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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (Feb. 1, 1917)
Sonntag-Matt de Staaks Anzetger und Wer-old adanszlfn ,Rekb. -vID Wsm Streiiia derpampn Stiziic aus dem argentinischen Arbei terleben. Lon Leo Kolisch 4 s -T O , war wieder einmal blank. Ganz blank, trotzdem ich erst vor tuum acht Tagen mit schweren vier-« hundert Pesos nach Buenoö Aires zu rückgekommen war. Zwei lange Mo nate hatte ich in der Weisenernte ge schunden, hatte auf der Miibmaschine gesessen und auf dem Garbenbinder, hatte im glühenden Sonnenbrand des südameritunischen Dezember die Garben zufammengeschleppt und sie mit tiirmen helfen zu den yaushohen »Pilas«, den Riefenfchobern, mit de nen sich dann später die Sllaoen der Dreschmaschinen herumfchlagen muß ten. Und als wir dann fertig waren mit den sechshnndert Heltar, die der Farnier unter Weizen stehen hatte, da war nichts mehr in unb, als das Bedürfnis, die Gier nach Feiertagen. Jn der argentinischen Ernte gibts weder Sonn« noch Feiertag· Das Weibnachtsfest z. B» das in die Ern te fällt wird nicht gefeiert, trohdem Argentinien ein sehr tatbolisches Land ist Verdienen ist überall wichti ger. . Der Patron wollte mich damals als Jahreötnecht dingen: vierhundert Pesos, alles frei und fünf Prozent von der Ernte. Und ich wäre viel leicht geblieben, wenn mein Freund Charlir. der Rordameritaner, mitge tan hätte. selber der wollte nicht und so waren wir beide, unseren Scheck in der Tasche, nach der näch sten Station geritten. Rasch genug war er eingelöst und auch das Ver tlopfen der Pferde dauerte nicht allzu lsnge. Und dann gings fort, unse rem Buenos Aires entgegen. Am Abend desselben Tages lamen wir an, vercvildert, schwarzgebrannt und abgerissen wie immer, mit der Li nebera, uem Reisesack auf dem Rücken Verdachtig genug sahen wir aus. Und doch empfing uns Senor Knöpfle, der menschentundige Besitzer des Hotels «Deutscher Bund« in der Paseo de «,uleo, voll aufrichtiger Hochachtung Kampleute haben immer Geld wie heu und wir waren zudem alte. treue Rundschaftem Und nun gin gen wir Buraos Aires erobern, mit unseren vierhundert Papierpesos im SUC- - - « Wie ich also anfangs meiner Ge schichte bemerkte, ich war wieder blank. Caramba, nun wars Zeit, wieder loszugehenL Charlie wollte an eine Dreschmas schine und versprach sich und mir goldene Berge davon. Aber ich kann te den Zauber ja auch schon so ziem lich: die goldene Berge haben Far mer, Dreschmaschinenbesitzer und Maschinist. Die Arbeiter häufen sie bloß. . . . Der Dickschädel ließ sich aber von seinen Vorsäyen ebenso wenig ab bringen, als ich von den meinen. Und so trennten sich wieder einmal unsere Wege Jch stand wenige Tage später als Oberbaunrbeiter wieder in der Parn pa, an einem Schienenstrange der F. C. S. (Südbahn) unter einem Hau sen Jtaliener nnd Spanier. Um drei Pesos 53 Centavos (Abzug sürs Essen 53 Centaooy täglich schwangen wie hatte und Schaufel, um aus eine Länge von mehr als 100 Kilometer Schienen und Schwellen auszuwechs seln. Die nächste Station war an vier Leguas (20 Kilometer) von un serem Lager entfernt. Und diese Statiom ich glaube, sie hieß Bonisas rie, wies außer den Babngebäuden nur noch einen »Almaeen« aus, einen jener Kamplädem in denen man al les bekommt, was in Wildwest nur zu erlangen ist. So war ich wieder einmal in meiner Pampa, wo sie am ödeslen ist. Die Arbeit tonnte nicht gerade schwer genannt werden. Die Schie nen nnsreiszen, vie alten guszeisernen Schwellen abheven und durch neue nus Eisenholz