Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, October 19, 1916, Sonntagsblatt, Image 11
L w Dluue Ädria. seine-it von Elst- Mit-. (5. Fortfeiuiigx Aevras Jairei ehster-, dunkles Gesicht war emporger::chtei. Sei hatte ihn Liia gesehen, als er, wie ein’ Fremder unter dem Beit, seine ichioerwiitigen Lieber Iang. l Ei ergriff sie mächtig. .Jirire, Jinre, auch ich trag Leids Glaube es mir! Ich werde ich riiel vergessen« I Er zog sie fanfi an sich und küßte thr btonves haar. Dann faßte er ihre hänbr. «EI ist zuviel, Du Liebe, ich tveiß· es, Du gehörst inir nicht« ich g . Er griff nach feinem Hut, beugte sich nochmals tief über ihre Hand itiiv verließ pas Zimmer. » Lisa blieb ain Fenster stehen. Sie sah ihn nicht mehr. er mußte zum Strand gegangen fein. « Eine eigentümliche Schwere war in ihren Gliedern. Jiiires zarte Liebkoiung hatte ihre Erreguiig ge brochen Jhre Gedanken oerivtrrten fich; Worte. Gefühle, Crinneriingen fchiviirteii farbig auf. Liia trat itin Tiich, sie stützte sich fest auf vie mite. Da stand ja der Kassee —- -- —. Merkwiitdig! Nun ivac es ganz leer in ihrem Kopf Liia mußte sich letzen, fie fühlte eine diejeriie Müdigkeit So saß sie eine Weite. Bann nahm sie ganz in Geoanten pi- Kan ne, goß Kaiser in are Tasse, tat langsam Zucter und Milch hinein, mechanisch, wie avweseno, und plöni lich spürte fie, das- sie ein reißenoer hunger befiel Sie safz an vern großen Tisch mit du häßlichen unten Decke. herz und hirn waren leer. Sie fühlte auch nicht« was sie tat. Nach einer Werte fiel ihr ein, daß dies seit gestern abend ihre erste Mahlzeit war. Sie blieb noch lange regungslos sikern Dann wurden ihre Gedan len tlar.r; aber es lieh etwas zu rück, wie eine seelische und körper liche Lähmung wie ein leichter Rausch. oer sie automatenhaft han deln ließ. Lisa verließ das Zimmer, sie fühl te, vasz sie unsicher ging, und betrat die Gasistube. »Ich möchte zahlen,« sagte sie. .Der Herr hat bezahlt.« »Geh Sie mir ein Zimmer uno lassen ie um ein halb neun bei Tit anllopfrn, ich sahre mit dem ampfer, ver nach neun Uhr Trau oerlasti » »Die Dame lann ein Zimmer wählen.· »Ganz gleich, geben Sie mir ein stilles Zimmer.« Die Wirtssrau schritt voran und trug Lisas Handgepiicl.« Kaum hatte sich die Tit-r hinter ihr geschlossen« da warf sich Lisaans gekleidet, wie sie war, aus das Bett-4 Jhre Gedanlen oerwirrten sich wieder. « Sie schlief nicht, sie war zu Tode! erschöpft, unfähig, sich zu rühren. » «Jch hin wie ausgehöhlt von mei-; nem Schmeer klang es in ihre Oh-. ren. « Von meinem Schmerz? doch-i te sie in dzrmpser Neugier. i ReimSchmerz fühle ich nicht,aberi ich bin wie ausgehöhlt, auch ich. Wer sagte es doch? Andras mre sagte es. Nebelha sah sie sein Bild, es» rauschte in ihren Ohren, und bannt iiiuteten Gloaen immer näher, un erträglich nah! Plötzlich klopfte es Wie laut es doch klopft. dachte sie nnd erhob sich. Ein Mädchen steckte den Kopf durch die Tür. » sollte Sie weden, Fräulein· et ifi etwas spät geworden, Sie müssen sich beeilen, das Schiff hat soeben angelegt.