Image provided by: University of Nebraska-Lincoln Libraries, Lincoln, NE
About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (April 12, 1917)
Änu Ringen werden Ketten Roman von Robert costs-ansch. (10. Idetietzung). Auf der Straße b küßte ihn eine freundliche Frühlings onne mit gli tigee Verheißung, doch waren seine Sinne für die Außenwelt derichlols sen. Er wartete ungeduldig an der nächsten Tranibahnhatiestelle, fuhr ein Stiick weit hinaus, bis die Li nie den Wall treuzte, sprung ab und eilte nun unter den kahlen Alleen des Wolles dahin, die der Sonnenschein mit einem noch silbernen zarten Licht zerhelttr. Noch zehn Minuten blieb er - stehen; dort vor ihm zur Linken war der Rauschen-dem von dein Herr Müller gesprochen hatte. Die Tür des Schuppens war an gelehnt, er tonnte ungehindert ersi treten. Es dauerte funf Minuten, bis er wieder heran-stand Jetzt er schien auch fein Gesicht von dem Son neiiticht des Frühlingstages erhellt. Angeitrengt, aber mit leuchtenden Augen fah Brennert auf einen Ge genstand in seiner Hand. Es war jedoch tein Ring — wenn er den etwa zu finden erwartet hatte ——-, was er in der Hand hielt, fondern ein ttei ner Jeden von weißem Stoff, der an einer Stelle durch einen Flecke-i von rötlichsgelder Farbe gekennzeichnet war. Brennert hiittte nach längerer peti fender Betrachtung den Fetzen sorg fällig in weißes Papier, daiiii ging er in Gefchwindjchriti nach der nach ften Drofchtenhaltestette, wo er in ei nen der wartenden Wagen sprang. Das Ziel, das er dein Kutscher nannte, war ein großes Friieurges ichäft an der Hersogktrißr. — — Dein Kriniinatdeaniteii war eine Ueberraschung zuteil geworden. Jetzt brachte der freundliche Frühtiiigsiesg eiiie solche auch in Jiiiu von Dilem gerg undiiitertes Henn. US war inr Geburt-sing uno iyr war das Herz noch schwerer ais sn der Zeit vorbei. Niemals- wiir ihr Mann gerade an diesem Tage sern ooii ihr gewesgn ieit sie verheiraiet waren, und er iyntte stets mit liebe boiten Ausinerlsanileiien das Fest verschönt. Heute lani von ihm nur ein Brief, iu der Untersuchungshail unter Kontrolle geschrieben, und er iuar so wehmutig und weich, freilich auch zugleich so unendlich liebevoll, dass er ihr die Tranen gewaltsam iii die Augen trieb. Etli, die fie schon in den letzten Tagen init immer we dernottrn Fragen gequält harte« ob denn der Vater nicht ein-nat zu Mut ters Geburtstag nach Hause toniine, siigte zur Ueberreichung einer heimlich nni Rosen und Vergiß-nunmehr be I«stietten Srroieitenhiiite neue, löst-ge Fragen, und auch die Trostungso:r suche der getreuen Köchin Anna, die niii üblichen Gluawiinschen und ei nein üblichen Hnazintaensloet herein kam, schusen lerne Ueburiestagsheiters leit. Ein besonderer Grund verstiminte Hedwig noch mehr. Eine ganz leise Vossnung war in ihr gewesen« daß dieser Lug ein Lebenszeichen von Ritlner bringen werden und ihr sei nen Ausenihaii berroien ioiirde. Vor vier Jahren, als er Deutschland in einem ungewöhnlich milden Winter einmal sehr spat verlassen hatte, und in den beiden Ioigenden Jahren war jedesmal eine Glüclwuriichiarte von ihm aus der Ferne yergestogen ge toniinen. Das letzte Jahr freilich war sie aiisgebliebem ttiittner hatte den Geburtstag osseiibar vergessen. Aber so ganz iin stillen hatte Hedwtg diesmal doch wieder aus einen Glück wunsch von ihm gehosst, und sie sitt-i te sich schmerzlich enttöuscht, als die Morgenposi lam, als-le die starre zu bringen« Daß in unserer Weit nichts gewis see ist als das linerioartete, sollte Hedivig bald ersayicii. Sie hatte das ttind in die tiiiche hinausge schiktt, weil sie sein ksragen heute nicht