Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, January 11, 1917, Sonntagsblatt, Image 9
Sonntag-hinkt de Skaats — Anzetger und Nerolcx -—-—. M— w. » - .-... .—.- — Js . ,- » -- - .-.--—.—.—.: Hi- Yethkimir. Von Ang« Sapper. Jch hin nicht abergliinhisch Bin eines Rheinpreußen und einer Schwä bin Sohn. Das ist nicht die Mi schung, aus der verdrehte Köpfe stam men. Dazu habe ich Medizin stu diert. Es find allerdings an die dreißig Jahre her; aber ganz schwiyt man das nie mehr durch die Rippen; auch wenn man weit von der Welt draußen im Schwarzwald praktiziert. Man sieht: Abstammung, Studium und Beruf waren geeignet, einen nisternen Kerl aus mir zu machen; aber diese versluchte Dachrinnel — Jch wohne im lehten haus von J. Etat-ten tun nichts zur Sache.) Ein großer Baumgarten trennt mein An wesen von allen anderen Wohnstätten des Dorfes. Jch hause dort mit Donna Anna, meiner sechzigjährigen Haushalterim und Johann, dem Knecht. - Donna Anna ist so turzfichtig, daß sie kaum ihre Psannen aus dem Herd sieht. Der Johann aber ist aus weite Stunden im Umtreis der Diimmstr. Riegelwiinde könnte man mit ihm einschlagen, ohne daß er es merten würde. Von der Umtvelt sieht e« nur den Brotlaib, den Mostlrug nnd meinen Gaul, den «Rih«. »Nich« heim das zuer, sen ich erart May lese. Jrüher hat es «Mephisto« gebeißein Die Zeiten ändern sich und die Bücher der Herren und die Namen der Giinle in ihnen. Der Gaul ist zwölsjährig, Fuchsstute. Bei gutem Stall und leichtem Dienst im merhin noch lein Veteran Nicht weit von meinem haus fängt der Wald an. Eine weiße Straße siihqt vor meinem hoftor vorbei daraus zu. Wenn ich, den die ärztliche Praxis nicht schwer drückt, aus meinem Fuchs durch diesen Wald reite, beuge ich mich ost nieder, aus den schlanlen Gaulibals, wie Karl May das lehrt, und murmle eine Koransure Und mein ganjei Leben unter den Bauern kommt m r dann vor wie ein häus chen Asche, das von einem großen, lodernden Brand übrig geblieben ist. Wann und wo aber der Brand lo derte, daraus kann ich mich nie be sinnen· Wie Traum ist alles, wenn der Wald schwarz und still um mei nen Weg steht. Aber ich will ja von der Dachrinne reden. Von meinem Wohnbaus durch ei nen schmalen, gepflasterten Auiläuser des großen hofel getrennt, liegt der Ganlstall, der unter seinem flachen Dach von geteeeter Puppe sogleich die Scheune birgt. An diesem geteerten Dach entlang läuft sie, die HisDachrinnr. Sie ist von Weißblech, solid ge macht von einem christlichen Flasch ner, der — — —- Doch weiter: Wenn ich, was in sieben Wochen tagen sechsmal der Fall ist, abends nach dem Nachtessea allein in meiner großen, dielsenstrigen Wohnstube sihe und den Karl May oder den alten Gerstiicler oder sonst ein Buch stieg herz vor mir habe, dann liegt mir nichts ferner, als aus das zu horchen, was außerhalb der Stube vorgeht. Viel ist’s ja auch nicht. Die Don na Anna schlägt in ihrer Kurzsichs tigieii dann und wann eine Tasse, einen Teller zusammen, der Johann pfeift heim Stiefelpuhen das Lied, das sein Ende und teinen Anfang hat nnd in dem nur immer noch ein mal gesagt wird: Schön seinls die Jugendjahri Vom Dorf herüber hört man des Schulzen hund hellen, das Raben-ins, das das große Wort führt, grad wie sein —- — Doch weiter: Also ich höre von allen diesen Geräuschen grundsiihlich keines, weil es nicht der Mühe wert ist. Warum hahe ich nun schon dreimal das an dere gehörtt Jch frage: wart-mit Jedermann weiß, wie das ist, wenn es