« Lifa sprang auf und gab dem Mädchen das Gepäck in die Hand «Schnell, schnell, zum Schiffl« «So schlimm ift es nicht,« sagte das Mädchen, ahee sie ging. Lisa bezahlte die Wirtsleute, im mer noch das Klingen in den Oh ren, die Unsicherheit in den Glie dern. dann eilte sie gedlintenlos, wie sehend zum Dann-sen Sie ließ sich sofort eine Kahine anweifen. « Als fie das Raufchen des abfuh renden Schiffes hörte, löste sie ge rade ihr haar· Da fühlte fie es wieder deutlich, wie ere fie in seine Arme fchlofz und zart und innig dieses haat tiiszs te. Sie preßie ihr Antlin in die lange hlonde Fiille und weinte htt terlich. Um dieselbe eit ging Andrad Jnire auf das us zu, in dem er spielen sollte. Der Regen strich nur mehr wie ein leichter Schleier durch die fchinas len, spiegelnden Gassen. n der Tiir stand Bellt-gib der Ha geister. Idee fchwnrze Ahendanzua hing lqse unt den langen, hageren Mir pet. Der Zigeuner hatte die Arme mschrlintt und blickte die Gasse ent Sein West t war don der Later ne iiber der lir hell beleuchtet. » Den gutmütigen breiten Mund be schattet ein fiarker dunkler Schmar bart, an dem Balogb ungeduldig kaute. Die Augen waren wie schwar ze Kirschen, das ftraffe dunkle ant, das dicht über einer niedrigen tirn anießie, gliinzte oon Pomadr. Merdammn er müßte doch end lich tommen,« murmelte er, «wöre nur das blonde Weib geblieben, wo sie war, sie macht ihn ganz elend.« Da lam Andrab ere die Gasse heraus, langsam, gesenkten Hauptes. Der Baßgeiger, der schon mit eres Onkel auf dem Baltan und in ganz Oefterreichsllngarn herum gewandert war, liebte aus der Welt niemanden io sehr, wie den jungen Primab. Er hatte ihn als Kind ge lannt, als Knaben, und später als den gefeierten, neuen Stern. Nie mand war glücklicher als er, wenn eres Spiel alle Herzen bezwang Oft hatte er große Pläne im Kopf für den jungen ere, vorläufig war er nur seine rechte hand, sein Kas sierer und iein ergebener Freund — aber — wer konnte wissen! — —! Als er den Primaö so still die Gasse entlang kommen fah. witterte er mit dem seinen Gefühl eines treuen Hundes, daß der Herr litt. Er ging Andrab entgegen und legte den Arm um seine Schultern· «Andrab, laß doch, gräme dich nicht, ich weiß, ed ist um die Blonde, ich sah es fchon in Ragusas Andms wehrte ab. Der Baßgeiger ließ sich nicht be irren. »Sie ist sort, nicht wahr, lann mir es denken, lomrnt und quält Dich und rauscht davonl« »Ich bitte Dich, laß das, Balogh, Du weißt nicht, was Du sagst.« INa sa, schön," sagte der Basi geiger, »oielleicht weisz ich es nicht, aber daß sie Dich elend gemacht hat, diese Blonde,« —- er sagte das Wort mit oerhaltener Wut —- «das sehe ich, sehe ich jeden Tag.« ,Es ist nicht anders, Balogh, wir wollen nicht davon sprechen.« Sie gingen in die lleine Gast stube, die dicht gedrängt voll Men schen war. «Drinnen im Saal wartet alles aus Dich, Andras,'« sagte Balogh, »wir haben seit acht Uhr allerlei her untergespielt, es ist gut, daß Du lommst.« »Na, also —- gehen wir.