Sonntag-blast de Staats Anzetger und Wer-old Neb ,Dvu M W« Slizze von Dora Baudert Man sprach von Messina. Das heißt, nur ein einziger sprach. Und das war der sonst schweigsome Stu dent. mit dem sizilianischen Kot-se Er war plöslich der Mittelpuer einer großen Gesellschaft geworden »Wer ist der Sprecher?" hörte man fragen, und man erhielt zur Ant wort: »Es ist Mario, der Philoso phe...« Er hatte eine angenehme, fast singende Stimme: man hörte sie gerne, nnd der Vortrag war flie ßend. Erst spät löste sich der Kreis. Man sah weiße Kleider durch dir Bäutne schimmern. Der Sprecher stand allein. Da tat ein allbekann tes Mädchen in srensdliindischer Be tonung eine Frage an den Stu denten. Es war, alsI ob er erst setzt auc- seinetn Sinnen aufwachte Er sulsr sich mit der Hand über die Stirne und machte em lsilsloses Gesicht sn diesem Augenblick kam die Herrin des Hauses nnd bat die Gäste in das Ulluiitziunner Es er gab sich, dass die Unbekannte mit dem jungen Manne als die letzte den Pakt durchschritt. Beide schwie gen. Und dasti Schnusigen hatte nicht-J Bekleiniisende-:» wie est- sonst der Fall sein mag zwischen zwei ganz fremden :ll·’ensclseu. Nur das lsilsloss Staunen mich nicht von dem Gesichte des Studenten Vor der Treppe, die zur Terrasse führte, sag te er: »Wir werden gute Musik hö ren, Giuseppe Barlsleri ist hier-" Jni Musikzinnner war lein Platz mehr frei. Aber aus der Terrasse standen noch Korbstiihle lind wie sich die Fremde setzte, nannte sie ih ren Namen. Der Student wieder hclte ihn sast unbewußt und andach tig: ,.Elisabeth«. Der Künstler- ein Tendrs«·"ått3 Sardinien, hatte zn singen begon nen. Eines jener Lieder-, die man in Neapel aus den Gassen hört und die Lachen nnd Tränen auslösen Der junge Philoiouhe dachte salaens dess: »Nun sitzt diese seine, helle Elisaheth hier unter siidlichent Hint tnel nnd hört die Seele dieses Lan des sprechen, und ich habe das na. nienlose Glück, bei ihr sein zu diiri tru. Wie wunderbar ist das Le ben« Wiederum lam die Herrin und legte dem Mädchen ein Tuch um die Schultern. Und der Student träumte weiter: »Wie weich ist die Stimme, mit der sie sich bedankte Jch möchte ihr jede Minute etwas gehen, um sie sprechen zu hören Jnnner mehr, immer mehr, bis sie lachen würd-. Wie köstlich muß ihr Lachen sein. Ich aiibe meine Weiz heit siir ein Lächeln von ihrem Munde. So also sehen nordische Frauen ans, jo kühl, so herb, —-so tmsagbar schön. I llnd in seinem heiligen Staunen hörte er nicht, daß der Tenor seine Lieder beendet. Aber er sah, daß eine Träne über des Mädchens Wange floß. Langsam glitt iic herunter, und Elilabeth ließ es ge schehen. Da war eg dem Jüngling als schaute er in die Tiefe eines-« Seeis, und er entdeckte ungeahnte; Schätze llnd alles war so überwal-» tigend, so uuiaßbar, daß er die Ans; nen schloß, unt den Sturm in sei-! nein Innern austoben zu lassen. Alsl er wieder attiichaute, fah er Elilasi beth von einein Kreis von Men-! schen umgeben, die auf sie einredesi ten. Sie stand mitten unter ihneni wie eine Königin. ! . . I Eis war einige Tage später-. Als’ der Student mit seinem Buch durch den Garten schritt, hörte er Stint Inen hinter sich. lind wiederum kam .