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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (March 29, 1917)
Er Krieg-getrau platzskrklären Humor-rote von Friedrich Mattcrrorh Der Kellner hatte Herrn Müller sein Glas Pilsener hingeschoden. Nun nipste er sich die weißbeperlte Stirn, öffnete den unteren Knopf seiner Weste. trank einen guten, tiefen Schluck, und nach solchen sorgfältigen Vorbereitungen hub er zu sprechen an: ,Gewiß, Sie wissen meine Freun de, seit unserem leyten vergnügten Zu sammensein —- leider waren Sie, Herr Oeiorjmierat, nicht dabei — hat sich manches in meinem Hause verändert. Unser Sonnenschein die Lotte, ist mir geraubt worden« Rat Brandenstein unterbrach den Erzählen »Aber, guter Freund, Sie machen ja ein Gesicht, als ob Jhr Blitzmsidel nicht ihr Gluck gemacht hatte.ck Das sollte uns doch allen um Sie und Ihre liebe Tochter leid tun. »Lie raubk sagen Sie?« »Ja, geraubt! Aber dem sei« wie es sei,« antwortete Müller melancho lisch. »Nennen Sie es etwa ein Glück für eine junge, eben getraute Frau, wenn der Mann wieder draußen an der Front ist? Das arme Kind grämt sich-« .Nun, dann lassen mir tmg doch wieder einmal den »;iriegsschauplatz ertliirer" tonimen, da war Lotte doch so lustig und ausgeröunit!« sagte Wagensabritant Dreher über den Tisch hinweg. Mißbilligende Bticte von den anderen Herren trafen den Sprecher, der fein in sich hinein schmunzeltr. Aber sonderbarerweise stimmte ihm der net-gebackene Schwiegervater bei: »Ja, ja, wenn ich mit den »Erns eer" in diesem Augenblicke kommen lassen könnte, ich gäbe tausend Mart darum. Schon urn Lottes wegen.« »Pfui. Müller, was soll man von Ihnen denken! Was ist das eigentlich siit eine sonderbare Sache mit dein «Erilster«, der hier durch Ihre Ge spräche spukt?« Der kleine, tnissliche Oetonotnierat ließ nicht locker. »Es bleibt mir wirklich nichts an deres übrig, als Ihnen, meine Her ren, meiner Lotte tntiinste Liebessc schichte zu erzählen. Gleichzeitig der größte Reinsall für einen Schwieger vater. Zur Warnung siir alle, die es werden wollen!« «Angetlagter, bleiben Sie bei der Sache,« entschied Amtsrichter Beh rend. «Wie hat sich der Fall zugem geni« Herr Miiller ließ sich ein neues Vier kommen. Un einem Tage, an dem es regnete, tiingelt in den Vormittagsstunden das Telephon. Meine Frau geht an den Apparat, aber der Wind oder der Ne gen macht das Gespräch fast Unver ständlich. Da greife ich denn nun not gedrungen zn der Quasselstrippe. ,Jst dort herr Müllers· ·Jawphl selbstl« «-— —- — Künstlerftiftei »Wie, Künstlerftiftei Nein, nein, ich führe die Firma nicht mehr, ich bin nur noch als stiller Teilhaber be teiligt.« — »Krieg5schauplatzertlärer? Nein, so viel ich weiß, führen wir den nicht-« Endlich geht mir die Geduld aus, und ich schrie in den Apparat: »Sie miiffen nicht so schnarrern mein Herr, Sie find doch hier in keiner Unterpf fizierschulr. Man hört bei dem Wet tet sowiefo schon nichts.« Da kommt meine Tochter mit der hand mir über die Schulter hinweg, wie sie es immer txt, wenn sie mir einen Gefallen er weisen will. «Loß mich einmal versuchen, Va pa!« sagt sie. Und sonderbarerweise, das Kind versteht die Stimme im Ap parat prächtig. Eine ganze Viertel stunde horcht sie in die Leitung hinein und sagt dabei nur »Ja— ja« und »Nein« und »Ja« und wird rot und blaß. Da sage ich: »Ein, willst du denn nicht bald Schluß mit diesem komischen Kunden machens Der Mann soll sich von der Firma Müller ä- Co. Offerte machen lassen, das geht uns doch nichts an, was er«will.