Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, April 05, 1917, Sonntagsblatt, Image 12

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    »Der Tutk Ertr.
Novellme Mike Ver-end.
Es ist nicht leicht« seine Jllusionen
iiber nahe Verwandte aufrecht zu er
halten« Familienangehörige lernen
Ich allzu gnt kennen
Daher lehrte Tante Anna heute
recht derstimmt in ihr stilles Heim
zurück. -
Man hatte sie wieder einmal mit
vielen schönen Reden zum Abendbrot
f in das Haus ihres ältesten Neffen ge
lockt. Alten Leuten bekommt es oieä
besser. allein zu essen. Alle die gu
ten Sachen, ins n man ihr hatte
chrneweln wolle-US agen i r nun wie
lei im Magen. Aber n t das al
lein ergrimmte sie. Wieder einmal
hatte sie einsehen nisssen, daß die
Leute, denen sie gezwungen war. ihr
Geld zu hinterlassen· keine Jdelele
hatten, ganz anders geartet waren
. als die Menschen ihrer Jugend.
Hans wie Käthe hatten sich nicht
geniert, im gegenseitigen Beiseite zu
ertlärern daß die Ehe nichts als eine
Gewohnheit sei. Hinz hatte noch
obendrein hinzugefügt: «Meist sogar
eine schlechte«. Woraus Käthcheru
statt aus dini Zimmer zu gehen- wie
es zu Taute Annae Zeit jede an
ständige Frau getan hätte, nicht nur
herzhast lachte, sondern, wie Tante
Anna deutlich im Spiegel beobachten
Sonate sogar mittels Taschentuchs
gewaltsam ein lautes Gelächter nn
terdtiiccte. als Tante Anna behaup
tete, daß es noch diele Ehen gäbe,
die ein Paradies auf Erden waren.
Nein. es war lein Vergnügen« sol
chen leichtsinnig dentenden Geschöpfen
sein hübsches Vermögen hinterlasfen
zu müssen. Zu müssen? Mußte sie
es denn-? Niemand lonnte sie dazu
zwingen. Aber sie wußte leider nie
mand Beisam. Jn der Verwandt
schaft war teiner, der ihr zu diesem
Zweck tauglich gewesen. Das war
eben der Fehler oder das Glück des
Familienlebens-: man lernt sich zu
gut rennen. Bei Fremden aver weis
man garnicht, woran man ist· Hans
war wenigstens als Kind reizend und
ihr Liebling gewesen. So wollte sie
schon bei ihrem Entschlusse bteiben.
Denn das Geld einer Stiftung zii
geben, mißfiel ihr erst recht. Be
diirstige Leute hatte sie stets von Her
zen bedauert, aber sie waren ihr trotz
dem immer unappetitlich gewesen.
Sollte ihr sorgsam zusammengehal
tenes Geld vielleicht unredlichen Leu
ten zugute kommen? Oder minn
siens Geschöpfen, die sich nicht einmal
ainI Tage die Zähne puptem Sie
schüttelte sich vor Grauen bei diesem
Gedanten.
Es war überhaupt nicht der rechte
Augenblick, an unredliche Leute zu
denken. Denn es war elf Uhr nachts
und Tante Anna schloß ganz still
ihre einsame Wohnung aus. Natür
lich schien es ihr sosort« als wäre
jemand inzwischen am Schloß gewe
sen« Das dachte sie allerdings bei
jeder Rückkehr. Daß sie trotzdem
Hansens Begleitung abgelehnt hatte.
war nur aus Rücksicht aus seine Ehe
und schließlich aiich aus ihr Vermo
gen geschehen. Einem so hübschen
Mann mit solchen Ansichten brauchte
man nicht unnötigerweise Gelegenheit
zu geben, in später Nacht allein aus
zugehen. Er brauchte nur eine leicht
sertige Bekanntschaft zu machen und
das Unaliick wäre da.
Vorsicht ist die erste Pflicht des
vernünftigen Menschen. lind gisnz
besonders des Alleinstelienden
Darum ging Fräulein Anna auch
nie zur Ruhe, bevor sie unter dig
Bett gesehen. Schon als sechsjähri
ges Kind hatte sie damit degonnen,
als man ihr eines Abends ein
schnuerliches Märchen erzählt hatte«
von einein Räuber, der ein Prin
gewesen« Bierundsechzig Jahr-. lang
war sie dieser Gewohnheit treu ge
blieben. An die sünsundzwouzsg
tausend Mal hatte sie sich vergeblich
gebückt. Und als sie sich heute gäh
nend die Nachthaube aussegte, dachte
sie, daß sie sich wohl einmal diese
Mühe sparen könne.
