Zlaue Adm. Im- soei clsra W. Clz Zeiss-etwai Andraz trat hinter Lony, uin ihr den Mantel abzunehmen. Einen Augenblick lehnke iie sich leicht gegen i n. Er sah sie iin Spiegel an. Sie lächelte, pas Gold blisie zwischen der Reihe weißer Zähne. «Sie sind so einst, mein Fürst — wir sind doch allesamt nur arme. verlorene Kinder, die im Dunkeln tappen.·« Sie nahm ihre Mütze und gliittete fihr kurz geschnittenes, dunkelbrau fwies Haar. Es lag eaig um ihr pi kanteg Gesicht. Andras stand warten, doch so, daß er Lonns Spiegelbild fah. Sie trug ein dutitelviolettes Samt kleid mit etwas alter Spitze am halsausichiitkt Jch weiß, was Sie denken, An drag, Sie Denken an unsere Jnge da drinnen, und daß ich das Leben allzu lieb habe. Ach,«' sie schüttelte fich, »ich kann nun mal nicht frie unl« Sie sprach sehr leise und ein. dringlich. »Meine Jnge, wahrhaftig, sie war mein Schuhengeh sie wird oon rnir geben. Während ich neben ihr sitze und weinen könnte, läust es mir eisig iiber den Müden, ich meine im ener, ich sahe sie schon ins Dunkle hineinwandern —- bis diese größ liche Dunkelheit sie ganz verschlun gen hat. Sie dotiert mich unend lich, und sie schwebt doch schon seht iiber allen Dingen und Geschehnissen. sie ist nicht von dieser Welt." »Aber ich, Andrag —- sehen Sie« —- sie rectte ihre sehnige Gestalt, »ich bin aus anderem Stoff, ich lann nicht einsam sein, ich weiß, es ist grauenhast, aber jetzt schon schaue ich rnich um wie ein Kind, das man allein zu Hause läßt, ob niemand kommt und mir Kamerad sein will.« »Ich hasse mich selbst, wahrhaftig, Andras, aber ich denle an mich und an meine Verlassenheit, während das liebe Geschöpf da drinnen schon wie ein leidhastiger Engel seine Flügel ausbreitet, um der heimat zuzuwe gen. — Andrth sagen Sie doch et waö!« «Nleine Lony, ich kann es nicht. Kommen Sie, wir gehen zu Jngr borg, und altes andere lassen wir hinter uns liegen.« Er strich über ihr haar. Sie lä chelie schen wieder: «Klein, sagen Sirt Ich bin ge nau so alt wie Sie und schwer don Weisheit!' Er össnete die Tiir. Das Zimmer war dunkel. »Ah, Jnge ist im Schiaszimmer,« sagte Lony und ging hinein. Nach einer Weile tam sie zurück: »He-nimm Sie, Andraö, leisten Sie Jnge Gesellschast, ich zünde die Ker zen am Christbaum an. Wenn ich fertig bin, ruse ich Cuch.« Andras ging leise und scheu in das angrenzende Zimmet. Jngeborg lag aus einem Ruhe bett, in eine helle Seidendecle gehüllt. Jhre schönen, großen Augen grüß ten ihn. ) Sie streckte ihm die Hand entge gen: »Lieb von Ihnen, daß Sie zum Christabend kommen, ich habe mich so daraus geseeut.« Er reichte ihr die Rosen, ein we nig linlisch und zaghaft, und küßte ihre schmale hand. Er wußte nichts zu sagen. »Sie Lieber!« sagte sie innig· — ,,Und nun setzen Sie sich hier zu mir her!« Sie rückte zur Selte, er setzte sich neben sie aus das Ruhebett. »Wie geht es Jhnen denn heute, liebe Jngeborg?