Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, May 03, 1917, Sonntagsblatt, Image 11
Äu- ijhäakn ] werden-Ketten Mem von W feilen-ich ’ (13. Fortsesungx «Ach« ich meine nur« es macht mir so den Eindruck, als wenn et gerate seht einen guten Freund recht nötig hatte, ver ihm einmal ins Gewissen redete.« «Wieso? Waruin2« »Es geht so mit ihm nicht weiter sehen Sie nur einmal her.« Sie össnete die Tür von einem iieiiien Schrank und holte daraus eine große Flasche hervor, vie mit einer wasserhellen Fluisigteit tauni noch zur Hälste gefüllt war. »Das ists« «Schnaps ist es, gnädiger Verr« Jeden Tag muß ich die Flasche sullen lassen, mitiinter sogar zweimal. Da bei richtet er sich doch zugrilnde!'« »Nun weiß ich, wonach es hier im Zimmer riecht. Jch habe mir den Kopf bereits darüber zerbrochen. Treibt er es aus Diese Weise denn schon lange?" »Nein, va§ ist« es ja eben. Erst seit ein paar Wochen. Er ist über haupt so merkwürdig, so zerstreut und sahrig. Ein Glaschen hat er so zwischendurch auch sriiher schon ge trunken — du lieber Gott« ein Schnapschen in Ehren soll niemand verwehren. Aber so wie jetzt —- nein! Und wenn ich was dagegen sage, be hauptet er, es wäre nötig, weil er ei nen schlechten Magen hätte.« »Die Kur dürfte wohl etwas ge waltsam sein. Aber ich« — Wenn Rillner gewünscht Bitte, in Franto Wohnung allein zu bleiben, · so erstand ihm jesl in Klein-Annchen eine unerwartete Helferin. Das al leingelassene Kind erhob ein so lautes Geschrei, dasz Frau Berler mit einer sliichtigen Entschuldigung sosort ent eilte. Rittner schloß die Tlir hinter ihr, die sie nur angelehnt gelassen harre. und sah sich noch einmal genau im Zimmer um. Die halbleere Flasche war aber oas einzige Bemerteniwerte darin. Die hob er hoch und niste. .Suss aus Verzweiflung —- das ist meine Diagnosr. Dein schlechter Ma gen diirsle wohl im Gewissen schen. guter Freund.« Er hörte zu seiner Freude Klein Anncheu immer noch schreien und be nuhte die Gelegenheit, unt auch in die nebenan liegende Schlastammer einen raschen Blick zu wersen. Sie war noch diirstiger eingerichtet als das Wohnzimmer, und nur ein paar ele gante Anzüge, wie sie ein Schauspie ler nicht entbehren konnte, stachen — ossen an einem Kleiderbord hängend —- von der Umgebung ab. Mitten darunter sah Rittner einen scheinbar schon viel getragenen, aber noch ganz ansehnlichen Pelz und einen braunen wäscht-un »Da feid ihr ja,« fagte Rittner Und berührte den Pelz wie zur Begriifzung mit einem Finger. Auf der Heim fahrt nach der Befreiung hatte Bruno ihm alle Einzelheiten der Andachts griinde dargelegt, feine Tracht am fraglichen Abend beschrieben« die Zei ten rer verfchiedenen Begegnungen ge nau feftgeftellt. Und hier fah Rittner nun zwei wichtige Requisiten fiir die vermutete Vertieidung vor Augen. Pelz und hut waren mit Brunos An zug in der Dämmerung des Abends leicht zu verwechfeln. Mittel zum Schminten lagen auf einem kleinen Tifche vor einem Spiegel — in die fem dürftigen Raume war der Dop lgänger Diiringers mit Bühnentiins en geschaffen worden. Ritkner ging in das Wohnzimmer zurück nnd fpionierte auch hier wieder ein wenig umher. Als einziger Ge genfiand erregte noch eine Schreib rnappe feine Aufmerifamteit. Sie war fehr abgebrauchi und lag auf einem Schreibtifch aus Efchenholz, der zwifchen den beiden Fenftern fkand. Ein gebrechlicher Spiegel hing dar iiber an der fchmalen Wand. Als Ritiner einen Blick in die Mappe ge worfen hatte, bewegte