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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (Feb. 15, 1917)
· « Dis Isst Iler. Issunioreiie von T. Wälle, Schweiz) ,ich habe eine großartige Idee!n Mit diesen Worten wiedeite triebe Frau, von einem medrstiindigen Ausgange zuriieIiehrend. zur Tiire derein. Jch suchte nach einein Studie, um »vo rnich ras zu sehen — man tann nicht o chti gngenug sein — denn die großenJ geen meiner Frau wir ken ost erschiitternd. Sie blieb drei Schritte vor mir stehen, spannte beide Arme wagrecht aus und fragte: »Siehst du inir nichts ani —- Wie sehe ich audi« Jch sand nichts Besonderes an chr. »Wie du aussiehsti Reizend, wie nn mer,« versetzte ich galant. · »Nein —- dioler werde ich!« iies sie »Von Tag zu Tag, von Stunde zu Stunde dicker — ist das nicht schrecklichi!« Als ich nicht gleich Ant wort sand, fette sie resolut hinzu ,,Jch muß unbedingt eine Entset tungstur machen.« »Um Gotteswillen,« dachte ich, «sie wird doch nicht etwa nach Karlsdad wollen?« Mir wurde ganz warm. Da trat sie näher an mich heran und nestelte an ihrer Taille herum. »Da schau her, vor einigen Tagen noch tonnte ich die ganze Hand zwi schen den Roclgurt hineinschieben und jetzt bringe ich keinen Finger mehr hinunter, ich bin ganz zusammenge preßt — der Rock ist mir ganz ein fach zu eng.« »Aha, sie will vielleicht nur ein neues Kleid« dachte ich etwas beru higter und berechnete rasch: »Sechö Meter Stoff zu acht Franien macht —« Sie störte mich in meiner Berech nung, indem sie weiter sprudelte: »Die Frau Keel sagt’s auch. Jch war nämlich aus ein Stündchen bei Frau KeeL Dente dir — ich habe vier Tas sen Kassee getrunken, et war sein, und daer ihr selbstgebaclenes Kaiser brot —- o, das Backen versieht sie-— niit Butter und Konsitureiy ich sage dir ,— sein war’ö! Und die Frau Doktor Meter war auch dort. Also Frau Kerl hat gleich gesagt ich be komme von Tag zu Tag dickere Bat ten und es ist auch wahr, ich sehe es selbst. Mir ist angst und bange. O, nur nicht torpulent werden, das wäre mir schrecklich! Und die Frau Doktor meinte, ich müsse nur recht sie: szig! Seelust genießen, die zehrt-« »,Nun das trisst sich ja prächi!g.« » siel ich ein, »da rvir so nahe am See wohnen, kannst du dich schon um ö. Uhr sriih aus die Veranda hinaus setzen und genießen." »Ja, natürlich um 5 Uhr früh, nein, ich danke! Und das wäre auch nicht dasselbe, es muß die Lust sein, die direkt über dem Wasser liegt.« «Gut,« sagte ich wieder, »so nimmst du unsere Goadel und iu derst in die Entsettungstur hinaus-X »Aber du weißt doch, daß ich nicht rudern mag, ich will doch teine brei ten Hände bekommen, nein! — Aber Gondelsahren muß ich jetzt sleißig, sowohl; da du aber ohnehin so wenig Zeit hast siir so etwas, so schassen wir uns ganz einsach einen tteinen Motor an. So einer läßt sich ganz leicht an unserem Kahne anbringen und tostet nicht viel.« Mir ging ein Licht aus. »So — und das ist setzt vielleicht deine groß artige Jdee?« «Jawth-— sein« toai32« Sie sah ganz stolz auf-, und es tat mir dei nahe leid, ihr Proselt nicht gutheiszen zu tönnen Aber ich hatte da man cherlei Bedenken. »Schon Schopf sagte ich, »ich glaube nicht, daß du an einem sol chen Motor Vergnügen hättest. Schon das Geräusch und die Erschiitteruns gen —« »O, das ist sicher nicht so schlimm,' wars sie ein »Aber du würdest sie doch unange nehm empfinden mit deinen — Ner oen.