Aber nicht nur die Ehe ist eine
Gewohnheit Noch heoor Tante Anna
ihre Zähne ins Wasserglas legte,
hatte tie sich. ohne es zu wissen, mit
leichtem Aechzen gebückt —- — —
Mit entsestem Schrei roar sie zu
tückgesahren
Jede susdauer wird einmal be
lohnt. Unter dein Bette lag ein
Mann.
Aus vielen Kasseetränzchen hatte
man erörtert, wie man sich in sol
chem Falle denehtnen müsse. Man
sollte ruhig einige Schritte durch das
Zimmer machen, dann halblaut. mit
heiserer Stimme sliisternx »Ach, da
habi ich in wieder den Schlüssel der
gossen' und nun hinausstcrzem um
schleunigst den Schlussel m drau
ßen umzudrehen. Aus diese höchst
einsache Weise hatte man den Dieb
wie die Maus in der Falle.
Idee zwischen Theorie und Prain
liegt ein weites seid.
sei räuletn Anna tpen tier
sagten « guten Lehren e jede
weitere Uederlegang sont in- den
nächsten Sesset und murme te: Weiß
M, daif wirklich sen-ask
Sie hatte ei noch nicht iu Ende
sehnt-ihn als schon ein junger Mann,
Jim Gesellschaftseinqu eine tadellose
Verbeugung vor ihr machte und um
Entschuldigung sür die späte Stö
srung bat
Und wieder zeigte ßch die Macht
der Gewohnheit Fräulein Anna
rätete sich aus und griisste höflich
zurück.
«Franz Irribnrg«, sagte der Frem
de. sich mit torretter Verbeugung vor
Istellend
i Fräulein Anna atmete aus. Sie
Ihatte es offenbar mit einem gebil
deten Manne zu tun. Dantbar sie!
ihr ein, daß sie den Schlafrock noch
nicht abgestreift hatte.
Inzwischen hatte der luohlerzogene
junge Mann zu sprechen begonnen.
Er sagte, daß er Fräulein Anna in
·aller Ruhe etwas auseinandersetzen
wolle. Sie brauche teine Furcht vor
ihm zu haben. Er sei lein Mörder.
Bei diesem Worte schauderte Fräu
lein Anna zusammen, odile»-e9 zu
wollen.
Der junge Mann sah ess« und in
dein er ihr das schon siir die Zähne
bereitgestellte Wasserglas reichte, sagte
er seenndlich: adlrinlen Eie. alte
Dante. Es wird Jhnen gut tun.
Jch habe zwar Medizin studiert, aber
ich halte trotzdem Wasser für das
beste Beruhigungsmittel.«
Fräulein Anna trant dankbar ei
n Schluck des gereichlen Wasserg,
aber im selben Augenblick durchzuckte
sie der Gedanke, daß das Wasser
dergistei sein tönne. Ein neuer
Schauder schüttelte sie. und sie stellte
das Glas entsth aus der Hand.
·Jrnmer mutig nach ein Schlück
chen.'· sagte der studierte Mediziner,
·in Ihrem Alter ist solche Auske
gung lein Vergnügen Aber. rvie
gesagt« ein Mörder bin ich nicht.
Nicht etwa weil ich den einzelnen
Menschen besonders hoch schätze, son
dern weil es mir meine gute Erz-e
hung oerbietet.«
Fräulein Anna nahm doch noch
einen Schluck Wasser. Sie dachte mit
Entseßern was alles hätte geschehen
können, wenn dieser junge Mann eine
weniger gute Erziehung genossen.
Und daß es Leute gab, die alle strenge
Zucht derspotteten und alles aus Vet
anlagung zurückführen wollten«
»Ja. junger Mann. eine gute Er
ziehung ist eine schöne Sache,« sagte
ne.
Ct ver-beugte sllll und oaiic:e sur
ihr weitgeheiides Verständnis.
»Aber leider ist es nicht das Ver-«
ständnis allein, das ich briiiiche,«
siigte er höslich hinzu, »Voin Ver
ständnis allein iiinn auch der Beste
nicht leben.«
»Aber Ihre medizinischen Kennt
nisse, Herr Dottor«?« sragte Fräulein
Anna und bat ihren Besuch mit einer
liebenswürdigen, wenn auch etwas
izitternden handbewegung, endlich
Platz zu nehmen.
i Er danlte und sagte, daß er nun
leinrnal daran gewöhnt sei, seine Ge
schiiste stehenden Fußes zu erledigen.
