O doch, Herr, doch! Bin ich rrft draußen!« beteuerte Meis. «Erft detveif’ es rnir hier —- dann will ich fehen, was ich fiir dich tun tann!" sprach der Gruf. Alois fuchte unsicher feinen Biich »Und wie — foli ich Jhnen — das beweifen?« fragte er leise. saft scheu. Der Graf antwortete nicht gleich. und über feinem Schweigen fing Ali-is Furtwanger das Herz fo wild zu hämmern an, wie noch nie in feinem Leben, auch nicht damals im Wald vor vier Jahren, als er den Förfter aufs Korn genommen. Und nun griff der Graf plößlich nach fei ner hand. — « »Geh zurück, Furtwanger —- neu dich wieder! Dann will ich die Gnade Seiner Majestiit siir dich an rusenl« Da risz Alois wild seine Hand aus der des Grasen. »Das! Kommen Sie mir damit!« Er lachte bitter aus. »Dann kam ich gerad’ herl« ,.Anders tu’ ich’s aus keinen Fall,« sagte der Gras mit ruhiger Be stimmtheit. »Dcch stellst du dich wieder und wirst dann begnadigt, will ich sehen, daß ich dich zu mei nem Bataillon bekomme. Denn dann —,'« er tauchte seinen Blick mit gü tigem Ernst in den des andern. der ihn wild und erbittert anstarrte, »dann weiß ich auch von dir, daß ich mich aus dich verlassen tann — ein Deutscher aus den andern -—.« Er wandte sich ab, nahm ein klei nes Büchlein von seinem Schreibtisch aus und bliitterte darin, und siir ge raume Zeit sprach teiner von ihnen ein Wort. Alois Furtwanger stand da mit häng den Armen, wie ge brochen, zwi n Auflehnung nnd Ergebung schwankend. »Ja einer halben Stunde geht ein Zug von hier nach Ewerdingenx du kannst ihn noch bequem erteichen,« sagte der Gras endlich, ohne sich am zuwendem entnahm seinem Vorte monnaie ein paar Mart und legte sie neben sich, »hier ist das Fahrgeld. Und aus Wiedersehen vor dem Feind!'« Eine Weile noch blieb alles still hinter ihm; dann näherten sich ihm Ieise Schritte; eine Hand streckte sich zögernd nach dem Gelde aus. —- Jn diesem Augenblick hob der Gras den Kops und sah den Striisling an mit einem Blick, von dem Alois Furt wanger wußte, daß er ihn sein gan zes Leben lang nicht vergessen würde und vor dem er beschämt und ver wirkt seinen eignen zur Seite lenite. Er wollte etwas sagen, aber er tonnte es nicht; die Kehle war ihm wie zugeschniirt, und scheu und leise; ohne Gruß oder Dant, schlich er sich, das Geld in der hand, wie ein Dieb aus dem hause. s Nun saß er schon seit Tagen und Wochen wieder hinter Schloß und Riegel und wartete ans das erlö sende Wort, das iommen sollte und doch noch immer nicht kam. Finstre Stunden hatte er da, in denen er gegen sich selber wiitete, daß er dem andern so ins Garn gegangen war —- natiirlich mußte es dem Grasen lieber sein, wenn er ihn in sicherem Gewahrsam wußte, als srei mit eine: Waffe in der Hand. Wenn er sich dann aber wie der ins Gedächtnis zurück riei, weniger was der Graf mit ihm gesprochen, als seine ganze mann haste Att voll Ernst und Güte und jenen Blick voll Zuversicht und steu digen Vertrauens, mit dem er ihn zuletzt noch angesehen, dann schalt er sich selber wieder wegen seiner Kleinmiitigieit. Nein, ein Ieigling war der Mann sicher nicht und auch Lein Woribriiehiger. Es sragte sich nur,« wie weit-sein Einfluß reichte. Und da iamen sie wieder, die na genden Zweilei. — — Aber eine· Tages wurde es doch wahr —- da ließ ihn der Direktor zu sich rusen und sagte ihm, daß Seine Maiestiit ihm den Rest seiner Strafe aus dem Gnadenwege erlas sen habe. Wie im Traum hörte er alles mit an. Dann stand er noch einmal in seiner Zelle —- zum leßten Male. Draußen marschierte gerade wieder singend Trupp aus Trupp die Straße hinab dem Bahnhoi eu. »Wartet —- baid marschiere auch ich so in Reih und Glied!