« »Meine Nerven werben sich eben auch stärken bei diesen Fahrten.« »Ich glaube nicht, daß wir so ost Fabrten unternähmen. Du siehst ja — wie oft sind wir aus dem See-i« »Aber wenn wir den Motor ha ben —" »Auch dann nicht,« unterbrach ich sie, »du hättest diese Fabrten bald satt. ich weiß, und es wäre schade um das schöne Geld. Denke dir, so sünss bis iechöhundert Frankent« »Ach wo,« wider-sprach sie, »so riet kostet das nicht.'« »Aber sicher-· Und das Benzin ist gegenwärtig auch sehr teuer.« Da wars sie stolz den Kopf in die Höhe, wie sie immer tat, wenn ir gend etwas dr Mißsallen erregte und sagte verächtlich ’" »Ich merke schon, dich reitet wie der einmal der Geiz, natürlich reuen dich nur die paar Rappen." »Um Gotteswillew Vorsicht!« mahnte ich, wenn dich ein Mitglied der Steuerkommission hörte? — Fiinsbundert Franken ein paar Rap pen! Jch dente bei unseren Vermö gensverbiiltnissen dürste man doch grindestenb von ein paar Franken re en.« »Na ja, also,« meinte ite gelassen, »die paar Franken wird dir meine Gesundheit doch nach wert sein-" »Ja. bist du denn trauli« stagte be t. Ich Its· »Noch bin ich’s nichts aber wenn ich dicker werde, werde ich auch trank, das tsi dombensicherl« »Und davor kann dich nur sorciers tes sootsa ren schiisem meinst dui« Hamhlf sagte sie im Brustton der Ueberzeugung. »Als-) gut,« ries ich resigniett. »Du sollst einen Motor haben! Natürlich, ich lann dich doch nicht sterben lassen wegen ein paar usw« —- Aber tat sage· ich dir,« —- ich stand aus, hart vor sie hin und hängte mit dem Zei gesinger jedem meiner Worte ein Ge wicht an, »ich bin prinzipiell gegen diesen Motor und wenn die Sache schies gebt, so komme —« »Sein Blut iiber mich und rncine Kinder, jawobl!« lachte sie übermü tig, gab mir einen Kuß und wirbelte ; davon. ) O, sie ist sonst lieb, meine Frau, »,riesig lieb — aber auch riesig leicht ’sinnig. Wenn sie nur durchdringt mit lihren Projelten, dann ist sie glücklich, Imag es dann kosten, wag immer. Ja, ! sie ist sehr großziigig 3 Nun, siir diesmal machte mir die zSache eigentlich wenig Sorge. Ich hatte da in der benachbarten Stadt einen guten Bekannten, von dem ich Izusällig wußte, daß er erst unlängst »sich einen solchen Motor angeschafft. Den gedachte ich mir siit eine Probe ;sabrt auszuborgem um, wie ich fast sicher annehmen durfte, meine Frau von ihrer Motorsucht gründlich zu heilen. Sofort setzte ich mich mit diesem Bekannten ins Einvernehmen, und er stellte mir seinen Motot sur ein oder zwei beliebige Tage bereitwilligst zur Verfügung· Jch war also fiir alle Fälle sein heraus und konnte nun ru hig Jan-arten. — Schon am anderen Tage fühlte sich meine Frau gleich nach dem Mittag essen um die Taille wieder etwas-— nun Sie wissen ja —- und fragte nach dem Motor. «Jn, so rasch geht das nicht," sagte ich, »das kann noch Wochen dauern.'« «Wochen?!« siel sie entsetzt ein, »Wochen't Ja tvieso?« »Ja dente dir, er muß doch von Berlin tommen und da ist es stag lich, ob Deutschland derzeit diesen Artikel überhaupt ausführen läßt.