Die Jererlssthardmg Von W· M. W Sie hatte 42 lange Paragraphen and den kurzen Titel «Fenerlöschord nang«. Sie lag trn Attenftönder an ter anderenältten und Papieren, und das war gut fo. Denn ihre nähere Bestchtignng drarhte regelmäßig Un glück. Eigentlich sollte jeder Beamte eines hochweifen Magistrats zu Schil da sie anewendig kennen, und jeder hatte auch durch Namensdaterschrift . deitäftigt, daß er sie kenne. Aber - wirklich nur auswendigl Ein einzi ger Beamter hatte versucht, sich den Inhalt anzueignenz als er jedoch nach vierzehn Tagen sich endlich durch zwei Paragraphen hindurchgetämpft hatte, da legte man ihm eine Zwangsjaae an. Er phantasierte tn einem fort, er müsse das Feuer benachrichtigen, daß die Beamten ausgebrochen seien, und wollte alle Alten and wertvolle Ge genstände in Sacke packen. zutn Schluß den Bürgermeister. Seitdem ruhte die Feucrlöfehards nung in dem Attenftände:, wohlver wahrt wie ein Heiligtum. Nur zwei mal irn Jahre wurde fre allem Volk gezeigt, soweit es beim Schildaer Magiftrat in Lohn and Brot stand. Man staunte sie an. bestätigte von neuem, das man sie kannte, und de tete dabei leise das Nachtwächterlied: Jeder bewahre sein Feuer und Licht»l Daß im Rathaus leia Schade geschicht. ! Ladt Gott den Herrn! I Ader einmal aützte das Gebet » nichts. Es war gerade an einem scho- ; nen Sommersonntag und im ganzen » Rathause war nur ein Beamter mitf einem Bureaudiener. Der Bureaudrener sah das fieueri zuerst. Aber er lief deswegen nichts schneller; denn das war nicht in set- . nekDienstordnung vorgeschrieben Ge- s messenen Schrittes ging er in dass Bureau, in dem er seinen Vorgesetzten s vermutete; denn er selbst hatte nechtl das Recht, selbständig Schritte zu tun. ; Da der Beamte nicht anwesend war, l so wartete der Diener-. Er hielt sichs nicht sitr berechtigt, alle Raume des’ großen Hauses zu durchstreifen. Rach- » dem er aber eine halbe Stunde ver-s geblich gewartet hatte, machte er sechs doch auf die Suche. Nach längereml Hin- und herhorchen hörte er plögsj lich aus einem derschwiegenen Raum regelmäßiges Schnarchen zu sich drin- . gen. Obgleich ihm sein Vorgesetzter ein mal gesagt harte: «Denken Sie nicht; wenn Sie denken, machen Sie nur Dummheiten,« so konnte er diesmal sein Denkgetiiste doch nicht lassen und überlegte: «Dars ich mich an diesem Ort, wo mein Vorgesetzter Mensch ist wie ich, bemerkbar machen oder nichts Und wenn ja —- wie?« Nach längerer Ueberlegung räu sperte er sich, erst leise« dann lauter — den Schläfer störte nichts. Jetzt wagte der Diener es sogar, anzutlopsen Nach mehrmaligem Anklppsen hörten die Schnarchtöne aus, und der Unter gebene hielt diesen Zeitpunkt siir ge eignet iuka Verschwinden Er begab in das Bureau zurück, wo nach sehn Minuten auch sein Vorgesepter eintraf, unt die vorschriftsmäßige Meldung entgegenzunehmen, daß Feuer ausgebrochen sei «Feueri« wiederholte der Beamte und wurde blaß. «Großes Ieueri« ,Nein, es brannte nur erst wenig. als ich es bemerkte; ich hielt mich aber nicht berechtigt, es allein zu löschen, weil dadurch der. Tatbestand hätte verduntelt werden tönnenk .Sie haben gut daran getan. Ich werde rnich gleichsalts hüten, mir die ingrr zu verbrennen. Die Feuer loschordnung schreibt vor. . Holen Sie mir doch die Ordnung dort aus dein Aktenständer heraus, ich werde genau nach Vorschtist verfahren-« Der Bote ging, wurde aber aus seinem Wege aufgehalten durch die Frage: ,3unächst — wo ist das Jesui« .Jtn Zimmer 161 — here Stadt rat Dr. Weise.