« Die Pause war gerade beendet Andras ere stellte sich oor die Kapelle, er grüßte niemanden. Der Cimbalspieler, der einen raschen Blick mit dem Baßgeiger gewechselt hatte, reichte ihm die Geige Der Primaö prüste ihren Ton, ries den Zigeunern leise einige Wor te zu, und dann schwebte der süße Klang eines alten ungarischen Lie des liber die Menge dahin. Das war nicht mehr der Saalknit den lächerlich bunten Girlanden und Fahnen, das war leine stumpfe Hee de von Menschen, da schwoll das Meer, das ewige, blaue, und An dras sah ein großes Schiff, das sie hinwegtrug, sie, die ihm nun so un begreislich sern war, serner als in den langen Wochen zehrender Sehn sucht. Und seine Geige sang ihr ein Lied. Schwert-tätig voll unendlicher Trauer zogen die Töne dahin, wie eine trostlose, menschliche Stimme, wie eine Klage, die ohne Ende aus und nirderwogt. Langsam nur trennte Andras sich von seinem Gesicht. Er sah die Köpfe da unten, empfand die un erträgliche Hitze des Saales — und brach ab. Die gebundenen Seelen sühlten von Ferne, daß sie etwas außerge wöhnliches gehört hatten. Ein srenetischer Beifall umtobte ihn. Andras ere wandte sich sinster ab. Elstes Kapitel. »Glaubst Du, daß ihre Eltern noch leben?« Peter Bartel sah von sei nem Aqunreli aus zu seiner Frau hinüber. Die hatte eine große, helle Schürze umgebundem saß aus einem niedrigen Schemel und zog Bohnen ab. Rechts und links von ihr in sauberen Körbem und aus ihrem Schoß häusten sich die grünen, zar ten Bohnen. Frau Bartel überhörte die Frage. »Sage mal, mein Kind, siir wir viele Menschen willst Du eigentlich Bohnen einmachen?« «Nut siir uns drei, für den einen oder anderen Winters-ist« und dann kommt die Pslegerin und holt für khre.SchiiIlinge. ach, das geht alles ort." »Für uns drei? Denlst Du, daß Lisa bei uns bleibt? »Dein bleibt sie.« «Spricht sie eigentlich nie von zu Dausei« »Nieniali, ich dente ost, sie ist die echte Ratt-deutsche, stolz, verschlossen eigentvtllig, überaus wohlerzogem aber tief drinnen hat sie ein war mes, reiches erz.« «Sie mag ein, tote sie will, i habe sie wirklich lleb,« sagte Pete sattel, er sprach etwas gedehntz während der Unterhaltung mit seiner1 Frau sah er hin und her, sein Anna-I rell mit dem bliihenden Garten ver-i gleichend. j »Maria, komme mal her, meinst Du nicht« daß viel Sonne darin ists »Aber Alterchen, wie tann ich denn lommeni« Sie deutete lachend aus sihren Schoß, in den sie gerade wie ider eine große handvoll Bohnen ge lladen hatte. - »Also komme ich zu Dir!« , Beide vertiesten sich in das fertige ; Bild. i Peter Partei hatte seine Frau an den Schultern umfaßt, und sie lehn te sich an ihn. »Ja, und danni Vielleicht ginge hätte so viel Sonne in sich, wie Du aus diesem Siiia Garten sesigehals ten hasi.« »Sie ist sehr verändert seit ihrer Reise,« sagte Peter Bariel, »ich denie ost, man sollte doch versuchen, die Adresse ihrer Angehörigen zu ersahren.« »Ja und dann? Vielleicht ginge sie ins Wasser, wenn man käme und sie holen wollte. Nein, nein, wie wollen sie gewähren lassen." Peter Bartel legte die Arbeit bei seite und setzte sich neben seine Frau. »Hm sie Dir nun nichts gesagt als sie neulich von Trau so ge brochen nach Hause lam, und Du sie pflegtest?'