« dachte Aloiz da und aus einmal übertam ihn ein so über-mäßiges Irohgefilhl, daß ei ihn aus seine Knie nieder zwang. Er wollte beten, siirv sich — den Grasen —- den Kaiser; aber er suchte vergeblich nach Worten. —- Da hob er nur inbriinstig seine gefalle ten hände gen himmel: «Filr’s Ba ietland!« »Ur Riesen« Von Villicks dc lJJIOOIdGIh Die beiden kleinen, durch einen Felvtveg verbundenen Provinznestet lebten in Eintracht und Frieden und siillvergnilgt dahin. Ja ihren Ge schäften, Gebrauchen und Ansichten gab es teinen Mißtvn.« Der Gemeinderat zeichnete sich wie überall durch große Heftigleit aus, — sie Bürgerschaft sicherte sich seine und ibre eigene Hochachtung. Jn den glücklichen Städtchen lebten also alle vergnügt und stiedsam. bis an einem duntlen Ottoderadend der alte Geiger von Nenrac Hunger verspürte und den Glösckner von Bibrac aus der Landstraße unter dem Schutze der Nacht etwas unhöslich um Geld an ging. Der brave Bürger erkannte in sei nem Schrecken den Geiger nicht und händigte ihm unverzüglich seine Bar schast ans. Zu Hause angelangt, er zählte er sein Abenteuer so drama tisch, daß den erhitzten Gemütern der Bettler zu einer Räuberbande wurde, die ausgehungert Südsrantreich durchzog und durch Mord und Feu ersbrunst ihren Weg tennzeichnetr. Die tlugen Bürger des Städtchens taten ihr Bestes« um dies Gerücht zu verbreiten und übertrieben, wie es je dem Besihenden ziemt, wenn er von jemanden hört, der auf Geld spitzt Sie wußten alles ganz genau, waren sie doch der Gefchichte auf den Grund gegangen. denn sie hatten nach einem reichlichen Abendfchoppen den Glöcks ner lommen lassen und ihn genau iiber das Abenteuer ausgefragh Jeht tannten sie feine Geschichte besser wie er. Am folgenden Tage, es war der fünfzehnte November. lehrte ein je der mit wichtiger Miene, unterne - mend, den hut fchief ailf dem Kop e, aus dem Wirtshaus heim. Die Ehe frauen warfen sich ihnen um den hals und ihre Eitelieit angenehm liselnlx nannten· sie ihre Männer: Musletiere und Ritter. »Weißt du was neue» Morgen friih gehe ich iiber Land!« »Ach du mein Gatti« »Der Michaeli-3ins ift fällig. ich muß ihn felbft heim Pächter holen, denn...« »Du gehst mir nicht!« »Warum denn nicht?« »Die Räuber.« »Pah. da hab’ ich fchon ganz an dere Sachen erlebt!« »Du gehsi mir nicht!'« fagte ener gifch jede Ehefrau, wie es sich fiir Le;te, die einander durchfchauen, pri l. »Ach mein Schan, beruhige ich. Um dir Angst und Aufregung er sparen, haben wir beschlossen, alle miteinander zu gehen. Die Jagdflin ten nehmen wie auch in einem gro ßen Wagen mit. Unfere Löndereien liegen in der Nachbarschaft und am Abend sind wir zurück. Alfo trockne deine Tränen und gestatte, dafz ich endlich die Nachtmütze auffetze.