»Ganz wie eS Jhnen iini bequem-«
sten ist,« antwortete seine lieber-:
,wiirdige Wirtin.
l »Sie werden erraten haben, daß ich
sein Anliegen in Sie habe,« suhe der
!
junge Mann fort.
Fräulein Anna dachte dar.in, ihm
Frosch einen Geldbetrag anzubieten
jDenn so liebenstvurdig ihr Besucher
liiiich war, sie wäre doch lieber allein
:gewesen. Unglücklicherweise hatte sie
in ihrer übertriebenen Vorsicht auch
heute nur wenige Zehnpsennigstiitie
sim Porteinonnaie. Unmöglich aber
konnte sie vor den Augen dieses wohl
serzogenen aber immerhin doch etwis
,derdachtigeii MinM un ihre Kas
sette gehen. Die ohnedieo im Grunde
sihrez Waschrschrantes versteckt w.:r.
icie versuchte also das Gespräch aus
.andere Bahnen zu lenken und sagte
daß eH ihni gewiß an degiiteter Pri
jvatpraris fehle. Sie wollte ihm gern
einige Adressen geben und ihn einp
schlen.
Er lächelte ganz charrnani und
sagte, daß es mehr als liebenswürdig
Ivon ihr sei, siir die Vergrößerung
seiner Praxis sorgen zu wollen. Ohne
Zögern notierte er sich die genannten
Namen und Adressen und bat nur.
bei jedem auch die Stunde wissen zu
dürfen, zu der der Betressende nickii
anwesend sei. Um vergebliche Beniiii
hungert zu vermeiden·
sDann steckte er das Notizbuch ein
und sagte: »Nun eine ileirie Neben
srage, gnädiget Fräulein: Wo befin
yet sieh das Geld. das Sie im hause
haben, und wieviel ist eö?«
Fräulein Anna sprang auf
.Sie wollen eine gute Erziehung
gehabt haben,« wollte sie empört ru
sen, aber iin gieichen Augenblick be
inerite sie, dass ihr Gegenüber einen
Revolpee in der d hielt. Sie
verstummte, sank weder in den Ses
sel und streckte nur abwehrend die
hand aus.
»Nein Grund zur Morgen-I
sagte der junge Mann lächelnd. »Eure
ganz harmlose Angelegenheit So
wie andere Männer immer eine Zi
gutetse zwilchen den Zins-m baden
miissen, wenn ihnen wohl sein soll,
so habe ich rnir angewhnt, ein Ie
doloerihen zu drehen-«
.sehr interessant,« sliisteeie Fräu
lein Ewige dotsieglen Ding-n das
sesir te, ansene m zu
machen
ins-i Mei- nin cis-«
Mnek how- sei-ni
Anna. »Was verstehen Sie darun
.hauptsache tsi leider immer das
Gelh,« antwortete ver GefragteJ
freundlich-und drückte sein Bedauern l
an dieser Tatsache ein«-, an der er.l
aber unschuldig kei, denn er habe
leider nicht diese Welt erschaffen.
« Fräulein Anna nah-n alle Kraft
kzusanttnen und sagte rnit beinahe fe
ster Stimme, daß sie ganz außer»srch
Evvr Bedauern sei-f aber sie habe gar
lnichttt ien hause.
Der Mepiziuer lachte erheitert auf.
Rennen wir, Tantchen,« sagte er
und spielte unangenehtn lebhaft rnit
seinem Zigarettenersiitz. «Seien Sie
vernünftig,« riet er, «bringen wir
uns nicht unnötig auch urn vie zweite
Qälfte ver Nachts«
.Jrh verstehe nicht — ein Mann
von Jhretn Bildungsgrad —- mit sal
eher Erziehung!« stöhnte Fräulein
Anna. .»
Der Wohlegogene öffnete den Wä
schesatrant und sagte: »Wenn nicht
alle Erfahrung lltmnn ist« dann haft
du hier deine schätze, gutes Tant
chen.«
Fräulein Anna brach in Tränen
Altd. ««
Nicht nur, weil der Eindringling
in ihrer sorgsam gefalteten Wäsche
herumwühlte, wie auf einem Kar
toffelacker. Seine vertraute Anrede
hatte sie an ihren guten Neffen erin
nert. »Gutes Tantchen« hatte et sie
von klein auf gen.mnt. Warum hatte
sie feine liebevolle Begleitung abges
lehntZ Seinen guten Rat, nicht aus
Sparsamkeit allem zu wohnen, mig
lichtet?