ersetzen, sodann die neuen Schienen nusnageln und nie-el lieeen. das war alles. Ueberanstrens gen brauchte sich der Einzelne nicht gerade; zu jeden: schweren Handgriffe saßten wohl drei oder vier Leute mehr nn als anderswo, etwa in Nordame rilo, üblich ist. Und jegliche hantiei rung vollzog sich unter stetem Kom manvieren uno ausgeregtem hin- und Herlausenx stivliche Art. Die Itapatnze (Bnrarbeiter) schie nen rnir erst nicht schlimmer zu sein, als alle die anderen, die ich ans mei nen Zersahrten kennen gelernt hatte. Sie erleben wohl von Zelt zu Zelt nn, aber das war nicht so ernst ge meint Hätte auch wenig Zweck se lialm Einmal waren unter unt ge nug von jener Sorte, die sich nicht alles bieten lassen. Und dann mußte auch ohne Antreiben eine gewisse sSttecke täglich fertig werden. Ein mal nur am Tage passierte ein Zug idiefe Linie, das war vormittags. Vor seiner Durchfahrt mußten schon sämt liZe Schienen gelockert sein. Dann fu r der Zug langsam durch und nun erst wurden die Schienen abgerissen. Abends, wenn die Sonne gesunken war, mußte alles in Ordnung sein fiir den Nachtzug. Soweit hätten wir also zufrieden sein können, den auch unsere Zelle wa ren nicht schlecht, ziemlich neu und rein und auch reichlich genug berech net, so daß wir bloß zu Dritt in ei nem Zelte zu wohnen brauchten. Je doch, das »Aber« fehlte auch hier nicht; und es tras uns alle an einer Stelle, die wohl am allerempfindlich sien ist. Am Magen. Es ist llar, dasz man siir fünfzig Centavos täglich teine fürstliche Mahlzeit haben tann. Das zu ver langen, wäre wohl auch keinem von uns eingesalleu. Aber im ersten Fleisch- und Weizeniande der Welt will man doch nicht hunger leiden. Das tut in Argentinien nicht ein mal der Attorrante, der Landstreis chec. Die Bahngesellschaften überlas sen die Verpftegung der Erdarbeiter den Kapatazen, und alle fahren gut dabei, ausgenommen die —- Arbeiter. Das Rechenexempel ist so einfach. Die Vorarbeiter werden nur mäßig bezahlt von den reichen Bahngesells schasten; dafiir werden sie darauf ver wiesen, daß die Verpfelung der Ar beiter genug abwerfen könne. So anständig, ein reichliches und gutes Essen zu geben, ist nicht der zehnte Vorarbeiten Auch unserer gehörte nicht zu der guten Sorte. Der Morgenmattee war schwach und zu wenig süß, das Fleisch nicht frisch, Reis und Nudeln öfters dumpfig. Biltig zusammengelauftes Zeug. Und so kam die Unzusriedenheit. Während der Arbeit knurrte es von einem hungrigen Magen zu anderen, flogen die Berechnungen, wie viel aus uns herausgepreszt werde, von Mund zu Mund. Kam der Kapataz, so ver stummten die Meisten. Jhr Knecht sinn war noch übermächtig. Aber der hunger ist nicht nur der beste Koch, sondern er ist auch der beste Revolutionär. Er troch in allen Ein geweiden umher, er srasz in jedem und hegte und wühlte in uns allen, auch in den Dümmsten, bis er haßers fiillt auf den Kapatazwagen schaute, wo der Kapataz und seine Kreaturen reichliche Extratost schmausten. Und bald flatterte das Wort Streit auf. Bei meiner Gruppe wurde es zuerst ausgesprochen: »Wenn wir nicht an ständiges Essen bekommen, wird al les stillgesetzt.« Jch lachte: ,,Ja, wenn wir lauter Nortditaliener oder Deutsche wären! Aber so? Was können wir mit den Neapolitanern anfangen? Das sind doch keine Männer!