« sagte Andre-b sehr zart. «Ach, gut geht es mir. Aber aus Lusstn mußte irh verzichten. Jth wollte rnit Jhnen hinsahren —- Sie wissen ja« — sie sin erte leicht an seinem Rock, »aber cits ist es auch schön. —- Wann reisen Sie abs« »Deine abend noch, und zum neu en Jahr bin ich wieder zurück »Ja,« sagte Jngeborg lebhaften sie stiißte sieh aus den Ellbogen, »wenn wir dann viel Schnee haben, dann möchte ich noch mal rnit Ih nen und Lonh hinausfahren. Es ist so schön,« fügte sie träumerisch hin zu. - »Das wollen wir," sagte Andras i lächelnd, »eine schöne Fahrt wird es werden. Jch mag das Schellenges läute so gern.« »Ich auch-« tagte Jus-both ganz in Gedanken verloren. Beide schwiegen. Nach einer Weile sagte Jngehorg zögernd »Andras Jrnre, ich hätte eine Fru ri« g »Ja, liehe Jngeborgi’« »Werden Sie da draußen in Lus sin die Eine. sehen?" »Ich glaube es bestinrrnt.« »Auch ich hätte sie gern gesehen,« sagte sie linainnk »Epriter einnml,« Uhr sie sehr leise sort, »spiitee tön iien Sie ihr meine islriisze bringen« ,Jngeborg« — seine oetsrhleierten » Augen ruhten innig auf ihr —«spä ter, wenn das Leben dieses Mild chen wieder zu mir zurückführen sollte — ich weiß das nicht —- dann werden Sie selbst sehen, daß Jhre lieben Griiße zu einem lieben Men schen tamen.« »Wie sieht sie aus, Jinrei« Jngei barg schob eine Hand unter ihce schmale Wange, und mit der anderen führte sie die Rosen zu ihrem Mund Die roten Rosen lagen in der Dämmerung wie Blutsteclen aus der zarten Brust und berührten den halbgeöffneten Mund. »Wie sie augsiehti« sagte er mit Anstrengung. ,Groß und schlant, liebe Jngeborg, fast so grosz wie ich »Und weiter —- s—« IVornehme hände hai sie, mit bunten alten Ringen, wie Edelsteine auf Elfenbein.« »Erz·cihlen Sie mehrl« »Sie kliiht empor, wie das junge Leben selbst« i Ein gliialicher Erinnerungsstroms überflutete ihn. Wie das Mädchenj mit dem frischen Bubenlapf dai draußen, das nicht allein sein konn te und nach einem Gefährten aus ichaute, so wurde auch fiir ihn die Gegenwart zu einem bleichen Bilde. «Herrliches blondeö haar hat sie,« fuhr er fort, «tveiche, dustende Wel len, und ein schönes, hochmütiges Gesicht mit dunklen Brunnen über Augen, die blau sind, wie die Adrim Jhr Mund ist rot und köstlich ge schwungen, die Nase gerade und schmal, und sie trägt den Kopf tvte eine Königin —- — und eine gebe freudige Königin lann sie sein." Jngeborg hatte die Augen ge schlossen. Wie geschliffeneö Silber zitterte. es unter ihren zuckenden Wimpern. »Lebensvoll ist diese Königin," sagte sie, und wandte den Kopf ins; Dunkel. » Ab — wie roh wir sind, wir le benden, begebrenden Menschen« dach-« te Jinre zornig. .Lebengooll, ja,« sagte er rasch und beugte sich herab, «sie und ich, wir sind wie dieses Leben,eaig, wech felttd, wir haben nicht Jhre wunderss volle Klarheit, Jngeborg.« Seine Stimme wurde traurig, bit tend ,,Leg Deine liebe Hand auf mein Verz,« sagte er, »dann flattert es nicht mehr so unruhig.« »Mein Leben ist nicht mehr sa, wie es war. Zu viel drängte sich hinein. Jch bin ja nur ein einsa cher Bursch. Vielleicht verstehe ich Euch alle nicht, Dich nicht,«Lisa nicht —- mich selbst nicht. Bleib bei mir, gute Jngr!« Sie streichelte sein erregtes Ge sicht« »Ja, ich bleibe —- folange Deine Gedanken mich halten,« sagte Juge borg sanft, und nach einer Weilefiigs te sie lebhafter hinzu: »Nun haben wir aber Weihnachtsabendi Wir wollen nicht traurig sein. Geh und sieh, ob Lony noch nicht fertig is.