Sonntag-blau de Staats Anzetger und Ilserold ikbr ,Dht UkatI ---,-.-.— » —1-k-«-.S.g Titec Etitsigicn — is» Von Gustav Schtvarzkvpb j- — h s— »Bitte meine Damen und herren, bitte in das Mustlzicnmer zu gehen. here Professor Xynienos wird so lie benswürdig sein, uns einige seiner hochinteressunten Experimente zum besten zu —- -—- vorzusiihken.« »Unser Siessi,« der beliebte Su lotioirtuose, hat sich herbeigelusscn, die Vorstellung musikalisch einst-Zeiten Er macht Gespensteeniusit. wilde Phantasien, schrille Dissonanzen. He xenspriinge, ein Toben. Klagen, Wim niern und langsames Erlöschen in hingehauchten ersterbenden Tönen mit zartestem Anschlag. Die Gesellschaft hat den guten Geschmack, die künstlich herbeigeführte Stimmung nicht durch Beisallsiiuszerungen zu zerstören; sie verhält sich schweigend. Stessi findet diesen guten Geschmack sehr tattlos. Man hat nicht Zeit, Stessis Anger zu bemerken, denn der «Professor" lenlt alle Blicke aus sich. Man hat ihn während der Ouvertiire nicht gesehen, kein Kommen nicht gehört, übrigens nd die Türen geschlossen. Der Platz, aus dem er jetzt fleht, war noch vor einer Setunde leer. Das wirkt. Sein Aeußctes erhöht die Wirkung. Die Natur hat etwas fiir ihn getan, bat ihn siie sein Handwerk geformt und sie hat an seiner nachbesfernden Ge schicklichkeit eine intelligente Mitarbei terin gefunden. Die Maske ist dor itesflich Lange hagere Figur, bleiches Gesicht mit tiefliegenden Augen, « chwgrzer Voltbart, das schwarze te Haar fällt in langen Strähnen krab Er beginnt mit einer dunklen Er klärung seiner Kunst, seiner Absich Irk er deutet geheimnisvolle Zusam Itenhänge an und dabei gebraucht er Im Trick so leise zu sprechen, daß die Unwe enden in vorgebeugter hal - sing tauschen müssen, wenn sie seine Worte derftehen wollen. Der ungläu Iäse Spötter der Gesellschaft muß die Bemerkung, die er sitr die Situation vorbereitet hatte, unterdrücken; un willkürlich zur Nachahmung getrieben, lt auch er den Atem an und lauscht. . urch den Zwang. den sie sich selbst ouserlegem werden sie alle unfrei; der eigentümlich singende Tonfall des Sprechers schläfert ihre Denkkraft ein; fie sind bereit fiir das Wunder dare. Er läßt nicht lange auf sich war ten. Der Professor fühlt, daß er die günstige Stimmung des Publikums nützen muß, er verläßt die graue The orie und zeigt seine Künste. Er bringt jedem etwai, kleine Kraftproben aus den verschiedenen Gebieten. Zuerst produziert er sich als wohlerzogener Gedankenleser, der seine Gabe nicht mißbraucht, der bei den Personen, die sich ihm zur Berfiigung stellen, nur harmlose, unversängliche Gedanken vorfindet. Dann zeigt er hübsche Ta schenspielerkunslstiieke, ein buntes Al lerlei aus dem Reich der »höheeen Magie«. Er läßt Gegenstände ver schwinden und holt sie aus fremden Taschen hervor-, er zerstört Uhren und köpft Tauben, die dann wieder ganz und unverletzt gezeigt werden« er sin drt Nadeln, die man sorgfältig ver steckt hat, nennt laut Zahlen und Karten, dir einer der Anwesenheit den andern zugcsliistert hat usw. Plötzlich erscheint er mit einer sun gen Dante. Wo hat er die nur herge zaubert? Sie muß die ganze Zeit hin ter einein Fenstervorhang oder hinter dein hölzernen Heiligen versteckt gewe sen sein. Ihre Erscheinung wider spricht nicht dieser