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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (Dec. 21, 1916)
Weihnachten im Felde Tiefdunkle Nacht Akt-Himmel ferne Eeqlitxekn Millionen Sterne — Nach harten Kämper tuhtdasHeee, Nur einer wacht, Hand am Gewehr Wie träumend starrt et vor sich hin: Die Heimat geht ihm durch den Sinn. Das Gemeinden-, in feinem Traume Wird es zum Weihnachtslichters baumc, Er sieht sein Heim, wie sie sich freun! Jeht denken sie gen-iß auch fein — Ta dkölsat tin Schuf-! Das Bild kut schwand, Er steht auf Wncht im Frittdeolnub. NordsepUIejlynnrle Von sinkt slijchlen Ein pnat Stunden vor der Däm merung des heingen Abends vertiey das Innchboot sen Dafern Aus dem dunklen Himmel trvpste der Regen, die breit hetunwllenden Wogen waschen über das Deck und bespülten Den grauen Turm. Da standen der Kom nundant und der Ingenieka in ihren schwakzledeenem naß glänzenden Au zijgen und lugten in die dunsiige Ferne, und der Jngenieut schlug, m mühsam enthaltene-n Drang nach gro ßen Toten, nn Tatt der tnknternven Meiste auf das Geländer: tun-ta tn tatamlntn. Kein Dampfet, keine Rauchiönle kam in Sicht. Endlos, ein ungeheu rer Acker mit betrunken tausenden Erholun« dehnte sich die See, Aug der runden Lille i:n Achterdect tauchte der rote Kopf des Mateosen Jonni Mohr. Jonni Mehr hielt ei nen fettigen Wergbnllen in der Hand, mit dem er soeben die Nietelteile der Gaiolininnichinen irn Motorrauin ge putzt hatte, und schnappte nach Luft tvie ein Fisch, den man aufs Trockene geworfen hat. Mißyergniigt schaute er über die unuhige See und wischte sieh mit dein Wergbnllen ärgerlich das beißend salzige Wasser aus den Au-; gen, das eine baekborv zerspringende Welle ihm hineingespritzt hatte. · Sie inne ihm xukchcnts gegen den Sikich, diese Peitsonicleniahei am heiligen Abend-. Wer weis-, wie lange dieser Nin dauern konnte! Zwei Tage, das war das miiidefle. Dann abqu Wechnachten und Weihnachth feier im Hafen, aus dem alten Worin-s fchiff, wo eine so geniiitliche Mann scyaitginesse war, wi- inim einen Tan iieiibaunt niit fttbetiten sietten und weißen Lichtern Reschmiicti hatte. Das war sa nun alles Eing. Und Piiiifch und Gng unv braune Kuchen ans der Heimat alles Essig! llnv ein iuunderbaees wraniiiiophon hattei man auf der alten Korvette iin Htifiti.l zfein tonnte das spielen . . . dort aim nii. . . Und war- iuar nun? Nun limi te.·ten und trachten die Motore, nun trcff der Regen, nun pfiff der Wind, nun Platichte und tviihlte die See. Nun lag man unten iin Motorraum auf dein Bauch und putzte Maschinen, und an Stelle der Weihnachtgterzen brannten die blassen, gelben Gliilslani »pen, und Tanncngernch und Geog :ouft gab es auiy nicht, aber um so sreichti.1,er Benzins und Oelgestant. l tinurrend stiez Joniii Mohr die lschmale Eisenstiege hinunter und iiiachte sich wieder an die Arbeit. Er iwar ein braver und fleißiger Ma ’trase, das weiß der Himmel, und fein ilnterseeiioot lieute er mehr als feine Braut in der Adniiraliliitgsirafie in Hamburg, oder wenigstens beinahe so . ·. aber- gerade am heiligen Abend? Und er ließ seinen Zorn an einein Nieielgriff aus, den er schon dreimal geputzt hatte, der sich aber immer aufs neue auf rätfelhaite Weise mit schmut zigem Oel bedeckte Heini Poti, der hagere Maal vom Totpedorohr iin Vorderfchiff, der ne benan im Schlafrauin unter seiner Höngematte sasz und geduldig an ei nein verdröfelten Sliiet Garn herunt a.