« »Nun, wenn ihr alle zufammen geht, kann nichts geschehen, dann darfft du felbftverftiindlich auch leine» Ausnahme machen,« sagten die Gat tinnen allzu fchnell beruhigt. Welch’ herrliche Nacht. Die uten Leute träumten bon Ueber allen, Mord und Totfchlag, Turnieren und Lorbeertriinzem Geftiirlt und frifch erhoben sie sich beim erften Sonnen ftrahl. «Vorwiirtsl« schnaubte ein jeder, während er in die Strümpfe fuhr »Vorwärts« man ftirdt nur ein mal,« laut genug, dafz es die Fraus Jh·t5r—te. — i ch Damen Vcwllllscllckl vie Mcsl dernen Paladine und ftopften ihnen die Taschen von Hureenpiaychm i »Ein letzter Kuß,« rief jeder in ver haustiirr. . Sie verfamnielten sich auf dem Kirchplatz, wo die Junggefellen sie be reits erwarteten. Alle machten sich finfieren Blickes nn ihren Jugdgewelf ren zu fchnffen. Es schlug sieben Uhr, der Wagen feste fich mit den vierzehn Gutsbesitzern in Bewegung Lange wehten die Taschentücher nus den Fenstern. Es war ein guter Tag. Die Bürger lebten fiott und lulant dem Gefchöft, ehrbar und unbefchols ten. Jeder fpeifte bei feinem Pächter, zwickte die Tochter ins Kinn, fchnürte den gefüllten Beutel um und wechfelte mit der Familie geiftreiche Sprich wiirter wie: . »Gute Geschäfte machen gute Freunde. —- Wer arbeitet-, betet. — Wer feine Schulden bezahlt, bereichert Der Leiterwagen mochte die Runde nnd bald befand man sich vereint auf der Deimreifr. Der Nebel lagerte bereits über den Wiefen. Wie ein« Schatten fiel er auf ihre Seelen. Es wurde Nacht. Die Pappelbiiutne warfen longe Schatten, der Wind fpielte irr-den hecken. Inmitten der lautloan Natur fielen die huffchliige der drei Mecklenburgerz in der Ferne heulte, unheilverlündend ein verirr ter Hund. Fledermäufe umfchivirrien die blaffen vorn Mondftrahl traurig betrachteten Reifenden. Man griff nd und ins nach dem Gewehr swlfchen s 7 den Knien, auch nach der Geldtasehe, um sich von ihrem Vor ndenfein zu liege-engem Kein Mench wagte zu « . Da, an einein Kreuzweg, zeigten entfesliche Gestalten; Gewehr litnfe innieltetn Pferde stampften. »Wer daf« klang et schaurig aus der yinsiernih VIII selben Moment er chien ond zwischen zwei dun iein Wollen. Ein riesiges Gefährt mit bewaff neten Männern versperrte den Weg. Wer waren die Männer-? Räubert Banditenl Wegelagererl Ach nein, es waren nur die harm losen Bürger des benachbarten Bi brar, die denselben Gedanien wie ihre Brüder von Neyrae ausführtern Nach getaner Arbeit lehrten sie wie diese in ihre Ortschaft zurücqu lreuzted sich auf der Landstraße mit ihren Nachbarn. « Kreideblei starrten sie einander an. Die Fur t, welche sie sich in ihrer fixen Jdee befangen einfliößtem zei te sich auf ihren verzerrten Mienen. t Blitzesschnelle verwandelte sich in der Dunlelheit ihr Geflüfter in grauen hafte Drohungen; ein Flintenhahn blieb an einer Bank hängen und schnappte zu. Die Kugel schlug einem Bürger von Nehrac die Gänfeleberi pasiete aus der Hand. Er hatte sich ihrer als Wutfgeschoß bemächtigt. Der Gewehrlnall warf den Fun len ins Pult-ersah Wildeg Delirium ergriff die Gesellschaft und ein träf Ugcs erclskscllkk Icslc Un- Mel Wunsch,« Leden und