fein Kopf fich anmutig hin und her. Diefe Marpe war stumm, sie verriet keine Geheim ni.ffe. Die an den Rändern einge ri fenen Blätter darin sparen mit ei nem o dicht verwobenen Nr e von Schri ifpuren ilberzogen, daß e ne fafi einheiiliche fchwarze Fläche darauf lag. Entweder mußte Franc fehr viel zu fchreiben haben oder das Löf - papier mußte feit langer Zeit ni i erneuert worden fein. Mismuiig mufterie Riitner Blatt filr Blatt, ob nicht irgendwo trotzdem einzelne Worte zu erkennen feien, doch kam er bit an die allerlehte Seite, bevor feine Hoffnung sich erfllllir. Hier ioar das Papier bei weitem nicht gafehr gefchwiirzt, und am unteren nde war fogar eine freie Fläche ge blieben, auf der ein paar Worifpuren deutlich erkennbar waren. Rafch er griff Hiitiner die Mappe und hielt fie sei den Spiegel, um den Spuren fo womöglich Sprache zu verleihen· Und wirklich fingen dort im Spiegel ein paar Worte zu klingen an, unerwar-» teie, hier im Zimmer eines Verbre-. chers fremdaril iiberrafchende Worieu .Oeliebt —- gelebt —- ge« — Ritinerl flihlte sich feltfam ergriffen von denl unverinuteien Tönen. Diese einzelne Silbe am Schluß, dies in der Mitte durchgerissene Wort llang ihm wie1 ein Schrei, der in der Dunkelheiis verhallt. Ein Schrei, der die lehrens seiten Regungen einer verlorenen Menschenseele klagend in die Nacht hinaujrust. Es war ihm, als wenn er den verworfenen Bewohner dieses lTiiamnes neben sich am Schreiblisch !sihen sähe, ruhelos das Papier mit IWorten bedeckend, in denen er, der sich Ileinem lebenden Wesen ossenbaren darste, seine Not. Angst, Verzweif lung nnd seltsamerweise — auch eine leidenschaftliche Liebe dem toten Siosse vertraute, um dann plötzlich anszuspringen und rasch zu vernich ten, was er geschrieben hatte. Die drei Worte oerrvirrten Rillner, ver schoben das in Gedanken ausgemalte Bild von dem, der sie geschrieben hatte, weckten ein leises Gefühl des Mitleids in seinem lbergen, gegen das er sich wehrte. Frau Becken die das Kind wieder ans den Arm genommen hatte, kam jetzt abermals zu ihm herein. Er zwang sich, sie mit einem Lachen zn degriiszen und sagte: »Die-sinnt war der Jrrtucn aus meiner Seite. Jetzt leben habe ich den Brief des Herrn yranr noch einmal gelesen und ge funden, daß er mich erst auf morgen vormittag destellt hat. Jch hatte den Tag oerlesen. Also hat mein Warten heute keinen Zweck. Seien Sie so gut, meine Karte dem Herrn Frani zu übergeben und ihm zu sagen, daß ich morgen wiederkommen würde.« Dabei zog er eine Visiteniarte her oor, die Frau Becker in Empfang nahm« schien sich aber noch nicht gleich von Klein-Annchen trennen zu tön nen, sondern begann aufs neue mit ihm zu tosen. Zwischendurch tat er die Frage: »Herr Frani soll ja ein sehr tüchtiger Schauspieler sein« Er studiert wohl immer, wenn er zu Hause isk2« »Ach, gnädiger Herr, das ist sehr verschieden —- das mit dem Zuhauses sein und mit dem Studieren. Gewiss, er tut ja wohl seine Pflicht und spielt auch sehr gut, aber immer nur tleine Rollen. Und manchmal kommt er ganze Nächte nicht nach Hause, dass ich ihn schon öfters ansgescholten habe. Die lesie Zeit ist es auch bes ser geworden. Jch meine« s »Was meinen Sie?