Reue ist meist eine verspätete An
gelegenheit.
Tante Anna schluchzte laut und
heftig auf, als der Stuhierte mit ,ra
scher Fachlenntnis vie schwere KO
sette aus einem rosnrotrn Flnnellroel
hetauswirteltr.
»So weit wären tvir also,« be
mertte er befriedigt.
Dann prüfte er pas Schloß. Er
kämpfte die Nase.
«Patent«, sagte er. «Sogenannt
diebessrcher Gutes Inntrhen, ich
muß Sie un: den Schlüssel ersu
eben.« —
« Tante Anna schluchzte bei dieser
plumpen Vertraulichteit aufs neue
hestig aus« Sie hatte gern gesagt,
daß sie den Schlüssel nicht im hause
habe. Aber der studierte junge
Mann hatte die Kassette unter dem
Arm und in der Rechten schon wie
der sein gesährliches Rauchzeug
Tante Anna wendete sich ein we
nig zur Seite nnd holte aus einem
gelben Ledertäschchem das ihr aur
dem Herzen lag, den Schlüssel her
dor.
Einen Augenblick später schnappte
er schon im Schloß und dir Aassette
twar eröffnet
Cs tlirrle und taschelte durchs
Zimmer und Tante Anna kannte vor
Tränen nichts mehr sehen.
Erst eine neue Liebenswiitdigteit
ihres Besuches ries sie aus ihrer Ver
suntenheit.
Aus ihren Schoß slog das dicke
Bündel Psandbriesr.
»Das behalten Sie nut,« waren
die begleitenden Worte. »Damit spa
ren wir uns beide Aerger.«
Tante Anna mühte sich zu einem
dankbaren Lächeln. Aber zu ihr-m
Schreck sah sie, daß sich das Gesicht
des eifrig Zählenden jeht ärgerlich
bezog.
»Hu wenig« sagte er. »Von Ih
nen tann man mehr verlangen. Ohne
Grund steht man nicht im Adres
buch der Millionäre.«
»Das idar ein Druckiehler," der
suchte Fräulein Anna abzuwehren.
« »Warum leugnen? Jn meinen
Augen ist das keine Schande,« ant
wortete der Besucher nachslchtig.
»Aber das Leben ist leider kurz."
I »Was wollen Sie damit sagenr«
Iunterbrach ihn Fräulein Anna angst
doll.
i »Nichts, als daß ich Sie leider auch
um Jhre Schmucksachen ersuchen
muß,« war die liebenswürdige Ant
wort, der auch diesmal nicht die
korrekte Salonderbeugung sehltc.
Fräulein Anna verwunschte ihre
sübeririebene Vorsicht, die sie stets ge
Ihindert hatte, viel Bargeld im hauz
szu haben.
« Sie sah ein« es blieb ihr nichts an
deres übrig, als ihren Gast in den
«Salon zu bitten, ioo sich in einem
lGeheirnsacks des Silberschrants die
iSchmucksachen bargen.
l Es waren schbne Stücke dabei
Manrhes kostbare Familien-Andenken.
Als die Perlenschnur zum Vor
schein kam, die auszulegen Fräulein
Anna niemals den Mut gehabt hatte,
wurde ihr die Freude zuteil, ihren
Gast zum ersten Male vollaus bestie
digt zu sehen.
»Diese Erbschen sind brauchbar,«s
sagte er und wars ihr einen Blick
herzlicher Anerkennung zu.
Nachdem er nun das geleerte Ge
heimsa in seine Verborgenheit hatte
zurücks nellen lassen. widmete er dem
Silbetscheank eine schnelle Prüfung.
Er seusgte ein wenig blasiert, wäh
rend er seinen Jnhat sehr geschickt
in den Taschen seines glänzend ge
arbeiteken Angugei verschwinden liest,
und erklärte dabei, daß Silber zwar
heutzutage wenig Wert habe, aber,
wenn man billig zu .einer Sache
läute, tät-e man sie schließlich auch
ohne ·, billig vertausen
·Pmttslch- lvlche Isle tragt-.
;
l
i
l
r
I
I
er dannini liebenswürdigen Konser
sationjtom als er bemerkte, das-,
Fräulein Anna sein Tun mit aus
gerissenen Augen versolgte.
i »Seht praktisch-« erwiderte sie bös
ich.
