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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (Jan. 4, 1917)
Sonntag-blast de Staats Anzetger und Mel-old ,ebN ,tmD cktsp j lDaø Gigg—Moid-le und ihr thmzl Von Oslda Povinelli. Mit Bildern von Curt Lieblich. Der Fkantzl muß fort in den Krieg! Das nlte Gigg-Moidele steht am hetv und kocht in der schwatztußii gen Pfanne das letzte Früh-aus für den Buben. Die Tränen rinnen der Alten über die lederbknunen Wangen Das mic Ging-Mitwelt sieht am Herd-und kocht -— —- — und tugelu iibek die scharsgeprägte Nase eine nach der andern in den schönen weißen Weiztnehlbrei hinein, der ganz gespickt ist rnit sibebem sieht man aber näher zu, so sinds lauter Fliegen, die ihre Genäschigteit mit dem Tode bezahlen mußten. Das gute Weiblein mertt sie heute gar nicht, sonst hörte es die »Ludcrviecher« na ·türlich schon längst herausgriff-tm Vor seinen tränenverdunlelten Augen schwimmt alles ineinander-, die Mus psanne, die darunter bertohlenden Scheite, das trübe, sliegenbesurrte Fensterlein über dem ruhigen herve. Und dann ist’s auch stets halbvunlel in der verschwörztem niedern Küche, besonders jevt um süns in der Früh. Plötzlich beugt sich das Mütterchen Dante fchnubpeenv über da- leise. unter der bereits dickhiiutigen Ober fläche gluetsende Mus. Gottlob, es ist nicht angebrannt! Das hätte noch gesehlt, wenn sie dem Buben zurn Abschied ein »schnieckerts« Mus- vorsetzen müßte. Sie hebt die Pfanne von den aus tnisternd zusammensnllenden Herd briinden und trägt sie aus den Tisch in die niorgensonnige Stube hinüber. Die alte Pendeluhr neben der Tür tiinvet rnit astbmatischer Stimme ein Viertel nach fünf. Der Bub bleibt aber lang aus! Das Gigg-Moidele tvifcht sich mit dem Schürzenzipfel die Augen trocken und späht zu einem der winzigen Stubenfenfterchen nach dem Buben hinaus-. Er ist zum Nochbarbof hin übetgesiiegen, den ießten Abschied nehmen. Jst doch fein herzliebes Scheint dort. So ein «Pfiiat Gott« zieht sich in die Länge. Wie die Bäuerin so hinnusschaut, muß sie denken, wie ihr wohl zumute fein wird, ioenn sie alle Tage so noch dem Franzc Ausschnu holten wird und er kommt und kommt halt nit — vielleicht überhaupt nimmer.-Und in ihrer herzensangit hebt sie die dürren tnoehigen Arbeitshände gefaltet zu dem Bilde der schmetzhaften Jung frau mit dem toten Sohn auf dem Schoße unb den sieben fpiyen Schwer ten im zuckenden Muttetherzen empor, »Unsere liebe Frau von die sieben Schmerzen, i bitt di gar schön, tu deinen blauen Schutzmantel ausbrei ten uin mein einzigs Kind, auf daß ihni die seindlichcn Kugeln nix anha ben können. Nit wahr, tust mich er hören, lveißl·s ja selber, was Mut terangst ist.« « Da tönen draußen im Flur schnelle Schritte Die Stubentür öffnet sich und ein kräftiger bildsauberer Bursch von etwa achtundzwonzig Jahren tritt ein« Zärtlich blicken die großen blauen Augen in dein offenen braunen Gesicht mit dem blonden Schnurrdiirtchen der alten Mutter entgegen. »So, Muatterl, da wär i wieder. Hast leicht gar schon Angst g’habt, i tat dir ohne Fruhstuct durchbrenneni Ah na, so schlentt’s nii doch nit, ivann inir auch d’ Faust bereits int ten, als ob morgen Kirchtog war. Na. viel anbersler wirb’o eh nit sein. Grad nur, daß zu der serbischen Rau ferei d’- Kugeln d’ Muse machen.