·beitete, fah das veriirgerte Gesicht Jotini Mohrs und begriff. Er tains heran, tippte ihn mit feinem langen Zeigefinger auf die Schulter und schrie ihm unter dein Lärm der Mo tore ins Ohr: «Siehft du, Jonni, der Krieg, der hat keinen Sinn sitr das Sinniget Da ftebt nun irgendwo, hinten auf See io ein Etwlsmnan mit breitem Maul und grinst! Und de. hilft das nicht, crein Junge. da mußt du auspusscm cb das nu Weihnachten ist oder-, Pfingsten, ob du nu Grog trinken willst oder deine Linn tiissen du mußt los und dem grinfenden En gelöminin eine aufs Maul hauen! half ich nicht rechts« 1 Jonni Mehr schaute auf und sein Mund verzog sich zu einem Lachen. »Wenn's an den Engländer rnn ginge das wär« noch ’n Weih nachtsspaß! Wo du recht hast, Heini Peit, da hast du recht!« Aber so ganz war er doch noch nicht mit seinem ymien Schicksal mis gisOth Seine Braut in Hamburg hatte ihm einen so schönen Spicknal entsprocher prall und lang wie ihr Arm, und eine Büchse mit selbst einge nmchien Krabben und was ihnen der Koch l;eut’ Abend auf seinem win zigen, elektrischen Jauchbootsofen zu rechikoinbiisern würde na ja Spictaal und Krabben waren es nicht! Es war Nacht geworden, eine dicke, schwarze Nacht. Der Matrofe auf dem Vordeck zog das Lot ein. ,,Zwanzig Meter!« fchrie er zum Turm hinauf. ,,Guter Grundl« »Geh’n wir nlfo runter«, fagte der Komntandant zum niachhabendeu Of fiziet, der neben Ihm stand-· »Feieru wir mal Weihnachten auf dem Mee resgrund. Los-l« Bengbengbeug bengbeug ... Die Signalglotle fchrillte. »Kla: zum T(1uct)cn!« Bewegung tunc in die Männer un ten tui Schiff. Jeder wußte, was er zu tun hatte. Jeder einzelne war wie das Teil einer mächtigen, sinnvoll arbeitenden Maschine. Jonni Mohr bediente einen Batlafttant. Jetzt wa ren feine Sinne ganz bei der Arbeit. Kein fremder Gedanke bennruhigte mehr fein Him,«teine unerfüllbare Sehnsucht spielt-e um feinen Magen. Uzähreud der Kommandant oben im iTurm in die Oel-et der Tiefenfteue rung griff, die Stahldeckel fc vor die Turmfenfter fchoben, die w nigen iVertehrslnlen geschlossen wurden, die Gafolinnwtoren der Ueberwafferfee fahrt ihr Prasseln einftellten und die Elek,romotoren der Unterwafferfahrt mit hellem Gelnatter anfprangen, rauschte und gurgelte das Meerwasser in die Ballafttants und gehorfam wie ein vollendet gefchultes Pferd glitt das fchlanle Tauchboot in die dunkle Tiefe. Die Wellen spülten fchaumig über das Deck, klatscher um den Sturm und dann schlon sich das Meer Itber dem Boot und nur das Perissop «Weihnachten!« Zuckte es plöslich durch Jonni Mohes Seele, und eine seltsame Feierlichteti suhr über ihn hin. Er sa dse Kameraden an: Weihnachten and in den großen, dunklen Augen Heiin Pottö. .. Weih nachten glänzte m den stillen Augen aller Kameraden. Die Männer, die unerschrocken ihr Boot den tausend Gefahren des Meeres und des Zirke geg entgegengeführt hatten, hackten am Boden, lagen in ten Hängemaltem sa ßen ans der schmalen Elsenstiege alle seltsam verleten in ihre Gedan lcn . . . horchten uns die Stille, horch ken aus Wahn-Mein Da tam der Rommandant mit den Offizieken. ,,Jlm(;eng!« ries er strahlend. «Nu.c lpollen wir Weih nachten feiern! Aus dem Grund der See! Das isl mal was anderes, loas2« LU lachte stöhlich. Jonni Mohr nickte lebhaft: »Wo er recht hat, da hat er recht! Es is mal was anners!« Jm selben Augenblick kam der Koch aus der winzigen Kvmbijse. Aus ei Tic Weihnachtdtite siir den Vater im elde. nem breiten Teebtett trug et eine dankpsende Punschbowle und . .. lieber Gott Jonni Mohts Augen wur ;den weit und sein Mund öffnete sich -lteisrund, daß die Zähne bliyten . » Zneben der Terrine lag ein ganzer ;Berg von Spinnen schön dun kelbraun aus dein Rücken und am Bauch schimmernd tvie keines Sil det. l Und dann redete der Kommandant Iron Weihnachten und Vaterland, von sTapserteiL Feind und Kampf und Kaiser-, die Bordtapelle, eine Zieh yarmonita und eine Mundhaknionita, spielte Weihnachtslieder, das Boot schwankte leise zwischen den Sandljii geln, das Meer sang dunkel in der Ferne, der Punsch trat süß und start und der Aal löstlicher