« »Aber Papa,« sagte Lotte und hängt puterrot den hörer an. «Wie kannst du uns nur so unterbrechen!« »Sta, erlaube,« sag’ ich. »Du hast den Herrn ganz mißver standen, Papa. Es war das Bureau für Künstlerhilfr. das anries. Du verstehst natürlich Künstlerstiste, weil dir immer noch dein altes Geschäft im Blut steckt.« Ich stecke den Vorwurf schweigend ein. »Und...?' Lotte sagt: »Ja, mich hat es ganz außerordentlich interessiert, was die Leute beabsichtigen Du weißt doch, Papa, wie ich für notleidende Künst ler mich auch bemühe. Also, das Bu reau will einem besonders hefähigten herrit, der jetzt lange Zeit im Felde war und verwundet wurde, eine Tä tigteit verschaffen, die ihn seine angen blickliche Notlage nicht so fiihlen läßt. Da er sehr gut erzählen können soll, so hittet das Eurem-, ihn bei Gesell schaften vornehmer Leute gegen ho norar zu engagieren, wo er Eber die kriegtschaupläie Vorträge hatten ann.« «llsi!« s e ich. Da war all- das mMe Bart Ertegis " ’ · tllirer«. Da in der Ruck-s lug s. In- l . sitt MU I daran- tverdenl Ader bewundert bade ich des-s Mödel doch. für die ist alles nur Spiel. was uns Alten, so schwer fällt. Die Sache scheint erledigt zu sein. ich lese meine Zeitung weiter, da — hiitte ich nur im entferntesten geahnt, welche Folgen dieser dumme Gedan ten haben lönnte — da —- nm dem Mädel und euch eine Freude zu ma chen. sage ich: »Na, warum denn nicht? Wir könnten uns ja mal den Kriegsschanplaserlliirer kommen las sen. Du wolltest doch sowieso vor nn serer Abreise noch einmal unsere Be kannten zusammenladen, ElftiedeK ; »Meine Frau ist natürlich auch silr den Plan, es scheint alles gegen mich zverschrvoren.« — y Arn Stammtisch hatte man belu stigt diesen Telephonvermicllungen in lder Familie des Freundes Müller Ge »hör geschenkt. Die Fortsetzung der iweschichte iannten die meisten· sie wa ren die Eingeladenrt an jenem Kriegsadend gewesen. »Ich verstehe nur Jhre Antipathie gegen Douai-, Doktor —- wie war doch gleich sein Name —- mchts Mir lridbelt eo heute noch in den Glie dern, wenn ich daran denke, mit wel chem Feuer, mit welcher Erzählungss lunst dieser Herr uns die liriegslage und das Leben an der Front zu schildern vermochte,« ließ sich Herr Zahnarzt Tettendorn vernehmen. «El)en, das war’s," sagte der vor hergehende Sprecher-. »Mir hat er auch so gut gefallen. Und Lotte war ganz weg —- wegl« »Wie ift sie dann aber fo bald auf Leatnant Hammer verfallen?" fragte der Amtsrichten der eine Liebesintri ge hinter dem ganzen wittertr. «Geduld. Lassen Sie mich weiter erzählen. Also am anderen Morgen, nach dem Fest, das, wie Sie eben ge hört haben, so glänzend verlies, laßt sich der Kriegsjchaupiatzertlärer bei mir melden. Jch tu einen feinen Pfiss und lege zwei hunderter in die Brief tafcbr. Sie wissen, bei Wohltätigkeit darf man nicht lnnufern. Der Herr vom Abend steht vor mir, aber wiei Ein ganz anderer Mensch! Jn Uni forni, das Kreuz Erster und Zweiter auf dem Rock-« »Nanu!« sag ich. »Geftern abend Doktor der Literatur, uno heute Leut nant?