»Nun habe ich noch eine kleine
Bitte« allerdings auch die leite,« sagte
Herr Freiburg .So sehr es mir
als Kavalier widerstrebt. eine Dame
in Ihren Jahren zu bemühen, muß
ich Sie ersuchen, mir persdnlich die
Haustür auszuschließen Man kann
nie wissen, wem nian aus einer stern-l
den Treppe begegnet. und mein Ar
beitsprinzip ist: Ende gut, alles gut.«
Er hatte aus einer seiner Taschen
einen Ehapeau Claque hervorschnel
len lassen, init rascher Biicknng unter
dem Bett einen zusammengelegtenl
Pelz hervor-gezogen, den er schnell
mit der Sehildpattbiirste von Frau
lein Annae Toilettentlsch adsteiuhte,
ehe er in ihn hineinschlüpftr. Nach
dem er die Bursie und noch-eini3ens
unnützen Rieintrarn an Silberhiichsenl
in seinen Taschen hatte verschwinden
lassen. sagte er mit liebenswürdigem
Lächeln, daß er bereit zum Gehen sei.l
Damit legte er auch Fräulein’
Anna ihren Pelzmantel um. l
»Mir leine Ertiiltung, alte Dame,«
sagte er herzlich. l
Er reichte ihr auch selbst rens
HausschliisseL den er aus dg eigenen;
Tasche zog. und sah dabei in seineml
Pelz s elegant aus, daß das Frau-»
lein ene Entschuldigung iiber ihren
eigenen unvolltornmenen Anzug her
vorstarnmelte.
»Es ist mir wirllich peinlich, Herr
Doltor,«' stotterte sie.
Reine Ursache«. war die liebens
würdige Erwider«,.g, nnd während
sich der Gast noch einmal uins.il). oh
er auch nichts vergessen hatte, siigfe
er hinzu: .Noblesse obligr. Ver
trauen gegen Vertrauen. Jch maße
mir nicht gern an. was mir nicht
gebührt. Jch bin nichtDoiior, mein
Fräulein. Ich wollte es nur wer
den. Aber da war lein Geld zum
Studium. und so suchte ich mir einen
Beruf, der keine langen Vorlenntnisse
verlangt, sondern nur aus Latene
heruht.«
»An-ten junger Mann,« schluchzte
Fräulein Anna aus«
»Fassen Sie sich,« sagte Freiburg
aiitia.
O
Swie waren nun an der Sau-Mit
Franz Freiburg tiisite seiner Be
gleiterin ehrerbietig die band und
während er nun rnit leichtem Grsfs
den Pelz von ihren Schultern zog,
siiislerte er fast zärtlich: »Jetzt ader
schnell ins hang, sonst ist die Er
tiiltnng da.«· Und schon hatte er
den Pelz über dern Arm. die Haus«
tür von außen zugeilappt . . .
Niemand soll mehr zugemutet wer
den, als er aushalten tann.
Fräulein Anna hatte nicht einma!
einen Schnupsen von dieser Nacht zu
rückbehalten Allerdings auch nichts
von dein zurückbetornmen, wa- ihr in
diesen bangen Stunden abhanden ge
tommen rvar.
Trotzdem sich ihr Nesse Hans auch
bei dieser Gelegenheit wieder rühran
ausopsernd zeigte.. Er scheute teine
Mühe, teinen Weg, teine Kosten
Aber alles war vergeblich.
Die Recherchen wurden allzusehr
erschwert durch den Umstand, daß
Tante Anna ais einziges Erken
nungszeichen nur angeben konntet
Elegante Erscheinung, mit tadellosen
Manieren, abgesehen von einigen
tleinen Unarten. Nach dieser Bes
schreibung hätte man jeden Herrn
der guten Gesellschaft verhaften tön
nen.
So blieb Tante Annas Erbschrnuet
verschwunden. Hans und Käthchen
hatten allerdings den Trost, daß sie
durch dieses Ereignis wieder einmal
Gelegenheit gehabt, sich der Tante
nützlich zu machen, sich ihrern herzen
aufs neue näher zu bringen.
Aber Erben liith sich nicht erzwin
en·
Als Tante Anna, viele Jahre spä
ter, diese unsichere Welt verlassen
hatte. zeigte es sich. daß sie aus ih
rern großen Vermögen doch eine
.Stistnng gemacht. Junge Männer,
die zu studieren wünschten und nicht
iiber die nötigen Mittel dazu ver
siigten, sollten iie aus den Zinsen
dieses Fonds erhalten.