als jeglicher Aal, der auf einem Schiff der kai serlichen Marine verspeist worden war. f sit I Jn der Frühe des Weihnachtsmor Verteilung von Weihnachtsgabcu in der Champagne. tanzte noch eine lleiiie Weile iiber dein Wasser. Dann sanr auch dieses losk liare Auge in die See. Das Tauchbooi lag mit abgestell ten Motoren aus Grund, zwanzig Meter unter der Oberfläche des Mee .e5, sanst hiiigeoettet zwischen zwei iiiedrige Sandhiigel Ganz sonderbar war es, als die Motoren und Schrauben plötzlich schwiegen. Die-Sinne der Männer halten sich so sehr an den wütenden Lärm gewöhnt, d isz die Stille, die mit einmal liei ihnen war, wundersam in ihre Seelen drang. Sie horchten aus und blickten erstaunt in alle Winkel des Boots, als müßte irgendwo im Verborgenen, hinter einein Kasten oder einein Zylinder, ein geheimnis volles Wesen sitzen, dein diese tiese Stille entströmte. Mit angehaltenem Atem lauschten die Männer, es war ihnen allen, als spräche die Stille zu ilnien. Ganz aus der Ferne, von weit her, wie aus der Heimat, lam ein dunkles llangvolles Rauschen, ganz heimlich, ganz schwach, eine schöne, innige Melodie das war das Brausen des Meeres hoch llber ihnen. gan tauchte das Brot auf, vorsichtig nnd spähend. Eine grenzenlose Ueberraschung bot sich dem Kommuidnnten am Perislop, da lag im Gesicht-Held sich grau aus dem Dunst des Winkel-morgens lö send, eine ganze feindliche Flotiille: Kreuzer, Torpedoboote, Zerstörer und flache Schiffe, von denen mächtige Flugzeuge in die Luft stiegen. Der Kommundnnt des deutschen Tauchbootes pfiff durch die Zähne. Eine Bluiwelle schon ihm in die Stirn. Zur rechten Zeit war er auf getaucht. Entschlossen griff er in die Hebel. Es war Weihnachismorgen — der Tag, nn dem vor einem Jahre die Engländer den Versuch gewagt hatten, aus Rache für Scarborough und Harilepool Cuxhaven zu über rumpeln. Glocken schrillicn. Hände flogen Gehirne arbeiteten. Die Flanlen des schsmalen Bootes bebten vor Kampfes lu t. »Alle Torpedos tlarl« » Der Eifrigfte, Glühendste war Jonni Moht. « Die stille Nacht war vorbei... Es -donnerte wieder der Krieg. » · · s Soldaten - Weihnacht im Ritters-nnd Der Weibe-alledem in Meilen Der Weihnachtsbauni hat erst mil Den ersten deutschen Ansiedlern in den Tsicißiger Jahren des vorigen Jahr hunderts seinen Einzelg in Atnerita gshtlten Anfänglich crglänzle er am Christabend oder ans Mo:gen des ersten Weihnachtgfciertages nur sehr vereinzelt —- an den Fingern einer Hand konnte nian sie abzählen — bald aber mehrten sie sich inil der Einwanderung und die Eingeborenen sonnen Gefallen an dein sinnigen Ghin Lol der Weihnachten und siihrlen es auch in ihren Häusern ein zur un aussprechlichen Freude ihrer Kleinen Und immer weitere Kreise eroberte sich der Weihnachtgballni, daH schönste Ge ,chent, welches die Deutschen den Amerilanern gebracht haben, bis er itberalt im Lande zur »Jnstitution« geworden ist. Er ist einer der herr lichsten Beweise des veredelnden Ein slulies deutscher Gebrauche in den Ver Staaten, denen sich die hier leg-enden Angehörigen anderer Volks slämme nicht entziehen können, mögen sie noch so sehr dagegen eisern. Auch des lichtstrahlende Weihnachtsbauln wurde einst scheel angesehen von den ni«chternen, jedes Jdeals baren Anglo - Ameritanern. Ja, verspottet sollen sie ihn sogar haben, aber sein Zauber umspann sie schließlich doch und nun freuen sie sich, wie wir, de ren Wiege aus deutschem Boden ge standen, herzlich seines Glanzes und nsiirzigcn Dustes. Es hat sich ’n1al einer herausge i.onlmen, die WeichnachtsbauimSilte zu tadeln, weil sie — unsere Nabel isiölder des jungen Nachwuchses be raube, aber von allen Seiten, auch. in den in englischer Sprache erschei-l nenden Blättern, fiel man so tin-z larmherzig über ihn