« fragte Ritt ner, da sie zögerte. »Ich meine, daß er seszt ein Thra :erstiia schreibt. Er has einmal ge sagt, mit einem Stück lief-e sich noch Geld machen. Und jetzt sitzt er oft stundenlang am Schreibtisch und schreibt. Wenn ich h2-einkomin:, k:nppt er ingner die Manpe zu, daß :ck, nicht sehen soll, was e- ist« Aber et muß wohl keine so leichte Satis ;em, das mit dem Stiicttchreibeti Denn immer oerbrensit er wieder, was er geschrieben hat. Jch sinke morgens oft eine Menge rerbrannteå Papier im Ofen da, wenn ich ihm Feuer mache« »Ja, ja, ich glaube geen, daß di: Sache nicht leicht ist. taber nun muß ich wirklich gehen. Werts-essen Sie meine Karte nicht, Frau Beaer.«« Sie versicherte, dass alle-: pünktlich ausgerichtet würde, und viittner ging nach zärtlichent Abschied oon ver Kleinen« die mit ihren sisnderhiind chen in sei-sen Pelz griff. Langsam ftieg Rittnee die knar tende, steile Treppe wieder hinunter und sagte vor sich hin: »Dein Stuei tiirfte soohk eine Tragödie werden« « - · Auch am Sonntag schien ein milde Frithlingssoiine, und ein schmaler, stellgoldeiier Strahl ritt ihrem Licht siel in das Arbeitsziniasei tes Herrn Staatsanwalts Lune mann, der hier —- es war dreiviertel aus els Uhr vormittags —- dein sic ttzeitontmlssstr Breiinert gegenuvei iasz. Dieser hatte sich can entschul digt, daß er am Sonntaci föry tier Staatsanwalt aber läu«elte iesi menschenfreundlichett »- Ljchtln und sagte: »Das macht aat nichts. At miissen unsere Pflicht im Dienste der Gerechtigkeit am Sonntag wie am tulltag tun. Und ich bin außerdem sehr neugierl aus Jhren Bett-it Sie haben nich gebeten, Ihnen sur tie Verfolgung einer neuen Spur in Sachen Ktineivta freie Hand zu lassen, bis ein endgültiaee Resultat erreicht wäre. Das habe ich getan. Jn Jhreni heutigen Kommen ader dars ich wohl den Veto-it erblicken, dasz tatsächlich ein greifbares Resul tat seht dorliegt." »Das tut es, Herr Staatsanwalt Jeh war es meiner Ehre :chuldig« vtr Sie hintreten zu lönnetu Eine var gesasite Meinung hatte assch ansanag vom richtigen Wege aokimntt Jch gestehe das rissen ein und tiserde mir I ;als Lehre dienen iassen.« s «Tun Sie daz, mein ich-r Bren ;ttktt.« ! «Schon seit meiner Hausiuchung Ibeim Regierungsrat am Duringer war mein Glaube an seine Schuld tin wenig erschüttert. Aus pshcholoi gischen,Grilndeii. Der heie Staats anwalt haben die dort gefundenen Briese von ihm an seine Frau — oder vielmehr an seine Braut —- ja erlesen. Jn ihnen war tin so tiefes Gekiihl sitt sie, ein so -t.ichdrilttliches At eiten an sich selbst -— ich lonnte mir nach dein Lesen der Briete diesen Mann alt Mörder nicht inehr vite siellen.« ’ »Gauz recht, ganz richtig.« »Da latn ein glückticher Zusall. Ein junger Mann meldle sich bei nir, der den Regierungsrat lurz nach tem Morde gesehen sparen wollte Ganz entfernt von seiner Wohnung in einem ganz anderen Stadtteil Und er ber chtete zu meiner Ueber raschung, dieser angebliche Regie rungsrat have sich atn Wall in email leeren, offenen Bausiauppen zu schaf sen gemachi." «Sonderbar!« »Mein erster Schritt trat naturiLch zu diesem Schuppen. Ich halte das-i Gefühl, daß ich dori etwas Finden müßte, wenn ich aucks selbst nicht wußte; was ich erwartete. Und ich lade gesunden.'