Hans und Rathe waren überzeugt
davon, daß Alteröschwiiche die Be
schlußtrast der guten Tante beein
trächtigt haben mußten. Aber be
weisen ließ sich dies nicht mehr.
Das Testament war gültig und
wurde sogar in den Zeitungen rüh
nrend erwähnt.
Obwohl nur einer missen tonnte,
welche weitaebende Fürsorge aus die
sem letzten Willen sprach . . . . -
-..--—
— Unwiiliiirliche Ver-!
Wirkung — Ia Deine Schwie-;
geernutter wird euch tvie ich gehört
habe, besuchen. Wann denni s
B.: Anfang Septembrrrri
—- Die Kollegen. —- »Die
Behauptung, dass das Publiiurn bei
Rezitation meiner «.«Wehrnnttlieder
und «Schrnerzgesiinge« gelacht hat ist
unwath
»Das glaube ich auch Man kann
fis-I zugleich gähnen, schlafen und
—- Unterschied —- Bettv
ident« bin ich so nusgelegt zurn Dich
ten, —- ich tdnnte einen Roman
sssssc
Aar-: Und ich — einen ertebent
Alheminrhe Ihre
« krenndselzakt
Vo i sie-da Rot-s. ·
Die Blutsseenndschest, sonst eine
Eigentümlichteit der Südslntoeml
trninit auch bei den Albnnesen vor.
Der Albnnese hat gern einen tüchti
gur Mr n zum Blut-freund, nnd
»der befreist sich, eine Blut-freund
sctast zu schließen. Zwei Leute, die
mit dieser Absicht ungeheu, rnsen ei
nen dritten, den «Knrnpare,« hinzu,
nisten sich von ihm die tleinen Fin
ger der rechten Hände mit einem
schwarzen Faden zusammenbinden
urd oberhalb der Finger in die Hän
d-. stechen. Man sangt das Bitnt in
einem Becher ans, der mit Wein
oder Branntwein gestillt ist. Der
Zinmpare nimmt nnn diesen Becher»
gtbt den beiden Leuten darin-g se·
vareimal zu trinken nnd erklärt sie
ni- Vintefrennde.
Der Albanese schiin den Bluts
tender einem wirtlichen Bruder
gleich· Er liebt und ehrt ihn, jeden
.-:.tgenblick bereit, sin. iikn zn sterben.
Es kommen auch Blut-Erwider
s-l,nften zwischenttllbanesen nnd Ser
trn vor, besonders wenn sie beide in
ihrer Gegend angesehene Helden sind.(
Yiter dann suchen die Albanesen ihre
Mutsbriider in einen Hinterhalt zni
forten, nnr sich ihrer zu entledigen«
Denn einem Albnnesen ist es tin-T
n-cr ein Greuel« wenn ein Seele als
Leid geriihnit wird. «
Hier einige Beispiele:
Nach dem russisch - tiiriischen
tliieg 1877 tan: ein Mann in sein
Heimatsdors nahe bei Petscha (an
oir serbisch - türtischen Grenze) zu
riicL Er war Freitrilliger in russig
schen Diensten gewesen nnd siir seine
Tapferkeit mit dem Georgslreuz
ausgezeichnet worden. Die Tiirten
hinten davon nnd begannen ihn zu
»drängen nnd zu verfolgen, um so
e;iriaer, weil er immer die llnisorin
ver russischen Reichewehr ice-Asch
rselkenje) trug
Da er auch lonii ein angesehener
nnd allgemein geehriee Mann war,
wollten ihn die Türten um jeden
Preis vernichtet-. Sechs Savtis
iwendnrinem gingen daran, ihn bei
Nacht in seine-n Hand zu überfallen.
Sie wollten ihn binden, nach Pel
selsn in den Arrest entfiihren nnd ihn
Lkrl auf vie gewöhnliche Art inn
dringen. ,
Die Sonne-, getreue Diener ihrer
engen Herren, lamen nlfo um Mil
teennchi in dar- Dorf und bemäch
»1-gten sich des Mannes. Er halte,
suchte Böses ahnend, ohne Waisen
ruhig geschlafen- Die Sapiis blieben
d.e Rache über im Haus ihres Ge
fangenen, tranlen, langen, feuerten
ihre Gen-ehre nd, toten den Weibern
Gewalt »an, plündeeien und nahmen,
was ihnen irgend gefiel.