Vermutung. Lang, unheimlich schlaitl und dünn. blaß blonde, spärlich gelockte Haare, die das blutleere Gesicht noch sahler er scheinen lassen. Jhre Kleidung, ein schmnttloser, sactartiger, staubgrauer Uebertvurs, ist nicht gesellschastssähig; ihr Benehmen auch nicht. Sie macht dem Aubitoriutn nicht die übliche Verbeugung. Sie sieht starr vor sich Ini, nichts bewegt sich on ihr. Nach einigen Minuten ist die junge Dorne in hypnotischen Schlaf versetzt. Aus Befehl ihres Herrn and Meisters gibt die Schliisende Antwort und vollführt die erstaunlichsten Dinge. Wieder zum Bewußtsein gebracht, ge hotcht sie den Befehlen, die man der Schlafenden erteilt hat. Sie sieht Fenster nnd Türen da, wo sie nicht »stat. spricht mit Abwesenden sie nen, haßt nnd-stiehlt aus Kommando, sie wird in Haltung, Gebärden und Ton sum unwissenden, verschitchtertenJ kleinen Kind, sie zeigt die Angst derj Schiffbrüchigem den ausbrechenden Wahnsinn der Verzweifeltetn . Durch den halbdunlleu Raum gkhk ein leises Schuttern. Die Damen und herren haben wohl schon ost von der lei crpertmenteu ges-L dle meist-I such schon tther li chen var-mei- den-Mut c Its baden fie eine ähnliche Wirkung gei! filhlts Nun noch eine kleine fpiritiflifche »Anme. Ein wenig Tifchriiclen, ein iwenig Klopfen, und endlich läßt sich idie junge Dame von schreit-lustigen Geistern den Bleiftift in die Hand izwöngem der in wunderlichen Sprün gen über das Papier tanzt und die erftaunlichfien Schriftproben liefert. O « O Man folgt der Aufforderung der Hausfrau, sich in den Speifefaal zu begeben. Der kurze Weg wird von der Gesellschaft schweigend zurückgelegt Auch der Anblick des gedeckten Tisches gibt ihr nicht gleich die Stimmung zurück. Das volle Licht blendet alle. Es zeigt bleiche Gesichter-« nervöfes Zudem unsicher blickende Augen Erst nach einer Minute erinnern sich die Geübteften an die Verpflichtung, der Hausfrau und dem Professor zu dan len. Man umringt ihn. Einige Neu gierige möchten auch die Bekanntschaft des Mediums machen; die junge Da me ist spurlos verschwunden, man muß sie auf dem Wege ins Speise zimxner verloren haben. Der Professor quittiert herablassend die seiner Kunst dargebrachten Huldi gungen. Er spricht jetzt etwas lauter, wieder in dein eigentümlichen singen den Tonsall und mit einer seltsamen Deununa einzelner Worte, die dadurch einen fremdartigen Eindruck machen. Die Anertennung scheint ihm nicht sonderlich zu schmeicheln; um seine Lippen zuckt es spöttisch und ironisch, von der servilen Freundlichkeit der »Künstler« ist bei ihm nichts zu ver spüren. »Sie sind sehr nachsichtig. Es war ja gar nichts. —- Einige Bagntellen — arme, tleine Kunststücke. —- Die großen Sachen machen mich zu mild. Ja früher, als ich noch jung war, da mals, als ich am Hof der großen Ka tharina meine erste Söance gab...« Eine tleine Pause. Dann erst la chen die Umstehenden über die scheer haste Uebertreibung. Das sollte es doch wohl sein. Das Lachen ist aber gezwungen, es klingt etwas wie Un behagen heraus. »... aber ich werde mir die Frei heit nehmen, noch einige bescheidene Kleinigkeiten oorzusiihrem die über all interessiert haben — nicht jetzt — unnngetiindigt —- beim Souper -·-« »Bravo —- Braoo — Sehr lie bensroiirdig!