« »Wie lange brennt es schont« »Seit 3 Uhr vermute ich.« »Ist ist es 10 Minuten iiber vier. So, jeit können Sie mir die Nisch ordsung holen, dann wollen wir in ein sureau gehen, das weiter ab liegt dont Jena« - «Ieuerlöschoronung,« las der Bei amte, »dom Jahre 1896, berichtigt und nuf dem Lin-senden erhalten durch R. Reinict, MasistratsiBureaus Assistent (237 Berichtigungen).' Die ersten drei Paragraphen ver boten den Beamten das Manchem das Umwerfen von brennenden Streichs hölzern usw. Jni vierten Paragraphen hieß ei: Zunächst ist der Herr Bür germeister zu benachrichtigen.« «Dummherg,« tagte der Seh-Mir Jehn Sie nach Z 4 der Feuerlöfch ordnung zunächst in die Wohnung des her-tu Bürgermeisters und be nachrichtigen Sie ihn.« Während Dunimberg ging, las der Beamte weiter und fand tm 7. Para graphen, daß zu allernächst die Feuer mhr anzurufen sei. Da die Wehr dem Burgen-leistet unterstund, so Mitte er natürlich nicht vor ihm oder sit ihm tin g 4 erwähnt werden. Der Beamte tröstete sich, daß Dumm s. Erz, s. sin- 1917. sberg bald zurückiommen werde und es dann immer noch Zeit sei, die Feuern-ehe zu benachrichtigen, da das Rathaus ja sehr groß war und nicht so schnell völlig abbrennen konnte. Er las also weite-. «Weiter hat sofort ein sote zum Kastellan zu geht-h der die Jener der Zentralheizung zu löschen han« Der Beamte überlegte: Der Kastels Jan stand nur ikn Range eines höhe ren Dieneri, es ging also nicht an, daß er selbst zu ihm- ging. Dummberg würde ja bald zurücklommen, der konnte gehen. »Du Weiteren ist sofort der Be leuchtungswiirter aufzufordern, die Gasleitung nbzuftellern Dann stnd derRassiequund der Rendani der Stadthaupttasse durch besondere Bo ten aufzufordern, sich mit den Schlüs seln einzufinden.« - Diese beiden gehörten zu seinen; Vorgesetzten; zu ihnen hätte er also. selbst gehen können· Aber erstens war! setzt teine Befuchjzeit, und zweitenis hieß es in einem weiteren Paragra-; phen, daß bis zum Eintteffen desl Herrn Bürgermeisters der rangiilte-» ste Beamte die nötigen Anordnungen! zu treffen habe. Er durfte unmöglich den Plah verlassen, auf den ihn dass Vertrauen der Behörde gestellt hatte. Wer sollte dann überhaupt Anordnun gen treffen? Nein, er war hier unab tömmlich und mußte unbedingt Dummbergs Rückkunft abwarten Nach dieser Unterbrechung las er weiter, wen er noch alles zu benach richtigen, was zunächst und was zu allernächst zu retten hatte. Ali er beim H 38 war, mußte er wieder eine Pause machen, Dummberg war zu rückgetommen. .Der herr Bürgermeister ist nicht zu hause. Sein Dienstmädchen wills ihm gleich sagen, sobald er zurück tommt. Die Feuerwehr kommt auch schon; ein Schusterjunge hat’s gemel-I det. Die ganze Stadt ist aus den Bei-I nen.'· ,'·Otyvkt, Vummvekg. gest gehen Sie zunächst. . ..« . Der Setretiir vollendete den Satz nicht. Hastig blätterte er in der Losch ordnung« er hatte vergessen, wer nun der «Niichste" und wer der »Aller nächste« war. «. also zunächst zum KastellanH er soll die Feuer der Zentralheizung löschen.« s Dummberg druckste noch etwas. ; »Na, was stehen Sie denn nochis Jch meine, wir.diirfen nichts über-; sehen, wir müssen alles tun, um der Ausbreitung er Feums entgegenzu-! arbeiten·« s »Aber die Heizung geht ja im Sommer nicht.'