« »Aber was brauchen wir da Deutschland,« versetzte sie hochmütig, »das tann man bei und gewiß auch haben. Unsere Maschinentndustrie ist doch mächtig voran, wir bauen doch vorzügliche Autos und Dampsschtsse -— warum sollte da nicht auch ein so einfacher Motor zu haben sein im Jntand't" »Ich tviißte wirllich nicht sicher —« meinte ich etwas tleinlaut, und sie siel mir scharf in die Rede: »Ja, da mußt du eben Umschau halten! Na türlich, es ist tinderleicht einem et toaö zu versprechen und sich dann weiter gar nicht mehr zu kümmern. Du mußt dich eben bemuhent« Und so tam sie mir jeden Tag. Je den Tag sühlte sie sich an allen Euen und Enden d— nun, Sie wissen ja —- und sehnte den rettenden Motor herbei. So telephonierte ich denn an einem Samstage meinem Betanntem ob er mir sur Morgen, bei schönem Wetter seinen Motor überlassen tönnte, ich würde ihn schon in aller Frühe abholen. Er toar einverstan den. Der Sonntag war herrtich und ich ruderte, meine Frau lag noch im tiefsten Schlaf, zu meinem Bekann ten, der mich schon bei seinem Seh-is chen erwartete. Wir montierten niit einiger Umständlichleit den Motor an meinen Kahn, dann machten wir eine tleine Probefahrt, wobei mich r-er Bekannte in der Handhabung des Motoro unterrichtete. « · OIV III UIUVIIUUIJKU IUUI ULJ längst wieder zu Hause angelangt, und meine Frau hatte teine Ahnung von dem wichtigen Vorkommnisse, das sich heute sriih schon til-gespielt Als sie dann beim Frühstücke ausstieß »O, wie ist das ein herrlicher sSom mertagt Schau, wie wäre est schön, wenn wir den Motor hätten. mußte ich innerlich lachen, ließ ist-er nur einen undeutlichen Brummer hö ren und ging später zu meinem Frühschoppen wie gewöhnlich Erst als wir uns zum Mittags tische setzten, sagte ich zu meiner Frau. »Noch dem Essen werden tvir mal den Motor auspeobieren.« Sie sah mich großmächtig an. »Ja, ist er denn hat« »Aber natürlich,« versetzte ich ge lassen, »er ist schon am Schiffe fahr sertig.« »O, du bist doch ein großartiger Manni« Wenn meine Frau .rscht, recht zu srieden mit mir t ""«,-,so nennt sie mich immer großartig.s« nd das hatte sie soeben gesagt und tani nun aus mich zu und —- und —- ich bekam dies mal das Dessert vor der Sappe. Jch dachte bei mir selbst, dasz ich das eigentlich siir meine Spihbiiberei nicht verdiene, aber ich blieb hart und cui alle.«tviesoi« und »wober?« sagte ich nur: »Frage nicht —- dein Wunsch ist ietzt ersiillt, das sei dir genug. Ueberhaupt werben wir gleich sah ten.« »Also gut, Männchen, ich werde mich nur rasch noch ein wenig um ziehen,« ries sie srohgelaunt und mir belte fort Ich schöpfte frohgelaunt die S , pe und während sie si »ein loen umzog«, stopfte ich mt tüchtig an, denn ich gedachte eine tüchtige See reise zu machen. Nach verhältnismäßig kurzer Zeit erschien meine Frau wieder, zur Feier des Tages festlich herausgepuht und sehte sich samt Hut und Federbusch zu Tische. Sie hatte richtiges Rei e fieber und nahm nur ein paar Löffel Sappe zu fich. »Ich habe wahrhaftig noch keinen Appetit,« entschuldigte sie sich, »weißt, ich habe ziemlich viel ge sriihstiiat.« Und ich dachte: »Ja, aus diese Art mag die Motorsahrt schon Wirkung haben — wenigstens um die Tailie.« Laut sagt ich: »Also dann auf und die Anker gelichtet!« »Jatvahl, alle Mann an Verdi« rief meine Frau und drängte seelen vergnügt zum Haus hinaus und zu unserem Gandelplatz hinunter. Dort bewunderte sie gebührend den so Heißgewiinschten und fand den schwarzen, länglichen Zylinder wun derhiibsch. Wir setzten uns in die Gondel, und ich stellte Gas und Zün dung ein. »Wind er auch gehen?« frug meine Frau etwas zaghaft. »Hoffenilich!« erwiderte ich. Und dann voll Bosheit: »Was ist's jetzt mit deinem Rock?" Sie sah über sich her und dann erstaunt mich an: »Wieso mit mei nem Rock?