« es- ioie Betäubung über ihn. Es tvar ex die Stimme, jene Stimme- die ihn nicht mehr verlassen, leit er Eliias lseth gesehen. —- Er lehnte sich an die Mauer nnd wartete. .Wie eine Beatrice ichreitet iie," dachte er. ,.Eine nordische Beatrice. Dante müßte lie so gescheit haben. Aber nein, da blieben die nnveraeßlichen Worte über ieine Geliebte unge lchtxtiebety denn wer Eliiabeth er bli t — ——'« Sie war nun ganz nahe. Jhr zur Seite schritt Frau Manni, die Galtgebertn Die Frau und das Mädchen hatten die Arme voll Blu men- Bianca riei lachend einige Worte itn Vorbeigehen Slilabetb größte ruhig- aber in ihren Augen lag ein freundliches Erkennen nnd um den Mund zuckte es wie Lachen, tiik daö der nnerth Philoios dhe sogleich eine Erklärung fand: Da steht et nun, und fchaut mir nach, der sonderbare Mensch, der einen Abend lang neben mir fas ohne zu sprechen. Und er entgeg nete ihr in Gedanken: Wie könnte ich es wagen, zu dir su reden, ich bete dich an, ich schaue zu dir auf, wie zu den Göttersrauem die durch die Biifche schauen, in marmorner Ruhe. Jch möchte den Saum dei nes weiszen Kleides an meine Lip pen driickeu — —- — Sie waren beide verschwunden »auf dem weißen, sonnenbefchieuenen iWege lag eine Blüte. Sie mochte einer der Frauen entfallen sein. Ter einstige Jesuitenzögliug hob sie auf und liiszte sie — s Noch immer war die Fremde der Itfiast der anmutigen Frau Binnen. JE-: war Hochfommen nud die Ilnis Versität geschlossen. Der Student ;triel) fich ruhelos in den Gärten »l)erniu und dachte an Elifabeth. Aus seiner frommen Mariaverehrung war eine leidenschaftliche Aubetung fiir dieses hohe, dlonde Mädchen gen-orden. Als sie ihn gestern um eine granuuatilalifche Aufklärung gebeten, waren fi«e in das Erzählen nennen Sie interessierte sich auf ihre llune Art fiir den Studien nang des Sizilianers und zog Ver qleiche »Ich liebe Jhr Land«, sag te fie, ,,eg ist alles so mühelos und natiirlich schön, und ich vergesse, daß nur zu Haufe schwerfällig vor je dem Ereignis stehen. Der Ernst ist ung- in die Wiege gelegt, wir werden groß mit ihm, wir fehen durch ihn das Leben, tvir denken Init ilnu nnd richten unser Tun nach ihm. - Und da vergaß Miakto scittc scheue Hilslosigleit ihr gegenüber und er zählte nnausgesordert: Mein Ba ter starb, als ich zu klein war, um Schmerz darüber zu empfinden Die Mutter sah ich nie ohne ein frohes-Lachen Sie war sehr schön nnd von großer Zärtlichkeit Eines. ist mir unvergeßtiche Als ich eines Nachts ausmacht-, kniete meine Mut ter bor meinem Bette und betete. Ich ries sie beim Namen. Da riß sie mich in ihre Arme nnd tiißte mich. Und weinte so heftig, daß mein Gesicht ganz naß wurde. Da mals habe ich sie zum letztenmale gesehen Meine schöne, lachcnde Mutter hatte mich aus Liebe für einen fremden Mann verlassen. Und ich hatte sie doch aus Kinderart so sehr lieb gehabt. Immer habe ich mich nach ihr gesehnt nnd um mei Ite sreudlose Jugend gelitten. Mit den Jahren ist viel Bitterkeit in mein Herz gedrungen. Ein Groll gegen die Fran, die mich um meine nindheit betrogen Später wurde ich Klosterschüler Jn jener Zeit habe ich vergessen ge lernt, daß außer unserer strengen Zucht noch etwas existiere, das schön und wahrhaft gut sein könnte. Jch habe diesen drückenan Glauben oder llnglonben in meine Universitätszeit heriiberaenommen Bis Sie kamen, Elisabeth . . und diesmal erschrak er nicht, sondern schaute ihr ruhig ins Gesicht. Jhre Blicke beaegneten sich seliindenlang· Und ein jedes schaute wie durch einen Vorhang des anderen Tiefe. Sie