sertragen konnte« nnd Iasz unka iig am Fenster ihres Boiidoirs, in schnierzliche Grubelrien oeriunteii, die zn ieiiieni Zieie siiiisrten. Ein Glor teiiton schrectte sie aus. Sie wuß te, das diesmal nicht viele Glutin-un scheiide kommen wurden, weil das Feriibleiben früherer Bekannten sich in der testen Zeit noch deiiilicher gezeigt hatte. Nun ivolite sie aber auch gar niemand seyen und hatte der Itochin Austrag erteilt, jeden et taigen Besuch unter einem Vorivaisd dziiiveisem Aber sie tsorchte doch hinaus. Und nun tani die grau tsaarige Anna bereits mit gehemmt it-: vollem Gesicht ins Zimmer, um zu berichten: Gnädisge Frau müssen; schon entschuldigen, ich ioeisz ganz If dasz gaädige soll keinen esuch hereinla end Abee da draußen ist eine junge a me; die sieht mir gar nicht«aus, als ioenn sie nue zum Giiictwiinschen her gekommen wäre. Und sie macht ein so sonderbares Gesicht, und vielleicht ist sie hergekommen, uin —- und ich meine, tvie sollten sie doch empfangen gnädige Mant« hedtpig siihite, was Anna unaus gespeochen ließ. Daß dieser Besuch vielleicht aus ihren Mann und sein Schicksal Bezu hatte. Sie stand rasch ans und sagte: «Lassen Sie die sunge Dame hereinloinnien. Hat Sie’ gesagt, ivie sie heißti« : »Nein, sie will es nur der gnädi gen Frau sagen. Sie macht mir ei nen sehr ausgeregten Eindruck —! und wenn ich vielleicht in ver Nähe bieiben soll« — .Gehen Sie nur. Sie wird iiiir nichts zuleide tun.«· Anna ging, und nach wenigen Aa geriblicleii erschien die Besucherin iin Zimmer. Es war ein junges Mäd chen, ein wenig extravagant in dens Formen, aber vunlel nnd in solidei Stoffe gekleidet. Sie war wohl taum zwanzig Jahre alt, doch in dem · nassen Gesicht, dessen rechte Dankes vielleicht nur infolge der Aufregung, durch nerviifes ducken verhößlicht itvutbe, zeigten sich die großen grauen sAugen von bläulichen Schatten uni »geben. Sie atmete schnell und laut Hund ging mit unsichereik raschen ? Schritten auf sie zu. ) Bevor sie jedoch zu ihr herangekom men ioar, blieb sie stehen« wand-e sich Iiiach der Tür zuriict und fragte halb- i laut in besserem Tone: »Sino mirs allein, gnadige Iriiu?«« ; »Ganz allein." Ein liihles ErstauU neii war in Hedwigg Worten, dach» achtete die andere darauf nicht. Sie. lain nun wirklich ganz nahe zu ihr» heran, ergriff ihre ividerslrebeiiden Hände, brach plötzlich in Tränen aus und rief fchluchzend: »Retien Sie mich, gnädige Frau! Jch siehe Sie an: Reiten sie niich!'« »Sagen Sie iiiir zuerst, wag dies alles bedeutet und iver Sie fino.'· »Ja, ja, verzeihen Sie, trenii ich mich vergessen habe. Diese Qual — die entsetzliche Qual dieser letzten Ta ge — oh, ich habe Furchtbareg durch gemachtl Aber ich miil mich fassen — mit Gewalt mich fassen —- ioill ge ordnet iedeii. Wer ich bin, yabcii Sie gefragt. Sie teniieii wahrschein lich meinen Vater, Dem Namen nach !iveiiigftens, beii Pastor Weseiinieiir Ivon ver Nitolailirche." »Sie sind seine TochierZ Ihr Va ter ist mir betaniit. Ich have sexiie Predigten immer gern geeri." »Ja!" —- dag Ja klang wie riii tiefer Seufzer —- »ich bin Ieine Toch lck. chcli cigcllck Yilllllc lsl leLJiL Nun wissen Sie, giiiidige Frau, iveii Sie vor sich habet-, Und iih dais ei Jhnen jetzt ivuht sagen: ich bin cin iingliickliche5, elendes, verzweisettisz Geschöpf, dass- vei zhiien Trost und Hilfe sticht!«« Hedivig tvarf aus das exaltierte, träneniiherstrointe Gesicht vor ihr ei nen Blick, in dem Ablehnung iaid Mitleid iiiii die Herrschast tainpstein Dann sagte sie: »Beruhigeii Sie sieh, fassen Sie sich erst ein wenig. Scti zen Sie sich her iiiid sagen die inte, worin ich Ihnen dienen tann.'