« »Wann nur dich loane trifft,«« bei inerlte die Alte ängstlich. Der Franzl aber lachte sorglos knit feinen blendend weißen Zähnen. »Muatterle, du brauchst tein Angst haben. Vor die serbischen Kugeln hub’ i nit viel Rest-eit, aber wo n meinige hintrisst. tut a Serb lelii Muitser mehr, so maubgogeltot purzelt er hin.« s Die Mutter deguckie den Buben! prüfend von der Seite. »Ist dir der Abschied von der Li fei recht schwer worden, armer Bub « erkundigte sie sich unvermittelt. »Hat’s» Dirndl arg frische-ji« Jn dem hübschen männlichen Ge sicht des Burschen zuckie es, aber nur einen Augenblick. »Mit arg. Grad nur ein paar lloas ne Zacherlen fein ihr abig'ronnen. Jst ein tapfer-g Dirndl, mei Lifei. grad stolz bin i auf mein Bräutelr. Am liebsten wand gleich tnii mir sangen Schier G’wnli hab' i anwenden müs sen, um sie z’kuizuhalten. Ah, war nit schlecht, hab' i ihr g’sagi, wann du mitgangst, Lisei. nacher tät der Konser Tit-iß den Krieg verlier’n, denn da taten unsre Schützen grad alleweil nur auf dich schaun, statt auf die schiachen Serben, und schlecht zielen.« Wenn der Franzl auch noch so sorg los tut, der Mutterblirl sieht tiefer und dem Gigg-Maidele fchniirt sich das Herz zusammen. Wie er sich zu sammennehmen tut, der brave Franzh um seiner Mutter das Herz nicht noch schwerer zu machen. Das ganze,Wei genmus ifzt er aus« samt allen Flie gen, der gute Bub, um ihr eine Freu de zu machen. Zuletzt schleckt er noch den Löffel blitzfauber und klopft sich behaglich den Magen. »Dös hat aber g’fchmeclt, so ein Weizmus ist halt was Guts und so zum Kachen wie mein Muatterl ver steht's teine im ganzen Land. An dein guts Mus werd' i denken im Ser benland drunten.« »Mei, wenn d' mir dort nur nit vor lauter Schlechtesfen und hungerleiden ganz vom Fleisch abfallft,«« klagt die Alte. »Aber Muatterle, was fällt dir denn ein! Unser guter Kaufer werd feine Soldaten hungern lassen! Ganz anders. herrenlost alle Tag! Fleisch. Kaffee, Rotwein und a Packl Tabat triagen wir a, damit uns ja nix ab gehen sall! Grad verwöhnen tut er uni, der Kaufer." »Der guaie Mo,« sagt das Weib lein ehrfurchtig gerührt. »Das werd ·thxn aber ier gar einen tollen hau sen Geld to en, für so viel Soldaten leut sa herrenmciszig auslachen« Nun nimmt der Franzl fein Kas ferchen in die hand, er ist abmarschi fertig. Die Mutter gibt ihm das Geleite. Der Augenblick des Abschieds ist gekommen. Leise schluchzcnd segnet »das Mutterle ihren Buben, ganz un smenfchlich nimmt es sich zufammen,: dem Franzl zutielz dem darf das Ge ’müt nicht zu beschwert werden «Pfiiat di Gott, Buo, und tu mir nur brav auf’n Feind losbaum dem« Hiaiser zur Ehr’ und unserm lieben Oefterreich zur Wehr. J werd’ der Iweil fchon fleißig beten.« « f Wie nun das Gigg-Moidele allein» Hin den nunmehr einsamen Bergtzofi zzuriicktrippelt, schüttelt es, über sich« Efelbft erftaunt, den Kopf. s T «Schier gar wundert’s mi, wie i; "mi decht fo bab’ z’ructhalten tönnen’ und ift doch mein Herzleid größer gess wesen als wie der babntonische Turm.