« «Ob sie geht oder nicht —- Damm-» berg, hier steht’s, und ich muß tun,. was vorgeschrieben ist; man tönntes mich sonst haftbar machen fiir den entstandenen Schaden-« s Dummberg gingl und der Selretiir» las weiter. s Jm letzten Paragraphen hieß es: .Sofort nach Ausbruch des Feuers Hnd die hydranteu in Tötigteit zu sehen. Ueberhaupt haben die Beamten bis zum Eintrefsen des herrn Bür ,germeisters und der Feuerwehr alles »Zwectdienliche zu tun. — hhdranten i befinden sich...« hier folgte eine ge l naue Angabe der Orte. »Wenn Dummberg tommt,« über legte der Setretiir, «muß er sofort unter meiner Leitung alles Zweckdiens stiche tun und die hhdranten in Tä tigkeit setzen-· Aber Dummberg kam nicht. Das Rathaus stand in hellen Flammen. Von allen Seiten rüsten Löschziige heran und gaben Wasser; jedoch es .war zu spöt. Jmmer wütender grif fen die Flammen um sich. nichts tonns te gerettet werden. Selbst in das «weit abgelegene« Zimmer drang schon der Rauch. Der Beamte stand an seinem Pult-las noch einmal durch, wen er nun our allen Dingen zu benachrichtigen hätte, und wun derte sich, daß Dummberg nicht kam. Statt seiner kamen die Flammen· Sie standen nicht still wie Dumm berg, sie schwiegen auch nicht; see rüsten näher und zischten und fauchi ten. Der Qualm und die hihe waren wahrhaft unerträglich; sie reizten zum husteth sie raubten den Atem.... ... .. alles Zweckdienliche zu tun,« las der Beamte noch einmal, ehe die Flammen gierig ihre Arme nach ihm ausstrecktem Zweadienlichel Wenn er selbst sich auch nicht mehr retten tonni te, die Ieuerlsschordnung muszte ge rettet werden. Wie sollen sonst seine Kollegen bei einer zweiten Feuers brunst wissen, wag zweckdienlich war. wer zu benachrichtigen und was zu retten war! Und mit einer legten ge waltigen Anstrengung warf er die Ieuerliischordnung aus dem Fenster auf den Marttplah Dann sank er nieder, und die Flammen taten statt seiner nun alles «3weetdienliche«. — Alink-erfroren —- Haus frau (die einem BeiiIek einen qui geplatzien Rock gibi): hier haben Sie einen Rock von meinem gefchiedenen Mann. Bettler: No, die Trennung sieht knan ihm aber auch an! — Gemütlich. — A- hatte nicht der here Meiet schon vor tan ger Zeit die Absicht geäußert, sieh von seiner Frau scheiden in lassens B.: Die Absicht besteht noch im mer. Die beiden wollen nur noch vorher die silberne Dochzeit seien-! lieh-natur n Ietdegang Von J. H. Es gehört zweifeljohne Charakter itiirte dazu, wenn jemand mit Aus sicht aus einige Glaubwiirdigleit be haupten wollte, der Name Lehmann, zahle zu den Seltenheiten. Es ge hörte aber auch anderseits ein Ge miit dazu, das zur Wahrheit-liebe in nur platonischein Verhältnis steht, wenn einer hätte behaupten wallen, solcher Lehmanner, von dem hier die Rede sein soll, gäbe es viele Lehmann hatte als zweiter Sohn eines begüterten Gutsbesihers das Licht der Welt erblickt. Wie das nun meist aus dem Lande ist: der Hof soll möglichst hübsch zusammen vleibea und nicht geteilt werden« und degshalb sollte Lehmann, den noch obendrein die schönen Bornamea Paul und Gustav zierten, Lehrer wirdenEin Lehrer aus demLande ist. en halber Psarrer und nimmt als Schristgelehrter eine geachtete Stel-. lung ein« Also wurde Paul Gustav Lehmann in ein Seminar gebrircht,( a' L er das nötige Alter erreicht hat te, uni Schullehrer zu lernen-« Die Sache ging auch ganz pro grammößig Lehmann war ein hel ler Junge und lernte leicht und wil lig; als er aber