« Die müssen mit, sonst. . . Und meine Kameraden erzwangen es. Bald rannte man in jedem Zelt von Arbeitseinstellunq. Jch riet ab. Man werde uns, im besten Falle, ab schieben und andere Arbeiter kommen lassen. Buenos Aires ist voll mit Arbeitslosen, die nichts wissen von Solidarität, die selbst toenn sie es wüßten, kommen würden, um endlich Arbeit zu finden. Ein Piemontese schlug sich dröhnend an die Brust. Er habe in der Paseo de Juleo so viel Bekannte, daß er jeden Zuzug ver hindern könnr. Und auf alle Fälle müsse man den Blutsaugern einen Denkzettel geben. Jch stellte ihnen vor, daß ein Streit, geführt von Unorganisierten, hinter denen nie mand stehe, unmöglich Erfolg haben onne. ,.Wit sind nicht in Europa,« be deutete mir ein Anarchist. »Woll ten wir aus eine Organisation war ten, so diirsen wir noch lange nicht streiten!" So gab ich mich denn zufrieden. Und nun wurde der Kriegsplan ent worsen. Der nächste Morgen brachte uns lein besseres Friihstiicl als die vorher gegangenen. Einer der Pieniontesen ging zum Kapataz, schüttete ihm die Brühe vor die Füße und sagte:«»Das ist der letzte schlechte Mattee, den wir uns von Euch gefallen lassenl« Hohnlachend daraus der Kapatazt »Mach Dies anders, mein Junge. —- ,,Gut, wie Sie wollen! Gehen wir wieder an iie Arbeit, Companies rosl" Und die Tagesarbeit wurde sortges seht; bald waren wie sonst die Schie nen ausgerissen, die alten guszetsernen Schwellen lagen unten am Bahnliin per. . . Aber nicht wie sonst wurden die neuen Quebrachoholzschwellen aus gelegt und die Schienen notdürftig festgenagelt, damit der Zug passie ren könnt-. Als der letzte Teil un serer Tagesstrecte vorbereitet war, er tönte ein Psiss und alles warf Hacke oder Schaufel, Hebebaum oder Brech stange zu Boden. Arbeit war einge stellt. . . Der Rapataz wütete erst und brüll te wie ein Wi.rhnsinnger; in wenigen Viertelstunden sollte der Zug passie ren. Er drohte uns mit Schießen, mit Militär und Kerker· Wir la - ten. Nur seinige ungeschickte hei - sporne schimpften zurück und zückten theatralrich Messer und Revoloer. Als et sich etwas erholt hatte oon dem ersten Schrecken, begann er zu verhandeln: »Was wir eigentlich wollten?« s Reinen süßen Mattee, frisches .Fleisch, unverdorbene Zutaten. Und Idas Essen um 10 Centavos billiger: !»Sie verdienen auch dann noch genug lan unsi« Der Kapataz sah ein, daß set werde nachgeben müssen, denn die Zugzeit rückte immer näher: »Ich be willige Euch alles, geht nur an die Art-ein« »Nichts da, wir glauben Euch tein Wort mehr. Erst muß alles abge macht und unter-schrieben sein« ehe wir wieder anfangen!« »Bis zum Lager ists eine halbe Stunde, und derweil kommt der Zug. .." «Freilich tommt der Zug,« froh lockten wird, »aber nur bis an die Stelle, die wir ihm bezeichnet haben; dann hält er. Und hinter ihm alle späteren, ehe wir nicht unser Recht haben.« l Er seufzte schwer: »So kommt »denn mitl« An den beiden Enden der Arbeits strecke wurden rote Fahnen gesteckt, und dann gings fort ins Lager; nur eine Wache blieb zurück. Während des Weges aber schon schien mir der Kapataz seinen Herzensfrieden voll ständig wiedergefunden zu haben. Das gefiel mir nicht. . . Die Verhandlungen wickelten sich erst ziemlich glatt ab, er bewilligte alles, was wir forderten. Nur von weniger fiirs Essen zahlen wollte er absolut nichts wissen. Das sei Sache der Bahngesellschaft. Aber gerade dar auf bestanden wir. »Ich will Euch etwas sagen, Jun gens, teilen wir. Jhr gebt statt zehn fünf Cenis weniger. Billiger tann ich es nicht tun.