« « Der Sohn wurde mit seinem Regiss ment ins ferne Russenland geschickt,! da mittlerweile auch die Rassen rauf lustig geworden waren. Sein Mut terle ftieg Tag fiir Tag mit Gebetbuch und Rosentranz ins Kirchdorf hinab. Erst wohnte es der Frühmesse bei, um für den Franzl zu beten, dann ging es zur Post, urn Nachfrage zu halten, ob denn noch alleweil tein Brief von ihrem Buben angekommen sei. Am liebften wäre die Atte, gleich wie sie Ivom Berg deruntertanc, schnur ftracki zur Post gelaufen, aber die wurde leider immer erst nach der Messe geöffnet. Lange·"Zeit wollte gar nichts to men. Das Mutterle ver brachte s laflose Nächte und sein Augenlicht wurde vor lauter Weinen immer schlechter-, so daß ihm beim Le fen des Gebetbuches die großen Let tern ganz damisch durcheinanderzus tanzen begannen und es gezwungen war, frei aus dein Stegreif feines ge ängstigten herzens heraus zu beten Und dazwischen tat es einen brunnens tiefen Seufzer nach dem andern: »O mei, werden ihn dechi. nit ep pek d’ Rassen gar schon derschossen haben, mein Buaben? Gell, unser lie be Frau, bös laßt d’ decht nit zu! Schau, i tu di ja beileib nil angehn, daß du die Kugeln ganz und gar ab wehren sollst von ihm und dafür ei ner andern Mutter ihrem Kind zu wenden, so schlecht bin i nir. Aber grad nur z’tucllemmen laß Ihn mit und wann ihm auch ein haer seh len tat oder ein Arm . enigek mit heimbtinget, so tat i wohl grausig röhren, aber i saget halt, in Goltss nam sür Konsee und Vaterland und ;tat wettet nit viel klagen. —- Aber grad nur lemnlen soll et mit.« Eines Tages reichte ihr der Post melstet endlich die heißetsehnle Feld posttakte. Sie kannte vor Aufregung keinen Buchstaben entziffern und der Franzl hatte doch vorsorglich so groß geschrieben, daß die drei, vier Zeilen das ganze Blättchen cinnahmen. Der Posttneisiet hatte Mitleid mit dem GiggsMoidele und las ihm die Karte vor. Der Franzl teilte mit, daß er gottlob heil und gesund sei. Er sei bei der großen, tuhmreichen Schlacht in Krasnit dabei gewesen. Ost dente et an sein liebes Mütterchen daheim. Die Alte war glückselig. Jmmer nnd immer wieder nahm sie aus dem heimwege die Karte ans dem Gebet buch heraus und betrachtete voll Rüh rung die ungesiigen, llobigen Schrift ziige ihres tapferm Buben. »Gut geht’s eahin. Und a große Schlacht hat er gewinnen helfen. Brav, dravl« Daheim trat das Gigg- Moidele vor das Kaiserbild in der Stube. »Mein liaber. gunter Konser, jeßet haben dir-deine Soldaten a große Russenschlacht g'n)onnen und mei Bua hat dazu initg’holsen. Na, i kann gar nit sagen, tvie i dir dö Freud ver gunnen tu, mein liaber, armer Lan desvatert hast so nit viel Gut’s g’habt in dei’1n langen Leben. ’s hat dir ja so viel schiach mitg’spielt und sich nit g’scheut vor deiner goldenen Kron und dei’m roaten Konsermani tel. Dein’ VuaberL den Rudolsl, hast; verlieren müssen, deine herzliabe Eli-! sabeth haben’s dir derstochen nnd je tzet haben dir auch d’ serbischen Mör .derleut dein’ Nachfolger samt Elf ;weid hinterrucks z’sammeng'schossen. Und als ob das all’s noch nit g’nug Load und Jammer siir dein arin’s Konserherz g’wesen war, mußt aus deine alten Täg noch um vein' Kon serthron und dein Reich spielen, und sein doch deine Haar weiß wie d« Obstbäum im Maien und hocken dir über sechz’g Jahr hosirte Regierungs aorveit auf deim milden Rucken.