Am Morgen siihrten sie den Ge
s:fielien nach Veilchen Der Gelunge
ne wußte gar wohl, wag ihm bevor
suhr. Er versuchte, die Saptig durch
Bitten nnd Versprechungen zu bei-»se
’gen, ihn freizulassen Vergebens. In
seiner Bedrängnis erinnerte er lich
seines Blulsbruders Keidri-Aga, ei
nes Aldonelem dessen Haus am Weg
lIineh Petirhri stunk-. Als sie in die
Pseiihe dieses Hause-z kennen, bot der
Gefangene, hier einiehren und Wai
»ier malen zu dürfen. Die Türlen
nuren zwar selber durstig, gaben
’aber dennoch nur ungern die Et
Wildnis
Kadri - Agat- jiingfter Bruder
i:«.«nd vor dein Tor. Er brachte einen
åtrug nnd schöpfte ihnen Wasser
aus der Quelle. Als er aber feines
Bruders Blutsbcuder gefesselt fah,
lief er schnell wie der Blitz aufs Feld
hinaus« wo feine finif Brüder Muts
böufelten
Fiadri - Aga hatte kaum von dem
Mißgeschick gehöri, als er auch schen
die haue wegwarf, das Gewehr er
griff und samt allen seinen Brüdern
auch Haus eilte. Die Saptis waren
cren daran. ihren Weg fortzusetzen
åradri - Aga und ieine Brüder ver
langten von ihnen die Freilassnng
des Gefangenen Davon wallten die
Tritten nichts hören. Es kam zum
Streit, dann zu einer Rauscrei und
endlich zum Kinan Hier und dort
lksallten die Getoehre, nnd als sich
dir Pulverrauch verzogen hatte, fah
n«an einen Atbaneien und drei Sap
ric tot daliegen. Zwei Albaneien
und ein Sapti, dann auch der Ge
Iangene waren verwundet. Der
Bkutjbruder entledigte ihn der Fes
seln, iabte und verband ihn nnd ge
leitete ihn in der nächsten Nacht an
die nahe serbifche Grenze.
Noch heute loat rnan dort die Anf
otsferung Kadri - Agat; der bei der
Rettung feines Blutebruders zwei
rechte Brüder im Kampfe verlor.
Gibt es bei irgendeinern Volt eine
Einrichtung, ebenbürtig der albanii
schen Vlutibriiderschaitli
Ich will hier noch einen allerdings
rereinzelten Fall von verratenee
Blutsbriideefchaft anführen.
In der Nähe der terbiichen Gren
ze lebte ein Albanese, besonders be
rühmt durch feinen Mut nnd feine
Kraft. Er fand ein Gegenstiiet drü
ben in Serbien an einein Grenz
tröchter, auch einem Mann ohne
Furcht nnd Tabel. see beiden zit
terte die ganze Leibs-send Die See-«
i
l
l
den iirchteten den heldenniiittgen Ill
deiner-n die Aldnnesen wieder den
ter. Die beiden delden
Jst-stets einer vom Ende-en tiel erzäh
Elen nnd jeder non ihnen brannte
wenns den anderen zu töten.
Lange verfolgten sie einander,
iegten einander hinter-holte —- ohne ;
Erfolg. So sehr hlitete sich einer
rek dem anderen. Endlich, der eint-«
gen Kämpfe milde. ließ der Allmac
- seinem serbischen Nebenlnthler die
Blutshriiderschast eintragen. Sie ver
lsriiderte sich also. Von dein Tag an
uar die Grenze aus beiden Seiten
friedlich. Gastereien, Freudenfeste
und Bewirtungen ohne Ende. Der
esldanese aber suchte trotz aller
'-chau getrasenen Freundschaft se
nm Blutsbyuder aus dem Wege zu
minnen, weil er ihn uin seine Kreis-e
und seine Tapferteit beneidete.
Um die Blutsdriiderschnst sester
zi- besiegelte, schenlte der Atbnnese
dem Serben ein Pferd, woraus sich
dieser durch einen Revolver redans
chiette Den nahin der Albasese nicht
an, er verlangte von dem Serben die
Saiten-isten mit einem Feuerstein
ic-,losz, die der Serbe irgend einmal
vrn einem angesehenen Albanesen er
luutet hatte. Dem Serben suhr es
durch den Sinn: wie, wenn dich der
a-.vere mit dieser Pistole tötete? Der
Serde stahl sich beiseite. lud den
ganzen Laus der Pistole voll mit
:«,tnlder nnd verdömmte die Ladung,
tcsnn überreichte er das-l Geschenk sei
uem Genossen. Sie unterhielten sich
nach ein wenig: gegen Abend nahmen
sit Abschied und gingen voneinander.