« Mir wird himmelanng einem Leut nant Geld anbieten! Vielleicht fordert mich der Mensch noch wegen Beleidi gung. Jch greife vorsichtig nach dem Schlüssel meiner Geldtassettr. Mir ist es ganz wire im Kopf, schließlich, mit weiteren hundert Mart wird die Sa che abgemacht fein. Und da sage ich auch schon: »Sie kommen wegen des Honorats«t« Jch schiebe ibm die 300 Emmchen bin. »Ihr Vortrag hat uns ganz nunerordentltch gesellen, Herr Dotter. Jch wünsche Ihnen viel Glück silr weiter solchen Erfolg!' Mein Besuch lächelt mnliziög. »Do sür mache ich es nicht, Herr Mül ler.« Jch schaue ihn fragend nn, in die sem Augenblick denke ich an Lotte. Wir haben wohl beide den gleichen Gedanken. Da platzt er dann los. Er bittet um die Hand meiner Tochter. Um — —- Lotte! Jst denn der Mensch verrückt, der unverschämte Mensch? — Berzeihen Sie, wenn ich in Abwesenheit meines Schwiegersohnes solche Stola von Kraftousdrücten gegen ihn gebrauche. Aber mein Wutansoll hat mich wohl in jenem Moment noch grimmigen Worte finden lassen. Der Kriegsschau platzertlärer hörte mich nur lächelnd an. Schließlich schämte ich mich vor ihm, vor seinem jungen Heldentum, das ihm im Ausdruck des Gesichts stand und aus seiner Brust gekenn zeichnet war. Und wie ich ruhig werde,4 legte er seine Attaele los. Ein ganz schlau überlegter Kriegsplan mit al len Listen. ( Natürlich war Lotte mit im Kom piott. Und die Liebe meiner Tochterj zu ihrem alten, häßlichen Vater hats ihr den Streich gespielt, sie den Plans aushecken lassen. mich zu übermen peln. Unaufsiillig wollte sie ihrem Bräutigam in unser Haus einschmng geln, um erst einmal zu prüfen, wel-! chen Eindruck et auf mich machen! würde. s Das mit der Kunstlethilse wart glatt erfunden. Guten Eindruck hat ja! der Mann am Abend auf mich ges knacht, wie Sie es alle selbst wissen, na also, alles sauber, wirklich ja. Lotte, die natürlich gelauscht hatte, hat die Tür ausgemacht und hat mich auch gepreßt: na, da mußte ich eben ja sagen.« —- — »Aber so was... sagte der alte Qelonoinietat und sah noch lange sin nend in das Gehörte hinein. «Also ptost, Kinderl« here Müller hob sein volles Glas. Er hatte eine Runde sür den Stamtntisch ansah-en lassen. »Na, wenn es so ist, es lebe Ihr neuet Schwiegetsohn und hie Lot te!« Die Herren waren au gestanden und stießen auf das Wohl des jun gen Paarei an. »Es lebe unser neuer Kriegsschaa plasnlliieetl« —- Sein Ideal. Studiosus Bununeb Von einem weiblichen Exa ncinatoe get-eilst zu werden« ist doch« eine ideale Sache, da kommt man nie zu Bot-let Beim guudVdiIM ; Oumoreste dem Ierdinand« Kuenzels . mann. , Ob Eigentum wirklich, wie manche Leute sagen, Diebstahl ist, weiß ich nicht« aber daß Besitz den Este-alter verändert, meistens sehr ungunstig verändert, habe ich oft genug gesehen und beobachtet. Sogar an mir selbst. Da ist zum Beispiel jetzt mein Freund Ernst, der, ehe er sich ein Schwein getauft hatte, ein ganz friedlicher, netter und ordentlicher Mensch war. Aber jetzt, nachdem er Besiszer eines Schweines geworden ist« hat sein Wesen etwas Streitbaces und Gereiztes angenommen, weil er immer fürchtet, daß jeder Mensch ihm sagen würde, er dürfte das Schwein schließlich doch nicht schlach ten. llnd er, der früher lieber gab, als nahm, hat jetzt manchmal Stun den, in denen man glauben könnte, daß er von Raubtittern abstamnctr. Er hat wahre Kämpfe um die Kli chenabsälle in seinem Hause geführt und jedes Brotrestlein und jede Kar tosselschale, die ihm begegnet, be trachtet er mit