Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, March 08, 1917, Sonntagsblatt, Image 10

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    set Qui.
Novelle heil Dich-r Zodiak-AK
Die singe Spielirnnerin saß in
der disk-ten Mi des eian ver
schneites Zerghd ei, ein Recdeldreit
voll Kleßendirnen vor sich ans dein
Tisch. Ader zitatt des Sehnen-mes
ferj ninslammerten ihre Hände
trampfhoft eine argmmäte lederne
Atmbanduhr, wie sie die Soldaten
draußen im Felde tragen, und aus
ihren blauen Augen iropfie lautlos
Träne auf Träne nieder. Die Uhr
hatte sie ihrem jungen Ehegatten. dem
Toni, geschenkt, als er im Sommer
auf Urlaub heimgekommen war nnd
als er nach vierzehn Tagen wieder
schied. heitre er die Uhr in die wel
schen Grenzberge mitgenommen Nun
hätte der Tom wieder auf ein paar
Tage heimkehren dürfen, aber nur
feine Uhr hatte den Weg in vie
Heimat zurückgefundem der Toni iet
ber konnte nicht kommen, vor acht
Tagen war er im Kampf und Wehr
um fein heißgeliebtes Tirolerland ge
fallen
Sie konnte es noch immer nicht
fassen, daß ihr junges Glück so rasch
zu Asche gebrannt fein sollte, daß
ihr hetzlieher Mann nie mehr wie
derkehren, daß er niemals sein noch
ungeborene-Z Kind sehen würde.
Das Dir-n war ihr noch dumpf und
ichnoer, ganz benommen von oer
Hiobsdotschaft, die ihr has bucklige
Zirbelhpftnechtl am gestrigen Abend,
als der Alte bereits zu Bette gegan
gen war, mehr aus geoantenloser
Dummheit als aus Roheit hinter
bracht hatte. Der junge Zirbelhofer.
der mit dem Toni zusammen in
demselben Schützenunterstand war, sei
auf Urlaub heimgekommen und habe
erzählt, oaß der Spieltenner vor acht
Tagen. als er auf Wachtposten stand,
gefallen sein. Auf diese Nachricht
hin hatte sie sogleich heimlich das
Laus verlassen und war trotz ihres
Zustand-s durchs Schneegestöber nach
dem Zixbelhos geeilt, um den jungen
Bauer selber zu befragen. Es per
hielt sich aber tatsächlich so, wie das
halbblbde Knechtl erzählt hatte. Ue
berbieö wies ihr der Zirbelhoser die
Armbsanduhr und den Geocgstaler
des Toni, loeloh lehteren er sich als
Andenken an den Toni ausbat, der
sein treuer Freund Quid Kamerad ge
wesen. Sie konnte sich nicht mehr
besinnen, wie sie heimgekommen war.
Aber am nächsten Morgen hatte sie
sieh mit eiserner Willenslrast zu äu
ßerer Ruhe und Selbstbeherrschung
links-geläutpr Der alte Vater durfte
nicht« nie-leih dem mußte man es
naeh nnd nach, so lind als möglich
beibringen — Um diesen Liebesdienst
hatte sie der Toni gebeten, damals,
als er als Kriegssreiwilliger ausge
ngkll tout
Aus der anstoßenden Stube er
tönte jetzt das Klappern eines Stol
tez aus dem Fußboden. Da ließ
das junge Weib die Uhr hastig in die
Kitteltasehe gleiten, wischte sich über
die Augen und begann die schwarzge
dören Birnlein mit dem großen
Wiegmesser zu zerlleinern. Ein ge
bückter Greis mit einem breittrempis
gen schwarzen Ttoddelhut über den
dünnen silbernen haarslrähnen
schlurfie aus dicken, warmen Katzen
sellstiefeln in die Küche herein.