« ere stand aus und öffnete die Türe. Lony saß im Sessel und sah in den bunten, terzeniibersäten Baum. Sie erhob sich schnell und leise: »Ich wollte Jnge nicht siören,« sagte fie, und laut siigte sie hinzu: »Es ist Zeit, liebe Juge, alle Lichter brennen! Anoras trägt Dich bee über.« Sie lief in das Schlnsziinmer, half Jngeborg in ein weites, warmes Morgentleid, und Andraz trug sie wie eine Mutter ibr lrantes Kind. Jngeborgs schmales Gesicht ruhte lächelnd aus seiner Schulter. Ehrfurchtig drückte er den feinen Körper an sich. Ein zerbrechliches Gefäß —- wir wollen es mit Liebe stillen bis zum Rande, dachte er voll zärtlicher Danlbarteit. Dreiundzwanzigstes Ka pitel. . Nun trug ihn der Zug davon. Andras faß aufrecht« eingeteilt zwi fchen Menschen, die toie er die letz ten Stunden vor den Festtagen be nutzten, um heimzukehren. Als der Zug in Teieft einlief, im Morgengrauen, toar alle Müdigteit oerfchwunden. Wie fchnell wechselnde Bilder wa ren die letzten Wochen in diefer lan gen Nacht an ihm oorbeigeflogen, bunt, oft unentwirrbar; sie hatten sich fchwer auf ihn gelegt, wenn er in Ueberrniidung die Augen fchlaßz» und nun toar er in Trieft — wieder der alte Andras Jnue, ftand mit feiner Geige und dem tleinen Hand-? toffer fröftelnd am Bahnhof. Wie der kräftige Geruch ihn be lebte, der vorn Hafen herüber karn! Er fpürte förmlich den Salzgefchinack auf der Zunge. Mit federnden Schritten ging er am Wasser entlang. Alles ruhte: Weihnachtstnorgem Drüben in dem kleinen Cafö hatte er oft mit Balogh und Nutz gefessen, dort wollte er bleiben, bis das Schiff abfuhr. Ein ftarler Wind fegte daher-An dras Jrnre lachte und atmete tief. Von der Adria tominft Du, von der blauen, dachte er, und prüfend flogen feine Augen über den hafen, ob blaue Züge in das fpielende Grau-Grün hineinftrömten. Fefter fafzte er feine Geige. Vor dein Cafcs stand ein alter ttoafifchee stell-sey Undtas kannte ihn, et ging grüßend on ihm vor bei, ein Gruß in der Sprache, die tnnn unten in Rose-in sprach —- und ollsogfeich stand auch Bis-IS Bild wieder vor feiner Seele, Lan unter det goldumsponnenen Linde, als et khk sein erstes Lied fang Wie flogen die Stunden; sie ga ben ihm das Glück feines einfachen jungen herzenö zurück. Jn, et war der alte Andras ere, die Geige im Ann. Die blaue, blaue Adria rauschte um den Kiel seines heimsahrenden Schiffes. Alles war Heimtehrl Der Wind der auf den Bergen geschlafen hatte und nun zu feinem Schiffe eilte, die Wogen, die mit ihren weißen Kämmen zu ihm emporsprißten, die Möwen, die sich treischend auf und nieder schwangen, die Walten, die so festtäglich einherzogem sie alle riefen heimkehr, Henntehr. Und endlich stieg es aus den Fluten, baute es sich vor ihm auf, wuchs. leuchtete, das frohe Lussin riccolv mit den vielen lebhaften Menschen auf dem Malo — — — Als ere aus das kleine weiße Haus in Lussiugrande zuging, kamen Peter und Maria Bartel ihm ent geg en. Sie schüttelten ihm voll Herzlichi keit die Hände, stellten viele Fragen nnd warteten-nicht aus die Antwort. Aus allem hörte Andras Jtnre nur: Lisa ist hier! Während sie durch den Garten schritten, schlug sein junges Herz. Dann umfing ihn das liebe Haus er eilte die Stiege hin.suf, und in demselben Augenblick öffnete Lisa ihre Türe. Sie hatte die Stimme gehört. »Jtnre, Du!