gierigen Augen. Manchmal tresse ich ihn über dem Anzeigenteil landwirtschaxtlicher Zei tungen, und es ist ein erlesenes Ver gnügen, ihn daruber reden zu hören, ob Heringstöpfe oder Rüben geeig netes Schweinesutter waren. Auch die Frage hat ihn lange beschäftigt, ob das Schwein suppig oder oreiig zu füttern wäre. Als er sich endlich zur suppigen Fätterung entschlossen hat, verlor sein Gesicht etwas von seinem sorgenvollen Schein, und seine Stirn wurde wieder glatter: dac- Schwein nahm nach dem Wech sel der Fütterungsmethode so un glaublich schnell zu, daß er jegt schon daran denkt, er könnte es auf funk zig Pfund Schmalz statt der fün unozwanzig bringen, die er beim Kauf des Schweines in seinen Win terhauöhaltungöplan eingestellt hatte. Daß wir, seine Bekannten und Freunde, ihn mit stürmischen Bit ten überrannten, er möchte uns doch endlich einmal sein Schwein zeigen, wird man begreiflich finden. Ein schönes. blantes, glattes und fette-i Schwein ist ja heutzutage viel merk würdiger als eine Girasfe oder ein Okapi. Aber er wollte von einem Pesuch in seinem Stall nichts wis en. »Das stört das Schwein,« sagte er. »Es quirlt und schreit schon gerade genug, wenn man ihm sein Futter bringt. Dann ist es ganz aufgeregt und rennt im Stall her um wie ein Besessenen Und wenn es sich immer so aufregt, kann es nicht fett werden.« Bors solcher Weisheit beugten wir ung natürlich, und wir gaben die Hoffnung auf, das köstliche Schwein von Angesicht zu Angesicht zu sehen. Wir dachten, wir müßten uns damit begnügen, in diesem Schwein immer eine neue Belebung und Erheiterung unserer Gespräche zu sehen. Aber gestern nachmittag hatte uns der gute Ernst zum Kasfee eingeladen. Eine Tante vom Lande hatte ihm einen Kuchen und Marmelade mitgebracht« und da er, wie gesagt, im Grunde seines Herzens ein guter Kerl ist, beschloß er, diese Schätze mit seinen Freunden zu teilen. Jch will keinen Menschen neidifch machen und werde deshalb nicht er zählen, wie herrlich der ländliche Ku chen schmeckte« an dem Eier und But ter nicht gespart waren. Aber daß ein solcher Kuchen zu landwirtschaft lichen Gesprächen anregt, ist selbst verständlich, und von. dem Gutshof der Tante bis zu dem eigenen Schwein im Stall war nur ein ein ziger Schritt. Wir erkundigten uns Z also eindringlich und mit der wieder erloachenden Hoffnung, das Schwein vielleicht doch endli zu sehen, nach seinem Besinden. Ernst verbeugte sich ein wenig und sagte: «Danie, es geht ihm ganz gut.« »Nimm es denn zuk« fragten wir. »Ich bin ganz zusrieden,« sagte Ernst langsam und wichtiger, als es sonst seine Art ist: »Wir haben es gestern abend gewogen. Es toird übrigens alle acht Tage gewogen ..... " Wir unterbrochen ihn mit der ge spannten Frage: « »Wie schwer ist es denn?« «Gestern wog es hundert Psund,« sagte Ernst feierlich. »Alle Wetterl« riefen wir: »Das ist ja großartig! Wann soll es denn geschlachtet werden?«' « Und während wir so fragten, träumten wir schon alle von einer Schlachtschiissel von srischen Würsten, von zartem Wellsleisch und einem tnus erigen Schweinebraten. Aber Ern machte mit einer abwehrenden handhetvegung unseren hungrigen Träumen ein jäher Ende. «Jch dente noch gar nicht daran. das Schwein zu schlachten. Es wird nicht eher geschlachtet, als bis es vier Zentner schwer ist. Keinen Tag, keine Stunde eher!