« « Ein paar Wochen draus hielt diei Alte ihres Franle Totenschein in der-s Hand. Er war in einer Schlacht bei Lernberg gefallen. An Schmerz stirbt man nicht fo’ bald, das hat der Herrgott schon w seingerichtet, fonft tät ihm nach eine-e tkrieg die Welt ausfterbem Dem Franzl fein Mutterl ist vor Schmerz auch nicht zugrunde gegangen, und es; wären doch für das arme Gigg-Moi-j dele nur eine Wobtat gewesen, wenn es fo eines Abends das tummermüde Haupt zum Schlummer aufs Bett tissen hätte legen tönnen, mit dem Gedanken, am andern Morgen nicht mehr aufmachen zu müssen. Freilich, der Franzl war als hellt für Koafer und Vaterland gestorben —- aber nun war die Alte ganz allein auf der Welt, teinem Menschen zu Nutz over zur Freud' und keiner war da, der um ihr Leben oder Sterben nachge fragtpätte Aber wie gesagt, das Gigg-Moidcle blieb leben Zu Allerheiligen pilgerie es, wie’ö der Brauch ist, nach dem Dorstirchhos hinunter. Es war ein woltiger Spätherbst tag. Von den marmorn siarrender Fel senzinnen des Gebirgsstvckeö strich ein eisialter Wind hernieder und wehte den schwarzen Kittel der Alten wie eine Trauersahne um ihre stangens dürren Glieder, wie sie so todtraurig an dem mit Wachslichtern geschmück ten Grab ihres verstorbenen Mannes stand nnd dabei des toten Kindes gedachte· »Wann i nur wenigstens sein Grab da hätt', aus daß i ihm decht an die Totentäg was Liab's erweisen tunnt,« dachte sie tummervoll. «Und wieviel Miitter wirw heut attrat so ums herz sein, wie mir! Mei, wann unser herrgott all die Sachen die jehet d’ Mütter um ihre Buaben wei nen, von seine Engeln einsammeln ließet und g’srören tat und nachher ein Berg aus alle dö tloan Steinderln ausbaun tat, i mein, dös gabet ein ganzes G’birg ab, dös tat mit sei-m höchsten Gups bis an d’ oberste Him melsdecken ausreichen. Da kunnten nachher d’ Mütter alle gradaus bis in die höchste Seligkeit ausertraxeln. Jawohl, wann’ö wahr ist, wie der ttooprater mal sagt, so viel Erden load, so viel himmelssreud, nacher müssen wir Mütter halt ja z’höchst in himmel ausertemmen.« Als das arme Weiblein wieder der Kirchhofspforte zuhumpelte, fiel fein Blick auf einen frisch aufgeworfenen Erdhiigel drüben an der Friedhofs mauer. Dort lag der ortsfremde Krie dersmann begraben, der mit anderen Verwundeten in das große Dorffpital hergefchickt worden und vor einigen Tagen verschieden war. Die Alte blieb vor dem stillen Grab fiehen und blickte sinnend darauf nie der. Ob der tote Soldat hier wohl auch irgendwo eine Mutter hatte, die sich um fetnetwlllen die Seele aus dem - Leiv yama-r Der wird-s wohl auchl hart sein, daß sie nicht wenigstens ihrem Buben das Grad schmücken kann, dachte sie. Jbr fiel ein, daß sie noch ein paar Kerzlein in der Schachtel übrig hatte, die holte sie nun hervor, steckte sie in die noch weiche Erde und zündete sie an. Sie blieb dann davor knien, bis die Lichtchen, eins nach dem andern, verlöschten. Arn nächsten Tage, Allerseelen, kam sie wieder mit einem schönen Kranz aus Reisig, mit brennroten Ebereschen büscheln zwischen dem ernsten Nabel grün, den legte sie auf das Grab des fremden Soldaten nieder. »Mein lieber Bun, schau obi vom himmel,« betete sie, »das Kranzl da» ist dir vermeint· Und i Ioerd’ das« Grab da allweil grad so hegen und pflegen, als obs du da drunten lie gen tat’st, dir gilt’s, mein lieber Franzl.