.B’hüt’ Gott, Schwieger, i geh’
jegt a bißl auf d’ Lufi.«
Die Bäuerin versuchte ihn unauf
fällig zurückzuhalten Sie hatte Angst,
die Unglückönaehrieht könne ihm drau
ßen zu Ohren kommen
»Wa: nit schlecht, Voierl, aus
gehen! Hat ja Weg und Steg ver
schnieben heuni Nacht. Fiunnt’it
ausglitfchen und grob zu Fall tem
men.«
»Ah beilei! Mit mein Schslhwert
hais toa G’fahr nit. Allemeil in ver
warmen Stuben hocken, sell tut eins
ja ganz derschivächm Die kalte Luft
draußen aber frischt eins allemal wie
der ein bißl auf.«
Damit ging er. Sie sah ihm
bangen Herzens durch ein Guckloch in
der gefrorenen Scheibe nach, wie er«
über feinen Stock gebeugt, ven aus
geschaufelten Pfad hinabhumpelte
gegen das Dorf zu, bis er hinter
dem verschneiten Jungroald ver
schwand. «
Da lief plötzlich ein ichneidendes
Weh durch ihren Leib. Sie trat vom
Fenster zurück und faltete die hinwe
Eine feine Röte ftieg ihr ins Gesicht,
ihre Augen füllten sich langsam mit
Tränen.
«Toni,« flüsterte sie, «i will ein
sie-til Iitpleetveib fein, wie i dirs
verin hab-«
bietet-f schleppte sie sich vorsichtig
über vie lumeppe bis hinauf in
die Boden ans-ten wo die aufge
spannten Biehhöute zum Trocknen
hingen. Dort zündete sie eine bereit
gehaltene rotgla e Laterne on und
stellte sie its s helfensterchen Das
wae m veeaseedete Mit für bat
alte Wes-D hastig-der wet
tet infi- " tat-Epp
Ipbsie m den Weinen bee inn
IW Vergl-sie in iheee schweren
Stute seit Rat nnd Tat hilfteith zur
Seite M
zwei Stunden. Denn
dnilich aufbtannte. dann verließ str
die Bodentamtnee und begab sich in
ihre Schlnfsiube ins Stockwerk hin
unter.
)
i i if
. Mittleeweile schlukfee dee alle
Spieltenneenhnl mit seinen Knsenfells
iftiefeln vorsichtig über den beschmi
Hten Pfad talabtväets. Einmal blieb
et stehen und schaute mit feine-at
ichatfgeschnittenen Bogelgeficht Init«
pfiffig kluge-n Ausdruck nach der Rich
tung des Hofes zurück, den just eine
IZeile dichtdeichneiter Radelbliutne ver
Ydecklk
f «Jett weiß i auf einmal, warum
jsie mi hat durchaus zeuckhalten wol
l len. die Schwieger. Hilzi. Rit ver
gunnen tat sie mir's, wann i den
iTonele vor ihr wiedersehen und als
Ierslex busseln sollt! Freita, sell is der
Hunde-: Grund, warum sie mi nit
Ihiitt weglassen wollen. Aber det alte
Ahnl is no lang nit so hienfchwa ,
daß et dir nit auf deine Listen drauf
letnen tat, mei liabe Randl.'·
Er licherle voll Genugtuung und
feste dann seinen Weg fort. Von den
dichtliistigem wie mit duftigen Watte
bauschen belegten Randtonnen stäubte
hin und wieder eine Lage Schnee auf
ihn nieder und überzucleete seinen
dunklen Mantel und den breitleempi
gen skhwurzen Filzhut mit den silber
nen Iroooeim Da schmierte sich der
Alte jedesmal ganz oergniiglich wie
ein begossener Pudel und trabte un
beirrt seines Weges weiter. Plbtzlich
aber gab es ihm einen Ruck, schier
entsiel ihm der Stock, so begannen
ihm rnit einemmale Hand und Knie
zu zittern.
Bei der in ihrer reinweißen Umge
bung schmusiggelb herausschauenven
Weglapelle tauchte ein Kaiserjiiger
aus, der mit raschen Sprüngen auf
ihn zusam.
Ein ietiges Lächeln breitete sich um
die strichdiinnetu behenden Lippen des
alten Spieltennerahnls.
«Tonele!«
Aber seine alten Augen hatten ihn
getäuscht. Es war nicht sein Bub,
der da herauskom, ei toar bloß der
Zirbelhoser. Er saßte sich jedoch
gleich.
