Image provided by: University of Nebraska-Lincoln Libraries, Lincoln, NE
About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (March 22, 1917)
Aug Ringen werden-Zotten Roman bnn Rose-l Kohle-Ils (7. Fortiehung). »So, —- hat er? Jo, wa« hat et an Masti« »Das möchte ich eben aus Ihrem eigenen Munde noch einmal hören. Sie könnten ja fonst jagen, ich hätte Ihnen bie Antworten in ben Mund gefchmiert Das wollen wir doch nicht tun. Um was re sich handelt, wissen Sie bereits. Ja« so unjefähr, Herr Keimk Mk ie sollen zunächst Auötunft ge ben« soc-halb Sie mir Jhrem Freun be Neuttätter zulammen unter fal schem Vorwonde versucht haben, am Nachmittage des neunzehnten Fe-« bruar in bie Wohnung ver Schau spielerin Kunewta einzudringen.« »Ach, Herr Kriminal, —- wenrx lck . mir vielleicht setzen biirfte.'« »Sehen Sie lich. Das tut ja ver l Wahrheitsliebe ternetr«Eintrag. Und aus die kommt es ans Also los. Jn Jhrem eigenen Interesse turz unb wahrheitsgemäß." »Jaon, Herr Kriminah — wahr heitsgemök bet is ooch«mein Jrunbs sah. Be onberö bei io'ne harmlose Jeschichtr. wo both inr nischt bei 'raus tomrnen tann. Denn vor ’ne«blo ße Absicht jibt es doch leene Strafe nt " » ein, Sie lönnen Ungeniert re den« »Alle wir hatten ihr doch jeses ben« — »Die Schauspielerän?« »anoll. Bei dem Feste, wo neu lich war in’5 Obeon. Vor die Tür haben wir nntierlich nur jestandem aber jefehen haben wir ihr doch janz fut. Un ooch bie Perlentette, wo te jetrngen hat — ach, ou mein lieber s:errjottl" Er peeszte die Hand wieder sest aus seinen ruinierten Magen und wim ruerte ein paar Setunden lang leise vor sich hin. Brennert ließ ihn gewähren. Er merkte, daß er hier wirtlich etwas Neues erfahren sollte· Nachdem der Ansnll vorüber wor, begsnn Höger auch von selbst wieder zu sprechen. »Herr Nrintinnl müssen« entschuldi sen, aber wenn det so einsest, denn tann ick nu mal nich reden. Also, was die Perlentette war, die stach eine-n Neustätter jewaltig in die »ogen, un er kneente, wenn wir der bhost werden tönnten, dann wären ir seinnchte Leute« Nu, un wie denn o een Wort det andere sub, da haben ir denn verabredet, wir wollten die sinnewta mal 'n bieten besuchen — - rtertn Verwand, so sanz jemietiich.« s »Wie Sie es denn auch wirtlich etnn haben.« »Jam; richtig. Aber was die Ku ncwta war, die nmr ’ne tesolute Per son un schlug uns die Tür vor die ase zu.« »Daß Sie nuchmittngs nicht in die Wohnung hineingetornmen sind, weiß " Aber wenn es gekchehen wäre. ’ ätte sich zur ehe gesehy —- Sie hätten sie kalten Blutes niedergeschlagem nicht wohr·i« »F Jett bewahrei Det lag ent sernt nich in unsere Absicht. Nur so janz im stillen uns 'ranpiirschen un et Perlenhatsband — weiter haben ir nischt im Sinne jehabt.« »Und wenn sie Lärm gemacht höttei« »Na, fo’n bisten jetnebelt hätten wir ihr vielleicht, aber weiter nifcht. Nee, mit Menschenleben, da haben wir beede noch nie nifcht zu tun je hobe »Nun, das war nachmittags. Und abendöi« «Abends«t Wielo’t« »Ich möchte wissen, wie Sie dann wirtlich htneingelommen sind in die Wohnung-« »Jott M mir bewahren! Nich mit’m Schritt haben wir det Haus wieder betreten.« »Und wo waren Sie abends?