größer und größer wurde, da zeigte die Sache doch et l?che, und nicht geringe Schattensei ten, denn in dem tiinitigen Jugend bitdner regte sich der Drang nach Freiheit und Ungebundenheit, was sich so durchaus nicht mit den stren gen Ansichten gewichiiger Pädagogen vertragen wollte, die ihre Ansichten deutlich in jenen dünnen Heftchen niedergelegt habe-r, jenen Hestchem so instn Schulgesehe nennt. So tain es denn bisweilen, dasz die Sittenzen km nicht eben ein Lob ausdrückte, denn im jiteis und Betragen bedeu tet nur die reine Cing ein Lob, und diese war es gerade nicht. Nur in Musik und namentlich im Orgelspie ten war Paul Gustav obenan; im crgelsdiel wurde er sogar bedin gungslos bewundert. Was niiht aber das schönste Or gelspieL wenn der Charatter Risse triegti Und Lehmanno Charakter zeigte bedentliche Risse. Er entblödete sich nämlich nicht, des Nachts aus te«chten Sohlen aus dem Seininar zu entweichen und in Gesellschaft mit gleichgestimmten Freunden, deren Seelen auch gestopft zu werden ver dienten, in einem versteckten Lotale dem so detpönten Allohols und Ta batsgenuß zu stöhnen. Es war wie im Traumulus: die Sache tam her aus und Lehmann auch —- ich meine are dem Seminar, —- denn seine gestrengen herrn Lehrer hielten ihn fürderhin nicht mehr würdig, diese Stätte pädagogischer Bildung zu be suchen Das trantte den verrohten Burschen, wie ihn sein herr Ordi narius geheißen hatte, ader wenig. Er nahm Kriegddienste, das will sa gen« er trat als Freiwilliger in ein Jnsanterieregiment ein und da er eine Menge gelernt hatte, machte ihn der Herr Feldwebel bald zu seinem ,Schwung". Mit diesem onomatopoe tischen Worte bezeichnet der Soldat den Gehilfen des Herrn Feldwebels in der Bewältigung der zu erledigen desi schriftlichen Arbeiten. Der Wehr siand sagte Paul Gustav mehr zu,» als der Lehrstaad und so lam ei, dass er tapitulierte und nach etlichen Jahrchen selbst den Thron der Kom pagnieschreibstube als Zeldwebel be stieg und sich nun seinerseits einen Schwung leisten tonnte. Nachdem er zwölf Jahre das Kriegshandwerl ausgeübt hatte, ging er: wegen über trmmener Feld- und Garnisoniss dicnstuntauglichteit in Pension undl betam den Zidiloersorgungsschein· I Dieses Instrument ist ein Sesam — öffne Dich —- fiir alle alten Sol daten; und auch fiir Lehmann öff nete sich der Sesam der blendet-staat lichen Staatöbahn und nahm ihn auf. Lehmann wurde Portier an dem Personenbahnhos erster Klasse zu »Drippsdrille! —- Auch diese Stellung lbehagte dem guten Paul Gustav be .oeutend besser, als damals kene in »der Pädagogenoildungsansta t. Er hatte hier nichts zu tun, als den Rei Ifendem die ihn nach den 'Z" en stagten, Bescheid zu geben und da itr die de:schiedenst:n Trinkgelder in Empfang zu nehmen. Dies tat er auch ohne Widerstreben. Zu einigen Zeiten des Tages bewaffnete er sich much mit emee großen Mose, ging leiedigen Schrittes durch die Watte ssi.1e, wie der Samiel itn Freischüi Wirte die Bühne, hob die Glocke, mach te Bimchinisbien und tief dazu: Ah schtt in der Richtung-s »Titnbuttu, Beknspumpel -—— Sonnenstein«, over so ähnlich, »3ug gehi in süns Minu ten.