« »Na, ja, ich meine —- ist er dir noch eng unt die Taillei — Es ist ja nur, um die Wirtung zu konsta tieren.« Sie wars stolz den Kopf zurjick, wie sie immer tat usw. Und sagte der ächtlich: »Ich glaube doch, du ver stehst noch nicht den Motor zu behan dein.« Wortlos ergtiss ich die Kurbel oben am Schwungrade und gab ihm einen gehörigen Ruck, ein-, zwei dreimal —- und da sing der Motor an zu rattern. Gleich daraus gab ich ziemlich Vollgas und Frühziindung, daß die ganze Gondel erzitterte und rauschend durch die spiegelglatte Flä che zog. Meine Frau saß vor mir und hielt mit beiden Händen den Hut fest, nnd der Federbusch droben wallte unternehmungslustig Sie machte ein ziemlich vergnügtes Gesicht und sagte einigemale —- zuerst fröhlich: »Fein!«, dann nach einer Weile min der fröhlich: »Fein«, und später noch einmal ziemlich talt: »Fein«. Eine gute Viertelstunde mochten wir so dalsingesahren sein« als es aus einmal hinter mir stärker zu riitteln und rattern begann. Jch drehte rnich rasch, um den Motor abzustellen. Meine Frau hatte einen Schrei aus gestoßen und srug ängstlich: »Um Gottes-willen, was ist los?« »Was los ist? — Der ganze Mo tor," erwiderte ich taltbliitig. »Aber es ist nur eine Schraube locker gewor den nnd sofort wieder gemacht. — So, wir können schon weiter rat tern.« »Aber bitte, nicht so schnell,« bat meine Frau, »eH zieht ja schrecklich und nimmt mir sast den Hut sort.'« »Wer nimmt denn auch solch einen Hut zu einer Seereise! Du mußt dir unbedingt einen Südlvester anschaf sen. Für jetzt würde ich dir raten, den Hut abzunehmen und in das Boot zu legen.« Sie tat dieg und bat mich dann nochmals, nicht so schnell zu fahren. »Weißt, Schatz,« sagte ich, »die Wirkung wäre halt größer. Wenn die Lust dich ein bischen energisch streist, nimmt sie auch recht viele Moletiile von dir weg und verringert oie we fahr des Dicktoerdens. Uebrigens — wie gefällt dir die Sachet« Sie machte ihre Unterlippe: »Ganz gut.« Es tlana furchtbar tiihl, und ich rieb mir im Geiste die Hände, wie ein Spitzbube, der einen übers Ohr gehauen, —- in Wirklichkeit tnrbelte ich wieder an. Der Motor ratteite, der Kahn zit terte, das Kielwasser rauschte, und die Haare meiner Frau flatterten. Die Fahrt machte ihr immer weniger Vergnügen, ich sah es ihr an, aber sie war doch noch zu stolz, etwas zu sagen, unt- ich steuerte-erbarmungs los immer weiter in den See hin aus. Aber da hatte der Motor Er barmen — er rersagte plötzlich »Was ist jetzt wieder? th er ka put?« frug meine Frau, aber es tlang gar nicht ängstlich, es tlang fast hof send. Jch sah nach —- es war scheinbar alles in Ordnung. »Er hat nur aus gesetzt, wir werden ihn gleich wieder haben,« sagte ich und wollte anturs beln. »O bitte nicht!« klang es flehend. — »Was nicht?« —- »Möchtest du nicht lieber ein wenig rudern?« — »Nudern?« -— ,,Ja — und heim saheen.« «Heim? jeht schon? Wir fahren ja kaum eine Stunde.« «Ach,« jammerte meine Frau, »bei dieser Eilfahrt sieht man so viel Wasser und da kommt el- einem so lange vor. Und dann dies Getnatter nnd Riitteln —- es geht mir wirklich auf die Nerven.« Da kam wieder der Bosheitsteufel in mich. »Ja, deine Nerven werden sich eben stärken bei diesen Fahrten.