«' »Ja, Lisa!« Es klang fest und froh. Nun sprachen sie hin und her, fragten dies und das, ein jeder ge wappuet durch den Gedanken: gehdrst Du nun wirklich mir, mir allein, dürfen meine Worte weiter gehen» diirsen sie sich an Dein Herz legen?i Und beide hatten das Gefühl, daß» diese alltäglichen ErdankenverhiilleWs den Worte wie etwas Ledloses vonl ihnen abfielen, daß sie in Vergessen-J heit sanken, kaum daß ein verwirren-; der und doch klärender Augenblick sie geboren. Beide fühlten, daß dte Schranken« die sie mit törichten Händen errichtet hatten, fortgezogen wurden wie eine! Theatertulisse. Jn frohem Erkennen sahen sie sich an, aber die feste Hand, die das Leben in diesen Monaten auf sie ge legt Pattq hielt beide davon zurück, jeßt chon alle Tore weit zu öffnen. »Komm, wir gehen zu unsern lieben Bartels hinunter,« sagte Lisa mit einem Glückslaut in der Stimme, der; Andras ere berauschte, »ich gehe ovran.« Sie sprang die Treppe hinunter wie ein Kind Andraö folgte ihr nach kurzer Zeit. Wie sie unter der Lampe saßen, begriffen sie nicht, daß ihre Blicke, die nun allein redeten, sich damals im Herbst feindselig gekreuzt hatten »Das ist nun ein wirklicher Feier adend,« sagte Peter Bartel, die Hand seiner Frau ergreifend, »nun könnten wir noch einmal den tleinen Baum anziinden.« Die Guten sahen sich lächelnd an Da hörte man einen schweren Schritt im Vorziminey eme fremde Stimme rie eres Namen. Andrad mre öffnete schnell die Tür: »Ein Telegramm?« sagte er halb fragend, halb beunruhigt. Er nahm ed dem Boten ob, tehrte zurück und öffnete es hastig. Ohne Ein Wort zu sagen,r reichte er es Lifa in. «Jngebvrg sterbend, unbedingt so fort kommen. L.« Mit dem chnellen Verstehe-i der’ Frau wußte isa, daß es ein leßter Nu der Liebe war. jh mres Augen hingen gespannt ans i r. Sie gab ihm das Telegramm zuis rück und sagte gediiinpst, mit einem Blick voll Zärtlichkeit und Vertrauen: »Ja, Jcnre, dann mußt Du sofort reisen. Jch gehe und bestelle Deinen Wagen, dann erreichst Du das Abendschiss, komm io schnell wie mög lich nach, das Fuhrwerk hält hinter der Steigung.« Andras hätte ihr danken, hätte etwas Liebes sagen mögen, er konnte es nicht« die Zeit drängte. Lisa hatt( das Zimmer verlassen und Bartels mußten aufgeklärt werden. herausgekisfen aus der Feierstunde seines bergen-, eilte er das Schiff zu erreichen. Als er um die Ecke der steilen, ab kiirzenden Gasse vog. sah er Lisa am Wagen stehen« Er ging aus sie zu und peeszte heftig ihre Hand «Wir hätten uns viel zussagen, List-, es sollte jetzt nicht sein. Kann ich mich ganz auf Dich verlassen?« Es fiel Lifa auf, um wieviel älter er in diesen wenigen Monaten ge worden war. Sein dunkler Kopf war wie gemeiszelt, der Ausdruck des Gesichtö fast streng. »Ja, ere,« sagte sie ernst. »Das Wort nehme ich mit, Lisa, ich kehre erst zum Frühjahr heim. Wirst Du hier seini« , Jena-« JZch muß fort, mein LieblingK Nochtnalö preßie er ihre Hand, dann zogen die Pferde an. »Auf Wiedersehen!