regnet und eine weißblecherne Dachtinne ist in der Nähe. Ganz recht. Jch weiß das auch. Da geht erst ein leises Rieseln an und dann ein Glossen, ein stoßweises und dabei doch gleichsörmiges Gurgeln und Raunen, das guleht wie ein hass nungsloses, sassungsloses Weinen tlingt. Ja, so ist's. Trübsetig ist das, herzbellemmend, schon wenn’s eegnei. Wie aber, meine Verehrtem wenn die ses Teufelsgeräusch laut wird, ohne dasz ein Wölkchen am Himmel steht, ein Tröpfchen niederrieseltli Wie ist’s dann? Was würdet ihr dann sagen zu dieser Dachrinnenmeloei. Mertt ihr jeyt etwas, — hei Und wenn dann nach diesem gur gelnden Weinen oder weinenden Gur geln das einmal der —- - ; Aber ich will der Ordnung nach serziihlem f Es war im hochsommer. Jch war miid von einer weiten Fahrt zu einer Wöchnerin und zu zwei Schoppen Hessigheimer im «hirsch« in Dingelss Iberg heimgekommen Jch sage das ausdrücklich von den zwei Schoppem sonst könnten gewisse Leute sich mit einem Augurenliicheln in die Augen blicken. Zwei Schoppen warens. Nicht mehr und nicht weniger. Da sihe ich also an meinem Tisch« strecke die Füße in den hausschuhen von mir, ziehe die hangelampe tie ser und chiebe das Nachtessengeriit aus die ejeite. Die Fenster stehen weit offen, obgleich Donna Anna dariider schimpft, weil sie behauptet, dadurch bekomme man das Haus voller Motten und in meiner alten Jagdjoppe fangen sieben Trägen teine Maus mehr vor lauter onean chern. Jch gestehe: mir liegt an met-» ner alten Jagdjoppe nicht viel und; am Schimpsrn der andern Alten erst? recht nicht. Aber daran liegt mir,; daß ich teilhaben dars, wenn ders Wald nach einem langen, heißen Tag Atem holt aus der Tiefe seiner grü« nen Brust heraus. Solch eine Schwarzwaldnacht durch weit ossene Fenster herein, das ist wie ein Bad in Quellen, die von drüben herüber tommen. « Die Anna trägt das Geschirr hin aus, der Johann schließt drunten Stall und Hostor, und alles wird still. — Da aus einmal gluctsc’s in »der Dachrinne. f Jch sehe erst nicht auf von meinem Buch. Bei Bagdad drinnen stecke ich irgendwo, nnd mein Hadschi halef mit dem langen Namen hat eben einen Streich geliefert, den der Jo hann nicht halb so genial fertig brächte. —- Nnr ein leises, mehr un bewußtes tlnbehagen ist in mir, dafz es draußen regnen soll, da doch heute solch ein prachtvoller Tag und glit hend roter Abend war. Sie fchlucht und gurgelt fort, die Dachrinne. ns Weinen tomint sie. ins hoffnungslose Weinen. Ich fchnue auf wie verträumt und oerschlafen. Regnet’s denn? Die Beine ziehe ich an und horche. Reg net’s denn? Miid und schwerfällig stehe ich auf und trete ans Fenster, ob vielleicht ein Gewitter vorüberftreifr. Jch höre nichts mehr und fehe nichts. Jn nächtlicher Blaue, glas hart gewölbt, mit wenig Sternen steht der himmel über den Wäldern, und aus dem Küchenfenfter, wo Donna Anna Geschirr abwiifcht, fällt genug Lichtschein aus das Dach des Pferde stalles, utn erkennen zu lassen, daß die Puppe ftumpf und trocken ist. Wieder feste ich mich an mein Buch. Und wieder fängt in der Dach rinne das Raunen, das Gluctsem das Weinen an· Jch weiß, daß meine Augen sich weiten wollen« und drückte sie hart zufammen. Und dann schließe ich fie ganz, daß sie von innen heraus den Ohren helfen sollen. Wie man die eine Stellfnlle fchliefft, wenn man ein geteiltes Wässerlein nur noch durch einen einzigen Graben leiten will. Unendlich deutlich, fo, daß eine Täuschung abfolut ausgeschlossen ift, höre ich die