« Diese Worte mochten ihr bekannt vorkommen, sie wars stolz den Kopf zurück —- Und schwieg. Mit einiger Mühe brachte ich den Motor wieder zum Gehen, steuerte aber gehorsarn herum gegen das Ufer zu. So fuhren wir wieder eine halbe Stunde dahin. Meine Frau machte schon ein sehr unglückliche-s Gesicht, und ich überlegte eben, ob ich sie nicht doch erlösen sollte, als mir der Mo tor wieder zuvorkam — er seste wie der aus. «Gott sei dankt« ries sie mit einem Seufzer der Erleichterung und dann bat sie eindringlich: »Bitte, bitte, laß den unseligen Motor stehen und ru dere.« »Aber Schatz, ist dir die Motor sahrt wirklich so sehr oerleidet?« »Furchtbar!« Und ich voll Bosheit: »Aber es gibt taunt etwas Besseres gegen Kor pulenz.« »Und so beläme ich die Schwind sucht. Jch bin schon ganz seelrank." Sie sah allerdings fast so aus und da ließ ich ab von weiteren Quale reien, setzte die Ruder ein und hielt heimzu. »Es war eigentlich doch ein Un sinn,« sagte meine Frau nach einer Weile. »Was war ein Unsinn?« »Nun, daß du diesen Motor ge kauft hast« —- ,,Aber ——« »Gewiß, ein Unsinn! Wir sind ja nicht so cst aus dem See, und Eile haben wir dann erst recht nicht« »Ja, aber —« »Es ist wirklich schade um das schöne Geld, 500 Franlent Und der Benzin ist ja auch noch so teuer." »Das habe ich ja vorher —« »Das hättest du dir überlegen sol len« vorher 1awohll« »Aber ich have oo cr) —" . - »Er ist ja auch nichts wert er ver sag«te ja alle Augenblicke, und das ist eigentlich noch sein Gutes-, denn die ses Getnatter — das hättest du wis sen müssen, daß das meine Nerven — um Gotteswillent was willst du tun?« unterbrach sie sich plötzlich selbst mit entsetztem Aufschrei. i Nachdem ich nämlich gar nicht zuf Worte hatte kommen können, war ich auch auf eine großartige Jdee ver fallen. Jch hatte mitten in ihrer Rede die Ruder sinlen lassen und mich um gedreht, um den Motor wieder anzu-. turbeln. Nun wendete ich. die Kur-! bel noch in der Hand, den Blick ihr’ zu und sagte allen Ernstes: »Was ich tun will? — Wenn du noch ein ein-; ziges derartiges Wort sagst, den Mo tor anlassen und bis zur Dunkelheit auf dem See herumrattern.« »Nein, nein, nein! —- Bitte, bitte, nicht!" flehte sie mit Händen, Mund Und Augen so eindringlich, daß ich fühlte, der Motor war für sie wirk lich das reinste Schreckgespenst. Jch setzte mich wieder ihr gegen über auf die Ruderbant und frug mit l strenger Miene: »Wer ist die alleinige Ursache, daß dieser schwarze Raßler Ian unserem Boote hängt —- wer hat! fmit aller Gewalt einen Motor haben wollen« ,,Jch.« —- »Du ganz allein?« — »Ja —- ich allein.« Das kam so zaghaft leise und sie machte dabei ein so rührendes Ar mesiindergesichtchen, daß meiner Ne de jede Schärfe fehlte, als ich nun sagte: »Also gut, merte dir das jetzt aber auch, bitte!« Als sie mich hierauf nur flehend anblickte, ergriff ich wieder die Ru der und wir fuhren wortlos heim. Kaum daß meine Frau wieder auf festem Boden stand, erklärte sie: »So, aber ich fahre nie mehr mit diesem Motor.« »Schön!« machte ich latonisch und bat sie, nur vorauszugehen, ich hätte noch den Motor unterzubringen und komme dann nach l Etwas durstig, aber sonst fröhlich sster Laune ging ich in dar-« nahegele gene Galthiiu5, uiu eine Frosche Bier zu trinken und den Hausknecht zu bitten, mir beim Abinontieren und EUnterbringen des Motors behilflich Izu sein. Jch wollte ihn nachtsiiber lnicht am Boote lassen nnd erst Mor gen seinem Eigentümer zurückstellen —- er hatte ja nun seine Schuldigteit vollaus getan. Als ich eine Stunde später heim tain, fand ich meine Frau in Tränen und da wallte gleich Mitleid in mir aus: »Aber wo sehlt’s denn, Herz chen, hm?