« hörte er sie rufen, dann war es vorüber, er fuhr-« zu der Sterbenden. — Lisa schritt die Gasse hinab am hafen entlang, die Schiffer ftanden in Gruppen umher. Sie trug weder Hut n—:ch Mantel, ihr haar war vom schnellen Laufen gelockeri. Die blonde, schöne Lisa wiegte sich beim Gehen, wie einstmals, als ere ihr folgte, zwischen Ragnfas blühen den Giirten. Cingehiillt in ihre stumme Glückseligkeit ging sie einher, iein Wort, tein Blick kam bis an sie heran. Als sie zu Peter nnd Maria Bartel eintrat, sah sie bedauernde Blicke. Maria Barth sagte: »Lisa, es tut mir fo leid. Wie schön war es doch, nun mußte Herr Andras fort!« »Ach, das macht nichts!« sagte Lisa strahlend und streckte Frau Bartel beide Hände entgegen. »Da war etwas zwischen uns getreten, zwischen ere und cnich,'« sie sah ihre treuen Freunde herzlich an, »das versank, als wir uns wiedersahen, und nun ist alles gut « Vierundzwanzigstes tt a pitel. »Er lann jeden Augenblick loini inen,« sagte Therese Hoser und zog ihre Uhr hervor Sie hatte diesen Andras ere noch nicht gesehen, ee war ihr eine will-s tominene Unterbrechung der allgess meinen Trübsal, diesen oielgerühmien jungen Menschen kennen zu lernen. Niemand antwortete ihr. Professor Hafer ging in der Woh-. nnng der junge-i Mädchen seiner Ge wohnheit nach auf und ab. Sein mächtiger Kopf war gesenkt; er hatte die Hande auf den Rücken gelegt und fchien init sich selbst zu sprechen; seine Lippen bewegten sich. Loin saß zasanimengilauert in einem breiten Sessel und weinte. Sie hatte die tenie hochgezogen und achtete nicht auf ihre Umgebung. Aus dem tleinen Wirtschaftsraum kam eine Pflegerin· Frau Hofer ging aus sie zu und sagte leise: »Haben Sie nicht etwas Gebäck da, liebe Schwester, oder tionfeit, ich habe argen Hunger.« »Ich werde nachfehen.« Die Schwester ging in den angren zenden Raum zurück und brachte eine Schüssel mit Weihnachtsgebäck herein. Frau Hofer nahm sie und ging auf Lony zu: »Sie müssen wirklich etwas essen, liebes tiind,« sagte sie schmeichlerisch, »Sie dürfen sich nicht so ganz Jhrem Schmerz überlassen.« Lony hob den Kopf, es war ihr, als ob jemand auf der Bühne zu ihr spräche. Jch habe mein Stichwort vergessen, dachte sie spöttisch. s »Ach, essen Sie nur alleine,« sagte ie. »Aber Kindchem es handelt sich ja nicht um mich! Jinmerhin, ich will mit gutem Beispiel ooraiigehen.« Sie fetzte sich aufs Sofa und fuchte sich die schmackhaftesien Stüete aus. Die Pflegerin war im Nebenzun cner verschwunden Es fängt an, fehi langweilig zu werden, dachte Therese Hofer, als sie fatt war. Sie versuchte eine Unterhaltung mit ihrem Mann anzutnüpfem »So seh Dich doch einen Augen blick zii mir, Vincenz, Du läufst her um wie ein Löwe im Käfig. Jhr macht Euch alle lrant. « Wenn ich nicht forgte, wohin sollte das führen?« Hofer sah fie mit feinen großen, getöteten Augen an. Er war es ge wöhnt, daß seine Frau, wenn sie da heim war, alle Anordnungen traf »Hab’ ich Euch sehr gestört?