« Bei Suppe und Fisch pflegt die Konservation nie besonders lebhaft zu sein, sie war an diesem Abend trost los. Einige dürftige, erbarmungswiip dige Galanterien und Reckereien, eine Zeitungsneuigkeit, die man mit gro ßer Anstrengun durch Zerren und Dehnung ergiebiger zu machen be müht war, ein armseliges Wisstoort, das mit vereinten Kräften totgehth wurde. Die Dame, die neben dem Professor sitzt, eine ältliche Verwandte des hauses, sucht aus Rücksicht für den Gast, da es nun doch einmal lei der iiblich ist, derlei Leute als Gäste zu behandeln, ein Gespräch iiber die vierte Dimension in Gang zu bringen am andern Ende der Tafel erzählt ein älterer Herr eine lange Geschichte, die er sehr tomisch findet. Die sehlende Pointe ersetzt er durch sorriertes lau tes Lachen. Ein dankbarer Blick der Hausfrau belohnt ihn. Dann wird es wieder unheimlich still. Man bemerkt, wie der Professor feine Gabel nimmt und an ein Glas tlopft. Das gibt einen ganz merttviirs dig fchrillen fremden Ton. Will er einen Toaft anzbringeM —- Ah, ge wiß ein Experiment Der Professor behandelt die Gabel wie einen Taltftock. Er hält sie hoch und macht dann eine Bewegung wie ein Kapellrneifter, der das Zeichen zum Einsetzen gibt. Und es wird pünktlich eingesetzt — Tvon allen. Alle beginnen zu gleicher Zeit zu sprechen und alle fangen ihre Sätze mit »Ich« an. Laute, liirtnende, felbftbewußte Jchs, fchiichterne, zag hafte Jch5, pathetische. falbungsvolle, wilwenialr. gespreizte, verfchiimte, loiette Jchs durcheinander. Eine gro ße wohl inftrumentierte Ich-Sympho nie! Jeder erzählte von feinen Ab sichten, feinen Gedanken, feinen Plä nen, Talenten, Erfolgen, von feinen Leiden und feinem Glück, von feinen Zweifeln und feinen Hoffnungen Zuriicthaliung, Selbftbeherrfchung und Zwang, Rücksicht, Höflichkeit nnd fan er erworbener Talt sind verfchwunden, alle Bande der gefellfchaftlichen Zucht find zerrissen. Niemand bringt mehr das Opfer, dern andern anzuhören oder auf das Gefpriichstherna des and dern einzugehen. Jeder hört nur sich felbft, interessiert sich nur fiir feine. eignen Worte. Und daher fühlen fich alle an enfeheinlich fehr zufrieden und Malt . Die Wangen nd get-stei, die regen munter. Der rofe or diri giert noch innerer, aber er n mmt das Um immer lebhaften immer fthneis bleibt streitet Keiner ermit idei. Sie Stier-weilen fchlasen die ge des-ten Eitelkeiten übereinander-. Die rasende Schnelligkeit macht die Worte unverständlich, nur die atemloses, mit aller Kraft heißer hervorgestoßenen »Jchs« sind noch deutlich vernehmdar. Der Professor trinkt ruhig. Also kein Experiment? Warum hat er denn an das Glas geilopsR Die Leu te haben fo schlechte Manieren. Ein Glück daß jetzt die Zwischen speise ferviert wird. Kein hätte Luft, jetzt zu sprechen, alle fii len sich er schöpft und müde. Erst der Champagner, den die hausfrau, um die troftlofe Stim mung zu verbessern, früher als sonst einschenken läßt, regen wieder zu led hafterer Unterhaltung an. Das La chen wird natürlicher, der Gespräch-Z ton erlangt die gewohnte Nuance der Vertraulichkeit. Es geht ja eigentlich immer so. Man braucht immer eine gewisse Zeit, um die Alltagsftimmung abzuitreifen, um die Sorgen, die Un annehknlichkeiten zu vergessen Nach und nach tauen alle die gegenseitigen intermittierenden Sympathien anf, an eren Besitz man nicht imnier