« »Ja, sie machte so eine Andeutung, als ob sie den Mann verloren hätt-, von dem sie mir damals sagte, daß sie ihn heiraten würde.« »Mit der Bandit das Möbel be trogen, weiß Gottl" »Nein, nein, es muß anders ge wesen sein,« sagte Maria Bartel, »e5 lam mir so dor, als ob sie nicht zu ihm hingesunden hätte.« »Na, dann wäre ja alles gut.’ »Gut, nachdem Lisa um dieses Mannes willen ihre Heimat verloren hatt« »Woher weißt Du basi« »Na, so etwas siihle ich doch.« »Aber die Eltern werden sie schließ lich wieder ausnehmen. Mein Gott, es war sicher irgendein romantischer Streich, deswegen stößt man sein Kind doch nicht in die Welt hin aus.« »Ah, da iennst Du solche Leute schlecht! Jch tenne sie bessert Lisa ist aus sehr gutem Hause, das sah ich sosort. Diese Leute verzeihen nicht. Der Vater ist sicher ein hoher Beamter, da dars er so ein irrege lausenes Lamm nicht mehr ausneh men· Die Form, die Form, Peter, die erdrückt alles. Kommt sie reuig nach Hause zurück, dann wird sie irgendwo hingesteat, wie ein Verbre cher, in ein Stist oder Kloster, was weiß ich, aber ohne Freiheit und Freude! Nein, da ist es noch bes ser, sie setzt sich irgendwie durch· Sie hat doch das Lehrerinnenexamen ge macht, sie sagte gestern selbst, « sie wollte sich ihre Papiere tommenlas sen. Aber wie sie das machen will, ohne sie zu verraten, das sagte sie nicht." »Sie wird schon Wege sinden," meinte Peter Bartel in Gedanken. «Was meinst Du, Peter, tönnten wir ihr noch einige Unterrichtsstuw den oerschasseii?« »Nein, das glaube ich nicht. Das mit dem bang Gestedtner, das war ja ein reiner Zufall, und die alte Baronin, der sie vorliest, reist mit den leßten schönen Tagen ab." Pe ter Bartel lehnte sich zurück und sah in das Blattwert hinein. »Ich dachte auch gerade darüber nach, daß das arme Mädel ihre schöne Ruhe eigentlich ganz verloren hat. Wie ist sie doch verändert! Selbst der Malunterticht sreut sie nicht mehr, und sie war so voll Eifer und Begeisterung. Da lönnte es schon sein, daß sie sich doch nicht durchschn, wenn sie ganz allein da steht, mit einer großen Enttäuschung im Herzen.« »Ja, das dachte ich auch schon, und gerade darum meine ich, daß die Lisa bei uns bleiben muß, so lange wir sie hallen können. Viel leicht wird sie ganz heil nnd gesund hier in der großen Wintersiille.« »Du bisi so sicher, daß sie bleiben tvird,« meinte er nachdenklich, »und sie war schon zweimal im Kurhaus in Pietoer um die Zeitungen wegen einer passenden Stellung durchzuse hen.« »Da kommt sie mit Hans Ge stedtner. Wieviel Stil sie doch hat," sagte der Maler leise, »jetzt, wo sie so bleich ist, mehr noch als früher.« »Grüß Gott, Frau Bartel, griiß Gott, Herr Burtel,« rief Hans Ge stediner fröhlich, »ich bringe viele Grüße von meiner Mutter und On tel Hof-at« —- er dehnte das Wort mit drolliger Feierlichteit —- »hat sich riesig iiber das herrliche Bild gefreut, er sagte, es sei fein schön stes Geichent zur silbernen hochzeit.