»he, du Iranzh wo hast denn mein
Tonele glasseni Seids ja im gleichen
Schiigengraben beinand, han i
gnroant.«
Der Kaiserxäger wich dem fragen
den Blick des Spieltennerö verlegen
aus« ’
.Jetzt nit mehr,« sagte er nachl
kurzer Ueberlegung. ·Bor acht Ta-»
gen is er in an andern Grabens
leimt-en, der Toni. Aber a Bildls
hätt i da aus der Zeit, wo wir no
beisammen irn selben Unterstand gle
gen sein, dei Bna un i. Magsts an-;
schangnfm z
Er holte ein Päckchen Feldposi aus I
der Brusttasche hervor und tratntes
darin. Da siel ein alter Georgstalerj
aus den Briesschasten heraus und(
rollte über den Schneeboden just vor
die Füße des Alten hin. Der Zir
belhoser tat hastig einen Sprung, die
Münze zu erhaschen. Aber der
andere hatte sich bereits darnach ge
bückt.
«Laß mir gern schaugen,« sagte
er und llaubte sie mit dein Faustling
us. «Attrat so ein Gürgeltoler han i
mein Tonele mitgeben, wie er auszo
gen is in Kriag.«
Er hielt die alte, merkwürdig ab
geplattete Münze prüfend vor die Au
gen. Pliitzlich richtete er den Blick
voll starrer Ueberraschung aus den
Zirlklhofer.
)
,,«’LCL«
ger. Tserselbig da. Denn kenn i
"gut.«
»Tu, jetz steahst mir Red, tvie
kirnmit zu demselben Toler?«
Der Hirt elliofer bedachte sich einen
, Ilugenblick
j Tonele
»Den bat mir ganz einfach der
als ein Andenken geschenkt
leie wir auseinand haben gehen müs
i
)
i.«sen
»Den alten Gürgentaler, der i
eahrn selber umg hängt bat, als
Schutz gegen Kugel nnd Stich, den
hats er weg 'geben ——«
Auf einmal ltes ein Zittern durch
die morsche Greisengestalt. Er brachte
den verdörrten, geietähnlichen Kopf
so dicht an das Gesicht des Kaiserjä
gers, daß der breittrempige, tret-del
geschrniickte but den Adlerslaurn auf
der Soldatentappe berührte.
Den Taler hat nit er dir geben,
sell hätt’ met Tonele nie tan, n
alten geweiebten Gürgentaler vom
Urahns herschenken, was ihm sei ac
ter Vater alser segnender unr3'bängt
hat-— Franzh sag mir d’ Wahrheit,j
is sn —- detn Ionele seini-«
der Taler da, den hast ihm ad' gnontsi
men —- wie er n nirner not gbabt
hatt«
Dem Zirbelhoser blieb nur- nichts
mehr anderes übrig, als zu befahrn.
Er erzählte kurz, wie der Toni se
sallen war frisch aus dem Leben
beraus, ohne zu leiden, und reichte
ihm die photographische Ausnahme
des Umstande-, wo der Tons so
deutlich drauf war. Der Alte hörte
bewegungslos zu nnd verknttterte das
Uld so traten-thust hielt er es zwi
Menden Akt-Musen s eßftallwkä
Greisertktppen. vie zu einer rage,
aber kein gen kam daran- vor
Als der belbsser geendet hatte,
uickie der pietternterabal mit zu so
den gesan Blick ein paart-at sit
teretw Dass-b er das kd
Mwwmtießs
ikc die Maus-ist«- gteeeak sagst
belhofee wagte usw die W mit
dein Beamten zuweist-erbittern baß
sie ihm die Spielteunerin geschenkt
habe. Eine unerklärliche Scheu hielt
ihn davon ab.
.Magst auch J Bildt gern Wal
ten,' sagte er.
»Schön Danl.' murmelte der Alte
nnd barg es in der Tasche. Dann
stieß er den Stock auf dein getretenen
Boden auf und humpelte mühselig
davon.
Der Zitbelhcfer setzte achseizuclend
seinen Weg fort. Der arme silber
»haarige Greis dauerte ihn. Aber
kannst nichts machen, Krieg ist Krieg.
Und mit eine-n herzu-eh wird eins
besser allein fertig, das wußte er nus
Ertabrung.
Der Spieltenneeabnl aber begab
sich schwankenden Schrittes in die
kleine, schmutziggelbr Wegtnpelle, von
deren Dach die dicken, blanten Cis
zapfen schier bis zur Tür nieder-bin
gen und lauerte sich in eines der
engen, rohgozimmerten Bäntchen.