« »Wo fich unfereens dor jewiihnlich uffhiilt, —- uff die Straße. Um fechs Uhr haben wir ’n bislen wat jejessen, un denn sind wir ’rumfebummelt« fo itt Uhre sehne. Haben die Wagen fahren fehen mit die reichen Leute drin· — un haben vor die Schauer ter jestanden, wo fe alle die«fchee n Sachen haben, ooch wieder fiir reichen Leute« — un fo weiter tin wie’s zehn Uhrsjefchlagen hat, tnd wir fein langsam in die Klappe jejnngen.« »Nun, högey wir wollen et fiir heute genug fein lassen. Sie fehen wirklich angegriffen aus. Aber Neu ftiitters Ausfagen haben anders-se lauiez — das muß ich Ihnen doch noch fagen.'« »Man hat Neuftiitter jelogen. Da mit nimmt er’s nämlich nich immer janz ienau. Jet aber habe die reene Wahrheit iefagt, —- fchon sum Danl - fiir den herrn Kriminah weil ick ) mir habe fehen dürfen bei meine Schmerzen« ’ »Es ift gut. Gehen Sie seht. Und wenn Sie einen Arzt nötig haben, melden Sie sich.« »Dann fthön, Herr KriminaL Ja, V vkt wia ick tun. Vielleicht kann er mit doch n bislen wat seben, dasz mir bes ser wird.« Brenneris Lippen preßten sich aus einander, und seine Stirn zeigte Fal ten des Mißmutö. Er blickte hinter den Fortgehenden her; ehe sie die Tiir durchschritten hatten, rief er noch dein Schuhmann gu: «Schieken Sie mir den Schlosser Wilrsiihr herein, — er wird ja draußen sein.« »Jntoohl, herr Kommissar,« ank wortete Inilitiirisch der Schutzmann und verschwand mit högey dessen lange Figur sich wieder in einem Schmerzansall zusammenkrümmtr. Nach wenigen Augenblicken stand eine neue Gestalt vor dem Kommis sar, ein blonder, untersehter Kraft mensch mit prachtvoll ausgearbeite ten Armen, deren Muskeln sich in einem zu engen Rocke deutlich abzeichs treten. Das kurz geschnittene haar stand gleich einer weichen Bürste um die breite, feste Stirn; die blauerff Augen blickten zornig aus dem risse nen Gesicht. Seine Stimme bebte.; doch nicht aus Furcht, sondern vor! Aerger, als er zu sprechen begann. . »Ich möchte fragen, was ich hier soll. Jch bin kein Verbrecher.« «Sie sollen auch nicht als Verbre cher vernommen werden« sondern als Zeugek Aber man hat mein Zimmer durchsucht. Jch protestiere dagegen.« »Das war nötig, auch in Jhrem Interesse. Wenn Sie mir seht kurz und sachlich aus meine Fragen ant worten, werden wir schnell zu Ende kommen-« Der Schlosser zuckte nur mit den Achseln, ohne zu sprechen, doch hatte Brennertö ruhiger Ton sichtlich Ein fluß auf ihn, und seine Augen fin gen an, milder zu blicken· Ueber sei ne Personalien gab er ohne Zögern Austunst, auch seine Papiere zeig ten sich in Ordnung. »Ich sehe,« sagte der Kommissar, »Sie arbeiten schon seit sechs Jahren in»,der Kunstschlosserei von Mathias. Das ist ein gutes Zeichen siir Sie.« ; »Ich wechsle nicht gern. Wo es mir erträglich geht« bleibe ich." »Das ist verständig, das gefällt » mir. Und Sie werden dort anch nicht schlechtsbezahlt, nicht wahrt-" Wildsiihr sah erstaunt aus den ge miitlichen Kommissar; sein Gesicht erhste sich immer mehr und wurde dadurch immer hübscher. Brennert sagte sich- daß MariesStiebensöhr keinen schlechten Geschmack habe.ers liiusig begann er ein Gespräch iiber Lohnverhältnisse im allgemeinen und iibek die von Wildsiihr zu leistenden Arbeiten im besonderen. Der wurde »zutraullch und lebendig und begleite ’te die Auöeinandersetzung iiber seine ihandwertssertigleit mit malenden , Gesten. Brennett lächelte teilnehmend und lsagt-mitten in die technischen Erör terungen hinein: »Wildsiihr nnd Stubensöhr, —- es ist eigentlich to misch, wie der Name von Jhrer Braut an Jhren eigenen antlingt. Als wenn Sie siir einander bestimmt wären-« »Das glaube ich auch, Herr Kom missar. Und nicht nur wegen der Namen.