« »Das freut mich, freut mich wirk lich·« Peter Bartel rieb sich die Oiinde, die vielen Fältchen huichten fröhlich iiser sein Gesicht. »Na, und wie geht es der Frau Mutteri Kommt sie nicht mal wieder heri«; »Nein, sie mag ja das Steingerölle nicht, wie sie sagt, und zudem: seit ich einen Vormund und gesirengen Lehrer habe,« —- Dans Gestedtner tvies mit einer tiefen Verbeugung lachend auf Liia hin -«,,seit der Zeit ist sie ganz ruhig.« —-i Lisa hatte Deren und Frau Dattel begrüßt und nahm ihrem Schüler die Deste und Bücher ab. »Er tut es nun mal nicht anders sagte sie lächelnd, «er trägt mir vie Bücher.« Dann schritt sie in das Haus und gin in ihr Zimmer. s ganz sah ihr bewundernd nach. ! »Na, was macht das Lernen, jun Jger Freund,« sagte Peter Bartel, »,,lvetden Sie im herbst in Jhre Isilasse einspringen tönnen2« «Uebetspringen, überspringen.He:r Bartel!« Jch sage Ihnen, Fräulein van de Sandt, vie nimmt die Sa che heillos ernst. Die M.:tuka hätte ich bald, wenn ich immer solche Leh rer gehabt hätte.« »Na, na, und die Geige-" »Ja, die Geige! Das ist es ja! Fräulein van de Sankt versteht das alles. Sie verekelt tnir das Lernen nicht mit dem ewigen Hinweis dar auf, daß das Geigen erst in zweiter Linie kommen dars, eine aussichts lose Sache sei, und wie das immer so heißt, schon seit Jahren! Sie sagt, die Musit ist nun mal für Sie die Hauptsache, und da müssen Sie vie Zähne zusammenbeißen, den Tag so einteilen, daß diese Hauptsache ihr Recht behält, und das rann sie nur, wenn der Körper gesund und start ist. Weil Sie nun auch eine gründ liche Schulbildung haben sollen, heißt es wieder mit der Zeit spa ren, also: wenige Stunden, aber in tensiv, arbeiten, nicht träumen, nicht ungeduldig sein, den «llugen Kaps« da zusammennehmen, sagte sie.« Der junge Hans strahlte. »Den »tlugen Kaps« hat sie gesagt, Frau Variet Sehen Sie, das glauben Sie nun wieder nicht« Sie lachen! Sie len nen mich eben nicht. Darf ich bei den Bohnen helfen?« »Nein, nein Hansl, lassen Sie nur, Leute mit so tlugen Köpfen achten nicht genug aus alle die Fein heiten beim Bohnenabziehen, und mein Peter und ich haben im Win ter die Last davon.« »Aber ein Stündl hier bleiben dars ich dochi" »Natürlich, holen Sie sich einen Stuhl heraust« Peter und Maria sahen sich an. »Ein lieber«Junge, der Hanö,« sagte Frau Bartel, »wenn er nur recht gesund würde.« Da trat er schon hinter Peter Bartel: »Und einen Garten haben Sie! Wundervolll Das Bild da möchte ich haben, Herr BarteL Beriausen Sie es nicht! Wenn ich mal erst berühmt bin, ein großer Geiger, Sie wissen ja," er lachte, »dann hole ich mir das Bild, und wenn nicht, wenn es nicht reicht, so, oder mit der Ge sundheit nicht, dann möchte ich hier in diesem Garten liegen, da an der Mauer unter den Lilien, und Sie lassen eine schöne Marmorplatte in die Mauer ein, Marmor muß es schon sein, Herr Bartel, und daraus soll stehen: »Hier ruhet Hans Gestedtner mit seiner Geige im Arm. Wir bet teten ihn in Rosen.« »Aber Hansl, hansh was reden Sie sür einen Unsinnl« ries Frau Bartel. Alle drei lachten. Da trat Lisa aus der Tür. »Ich möchte nach Piccolo hinüber gehen,« sagte sie, »vielleicht bin ich nicht pünktlich zum Abendessen zu Hause. Warten Sie nicht aus mich, liebe Frau Bartel, ich hole ntir etwas aus der Küche-« »Dars ich mitgehen?