denkt, die eigentlich nur ein Nachleben füh ren und nach Schluß einer Gesell schaft eingesargt werden, um in der nächsten zu erstehen. Man wird frei gebiger im Spenden von Artigteiten und Anerkennungem Leicht und mühe los, sast unabsichtlich drängt sich das aus die Lippen, was dem andern an genehm sein mag Ein Gefühl des Be hagen5, der Sicherheit übertommt die einzelnen. Jst man nicht unter lang jährigen Bekannten, unter Freunden, die uns wohl wollen, die uns verste hen, unsere Verdienste tennen und würdigen? Einer gibt eben dieser Sicherheit beredten Ausdruck; er spricht von in nigeni Verständnis, von Wassenbriider schast und Freundeötreue, von dem Banner des Jdealismus, das alle hochhalten, von den Anhängern, die jeder einzelne sich durch Talent und Charakter erworben, von der Armee, die hinter uns steht, bereit, uns ver trauend zu folgen. Er schließt: »Wir tönnen nicht in die herzen sehen. aber es gibt eine untriigliche Emp findung, die uns sagt —- —« Er vollendete den Satz nicht, mit einem zähen Ruck wendet er sich sei nem Nachbar zur Rechten zu und sieht ihn rntseht an. Jeder starrt mit weit ausgerissenen Augen seine Nachbarn oder sein Gegenüber an. Jeder einfl ne, der sich bisher sür en Mit el puntt der Welt, seiner Welt gehalten, der sich geachtet, geliebt, berühmt glaubte, er weiß es plötzlich, was sein Nachbar eigentlich von ihm hält, wie alle Anwesenden iiber ihn denken. Er kann es so deutlich lesen, als ob es aus der Stirn der andern geschrieben wäre. Durch die verschlossenen Türen und Fenster dringt ein eigentümli ches Geräusch, Summen, Schwirren, Zischeln, ein Klatsch-Chor, ausgeführt von tausend und tausend Stimmen. Und aus den unentwirrbaren Tönen hört jeder einzelne der Gesellschaft deutlich die Stimmen heraus, die ihm gelten. Die Stimmen einer unbarm herzigen Kritik, die alles entstellt, zer fasert und zersetzt, begeifert und be schmutzt, alle lichtscheuen Motive bloß legt, alle Hüllen der Menschen herun ierzerrt. Was ängstlich geheim gehal ten wurde -—— Gebrechen und Löcher lichleiten, Mißerfolge, klägliches Ir ren und jammervolle Schiner en --— die spitzen Stimmen vertiin n es, daß alles schon lilngst Geheimnis al ler Welt ist. Was dem verächtlichen Mitleid entgeht, das greift der Spott auf, was unter dem Lächeln des Spottes iibrig bleibt, das fällt dem Neid als Beute zu. Das Echte, das nicht gelengnei werden lann, wird we nigstens verkleinert und berdächtigt, aber die luftigen, zierlichen Ruhmes gebäude, die aus Schmeicheleien, Ei gennutz und Selbstbeirug gezimmert sind, werden von dem Geräusch der schrillen Stimmen weggeweht; ihre obdachlosen Besitzer schauern srierend zusammen, die papierenen Lorbeer-, ETugend- und Eharalterironen werden ’von den Köpfen weggrrisfen und fal len raschelnd zur Erde. Die Herren und Damen, welche plötzlich fo genau darüber informiert werden,« welchen Grad sie in der Schätzung ihrer Mitmenschen einneh rnen,riihren sich nicht. Der Schreck hat sie gelähmt. Nur ihre Lippen bewegen sich, ihre Zähne schlagen aufeinander, aber sie bringen teinen Laut hervor Alle gleichen dem Geizhals, der ent deckt, daß seine Kasse leer ist, daß Diebe ihm sein ganzes wohlbewachteö Vermögen geraubt haben. — ,Aber Stessi —- wte konnten Sie nur L« Unser Stessl hatte. in der