« - «Lassen Sie sehen,« sagte der Staatsanwalt; Brennert hatte un Sprechen einen in Papier gewickelten Gegenstand hervorgezogery den e: nun von seiner Hülle besteitr. »Dies ist ek. Ich fand ell an einein Nagel, der aus der inneren Schap xienwxnid vorsprang. Ja der Daniel heil und Eile muß du sogenannte Regierungsrat mit ein«-m Tuch an dem Nagel hangen gediieben sein« torbei dies davon los-is »Ein Stück von nimn groben, weißen Stoff —- und ixier ein gelblich roter Flecken darnusi Sagen Sie, Brennen, auch die Ersnordete hatte koch« — s »Gewiß. Herr Staatsanwalt auchi am Ltermel von ihrem Fiteide wars ein Flecken oon genau derselisens Farbe. Die Aehnlichkeit ergab sichs inir aus den ersten Blick. Wir wag-s ten auch, daß die Spur von Schmiiite tierriihrtez dat- hatte und. der chemische Sachverständige ausein« aiidergesegn Aber oon den eigent-; ischen Kunsten und Feinheiten der» Schininte hat auch er keine rechte Kenntnis gehabt. Jn sie hat mid erst ein anderer Sachverjtiiiidiger ein geweiht, an den ich mich damals tei-« der nicht gleich gewandt habe, den nd nun aber, ioeit meine )iisrnbinntion:i. mir den Weg zu ihr-i iviesen, ixiort befragte-« I .Wer war ist« »Der Theatersriseur. Und er hat mir Ausschliisse gegeoeii die meet ioiirdig zu meinen Iris-ji ausgetauids ten Bermutungen stimmten. Danach tind Schminten siir "oe.i Teint von Männern und Frauen in der Farbe sehr verschieden voneinander. Die Teintschminte sür Männer ist er tkehtich dunkler, ost auch gelblicher-, bis ins Biiiuiiche hinein — so wie der Fieaen aus dem Lappen hier.« »Das ist interessant und mir neu." »Die Spur aus oem Aerinel oei Ermordeten tonnte daher auch nicht von einer Schminte stammen, die sie seiost benutzt hatte, wie wir fsiitschtich annahmen Es war Männer chmiiite, isnd die tiuneivta mußte fiak damit resteat haben, ioiihreno sie ich mit irhoberein Arm gegen ihren Mörder iiehrtr. Der« Mörder mußte dein isach in einer Muste, in einer Ver tleidung zu ihr gekommen sein — alt Doppetganger des Regierungs-kais ron Duringer.'« »Briioo, oraoot Die Sache tcheint mir zu stimmen.« »Sie stimmt, Herr Staatsanwalt Als ich i-«-.t in dein Schuppen, den Herr von Düringer betreten baden sollte, diese Schniintespur fand, fuhr es mir gleich wie ein Blitz durch die Gedankens ein Doppelgäiigeri« »Sie werden sich erinnern« daß ich gelegentlich schon mit Ihnen bis Frage besprach, ob nicht eine Aehn» itchteit uns irregeführt hätte. Auf den oledanlen solch einer künstlich hergestellteii Viehnlichleit bin ich aller dings nicht getominen.« »Ich auch nicht früh genug · leideri Die aiiffallenden, scheinbaren nnd ioirtiichen Widersprüche in den Aussagen des Herrn N ierungsratj machten mich so mißtrauisch gegen ihn, daß ich allen anderen Erklä .ung"oversii-.hen oon vornherein ov lehnend gegenüberstand Mein Miß erfolg anx dieser Spur war eine ver diente, a er saiinerzliche Leltion für mich.« »Sie werden aus ihr lernen, und somit erfüllt sie auch ihren Zweck Riin aber iveiter.« »Der Gedante lag nahe genug, daß nur ein liollege der Schaulpieirrin sich solch eine Berileidung erdacht satte. Wer oon diesen Kollegen öfters bei ihr verkehrt hatte, iouiiken wir. Die Zahl war sa nur tlesri Der alte, dicke, von einer eiferfiichtigen Frau bewachte Oberregisfenr Stiqu ler blieb wohl von vornherein ius dein Spiel. Der Eharaltersvieles; Marconi war am fraglichen Abends in einein Konzert ali- Deilarnatdss ausgetreten, toniire demnach auch nichts in Frage toniiner.. So blieb nur noch ter Chargeaspielcr Fraun Wenn es n.ir möglich war, einen Zeugen zu ermitteln, der ihn an senein Abend nni die zutreiieiide Zet in seinem Haus oder davor auf der Straße in der fraglichen Berlieibung erblickt hatte, dann war er überführt. Solch einen Zeugen hab’ ich gefn.iden; gestern abend ist es mir gelangen »Ein Bäcker, der irn Nebenhaase wohnt nnd unt drei Viertel an; acht Ubr gerade in der Tiir stan , bat ihn gesehen. Der wirkliche Regierungs-l rat aber ist bis zehn Minuten vor acht Uhr zu hause gewesen; es kann alio nur der Schauspieler gewesen Isein.