« »Jhre Braut ist ein hübsches Mii del; ich habe sie gesehen beim ersten ; Zeugenverhör.« « z »Ein Prachtmädel ist es. Hiibsch sund gescheit und tüchtig, — tüchtig Fim Hause, das tann ich Ihnen sa ! stil i »Das freut mich fiir Sie. Aber wo ISie eine so nette Braut haben, da wundert es mich eigentlich, dafz ein Mann wie Sie mit so zweifelhaften Leuten Freundschaft hält, wie dieser Neiisiätter und Höger es doch find.« «Freundschaft? Jch- —- mit diesen beiden? Wer hat inir das angedich tet?« Der Zorn brannte wieder in seinen Augen, und er zog seine Stirnhaut so zusammen, daß es war, als wenn seine Haare sich sträubten. »Ein leidenschaftlicher Kerl, aber nichts Verftecltes und Berechnetes,« dachte Brennert bei sich, um dann zu sagen: »Ja, Sie haben doch vor zwölf Tagen im »Goldenen Löwen« ziemlich lange mit ihnen zusammen gesessen-« Wildfiihr lachte laut auf. «Also darum! Ra, das lann ich dem herrn Kommissar ganz genau sagen, war um sie sich damals an mich herange macht haben. Bier habe ich ihnen zah len sollen, das war die ganze Ge schichte. Und weil ich doch einmal mit ihnen zusammen gearbeitet hatte — lange hat es bei denen ja freilich nicht gedauert, —- und weil ich erade meinen Wochenlohn in der asche hatte und sah, dasz die beiden dur stig und hungrig waren, da habe ich ihnen den Gefallen getan. Aber Freundschaft mit solchen Bummelans ten, — das gibt es nicht bei mir, herr Kommissar.« »Ich kann wieder nur sagen: das freut mich siir Sie. Und so ertliirt sich Jhr Zusammensein ja ganz ein fach. Aber nun sagen Sie mir auch, —- Sie haben sich doch an dem Abend, als die Schauspieleiin ermor det wurde, um halb neun Uhr mit Fhrer Braut vor dem hause getrof en.« »Ja, das ist richtig.« »Wie lange haben Sie dort unge . fähr auf Jhre Braut geivartetf« s »So zehn Minuten etwa sind es gewesen« Jch war um ein Viertel nach acht Uhr schon zur Stelle — mir hqt es pressiert wegen einer Ver sammlung — und-außerdem, wenn man verliebt is, —- cie werden wohl selber wissen, Herr Kommissar« — »Gewiß, gewiß. Also zehn Minu ten haben Sie gewartet. Hat sich in dieser Zeit einer der beiden, von de nen lvir eben gesprochen haben, dort sel;en lassen-« ,,Neuslötter oder Högeri Nein, lei ne Spur.« »Ist Ihnen denn sonst nicht irgend etwas iiufgefallen?« »Nein, here Kommissär, —- nein, —- nicht, daß ich wüßte.'« Brennert hob den Kopf und loarf einen scharfen Blick auf den Zeugen, ohne jedoch das liinstliche, behagliche äächeln um seinen Mund einzubü en. »Mein lieber Wildfiihr, Sie sind für Heimlichleiten offenbar nicht ge macht. Auf Ihr-m ehrlichen Gericht! liest man alles, was in Jhnen vor-» geht. Sie hoben dort etwas gesehen,’ — reden Sie nur frei· heraus.« Wildfiihr schloß nnd öffnete ein paar-nat seine lräftigen Schlossa fiiufte. Dann sprach er mit plöslicheni Entschluß: »Ja, Herr Kommissar, weil ich nun doch einmal hier hin und mit der Polizei zu tun gekriegt habe, was noch nie der Fall gewesen ist, solange ich lebe, und was mir-— nichts für ungut —- in der Seele zu wider ist, will ich es Jhnen sagen. Besondere auch, weil Sie so gemilts lich und nett zu mir gewesen sind, Herr Kommissar. anohl, ich habe dort etwas gesehen." »Spreche«n Sie, sagen Eines tnir ganz genan.