löblichen Absicht der schönen Rede durch einen Tusch einen effettuallen Abschluß zu geben« sieh zum Klavier aeschlichen — er pflegt das immer so u machen. wenn sein ennd die Re hält. — er kam etigebiideh m ihm wohle auste ists-M be reits gehört zu haben und zu friih mit einem kräftigen Akkord eingesetzt. » Der Redner machte eine leibliche Miene zu dein unglücklichen Spiel sei jnes Freundes, feine Erfahrung verbie ztet ihm aber, die unterbrochene Rede iwieder auszunehmen. Er weiß, daß lfeine Phrasen eine bestimmte Tem Fperatur brauchen, um zu wirken, und »die ist nicht mehr vorhanden. Uebri igenö ist man auch schon beim Dessert. iEr erhebt nur fein Glas nnd spricht die ungewöhnlichen Worte: »Aus alle, die wir lieben und die uns lieben!« Stessi setzt jeht richtig ein. Er spielt das rauschende Finale aus der »Fledermaus«. Die Gläser llingen aneinander. Da verändert si? mit einem Schla ge das ganze ge ellschnstliche Bild. Die Anzahl der Personen hat sich fast verdoppelt. Eine zweite Runde von rauen und Männern, die über die Köpfe der ersten blickt. Hinter der reizenden Braut, die mit strahlendem Lächeln die Glückwiinsche in Empfang genommen hat, steht ein sehr junger Mann tm Kostiim eines Urstauferez an dem Bräutigam hängt ein nachlas sig aetleidetes, vergrämt aussehendeg Weib. Hinter dem jungen Dichter, der so schön die echte wahre Liebe besingt, steht eine dicke überreich und iiberju gendlich gekleidete Frau, die ganz gut seine Mutter sein könnte; an einen streng nnd würdevoll aussehenden Herrn schmiegt sich die beste Freun din seiner Frau; dem salbungsvollen Redner, der den schönen Toast aus gebracht hat, nimmt ein sreches klei nes Persönchen mit einem Gassenjun gengesicht das Glas aus der Hand Eine Dame und ein Herr, die bei der Tafel weit voneinander entfernt sa ßen und die sich nur förmlich und fremd begrüßt hatten, stehen jetzt dicht nebeneinander. Die Frau eines sehr einflußreichen Mannes, der die ver schiedensten Aemter bekleidet, ist von einem lleinen Hof von vier jungen Leuten umgeben, aber nur die Augen des einen, der schüchtern ihre hand faßt, zeigen Leidenschaft und schwär merische Verehrung; die drei andern haben bereits Karriere gemacht. Neben einer Dame, die schon seit längerer Zeit nicht mehr ganz jung ist und seit kurzer Zeit dem Bergsport huldigt, steht eine Figur, die einen seltsamen Gegensatz zu der eleganten Umgebung bildet, ein ausfallend hüb scher, gebräunter Bursche in dauert scher Tracht mit dem Abzeichen des Führers. —·- —————— Man glaubt den Ton der aneinan der tlingenden Gläser noch zu hören, als die herrschaften schon lange wie der ihre Plätze eingenommen haben So trästig hat es diesmal getlungen. Die meisten Herren lehnen sich jetzt bequem zurück, auch die Damen sind in ihrer Stellung freier geworden. Die leichte Arbeit, die noch zu leisten ist, macht ihnen Vergnügen. Man hat es ihnen so oft gesagt, daß es einen hübschen Anblick gewährt, schöne Frauen Bonbons und Früchte essen zu sehen, und so erledigen sie die letzte Programmnnmmer des Soupets mit bewußter Umständlichteit und Koteti terie. Durch die frischen Erdbeeren, Aprirofen nnd Trauben, durch die noch sehr tostspieligen nnd sehr ge schmacklosen Primeurg wird es den Herren und Damen auch noch in Er innerung gebracht, daß sie