« Jch riet, anzuneh men, weil ja doch nicht mehr zu er zielen sein werde. Und (das dachte ich mir aber wohlweislich bloß) weil ja doch das Ganze nur sehr kurze Zeit gelten würde. Die Genossen wa ren denn auch alle froh iiber den schnellen Sieg, und so wurde der handel bald abgeschlossen. Die al ten Borräte, darauf bestanden wir, mußten vernichtet und neue gute so fort aus der Station herbeigeschafft werden. Auch darin gab er nach; aber es fiel ihm am schwersten. . . Und nach der Verbrennungszeremonie fuhren der Kapataz und einige Ar beiter auf der Draisine, um neu ein zutaufem An diesem Tage wurde nur so viel gearbeitet, daß die Züge langsam passieren konnten. Dann wurde gefeiert, und ein fröhliches Völkchen verstreute sich über die herbst lich braune Pampa. An jenem Tage wurde viel Wild niedergelnallt und manches Nutrics, manches Gürteltier gefangen. - lind am nächsten Morgen arbeite ten wir wieder wie immer. Und wie immer schimpfte der Kapataz und schrien die Vorarbeiten alles war wie sonst. Nur das Essen war wirk lich bedeutend besser. Also doch ein Erfolg? Aber das dicke Ende tam nach. Vier Tage später war Auszahlung. Und als der Panzerwagen des Zahl beamten herankom, sahen wir, dasz aus ihm die Gewehrläuse von einem Dutzend Polizeisoldaten blintten. Jch wußte schon, was kommen würde. Nach der Auözahlung wurden wir alle zusammengerusen und der Poli zeilommissar teilte uns mit, dasz wir alle sofort das Lager zu verlassen hätten. Jn der Station warte- ein Lastng aus uns, der uns nach der nächsten Stadt bringen würde. Dort würden wir schon erfahren, was es heiße, Revolution zu machen. Da hatten wirs. Aber da war nichts mehr zu ma chen. Und während wir nach der Station eslortiert wurden, kamen schon die Neuen. Lauter Leute, denen man ansah, daß sie noch vor kurzer Zeit in irgendeinem dunllen Winkel unseres alten Europa vegetiert hat ten. Bosniatem Dalmatiner, Russen, Ruthencm »Neue Emigranten« heißt der Gaucho diese Leute, weil sie erst seit wenigen Jahren nach Argentinien erportiert wurden. Arme Teufel, die alles mit sich machen lassen, weil sie tein Wort Spantsch verstehen und zu Hause in noch viel ärgeren Verhält nissen gelebt haben ais sie sind, in die sie nun getrieben werden. . . Wir aber, die Sieger, schritten der Station entgegen. Um die Wahr hsit zu sagen, muß ich damit schlie ßen, daß kein Zug sür uns bereit stand, und daß sich die löbliche Po lizei um uns, als wir den Bahnhof erreicht hatten, überhaupt nicht mehr tümmertr. Wer also Sehnsucht nach der Stadt hatte, konnte fahren, frei lich aber mit bezahlter Karte. Jch zog es vor, das nicht zu tun, und hatte schon am nächsten Tage in der Nähe von Bonifazio Arbeit ge sunden, diesmal ais — Hauölehrer beil einer deutsch-russischen Farmersas mi ie. « f , -, Lisetmami Von Friedrich von Gagein j Die —Winterdiimmerung Umsicht das Fjeld mit harten, llaren trantem Oben ists duntelbtutrvt, unten schwarz mit hellen Spritzern darin. « Wie arme Gespenster stehen die nack lten Feldulmen die Straße lang Weit jhinter den Aectern liegt breit und jfinster ein ungeheurer Leib: das ist jdee Wald. Ueber ihm wirds immer jröter. Zartfaserige Birkenwipsel, trause Eichentronen zeichnen sich jscharf vor die Glut hin. Jrgendwo jin unbestimmter Ferne geht blin jzelnd ein Fensterticht aus; drüben jrollt ein schwerer Donner vorbei, das jist der Frühzug aus der Stadt; jhohl ruft die Dampspfeise der Spiri ltusbrennerei. ’ Die Rebhiihnr locken; da, dort, jen seit5, überall im Zwiescheim Die Waldehreule schwankt niedrig über jdie Stoppeln, tlatscht mit salterweichen Schwingen, fliegt zu Holze und tlagt. jDie has-n laufen eilig uber die har lten Aecker, jeder sucht seine Sasse, je nach Bediinten, im Walde oder im Sturz. Löffelmann entscheidet sich jsiir die blanke Erde. Es ist fteise Kälte