Lange hockte der alte Mann, reglos
in sich zusammengelaufen, in dem
schmalen Raum, durch dessen zwei
zugige Fässterchen das n.ilchige
Schncelicht des Winternachmittags
einfieL Als er endlich den Kopf hob,
war es bereits dunkel geworden. Da
faltete der Alte die hände nnd bef
tete die Augen starr auf das Leidens
bild.
»Ich hast mir auch den Lehten
weg —- dein Will’ g'scheh’. Lang
werd ? ja nit mehr dauern, timm i
eabm el) nach.«
Und tat bei sich ein Gelöbnis. Das
Weib seines atmen Buben sollte nichts
oon dem. Tod ihres Mannes erfah
ren, beoor es teine Gefahr mehr
für sie und das Kind hatte. Nichts
sollte sie ihm anmerten, nicht das
geringste. Und er wollte schon sor
gen, daß die Schwieger auch oon an
andern Leuten nicht den Tod des
Tonele erfuhr. Das sollte die letzte
Liede sein« die er seinen toten Bu
ben erwies.
Mit diesem Vorsatz machte er sich
auf den heim-veg. Alle Bittfiåruns
schier mußte er stehen bleiben und
sich verschnaufen. Endlich aber
langte er doch auf dem Hofe an. Cz
war längst Abend geworden. Die
Stubenfenster aber waren noch uner
leuchtet. Er wunderte sich nicht dar-.
über, die Schwieger sparte das teure
Brenniil soviel als angängig. Die saß
wohl iin Dunkeln und träumte don
der heimlunft des Tonelr. Tief über
den Stock gebeugt, schlich der Alte
ins haus. Jm Flur brannte eine
Oelfunzel, das machte ihn doch ein
wenig stutzig
«Schwieger!«
Jm Stockwerk ging eine Tür und
bald darauf beugte si das vergnügt
schmunzelnde Altwei gesicht des
Kranebitmoidele über das Treppen
geländer
Der Alte stieß einen Laut aus« der
wie ein unterdrücktes Schluchzen
tlang. So eilig als er seine morschen
Beine erlaubten, schlürfte er die höl
zerne Stiege hinan.
«Dem Tonele sein Büb! Ein Stuck
oon eahm selber!'«
Und als er dann das Bübchen in
feinen Armen hielt, wurde ihm ganz
turioz ums herz, sum Weinen und
zum Lachen zugleich.
.Mei, wies eabm gleichschaugtl
Der Tonele wie er leibt und lebt —
glebt hat«, verbesserte er sich bloß in
Gedanken heimlich für sich. Das Kra
nebittmoidele aber zapfte ihn am
Aetmel und hielt den Finger warnend
an die Lippen.
«Pst, Stad sein. Sie braucht
Ruah.«
Sie nahm ihm das Bühl ab und
bettete es wieder in die alte schönhes
malte Familienwiege. Hieraus schob
sie den Ahnl turzerhand zur Tür hin
aus, resolut, wie solche Frauen sür
gewöhnlich sind
Acht Tage daraus, an einem son
nigen Wintermorgen, wickelte die jun
ge Spieltennerin ihr kleines Tonele
zum ersten male aus dem Tisch in der
Stube drunten ein. Sie tat es mit
schweren Tränen in den Augen« aber
über ihrem schmal gewordenen hiihs
schen Gesicht lag heilige Ber·!äeung.
Da tatn der alte Ahnl aus dem
Osenwintel hervor und sehte si aus
seinen Ertplatz unter dem Chr us
bild. Jn merklicher Unruhe rutschte
er eine Weile aus seinen Sitz hin
und her, nahm des östern die Pseise
aus den Mund, räusperte sich, hustete
und scharrte mit den Kahensellschui
hen an der Diele.
Die junge Bäuerin beobachtete ihn
tlopsenden herzeni. Nun würde der
Vater gewiß von Toni zu sprechen
beginnen und sich verwundern, daß er
noch immer nicht in Urlaub heimge
kommen war. Und daraus hin wollte
sie den Vater aus die traurige Wahr
heit vorbereiten
Endlich stellte der Uhnl die
Pseise endgültig fort in die Fenster
gglche und össnete den Mund zum Re
..deunt han i ein ganz ein sonder
baren Traum ghaht, ein ganz gspassii
gen,« hub er an.
.Geh, von was hat dir denn
träumt Vaterli«
Der arme Mann mußte vorerst ein
paarrnal schlucken, bevor er antwor
ten konnte
sinkst-«- ais-« « , »
s ra den pp un
lässt- iis Man
.So. m- Tsni - m hat sit
Idenn snt von eint-en teänth
Der Alte wich ihren Blick unsicher
aus-.