lasen zufammen. Das heißt, der Student las und Elisabeth hör te zu. Oder dann schwiegen sie miteinander. lind dieses Schweigen war das Köstlichste, war wie eine Offenbarung Er ging feines Weges, den Kopf gesenkt, wie es feine Art war. Auf seinen scharfen Zügen lag ein ver-« tröunites Leuchten-. Die eiäijxame Straße wählte er, die zum eere führte. Ging sie ganz felbftvergefs sen· Der Himmel war von einem fast harten Blau. Maria empfand es beinahe ais körperliche-s Unbeha gen. Ihm hätten die erlöschenden Farben eines Frühlingstages besser getan. Er dachte nach über das Wesen jenes blonden Volkes, von dem ihm Elisabeth gesprochen. »Es ist von fchener Art, wenn es zu lie ben beginnt," hatte sie ihm gesagt. Es zieht fich hinter eine Mauer von Trotz und Herbigseit zurück. Am liebsten möchte es vor feinen eige nen Gefühlen fliehen. Fliehen, unt sie heraus zu holen, wenn es mit sich allein ist. Lieder auf einer LiisL ge ertappt werden, als auf fenti-« nientaleu Anwandlungen. : Tags daraus hatte er zu Qual-as gesprochen: »Ich habe itschgedachts iider das, was Sie niie über diei Ewpsindungsweife ihres Volkes sagten. Es ist eigentümlich und ich kann nicht alles verstehen. Warum seid Ihr zu stolz. um ehrlich zu sein? Wir sind ganz anders. geben und wir dürfen geben ir lachen, und dürfen lachen Singen und werden zum Singen aufgefor dert. Und wenn das Lied nicht genügt, so greist man zur Munde-I line, nnd wenn der Tag zu kurz ist, spielt man in die Nacht hinein Es ist ein restloses Auskostem und dies macht unser Volk heiter und schön.« Wie er Elisabeth anschante, verstummte er. Und er dachte still an jene Menschen, die verschwiegen lieben können. Er hatte ihr ein Buch gebracht, um das sie ihn gebeten. Sie hatte ihm dankend die Hand gereicht. Er aber zog in überschwellenden Emp sinden ihre schlanken Finger an die Lippen. Und dann sagte er leise und ehrfurchtsvoll: Madgnnm Frau Bianca war mit ihren Kin dern beschäftigt. Elisabeth trat mit Maria in den Garten. Und mit seltsam verlorener Stimme sagte sie: »Es nimmt alles ein Ende, in zwei Tagen reise ich.« Was sich der Student nicht auszudeuten wagte, wurde ausgesprochen von dieser lie ben, weichen Stimme. Da tani ein nanienloser Jammer iiber ihn . .. Er weinte. Es war ein lautloses Weinen. Das Mädchen war blaß geworden. Mit einer sast mütter lichen Bewegung strich sie ihm das Haar aus der eigensinnigen Stirne und sagte ernst: »Wie haben Sie mir Jhr gesegnetes Land so teuer geniachtl Ich danke Jhnen Mariol« Jhm aber war es, als durchtobte er nochmals, nur niit verschärsten Sinnen, die Stunde, als man ihm sagte, daß die Mutter ihn verlassen habe. Mit dem Unterschied, daß er sehend geworden, und daß er diese-Z Mädchen mehr liebte, als alles aus der Welt. Es war der letzte Abend vor der Abreise. Der Matrose hatte sie hinausgerudert aui das offene Meer. Sie sprachen nur leise, als fürchte ten sie ich vor ihren eigenen Stim men. Ind sie sprachen, um nicht schweigen zu müssen. Dies-mal hät ten sie es nicht ertragen Der Schif fer begann zu fingen, eine monotone Weise, und vom Hafen her hörte man scharfe, helle Stimmen. Ein Schiff wurde feetiichtig gemacht Morgen würde es Elisabeth fort bringen. Sie wußten es beide nnd hüteten sich ängstlich, davon zu sprechen. Jn des Mannes Seele aber be gann es zu reden nnd zu rauschen. Und wie ein Wildwaffet anfctnvilit, so wuchsen und übersiürzten sich die Worte in seinem Jnnern: wie nn sinnig ist das Leben, wie zwei-flos nnd quäle-id. Eine Masche-ein Wirst uns Dinge in den Weg, da mit wir fertig werden damit. lind ehe es überwunden, kommt es lau nisch nnd führt uns an eine andere Stätte. Jch denke Tag und Nacht, Stunde nni Stunde an dieses blon sdey fremde Mädchen, nni es verlie fren zu niüfsen!