« CI läßt sich leicht ausbeuten, daß dieser ansteengenve Dienst ihm drch einige Minuten des Tages stei !ltes2, in denen ee sich seinen uner zfchlusften Neigungen zu Alkohols und sxahatsgenüssen ungestört hingeben ,tonnte. Es hätte mituntee sast den LAnschein erwecken können, als hätte ithm der Dienst mehr Minuten stei gelassen, als unbedingt zur Erhal tung des töepeelichen Gteichgewtchs rtes nötig gewesen wäre. ! Da erhielt Paul Gustav Lehmann eines Tages einen sttes von seinem älteren Bruder-, demselben-, um det willen er hatte Schulteer werden sollen, daß der Bruder demniich sei ne silberne Hochzeit seiere und eines lieben Bruder dazu steundlichst ein« lode. Diese Einladung osztschlr.gen, wäre dem guten Paul Gustav als ein Verbrechen an der briiderlichen Lie erschienen, zumal. da es bei di Gelegenheit auch Gelegenheit gab, i niges zu trinlen. Er nahm also Ut laub und langte nm Sonnabend vor der Feier im heimatlichen Kublnss an. Es ist aus dem Lande meist Sit te, daß die silbernen Hochzeiten mit großem Aufwand geseiert werden« und namentlich die Feier in der Kir-» che bildet den Glanzpunlt des Feste-. Paul Gustav, der eine Menge alter Schnlsreunde und Belannte wieder-. sph, arrangierte so eine Art Silber psterabenty namentlich sein Freunds der Küste-, der mit ihm aus dem Se-; nmmr gewesen war, mußte mit ilims zechen, bis der helle Morgen grante.s Da nun aber der gute Küster nicht» soviel Gelegenheit hatte, seinen Ma gen an die Freuden des Altoholge nnssez zu gewöhnen, wie der Herr Bahnhoseportier, so tam es, daß er bald in jenen toeinerlichen und äu ßerst betriibten Zustand geriet, in dem man den Mitmenschen unter Tränen beschwört, et möge uns doch nur die eigene Existenz verzeihen, nnd in dem man, selbst wenn der Mit mensch die Existenz verzeiht, man sie sich selber nicht verzeiht. Dieser Zu stand, den man nicht unschön das heulende Elend nennt, ist aber nur die Uebergnngöstuse zu einem ti. en, unzerstörbaren Schlafe. So ging es auch dem guten Küster. Als die Glocken am andern Mor-" gen läuteten, da lag er friedlich ichlummerndsin seinem Bette und war nicht zu erwecken. Alle anges wandten Mittel erwiesen sich diesem Schlafe gegenüber nur als mifzgliick te Versuche mit untauglichen Mit teln. Aber Orgel mußte gespielt wer den, auf alle Fälle. Aber woher ei nen Küster nehmen? Da kam ein Cchlantopf aus einen Gedaiilen: Paul Gustav Lehmann kann Orgel sfielen, Paul Gustav Lehmann muß Orgel spielen. Und sie rissen den Mann aus den Federn und fehlen iln ins Gestiihle vor die Orgel und siehe da, es ging prächti Es iarn zirar hie und da dor, das er sich in den Negistern vergriff und daß die Chorjungen im Vergleiche zur Or gel eine falsche Melodie sangen, aber aileH in allern: es tlang wenigstens wie Orgelspiel, und das war die Hauptsache Nach deni Einleitungslied kam ders Herr Pfarrer und hielt eine sehr schöne Rede Die Rede begann mit der Geburt des jetzigen Silhnbräm tigams, verbreitete sich dann des weisl tesen über die Zeit des ersten Schul-’ ganges, wars auch einige Schlaglich ter auf die Freude der Eltern an dem Jungen und kam dann in allmähli cher Progression zu den Zeiten der? Firmung der Militiir-, der Letzt-,l der Wander- u. anderer Jahre, dann; kam die Rede aus die Silber-braut u. er behandelte deren Leben in ähn lich schlichter und inniger Weise, wie das des-Silberbriiutigarns, nur daß hier die Militiirjahre wegsielen, und endlich klang die Rede aus in die Hoffnung auf eine schöne, frohe und hsxitere Zukunft mit der goldenen Hochzeit als freundlich winkendern Ziele Und nun sollte nach des herrn Pfarrers Wunsche die Orgel einset-, zen und in getragenen Akkorden hin-I überkeiten zum