« »Um halb neun ist tneine Braut ins Hans gegangen, und ich habe mich ans den Weg gemacht in mei ne Versammung. Aber ich bin teine zehn Schritte sort gewesen von der Haustür, da fällt mir ein, dasz wir ja gar nicht verabredet haben, wann wir uns wiedersehen wollen — weil alles doch so eilig war an dem Abend. Jch tehre also um und pfeife so einen bestimmten Psiss, den wir verabredet haben. Gleich danach wird auch die Haustür ausgemacht, und ich deute schon, Marie hat mich noch aus der Treppe gehört und ist umgekehrt. Aber nein, —- sie war es nicht. Es war ein Herr, der aus dem hause karn.« »Wie sah er ansi« »Bei-i Gesicht habe ich nicht viel gesehen, weil er den Hut in die Stirn gedrückt hatte und seinen Kragen so viel sah ich doch, daß er einen ;starlen dunklen Schnurrbart hatte.« »Wie benahm er sich? War er un ruhig oder iirtgstlich?« »Daß ich nicht wüßte. Viel umher geschaut hat er nicht, sondern vor stch hin aus den Boden. Und er hat sich auch nicht weiter aufgehalten, sondern ist gleich sortgegangen.« »Ging er schnell? lind nach welcher Seite hin?« »Er ging ziemlich rasch die Kur siirstenstrasze hinunter, nach dem Wall zu.« »Noch jener Seite? Nicht nach den Anlagen hin und in die Stadt hin ein?« Wildsiihr schüttelte den Kopf. »Nein, dorthin ist er nicht gegangen. Er ging nach der Vorstadtseite hin.« »Witsen Sie das genaus« »Ganz genau.« »Und weiter ist Ihnen dort nichts altsgesallen?« «Nein.« Waben Sie von diesem Vorfall Ihrer Braut erzählti Und warum haben Sie die Polizei bisher nicht in Kenntnis gesetzt? Jhre Beobach tung ist von Wichtigkeit, tveil sie die Aussagen Jhrer Braut iiber die Be gegnung aus der Treppe bestätigt.« Wildsiihrs Gesicht zeigte ein verle geneo, liebenswürdige-s Lächeln. »Eben darum, Herr Kommissar. Weil es doch eigentlich nichts Neue? war, was ich gesehen hatte. Und Marie, —- meine Braut hatte ja sogar sagen lönnem wer der Here gewesen war. Und ich habe nun einmal nicht gern mit Gertcht und Polizei zu tun« — darin bin ich komisch. Meiner Braut habe ich natiirlich alles erzählt, vor der habe ich tein Geheimnis-. Aber ich habe ihr auch gesagt, sie soll den Mund halten, weil eo doch nichts Wichtige-Z wae.« «Bielleicht wichtiger, als Sie den ken. Weiter also wissen Sie nichts?« »Nein, Herr Kommissar, ietzt weiß ich wirllich nichts weiten« »Dann danle ich Ihnen siir heute. Grüßen Sie mir Jhre Braut.« »Dann schön, Herr Kommissar.« Sein Gesicht strahlte, sobald nur von Marie Stubensöhr die Rede'tvar. Und so mit seinem strahlenden Gesicht ging er hinaus. Brennert stand aus, legte die Arme aus den Rücken und schritt nachsin nenb hin und her. Einmal blieb er am Tische stehen und las die Papiere durch, aus denen er sich Notizen iiber die Vernehmung Neustatters und hö gers gemacht hatte. Dann wars er sie miß-nun wieder aus den Tisch. «Ein tot-I leis!!'