»F han enhn giechen weißt." Er
Wahr mit der vielgeädekiem tnotigem
einein Efchentnotten gkeichenden Band
liibet den Tisch, all weilte et etwas
fortwifchen nnd streckte den haktiinb
gen Altbaaeknkepf vor, dessen Pupil
len knnt blicken, ais sähen sie
Iin weite Ferne-h
I - »Ob« a tuttnhpchen Wand is ge
;gen die Welfchen mian Sinken auf
»der Wacht gestanden in Eis und
iSchnee ver Tonelr. Und da tnts pit
zmit einmal ein Kracher«, er schlug
»mit ver Faust auf vie Tischplatte,
»und klingen die Stein« wie bei ein
ISchaUek in der Luft umanand, daß
L nix mehr han Iechen können vor
Jlnuter Staub und Steinen. Und a
grausige Angst hat mi da anpnch 1a.
Unl- wie i no ganz vervottekt vasteh
nnd schnu, du hör i aus all dein
Steinkegen auf einmal- dein Toneie
lfei Stimm.«
x Seine Stimme war heiser-, be
legt; er schnappte keuchend nach
Atem.
; »Was meinst Rom-L daß et gruer
hat?«
Die Bäuerin befchaute den Alten
"iait ahnungsvotlen Augen. Sie trat
dicht an ihn heran und legte ihm be
hend die Hand auf die Achsel.
i »Was hat er grufen, Vaterli«
Der Greis rnachte eine gewaltfaine
’ Anstrengung
« »So hat er grufem Botti, Nandl
tut’5 ent nit zoiel harinen am kni.
Schauts, in mein Bühl da tini i ent
ja wieder. . .«
Auffchluchzend nahm das junge
Weib die wetten Hände des alten
Mannes auf nnd küßte fie.
; »Boterl, i weiß’s ja längst. Hab
inir nur nit traut, dirs zu fagen.·'
Der Alte jtarrte sie offenen Mun
des an, wortlos dor Verhliiffung
Endlich faßte er sich. Er hob den
Mrm und legte die hand auf den
Thlonden Scheitel.
I .Bift wolter an Starte, Schwie
»ger!«
; «Boterl· was foll eins nacher dort
Hdir fagenf — Mein Gott, wann i
»dent, ganz allein hat er’5 tragen, der
kalte Manni«
Der alte Spieltennerahnl lächelte
mild.
.D’Liab hat mir tragen g’holfen.
Döö is wie a fester Statut« dran
eint sie aufrecht hait, wann eins
.g’wiß umfinten und z'fanifall’n tat.«
Die junge Witfrau fchaute mit
i
ehrfurchtvoller Rührung sinnend auf
den weißhaarigen Greis.
.Weif-,t, Vaterl, i trtoan, der Toni
im Diennti. der is s’frieden mit uns
zwoa.«
Herrin-gedrückt
i Baron v. Dallwitz und herr v.
jUnruh haben sich in Budapeft als
iBewohner desfelhen hoteld und Zim
IInernachharn tennen gelernt. Beide
fwollen gleichzeitig ahreifen und be
ldienen sich bei der Ahfahrt vorn ho
itel eines gemeinfchaftlichen Wagens.
lHerr d. Unruh, dem die Trintgeldi
frage Unbehagen verursacht, wendet
sich im legten Augenblicke an den
Baron mit der Frager »Sagen Sie,
Verehrtefter, was gibt rnan den Leu
ten fiir ein Trinkgeld, damit sie zu
frieden find2«
, ch ehe nie unter 10 Kronen fiir
» ' er on«, er2.iirt d. Dallwiy, sich
irr-z Brust werfend.
v. Unruh findet das zwar et
)was hoch, gibt aber gleichwohl den
tin hausflikr Front bildenden hoteli
Ijhedienfteten je 10 Kronen, während
»u. Dauin hindiirchfchreitet ohne
jüberhaapt ein Trinkgeld zu spenden.
f Als beide ini Wagen sitzen, meint
»d. Unruh erstaunt: ,Wte, Sie ha
fben ja garnichts gegeben! Jch dente,
ISie geben nie Trintgelder unter 10
fKronenW
Maus richtig, das war inir aber
doch zu viel-«
L
Dichtetheflstsit
Ich singe vom goldenen Morgen,
Von Dust und Sonnenschein,
»Von schimmernden Rosenwsitichen,
filiotn jungen, blühenden Pein.