Dachrinnr. Durch das winselnde Weinen klingen zuweilen schwere, einzelne Tropfen in hartem Fall. Mir geht langsam ein Gefühl von Kühle über den Rücken. Jch ftehe auf und recle mich und fehe mich um wie einer, der etwas gegen sich antammen fühlt und nicht weiß was und nicht woher· Aber ausser der glotzäugigen Nacht und dem fchluchzenden Gewinfel kommt nichts durch die gii nend offe nen Fenster. Da schreite zur Tür «und rufe die Anna. » Den naffen Schürzenzipfel iiber das beträchtliche Bäuchlein geftectt,l kommt sie angewatfchelt, und in ihren! roten, immer etwas ent ündeten Au-! gen loht flammender roll. «Mel’j Spiiltoafser wird talt«, faucht sie» mich an. Jch aber fasse sie am Arm, führe sie mitten in die Stube und befehle ihr, zu horchen. Und sie horcht. Sie hat eine gottsjämmerliche Angst vor Mäusen, und dlefe Angst macht sie fo feinhöi rtg wie sie lurzsichtig ist. Jch höre immerzu das Weinen, im mer das Weinen. Die Alte dreht den Kon links nnd rechts wie eine ver liebte Blaumeise· Der Ausdruck an gefpanntesten, ängftlichen Laufchens ift in ihrem Gesicht Dann fchtittelt sie plöhlich den Kon und ftampft mit dem Fuß anf. »Nnrrheite’,« fagt sie zornig, »i hör' nivans soll denn fei’?« Jch gebe ihr einen Puff. »Die Dachrinne plätschert doch.« Sie horcht noch einmal, noch angestreng ter. Dann schreitet sie einfach zur Tür. »Sie plätscheret an', « brummt sie grob zurück, »Sie werdet zu lang beim Hessigheimer gnsbesse sei, jetzt sausts ane in de’ O·hre’ " Was soll man da sagen! —- Jch sage nichts und rufe den Johann Einen von meinen Stiefeln über dem linken Arm, die Bürste in derRechten, tritt er ein. Er weiß nicht, daß man so etwas nuch abstellen und weglegen kann. Sein Fleisch ist willig; aber sein Geist gar schwach. »Johann,« sage ich, «horch einmali« Er sperrt sofort das Maul aus, denn so horcht der unbefangene Mensch, an dem die Kultur noch nichts verrenkt und verzerrt hat. Stumm sehe ich in sein Gesicht, ob ich darin nicht entdecken möchte, wie das rätseldolle Geräusch aus den Na turmenschen wirkt Aber außer der gewohnten ab grundtiesen Dummheit lese ich nichts in diesen Mienen »Was soll sei’?« sragt er schließ-» lich langgedehnt. ! «H·orst du die Dachrinne nichts« Er schleicht sich mit der Gelenkigh leit eines hundertsährigen Nilpsetdesl zum Fenster und reckt den Hals in die Sommernacht. s »Noi, Herr Doktor,« sagt er bess stimmt, »F regnet net-« Jch kann einen Seuszer nicht unterdrücken und schicke den Burschen sort. ’ Unter der Türe schon sängt er an! zu pfeisem »Dann sag’ ich’ö noch einmal, schon »sehr-IF die Jugendjixhrk Jus Icvc titul, lUlcucls Ull Ucll Eins und versuche von neiiern zu lesen. Aber da draußen in der schwarzen Nacht weint es und weint, und ich muß darauf horchen, als gelte es inir allein Und plötzlich höre ich husschlag ans der Straße. Den husschlag ei nes schweren Bauerngaiils, wie ihn etwa ein Feuerleitergalopp aus den harten Steinen der srischeingeworses nen Straße lockt. Jch springe empor. Jch weiß — der Husschlag gilt mir Jch fühle, daß in meinen Händen, in meinen Beinen ein jähes Zittern ist, das ich inaugdriicke aus meinen Gliedern in zasaminengebissenen Söhnen - Und dann ein Klopsem ein Nüt teln, ein Schreien am Tor· Das war aber in jener schweigen den hochsommernacht, als das Aiito mit den vier Franzosen unten an un serm Berg iiber die hohe Mauer aus Wertsteinen unter die schwarzen, ra genden Tannen rannte. Der graue Morgen ist über die Höhe gestiegen, als ich