« Olga Wescnineier sani .aus den Sessei, den Hedivigs Hand ihr wieg, aber der steundiiaie zusprach schien sie niir noch mehr aufzuregen, und sie brach abermals in tranipsyastes Wei nen aus. Ein paar Augenblicke vergingen, bis es ihr iuiecer möglich ivar zu sprechen. »Sie wundern nat geivisz« gnadige Frau -— sind erstaunt uber mein Betragen. Ader Sie wis sen ja nicht —- teiiiieii mich nicht — tennen meinen Vater nicht —- oh, Cz ist entsetzlich! Vielleicht werden Sie mich besser verstehen, ivenn Sie ge sehen hauen — wenn ich Ihnen zeige. was ich iii der Tasche hier trage Sehen Sie —- sehen Sie« — Mit behenden, zuckeiiden Händen öffnete sie die gotddiaune Lederiasche, die sie trug, suchte darin, sand endlich nach vielen Bemühungen ein in Pa pier getviiieltes tleiiieg liiistchein zerrte das Papier davon ab, daß es in Fet zen ging, und öffnete das mit bunt tilumigeiii Stoss vetlel·:e, zierliche Be hältnis. Aus rosagesiirater Baum irolle lag in ihm ein ausblitsender. - goldener Ring ! »Da, da ist er —- iiiid nun hören ! Sie mich: der Ring, den ich hier habe, i stammt von ihr, von der Ermordeten, Ivon der Schauspielerin Kuiiewlal'« : «Von ihr —- vieser Ming"i« ded sivig war ausgestanden. uiii besser zu :sehen. »Ist er es. der in dieser Mordsache«« — s »Ja, sa! Das ist es sa» iveöhaivs ich zu Jhneii tomine, gnadige Iraiis Weit ich gelesen habe, diisz Jhr Herr Gemahl verhastet worden ist, nnd weil ich aus den Zeitungen sah, Dasis die Polizei nach diese-n Vliiige sucht.««s »Wie tommen Sie zu ihnit’" »Sie sollen es wissen, Jhnen will! ich es sagen. Eine Beichte ivill ichs Jhnen ablegen » Si: sind eine Frau l und tvetden mich verstehen. Es ist sa doch lein Verbrechen, einen Men schen zu bewundern und zu liebenl« »Gewiß nicht. -Sagen Sie inirl alle-U »Ich habe sie bewundert und geliebt —- sie, diese heieiiche, unglückselige Künstlerinl Aber von meinem Vater inusz ich erst no sprechen. Er ver dammt und hat alles, was zuml Theater gehört. Er hat mir stets» verboten, jemals hineinzugehen, und et glaubt heute noch, daß ich den sti szeii Zauber der Bliizne nie gefühlt habe. Vielleicht hat sein strenges Ver bot mich gerade begierig gemacht aus das, was mir veeiveltrt bleiben sollte. Vielleicht war es auch nur det heiße, glühende Schönheittduest in mir, ber mich trieb. Jch bin gegangen, heim lich, unter allerlei Vorwänden —- ein mal, zweimal —- oit und iister. Eine Freundin half mit, daß ei nicht ent deckt wurde. Unb aTl ich einmal die Kuneivta gesehen hatte, da gehörtes meine Sele ganz nnr ihr. Sie war inir die Vertiirperunxi alles Herrlichen und Großen. die Muse, die Kunst in vollendeter Gestalt. Ich hätte grin delt, wenn ich ineiii Leben siir fie, siir diese Göttin hätte hingeben dür sen!" »Aber wie lominen Sie zu dein ilting«t« «Jhre eigene Hand hat ihn mir gegeben« ihre thöne, gelten-e, jetzt er starrte, verwe ende band. Jch habe sie besucht — o mein Gott, verraten Sie niich nicht! Mit unwidersteh licher Gewalt hat es mich getrieben, die göttliche Kilnstlerin auch im Le ben teiinen zu lernen. Wer so spie len konnte wie sie, der mußte ja doch auch ein großer und edler Mensch fein. ilsloiiaielang aber hielt mich doch die Furcht vor meinem Vater zurück s-— eine Schan ielerni ist fiir ihn stets eine Berivorsenr. Dann aber, ali- ich sie im »Faust« gesehen hatte, als Gtuct und Verzweiflung von ihren Lippen iiber meine Seele dahingefliitet waren. da hielt te mich nicht mehr. Jch war bei ihr am Nachmittag ihres Todes iagesl« Ein wildes Weinen brach wieder aus ihrer Brust, verstummte jedoch, als Hedwig fragte: »Um welche Zeit waren Sie dorti Ich bitte Sie, fa geii