« Da fuhr es ihr durch den Sinn, ob sie mit ihrem Vorhaben dem armen Toten unter dem Hügel am Ende nicht ein Unrecht antue. »Na, na, du braver Soldat da drunt, sollst drum nit z’turz lemmen. Wiss Frubjahr wird, pflanz i nackter zwei faubere Gartenbeetln daher aufs Grab, Monatsriisleim Herzenstrost und brennende Lieb. Davon g’hört ’s eine Beetl dem Franzl und ’s andere g’bört dein. Gell, a so seid's ös z’frie den, allwoan Von der hohen Fichte, die außen an der Friedhofömauer aufragte, fiel ein brauner Zapfen herunter, gerade mitten auf den Grabhügel. Dem Gigg-Moidele schoß vor heißer Erre gung alles Blut zu Herzen. »Er hat mich richtig g’hört, der Frau-Il, vermahnt hat er sich,« flüster Sie blieb ann am Grabe knieen, bis die Manchem ein-z nach dein andern, ver löschten. . . te es bebend, und eine Genugtuung, die fast einem matten Glücksgefiihl glich, regte sich in seiner Brust. Als die Alte dann in der Dämme rung den Gottesacker verließ, spielte zum ersten Male wieder ein Lächeln um ihre verhärmten, eingefallenen Züge. Wie Fritz Reuter dichtem Aus einer heiterm Gesellschaft in Friedland in Mectlenhurg hat man einmal die Frage an Reuter gerichtet, wie er es machte, wenn er dichtete. Er antwortete darauf mit folgenden Ver sen, die ein allgemeines Betanntwers den verdienen «Wie ich dichte, willst du wissen; Zwar nicht gerne geb« ich’s kund, Doch du sprichst mir zum Gewissen So vernimm den wahren Grund: - Erstens nehm’ ich einen Bogen Ganz gewöhnliches Papier sEinen Pfennig nur der Bogen) Und den Bleistift spitz’ ich mir. Und so wandern nun wir dreie (Mimlich ich, Papier und Stift) Wohlgemut hinaus ins Freie, Wie der Weg sich gerade trifft. Langsam geh« ich hin und wieder. Sinne dies und denke das, Setze mich zuletzt wohl nieder Jn das weiche Wiesengras. gorchi Da hör’ ich lustig plaudern. urtig, was die Stimme spricht, Schreib' ich nieder ohne Zaudern — Und so mach’ ich ein Gedicht!« Die schlaue Minna. »Aber Minna weshalb hast du die Melone nicht in den Eisfchrant ge legt?« »Ich habe es ja getan, gnädige Franck« »Sie ist aber doch gar nicht MU« »Ich mußte eben das Eis heraus nehmen, um die Melone hineinziehe kommen!« Ftflkm Stizzc von Lcnelotte Winseld. I Die Türen der beiden Ballons spanden offen. Man konnte vom Gang her grünes Blättergeranl sehen. Auf dem rechten Altan blühten Blumen, Astern in verschwenderischer Fülle. Sie nickten mit runden, bun ten Köpfen über den Arbeitstisch des Hausherrn hin, neigten sich über die tissenbelegten Sessellehnen, und der Ellenbogen des Arbeitenden streifte beim raschen Blattwenden die festen, schlanlen Stiele. Jetzt hatte er unversehens eine volle, rote Blume gelöpft. Und beim Aufstehen zertrnt sein Fuß die zum Stern vereinigten, unzähligen Blü tenblättchen am Boden. Er hob die vorher nicht Benchtete auf. Jin Türrahmen stehend, zeigiei ihm der große Spiegel im Mittelzim mer den linlen Ball-In mit dem Ar beitsplatz seiner Frau. Ueppigess Blattwerk am Volzgittey doch nichts eine Blüte, die furbenfroh das strenges Grün belebte. ( Daß ihm das früher nie ausgefallen war! Jhm pflanzte sie ein Asternbeetl auf den herbstlichen Bnlton, sie selbst! ging leer aus. ; Asiern waren seine Liebling-sola men. Ketnig und rund, immer frisch und leuchtend in der Farbe, oyne jeor bizarre Form, dauerhaft und wohl ardaut, schienen sie ihm