vom Gang in jener Nacht heimkom. Die weißbleeherne Dachrinne hat mir seltsam sahl entgegengeschininiert, und wenn sie Wasser gehabt hätte, viel Wasser-, dann hätte ich mir un ter ihr die blutigen Kleider waschen sonnen Aber sie war trocken. Und dann wieder im April da inals. Der Schnee war sort Fort bis aHif den legten Fetzen. Sogar im Fuchöloch wo er ost noch am Som mersohanne liegt, war teine handooll mehr zii sehen Schwarz, wie srisch aus der Tinte! gezogen, standen unsere Wälder, und; das Moos quietschte, wenn ich in meinen schweren Stiefeln durch die Tannen schritt. Ueberall war endlich die quellende Vorsriihlingöniisse, die die übrige Welt wohl schon im Februar hat, und die inir von meinem medizini schen Standpunkt aus vorkommt, wie eiii guter, reichlicher, neunnial geseg neter Schweiß mit dem das alte Weiblein Erde die legten Busen har ten Winteriibelj hinaus obwin heller Tag war’s. ch nd in meiner Stube und pukte meine Fliiis te. hessigheinier hatte ich keinen ge trunken. Die Sonne schien auf den blan len Flinienlauf. als ich ihn hochhob und hindutchfQ Und da fing die Dachtinne an zu kiefein und zu glucksem Mit sank der Atm, Jch spürte, wie mit das Blut gegen den Kon stieg. Das Fenster machte ich auf und sah die trockene Dachpappe· Am Frühlingshimmel aber glitten weiße, fedetige Wölichen lautlos über die Wälder. Still schloß ich mein Fenster. Den Johann und Donna nna rief ich nicht. Meine Flinte habe ich zusammen gesetzt und das Puhzeug weggeräumt. Dann machte ich meine Instin mente in Ordnung, zog meine Reit ftiefel an und wartete. Ja, ich wartete. Draußen war im mer das tiefelnde, gurgelnde Weinen. Und dann lani der lange Metzger ftif von N. (Namen tun nichts zur Sache), der Beine hat tvie ein Stoech nnd laufen lann tvie ein Patagoi Uck heute aber war er gerannt, wiel des Teufels Botengänger. Der Schweiß stand ihm auf dem verzerr ten Gesicht. Eine Mühe trug er nicht« Er stammelte etwas, und dann schrie er und fah plötzlich grauweiß aus wie das leibhaftige Entsetzen. Dort drunten in jenem Tal, iiber dem der blaue Fernendunft des Frühlings lag, war ein Haus em geftiirzt. Ein Wirtshaus, das kunst voll in die Höhe gehoben werden sollte und das aus diesem Anlaß voll fröhlicher Gäste war. Und nun lagen sie alle unter den Trümmern. —- Den Menschen fing es an zu schütteln, als er mir das erzählte; die Augen quollen ihm vor. th aber habe meinen Gaul aus dem Stall gerissen Wette Lehren muß die Straße ma chen, um hinabzutommen in den Wie sengrund. Eine steile Bergschrnnde, von ab esallenen Tannennadeln so glatt wie ie baut des Erzvaterg Jakob, schneidet die Windungen ab. Jn dieser Schrunde ist der Metz gersrih abgefahren auf seinen guten Lederhosen. » Jeh aber lag auf meinem Gaul, jagte durch den Wald und fühlte et was auf den Lippen brennen, was keine Koransure war. hinter den Felsen hervor nnd un ter den Tannen hin hörte ich es gel -len: »Meinest du, die Achtzehn, auf ’die der Turm von Siloah fiel und Jerschlug sie, seien Sünder gewesen »vor ander-ji« ’ Vcllckllllglg gtvptc euuuv ut streut Igemiichliches Leben, in die weltsernen Wälder herein, was nicht im Karl May stand und nicht im Gerstäcker. .. Und nun das dritte und bis heute leßte Mal. Seit vielen Jahren haben wir es gehalten, mein Freund, der Knau baron, und ich: Wir nahmen am Nachmittag des vierundzwanzigsten Dezember die Flinten über und streif ten bis zur Dämmerung im Wald umher. Ein Wiesel schossen wir oder einen