« ; lind das ilscadchen an seiner Jene ltriiumte von dem Morgen: Jch spü irix schon meine Heimat. Tief in snen in meiner Brust tönte ein Lied, leise nnd zaghaft, damit die Seele nebelt mir nicht erschreckt. Jch möchte ihr wohl tun, dieser heißen, wahrhafte-it Seele. Und kann es Jiiicht Tit-J zitternde Herz muß Eallein zur Ruhe kommen O du Innfaszlnireö Leben! Heilig und jschön bist du. llnd morgen kommt die Heimat« Der Matrose sann unbekümmert die letzte Streiche feine-I Liedes-. » Sie hatten Abschied genommen sMario war allein. Und in seinem grenzenlose-n Schmerz unt Elisabeth ergriff ihn plötzlich das Verständnis Jsiir das Urgrwaltige der Liede. Von dein Augenblick an, wo er dat- Mäd chen verloren, erstand in ihm das reine lächelnde Bild seiner Mutter. Was sie auch getan, hatte sie eben in über-mächtiger Liebe getan. Der Schmerz seiner Jugend tunrde zu einer wehmütigen, versöhnlichen Seibftnerstiindlichteit. Er war nicht mehr allein. Jhm ward von nenem eine Mutter. Denn ein Mensch, der um Liebe gelitten, versteht alles. Judicium-stinkt Von il-. A. Sch. Er gehörte zu denen, die leichtes Blut in sich tragen. Doch seine El tern waren ernste. biedere Leute. Es kam zu häufian Anseinandersetzuns -gen zwischen Vater und Sohn, und als er von dem Spiel mit dem Le ben und den Würfeln nicht ablassen wollte, zu ernstem Zerwürsnis. Der Sohn mied seitdem das Vaterhaug. Sein Name kam nicht inehr über die strengen Lippen des alten Vaters. Nur die Mutter, die weicher war, hatte den Sohn nicht aus dem Her zen stoßen können. Wenn sie auch nicht deni Vater gegenüber offen von ihm zu sprechen wagte, denn sie kannte den harten, unerbittlicheu Sinn des Alten —- so wußte sie doch immer noch heimliche Faden zu spinnen, derart, daß ihr von Zeit zu Zeit Kunde von seinem Leben und Schicksal zuging. Auch) daß er nun im Kriege war wußle sie. Hatte sogar dein Vater gegenüber Andeutungen laut werden lassen, daß wohl der Krieg den Jun gen aus eine ernstere Bahn lenken werde. Zum ersten Male hatte sie wieder von ihm zu sprechen und siir ihu zu bitten gewagt, bis ihr der soarrsinnige Alte die Rede kurz abge schnitten hatte Dennoch gab sies’ nicht aus, denn sie merkte wohl, daß die barsche Ab wehr ihres Mannes nicht der Kern seine-s Fiihlens war. Aber sie kannte auch seine lliibeugsouilei!. Und so begann sie heimlich selbst siir den Jungen zu sorgen, den sie draußen im Felde wußte . Ju der Stille schnürte sie so man ches Palet siir ihn, beschrieb so mau ches Papier mit zittrigeu Zeilen, und daß ihm alles wohltun möchte, aber er solle nicht ichreibeu, der Va ter wolle es noch nicht. Eines Nachmittags-. als sie zusam meu saßen, der Alte und sie, kam der Postbote und brachte eiu Paletcheu, ,,Muster ohne Wert« stand daraus. Es war an sie aoressiert, aber eine fremde Hand hatte niit seinen zierli chcn Zügen ihren Namen aus das Päckchen hingeworfen. lind der Posi stempel nannte eine ihr fremde Stadt. Sie öffnete mit umständlichen Fingern das Päckchem löste das Pa pier, als ihr plötzlich ein Stückchen Eisen in die welke Hand fiel, so daß sF erschrak. »Sieh, Vätet,« fliisterte sie erregt, MS mag das seini« , - Der Alte schob oie Brille auf die Stirn und nahm das-I danniengrofze Eisenstiicklein prüfend iu die lHand. C. besah es kopfschüttelnd nnd weg esJ in der zerarbeiteten Hand . »Liegt kein Brief dabei-« fragte er. »Toch, da, hier!