« «Schade,« sagten wir: »das ist noch lange hin.' Ernst hatte ein erhabenes Gesicht, das er sehr gern aussehn nnd das ihm großartig steht. « . F »Das macht nichts ihr werdet euch eben gesellt-en müsset-. Aber ihr solltj selbst sehen welch ein rachtvolleil Tier mein Schweinchen ig, nnd Mel munter und wohl es sich befindet Ich hatte mir eigentlich gedacht, baß ich noch eine Tor-te siir euch sausen wollte. Aber die Torten find jest so schlecht, baß man chon besser garl nicht daran bentt. esbatb schlagel ich vor, baß wir gewissermaßen alsl Ersay fiir die Torte einen Besuchl bei meinem bundertpsiinvigen » Schweinchen machen. Einverstanbeni« ; Wir waren nicht nur einverstan den, sondern geradezu begeistert. Wir machten uns also schnell aus den :Weg.. Als wir über die Treppen Hund iiber den Hof gingen, waren Jwir sehr still und schweigsam. Ein » jeder war sich der feierlichen Größe Ebes Augenblicke-? bewußt und ein je ; der rechnete wahrscheinlich aus« welches Stück von dem lieben kleinen Schweinchen er wohl am liebsten aus »seinern Tisch haben würde. I Freund Ernst ging als Führer voran. Wir kamen an leeren Psers fdeställen vorbei, deren Tore weit offen standen. Endlich blieben wir vor einer Tiir sieben, die mit Vor hängeschlössern beladen war, wie ein Burgverließ, und Ernst lramte aus unergriinblichen Taschen viele Schlüs ssel hervor. »Hier wohnt also dein Schwein?" fragten wir. Er niclte. »Gut ver wahrt!« sagten wir. »Jedes Brett im Stall ist mit ei nem Läutwert verbunden,« ertlärte Ernst, während er ein Schloß nach »dem andern öffnete: »Wer hier ein bricht, setzt ein ganzes Glockenspiel von Mingeln in Bewegung. llevris gens ist es auch noch in der Le bens- und Diebstahlsversicherung mein Schwein.« Und nun öffnete sich die Tür, und wir traten in den hübschen, weißge tallten. hellen und geräumigen Stall und wurden von dem stattlichen hun dertpfündigen Schweinchen mit sröly lichem Grunzen und tustigem Ge quiet begrüßt. Es tummelte sich »ganz vergnügt auf seinem Stroh iund lam schnell und schnuppernd an iseinen Trog, und schien durchaus snicht angenehm davon berührt zu Hein, daß wir mit leeren Händen ta « men. Jedenfalls wandte es sich nach seinigen Augenblicken wieder um und Ilegte sich in feine Ecke, so, dasz es suns seinen prallen, noch rosigen Mitten zulehrte. , » : «Nun?« sagte Ernst. »Wie ge-. isiillt es nicht« Aber ehe wir ant ’worten konnten, schob er uns schon swieder nach der Tür, mit weit aus lgebreiteten Armen, und sagte: «Jhr isvlltet euch schämen. Jhrhabt ja salle Mordlust in den Augen. Jch lglaubr. wenn man euch jetzt hier; allein ließe, ihr sielet über das armes Schwein her und zerteiltet es hier; gleich aus der Stelle.« s Wir lachten, gestanden ihm aber schließlich doch, daß er wenigstens mit ver Mordlust nicht ganz unrecht hätte . . . . Deshalb versprach er fest,» dasz er jedem von uns eine Büchsej Schmalz und eine Wurst schenken’ würde. Natürlich erst dann, wenn sein vierhundertpsiindiges Schwein geschlachtet würde. Mit diesem Versprechen aber hat der gute Kerl etwas Schönes ange-» richtet. Den ganzen Vormittag hat heute mein Telephon nicht stillgestans den, und jeder von unseren BetaunJ ten und Freunden hat bei mir an-« gefragt, wie lange es wohl dauerw würde, bis das Schwein vierhundert Pfund schwer sein könnte. Und als ich einem jeden vorrechnete, daß wir daraus wohl noch eine ganze