«« fragte Hans. »Nein, nein, aus teinen Fall, Sie müssen jetzt ruhen.« »Vielleicht wäre für Sie aber auch Ruhe gut,« meinte Frau Bariel. Sie sah besorgt in Lisas schmal gewordenes Gesicht. »Ach, ich!« Lisa sah so müde aus. »Ich sühle mich ganz frisch: mir ist nie wohler, als wenn ich herumlau sen lann.« « Sie nickte allen zu und versuchte ein heiteres Lächeln. »Als-) aus Wiederseheii,« ries sie, schon im Fortgehen. Die Gusse hinunter, unt Hasen entlang, das köstliche, bunte Bild, toie hatte sie es geliebt, und nun die Landstraße, dann der lange Strand toeg mit den ausspriszenden Wogen und dem leuchtenden Gestein: siir Lisa war alle Schönheit zur Qual geworden! Sie hastete an allein vorüber. Vertriechen und verenden, dachte sie stumpf —- — —. Und doch war eine goldene Schön heit über Meer und Land ausgegos sen. Es war, als ob keine Erden s were dieser großen, seligen Ber ildrung mehr anh.1stete, als sei es der Vorabend eines ewigen Sonntags. Lusstnpiccolo stand in einer golde nen Lohe. Die Schisse irn Hasen ruhten in sliissigem Gold, Not und Blau. Es wurde ein Dam ser erwartet, und die vielen Müßigganger, die Ge käckträger und die Kutscher mit den eichten, kleinen Wagen versperrten den Weg. Lisa drängte vorwärts, um zum Kurhaus zu gelangen. Da siihite sie piöhltch ihre Schulter berührt. Tief erschrocken wandte sie sich um. Vor ihr stand der Baßgeiger. Er liistete leicht den Hut und sagte unvermittelt s-—— »Ftöuletn, der Andras Jnire ist schwer lrant.« «Schwer trank?« wiederholte sie mechanisch, und ihrer Ueberraschung Herr werdend, fuhr Sie fort: »Wir ist er denn, hier in Lulfinpireoluia »Ja, hier, er lann nicht weiter. Er hat versprochen, heute noch einmal zu spielen. Wie er zur Probe ge tommen ist, ist er hingefallenk «Und dann?« »Wir haben ihn in sein Zimmer ge bracht.« »Ja, aber so erzählen Sie doch, was fehlt ihm? Haben »Sie einen Arzt geholt?« »Was ihin fehlt? Fieber hat er. Was ioll da ein Arzt?" «Bringen Sie mich zu ihm." »Ich weiß nicht, vielleicht tut es ihm nicht gut, und ich muß alles zur Abfahrt herrichten.« »Wie, Sie wollen den Kranken mitnehmen-» «Ja, ich werde ihn doch nicht allein lassen, nnd wir können hier nicht bleiben.« »Bringen Sie mich zu ihm,'« wie derholte Liici dringlicher. »Wenn Sie durchaus wollen, Fräu lein,« sagte Balogh zögernd, Er wandte sich lässig zum Gehen. Vielleicht verstehe ich das« alles wirklich nlchl, seichte er, vierte-ihr freut es ihn. Wir werden ja sehen Er ging niit Lisa den Hasen ent lang und bog dann in eine Neben gasse ein. Da stand ein altes Gast haus. Balogh zeigte aus die Tür: »hier hinein, die Treppe hinaus, und dann die dritte Tür links.'« Lisas Herz schlug hestig. »Wollen Sie nicht mitgehen?« »Ich kann mitgehn.« Balogh sagte das gedehnt, leicht erstaunt. »Herr« —- Lisa zögerte — »wie heißen SM« »Balogh.« »Herr Balogh, es wäre mir lieb, wenn Sie zuerst zu Andras ere hineingehen würden und ihn fragen, ob er mich sehen will, ich warte hier Bitte, seien Sie so gut. Er könnte sonst erschrecken.