Sie mir alles genau." »Es irat bald nach drei tihr; ich stahl mich fort, als meine Eltern ihren gewohnten Spaziergang mach ten. Jn einein Blumeiigeschäft taufle ich einen Strauß von gelben Rosen, den ich ihr bringen wollte. Meinen Mut gewaltsam ziisaninienfafsend, betrat ich ihr Haus uni- stieg die Treppe hinan. Jch iritielte beinahe vor Herztlopfeiu es war mir, als wenn ich das Heiligtum einer Göttin betreten sollte. Sie war allein, sie öffnete inir selbst auf mein Lauten. Ich ftaininelte ein paar Worte von Bewunderung, Verehrung, bot ihr die tltofem Ach, sie war giitig wie ein Engel gegen mich. Sie fuhrte iiiich in ihr Bondoir, plaudcrte mit inir, gab mich mir selber t:ieder, daß ich ihr sagen konnte. wag ich für sie fuhlte. Sie lachelie mich an « oh, dies Lächeln wird ausi iiiir schweben in meiner letzten Stunde. Brvcr ich aina" — »Wartn Sie lange dorts« »Vielleicht eine halbe Stunde, ins siir elvig unvergesztich, auch wenn die großliche Trngodte des Abend-s mir nicht jedes Wort von ihr noch tosts rarer gemacht hätte. Sie hielt, with rend sie sprach, meine Rosen iii ihrer Hnnd und gab ihnen damit in meinen Augen den Wert einer- Heiligluin5. Dnriim viit ich zuni Abschied um eine der von ihr berührten, geweihten Blumen zum Andenken an die herr lichen Minuten in ihrer Nähe. Sie lächelte und überlegte einen Augen ,blick; dinin sagte ne: »Rosen ver vliihen iiiid fallen ab. Sie solle-i ein dnuerhiistereg Andenken von mir hat-ein« Dnniit ging sie hinaus, tani ntser schnell zur-litt und gno mir diesen Ring. J weigerte mich, ein so kost biires Geschent anzunehmen, sie aber drängte mich dan mit den Worten: »Sie dürfen ihn ruhig nehmen. Er ist nicht iibermäszig tostbar, und sch trenne mich gern von ihm· Jch et hielt ihn vor Jahren in Niirnderg von jemand geschentt, von dem ich'« — damit brach sie ab, siigte dann aber hinzu: »nur-z und gut, ich treue mich, wenn er in Ihren Hän den ist.'« Ich sträubte mich nicht län ger, ich iviir überglücklich, solch ein Andenten von ihr zu erhalten. Ach, das Glück hat iiur kurze Jeit gediins ert — iim nächsten Lage schon stürzte mich die Nachricht von ihrem Tode in Berztveislung Ader dns wnr noch Schmka Vyllc Uuigsk Dur ir« ur gaiin ea, als die Nachricht iider das Verschiviiiden oeg Ringe-«- iii die Zei tungen tani, dann gar vie von der Verhastung Jh:e5 Verrn Gemahl-z die möglicherweise iainit iii Verbin dung stand. Ich have keine ruhige Minute iiiehr aehatst seitdem, und nun bitte ich Eie, nehmen und ver wahren Sie diesen uiigliictseligen Ring!« Waffen Sie mich ihn erst genau betrachten; ei soll ia eine Inschrift haben« — »Ja« ja, sehen Sie her! Die Buch staben J. D. stehen darin und hier das Datum: »l. Januar 1893«.« »Es ist richtig; so stand es auch in ter Zeitung. Biber wenn ich den Ring ioirklich nehmen soll, dann bin ich oerpsiichtet, ihn Ver Polizei zu übergebeii.« »Ich habe gesiirchtct, Sie würden das tun. aber trohdeiii bin ich ge kommen. Das eine nur bitte ich Sie: nennen Sie meinen Namen nicht. Mein Vater wiirde mir niemals ver geben, daß ich im Hause oer Schau spielerin war.« »Ich will tun, was ich kann, um Sie zu schonen. Aber versprechen kann ich nichts. iind Sie sagten ja, Sie wären gern siir die Kuiieivta gestorben. Dies ist auch ein Dienst, den Sie ihr und ihrem Andenken er aeisem Und er ist leichter ais ster n.« »Für sie, ja, siir sie will ich’s tun. Handeln Sie, wie Sie müssen, ich will ertragen, was daraus tomn;t. Ich werde start sein irn Gedenken an die Tote. Und nun leben Sie wohl, gnädige Frau, meine eit ist uin, ich werde von meinen El ern sonst ver mist.