-« —- ,,Ach —- es ist —- es ist doch schade -—— uin das Geld·« »Ach, wegen den paar Rappenl« machte ich leichtliin und dachte an den verbrauchten Benzin und das lleine Trizlgeld, das ich dem Haus knecht gegeben. Meine Frau mochte meine Werte aber wohl fiir Spott halten, sie blin zelte empor und als sie mich lächelnd dastehen sah, srug sie erstaunt: »Ja, machst du dir gar nichts daraus--M »Nein, wirklich nichts,« sagte ich dann —- ich konnte sie nicht länger leiden lassen — erzählte ich ihr den ganzen Sachverhalt. »Siehst ou,« sagte ich zum Schluß, »und weil ich um deine große Jdee so glücklich herumgelommen bin, so rudern wir heute Abend nach Bad-Vorn hinüber und leisten uns dort ein seines Nacht mahl. Einverstanden, nicht wahr?« Da stand meine liebe Frau aus, schlang ihre Arme um meinen Hals und rief: »O du bist doch ein groß artiger Mann!« Und das sagt sie nur, wenn sie recht zufrieden mit imir ist. sc IM. Slizze von Mai-name Durch die sinkende Winternacht stampst die Kompagnie vorwärts-. Dumps und stumps klingt ihr Schritt an die endlose Einöde hinaus, durch die die Straße toie ein schlammiges, schwarzes Band yintriecht. Jm eintönigen Marschtolt gehen die Männer dahin, schon seit zehn Stunden, immer durch zerstörte Dör ser und meilentveite EinsamteiL Die Nussen leuchten ihnen mit der Brand fackel voran. Links vom Wege lösen sich Mau ern aus der nachtgrcuen Einförmig keit der Ebene. Ein Haus — oder dag, was ein Haus gewesen ist« Jn den Sparren des ausgebrannten Dachstuhls minselt der Wind —- oder ist es etwas anderes? Mensch? Tiers Der Feldwebel Freese nimmt vier Mann, und mit schußbereiten Büch sen ztveigen sie ab. lSteine Seele regt sich in der verlassenen Heintstntt. Die Flammen haben das Haus leergesressen. Wüste Trümmer dedeti ten den Hos, zerschlagener Hausrat und Lumpen. Vom Düngerhausen glotzt mit glasigen, leerigen Augen der abgeschnittene Kops einer Ruy. Es sieht aus« als ob das Tier so aus dem Boden yerauswüchse. Quer vor der Haustür liegt der Leichnam einer Frau, von Säbelhieben zerfetzt. Da winselt es wieder, und wie sie umherspähen, finden sie einen strap pigen Hund zwischen den Trümmern, zitternd, mit zerschtnetterter Pfote. Einer hebt die Büchse. »So, ar mes Luder« —- Ein anderer hält iyn zurück. »Man a iving, Karte, er will erst noch amal sressen«. uus den Beuteln kommen die Brotstiiclen zum Vorschein — das ausgehungerte Tier schlingt mit flie genden Flanken und tlopsendem Schwanze- Und den Männern kommt es nicht unsinnig vor, daß der Hund, den in der nächsten Minute die Gna dentugel treffen soll, sich an der Ra tion sättigt, die sie selber morgen vieileicht bitter entbehren werden. Freese wartet gutmütig eine Weile, bis er sagt: »Jetzt ists genug. Wir müssen weiter«'. Ein kurzer Knall. Der Hund stillt schlass und regungslos zur Seite. Nun kommt etwas zum Vorschein, was er mit seinem Leibe gedeckt hat. Ein atmendes Bündel. ,,Jesses Maria!'