« tain es halblaut von seinen Lippen. " Er hatte sich eben niedergeseny um eine andere Sache vorzunehmen, als der braune Schutzmann von vorhin wieder eintrat. , rr Kommissar, dies Stelegrammf ist en abgegeben morden-« »Geben Sie her« es ist gut. « Während sich ver Schusmann mit schneioiger hiickenivenvung entfernte, löite ver Kommissar ven Verschluß des Tel: gramms und entfaltete va Papieg um vaniz halblaut ein »Don nerivetteii" zu rufen. Das Wort klang aber nicht ärgerlich, foiidern freudig. Nun kam eine plötzliche Lebhaftig leit liver ihn. Er nahm feinen Hut und Mantel vom schwieg-ein eisernen Kleiderhiilirr neben ver Tür, gal- ini Boriivergehen im Vorzinimrr ein paar ILliittrage lind verließ in Eile oad große-dünne Gebäude, ivo vie Polizei als Herrin thronte. Rasch brachte die Tiiinibahn ihn zum Jnfiizpalaft, und nach einigem Warten stand er in einem würdig, in schweren Farben selorierlen Zim mer oem Staatsanwalt Lüdemann gegenüber, ver ihn mit seinem lind-· lichem ein wenig vom letzten Plä doyer geköteteii Gesicht freundlich be grüßte. »Guten Tag, Herr Kommissar Sie sehen zufrieden aus. Was bringen Sie Gutes?« »Gute- und Schlechtes, Herr Staatsanmtlt.« Zangen Sie mit dem Schlechten an. Das Gute schmeckt hinterher doppelt gut..Sie tomnten doch in der Sache Autiewta?" »Gewiß. Aber ich habe zu mel den, daß der Verdacht gegen die bei den Burschen, den Höger und Neu stiitter, bisher gar nichts ausgibt. Jch habe sie beide heute vernommen, habe alte meine Kiinste spielen lassen nnd ihnen Dinge aus den tiops zuge sagt, von denen ich selbst nichts iveisz, — habe dem Neustätter sogar vorge redet, jemand hätte den verschwun denen vting in seinen Händen gese hen, —- aber es hat nichts gesruchtet. strein Widerspruch in den uluäsagem kein Sichverwirrem rein gar nichts »Jaget hat eingestanden, — er ivar jlrant, nnd Kranke sagen am leichte sten die Wahrheit, — daß eine Per » lentette, die sie an der Schauspielerin gesehen haben, sie zu dem versuchten -Eindringcn bei ihr veranlaßt hat, aber das ist auch alles.'« »Und unser Verdacht wegen eines Komplvtts der beiden niit — wie heißt doch der Kerl?« »Herr Staatsanwalt meinen den Schlossei Wildsiihr, den Bräutigam der Jungfer von der Kunewtm Da Jmit ist es auch nichts. Die Haue-su chung bei den dreien hat teine Spur von dem Ring ergeben, und dieser Wildsiihr, den ich auch heute vernom men habe« macht-mir den Eindruck, als wenn er die Wahrheit späche. Für ein Zusammenarbeiten der drei liegt vorläufig tein Beweis dor. Da gegen hat Wildfiihr etwas Jntciessans tes ausgesagt.« »Und was-I« »Er hat turz nach halb neun Uhr einen Herrn gesehen, der aus dem Hause der Schauspielerin kam.« »Den angeblichen Regierungs « rat?« »hai sehen können, stiinint aus den Regierungsrat. Wir haben hier also eine Bestätigung ür die Wahrneh mung der Stubenxöhn Neu siir uns ist nur, daß der ragliche here nicht »Seine Beschreibung, soweit er ihn : nach der Seite fortgegangen sein soll, s wo die Düringersche Wohnung liegt. L sondern aus den Wall und die Vor stadt zu.« Der Staatöath bewegte zwei felnd und überlegend seinen Kopf hin und her-. »Wir müssen prüfen, ob ieine Kollusion vorliegt. Bei Brautleuten heißt es mißtrauisch sein.« »Gewiß. Eis läge ja nah-, daß die beiden die Aue-sage verabredet hätten. Aber der Schlosser macht mir einen zuverlässigen Eindruck. Viel wichtiger ist meinest Erachtens eine andere Nachricht- Sdeben erhielt ich ein Telegranim aus Niiriiberg.« »Was hat Nürnberg mit unserer Sache zu tun?'