; Ich singe von la nden glitten,
; am inogenden ehrense ,
Hlion leise murmelnden Quellen,
pBon allen Wundern der Welt
sch sing« von balsmnis en Lüften,
on ifriedlicher Eins-m eit,
nq' —- in verqualtnter Nansardsn
o tnem Msueache seist nnd schreie.
Kutsche-blinken
Wenn Sie sich nicht bessern, Mül
ler, sehen wir uns itn Zuchthaus
wieder. . "
Die Römer lannten leine Glosse
säße, die waren deine-is aus Metall.
lHomer wurde bekanntlich in sieben
Stadien geboten. .
In Russland irae es so soli, daß
viele Soldaten, wenn sie des Mor
ens auswachtem merkten, daß sie er
raten waren.
W
—- Boshast »Was sagst Du
zu meinem Bräutigam, Einmaf«
»O, er macht einen ga guten Ein
dtuelz der scheint bessere gesehen
zu hab-at
W " -""Z"pirm.
Stige san R. Sighatt.
Jahrelang hatte ich meine sigars
ren bei Kunde und Pachold nebenan
im Eckhause gelaqu Es gab in
zwar auch andere gnie Zigarrenisderh
Aber Gott. der Mensch ifi nun eben
ein Gewohnheit-Stin- Wenn man
schließlich auch mal zwischendurch in
der teile dder bloß um einen andern
Geschmack in den Mund zu bekom
men, auf einen Tag abiriinnig wurde.
Und dann genossen ,,K ai- P", wie
man sie kurz nannte, einen erhebli
chen Ruf und hatten elf Zweegges
schaffe in der Stadt. Es war also
llar, daß sie, allein durch den bedeu
tenden Umsatz, in der Lage sein muß
ten, das Preiswerieste zu bieten.
Da tat sich eines Tages ern paar
Häuser weiter in der Seitenstraßr
in einem kleinen Lokal, das bis ietzt
ein schlecht gehendeö Butter-, Eier
und Grünlramgeschäfi beherbergt hat
te, ein neuer Zigarrenmann namens
Karl Pieseae auf. Eine Glühdirne
genügie für das Schaufensier, welches
höchstens für fünfzehn Kiftchen Raum
b.ot
Ich lachte. Alles lachte. Am er
sten Tag. Auch am zweiten Tag
Das arme Hascherl wollte dirett ne
ben «K etc P« bestehen tönneni
Wollte gegen deren Zehnpsennigschla.
ger «Deutschlands Stolz« antarnmenl
Ein netter Geschöstsmann mußte das
sein! Er tonnte ja nicht mal rich
tig Deutsch- nach seinem außen am
Hause befindlichen Schild zu schlie
ßen. -
Am dritten Tage teute mich mein
Hohn. Es war Sonntag, und ich
tant gerade aus der Kirche. Jch
gtng daher in den Buchladem kaufte
Chopins Trauermarsch und übte den
aus dem Klavier den ganzen Nach
mittag ein. Das Einiiben dauerte bis
Mittwoch. Dann konnte ich ihn. Jch
war fest überzeugt, Karl Pieseete
würde noch in dieser Woche Selbst
mord begehen, und der Leichenzug
mußte ja an meinem Fenster vorbei.
Dieses wollte ich dann öffnen und
beim Vorbeing den Marsch spielen.
Aber dann sagte ich mir wieder
um, das sei auch nicht das Richtigr.