« - Hedwig geleitete sie freundlich zur" Tür, dann eilte fie zuriirt ins Zim mer, um den Ring noch einmal zu betrachten. «Dii bist ein gutes Ge biirtstagsgefchent,« sagte sie leise. Zum erstenmal ging wieder ein glück liches Lächeln über ihr Gesicht. Eilig kleidete sie sich zum Ausgehen an, verwahrte den Ring mit sein-in ttiistcheii sorgfältig in ihrer Hand tasche und verließ mit schnellen Schritten die Wohnung, uin den Ring auf das Polizeiblireau zu tragen. Aber dieses Tages Ueberraschun gen waren imm:r noch nicht erschöpft. Auf der Treppe tain der Postbaie Hedwig freundlich giuszeiid entgegen »Hat)en Sie etwas fiir michs« ,,:ltur eine Kritte, gnädige Frau.« Nur eine Narre! Wie leichthin der Mann die Worte sprach. Nur eine itarte war es freilich, aber sie bedeu dete Glück, Freiheit, Wiederherstejlung eines zerstörten Familienlebens! Denn sie war von Rittnerg Hand. taiii fernher aus der Oafe von Visiten brachte Glücktviinsche fiir Hedwig und erfüllte sie zugleich. Ein ausgeputz ter Stempel nannte das Hotet, ivo Rittner abgestiegen war, er selbst aber meldete. dafz er nach ziellosen Jrrsahrten dort ivirliich einen Ort gesunden habe, ina ein sonnebediirf tiger Mensch das Leben ertragen könne, daß er daher noch ein paar Wochen dort zii bleiben gedenke. Nun lvar die Verbindung mit ihm wieder hergesietlt, er war zu erreichen, konnte Zeugnis ablegen fiir seinen Freund, Brand mußte frei werden aus eilt ehrender Haft! i Welch ein Gebiiitagisgescbeiit, weich eiii Glüdt Hedwig dachte tauin noch an den Ring, an seine schwariiies rische lieberbringeriii. Sie eilte die Stufen so beflügelt hinunter, wie iiuk jemals in ihren Mädchenjahren, sie tief auf der Straße den ersten Wagen heran, der ihr entgegenlani, fuhr sum Telegraphenaint und entivarf exii langes Telegrainin aii Herrn von Tliittiier, Hotel Monopoh Oafe Bigtra in Algier. It- stl Q Hedwig wnr auf dem Wege zum Polizeibureaii gewesen. Jetzt uner legte fie, soweit ihr die behende Freude Fahigteit ließ, ruhig zu überlegen. wenn ihr Mann oesreit wurde, konnte sie mit ihm besprechen, ob es iiolig sei, den iltuig wirklich der Polizei zu udergeoeii. Vielleicht konnte Fraun-in Weseniiieier geschont werden. Viel leicht. Sie selbst war so giiialtch, daß es ihr Bedürfnis- ivar, au:t,- an dere glücklich zu sehen. Ein heller Juvel war in ihrer Seele, drang-e jie vorwärts ihrem nächsten Zier em gegen. So rasch als möglich nur seht Bruno von seiner Haftqual erlosenl Aber war dafür die Polizei die rich tige Adresse? Schwevte nicht über der mächtigen Behorde noch der math tigere Staatsanwaltt Ein Ausspruch ihres Manne-Z fiel ihr ein: »Man muß immer gleich an die hochsten Jnstnuzen gehen, wenn mati etwas erreichen will.« Sie hatte in der letzten, ich-deren Zeit häufig genug den Staatsanwalt Liideinann erwähnen hdren, um sich des Namens genau zu erinnern. Auch seine Wohnung lsntte sie durch ihren Mann erwähnen hdren. Dorthin beorderte sie den Wagen« der vor dem Telegraphenaint aus sie wartete. Sie hatte das Glück, den Staats anwalt in feiner Wohnung zu treffen. Mit ritterlicher Lierengwurdigkekt tain er ihr entgegen, und auf seinem vollen stindergeiicht glänzte ein so mildesp Lächeln, daß er einein tvohioerdieii« ten, wohloeieihirii lsherud nicht un ähiilich schien. - - Deolvlgb Quinte zitterten seist uetiit Voryolen der olgerischen Postlarte, nnd ebenso zitterte ihre Stimme beim Oriäutern ihres Besuches und ihtrö Anliegens. Der Staatsanwalt nahm die Karte, griss nach einer Brille und eiitstellte durch sie seiii Cherub-Z gestcht. Nachdem er oie wenigen Zei len sorgsaltig durchgelesen hate, gab er Hedioig oie tiarte zurück und sagte: »Das srettt mich, freut mich sehr sür Sie, gtiadige Frau. Der Durchgiinger ist also wirklich wies-er ausgesunden worden. Sobald nun die nötigen Formalitalcn erledigt worden sind, wird hossentlich nichts mehr itn Wege stehen« Jhrrii Herrn Gemahl seiner Familie ztirticizttgeben.'