Schlußgesang s Der gute Lehmann aber hatte nur den Anfang der schönen Rede mit angehört, dann fielen ihm die Augen zu und bald umgaulelten schöne Brlder seine träumende Seele Als der herr Pfarrer geendet, entstand drum eine kleine Pause, die takd eine längere Pause zu nennen trat, bis endlich einer den verschla fenen Paul Gustav durch einen kräf tigen Rippenstoß ins selbstbewußte Sein zuriiklrief Lehmann aber, der die Faust des Erweckerg spürte, und dessen Geist irzwischen ganz wo anders gelusts wandelt war, sprang auf, lief an die Brilstung der Empore vor und rief laut, deutlich und dernehrnlich in die »aiidäekztig versammelte Gemeinde: Zell-fahrt in der Richtung: «Timbuk n-, Bernspurnpel —- Sonnenftein, Zug aeht in siinf Minutsz Bahn sirig B.« i —Juriiiisch ausgedrückt Frau: »Die-set Brief zeigt uns Ma mos Ankunft nn!'« Mann (Richiet): »Nei, gib das Strafmandai her!« —- Aus einem Briefe. Lie :bek Vetter! Die beifolgende Gänse Ilelser ist zwar klein, aber sie kommt wein Herzen Deiner Cousine Eva i i ·- Ahnunstvoll Pferdeveri ileiher (zu einem geschniegelien jun fgen herrn): Jn dem schönen An zug wollen Sie reiten? Schade vruml« — Böse Situation. Herr le: ne befreundele Familie besuchend): Aber-, mein Gott, was ist denn bei Euch passiert, daß Jhr alle so in ge drückier Stimmung desinfi« haust-ern »Ach, lieber Freund, Du ltisssi es heute rnii Deinem Be such wirklich recht schlecht, unsere Köchin hol Migräne.« Wy» engs- pou am mich-er «imcsim). ...-.. ...-W -1..- « « Eli ich in Kolvel war, ging ich durch die Gassen des Judenviertels In det Turm. Diese Gassen und lMge, die wie ein unentwirrdares sites durcheinanderlansen, diese ur ieilten, schwarzen und gebtechlichen Holzhöuser. die mit ihren Ballonem Galerien nnd tleinen Fenstern wie Gesichter und Frasen sind, haben ein eigenes, fremdes, sast unheimliches Leben. Jn düsteeen Winkeln, zwi M Schmuh und Staud. scheinen imnisvolle, unsichtbate Wesen zu dorten, die uns auflauern Ans der Holztreppe eines Hauses saß eine Jüdin. Als ich vorüber ging, hob sie den Kopf und schlug die Augen zu mir aus. Dieser Miit traf mich wie ein Hieb. Herrgott, ich lannte diese schwarzen, glänzen den Augen, dieses blauschwarze, ge trauste Haar und diese Augenbratun, die wie mit dem Pinsel hingemalt waren! Und ich tannte diese schma len, blossen Lippen, die mit so selt sum sinnlichem Ausdruck im even miißig gesormten Gesicht lagen. Ein Name stieg in meiner Erinnerung auf, ein sremdet, lange vergessener Name. Rasch trat ich zu dem Mädchen hin. «l!hawa?« sengte ich. »Cha Iva?« Das Mädchen sah mich an, schüttelte fremd lächelnd den Kaps, stand aus und verschwand in der Finsternis des Hauses. ——-—--—-—.--.-.—--. Chawa ..... Ek- war in Hamburg, aui Hasen, vor sieben oder acht Jahren. Ter Herbstabend dämmert beraus. Elb abwärto war der hohe Himmel ganz gefüllt von rotem, violettem nnd sahlgrünem Dust, und die Schorn steine und Masten der atwfahrenden Schisse und die Hellingen der Wirs ten am Reihersiieg standen mit sak big und dunstig ausgelösten Bontu ren vor diesem Himmel. Mit einem Male siel mein Blick aus ein Mädchen, sremd und meet wiirdig gekleidet, das in meiner Nähe stand und gleich mir das Farbenspiel in Himmel, Lust und Wasser lse-s wundernd zu betrachten schien. Doch als ich näher term, sah ich, daß seine Augen ganz verschleiert waren, nnd daß aus dem wunderschönen, wie aus Elsenbein geschnittenen