her, daß er nles wieder gewagt hat, an dem herrlichen Symbol der Liebe und der Freude-· ,;«n riihren· »Und sollten wir das letzte Bäumchen von Sandslächen ho :.n, die einst von riesigen Fichtenwalsl dern bestanden waren, aber unbarm-l herzig abgeholzt worden sind, ans reiner Geminnsucht«, schrieb damalsl ein großes englisches Blatt, »um esl für das Weihnachtssest zu schmückenis so Wäre darob nicht zu klagen. Wir können mehr pflanzen, ja, trsir soll ten Quadratineilen aus Quadratiiiei-» ten mit jungen Fichten nnd Tannenl bestellen, nur um Weihnachtzdänme »Hu ziehen, wir würden gut dabei fal)-»" ren. Der Weihnachtkdaum ist jedes Opfers wert.« s H So groß war damals schon die; Wertschätzung des Symbol-? der dein-? schen Weihnachten und sie toird Init« jedem Jahre größer, mit jedem Jshre" wächst der Zauber, den es- ausiitt « O-. Eis Iriegerllcvermeitisachtsmuch , Was hat Weihnachten, das Fest« der Liebe und des Friedens, mit triegerischen Bräuchen zu tun? Und· doch gibt es so manche Gegenden in deutschen Landen, in denen seit ural-» ter Zeit ani Weihnachtsabend —- ge-s schossen wird. Jn Schlesien schoß man sriiher beim toeihnaehtlichenl Kirchgang nicht nur mit Gewehren, sondern sogar mit Kanonen, und als Grund für die seltsame Sitte wurde, angegeben: »Man weckt damit die Saaten.« Aehnlich geschah es in Schwaben, und in Tirol ist es beim» Gang zur Christmejse nech heute so Brauch. Uebekatl in den Bergen knallen die Flinten und wetten tau sendsachen Widerhnsl in der heiligen Stille, die sonst über diese Nacht gebreitet ist. Jm rcten Fackelschetn wandern lange Reihen hernieder von den Bergen durch Wälder und Schluchten; die Funellichter haschen sxyantastisch ilber die weiten Schnee slächen, und immer nieder feuert ein mutiges Kneclktlein time Flinte ede Pistole in die Lust. An manchen Le ken, so in Pongu werden sogar d-: Bötler gelöst, deren schweres äteachen durch das Tal hellt Fragt nmn die Leute, warum sie am Christus-send schießen, so sagen ste, es gescheye zur Abscheedung von Die ben, oder um an gesährljchen Stellen die sprungbereiten Kommen noch vor dem Betreten des gesdtchteten Platzes zum Niedergehen anzulocten, oder sie meinen anch, die Verväter hätten eg schon so gehalten, dumm täten sie ecz auch. An anderen Orten Deutsch lands schießt man namentlich let-er und in die Brunnen oder auch in die Obstbäume hinein. An der Deutsch banater Militärgrenze gilt derjenige, der am Weihnachlstage einen Schuß Tic Etaluattie mit der Weihnachldkijc von ,,:’-.1tutreru«. vor der Tiir abseuert, als Glückbrins ger; er wird ins Zimmer geführt, aus den Boden gesetzt und mit Getreide be schüttet. Zur Erklärung dieses merkwürdi gen lriegerischen Brauche-Z am Fest des Friedens kann die Tatsache die nen, daß das Schießen meistens wäh rend des in der Weihnachthacht Ub licheu Glockenläutens oder während der Umziige geschieht. Soloohl dies Häuten, das in Sitddeutschland sehr bezeichnend »Schrcclläuten« heißt, als auch die tueilmaclgtliclzen limziige mit Lärmgerätcn sind uralte itetduijelze Brauche, die überall auf der Erde dortommen. Der heidmsche Glaube lebt hier noch fort, daß man durch starle Geräusche, durch eine ohreube täudeude Höllenmusit, durch Knalleu mit riesigen Peitschem im Bereich des christlichen Glaubens-, vor allem auch durch das Läuten der heiligen Glocken böse Dämonen verscheuchen tanu. Der Weihnachtgabend gilt nun als der giinstigste Augenblicl, alle diese Unheil drittenden Mächte von Haus und Hos, von Feld und Wald zu verjagen und unschädlich zu machen. Besonders be kämpft man in dieser Zeit des siegen den Lichts-, das eine Vorahmung des fruchtbaren Frühlings bringt, den Winterdämon, der ssch dem Wachsen und Keimen der Bäume und Saaten widersetzt. Weihnachisabeud in Feindcsland.