zu den Be oorzugten, zu den Erwählten gehören, und zu der Behagli leit der Verdau ung gesellt sich em solzes Gefühl der Genugtuung. Die Blicke werden deut licher, das Lächeln wird herausfor dernder und weiße beringte Finger zerstören in gedankenloser Spielerei die hübschen nun welk gewordenen Blumen, die den Schmuck des Tisches bildeten. Von der Dame des Hauses wird ein großes Fest angeregt, das dem nächst zum Besten der armen hun gernden Schulkinder veranstaltet wer den solI. Theater und Tingeltangel fund Zirtus im Freien --- alle antre fsenden Herren und Damen sollen mit swirkem auch der Herr Professor wird newiß so freundlich sein, da es sich um einen so eminent wohltätigen Zweck handelt. Um den Mund des Professor zuckt es noch stärker als sonst, er nickt nur schweigend. Die Gesellschaft aber nimmt die Jdee mit lärmendem En thusiasmus aus; jeder hat einen Vor schlag zu machen, jeder gibt seine Er fahrungen zum besten, alle sprechen auf einmal, und mit Stolz kann die Hausfrau konstatieren, daß ihr Abend —- rvenigstenö zum Schluß —- zu den animiertesten gehöre. —- Da klirren die Fenster wie vom Sturm geriittelt, die Türen springen aus und ein eisi ger Wind fegt durch den Saal. Die stolzen elektrischen Lichter erlöschen und kleine, dürftig slackernde Flämm chen haschen durch den Raum. Die lgliinzenden Möbel, die funkelnden Ge räte sind mit einer dicken Staud schicht bedeckt. Eine dumpfe« bestem mende Lust, der Mute Leut« Geruch« erfüllt plötzlich den Saal, er hat alle die erlesenen Parflinis und den Duft der Blumen verdrängt. Durch die ge öffnete Türe drängt sich eine sonder bare Gesellschaft in den Saal. Wet her und Kinder in Lumpen mit grau-! en Gesichtern und gierigen Augen, s—s mit bloßen Füßen gleiten sie lautloss liber die schweren Teppiche, in einer! Selnnde haben sie den ganzen Tisch» urnzingelt. s Wie drohende Gespenster sieben sie hinter den Dornen und herren, die sich doch eben so freudig bereit erklärt hatten fiir sie zu spielen, zu singen und zu tanzen, und ihre schmutzigen Hände wühlen in den Tofelaufsätzen, nehmen den Damen die Süßigkeiten aus den Händen, greifen nach den Gläsern, welche die Herren eben zum Munde führen wollten. Mit einer Kraftanstrengung die für hartes Brot berechnet ist, zermalmen ihre Zähne die kostbaren Leckerbissen. Noch innend und schmatzend greifen dir Weiber nach den glänzenden Steinen in den Vom-en der Damen, nach den Schleifen und Blumen, ihre abgene beiteten rauhen Hände zerbrechen im plumpen grotesken Spiel die zierli chen Spitzen und Federnsächer. Die Buben nehmen die bunten Biinder, Kreuze und Sterne von den Fräclen der Herren und heften sie an ihre Lumpen und all der Glanz, die Grö ße, die Würde und Bedeutung, die diesen Zeichen innewohnt, umstrahlt plötzlich die auggemergelten Gestalten dieser hoffnungsvollen Jugend. Die Damen und Herren aber, ihrer Kostbarkeiten und Ehrenzeichen be raubt, sehen plötzlich alt aus und grau und verfallen. —- — —- — — Alles das hätte der Here Profes sor Xymenos zeigen können, wenn er wirllich ein Zauber-er gewesen wiirel Wie indischk Milmr. Von Max Firi li. Als der »Herzog Alexander« Aden verlassen hatte und mit südöstlichem Kurse in das sehr stille Arabische Meer hinaussteuerte, ließ sich Herr Cupai, der Birmane, neben Andreas nieder; und er tat es- leicht und ge fällig wie im eingefleischten Wissen um alle Art von Bequemlichkeit Er entziindete die Zigarette, ließ das Streichholz in der dünnen braunen Hand zu Ende glimmen und betrach tete den schwarzen diirren Nest mit einem Blick melancholischen Ernstes. »Sie· fragten mich,« he ann er aus schauend, Mach dTil allen Bräuchen der Witwenverbrennung in Indien. Gewiß sind sie verboten, aber nicht alle Gesetze deg Diktators werden be solgt.