« nnd sie reichte .luu ein kurze-J Schreiben. Der alte Mann rückte die Vrille zurecht und last-. ,,-Hierdurch teile ich Jhuen mit, das; Ihr Sehn ini hiesigen Lazarett schwerverwnndet liegt. Veiliegender wranatsplitter wurde heute eus sei nem rechten Knie .1nf operatibein Wege entfernt, Er bat mich, densel ben Jhuen zu senden uiit einein Gruß und der Versicherung, daß es ihm gut gehe. Ju Erfüllung seine-J Wunsches verbleibe ich Ihre ergebeue Schwester AdellJeid." »Wie weh muß ihni dag- getan ha ben,« seufzte die alte Frau, und wendete init schmerzlichem Schauer dac- tleine Eisenstijck in der zittrigen Hand. Wie spitz und scharf es war, wie hart nnd unregelmäßig. Es brannten und schinekzten ihre Zin ger, nnd sie fühlte in ihrem Mutter herzen ties und glühend den Schmerz des Sohnes brennen. Der Vater hatten den Brief ans den Tisch zurückgelegt »So sieht ein Gratiaisplitter aus P« sagte er erschiittert, und seine Stimme tlang verschleiert und leise Sie reichte ihm dass kleine zerbars stene Eiseiistiick, dass uian aus der Wunde seines Sohne-J entfernt hatte. So also sal) der Gruß des Todes ausl Und dieses zerrissene Stück einer Granate nnkr ilun glühend ins Fleisch gedrungen, und der Junge hatte es in Schmerzen getragen — tagelang vielleicht --— siir das Vater land, nnd siir ihn, den Vater und di« Mutter. Hätte ers nicht auch das Herz zer fleischen könnend Und er nahm dass Stückchen Eisen und wickelte es sorgfältig wieder in das Stiick Papier ein. Dann hob er den Blick zu seiner Frau. ,,Lasz mirs nur aus ein paar Tag-; Mutter. Das muß der Herr Amtmann sehen und der Herr Pfar rer und der Herr Lehrer. —- Allen will ich's zeigen, das da, allen, und sie sollen es wissen, daß es unser Sohn getragen hatl« Da fing er einen glückslrahlenden Blick aus den Augen seiner Frau aus, und sie ergriff 5eine Hand und drückte sie dankbar-. W — Sehertobold Aus dem Unterassisierstande hervorgegangen machte et eine geradezu drillante Carrierr. Liliemiidegampagnie Von Gern-rann Hart-» Gerade vor ihren Rasen standen die ausgewachsenem hellen Graswuv zeln und das nasse, gelbgrüne Gras. Dann kam Lehmdoden, an dem das Wasser herunterrieselte, und weiter unten ragten Steine aus der Vorder wand des Schützengrabens. Gestern Nacht hatten sie ihn eilig ausgewor sen, wie die Nacht vorher den lehren und viele Nächte vorher die andern. Der Regen kam aus dem grauen Himmel bald stärker, bald schwächer. —- Den Mantellragen hatte man hochgeschlagen, den Hals hineingeso-« gen, und init dem Rücken lehnte man an einem Sack oder einem Brett, dass die Kälte de: hinteren Erdwand vom Körper abhalten sollte. Dass Wasser plätscherte an den Mänteln? herunter. Mitunter hob einer einen Stock mit einem Taschentuch oder einer Mütze daran über den Rand des Grabens, und wenn die Kugeln eine Weile danach gesungen hatten, warf er ihn wieder fort. Manche saßen und versuchten, sich etwas Schönes vorzustellen; aber dann wurden sie traurig, wenn