Weile warten müßten, fand jeder, daß es von Ernst eigentlich lächerlich wäre. sich in den Kopf zu setzen, sein Schwein müßte vierhundert Pfund schwer werden, als oh zweihundert siinszig oder zweihundert Pfund nicht auch schon ein ganz schönes Gewicht wäre. Es ist also jetzt gegen ihn, was er natürlich noch nicht weiß, eine große Verstimmung lebendig, und ich bin sicher, daß er, wenn das Schwein wirklich vierhundert Pfund schwer sein wird« mit alt seinen Freunden verzantt ist. Oder vielmehr —: bis dahin haben sich die habgierigen Freunde alle mit ihm derzantt. « Ein benagen-werter Vorgang, an dem man deutlich sehen kann« daß nicht nur der Besitz, sondern auch schon die Aussicht aus Besitz den Charakter des Menschen aus das ab scheulichste verändert. W - — Gut abgewehrt. Junge Frau: Nun mußt du mir endlich mal wieder ein neues Kleid tausen, ichs habe sast gar nichts mehr anzuziehen Gatte: Ach, nicht doch, liebes KindJ alle Welt findet dich ja mit jedem Tag anziehender. » - — B oS h a s t. Freundin Czu einer! andern): Ach, hast du einen reizenden Hut. Er hat mir gestern bei der Pusmacherin so gut gesallen, daß ich einen ganz gleichen site unser Stu-; benmädchen getauft hab'! —- Na also! Pfarrer (zum Mr chendiener): Warum s n Sie nicht dafür, daß die Bänte i Gotteshaus hier und da abgestaubt werdens Kirchendienen Das ist doch nicht nZitig, here Pastet; das tut ja die Gemeinde alle Sonntage! l l i Jch entsinne mich noch ganz gut des alten Hans vom Norden der Wälder. Er war eine bekannte Persönlichkeit in den Landgeineini den dort oben in den Bergen. Er ging immer seine gewohnten Wege —- von dein einen Bauen-has zn dem anderen, jahraus-, jahrein Er war eine besondere Erscheinung auf der Landstraße: groß nnd stark knochig, ging er immer in iiber nnd über geflickten Kleidern —- oder Kleidern ans lauter Flickcn —, nnd dazu mit einer Welt von einein Sack auf dein Rücken. Ja, damit Jsoll gesagt sein, daß dieser Sack »die ganze Welt des alten lLIanszi war. » ;Tenn in dieieni Sack war alles, Iwasz er nötig hatte — sogar ieink Betseng nnd Ganz-gerät ——, nnd Jdarunter ein lieiner SclsenieL den er brauchte, mn an din Winieialsen den darauf zu sitzen ai« Lfen in de n( Bauernsinben «in Zriiljjaln nnd Eannner lmiie i der alte Hans feinen Hans-halt nn ter freiem Himmel. Er kochte sei nen blaffea nnd er lag in der Son ne nnd bei allerlei anderem Wet ter atn großen Holzfenen War es Hundeioetter ntitRegen nnd Schnee-, oder wurde es ihin ini Hochfoninter allzn sonnig, fo liefz fich der Alte in seinem Sack häuslicls nieder. Denn dieser Sael kannte mit Hilfe einiger langen Stabe zu einein Zelt umgewandelt werden. Darin lag er dann — pfiff nnd sang nnd fchnackte mit fich selbst. Es gab keinen in der Gegend, der fich entsinnen konnte-, dafz Hans auch einmal jung gewefen war· Alt zu fein, war seine Spezialität llnd er war alt niit viel Anstand nnd Würde Wenn er zur Seite des Ofens in der Bauernftnbe auf fei nem Scheniel sasz nnd die Glieder dem glühenden Eisen znftreclte, ge schah es oft, daß er anfftand, sich in die Brnft warf nnd sagte: »Ich fange an, alt zu werden. Aber im mer noch voll bei Kräften iibrigeiis.« Dann sank er wieder zufammen, streckte die Glieder dein Ofen zu nnd machte fich’s beanan Uebel-ei ne Weile stand er wieder anf: »Ich fange an, alt zu werden. Aber int iner noch voll bei straften iibrii genks.