« Er wars endlich die Asche des Hölzchens beiseite, die er noch immer in der Hand gehalten hatte. Seine Augen folgten den kleinen Wellen« die sent wie lustige junge Delphine aus sprangen und die See bis in den Ho rizont hinein bevölkerten »Ich begrei se, daß man nach den Begriffen der christlichen Moral keine Sympathie mit dieser Tradition haben kann Nach unserer Auslegung ist aber die Witwe der zufällige Rest eines abge schiedenen Lebens, dein es so wenig wie früher zusteht, iiber sich zu dis gonieren Wie die verschiedenen Ka lcn die lleberlie erung festhalten, wird Jhnen diese pisode beleuchten Ein sehr vornehmer Mann mit Na men stusita war eines ptöhlichen To des verstorben. Seine Jugend, seine gesicherte Existenz, Ansehen und Ge sundheit hatten niemanden mit feinem frühen Tod rechnen lassen, am alter wenigsten seine junge Frau, die ein so schönes wie srdhliches Geschöpf war und Vlufinari hieß. Jch weiß nicht, ob das Geriicht recht hatte; jedenfalls sngte der Mund der Leute: sie hätte ein leichtfertigeg Wesen gehabt, fei undeständig, ja treulos gewesen und nicht selten auf geheimen Gängen be troffen worden. Der reiche Kusitn hatte zu jener Seite gehöret. die durch einen schweren Eid verpflichtet ist, die alten religiösen Bräuche und Tradi tionen auch gegen den englischen Wi derstand aufrecht zu erhalten. Eine Art geheimes Gericht tagte und hatte in jedem einzelnen Falle zu beschlie ßen, wie das Gebot der Witwenver drennung durchzuführen sei. Als Kusila gestorben war und Ausinari überdachte, wag ihr bevor stand, versuchte sie zuerst durch allerlei schmeichlerische Reden dte Freunde ihres Mannes zu bestimmen, mit dem alten Gesetz zu brechen und ihr das Leben zu scheuten. Aber sie mußte fühlen, daß selbst ihr derführerisches Gebeihren die Männer nicht im einge wurzelten Pflichtgefühl beirrtr. - End- » lich war einer, dem sie die Zusage der. Befreiung entlvcktr. Es scheint mut. daß dieser, ein gewisser Wandern den Plan faste, die ihren Gesungen treue Seite der Regierung zu verraten. Ei tam indessen nicht soweit. Randra verschwand am Abend nach Kusitas Tode, und man weisz nur soviel, daß er seinen heimlichen Weg zu Ausinari nicht vollendet hat. Anderen Tages sollte die Einiisches rung des reichen Mannes vor sich ge hen und siir eine sehr viel spätere Stunde hatte der Geheime Konvent die Verbrennung Ausinaris in einem Gehölz, etliche Meilen oberhalb der Stadt, angesetzt. Ausmari, um die er wartete Rettung betrogen, eilte noch am Vormittag zu den Behörden. Sie erwirtte auch unverzüglich einen Schutz mehrerer unaussälliger Wär ter. Diese Leute begleiteten sie selbst bei den Begräbniszeremonien siir Ku scta, ließen sie nie aus den Augen und waren wie automatische Bälger zur Stelle, wenn irgendwer in Ausr naris Nähe trat. Diese Wächter wurden geradezu un