Geld zu retten, machte sie blind· Eine Kugel nach der anderen wurde in den Lauf geschoben, zitternd schossen sie auf den gegen iiderstehenden Haufen. Pferde ftiirzs ten und rissen die Wagen mit, aus dein Provisionen und Verwundete tollerten. Letztere erhoben sich mit Lö wenmut und seßten das Feuer fort, ohne den Feind im Rauch zu eilen nen. Die Verzweiflung gab ihnen un geahnte Kräfte. Es war ein Vermeh tungstampß Unterdessen vernahmen ,die Räu ber« (einige arme Teufel, die.aus Hunger hie und da ein Brot oder eine Schnitte Speck sich angeeignet hatten), bebend vor Angst, in ihren Schlupftvinteln den Lärm des furcht baren Kampfes, der Wind trug ihnen die Wehrufe der Bürger und die Schüsse zu. Jn großem Schrecken glaubten sie, daß man eine Riesen heße auf sie mache. Entsetzt sprangen sie von ihrem Kartenspiel auf und ftarrten ihren Führer an. Der alte Geiger ivar einer Ohn macht nahe, seine Beine schlotterten; was er vernahm, ging über sein Be griffsvermiigen Er blieb einige Minuten safsungsi los stehen. Das Gewehrtnallen dau erte fort. Plößlich sahen die guten Räuber, wie er nachdenklich den Fin ger an die Nase hob. »Kinder, es ist undenlbarl Das geht uns nichts an, ein Mißverständ nis... eine Verwechslung ..l Eilen wir mit unseren Blendlaternen den armen Verwundeten zu Hilfe. Der Liirm kommt von der großen Stra ist« Vogsichtig schlichen sie durch das Gestrauch zuni Aampsplaß —- der Mond deieuchtete die Greueltat. Der leßte iiherlebende Bürger hatte Tieh heim hastigen Laden aus Zufall eine Kugel in den Kopf gejagt. Beim Anblick der Toten, die liber einander aus der blutig- Straße la gen, blieben die Räuber sprachlos ste hen. Langsani kam ihnen eine Ah nung des wahren Sachverhaltes. Der Anführer pfiff und die La terfien stellten sich im Kreis um ihn au . »Meine lieben Freunde,« sliisterte er heiser, seine Zähne schlugen vor Angst aufeinander-, »meine Freunde, nehmen wir schnell den braven Leu ten ihr Geld ab. Wir gehen sofort. über die Grenze; ivir müssen schnell fliehen und diirfen nie mehr hierher zurückkehrenl« Und als seine Kameraden ihn ver ftiindniöloö anstarrten, deutete er auf die herumliegenden Leichen und sagte mit tiefer Menschentenntni5: »Denn sie werden beweisen —- daß wir es waren —-—« — J —- Ertnnnt Onkel: Fritz, wie spät ilt es denn? Reife (Stuoent): Ach, Iiir ist die Uhr stehen geblieben Onkel: W,ns heute, wo wir erst den Sechsten haben da bleibt dir schon die Uhr wieder stehen-? —- Lethe-it Gotte (alg die Frau eine Rede im Frauenverein halten will und schon vierzehn Tage daran herumstudierVJ Schau, Alte, bei mir bringst die schönsten Reden ganz ohne Vorbereitung z’inrnrnt i —- Angenehmer Zweifel. Herr Kneiiel totnrnt in später Stun de stark angeheitert noch Hause. Da er nicht wie ionit mit den üblichen Gardinenpredigten empfangen wird, fragt er sich nicht ganz erstaunt: »Im weiß ich nicht — bin ich noch ledig, oder bin ich schon Wit weri!« , —Mißveritiindnid.Fremdee (entiäui·cht): Eine nette Sommer-fri sche: Kein Baum, kein Strauch- lo Iveit mnn sieht, hoffentlich gib« we nigstens Wasser in der Gegend. Bauer-: Selbstverständlich! Frau, krixig dein Herrn mal n Glas Wai er