Ich müßte den armen e«leufel un
terstützen. Hier und da mal ein paar
Zigarren zur Abwechselung von Pie
seae bezogen, taten »F etc P« keinen
Abbruch, konnten den armen Kerl
aber vielleicht über Wasser halten
bei seinem tleinen Betrieb, wenn noch
mehrere so dachten wie ich. Ich ging
also hin. Tatsächlich schienen noch
einige so edel gedacht zu haben, wie
ich. Man hilft eben gern. Auch
wollte ich ihn aus sein mangelhastes
Deutsch aufmerlsatn machen. »Ta
bal und Zigarren' stand in halbmei
terhohen Buchstaben iiber der Laden
tür. Aber Tabat war mit »et« ge
schrieben! Da indes Leute im La
den waren, wollte ich ihn nicht bla
mieren und die Sache noch schlimmer
fiir ihn machen. Denn er war ein
recht netter und für einen Todes
landidaten eigentlich viel zu vergnüg
ter Mann. Auch seine Neunpsennigi
zigarre «Palatia« schmeckte mir ganz
gut, ja sie erinnerte mich sogar start
an meine Lieblinggmarte Deutsch
lands Stolz«. Da war es also nicht
einmal ein Attentat aus meinen Gau
men, wenn ich mir die öfter tat-ste
Außerdem tat ich eben ein gutes
Fünsrnal ging ich hin. Jn länge
ren Zwischenraumein Denn ich halte
jedesmal hundert «Palatin" get-aust
Anstandshaiber. Auch hatte ich ra
rnit iiinf Mart gespart. Jch lootlte
ihn doch nicht versetzen, wenn ich ihn
aus seine schlechte Rechtschreibung aus
rnerisam machen würde. Aber jedes
rnal waren zu viele Leute da, so daß
er überhaupt gar teine Zeit zu einer
Unterredung gehabt hätte.
Dann. nach sechs Wochen, gab ich
es aus und ging wieder reumiitig zu
.K ckc P«, als meine »Paiatia« zu
Ende waren. Was sollten die bloß
von rnir denken! Wo ich doch jeden
Tag bei ihnen bottibergehen mußte.
Jch schiiste also einen hartnäckigen
Halstatarrh bat. Und um dem guten
herrn Liitzom dem Filialleiter, et
was Angenehmes zu sogen, machte ich
eine spöttische Bewertung über Pie
seae. Ver-glich Jt ek- P'« mit der
Kate, die mit der Maus Piesecke
spiele. Da tam ich aber schön an.
Der Pteseete wäre ein Schust. hätte
den Fabrikanten von «Deutschlandz
Stolz« ausfindig gemacht und ver
tauste seht die als »Palatin« zu
nennt Natürlich habe der Kerl in
feiner Spelunte sa nicht den vierten
Teil der Uniosten an Miete, Licht
und Ausstattung und rniisse ein Bom
bengeschiist machen
»Diese Ausiagen sind ja horrend.
Und daß er uns das Geschäft mit
»Mutschiands Stolz« weggenommen
hat« bat dieser ilcale den Gaeaui
sie-nacht Die igarre war unter
itsgth ' sehte er melancholisch
hinzu.
Richtig. Nach einigen Tagen stand
bei »O cke P«: .Ladenlotal zu ver
mieten«.
Ins Sonntag daraus grüßte mich
ein seiner herr.ehe
Chl
G t thesm Bi ti
Mk- sit-i Lin-fis « W Y« «
Jst-tm Petri tft mein Rai-W
«0h. dann hen Stet·
»Nein, nein, s haben leben e t.
M inna beißt nur Karl P -
teckr. binF nämlich LIMI
Iiee bannt ist es leibee nicht-. l
ief tibeeftillt —- allei überfülltl Da
habe ich denn unter einem Manna
den Zigaeeentaben aufgemasph um
leben zu können. Uebrigens, am ek
sien Oktober ziehe ich tn ben Gestade-n · ·
wo bis fett Je de P« waren. Mein
Geschäft geht glänzend.«
»Ja eben, das sehe ich. Mit ist
das ein Rätsel. Wie haben Sie das
bloß fertiggebtacht? Ach, bei dieser
Gelegenheit tann ichs Jhnen ja auch
endlich sagen. Ewig wollte ich Sie
schon darauf aufmerksam machend
An Ihrem Laden steht »Tabat« mit
»et« geschrieben Na. Sie als Theo
lvge müßten das doch wahrhaftig
wissen, wie das Wort geschrieben ·
wied. Jedesmat fehlte mir bis jetzt
ver Mut, es Jhnen zu sagen. Und
außerdem waren immer Leute du«
und da wollte ich Sie nicht gern bla-.
knicken-"
,,Das roar sehr liebenswürdig von
anen,« lachte er. »Aber gerade da
rin besteht der Trick. Eine markt
fchreierische Reilame isi viel zu all
täglich. Das fällt gar nicht mehr
auf. Höchstens wäre ich ausgelacht
worden. Aber niemand hätte mir ge
glaubt, daß ich neben der großen Fir
ma preiörvert verkaufen kann
Bei dem »kl« aber tam der echt
deutsche Gründlichteitsmeier zutage.