vermeidlich. Sie umstellten das Haus der Witwe als Spaziergänger, Händ ler, Bettler, sie blieben auch in der Nacht, saßen in den Gärten umher, im Flur des Hauses-, so unauffällig »daß niemand Verdacht schöpfen ;tonnte. ’ Gegen Mitternacht aver tam ein stummer und langer Zug durch die Straße. Fatire, Büßer, Flagellanten, Lahme, Kranke und eine Menge Paris-, das sonst um diese Stunde nicht mehr aus den Straßen zu sin den ist· Er machte vor Ausinaris Tür Halt und ein schmächtiger Greis von .elber Gesichtssarbe, verschlossener Miene und einer zögernden Gebärde rief dem Wachmann zu, der aus das Klopfen heranstrat: »Bringt die Tote zur Ruhe, die in eurem Hause liegt!« Der Wachmann antwortete, daß in diesem Hause keine Tote liege. Wenn man aber Ausinaris Mann meine, so sei er schon um Mittag verbrannt worden. Jni übrigen solle sich der Anstaus zerstreuen und jeder heim gehen. Der Greis lächelte nur ein schwa ches, lurzes Lächeln. ; ,,So werden wir sie selbst zur Ruhe bringen!« Und er tlopfte dreimal in die Hand. Da entriegelte sich der La den eines oberen Fenstets. Eine hand wurde sichtbar, dann ein Kopf, aber es war ein furchtbarer Kopf, weiß und blutig, von einer tiefgeschlagenen Wunde entstellt und in zerzaustes Haar gerahmt. D Jeder der Getommenen sah mit Entsetzen aus die tote Ausinari, die man an das Fenster hielt; doch zeigte das Entsetzen auch Andacht und bei sälliges Murmeln erhob seine weichen Flügel. Die Wachleute stürmten nach oben. Sie fanden das Zimmep Petriez gelt und mit Möbeln eng verbaut. Als es ihnen endlich gelungen war, hineinzubrechen, schlug ihnen eine dichte Lohe Feuer entgegen... Ruft-« las Haus brannte in der Nacht bis ausdie Keller herab und Ausinati lam« nicht um ihren Scheiterhaufen.« Nach einer tleinen Weile fragte Andreas den Jnder nach den geheimen Verbindungen. die solches Tun voll bringen. Aber er nickte nur und lenkte dann ab: »Es ist leibgewordener gött licher Wille. Die fremden Behörden verbieten einen Brauch; aber er wird sich mit der Sicherheit alles Notwen lsdigen selber durchsetzen.« O-— Geschdättdteis. » , ysch liin tee Frcind von Sicsziglecdeih lEr sieszcr Lippcl schmeztd mer nich. Ile schrecklichsten sin iiesic Reden JMir nn c sicszliclic- Gesicht Verschiedene Heitrechiiung. ’Snat einer: »Um-n Augenblick Geduld, iclj bin sofort zurückk« — Verlaß dich draus: »Der fnnlc Kunde Bleibt sicher eine balde Stunde-. Doch wird es umgekehrt geschehen, Tas; er einmal ein wein-! stehen llnd deiner wartend liarren muß, Ich wette, das-» er voll Verdruß Nach wenigen Sctnnden schreit: »Das- dnncrt ja «nc Ewigkeitl" -—-—-« —--—.—. — Verteidigung. Verteidi ger:. . . Und was nun die große Zahl der Diebstiihle anbelangt, so müssen Sie, meine Herren Geschworenen, dem Angeklagten zugute halten, daß er eben eine äußerst glückliche Hand hatte. . —- Die Trillingr. Frau: Was-, dieser Soldat ist schon wieder Jyr Bruders Da haben Sie wohl drei Brüder in fast gleichem Al ter? Dienstmädchenk Ja, meine Mut ter hatte nml beinahe Drillingel —- Auch ein Vorzug. Herr: Das Mädchen schielt ja. Vermittler: Was wollen Sie mehrf Da sieht sie über vieles hinweg. — Stoßseufzer. —- Leut nnnt: «Sehen Sie mich diesen Mor gen nicht an Ihrem Garten vorbei galopptetens« räuleine »Gewiß; hätten Sie’s in allein so eilqu