Gesicht ein unbeschreiblicher Ausdruck der Hclss losigteit und der Aengstlichleit lag. Seltsam war es anzuschauen in sei ner zarten, schlanten Nindlichteit Ueber den schwarzen Augen lagen die Brauen wie Kohlenstriche Das schwarze haar, das im Widerschein des glühenden Himmels einen stöh lernen Schimmer hatte, trauste sich über der Stirn. Aus den Schultern lag ein leuchltnd gelbej Tuch, das Kleid war schwarz mit breitem, pur purroteni Saum. Jn der rechten hand hielt es ein tleines Bündel. Fremd und bunt, eine Erscheinung aus dem Undetanntein stand das Mädchen so vor dem Lärm des Ha sens von Hamburg »Ein junge Augwanderin,« dachte ich, »ein Kind Grrliziens, eine Polin, eine Jüdin Sie tdmmt aus dem Ghetto und ahnt angstvoll unter dem Wogen von Farbe und Dunst das große Meer, an dessen Ende die neue, duntle Heimat liegt.« Jch sprach das Mdchen an. Es hob erschrocken den Kopf. »O Panie!'· sagte es nur, halb singend, halb surchtsam. ichqWillst du auswanderii?« sragte Die Schultern bebten, in die Au gen tam ein Antdeuet des Entseheiis, sie wurden feucht, Tränen schossen hervor. »Nein. Panie, nein!« stiesz sie lei denschaftlich heraus· Dann sah sie sich blihschnell nach rechts und linls um« trat dicht an mich heran, hob sich aus die Fußspißen und sliisterte mir heiß ins Gesicht .Will mir Pause helfen? . . . . Will ich Pause erzählen!« Wieder spähten ihre glänzenden Augen hastig durch die graue Däm merung. Mein Gott« was sollte ich tunf Was wollte dieses Kind aus Polen oder Galizien oder aus Russ land? Ich überlegte eine Weile« dann nahm ich das Abenteuer nur Wenige Minuten später fußen wir in einer Grogtneipe unt BaumwaiL neben einander auf einer schwarz gepotfterten Bank vor einem feuchten Tisch. Jch hatte Punfch befte!!t. An einem Tifch uns gegenüber fafz Hein dicker, engtifcher Seenmnn mit Igtattrnfiertern Gesicht und der tur Izen Pfeife zwifchen den blauen Lip Jpen. An feiner Schulter lehnte ein ijunges Weib in tnerltroter Seiden Jblufe und fang einen Gassenhauer vor fich hin. Der ntte Wirt hinter der Tombant putzte den Grogreaffers teffet. »Sage mir, wie du heißt?" fragte is das Mädchen ,,Thawa«, war die rafche Antwort. Das »Ch« tanr hart und gutturaL Sie erzählte· Ich mußte auf mertfanr zuhören, unt ihr rnfches thdifchiDeutfch zu verstehen. thre »Wie kann ich Pir helfen, Chawa?« Geschichte wnr nicht lang. Sie war vor wenigen Tagen rntt dern Vater und der Mutter mit einem Auswane derertrnpp aus Luhlin in hamlnirg angekommen. Sie wollten nach Anteile und lagen bis zur Absahet des Dampsers in der sutwanderep halle der has-ag. Sie hatten ein elendei Leben in Iusland gehabt, geschunden und geheit und zerdrückt von den Behörden. Amerila sollte Freiheit und Wohlstand bringen. »Ich wollte nicht mit, Panie. Jch ,had’ mich geweigert, sie haben mich »geschlagen. Jch habe geschrieen, die xMutter hat geweint und der Vater i hat gesluehi.« I Die schwarzen Augen funlelteei». i »Du hast einen Liebsten in her « Heimat, Chawai« L Sie nickte leidenschaftlich s »Ja, Panjet Jn Lublin . . . und ich will zu ihm zurück! th bin weg gelaufen heute früh, weil morgen das große Schiff fährt nach Amerila. Er will mich heiraten ohne Aussteuer-. . . nnd wenn er mich nicht nehmen will, will ich doch leben in seiner Nähe . . . ich will arbeiten und ihn sehen!