Raben, und danach ließen wir uns das eine Jahr bei mir, das an dere Jahr beim Knallbaron häuslich; nieder, um so gut es ging den heili gen Abend zu feiern. Der Knallbaron wohnte ein Stündchen von mir auf seinem Gut, an dem etwa zwanzig Familien ztveige autdauernd saugen. Er war Jung eselle wie ich, hatte eine alte haussölterin wie i , wußte nicht recht, zu was der lie e Herrgott sich die Mühe mit der Erschassung des Menschen gemacht hatte, genau wie ich, und feierte im übrigen die Feste, wie sie sielen. Jch glaube, er hat nie im Leben z jemand ein Leid getan außer denen, die durch sein bloßes Erscheinen in der Welt um das Majorat kamen. Seinen Spißnamen trug er, weil er es liebte, das Einerlei des Lebens in unseren Wäldern durch lnallende Psropsen zu durchbrechen. Jn meiner Stube saßen wir, hat ten ein Fläschlein neben uns stehen und spielten das tönigliche Spiel. Draußen psiss ein böllisch spitziger Wind iiber ganz trockenes Erdreich Es hatte noch keine Flecke geschneit den ganzen Winter, und mancher Acker aus der Höhe war nicht wie sonst bestellt, weil der Pflug die Schotte nicht meisterte. Jch sehe es noch, wie der Knau baron mit seiner weißen Königin einen Zug quer übers ganze Feld tat. Sein rundes, rotes Vollmondges ficht schmunzeltr. .Die da ist das einzige Frauenzimmer, das sich ver nünftig dirigieren läßt,'« sagte er. Da nng vie Vanirmne an. —- — Jch nahm die band vom Brett Nach unserer Flasche sah ich, die ne ben den Gläsern stand Sie war noch sast voll. Der Baron blickte nicht aus. Er dachte über seinen nächsten Zug nach .Du,« sagte er nach einiger Zeit ungeduldig, »du bist am Zug.« Aber ich tonnte mich nicht rühren· Wie ein Bann lag es aus mir. «horch«, sagte i , »horch dacht« Er hob den Kop. Das Schwun seln lag noch auf seinem Gesicht. Und dann, als et mich anblickte, richtete er sich aus und fragte: »Was gibt’s denni« Jch sliisterte. Um die Welt hätte ich nicht laut reden können. Wie wenn eine band an meiner Kehle läge, war mirOS »Mir doch, wie es in der Dachrinne tut — — —« Er schob seinen Stuhl etwas zu rück. Mit vorgeneigten Köpfen sa ßen wir beide —- — »Dir träumt —« sagte er dann laut nach langer Zeit, Jch glaube, ich bin zusammengezuckt beim Klang seiner Stimme. Wie ein schriller Ton schnitt sie in das leise, gleich siirmigeWeinen herein, das ich hörte. Ich trank hastig mein Glas aug, weil mich fror, lvie wenn ich in nas-» sen Kleidern steckte. f Der Baron hob sein Glas. »Proft, Alter! Du hast Nerven.« · Da spielten wir weiter und weiter» und ich verlor viermal hintereinanJ der. Dann ging mein Partner. ! Jch aber faß, und der Abend ging feinen Gang, der heilige Abend, der die goldenen Funlen ftreut ins dunkle Land der erifchen. Die Anna steckte den Kopf zur Tür herein. »J’ geh jeht zu meiner Schwester-. J’ will au’ mein’ christ liche’ Weihnachtsobed. Gut’ Nachtl« Der Johann kam. »Herr Doktor, iönnt' i’ net zn’s Webers Chrisiine auf e Stündle oder zwei?« Doch, er könnte. ’s Webers Chri ftine ist eine Taglöhnerin von achtzig Lenzen. Aber sie hat eine Enkelin bei sich, die zwanzig zählt. So dumm ift ver Johann hoffentlich nicht, daß er die beiden verwechselt. Jch saß allein. Der eisige Wind pfiff ums Haus. Leer war die Fla sche, leer die Gläser-. Das des Knallbarons ftand neben dem mei nen. Jch weiß nicht, warum ich es auf einmal in die Höhe nahm, umdrehte und wegsieltte. Dann stand ich anf· Es litte mich nicht mehr. Langfarn fchriti ich im Zimmer auf und ab und — — Ja. gewiß, ich wartete. Nein Bote klim. Rclll Kispsclb Jch trat ans Fenster und sah sie iiber den Wäldern liegen, die heilige Nacht, von der die Kinder jubelnd nnd die Alten mit erstickten Tränen singen. Als ein weisslicher Streif verlies die Straße da draußen. Mir kam es vor, als verlause sie endlos nnd zwei-flog ins Endlose nnd Zinedlose Rein Laut war zu hören, als der eine, — der eine Da sagte eine Stimme in mir: »Ja etwas, bleibe nicht so stehen und starre in die Nacht, sonst wirst du ein Natr!