« »,,Scheinbar ziemlich viel. Ansi Anordnung des Herrn Litaatsanwnlts ! war doch eine genaue Beschreibungi des verschwundenen Ringes an dies Zeitungen gegeben worden. Daraus! hat sichIFestern ein Goldschenied Hu ber in iiknberg gemeldet und mit geteilt, er habe turz nach Weihnach ten des Jahres 1892 solch einen Ring mit Jnschrist angefertigt." »Don-n haben Sit nur noch nichts gesagt-« « »Nein, Herr Staatsanwalt, ich habe mich bemüht, erst noch Genaue res durch die Polizeidirettion in Nürnberg zu ermitteln. Und eben tarn das Antworttelcgramm Darf ich es dorteseni« «Lesen Sie.« Brennert hatte das Telegrnnnn schon entfaltet; in seinen aufgeregt unruhigen Händen tnisterte dat- Pa pier ein wenig. Auch seine Stimme tinng nicht so gleichmäßig rvie ge wöhnlich, als er nun las-: »Kannan 1892 aus 93 hier engagiert. Gold schmied Haber erinnert sich Ringes genau. Besteller ein reicher Jungge selle namens Josef Deininger, der kurz darauf unansgetlärten Todes starb. Dittinger damals hier bei sei-« nem Onkel wohnhast.« »Alle Wetter!t" sagte der Staats anwalt. Es war wie ein Echo del »Donneeiveitee!« das Brenneti beim Empfange des Lelegranims ausgeru sen halte. »Meinen Here Staatsanwalt nicht iiuch, daß wir vie Spuk, pie niif den Regierungsrat o. Düeingee hin ipeisl, iiiii allem Cisee versolgen sollleiiis Ich ioilteie so etwas wie alle Bezieynngen zwischen ihm iinv ver Kunkel-tin wenn ei sie iiuch leug iiei.'« k »Ich muß Ihnen zugestehen, diese Mnglichleit und andere Dei-wankte Möglichkeiten kno vorhanden. Fa ·. een Sie nach Nürnberg, prüfen Sie dort alles-, aber ohne lleoereiliing.«" Vielleicht gelingt es Ihnen, nii diesen Ring eine Kette zu schmieden. vie den Schulvigen sesihali.«' si Ein halb wohliiieiivek, hall- quä lenvei Hiiiespnli ioiii iii Der Seele Oedivigv o. Reuigen Als- il2i Mnnn mit so feierlicher Versicherung vie izchiilv an der Ermordung der Kn neolii oiii sich wies-, on iviii es ihr wie Besreiung ooii siirchtdarer Zwei felsnot. So sehr, daß ein Gefühl erlösten Ausaiinens tagelang das herrschende blieb-. Seine Hand war unschuldig an der furchtbaren Tin; weich eine Gluagentpsindung lag iii dieser Ueberzeugungl Wenn Hedwigi Herz ganz oou davon war, dann schalt sie sich im stillen, daß nach nur stir einen Augenblia ein Hioeisel an ihres Mannes lltischiild sich in ihr geregt hatte. Dann aber tamen einsame-, graue Däminerstunden« in denen zusammen mit dein Tagesiichie dieser helle Schein in ihrem Innern unaushalis sam hinzusterben schien. Sie saß und griioelte, schaute hinein iii das ioachsende Dunkel und suhlic die Angst do: etwas Neuem und schreit licheni aus« sich heranschleichen gleich der Dämmerung Sie ziveiselie nicht an der Wahrheit oon ihres Manne-« Versicheruni, die sie siir Lage so srei gemacht hatte in szch selbst. Fllsrr da war etwas anderes-, das ihr zuerst unbedeutend und tliin erschienen war, leis nun sich regte und wuchs und ihre Brust uintlaiiinierte mii irr sticknngsangst. Er hatte oon einer anderen Schuld gesprochen, die ans iistti lag. Was war das siir eine Schuld, was tonnie das seine War es nur ein leichter Fehl, wie das Le ben gar oieler Menschen ihn ausioie5, war es etwas Großereg nnd Schwe reres, was mir neuer Not sie deide bedrohtei lliid wenn eg aus war, ioie durste sie den Mann an ihrer Seite ioeiierliebent tlber in all den Zweifeln, in all der Furcht oor ei nein drohenden Verluste suhlte sie die Liebe zu ihm immer größer werden. Des Virzens reinsieo Gefühl, das Mitleid, tain wie ein warmer Son nenstrahl daraus hervor und ließ die Liebe wachsen und