im Lande, der Wind ging ganz spitz und dünn durch die lange Nacht. Vor zwei Tagen gab es Tauwiirme, da fiel im Walde aller Schnee von den Aesten, und als dann der Wind umschlug, erstarrte er zu tlirrendem Herrsch. Das gibt teine behagliche Sasse, höchstens in der en gen Schonung, und dort ist ninn nie oor den Füchsen sicher. Hellhörig ist’g freilich im Holze. Immerhin, Sturz ’ist besser, da wird sich später die Sonne hineinbreiten. Und fest aus liegen mag Lösselmann heute ohne dies auch nicht. Wahrscheinlich schlägt der Wind wieder um. Er ist miide geworden und fällt ab. Dann steht die Kälte ganz schwer und dick iiber dem harten Boden. Lösfelmann hoppelt am Rain hin unter, bis zur Ecke des Sturzes. Dort schlägt er einen Haken und läust aus der Breitkante quer, bis er die dritte Hauptfnrche findet; in der rennt er zurück. Der Bussard, der sich eben in die Feldulme ge schwungen, sieht ihm hungrig zu. Plöylich tut Losselmann einen riesigen Satz und taucht in den weißgespren telten Schollen unter. «Enttäuscht streicht der Bussatd in den goldenen Morgen hinaus. Zehn Sprünge vor Lösfelmann sitzt ein anderer Hase im seichten Sturz. Sie kennen einander. Jener ist Bockel, der sonst aus dem Schotter berge in der verlassenen Kuhle wohnt. Läsfelmann riictt innigtvarm zusam men und drückt die Ohren sest aus die Schultern. Ein Hiihnervoll schnurrt iiber ihn hinweg, Schatten von Krähen streichen vor ihm die Scholle.r. Daötiimmett ihn nicht« Er beginnt zu dösen. Nur einmal ist ihm, als hörte er aus der Ferne viele hundert Tritte aus dem klin gendharten Boden. Er hebt sich vier telhoch ans der Sasse und späht über den Rand hinweg. Bockel vorne tut das gleiche. Es ist nichts. Irgend wo drüben regen sich schwarze Punk te, knäulen sich, teilen sich. Bockel ist ein Ditmmlvpf, wegen den paar Leu ten dort muß man nicht davonlaufen. Wo käme man da hin, da dürfte man gleich den ganzen Tag lang auf iden Läusen sein. Wahrscheinlich Bauern, die eine Rübenmiete ausbre chen oder dergleichen. Er drückt sich wieder fest. Aber es läßt ihm doch keine rechte Ruhe. Wahrhastig, nun auch dieser verdächtige Lärm, als ob trockene Aeste brachen Das hing allemal mit Menschen zusammen, mit bösen Men schen, die leise und langsam gehen und sunlelnde Stöcke tragen. nUd scheckige Hunde haben sie auch meist bei sich. Sie sind zwar nicht schlimm, diese Hunde, lange nicht so arg, wie "die beiden bunten Köter von Westers manns Hof, die einem gleich stunden lang aus die Hessen lläffen. Aber lunheimlich sind auch sie, sie haben so Jeine Art sich hinzustellen und einen Ewigkeiten lang unverwandt anzu starren. Wieder schiebt Lösselmann den Kopf über den Rand. Wahrhaftig, jetzt sind sie bedeutend näher, sie mar schieren geordnet einher, geradegwegö aus den Sturz los. Und wieder und wieder dies abscheuliche Klappen und Knacken, es fällt immer dichter, aus allen Seiten. Lösselmann wird net viis. Holla, da stößt ja Ramskopf dicht aus ihn, den hat er bisher gar nicht bemerkt. Ramstops macht ei nen Kegel, Lösselmann tut es ihm nach. Das ganze Feld voll laufen der Haseni Dort sitzen Weißblus me, Federlein und Krummhaus bei-» sammen, da reitet Kohlmann wie be-; sessen über die Breiten, hier kommt der gescheite Jiirn Mummel ange bockelt. . . »Rette sich- wer tannl« »Diese Gemeinbeit!« , ,,Nacht5 gestorenen Kohl, daß es einem die Eingeweide ausbeißt, und Tags teine Ruhe und Blei dazu. . .