« fagte er, und setzte sich wuchtig in den nächfien Sessel. »Mich haben Sie nicht gestört,« sagte Lony. »Ja, wer noch so gute Nerven hat,·· sagte Frau Hoser und zog die Schul tern hoch. »Glaubeii Sie mit, liebes Kind, es reißt an deii Nerven, wenn man, wie ich, ost inoiicitelang aus der Tournee ist und alliibeiidlich spielt.« Sie sprach » nreziijs, jedes Wort sorgsam hinstellend. Dann wandte sie sich wieder an ihren Mann. »Lieber Vincenz,« sagte sie, »tveiszt Du es, daß unsere Jngeboig noch einmal das Lied hiiieii möchte, das Herr Andias damals sang, als er zum ersten Male zu uns inmi« »Ich weiß,« brummte der Pio sessot. »Und er weiß es nicht und kommt Jst es nicht rühreiid?« sagte sie wie der, mit geziertet Betonung jedes Wortes. Wie aus der Bühne, dachte Lonh. »Ach, sie ist so ein hochmusilalischeg Geschöpf, wirklich, durch und durch musikalisch« sagte Frau Hoser wieder und siihlte nicht, daß niemand ihre Worte hören wollte. s Die Tiir össnete sich sehr leise, Andtag ere trat ein. » Er sah bleich und übernächtigt aus.’ Lonh schnellte sofort empor, liesl aus ihn zu und unitlammerte seinen Arm. , »Ah, das ist gut,'· stieß sie erleich me have-. ’ ch komme nicht zu späti« fragte; er, re erregt ansehend. »Nein, neini« Frau Hafer betrachtete ihn aus mertsam durch ihre Lorgnettr. »Ah, das ist also here Andra Jnne, meines Mannes bester Schü ler. Wie mich das freut!" sagte ste. Sie streckte ihm die band entgegen. Sie hatte zu viel Gutes von seinem Spiel gehört, sie wallte ihn zunächstl aus alle Fälle an sieh fesseln! s Andras beugte sich iiber die mitj Ringen bedeckte Hand. Schön ist er, aachte Therese Hosen die beste Zugnbe siir einen Geiger. Der Professor tlopste Andras meh rere Male ans vie Schulter. »Ja, junger Freund, ja, das isti bitter sehr bitter,« sagte er mit seiner schweren, guten Stint-ne. s Er nahm seine Wanderung wieder; aus und schnaubte laut, unt seine Rührung zu verbergen Diese jungen, schönen Menschen mit ihrer Sehnsucht, ihren Wirrun-; gen, Freundschasten und Aengstenj rührten ihn immer ries. i Niemand ahnte, daß er gesühlts hatte, wie Jngeborg, dieser siüchtige Gast im Reigen der Jugend-, ihrs Herz an Andras ere hängte, und: daß Jntres Gedanken zu einer andern hinüberslogen. Niemand hatte, wie er, die Satt-s heit beobachtet, mit der Dieser wahre Künstler die reine, stille Jngeborg vehiitetr. i »Sie müssen ein Glas Wein trin len,« sagte Frau Hafer. »Sie find doch gewiß totmiide.« «Ach nein, gnädige Frau, ich spiire keine Miidigteit,« uni- Andras Jnire sprach die Wahrheit, es Ivar thin, als wären alle seine Sinne geschärft. Dieses Mal ging die sonst niemals sorgende Lonh zum Ectschrant und holte eine Flasche und Glaser heraus, »Ich helfe Jhnen, Mind, ich helfe gerat« sagte Frau Dafer. Lonh goß ein Glas fast bis zum Rande voll und reichte es Jnire hin. Der trant es in einem Zuge aus. Es war alter Wein, er hing wie Oel am Glase. »Jhre Geige haben Sie mitge bracht, ere, Sie tamen vom Bahn hof aus gleich hierhers" fragte Luna »Ja, sie steht im Gang,'· sagte er leicht erstaunt. »Jnges Vater ist drinnen,« sagte Lko und zeigte mit einer Kopfbewes gung zur Tür hin, »er tain vor einer Stunde. Jnge sagte mir, Sie möch ten bald zu ihr tornmen.