« Jch kenne sie gut, diese Stimme. Sie hat mir seinerzeit, als ich noch nicht lange hier oben war, geraten, das Jagen anzufangen. Den Karl May und den Gerstiicter hat sie mir sür einsame Abende empfohlen. Das andere Buch, in dem die Geschichte vom Turm zu Siloah steht, drückt sie mir zuweilen in die hand. Meinen dicken Weichselstock nahm ich ans der Ecke und löschte die Lampe. Zwecklos gedachte ich aus der Straße hinzuschreiten, die mir ins Zwecklose zu verlaufen schien» Wie Höhleninriche sind wir, wie blinde Maulwiirse. « Am Wegzeiger nach Schwarzenbach lag mein Freund, der Knallbaron Er schlug die Augen noch einmal aus unter meinen Händen und sagte: »Sei-ach und matt!'« Hirnschlag Keine lange Sache. Meinen Johann habe ich bei We bers Christine geholt. Wir haben meinen Freund durch den Wald ge tragen. Ueber den Tannen standen die Sterne wie zitternde Funken, die hinausgestiebt sind ins All. Der Johann sprach kein Wort aus dem ganzen Weg. Die Liebe und der Tod machen Weise zu Narren und Narren zu Weisen. Mir lies der Schweiß in Strömen von der Stirne. Es war eine heilige Nacht. Abergläubisch bin ich nicht. Nur die Dachrinne —- — Yirs Hirn-n der Leut-. Von Hedwig Wohlweud. Das allerinnerste Wesen der Frau ist hingabe, liebendes Anschmiegen. Darum sollte jede, sich zu ihrer voll kommenen Größe entwickeln wollen den Frau, eine Lebensausgahe haben, der sie sich mit ihrer ganzen Seele hingeben kann. Das Frauenleben hat sich bereits zu wunderschönen großen Ausgaben durchgerungen und immer mehr Frauen sehen wir selbständig denkend» mit geöffneten Augen« den Kampfs ums Dasein für sich und siir andere ausnehmen, ihr Wissen und Können dem Dienste der Allgemeinheit wid mend. Trotz tausend Anfechtungen bietet ihnen ihre neue, überaus not wendige Arbeit hohe Befriedigung« Ja, es ist das öffenuiche Arbeiten dekl Frau, ein Heraustreten aus einer bisher gutersundenen, vorgeschriebe nen Bahn. Aber die Frau verliert dadurch ganz und gar nichts von ihrer Eigenart, von ihrem Frauen tum, im Gegenteil, was sie früher in der Häuslichleit an Arbeit geleistetl hat, sei es in oder außer der Ehe, das überträgt sie nun auf die Allgemein heit, in größerem Maße. Auch die moderne Frau ist eine dienende Frau. Sie dient ihren ge fallenen Mitschweftern. Sie schreckt nicht davor zurück, sich zu ihnen in det Staub zu werfen und sie heraus zuziehen mit der ganzen Kraft ihres reinen Ehrgesühles. Sie dient den vom Schicksal ver folgten, den Armen und Unglücklb chen, indem sie eine Stimme zu et halten sucht, in der Behörde. Dabei ist ihr sehnlichster Wunsch, zwischen der bisher vorherrschenden, männli chen und daher auch einseitigen Le bensanschauung und der milderen, tiefer blickenden der Frau eine Aus gleichung herbeizuführen. Dies alles ist ein einziges großes Dienen. Aber nicht das so oft ver standene, körperliche Dienen der Frau, sondern ein erhaben Schönes, Geisti ges. Und da, wo die Frau an ihrem be sten Platze ist, in der