« »Und nun?« »Nun möchte ich um einen Haft befehl bitten, damit mir dieser Schurke nicht mitwijchl.« Eilig nahen de: Staatsanwalt ein Blatt Papier und griff zur Feder Haflig flog jre darüber hin. »Hier haben Sie den Befehl. Und machen Sie schnell, daß Ihrem klu gen Vorgehen det Lohn nicht seyn· Aber nehmen Sie ein paar handfeite Männer mit — es sit Vielleicht nötig.« Mit eiliger, stumme-: Verbeugung empfahl sich bei Kommissar-. — — Elf Uhr schlug es, als Meiner das Haus betrat, in dem Der Schauspieler wohnte. Sein Herz klopfte nun doch, indem et die Treppe hinunjtieg averl der sein« szcihe Vorsatz, den Freund aus einer unmündigen und qualenden Lage zu befreien, uverwand jede Re gung von S;i1wäche. Daß Rittner Franc nicht mit ab solut sicherem Beweis des Mordel ubersuhren tonnte, war ihm beiousztz er hatte sich aber in der illachi einen Trick ausgedacht, uni ihn durch Ueber raschung zu tioerruinpelm Wenn er Ihn. aus den Kopf zusagte, daß er sezbsl ihn ani fraglichen Abend in der Berileidurg des Regierungsrat-Z gesehen habe, dann war sein Spiel moglicheriveise gewonnen. llno er hatte sich, beooi er ins Haus trin, noch genau dessen unigeoung be trachtet, uiii durch Lotalsaroe seiner Lage Wahrscheinlichieit geben zu toiinei:. »Die braunen Türen an dein lan gen Vorplatze waren alle geschlossen, als titittner ihn vermi. irr zogerte noch einen Augenblick dor dein Cin gang, der Franks Visitentarte zeigte, uiid schopfte tief Atem. Dann hov er die Hand und tlopstr. Das »Ve«einl«, das ihm antwortete, tlang heiser und rauh. « Nun trat er ein und befand sich dem Mann gegenüber, dein in den lehren Tagen all seine Gedanken ge-’ goiteii hatten. Was er vor sich sah, ioar eine menschliche Raine. Von tiefen Fluchen und Schatten ioar da bleiche, bartlose Gesicht erflilltz blau-J liche Ringe lagen um die geroleten Augen. Eine ganze Geschichte oon Schuld, Verzweiflung, Trunk und Angst war udzulesen aus den der ioitierten Zügen. Als Franc auf siand, um seinen Besucher willkom men zu heißen, riß ein Taumel ihn Heim-aus« und mit Anstrengung nur gewann er eine festere Haltung. Die Parid aber, die er zum Gruß erhoben hatte, zitterte in der Lust; es war die Hand eines Winter-, der die Herr ,chaft über seine Glieder verloren hat. Starler als am Tage vorher tvar auch der Schnapllgeruch iin Hannierz die Flasche, die tltitmer bereits kann te« stand mit einem Wasserglas dane ben auf dem Schreidlifche. Sie ioar beinahe leer. Uin die dargebotene Hand nicht ergreifen zu müssen —- es cvidi rsiaiid ihm, einen Mann, dein er als Feind gegenubertrat, se zu begrüßet — liess Nittner schnell einen Handschiih fallen und biiclte sich, um ihn aufzu heben. Auch der andere machte hof lich einen Versuch, ihm behilflich zu sein, doch er taumelte wieder wie vor hin und mußte sich am Tisch halten, der vor deiii buntgebliimten Sofa stand. »Ich war aus Irrtum gestern schon hier.« sagte Rittner. Sie werden meine Karten betomntcn haben.« »Gewiß, Frau B—Becler hat sie mir gegeben.« Ein trinterisastes Ausstoßen hatte Frau Vetters Namen in seinem Munde in zwei Stücke gerissen, doch chien er sich des tierischen Lautes zu chämen. Ein leichtes Rot kam aus sein graues Gesicht, und er fügte mit tl1rerer, biihnenmäszig geschulter Stimme hinzu: «Bitte, wollen Sie nicht Plan nebuien?