« Sie trat dicht zu ihm hin: »Er schreelen Sie nicht, lieber Jnire, sie ist nur mehr ein Hauch —- — Ein Blut sturz —- —« sie lonnte nicht weiter reden, Tränen rannen ihr aus den Augen. Frau Hafer wollte Lony umfassen, die legnte sich an ere, ohne Riiasicht auf i re Umgebung. »Und noch eins, ere, Sie müssen unserer Jngeborg noch eine Freude machen. Sie will das Lied hören, das Sie zuerst sangen.« Der Professor ivar zu ihnen hinge treten: »Das angarische Lied — »Ich frage Dich nicht, wann der Zonnner kommt, ich frage auch nicht, ob ich lange leben werde —- —« sagte er langsam und sah Jinrc mit schweren Blicken an. Andras ere faßte sich. »Ja, ich werde es tun." Er ging hinaus und holte seine Geige Be hutsarn öffnete er die Tur zu Juge borgs Schlafzimmer. Am Bett saß ein großer, hagerei Mann. Als ere eintrat, wandte er den Kopf und ging ihm entgegen. »Herr Andras, nicht wahrt Jch bin Jngeborgs Vater.« « Filare, ernste Augen schienen seine letzten Gedanken erforschen zu wollen Andras wandte seinen Blick nicht ab. ,,.3mre!" Ein sanster, zärtlicher Rus. Der Vater trat zur Seite. ,,.5ionimen Sie ,Schwester,« sagte er. Vom Fenster erhob sich eine schivarzgetleidete Frau. Beide verließen das Zimmer. ere trat sacht aus das Bett zu, sah Jngeborg mit seinen vor Schmerz verdunkelten Augen innig an und sagte leise: »Liebe, liebe Jtcgeborg.« Er lniete neben ihr nieder. Jhre Hand strich über sein Haar. »Sieh mich an, Lieber.« Er tat es. Sie streckte ihre liebliche, schmale Hand aus und machte das Zeichen des Kreuzes aus seine Stirn: »Unser aller Vater behüte Dich, ere,« sagte ste. »Er hielt mich in seiner Hand, er wird auch Dein Vater ein.« Eine tiefe Erschiitterung schnürte Jrnre die Kehle zusammen. Er fühlte, wie er erbleichte. »Nein, mein ere —- nicht so — alles ist gut — Dir —- Vater — Lony —- — ich danke, danke Euchs« Sanft und ehrfurchtsvoll tiiszte ere die zarte hand. »Gib mir eine Rost-, Jinre.« Neben ihrem Bett stunden seine roten Rosen. Er stand aus, wählte die schönste. besreite sie von jedem Dorn nnd gab sie ihr in die Hand. »Liebe, gute Jngrborgl" Sie lächelte. Spiele —- Du weißt —- da rnals — —« Andras Jinre nahm seine Geige, trat an das Fußende des Bettes, so daß seine und ihre Augen sich begeg neten. Leise begann er zu spielen iiiid langsam, wie gebunden von Schmerz floß seine seltsam bedeckte Stimme init der süßen Geigcnstinime zusam men. Seine Augen iveiteten sich, sahen in die diintle Fern-» durch die ge senkten Hauptes einr tleiiie Heilige schritt. Schwer-, tränenvoll umzog sein Lied das bleiche Mädchen. ere hatte geendet. Er stand vor Jngedorgs Füßen und hielt seine Geige umfaßt. Er wagte nicht, sich zu rühren. Jngehorgs Haupt war, wie lau schend, zur Seite geneigt, die Angen. waren geschlossen, die Lippcu leicht geöffnet. Aus ihrem Herzen lag, wie ein blutendes Mal, s)ie rote Rose. Eine unendliche Lieblichteit war über sie aus-gegossen. Jnire stand und wartete, stumm, aufrecht. Er hielt die Totenwriche. Schritte näherten sich. Der Vater · kam herein. Er beugte sich über seiii Rind, strich leise über ihre Augen: »Sie ist hinüber, sagte er teiiidrag Jiiire iirigtc sein Haupt, tief, ehrfurchtsvoll. Dann schritt er hinaus. . Niemand hielt ihn