· »Fortnalitäten Z« »Ja —- Sie dachten wohl, ihn aus diese Posttarte hin gleich mitnehmen zu tönnent So rasch geht es teider nicht bei uns. Vorher tnuß noch Ver schiebeneg erledigt werden. Zunachsl müssen ivir die Antwort aus Ihr Te legramin abwarten und wissen, ob der Herr — von Rittner heißt er, nicht wahr? —- in der Lage ist, die von Jhrem Herrn Gemahl gemachten Angaben über das Zttsaniniensetii der beiden ani Abenl des neunzehnten Februar zur bestimmten Zeit bestä tigen und beschwören zu können. Jch hosse zubersichtlich daß er dazu im stande sein wird-. Jch habe nur niit schwerem Herzen den hastbesehi gegen Herrn von Duringer ausgestellt, und habe nie so recht an seine Schuld ge glaubt.«« »Ich danke Ihnen, Herr Staats anwalt, siir Jhre Worte.« »Bitte sehr, gnädige Frau. Die eigentlichen Farinaljtaten sangen je doch erst an, wenn der Herr von Ritt ner sich bereit erklärt hat, sein Zeug nis abzulegen. Er müßte dann ent weder die Reise hierher machen, urn" an Ort und Stelle eidiich vernommen zu werden, oder es iniiszte toinniissos rische Vernehmung dort vor dein nächsten deutschen Konsnlai, gleich falls natürlich eidlich, erfolgen. Herr von Riltner mußte sich selbst verständlich vor der betreffenden Be hörde genau legitimieren, wozu er als Auslandreisender freilich wohl sicher imstande sein wird, weil er als solcher ohnedies einen Paß nötig hat. Alles das inusz gemacht werden; allzu rasch wird sich die Sache, wie Sie sehen, also leider nicht abwicteln lassen." »Und so lange muiz mein Mann« — »Jn Haft bleiben. Ja, gnädige Frau. Darnn läßt sich leider nichts andern. Jch will ihni aber gleich Mitteilung von der Auffindung sei nes Freundes machen lassen. Die Nachricht wird ihn hoffentlich er freuen." « »Aber was kann ich tun, uin feine Freilafsnng zu deschleiiiiigeii't" »Jhrein ersten Telegraniin an Herrn von Ritinek ein zweites folgen lassen, in dein Sie die zu erfüllenden Formalitäteii, von denen ich sprach, hervorheben. Er wird· sie selbst ver niutlich tennen, ader gnadige Frau haven denn doch das Bewußtsein, alles getan zu haven, long in Ihren diriiften sieht. Und »sich ein Be wußtsein ist immer angenehin." »Ich will es tun, ich lvill gleich noch einmal zum Tetegraphenanit fahren, der Wagen wartet unten. Ich dante Ihnen, Herr Statitszaiiivalt.« Von Ludeniann zur Lur geleitet, ging sie rasch hinauf-. Aus der Lreppe tain ihr ein Herr entgegen, an dein sie vorbeigegangen ware, ohne ihn zu beachten, ioenn er sie nich« gegriiizt hätte. Hedwig erkannte init einein Gefühl des Undehageng ten Yolizeitotniniss sar Brennen. Sie erwiderte zuerst seinen Gruß nur stu«nni, ein Paar Stufen tiefer ader wandte sie sich zu rüct und sagte: »Herr dioniniissar, ich habe heute eine tiarte von Herrn oon Rittiier betont-neu nnd tenne nun seinen Auseiithaiisorr Ich have die nötigen Schritte schon getan, daß l mein Mann durch ihti von einein un livürdigeii, auf ihn geivorseiieii Ver-· dachte besteii wird.« Stolz und lin tvilleii gegen den vermeintlichen Zer sftörer ihres Glückes deinen in ihrer bhelleih erhobenen Stimme. Brennert aber nah-n ihre Mitlei luiig mit uiigetiiiisteiter nnd unver hohtciier Freude aus. »Das ist sa Ischo«n, gnadige Frau, da grauiliere ich von Herzen. W.;lsil)asiig, das freut tiiich.«' »Sie steuen sich darüber — Sie?