Ehe, da ist die ses Dienen am segensreichsten. Die Ehe ist die schönste harmonie, die Mann und Frau im Leben er sehnen können. Und wenn Eheleute wirklich imstande sind, sich gegenseitig zu ergänzen, so ist sie ein immer an wachsendes Glück, eine fortwährende Förderung in der Weisheit und Tu gend. Da ist es nun hauptsächlich Sache der Frau, mit feinem Sinne diese harmonie ungetrübt zu erhal ten. Der Mann mit seinem nüchter nen Wirklichkeitssinn beschäftigt sich mit großen epochemachenden Dingen. Stimmnngevolle Kleinigkeiten sind nicht fiir seinen rasch arbeitenden Geist. Die Frau aber soll die Blu men des Lebens sanuneln und sie hinstreuen in das gegenseitige Leben. Sie soll Schönheit schaffen nnd mit weichen Händen ausgleichen, da wo die Seele in ihrem Fortschreiten durch äußerliche Dinge gehemmt sein tönnte. Denlen wir an die verschwenderi sche Schönheit der ersten Zeit einer jungen Liebe. Blumen, Gedichte, Lieder, träumerische Sontmerabende, Blicke voll Liebe, vielfageude Häute drücke. Und was fiir eine beredte Sprache fiir alle Zukunft führt der Hochzeits tag mit seiner Uebersiille der höchsten erreichbaren Schönheit. Die Braut Jin ihrer dustigen, zarten Erscheinung, ibis ins Jnnerste hinein erfüllt von iLiebe nnd seelenoollem Glück, der Bräutigam in seiner göttlichen, wei chen Fürsorge nnd liebenden Ueber einstimmung. Das Brautgemach, mit seinen geheimnisvollen Blumendiisten, mit seinem überwältigenden Glück der Liebe und Erfüllung. All dieses tiefe Erleben sollte fort gewischt werden aus dem nun folgen den, ehelichen Zusammenlebeni Nein! Gerade hier ist das schöne Wirtungs feld der Frau, hier soll sie schaffen und kämpfen. Aeuszere und innere Schönheit soll sie hervorbringen nnd alle, auch die tleinsten Beziehungen harmonisch gestalten. Und wenn ein Mann und ein Weib mit ihren, in Wechselbeziehungen stehenden Gaben, sich herausarbeiten aus allen äußer lichen Kleinlichleiten und das Fort schreiten der Seele als den Haupt-In halt ihres Lebens betrachten, werden sie, wie Gestirne am Himmel, ihren innern Glanz ausstrahlen. Wer könnte besser für-die Allgemeinheit wirken, wer könnte besser das Zu sammenarbeiten von Mann und Frau in der Oesfentlichkeit sördern, als die glücklich verheiratete, von ihrem Gat ten unterstiitzte Frau? Wie das Zusammenleben von Mann und Frau in der Häuslichteit, im Kleinen, so sollten wir trachten, den gleichen Geist auch in die Allgemein heit zu bringen. Mann und Frau sich gegenseitig fördernd, zusammen arbeitend an den großen Aufgaben des innern nnd äußern Menschenwrhs les. Darum wollen wir Frauen an un sere großen, schönen Ziele fortwäh rend denken und arbeiten — arbeiten —- unermiidlich, bis wir durchdrin gen zum allgemeinen Verständnis. Wir wollen Gliict schatfen und gliicks lich sein. Echte tiichtige Frauen, wohltuend und dienend. — Altktu ; mein Fritzchen hat Halsschmerzen und der Doktor muß tommen und Fritzchen in den Hals sehen. Fritzchen weint zwar sehr, aber es hilft doch nichts, er muß still halten. Das geht so einige Tage satt, und Fritzchen gewöhnt sich daran. »Na, siehst Du, tleinet Mann, jetzt geht es schon ganz gut«, sagt eines Tages der Doktor zu Fritzchen ,,Ja«, erwidert dieser, Jetzt hast Du es aber auch schon gelernt, Onkel Dottort« — Was ihm fehlt. Wirtin: ,,Bedaure, der Herr Dangl ist ntcht zu sprechen; er liegt icn Bett und tann net ausstehn7" Besuchen »Ja, was net gar! Was fehlt ihm denn?« Wtrttm »Sein spede Dös is tn der Wascht«