« Rittner sessie sich schweigend. Er beabsichtigte, Franc die Eröffnung des Gespräches zu überlassen. Der zupfte mit seiner zitternden band ein wenig an der gelblich-weißem mit ei nem Rosentranz bedruaten Tischdecke, die seine Wirtin dem erwarteten dor nehmen Herir zu Ehren ausgelegt hatte. Dann begann er mit seiner tiinstlich veherrschten Stimme zu sprechen.· »Sie haben mir geschrieben coe gen einer Wohltätigkeitsoorstels lang« — »Verzeil)en Sie, der Ausdruck war von mir ein wenig anders gewählt. Jch schrieb von einer Wohltätigkeits veranstaitung.« ,Diirste das nicht dasselbe seini« »Doch nicht. Jch beabsichtige keine Wohltätigteitsoorstellnng zu arran gieriea, tvie Sie vielleicht geglaubt ha ven. Und ich bat Sie auch nicht als Schar-spielen sondern als Mensch, mir oehiislickr zu sein.« »Jch verstehe Sie nicht ganz-" »Ich werde deutlicher sein. Eine Wohltat gedenle ich allerdings zu er weisen, aber nicht einem öxsenllichen Institut, eineut Kranken aus« ei ner Blindenanstalt oder derglei en,’ sondern einem einzelnen Meers enJ einem alten Freunde von mir, den Sie zufällig auch kennen, den Sie· auch sogar einmal Jhren Freund genannt haben. Jch spreche doni Regierungsrat Bruno von Dürins ger.« Jrant hatte sich gegen das Lichts gefest, so daß er mit seinem Gesicht» im Schatten blieb. Rittner sah des-s her nicht fein Erbleichen beim Klange dieses Namens. wohl oder ein schreck haltes Zacken wie ooii einem eleitris schen Schlage, das durch den ge lchiviichten ziorpei des elenden Men schen die-hinnen «Diiringer — ja, Düringer. Jch weiß, ich habe geleien." »Daß er unschuldig oerhaflel war, wollen Sie sagen, und jetzt wieder aus der Haft entlassen worden ist. Jch ioar in der angenehmen Lage, keine Freilassunij erzwingen zu lon U(1..« »Sie?« »Hu meiner großen Freude, ja Die Zeitungen have-i mich allerdings nicht genannt; ich hatte darum gede ten. elder Diiringer iii frei gewor den durch mich Denn ich vermochte kein Alidi zur Zeit des abscheulichen Mordes im Ihrer friiyereii eiollegiin der Schauspieierin Luni-via, durch eioliche Zwange zu beweisen. Wen-il ich damals am seloen ildend nicht noch eine Auslandreise angetreten hätt-, Iol l weite das natürlich gleich geschehen, und alle oie Ylot wäre meinem Freund erspart gedlieden.·« Die zufammengetriimmte rechte Hand Fraan die any dem Tische lag, dedle fo liarl, daß man das Illiikschlagen der Fingeripitzeii your. Beinahe klang es wie das- Klopfen des Totennnrmes in morschem Holz »Nun wiu iel Ihnen auch sage-n worin die meinem Freunde zu er weisende Wohltat benetzt Er idird seit Jahren oon einem Erpresser ve drängt und ist so töricht gewesen, immer wieder Gelddpfer sue die sen Menschen zu dringen. Ich möch te Sie nun singen, ob Sie bereit find, inir gegen diesen Erpresser zu helfen?' Irnnt versuchte zu lachen. doch klang es mehr ivie ein istöchelir »Ich Sie sragen sonderbar — ivie sollte rsenn ich« — «Bei der nahen Beziehung, in der Sie zii diesem Erpresser stehen, dürs ten Sie doch roth einigen Einfluß auf ihn haben.