die Phantasie erlahnite, denn sie hunger ten und srvren hier. Jn andern zitterte das Fieber der Ueberanstrengung, das ihre Augen ofsenhielt. Sie hörten wieder dieses schreckliche Krachen der platzenden Granaten und sahen die einzelnen Bilder des Grauen-, die der zusall des Augenblicks in ihre Hirne versetzt hatte, wo sie nun ins Leben dräng Otn Zehn Tage des Munterseins, Ge sechte, Regen, Hunger hatten die schwere Starke der Ermüdung über sie gelegt. Auöhalten mußten und wollten sie, bis der Abend kam, wo ihnen die Ablösung versprochen-war ein warmes Lager und Essen und Trinken. Klatschend, pfeisend tam der Blei Und Eisenregen daher und durch bohrte Leiber und Glieder, als böten sie nicht größeren Widerstand denn die weiche Luft. Und wo er hier sang nnd zischte, weckte er da die wilden Schmerzen oder verbreitete die To desstarrr. Nach endlos gedehnten Stunden kam der Abend über den grauen Himmel geschlichen. Da zog ein Flüstern durch den Schützengraben Jlam die Ablösung? Stand die Reserve schon in dein klei nen Wäldchen hinter ihnen? O, was sür ein Zögern ging durch die Reihen, eine Unruhe, die nicht erllärlich war Da war ein Beschl: »Feind ver sucht die Umgebung Kompagnie zieht sich aus den Wald zurück!« Hatten sie noch größere Verstär tungen bekommen? Konnte man nicht hier liegen bleiben und aus der Erde ihnen entgegenseuerni Jmmer seuern, seuern und seuernt Das tat so wohl. wenn ans den lleinen Druck des Fingers der Körper den schnellen Ruct des schlagend-en Gewehrs einp fing, wenn feuerumsptelt die Kugel dem Rohre entflog, und man den scharfen Krach des selbstgesindten Gefchosses hört, einmal, zweima. und trach und trach und trach. Aber Befehl war Befehl. Die schweren Tornister warf man über den Rücken, die Riemen gruben sich tief in die Schultern ein, und dann griss man in die weiche, breiige Erde, zog schwerfällig den müden Körper über den Grabenrand und troch leise zurück über den nassen, schweren Acker. »He, seid ihrs ..?« Da waren sie schon, die ihrigen s - am Waldsaum standen sie ver steckt. Sie selbst konnten ihnen nicht die Hände reichen, an denen die At tererde in Klumpen hing. Sie rie hen die beschmuhten Leiber an Baumstämmen wie Eber im Frost nnd wuschen die Hände an den nas sen Blättern. »Macht, daß ihr heinitommt,« rie fen die Neuen ihnen zu, »wir werden schon ohne euch fertig — ih: hast verdient . . ·« Doch der Befehl war nicht da, und teiner sprach mehr, als jetzt plötzlich aus der grauschwarzen Nacht weiß gliihende Monde auftauchten, den dunteln Nebel lebendig machten, daß er grau und leise zu wogen begann, wo das Licht seine schwebenden Strahlenbalten sich hindurchgleiten ließ. Und in ihr Staunen und Betrach ten brach das Gewehr-teuer ein« Plöhlich ungehemint, fessellos trachten zu Hunderten und hunder ten die Schüsse, und aus ihnen rang sich deutlich und deutlicher, alles überbietend durch sein hartherziges, »maschinelles Pochen, das Feuer dei IMaschinengewehre. Es fegte quer durch den Graben dem sie eben ent stiegen waren ..,Kein Schuß!« ging der Befehl flüsternd durch ihre Reihen. Und sie standen die Schwerste prüften, die hand um den Scha getrampft und ein grimmiges L - cheln um den Mund, daß sie den Feind so getäuscht. War das nun ihr Abendbwti — Was wollten die jetzt, die da drübenc — Es ward still, und die Schein werfek waren erloschen. «Rieder!