« So trieb er es den ganzen Abend, bis er in die Ecke auf feinen Sack kroch nnd fich schlafen legte. Jn der Nacht konnte es vorkom men, dafz er fich aufrichtete. »Ich fange an, alt zu werden. Aber im nier noch voll bei Kräften iibris genes.'· ninrnielte er halb iinschlaf s - - - Tei- alte Hans vom Norden der Wälder halte seine Geschichte: Ek war doch auch einmal jung gewe sen, obgleich sich dessen niemand ent sinnen konnte. Er nmr geboren in große-»Wohl sland auf dem Baueknhoi Nord wald. Einiiqer Sohn und Erde des Hofes nnd der Wälder dort im Norden des Kikclsspiels. Ein slotter Bursche soll er ge wesen sein zu seiner Zeit. Bei Tanz gelagen war er unermüdlich. Nie mals waren ian die Dacht-allen zu lioch, daß er sie nicht mit den Elte seladslihe erreichen konnte Es war das Trinken. dass ilnn zum Unglück wurde. Zu jener Zeit gab es grosse Trinken-lasse aufdllord wald. Die schwersten Bauern hiel ten sich dort wochenlanq ans und tranken ausHans Nokdiualds Wohl alle Tage. Aber je nicht man sei nes Wohlstandes wegen aus sein Wohl trank, nni so mehr schwand sein Wohlstand « I I Der Nordwaldhas ioll nach einer alten Sage ein Derrenfin gewesen fein, mit großen Hallen, wo der Mannen Wehr nnd Waffen an den Wänden fnnkelten nnd bunten menn das Stannnfener anf dem Herde flatterte. Und dort stand anf dem Hofnlatz ein lisöizenbila ein großes Weib ans Holz aefchniizt das Freya vorstellen sollt-. Und eine Sage ineldei, daß alle Mädchen des Tales fich verneigien, wenn fie an der Göttin Bild vorbeikamen Eine andere Sage meldet, daß Nordwald ein Hänmlingesfitz aus Harald Schönhars Zeiten war. Ei ne Schlacht hat dort auch einmal getobt. Aber welche und zn wel cher Zeit, darüber schweigt die Ge schichte. Genug, daß ringsherum auf dem Gelände des Nordwaldho fes große Grabhügel zu finden find. Vor einigen Jahren wurde mit dem Pfluge ein alter Spieß aus dem Boden heraufaeholt, der bänat fett an der Länqswand im Nardwaldhaufe, zur Erinnerung an längstenifchwundene Zeiten· »Ganz Nordwald trinkt wie ein Faß-« sagten die Leute. Wenn er fo richtig voll war, pflegte er den mutiqften Graufchintmel aus dem Stall zu holen. Und dann fuhr er aufs Geratewohl lärmend nndfchreis end durchs KirchfpieL Der Wagen hopfie bald anf einem, bald auf zwei Rädern daher-, und Funken sprühten von den stahsldelchlagenen Hufen des Saales- Hans selbst fuh, ichvee und dumpf un Kopfe. auf dem Hasen-M Meh- hoch in til-M W. Nur mit Mühe us Ost kennten die Leute lieh vor dem dahier-W Futtan ret ten. Mr keiner wagte zu muck sen. Hans Nordsvald war der i reichste Kerl im Kirchipiei. nnd dar »um mußte man sich damit beaniis nen, daznitehen nnd hinterher den Kopf zu schütteln. Aber einmal iibekiulir er ein al tes Zigmnerweib Da lag sie mit zerschtnettertem Fuße auf dem We ne und krümmte sich wie ein Wurm. Und sie fluchte ihm dass alleriimste Unaliick auf den Hat-J. Viele Jahrelang dotierte dass Verjchivenderleben ani Nordwald. Es- war viel da zum Durchdringen. Wälder-, die kein Ende zu nelnncu schienen. Aber in der Trunkenheit kaufte Hauc- Wald nnd verkaufte Wald und verlor immer dabei, die der alte Herreusitz eine-J Taaests un ter den Hammer kam. So geriet Hand auf die Landstraße wanderte von Hof zu Hof mit seiner Welt von einem Sack auf demNiicken Und von dieser Zeit an war es, daß die Leute sich feiner entsinnen