«· »Ich verstehe Sie nicht, mein Herrn« »Dann ninß ich noch deutlicher werden« Sie selbst haben jahrelang das doin Gesetz init wenig angeneh iiieii Folgen bedrohte Vervrecheri der Erpressnng an Ihrem früheren Freunde degnngen. Jch have die Briese gelesen, die das seidenen Die Briese sind vorhanden und tönnen jeden Augenblick deni Gericht innige-» den werden " i i ? ( Frniit lachte wieder sein röchelnsJ des Lachen, während immer häusige-" re Zuckungen, die teine Willengtrast unterdrücken tonnte, seinen gebroche iien Körper sihiilteltm Sein Kopf begann zu zittern wie der eines ganz alten Mannes »Sie sind ein nnterhaltender ein tluger Herri Sehr uiiierl,altend, sehr tlugl« »Ich danke fin das Kompliment, biiie jedoch uin eine suchlichere Ant wort. Wollen Sie die Geiieigiheit haben, diesen Nieders, in dein Sie sich verpflichten, meinen Freund mit An s,-ruchen jede. Art in Jutunst zu der schonen, gleich aus der Stelle zu un terschreileiit« Mit einem Ausgeboi ooii a::e1· ihm noch gebliebenen Engerie richtete Frant seinen vebenden Körper sur einen Augenblick hoch aus. »Nein!'« «’.Itein?« — »Nein Mensch soll mich dazu zwin gen, tein Mensch taiin mich dazu zwingen. Sie sind ia so tluw Sie wissen ja so viel« Er streckte seine zuckendeii hände aus und trallte sie zusammen, als wenn er etwas Un sichtbares damit paate und festhielte. »Dann iniissen Sie es auch wissen, dnsz ich ihn fest und sicher yalte in diesen meinen Händen« »Wirtiich?« «Jaivohl. Denn ich weis-, voii ihm, daß er ein Mörder ist." «Sie snd ein wenig hart in Ihren Augdriicten Es ivar tein Mord; es idur ein Totschlag aus Not wehr.« »Und wenn es das war —- seine Ehre. seine Stellung sind rettungslos verloren, sobald ich spreche.'« «Sie werden aber nicht spre chen.« «Wissen Sie das gewiß?'« »Ganz gewiß. Denn wenn Sie es täten, würden auch wir uns erlauben. zu sagen, was wir wissen. Jn der seloen Stunde noch ersuhre die Pon zei, wer die Schanspielerin Fiunervta ermordet han« Frant antwortete nicht gleich; seine teuchende Brust teimpsie uni Lust. Dann sprach der zischend und rauh. »Sagen kann man viele5.'« »Mitunter auch beweisen. ilnd ein eigentümlicher Zufall hat mich nicht nur meinen teund am Abend oom neunzehnten ebruar begegnen las sen, wodurch ich imstande war, ihn zu entlasten; er hist auch Sie mir am selben Adend in den Weg geführt, wodurch ich imstande bin« Sie zu be iasten.« «Wirtlichi« «Allerdings. hier Ihrem hause geseniiber befindet sich, ivie Sie wis Jen werden, ein Sattlerladen. Jch tause gern in solchen alten, kleinen Geschäften, weit man dort sicher ist, teiiie moderne Schundwaren zu be kommen. Dort hatte ich mir silr nieine Reise noch eine neue handh iche getauft und nahm sie gleich mit. Als ich aus dein Laden trat, offneie sich hier iin Hause im selben Augen dlick vie Tür, und Sie kamen ber aus. Jn der Maske meines Freun-» des, mit Pelz und braunem Pliiichs inn. Sein weiicht hatten Sie iu gut nachgeiihiiii, wie Sie es vor Jahren in Nürnberg gelernt haben. Als icy ihn —- bder Sie vielmehr — fah. rief ich seinen Namen, aber es fuhr« gerade ein Lastivagen vorüber, und. Sie hörten mich nicht und gingen ei lig die Straße hinunter. Ich hatte noch eine Beiorgung in anderer Mich tung zu ni.icheii, hatte auch nieinemi Freunde schon am Vormittag Leb ivohl gesagt — io ließ ich mich durch die Begegiiuiig nicht weiter aufhanl irii." »Sie würden eine hübsche Rolle spielen in einein Zauderniiirchen mit, Ihrer Allgkgenwart.