« Sie sagte das so namenlos fle hend, daß mein Herz istill und an däehtig wurde vor dieser Liebe, die wie eine Naturgewalt aus den schwarzen Augen brach. Dann sagte , . »Das ist eine dumme Sache, Cha tva. Wie willst du ziiriickloniinen?« ,,Weiß nicht. Gott wird helfen. Panje wird helfen.« Sie nahm ihr Bündel hoch und öffnete es hastig. Ein Stückchen Seidenstoss- moosgtiin mit flammend roten Streifen und ein Endchen weißes Atlasband wa ren darin. »Das ist das Kleid, das ich mir nähen will, wenn wir zur Hochzeit geben« Paiije.« JLJ »Ist das altes, Ehawa, was dii bei dir has k."' Sie niekte, und ihr Gesicht war hell non einem heiterm Lächeln und schön wie das Llntliß einer erbliiheni den Rose. Jch beneidete den Mann, dem Chairas Herz gehörte. Während ihre schlanken Finger das Biinrel wieder verschniirteii, sagte sie in aller Einsamkeit: »Gott kann nicht wollen« daß sie inich von ihm weg in die weite Welt schleppen . . . . es ist ein Schimpf .siir Gott, daß sie es versuchen.'« i Jch atmete ties. l »Ich will dir eine Fahrkarte nach sLiiblin tausen, Chawa, und deinem lVater schreiben, daß du weg bist!« J Chawa beugte sich rasch aus meine Hand, uni sie zu küssen. Doch ich hob ineiiie Hände, legte» sie um ihre i Schlafen, zog ihr Gesicht zu mir hin Wind küßte sie aus den halb geössnes ten Mund. »Wald kiiszt dich ein anderer, Chinan »Ja . . . noch ehe der Schnee vor seiner Tiir liegt,« entgegnete sie glü hend. Chaioa reiste in der Nacht ab. Vierter Klasse; über Berlin. Genau so, wie ich ihr Gesicht im letzten Augenblick gesehen h.ibe; er schien inir vor wenigen Tagen in der Gasse zu Kowel das Gesicht der Jiidin, die aus der holztreppe des alten Hauses saß. Nur war es äl ter, reitet-, mit Spuren von Leid. Aber als ich ihr den Namen Chawa zartes sah sie mich sreiiid iind ohne Erinnerung an, stand aus und ging in die Finsternis ihres Dauses. Wo lebst du heute, Chawa, und wo ist im Chaos dieser Zeit, der, den du liebtest? — Hindernisse. sz Die eilte Seppl - Böurin liegt im Sterben und verlangt noch eine Me tizim da der Doktor schon östers bei ihr war. Der Nachbar, der Schuster i-..istl, erbietet sich, nach der Stadt zum Doktor und in die Apotheke zu gehen. Nachdem er dem Doktor die Krankheit vorgetragen und in der Apotheke die Medizin erhalten hatte, machte ei sich wieder aus den Heim ieeg. Unterwegs kam er an einem Brauhause vorüber, und weil der Wirt den Schusterioastl kannte, rief er ihn herein. Er wiir auch so hin e;ngegangen, dann es war sehr heiß. Des Bier war gut, der Durst groß, and der Schuskcrwastk saß uin 12 Uhr nachts noch beim Bräu. Inzwi schen war die alte Seppii - Bäuerin sanft entschlasen und die Leichenbit tekin kam am Morgen ins Beauhaus zixm Begräbnis zu bitten. Der Schu sieiwastl kannte sie an der Stimme und fragte: »Wer is g’storb'n?« »Die alt Seppl-Biiurin,« sagte die Leichen titterin. »Wasi« schreit der Schu sierwastl, »döi to do iio net g’stor d·ii sei, hori ja i d’Mediziri no in der Tasch’n.« « «-s-- «. — Tie modernen Frauen. Sie ietsiteii"iiii1 an allem ans-, III Wissenschaft Philosophie lind find in jedem Hut n Hans, Doch nur zu Haufe sind sie niei —- Auf dem Maskendali. Erste Freundin: »Du tanzest heute gar nicht mit deinem Manns Bist du denn nicht eiferiiichtig, wenn er mit andern Frauen tanzt? Zweite Freundin: Sei-unbesorg« Der tanzt heute überhaupt nicht! Ich habe ihn veranlaßt, all Nat-dritter auf den Ball sit-geben« d nun sipt er in feinem schweren enpnnzer n irgend einer Ecke und —Jchwist.