«' »Warum nichts Halten auch Sie den Polizeibeamten sur eineti Men schen, deiit es Freude macht, Unheil zu stiftent Es wird unsereinem hau stg schwer genug, seine Pslichi zu iuii. Ihren Herrn Gemahl bald de freit zu sehen, wurde mich aufrichtig sreuen, und vielleicht wäre auch ohtie die heutige Nachricht« — Er brach ab uiio siigte init einein eigentümlichen Lachelii hinzu: »Nun, es ist sedensallg eiiisacher so. Ich empsehle mich Ihnen, grindige Frau.« Sein Lächeln und seine isaiv nur ausgesprochenen Worte oeschastigien Vedivig noch einen Augenblick. Hai ten sie nicht getluiigen, als- ioeiiti er hatte sagen wollen: «Vielleicht iväre auch ohne die heutige Nachricht ihr Herr Gemahl srei geworden-" US war iiidglich Ader was halfen ihr Verinutuiigenk cie ioollie Gewiß heit, und so rasch als iuniich cic stlhr den Weg zum Heleijras pheiiami zurint, ubcrxegns sich iiii Jahren schon die deutlichsie iltio ein sachite Form der Yepesche aii Witt ner und sandte diese ziteite hinter der ersten her. Jn kurzen zwischen rauincn mußten beide zu ihm ge langen. Leu Wagen schickte sie jetzt fort und ging langsam durch die srische Fruhlingglust nnrh Hause. Die Dämmerung war schon getoitinien und hatte seine, blaue Dunste mit gebracht, in denen die seiten kforiiten oerschioainiiieii. pgedtoig niac eg, als hatte sich auch uber die leuchtende Welt ihrer Freude solch eiii Schleier gebteitet« unter kein der Glanz er blaßte. Sie hatte so sicher gehosst, Eilig immer wachsende ungeduldige Sehnsucht nach deitt Vater heute mit den Worten beschwichtigen zu tön nen: »Er kommt —- iiiorgen, über morgen tommt er zu uns zurück Und hinter der Sehnsucht des dein des verbarg sich bei ihr die eigene, größere, heißem Der Frühlings ateiii, der hossnungsvoll aus der Erde hervorströrnte, iiahrte, oerstärtte sie, machte sie bedrängend grosz intd ließ die einsame Frau vor sich selbst er röten in dieser milden Daiinneriing So betrat sie die Wohnung, und von des Kindes Lippen tatn die ge tnohnte Frage: »hat Vater geschrie ben? Kommt er noch iinrner nicht«-« Sie konnte sich nicht entschließen. auch heute die gewohnte Antwort zit geben. »Er wird to:nmen,« sagte sie, ,,bald wird er tonimeti.'· Und nun jubelte das Kind« laut heraus über die Nachricht, begann einen Freudentanz nnd stiirmte dann in die Küche, nm die alte, getreue An tia teilhaben ztt lassen an ihrem Glück. Hedwig war es gewohnt geworden, wenig zu schlafen, und so war eg auch in dieser Nacht. Aber neben dem Kummer, der so manche Stunde neben ihrem Lager mit ihr gemacht hatte, stand nun die lächelnde hoff-. nung Sie verhieß, malte tret-d dolle Bilder, mahnte leite zur Ge-. duld Jn den Morgenschlaf hinein der Hedwig endlich doch überfallen hatte«« tönte der helle Ton der elektrischen Glocke. Sie fuhr empor wagt-. taum zu glauben, daß die Antwort auf ihr Telegramm schon eingetrof fen tei, und hoffte doch darauf mit laut tlopfendem Herzen. Und with lich tam die grauhaarige Dienern-« herein, hielt etwas Weißes in den« Hand und tnnrrte: »Me, aber daß die Leute auch to riiitfichtslos find und um so ne Zeit tchon Depeichm in der Welt hernmjchieten. Gnädigs Frau hätten doch gewiß gern noch ein bißchen geschlafen.« Ach nein, für dieie Depesche hättt sie gern den Schlaf mancher Nacht geopiertl Aus Bistra war ja das Lelegrainnt, Von Rittner unterzeichsei net und brachte Befreiungsdotichafsi in den wenigen Worten-: »Ist ja eiss Etandall Kann alles beschwörte Komme Iofortx Er tam, er brachte pas Opfer-, aus dem Sonnentande zurückzukommen rqi Deutschlands trügerischen Frühlings-· Er wollte den Eid leisten, der tust ihren Mann Entlastung, llntchuldq zkretheit dedeutetel Jiun wand-Um sich die Hoftnttng bald in Gewishetik nnd Gliictt Elli toar mit nackten Füßen aus dem Bett gesprungen, drängte ttch an Hedwig. »Du weinft ja, Mutter — ttt Vater trank?