·· Bohnedeißer windet heran, der lin te Hinterlaus schlentert ihm nach, der blutige Knochensiumpf kratzt die Erde. »Mit mir ists aus, Kamera den. . « Pliihlich ist Rübenschneider da. Der hat einen ganz gebogenen Buckel, mit jedem Sprunge rückt er zusam men, wird immer langsamer. Dann hebt er sich matt, steht einen Au genblick aus hohen Läusen, taumelt, kippt. . . Etwas Weißes wirst sich zwischen den groben Schollen hin und her, bleibt still, es ist vorbei. Lösselniann, Ramskops und Mum met fahren entsetzt durcheinander-. Aber sie kommen nicht weit. Wieder segeln sie selbdritt, denn sie wissen nicht woraus. Uebetall Blitze und Schläge nnd dieses unheimlich feier liche Heranriicten des Menschenschwars mes. Bohnebeißer kann nicht mehr mit. Er liegt matt in der Furche, rau chend fast vor Angst und Weh· ,,Laßt mich nur. Es geht nicht. Grüßt mir» . .« Mehr hören sie nicht. Es treibt sie weiter, hierhin, dorthin. Ein paar Herzschläge drücken sie sich zusammen in die Sei-allem aber mit einem Male rollt einer mitten unter sie hin ein und bleibt liegen. So schnell stie ben sie davon, daß sie ihn gar nicht erkannten. Jetzt sind es ihrer sechs-: Schnurrs haar, Kohlmann und Rammling sind dazu gekommen. »Da seh einer die blöden Satzhas sen an. Bleiben liegen bis die Men schen vorbei sind und lausen hinter ihren Haken davon. Da geraten sie alle unter Feuer.« »Aber wie besser machen?« »Wir sind umzingelt.« « »Es ist au3." - « Nun bleiben drei Dutzend der schwarzen Männer draußen stehen; sechs Dutzend aber rüclen mit gräß lichem Gebrüll gegen die Mitte bor. »Mir nach!« gebeut Jiirn Mam mel, denn er ist der älteste. Und so treten die Sechse den To deglaus an. Lösselmann geht als vorletzter, Rammling macht den Be schmis Jiirn Mutncnel nimmt genaue Rich tung auf einen der Männer, so ge rade als wollte er ihn umrennen. Aber es geschieht nichts· Schon ist Jürn dicht an den Stiefeln des Men schen vorbei und zehn Sprünge weit draußen, da blitzt es nnd schlägt ein, es tlirkt unt- singt über den glas harten Boden, Jiirn Mummel fliegt in die Luft, den Kopf nach unten springt und schnellt. Gleich darauf prasselt der Feuerhngel gegen Kohl mann; den wirft es auf den Riicken nnd fu«-ist ihn iiber die sumrfe Krame, daß die Wolle stiebt. Von der anderen Seite zuckt es rot. Lös felmann fühlt, wie etwas unter sei-· nen Läufen spritzt. Dann sind alle draußen und lan fen wie toll ins blanke Feld hinein Erft hundert lange Sätze weit weg machen sie Kegel. Dort stehen die Menschen noch immer in Kreisreihe und in der Mitte zuhauf. Schmut haar verspürt plötzlich Brennen im Eingeweide und es wird ihm schwach. Löffelmann, Rammling und Ramölopf fegen davon. Schnurrs haar möchte nach, denn ein großer, braungefprenkelter Hund keucht auf ihn los. Mit verzweifelter Kraft spannt er die Sehnen seiner Läufe, nber schon vernimmt er das Blut hecheln des Hundes dicht hinter fich. Der erste Haken, den er schlagt, gibt ihm zwar Vorsprung, allein schon den zweiten macht der Hun: mit, wenn er auch um weniges hinaus ifchießt Der Kreis wird immer en !ger, Schnurrbaar fühlt den heißen ;Aiem, die kalte Nase, wirft sich noch seinmal rechts, noch einmal links, noch einmal am Hunde vorbei zurück — dann pressen ihm furchtbare Kiefer Leben und Qual und letzte Klage aus den Rippen. .. Am Abende des Schreckenstages rückt Löffelmann aber doch wieder tapfer ins Feld» Allerdings auf der anderen Seite des Waldes, denn diese ist ihm nun gründlich verleidet. Er hat feine Zeit nicht einmal so übel verbracht. Nach atemloser Flucht fand sich ein trockenes Lager unter den tiefen Zweigen einer jungen Föhre, da verschlief er, müde von Aufregung und Anspannung, den