das- Abbild lutetter, friedlich harmonischer Haus baclenheit. Keine Rede von schmach tender Leidenschcsh von schmollender Empfindlichleitl Herrn Gröoens Blicke wanderten lPoet den spiegelblanlen Fußboden, die ebenso hell dlitzenden, alten Ma hagonimöbel durch die ossene Erler siubentiir den Gang hinauf. Auch die Küchentür stand offen und man konnte Frau Gtöden am weißen Tisch hantieren seyen. Um ihren Kopf ischlang der Sonnenschein, welcher in breiter Bahn die saubere Küche durch gluiety goldene Lichtbänder, und die onden Nackenliiclchen spielten rnit« diesen slirrenden Bändern. s Herr Gröden mußte plötzlich daran deuten daß es eile Zeit gab, da er mit den blonden «o·ckchen seiner Braut xgespielt und ihr Blumen in die wei chen Flechten gesteck! hatte. War es inichl ein Aslerntranz, den sie beim Schäferspiel auf dem Jahnnarltssesl trug? Ueber so altmodische Spiele und Blumen riimpzte man heute die Nase Auch seine Frau liebte wohl Blumen nicht mehr. Sonst hätte sie wohl doch nicht bloß seinen Balton allein ge schmückt. ’ Herr Gröden Jeobachtete —- immer die sei-drückte Astern in der Hand — tas Tun seiner Frau. Die Ruhe ih rer Bewegungen, die ihn immer em ziiclt, die weichen Formen ihrer Ge stalt waren unverändert geblieben. Vom Morgen bis zum Abend wurde ihm alles Störende aus dem Wege geräumt. Er sand eine immer blitzblante Wohnung, ohne doch von dem Reinnmchen etwas zu merten. Er hoßte die »Mord«geräte, mit de nen man dem Staub zu Leibe ging. Seine Frau wußte es. Wenn ei gentlich putzte sie alles so glänzend sauber? — Wie «geölt« lies die Wirtschaftsmasehinr. Herr Gröden spürte nichts vom Nattern und Knur ren. Sein lleiner Altan, der wie ein Schwalbennest am Erler klebte, war umweht von tiefem Frieden. Dran ten wölbten sich mächtige Baumkro nen, die den Blick aus das Annal .iasser verdeckten. Der Balton schwamm gleichsam im Grün. Gas sende Blicke konnten ihn nicht errei chen. Anders war es um den linken Al tan bestellt, den seine Frau von ihrer Stube aus zum Arbeitsplatz er wählt. Dort gab eS zur linken Nach barn, und eine grüne Schutzwand n.ußte errichtet werden. » So saßen die beiden nun tagaus, tagein; ein jeder aus seinem Ballon. Der breite Erler der Mittelstube trennte sie. Es fiel Herrn Gröden nicht ein, seine Frau zu besuchen. Sein Bal ton war ja viel schöner-. Und sie ’lam wohl nicht, weil sie ihn nicht zu sstbren wagte. i Nur in seiner Abwesenheit machte sie den Ballon behaglich, pflanzte IBlumen um das Geländer, legte zier »lich gestielte, reine Decken auf die iTischchem versah die beiden Sessel mit zweichen Kissen. Zum ersten Male kam Herrn Grö sden etwas wie Rührung an, als er !an das alles dachte. i Er betrachtete das gesenlte Profil sseiner Frau, welche-? die Helle vom Küchenfenster her klar herausmeißelta Welch ein müder, hoffnungsloser Zug um Augen und Mund! Wieviel Schmerz aus der schönen Stirn! Freilich —- — der Junge, ihr ein ziger! —- — Seit der erste Kriegsno vember ihn mit dem Schiff hinweg Ferafsh hatte Grödens ohnehin chwergsame Frau fast gar nicht mehr gesprochen. Das störte den Mann nicht. Er wurde selbst am besten in der Stille mit seinem Schmerz fertig. Trost —? GaW ja gar nicht! »Beiß die Zähne zusammen und leide —!