Zuerst lamen offensichtliche Schul
lehrer. Ferner Beamte aller Art.
Und schließlich iiberbanpt allerlei
Angehörige der besseren, gebildeten
Stände. Bei allen waren die ersten
Mir-se nur Vorn-ände, um mir zu
helfen und mich zu korrigieren So
gewöhnle man sich an meine Zigari
ren und blieb bei deren Billigkeit an
meinem Laden lleben. Sehen Sie«
ich bin erst eine Stunde auf der
Straße, aber Sie sind beute schon
der neunte, der mi in ialtvoller
Weise .an das « « aufmerksam
macht.
Man muß nur das deutsche Publi
lmn kennen nnd seinen Drang zu
Hilfeleislungen, auch wenn sie gar
nicht erbeten werden«
Lachend nnd böslich grüßend ging
er. «
Und ich lausie trohdem die »Pens
tia« bei ihm weiter.
Die goldene llhk.« .
.
Herr Aloili Pseisser, der Dirigent
des Gesangoereins «Frohsinti" in
Diminelhausen, schmunzelte seit eini
gen Tagen vergnügt; denn er hatte
erfahren, daß der Ausschuß des Ver
eins »Frohsinn« beschlossen hatte, ihm,
dem Dirigenteii. zu seinem bedsstes
henden Vereinsjubiliiuni eine goldene
Uhr zu stiften. Ein Geldgeschent
wäre ihm sreilich lieber gewesen,
denn sein Durst nnd sein Kapaunens
sriedhos, wie er inehr witzig als sei-on
seinen Verdauuna5k1thiirat nannte,
derschlangen mehr, als er verdiente, so
daß er nicht nur fortwährend unter
der Drahtlosigteit litt, sondern auch
das Heer seiner Gläubiger täglich
wachsen sah. Aber immerhin, eine
goldene Uhr war auch tein iibel Ding
und hatte immer ihren Wert, wenn
die Not an den Mann ging. Gerade
an dem Abend, an dem ihm das Eh
rengeschent feierlich überreicht werden
sollte, war es ihm unmöglich« im Lo
iai »zum Löwen« zu erscheinen, da
es ,,t2nde Monats« war und er trotz
aller Bemühungen nirgends ein Dar
lehen hatte austreiben lönnen. Er
ließ sich also entschuldigeii, denn im
»Löwen« erhielt er nichts mehr aus
Kreide; ohne einen Heller in der Ta
sche tonnte er also nicht hingeben.
Am nächsten Tage brachte ihm der
Brieitriiger die Mittagåpost Dabei
war gleich obendraiis ein großer Brief
aus Dimmelhausen Drin stand:
Sehr geehrter Herr Dirigentl
Jn Anertennung Ihrer Verdienste
um den Verein während der le ten 10
Jahre hot der Vorstand einytiniinig
beschlossen, Ihnen eine goldene Uhr
alt Andenien zu stisten und den Kas
als Andenten zu stisten, und den Kas
beaustragt. Da Sie zu unserem Be
dauern verhindersv ioareii, am gestri
geu Geselltgteitsabend zu erscheinen,
so wollen Sie brieslich von unserem
Beschluß Kenntnis nehmen, dessen
Ausführung dein Bereinstassierer
irgniigen machen wird.
Jn Dankbarkeit
Gesangverein «Frohsinn:« Der
Vorstand.
Alois Pseisser lii elte ersreut und
griss nach dem niich en Briesz wäh
rend er ihn las, wurde sein Gesicht
immer länger:
Se geehrter Herr Pseisserl
ie Ihnen von mir iin Austrag
des «Irohsinn« getauste Ehrenuhr im
Wert von 200 Mart habe ich leider
in So en der Weinhandlu Müller
gegen ie gleich psiinden m ssen. Es
ist mir nicht leicht gesellen, abe
Anitspsltcht geht ilber alle-.
Hochachtung-voll
Frau Xader Schloule, Ger tsoolli
ziehet und Kassierer des ang
vereins «Frohsinn«.
—- Zrauen untereinan
»Hu Bist-[ wädestpitichikogbxizn
o ar e ,ivie ' «
»Das Eineg dar-ins ori; ivat hast
dudenndeslirsesebesks