Nachmitag. Und als er erwachte, war die Luft fo lind wie im sonnigen März, und über den Lichtfchlag trie ben weiche, dunkle Wolken. Das kam Löffelmann eben recht, kein Mondschein und kein harter Wind, das liebte er. Denn mit tauender Erde verband er seit jeher lüsterne Vorstellungen. Plötzlich fährt Lösfelmann wie be sessen ins Feld hinaus. Er rennt eine weite Strecke, bevor er zum er stenmale auflegelt. Das ist so seine Art. Dann boclelt er gemach die Breiten lang und quer. Das Geländ ist ihm meist fremd, hier weiß er nicht um die offenen Rübenniieten und das übrige Rübenlraut und die alten Kohlstriinlr. Aber schließlich findet er, was ihm frommt, denn die Bauern von Westerholt sind nicht an ders als die von Qsterholt. Es ging schon wieder ans Vor däinmeun und die Brennerei heulte eben die Tagschicht an, da entdeckte Löffelmann ein prächtiges Stück Kli chenfeld. Hier gab es allerhand feine Bissen, zarte Kohlstriinte und sogar einige weggeworfene Mohrriiben, an denen er besonderen Gefallen fand. Aber ivie er gerade im allerbesten Appetit war, fuhren urjäh Blitz und mach mitten aus der Erde und etwas Sausendes segte ihm durch die Riiti lenwolle, daß sogar etliche Flocken ab fioben. Wie vom Teufel geritten rannte Löffelinann davon, daß die schwarzen Furchen nur unter ihm hinflogen. Erst weit graußen, in der Mitte zwischen Wald und Dorf, mach te er seinen Kegel. Also auch dort Tücke, auch dort Blei? Er buckelte nach dein Holze zurück, und ihin zur Seite lockten die Reb höhne. Als er aber iiber den letzten Grenzrain setzte, riß es ihn herum. Der laue Wind hatte ihn doch nicht getäuscht; hier roch es nach Verhei ßungen Er nahm die Spur auf, und nicht lange mußte er laufen, so hatte er die Häsin dicht vor der Nase. Es war Brauiiaug, die Hiibfcheste auf der Westerholter Seite. Sie riß vor Löffelmanns lüsternein Ungestüm aus, er jagte hinterdrein, als ob es um die Seligleit ginge und hetzte sie bis tief in den hellichten Morgen. Daß ein anderer Werber ihm selbst auf den Hessen war, mertte er gar nicht, und hinter dein rannte sich wie der ein dritter den Atem aus dem Leibe. Jn ihrer Hitze achteten sie nicht einmal der Menschen, die schon längst um die Wege waren. ,,Kierl nial«, sagte Steffeii zu sei nem Oberlnecht, als sie ins Holz fuh ren; »bloß soviel Hafen, und wie toll sie’s treiben-« »Tja,« machte der andere und spie die Prime ins Feld. »Die tun, als hätt' es heute nacht Erntebier gege ben.« Hinter einer Hecke machten sie halt, Braunaug zuerst, dann Lösselmann und die beiden anderen. Schon dach te Lösfelmann sein Recht zu nehmen, da tamen jene dazwischen, und es war niemand anders als Rammling und Ramstopf- mit denen Löffel mann gestern Morgen um sein Leben gelaufen. Heute tannten sie sich nicht mehr; gemeinsame Feinde machen Freunde, gemeinsame Freunde machen Feinde. Lösselmann und Ramrnling gerieten aneinander, und wieder stob Wolle, diesmal aber von den Ohr feigen, damit sie ihre Köpfe wie von Sinnen beaarbeiteten. Und das hätte noch eine ganze Weile gewährt, doch da schoß Vettens Hund tlässend hin ter der Hecke hervor und brachte sie aus den Schwung. Vettens Hund war lein guter Jä ger, darum fuhr Lösselmann nur erst tiber zehn Ackerbreiten und dann le gelte er. Weit drüben tat Ramm ling dasselbe, aber von Ramstohl und Braunaug war längst nichts mehr zu sehen. Hoch über das Feld zog Koll, der wissende Rabe. »Prolet!« schimpfte er aus Löffel mann herab: »Prolet, Proletl Gans recht haben die Menschen mit ihrem Blei, du verdienst es nicht anders — Proleti««