kenn ten. Der alte Hans vom Norden der Wälder hatte sich auch einmal ver lkeiratet. Das geschah ans der Landstraße mit einein Kind der Landstraße und nach Landstraße-met. Wenn ihn jemand sraate, wo die Gnrine —- so hies; das Weib —- ihm angetrant worden war, antwortete er kurz und biindia: »Unterm Wachholder bei Langelandslau", einem Höhenzna weit im Westen der großen Heide Sie war just feine bezaubernde Schönheit, die Gnrine. Aber er hatte sie doch gern. Und er konnte manchmal ordentlich eisersiichtia werden, wenn sie mit anderen Len ten von der Landstraße zusammen trasen. Gurine konnte bei spielen Gelegenheiten ihre angeborene Land streichernatur nicht verleugnen. Und Hans, der ja von einem ganz ande ren Menschenschlaa abstamnite, fühl te sich stenid nnd beiseite gesetzt. Ost kam er in Schlägerei mit ver meintlichen Nivalen. Dann teilte er Diebe ans nnd empsing Diebe-, seiner Herzallerliebsten wegen Mit den Jahren kamen sowohl ee wie sein Weib in ruhiger-e Verhält nisse. Denn die Haszlichkeit ihre-« Antlitzes und ihrer Augen wurden dermaßen abschreetend, dasz keiner mehr Lust hatte, mit ihr zu spasieln Und treusest an Leib und Seele wanderten die beiden von Hei zu Hof. Er voran, mit seiner Welt von einem Sack aus dem Rücken, iie ioatschelnden Ganges hinterher. o beinia und krumm, an einem lan aen Stab von Zöhreiiho13. Sie machten nicht jeden Tag weite We ge. Sein Sack war schwer zu tra aen, nnd das ver-zögerte die Wan derung um ein gut Teil. Und Gu rinens Beine waren schwierig zu handhaben, selbst siir sie, die doch von Kindheit an daran gewöhnt war, diese ihre Gehioerlzenae zu sit-brauchen Zahnlos nun-de sie anrh mit der ;3eit, wie es sich aehiirt sin io ein alte-I- Weibssbild Die über ixsiiiigis Jugend saate, dass der alte steil in ihren letzten Lebens-fahren iises iie laute. Wenn es Sommer wurde und· Schöne-I Wetter — so recht heißer Sonnenschein —- inactfte Hans ein Zelt ans seinem Sack. Setzte sich da tiinein auf seinen Sctiemel nnd iiililte sich pudelwolfL Leute, die vorbeigefatnen lamen, iragten Gurine, die drauszen in der Zonne sasz —- tvas sie gut vertra gen kannte —, wo denn der Hans ware? »Er,« sagte sie nnd wälzte den Kauf znr Seite, »er sitzt in seinem Sack« Mit dieser Antwort begnüg te inan sich. Die Leute fragtest ja auch nur zum Spaß. Gutine starb. Und Hans tat jahrelang nichts anderes, als daß er trat-erte. Und nachdem er lange genug getrauekt liattr, tat ei- auch nicht-:- iveitek. Da sagte die über iniitige Jugend wieder: »Fei- alte Hans vom Norden des Waldes ist arbeitslos, seit die Gukine tat ist, denn nun bat er keine mein-, der er was vorkauen kann.« Seine Spezialität war und blieb, alt zu fein. Es ging nicht an, zu sagen, daß er alterte, denn das war ein längst znriictgelegtes Stadium feiner Lebenszeit . . s An einem 'Ditersannabend er krankte der alte Hans auf einein Vanemhof. Er sasz lange still auf seinem Schemel am Ofen und streck te die Glieder dem Feuer zu. Es wäre so unmäßig talt, meinte er. Dann kroch er auf seinen Satt nnd blieb dort im Halbschlnminer lie gen. So lag er während des gan zen Osterfestes. Eines Morgens äichtete er sich auf nnd starrte tim er. ' »Ich fange an, alt zu werden jetzt. Aber immer noch bei Kräften übrigens,« sagte er und schlunnners . te wieder ein. Am Abend desselben Tages schloß er die Augen fiir tin mek. « .