Tiliihea Wenn sie sah, wie sein Gesicht immer bleicher und hagcrer wurde, war es ihr, als wenn sie wieder und wieder bitten müßte: Sag mir alles und laß mich mit dir le:deii. Wir gehören zusam men iti Glüä und Not. Ader aner zogene Zurückhaltung und überlegen de Vernunft liessen sie schweigen. Sie siihiie: wag er hatte sagen wol len und lonnen, das ioar gesagt wor den« Sie mugte geduldig sein und warten, bis er cor. selbst ioiecer ist-W Seit ein paar Tagen atniete sie abermal-H freier aus. Der Polizei tommissai Breniiert hatte sich nicht mehr sehen lassen. Er ioar noch ein paarmal ing Haus gekommen und hatte längere Zeit mit ihrem Mann verhandelt, in dessen Gesicht diese Besuche jedesmal traurige Spu ren zurualießen. Jetzt aber war er ausgebliebeir. llnd Pedwig begann vorsichtig zu hossen« daß auch der Beamte sich oon ihres Mannes Un schuld im dein schrecklichen Verdre chen überzeugt habe« daß die Gefahr einer iinerhorteii Demutigung — denn das war es im oesten Fall — an ihm oorubergegangen sei. Las Wohlgefühl daruoer hatte auch ihre anderen Sorgen mehr zurückweichen lassen; das tagliche häusliche Lesen gewann iisicder nach und nach sein altes Gesicht, utid sie hatte heute zum erstenmal in all der Zeit wieder uber ein töricht-naives Wort von Elli la chen tönnein Auch zum Lesen war ihr die notige Stille der Seele zurückgekommen, uno sie hatte sich sast eine vtunde lnng in Goethes Briese an Frau v. Stein vertiest. Wie ties klang jedes der Liebesworte des großen Mannes jetzt in ihr nnchi Es war ihr, ais hatte sie sriiher in halbem Schlaf gelegen und wäre nun erst erwacht. War das Ungliicl eine so gute Schule sur das Menschenherz? Vielleicht war es dann in Wahrheit ein mit heißen Gebeten zu ersiehender Segen. Weich, mit weit geössneter Seele, horchte sie aus die Gefühle, die aus den Blät tern des Buches leise mit ihr spra chen. Voll angenehmer Lebhaktigteit stand sie plötzlich auf. Sie hatte den Schritt ihres Mannes auf dem Kor ridor,gehört. Sonst blieb sie aus ihrem Platz sitzen und griißte nur mit einer leichten Wendung und Neigung des Kopfes, heute ging sie dein Eintretenden bis zur Tür ent gegen. Wie bleich und vergrämt er wieder wart Wie müde seine Stimme klang, als er mit freundlichem Gruß hereintratt Wie heiß das Mitleid iti ihr aufstieg bei seinem Anblick Sie faßte feine Hand und suchte noch Worten für ihr Gefühl. Doch fie brachte nichts anderes hervor als eine hertömmtiche Begrüßung, die nur durch den Ton einen besonderen Wert erhielt. Er aber fiihlte diesen Ton, und indem er ihren Kopf zwifchen vie Hände nahm, berührten seine Lippen leicht ihre Stirn. »Meine gzite Hedwigi« Auch er sprach weiter nichts, aber sie fiiylten sich einander wieder in nerlich nahe. Dann ergriff er das Buch, in dein sie gelesen hatte, schaute hinein, nnd nickte vor sich hin. »Der hat gewußt, wie-das Menschenherz aussieyt.« Und als wenn es sich nrryt tot-reißen konnte von dein Buche« zog er einen Sessel heran, setzte sich iieoer nnd ocrtiefte sich ganz in das Echo gestorbener Gefühle, das durch diese Blätter aus der Ferne her-. klang. Um Glockenton, der plötzlich die friedliche Stille zerris, ließ Hedlvtg zusameinnsahren. Jn ihr war noch immer die:«leroosität, die nach erschrec lenden Ereignissen zurückbleibt nnI oor jeder Berührung der Außentvelt angstvoll erhebt. Jhr Mann gab tetn engeres-«- Anzeichen der Unruhe, doch ließ er das Buch langsam sinten und horchte hinaus. Jetzt kam auch schon das Haus maochen in seiner weißleuchtenden Schutze herein und meldete ,,Der Polizeitommissar Brennert mochte den Herrn Regierungsrat sprechen.