Der Seide schoß seinen Revolver ab
und ries: »Gtiict:iche Reises« Der
Huldanese antwortete, auch seinen
:ll--volder kkbschieszenM «Vetweile
zsliictlichP Der Serde hatte die La
trug des eigenen Revolvers abge
senett nnd gab noch zwei oder drei
Eschiisse aus der Masse eines Genos
sen ab. Der lednnese wollte die
Casiisse seines Blutsbruders beant
ucrten, hatte aber leine Patronen
»sehr im tltevolver, er griss nlso zur
".7-attelvislole, er schoß, diePistole zer
:ii3 mit starkem tlnall in Stücke und
zerschmetterle ihm den Unterarm bis
»zum Ellbogen.
.-.- «W«’W-»s-ss«—-««’"’"M
Ev-« »
Die furchtbare Wunde wurde
branbig, und nach einigen Tagen
Web der Albanefe eines qualvollen
Todes-.
Durch viele wahrhaft unmensch
Liebe Teeulosigleit entledigte sich bie
Grenze eines gefährlichen Bösewich
tegs und blutdlieftigen Räubers, der
viele Serbenmütter in Trauer ge
itiirzt hatte. Aber auch bet Serbe
tmtte sich eines ungetreuen unb un
erträglichen Blutsbrudees entledigt.
Im besieatwillen er manche »Macht
ielaflos verbracht hatte.
Die Blutsfkeundichaft Gebra
timsiy bietet Fremden bie einzige
«
,
Jeöglichleit, unangefochten —- untesl
dem Schutz eines mächtigen Freun
bee —- in das Jnnete Albaniens zu
gelangen· Wehe aber dem Land
fr-·mben, der ohne Schutz Albanien
zu durchqueren versuchte! Kein
Stein, lein Kreuz gäbe Kunde von
dein Ort, wo er sein Wagnis mit
dein Leben hat bezahlen müssen.
——-O-.
Glosse.
Waruin das- Amo viele heut«
Finden io ideal
e- paßt so gut Hur lthstiaen sie-its
Schmut- wirbelis auf nnd macht Elem
Pal.
»- »Ist-. .
—- Richti» prophezeit
Ein französischer J11v-ilide, der im
Heide das rechte Bein verlor, läßt sich
von einer Zigeunerin wahrsagen cie
vertiindet folgendes Ora!el: »Auc- der
einen Linie der Hand sehe ich, daß
Sie das rechte Bein verloren haben;
aus der zweiten Linie aber ist zu
ersehen, daß Ihnen das im ganzen
Leben nie mehr passieren wird'«
—- Die erste Ausfahrt. —
.,Beeile dich dkchl Das Auto tann
nicht so lange aus uns warten-«
»Na, ich habe doch lange genug
aus das Auto warten müssen, das
du niir schon vor drei Jahren ver
sprochen hattest-«
-— Druckfehler-— Das junge
Ehepaar schien sich fürchterlich gern
zu hauen.
—- Der schneidige Bar
biergehilse. —- llnd ehe ich Sie
engagiere —: tennen Sie Eisenehlos
rid zum Blutstillen?«
«Jatvohl, sogar sehr gut!«
»So — —- dann tann ich Sie
nicht brauchen!'«
—- Auch ein Ehesreund.—
Freund zum andern: »Das 20. Jahr
hundert ist doch unvolltornrnen.«
»Warum denn?«
»Alle-i gibts, Wagen ohne Pferde.
Pulver ohne Rauch, Telegraphie ohne
Draht aber dio houptsache fehlt:
eine Mitgist ohne Frauk
—- R iietsiehttvolh Theater
direttort Sie haben sich vorhin von
meiner Frau siins Mart Vorschus
geben lassen, nachdem ich Ihnen heute
morgen erst zehn Mart gegeben habe?
Dasiir habe ich seine Worte!
Schar-spielen Aber-, herr Direk
tor, ich tonnte doch nicht die Veran
lassung gehen, daß Jhre werte Frau
Gemahlin sieh zurückgeseht siihlt
—- Kavalierr. —- »Besten-n
scheußlich Pech gehabt. Im Klub
dreihundert Mart verspielt davon
ztrianzig Mart eigenes Betriebskapi
ta« .