« « »Verniu:iich. Aber hier handelt sich's nicht uiii ein Zauberi;iärcheii. sondern nni ieyr wirkliche, in gewis feiii Sinne grauiiime Tatsachen. Und um ganz nui dein Boden der Tann chen zu bleiben, ivill ich Ihnen anri dies noch sagen. Jch habe keine be-. Iondcee Neigung, mich zum freier-illu geii Geheiniagemcn der Polizei zis iiiacheii Die mng selber seyen, wie sie fertig ivird. Jch werde nur« met-n Sie iisich durch Eigeniinit dazu zwingen, der Polizei ooii nieitier Be-; gegiiuiig mit Ihnen Mitteilung ina cheii. Hinrichtiingen find nach inei iier Ansicht immer bruial und gestv schwieer Ich trage nicht gern zu solch einem Schauspiel bei. tlnd — iinier uns gesagt, Herr Frant — ich glaube, dasz siir Sie das Leben eine weit härtere Strafe ist als der Tod Auf Ihrem Gesicht hibe ich das ge lesen, gleich sit-z ich ins Zimmer lriit.» Sie haben ein Wesen getötet, das, zur Freude der Menschen erschaffen mar, Sie haben ein Lächeln ge-» inordet, das wie Sonnenschein leuch-« tete.« viittner sah ihm scharf ins Ge sicht, ivayiend er den legten Sah mit,A vesoiiderg eindringlicher Belonung,« mit einein Verweilen aus sedeni Wor te sprach Und er sa:;, das die Hing-, des anderen sich in einer Weise ver-« zerrte-i, die sie taiiin noch menschlichs erscheinen ließen; gleichzeitig wurde« sein ganzer dkdiper ivie von Fiel-er schauern geschrittelt. selber das gras .ichste war· daß er nun versuchte, sein ooii Angst und Verzweiflung Herrn-. senes Gesicht zum Lachen zu zwin gen. llnd iuirllich tani ein Lachen nuS seiner Brust, so dumpf und hohl, als idena es aus einein Grabe her-. oordriinge, während es ausrief: »Ei ne schön erdachte Geschichte —- schön ausgedacht, ivat«:!huftig!n Doch das Lachen erstielte plötzlich, das Gesicht ver-zerrte sich zu fassurigsloseni Wei nen, Tränen stürzten ihin aus den Augen. Er warf oie zusammengew genen Arme auf den Tisch, preßt-» den skopf darauf und ries: »Ein Lächeln geworden das tote Sonnenschein leuchtete —- sa, Ia, sa, ich hat-« es ge tanl Jch have sie geliebt, geliebt, ge liebt — und ich have sie getötet, weil ich sie liebiet« Sein yeuleiides Weinen klang durch deii stillen Sonntiiginurgen Nittner sah init einein Gemisch von Mitleid und Elel auf den ganz gedrocheiien Menschen, der sich nun aufrichtety ren Kopf niit aufgestützten Armen hielt und leise vor sich hinmurineltg während noch immer die Tränen ihin aus den Augen stürzten —- halli ein Bild ooii echter, Verzweiflung hald von tiäglicheni Trinteeelend. »Nun ist er heraus —- ist ausge sprochen —- ist gut. Sehr gut, sehr gut. Ich wäre daran erstickt. Es hat mich getotiegt, wie meine Hände sie getoijrgt haben. Jch hätte mich aus die Straße hinstellen mögen Und es lnut bernugschreietn m, ich hnb’ es gettinl Jch habe die halbe Nacht hier gesessen und hab’ es aufgeschrie ben, wieder nnd wieder, wie gren zenlos ich sie geliebt habe und wie das Gransen mich schüttelt, weil die Tote nun immer bei mir ist mit ih rem verzerrtem durch meine Hände lverzetrten Gesicht Geschrieben hob« ;ich und verbrannt —- geschrieben und verbrannt, um es losznwerden Aber sich bin es nicht losgetoorden — nie »nnrls nieman losgeworden!" ; Er brnch wieder in das heulende ’Weinen ans. Rittner schob seinen iStnhl ein wenig zitriickz er konnte sden Fuseldnnst nicht nicht ertragen, Ider den Weinenden umschwebte gleich seiner Wolle. Drch überwand er seinen Widerwillen und sagte: .Se ben Sie wohl, es tut gut, seinem Herzen Lust zu nmchen.« s iSchluß folgt-) --.-—— —- Unverdrssste Antwort. Lehrer: »Was fiihrt der Jäger int mer mit sich?« Karlchrru »Meine große Schwe ster«. —- Kin der m n nd. Häuschen smit seinem Pap» an einer Schenne vorübergehend): »Papa, werden die Männer nicht furchtbar müde von der langen — Flegelei?« —- Eine Verwechsluan ausgeschlossen sotelgast (znm Hansdiener): »Vertnn chen Sie mir aber meine Stiele nicht!" — »Ganz ansgeschlcssenx die anderen haben alle ganze Sohlen«.