« lau tete sein Wahlsptuch. Mit Jammern wäre also seine Frau bei ihm schön angekommen! Jhre ost geröteten Augenlider stör ten ihn auch nicht« Heimliches Weinen ist eine recht gesunde Betätigung. Nachher scheint die Sonne noch ein mal so hell. Aber die zerireiene Aster mahnte Herrn Gröden er wußte selbst nicht, an was. Jrgendwoher tam eine Stimme mit lautem Borwurs: »Mu men der Liebe, des Behagens, hat sie dir allezeit still unter die Füße ge streui. Du konntest nichts, als sie achtlos zertreten!'« Herr Gröden durchquerte plöslich raschen Schrittes die blant gebohnerte Arbeitsftube, ging über den großen Teppich im Mittelzimmer und stand auf einmal vor seiner Frau in der Küche. Sie wandte sich erschreckt um. Jhre tragenden Augen brachten ihn in Ber legenheit, und einen Moment dachte er daran, sich wortlos zu entfernen. Doch die After in seiner Hand übte irgendwie Zwang zum Reden auf ihn aus. Er zeigte sie feiner Frau. »Habe ich zertreten —«' — Die Frau wurde fast so rot wie die Sternblume. »Ich dachte, du hättest sie gern, noch don früher her —?« »Halte ich auch —!« —- Herrn Grö den löste eine immer hurtiger in ihm hochsteigende Wärme die stumme Starrheit, die ihm zur Gewohheit ge worden. »Du weißt doch noch, Marierhen, daß wir uns immer Astern schenkten, um Geburtstag und fo. Vor deinem thernhaus gediehen « sie besonders prächtig. Die schrien ordentlich in ihrer ttnallbuniheit, wenn ich tam·« Er lachte. Frau Gröden sah entgeiftert zu ihm auf. »Mariechen« hatte er sie genannt! Wie lange, lange hörte sie den Vornamen nicht! —- Und gelacht hatte er! — ,,Freilich, die Aftern zu Haus wa ren Niesendinger', meinte sie und schaute dabei ganz derllärt drein »Ordentlich jung", stellte Gröden heimlich fest. Er nahm seiner Frau das Man gelholz, mit dem sie aus dem wei ßen Brett Nudeln aus-rollte. aus der Hand. »Weißt du was, Mariechen? Run, setzen wir uns mal ein bischen aus den Ballon und plnuschen von ver gangenen Zeiten. Die Astern haben mir manches in Erinnerung aebrncht«. Er zog sie mit sich aus dns ileine bunte Schwalbennesr, drückte sie in einen Sessel und rückte den anderen dicht nn sie heran. »Hier ist dein Platz nun immer. Sollst sehen, mit meiner Arbeit geht’5 noch mal so »mit, wenn du da bist.« »Und unser Junge —« —- er täu sperte sich — ,,wird’s von oben herab gewiß lieber sehen: seine Eltern siyen zusammen, als den lieben, langen ITag getrennt nuf zwei Balkons«. Tränen glänzten in den Augen der Frau. Gröden nahm ihre beiden, iverarbeiteten Hände innig in die sei ;nen. —- Der höfliche Ehegatir. tauc- einem Ehescheidungsptozeß). Richter (zum Ehemann): »Unier an ldetem beklagt sich Jhre Frau, daß Sie Ihrei Jahre lang kein Wort mit ihr ge ssprochen haben. Jst solches wahr?« s Ehemanm »Ich will’s nicht leug nen.« Richter: »Aus welchem Grunde ta ten Sie das-W Ehemanm »Aus Höflichkeit Jch wollte sie nicht — unterbrechen.« —- Ein Menschentennet. Sohn: »Vater, ich möchte Flieget werden.« Löwensteim »Wie heißt Flieget-? Wenn de hoch kommen willst, mußte werden Kriecher."" —- Jasot »Das Mittaggschläs chen ist mir das Liebste am ganzen Teig«. »Ich denke, Sie schlafen nicht nach Tisch?« »Ich nicht, aber meine Frau«. —-— Die mich's Herr Lehmann zu seiner Frau: »Du, Olleken, wat is det bloß mit uns’re Lampe? Jck jloobe, die hat heut« ihren Ausseh iag.«