auf. Fünfundzwanzigstes Kn p it e l. Die Dächer waren dunkel und feucht; silberne, pergrnue Wolten zo gen darüber hin, teilten sich, flohen, ließen lichtdloue Weidesliichen schier mern und zarte Länimerwdltchen trie den aus iynen einher, langsam, lieb lich. Aus dem sattroten Dachfirst schlug eine Amsel. Schlanle, rötliclsbrnune Zweige hängten ihre ersten, le chtbeschwlngten Fähnchen heraus, ein grünlicher Hauch zitterte zwischen den Bäumen und Bri schen, braunes, kräftiges Erdreich sog das letzte Schneeloufser ein und trieo feste, fast glänzende Knospen hervor. Auf oen Wiesenslcichen des Pra ters sprossen weiße, lila, goldgelbe, flockige strolusvolter, — zuri, kurz ledig. Die Sonne kam nnd ging, warf goldene Schauer ribcr die Häusergrups pen, die roie ein frisches Aquarell voll warmer Tiefen und Farben waren, herzerquictende grünliche Bilder der Ferne. Eine unnennbare, betörende Sehn sucht quoll aus Knospen, Sonnen strahlen und Erdschollen. Die zeinderstinnnen klangen heller, die Fruuenaugen schauten ioeicher, die Hände der Liebenden suchten sich Sollte Lcny ganz allein sein? So- lte sie frieren wenn andere iu belten? Rein, ich bin aus dein kräftigen Ernte-ich da gennnlzt dachte sie, und trat fest in den weichen Boden hinein — und der mir die unsterbliche Seele einhnnchie, ja, habe ich denn eine un sterbliche Seele? — sie lachte und fchiiltelte ihr lurzed braunes Haar, die wird mir wohl der schenlen, der mich am meisten liebt — — oder ich seldft gebe sie mir, ich selbst, wenn ich einmal entdccte, daß alle-S andere in mir aufgezehrt wird von einer un iterblichen Liebe. So loird’g sein. »Aber allein bleibe ich nicht län ner«, sagte sie laut und lies nach Hause. Schwere Schritten steten von den Dächern Andrag Hintre tnni von einer llstreut-. Die enge Nähe des entschwun Denen Zuges hielt ihn norh unison gen. Lungsani tcstcn sich die tosen «-)—esseln seiner Seele, die nun ilninee shorh iiver nlt die Tage flog, uber diese s-!-1ge voll Vlrveit und Unruhe, die lnichlö loureu nls der ltnterltnn zu einein Tentinnt, diiizs er seiner Köni lgin errichten wollte. l Hinsiihren wollte er sie dann, sorg sam, an ihrer schönen Hand, und sie sollte sehen was er aus dem unbe hauenen Block seines Könnens her ausgenrbeitet hatte Wäre nicht sein ziigelnder Wille gewesen, die schwer lastende Früh linggsehnsucht hätte ihn zu ihr hinge führt. So ging er still durch den Alttag und drängte die stiirmenden Laute seiner Seele zurück, um nur zuweilen — in Feierstunden — seiner blonden Königin das köstliche Geschmeide sei ner Liebe im Geiste entgegenzutre gen· s Er schlang es um ihren Nacken, um lihre rosige Brust; er küßte ihr Herz, sdas voll und worin ivie eine goldene Glocke gegen die weiche, dustende Hülle ihres Körpers schlug. « Jn seine Träume verloren, ging er san den tiihlen Mauern entlang, sah in erleuchtete Fenster, streifte Vorüber seilende und sah und sühtte nichts. Eine Hand griff nach der seine-txt »Wi) warst Du, mein Fürst?« Plötzlich stand er wieder nus dee Erde (Fortses)ing solgt). OE— —- Shni pto m. Soldat tat-S er vergeblich aus ein Geburtötngspalrt lvnrtel): »Mir schiint, ich liebe un JgtüetlichV