« Die siins Mön ner sehen sich ratlrg an. Ein seines, wimmerndes Weinen hebt an. Aus einer heiseren, verschniachteten, ttei nen Kehle. »Am-g soll man denn nun in Gottes Welt mit dem inachen's« Sie sind alle verheiratet, die Land sturmmanner, und wie sie nun auf den Eäugling herniedersturrem dentt jeder an sein eigener- tltest voller Klei ner daheim —- dahei1u, wo es warm und sicher ist, und wo nicht der bittere Wind über die politische Einöde streicht. Das Kind verstummt wieder. Es ist schon so schwach, daß es taum noch weinen kann. Die Wärme des Hun detörperg hat es vor der Kälte ge schützt, aber nicht vor dem Hunger. Der Feldlvebel geht, mit unschliissi gen Worten Bericht zu erstatten. »Ein ausgebrnnntez Haus — der Leichnam einer Frau —- nnd ein klei nes Lind, noch lebend — sechs Mo nute vielleicht« —- — lieber des H.n:ptn1aniis Gesicht läust ein unruhiges Zudem Er sieht an der Kompanie entlang. Zweikam dertsstnszig Männer, obdachlos in der oerschneiten Nacht — eine harte Brot- « tnnte im Beutel — der und jener« noch einen Schluck lnlten Aassee oder Tee in der Flasche —- vor sich einen niiihseligen Marsch, gegen Schnee und Wind ertämpft, stundenlang, viel leicht auch tagelang. Jan zornig zuar er oie Achseln. »Komm uns nicht aushalten«. Jm dumpfen Tritt riirtt die Kompagnie weiter. liiner breitet im legehcn noch den Fetzen einer Pferdedecle über das Kind. Schmeigsain, das Kinn in den Manteltragen gezogen, reitet der Hauptmann neben seinen Leuten her. Der Feldwebel Freese ist in seinerj Nähe. Mit dem sängt er ein Ge-« sprach an. s »Na da vorn ljaben wir Pawlorv la (-ind Sie eigentlich verheiratet, Feldwebel « s »Jawohl, Herr Hauptnmnn«. » »Und haben auch Kinder-W l »Ein kleines Mädel, Herr Haupt m-.inn. Zum Friir;ling wird es ein J;1hk.« Und nun ist das Gespräch aus, nnd. sie horchen beide wieder nach rück wärts —- bis der Hauptmann in aus brechendem Grimm sagt: »Wenn Gott im Himmel es ansehen kann, dann müssen wir ek- eben auch anse ben lönnenl« Nach einer halben Stunde sind sie in Prswlowta. Eg ist nur noch der armselige Rest eines Dorfes, vons Mensch und Tier verlassen. Die Mehrzahl der Häuser liegt qualm iibrrweht in Schutt; ein paar Knien nur stehen noch. s Die Kompagnie stürzt hinein. Wer. l i zuerst kommt, tann sich ans der Diele ausstreclen, zum niindesten noch hin lauern. Der größere Teil der Kompagnie ist bei dem Rennen um das Dach über dem stop se zuturz gekommen. Die Männer lampieren draußen zwischen den Mauerresten, aus Stroh ausgestreckt» Sie nehmen sich dafür wenigstens Zeit, über den gliminenden Balken ! ihren Kassee zu warmen. Auch der Hauptmann sin mit diaußen. Er hat sich nach einein Blic in die schniiitzstarteiiven Siselunkeii eine Stroyschiitte iii einen geschützten Winkel tragen lassen. Die Ellbogen ausgestiitzt, hängt er seineti Gedan leit nach. Da geht einer an ihm vor iiver — der Feldivedel Freese. Er schaut die Straße entlang, die die troinoagnie even gekommen ist. »Was gibt’t3, Fetdloeliel?" »Herr Hauptmann, ich hab’ vor hin, als wir das Haus da hinten un tersuchtc«, meinen Yliclsänger perio ten. Den mochte ich mir holen«. Der Hauptmann sieht ihiii schars in dar- dienstlich steitiere Gesicht und sagt langsam: »Hm und zuriitj an derthalb Stunde-U Jst er das toert?« »J:itoohl, Herr Hauptnmnn«· lind niit kräftigem Schritt, nicht wie einer, der els Stunden Marsch hinter iich hat, geht Freese durch den klingenden Wind, durch die nebel griiue Nacht. In seinem Gesicht ist ein Wetterleuchten, als spreche er in nerlich zornig mit irgeiidtvem, als habe er einen Widersacher vor sich. ,,Soll es vielleicht verhungern — odcr vom Raubzeug bei lebendige-m Leibe zerfleischt werden?