« hieß ihr eigener Befehl, und »Die Tornister kunter!'« Dann flog aus ihren Reihen ein dünner, roter Feuerstreifen in den Himmel, platzte, und eine leuchtende Kugel hielt sich in der Höhe und warf ein helles, gelbes Licht über die Aecker dort. «Waren das rote Lappen da drü ben auf der Erde?« Die einen sahen sie deutlich, die meisten hörten ein furchtbares, nie vernommeneg Schreien und sahen ein Pferd mit gesenktem Kopf schwerfäl lig ein Bein vor das andere sehen, als sei es zu Tode getroffen. Ein Reiter, dessen weißes Antlitz sie hell leuchten sahen, saß hoch aufgerichtet als wolle er rückwärts niederfallen, und aus ihm drang wie ein natiirli cher Atem dies Schrecken verbreitende Schmerzensgeschrei. Dann fraß die Nacht alles auf »Frau —- Feuer — Feuer, ihr könnt!« Das waren ihre Führer —- und nun brach ihr eigenes Feuer los... Wer schrie da vor Schmerz und Wut -——? Aus ihren Augen brachen die Trü nen —- die Glut durchschauerte sie und drängte die Mattigkeit aus ihren Leibern wie Dampf den Schweiß. Sie taumelten auf, und dann km Lauf stürzten sie brüllend und wei nend vorwärts Ueber den alten Schützengraben sprangen sie und hörten kein Schie ßen mehr — an den Leib wollten sie denen da drüben und blieben stehen und sandten ihre Schüsse quer über die Erde und fühlten es blitzen in sich und schlugen mit Kolben drein nnd sahen sie laufen und seuerten wieder hinterdrein und waren ihnen immer dicht aus den Fersen. Und sie hörten des Hauptmann-Z Stimme: »So, Jungens, ist’5 recht — sie laufen — wer läuft, hat die Verluste —- — hurra —- —-— hurra Ueber die Felder jagten sie den Feind, hinein in die schwarzen Gas sen eines Dorfes und wieder hinaus. Aber als die Trompete zum Sam meln blies, fiel die starre Müdigkeit von neuem über sie und sie kamen taumelnd und langsam von allen Seiten daher. Kaum daß sie den Atem wiederfanden, und ihre Lider waren schwer. Flüsternd standen die Offizierr. Von den frischen Truppen sandten sie Patrouillen aus nach dem Feind und an den Kommandierendem was zu tun sci. Und führten sie in die Kirche, und sie durften noch nicht schlafen, bevor man genaueres wußte, und sollten stehen: Gewehr bei Fuß. So standen sie, wie es befohlen, und auch der Traum von Essen und einem Lager war nun vorüber. Ein runder Kreis von Gasslanp men brannte da und dort über ihnen. Schatten quollen aus allen Ecken und Winkeln, und sie standen still aGe wehr bei Fuß« und warteten auf Befehle, wie es befohlen war. Als nach einer Stunde ihr Haupt mann die Kirchenkanzel bestieg, utn sie mit Worten zu trösten, und ge rade beginnen wollte zu reden, da sah er, dasz ein seltsames Wogen durch ihre Reihen ging, und er er tannte, daß sie alle schliefen. Mit gesenkten Köpfen, Schulter an Schulter gedrängt, sich stützend wie die Grashalme einer Wiese, schienen sie zu einem einzigen Wesen geworden, das langsam in seinem eigenen Atem hinüber und herüber ging. Da vergaß ihr Hauptmann alles, was er hatte sagen wollen. Ein Schauer durchzog ihn, die Tränen stürzten ihm aus den Augen« es drängte ihn, in ihrer Masse un terzugehew und als ob er nicht wüß te, warum er es tat, sliisterie et im mer wieder und wieder-: »O Kame raden —- Kameraden — meine Ka meraden ————— —- Betdächtig. Kassiereu ,,Gestern sah mich mein Chef zufällig ein Auto selbst steuern; heute finde ich den Kassenbestand auf lumpige 4 Mille reduziert".