«' Er neigte den Kopsz es war, als wenn er ihm von eitler unsichtbaren Macht niedergedrückt würde. Dann stand er schwerfällig aus. »Ich tout me.« Das Lliliidchen ging hinaus-« Hed wig trat ihm in den Weg. »Was will er wiedert Ich hatte gedacht, er käme nicht tnehr." »Was er heilte will, weiß ich nicht. Er ist verreist gewesen, habe ich sagen hören· Darum ist et wohl nicht gekommen in den letzten Ta gen.« »So — nur darum-«m »Ja, darum.« Ein meriwärbig sbilterer Ton war in seiner Ant wort. Ohne Hedwig anzublietem ging er an ihr vorüber und hinaus. Das Mädchen hatte den Polizei-i lomtnissar in des Regierungsratz Arbeitgziminer geführt, wo er war tend stand. Mit stutnniein Gruße tam Diiringer herein, mit einer Handbewegung wies er aus einen Stuhl. Brennerts Gesicht war ern-, ster als sonst; er setzte sich aus die wortlose Einladung hin, schwieg aber noch einen Augenblick, alswenna se nach Worten suchte. Dann erst« begann er zu reden. »Ich war einige Tage verreist· Jn Nürnberg war ich.« »So — in Nürnberg.« »Sie kennen die Stadt, herr Ren gierunggrat?«« ,,Oberslächlich — ein wenig.« »Nicht genauch Sie haben doch«l wie man mir in Nürnberg erzählte« dort selbst siir einige Zeit gelebt.« »Es ist schon lange her — ich war damals ein junger Student. Ein Onlel von tnir.wohnte dort.« »Ganz- recht. Er wohnt auch heute «. V «itl Nürnberg, — Jht Herr Ortes. « Ich habe mit ihm gen sprochen.« « »So? Er muß alt geworden sein, seit ich ihn gescheit habe.« ,,Aeußerlich ist er sreilich ein al ter Herr· Schneelveißes, langes Haar und ein Gesicht voll Rttnzeln. Jnnerlich ist er aber noch keines wegs alt. Jch habe selten einen jungen Menschsn so lebhaft, —- ich lann wohl sagen, so grob werden sehen wie ihn. Ein ganzes leises Lächeln machte Düringers Gesicht siir einen lnrzen Moment etwas heller. »So war er immer. Jch habe manches mit ihm ausgestanden« ,,Dars ich sragen, ans welcher Veranlassung Sie zsl ihm nach Nürnberg lamen?" »Gewiß. Mein Ontel war das . ocrmögendste Mitglied meiner Fa-. mille, —- mein Vater dagegen lebte als pensionierter Osfizier in bescheiden nen Verhältnissen Als die seither antam, in der ich daran denken mußte, mir einen Lebenslauf zle wählen, erbot sich mein Onkel in un erwarteter Weise, mich studieren zu lassen. Aber es war eine Bedin gung daran getnijpst. Als früherer Kaufmann tat er nicht leicht etwas umsonst. Jch mußte nahe bei Nürn berg gelegene Universitäien, Mün chen und Erlangen als Ort für mein Studium wählen und alle Fe rien bei meinem Onkel zitbrlngetn Er tvar —- und ist es vielleicht noch — ein letdensclkaftlicher Bücher sammler nnd hatte nach fund nach eine ansehnliche Bibliothet zusam mengebracht, für Die er sogar einen besonderen Flügel an sein Hans hat te anbauen lassen. Der war damals eben fertig geworden, und in der Ferienzeit war es mein Amt, für die Neu-ordnung und Katalogisierung der Bibliothet zu sorgen.« »Das hat mir auch Jhr HerrOm tel erzählt —- solveit man seine reich lich abgerissenen Aeußernngen als .Erzöhlnng bezeichnen will.« (Fortfetzung folgt).