« Er denkt · an sein eigenes Wiirmlein daheim und schüttelt sich und rennt schnel- « ter. »Dein Hunde halten wir den Gna denschuß gegeben! Dem Hunde — jal Mich soll’s nicht kümmern, was die frommen Busen zeternl Aber vielleicht ist es schon totil «- Wenn eg doch schon tot wär-" Kurz vor dem Hofe huscht ein Schatten an ihm vorüber, lautlos iii die Dunkelheit rauchend; gestaltlos iti dein kauni sichtbaren Dahingleiten. Nur phogphorgrune Augen haben fiir eine Sekunde den Mann angesehen. Und nun hört er auch wieder das heisere Wiminem Der Kuhkopf mit teinen aufgequollenen, bläulich verglo sten Augen ftiert oom Dunghaufen herunter. Der Wind hat den Schnee zwischen den Hörnern zusammenge ioeht, als ob die Ruh ein Häubchen aus hätte —- eet sieht aus wie ein grenlicher Spott und Spuk. Freese schüttelt die befchneite Pferdedeele ab. hebt das jaminernde, kleine Wesen auf und steat es fich zwischen Rock und Mantel. Die Wärme feines er hitzien teörperg fließt in das fremde Geschöpf über, das fo federioinzig ist — und doch so schwer. Der Tee, den er an deni Gliithau fen oon Patvlolvta heiß gemacht hat, H ift noch ioarin in der Jeldflaschr. Ers stößt dem Kinde davon ein und lä chelt beinahe, als e: lechzend schluckt und schluctt. Aber das Lächeln erlischt, als er « daran denkt, daß oie Kompagnie wei ter muß, daß auf dem Hofe nichts zu riictbleidt als Einsamkeit, Verwü stung, Mitte, Hunger und das heim lich schleichende Tier niit den phos- ’ phorgrtiiien Augen, das in irgendei nein Wintel sich duckt und lauert. — Unditvie der Fell-wed« Freese den" Gedanken ausgedacht hat, legt er seine Hände über den Kopf deo Kindes, daß die hatten, eifenftarlen Handle chen gerade auf die zerbrechlichen Schleifen fassen. Und nun — mit einein Druck loiirde es getan sein —- die tleinen tlndchelchen ioilrden tnirschen ·- lind alle Qual wäre vorüber. Aber es geht nicht. Dein Manne, der die heulenden Feinde soie Wölfe mit dein Stolden zufaniinisngefchlagen hat, lriecht der eiglalte Schauder über den lliiiaen vor dieser einen Tat, die doch nur hilflose Rot enden soll. Jii ftuininer Verzweiflung sieht er auf das Wiirinlein -«ieder. Das Kind wendet langsam das Köpfchen herüber — lächelt, leise nnd zufrieden, ioie Kinder ini Ein schlafen lächeln —- und strectt sich, in dieser letzten Minute der Gebor- » genheit in fremden Armen srei von « Kampf und Schmerz. Ein graues Erlöschen geht über dns txeine Gesicht. Mit stockendem Herzschlag beugt sich der Felotuebel vor —- horcht und harrt —- nus einen Atenizug, der nicht mehr kommt. Still und unmerklich ist das Lümpchen erloschen Die eiscnstnrten Hände über den zerbrechlichen Schlä sen lösen sich. Lunge sitzt der Mann regungslos-. Der winzige Leichnam wird schnell tritt. Jin Benitdschutt raschelt etwas —- der Schatten rnit den grünen Augen gleitet zwischen den Trümmern Daher Freese trägt das tote Kind zu der Leiche der Mutter nnd legt es ihr in den Arm. Er entblößt das Haupt, demütig die Stillen grüßend, die er verlassen muß. Aber ein rosenrotes, fröhliches Engelein wird mit ihm gehen und spielend die Kugeln beiseite blasen, die aus sein Herz gerichtet sind. Nach einer Stunde ist er wieder bei der Kompagnie. Der Hauptmann liegt noch immer wach ans seinem Strohlsiindel und sragt, nls Freese vorübergeht, mit einem nervijsen La chen: »Na, Feldwebeb weint das klei ne Wurm noch?" »Nein, Herr Hauptmann, es meint nicht mehr«. Der Feldtvebel streckt sich aus dem Stroh ents, legt den Arm über das Gesicht und rührt sich nicht, bis im ersten Morgengrauen die Kompagnie toeiterstnmpst.