« .« »Nein, Elli, nein, ich weine vor; Freude. Nun lornmt er wirllich.«« «Wann denn, wannt Kommt et heute-" »Mein, heute noch nicht. Aber bald —- in einer Woche vielleicht.'« ,,Eine Woche nachtl Eine ganze lange, lange, lange Wochek ,,Vielleicht auch ein wenig schnel ler, vielleicht, ich weiß es nicht ges nau.·' « . »L-"UD lsl klUcc UUUJ slllllllolll UUIUI« Mutter. Du iiiiissen tvir uns was Wunderschrines ausbeuten sur den Eng, wenn er tonimt.« · Mit ihren Plänen für dies »Man-i Verschöne« verrurzie txtli der Motten ein wenig die folgenden Tage des tin-i iner iiory schweren Warten-« Einmal-. tiiiii nur-) ein zweite-;- LLelegrnniin von« lttittiieiy tin-Z ein-z Paris ivrir, von set-i: iier dortigen telntuiift berichteie uns« meldete, oiifz et nin nachsteii Vor-il iiiiiing iiiicif Deutschland iibreisens wolle-. Jetzi toiiiite dzeoioig unsresqu nen, iviiiin er ioniineii inufzte. Gi vergrub sich ins ztursbuetx studierte jeden einzelnen Zug und fund tits nus, Viifz veitiner spät in ver Nacht erst eintreffen toiinie. Bis zum nan sieii Morgen iniißie sie sich geduldig iiver Dieser toniniende Teig inufzte vix weihen dringen für ihren Manti. Als der Morgen yet.iufstieg, gab ev ein wenig sesttiiglietseg Licht. Es tnisI nur langsnin, ivollte nicht tvachfenkk zeigte drinn, eile ez doch iillinäylitj» eisrurtt ivni, eine häßliche Welt. Ein nug dicken Regentropsen und schnee stocken geivirkier Schleier suiit Durch die Lqu tferiib nnd legte sich in feuch-: ien, riifch iiiigefchinugteii Ballen aus Den Boden. Avei sur Hedioig totqu Das alles ivie heller Sonnenschein. »Wenn ver griiue Morgen hatte iytts eine Positnrie gebracht, von Nittiieri" eilig unmittelbar niiey feiner Ankunft iici lOriiel geschrieben, eiie feinen Be-« such iiuf tu ityr iiiinietesete So ioric er Denn wirtlich getoninien, der Br freier und Oelferl , Immerhin innizsen noch zwei Sinn-s ten oig Vnhxn versehen, uno sie schli mm langsam genug. Hebung oerq mochte nicht still sitzen zu Vleiveii; fis iouuoerte rastlos uns einem Zimmer in die nnderen, die sie alle hnne off nen und erwarmen lnssen, und sey oeinnil, ioenn sie vno zrnistern des Lfensenero ini Zimmer ihres Mannes horte, ilnng es ihr nne ein Willkomq nienggrufz fiir den znrncleriourlelell Herrn ocs Hauses. Ein Gedante nuq veunruhigle sie noch bei diesem links-. duloigen, hoffnungsvollen Umher iv.mdern. Er iour zurückgedräan worden Durch die Aus-steht auf Niisq ners dlommen und ganz erstorben fUI ein pnnr Tuge, oimn aber wiede( langsam erwacht LE- loor die Erinq nernng, un den Fund im Seil-Mit Iihres Ulinnneo und, niil ihr verbrin Tden, die Frage-, eh sie Riitner oon idiesein Fund etwas erzählen folle. i Sie erwog, zweifelte, bejahte und ver f neinre, doch war das Bedürfnis, end ! lich einmal die ganze Last von ihrem Herzen zu wälzen, nn diesem Tage so sinkt, ihre Lebensenkrgie durch die neue Hoffnung so frisch geworden« »daß eine Besuhung das Ergebnis ih res Ueberiegeng war-. »Ich will es ihm sagen«, inurmelle sie und niiiic heftäiigend. Line Minute fehlte noch un 10 llhr, als Niilner inm. Er legte nicht nb im Korridor, sondern trat ein, wie er war, in einen weilen Pelz gthllfss unter dein eine kurze Pelzjaele het vorschaute, ioenn ee ihn öffiieie, mit einem dicken, weißen Sehnt um dm Heils. f Hedwig ging ihni entgegen, siteckic beide hände zu bewegier Begeiifzun mach ihm aus. »Alfo wirklich sing « Sie gekommen, Herr von Nimm-, ich bin Ihnen so dankbar, so donllniths i Gorlsetzung WILL » X