« Sie waren in den dunllen Haus flur getreten. Jn ihrem lichten Kleid, mit dem bleichen Gesicht, in dem die Augen vor Erregung brannten, stand sie vor dem Zigeuner. Der antwortete nicht gleich, er sah das blonde Mädchen an. Sie ist doch ein süßes Weib, dachte er, sie hat den Andras vergiftet, ich glaube schon. »Gut, ich spreche mit ihm,« sagte er. Sie stiegen die Treppe hinaus, nie mand begegnete ihnen. Alt und sung war draußen. Vor der Tür blieben sie einen Moment horchend stehen. Kein Laut. Balogh ging hinein. Lier hörte, wie er einige Schritte machte und dann stehen blieb. Dann war wie der alles still. Eine furchtbare Angst packte sie. Wenn er stirbt, es überlies sie teilt, wenn er nicht mehr lebt, ich wäre die Mörderin, ich allein! Zitternd össnete sie die Tür. Balogh stand über das Bett ge lehnt, er trat zur Seite und wintte Lisa, näher zu lommen. Auf dein Bett lag Andras ere, völlig angelleidet, seine Augen waren geschlossen, die Lippen zuateii. Voll Danlbarteii, des Zigeuners nicht achtend, kniete Lisa an dem Bett nieder und legte ihr Gesicht aus eres Hand. Die Hand war heiß und trocken. Dann stand sie aus, strich leise über Jinres Hand und die schmalen braunen Wangen und beugte sich ties zu ihm herab. Der Zigeuner sah ihr verwundert zu. Sie wandte sich an ihn: ,,Sind Sie sein Freund?« »Ich leiine ihn seit seiner Kind heit.« »Andras Jinre ist schwer trank, Sie halten recht, aber er lebt,« sie sagte das mit einer zarten Freude, »und er ist so jung. Ich will ihn pflegen, Herr Balagh, bitte, lassen Sie ihn hier.« »Ja, ich weiß nicht,« Bologh zö gerte. Er ließ ieinen langen Schmier bnrt durch die Finger gleiten und fah Lifn überlegend an. ,,E..- tönnen ihn ja nicht mitneh men, Herr Balogh, das sehen Sie doch!« »Nein, es geht nicht gut,'« sagte der Zigeuner betrübt. »Wenn Sie wirklich sein Freund sind, dnnn helfen Sie mir, packen Sie bitte Andras Jnires Sachen zufam men, ich lnufe derweil und hole einen Wagen. Jch nehme Andras mit zu mir, ich wohne bei einer sehr guten, lieben Familie, die werden ihn auf nehmen« Sie flüsterte hastig, eindringlich. - Währenddessen schlug Jrnke die Augen auf. Jn einem halben Be wußtsein sah er Balogh Und Lisa beifanimenstehem er wollte sich auf richten, etwas sagen, da hörte Lisa die Bewegung. Gleich stand sie wieder neben ihm. Sie legte ihre Hand auf seine Stirn »Jtnre, lieber ere,« siiisterte sie, »i? bin es, Lifa.'« in glückliches Erkennen verklärte sein krauses Gesicht. »Lisa!·« Seine trockenen Li pen formten mit Mühe dieses eine ort« »Willst Du mit mir gehen7'« fragte List-, « age, M« »Ja« »Sie haben es gehört, Bolog agte sie freudig ,bitte, packen le« sch gehe lebt-« Sie strich noch einmal leicht sk eres hand, dann eilte sie sm. Balogh trat an eres Bett, er hatte ein Taschentuch angeseuchtet und legte es au feine Stirn. Er beleuch tete feine ippen. »Na, Jtnre, ich tue was Du willst,« sagte er leise: »Sie soll mir schreiben. Das blonve Mädel, sie ist besser, als sich gedacht hob.« s ere lag wieder teilnabmöloö ba, saber er reichte dem langen Zigeuner die Hand. Der machte sich behutsam an seine Arbeit, und als Lisa zutiicttanh war alles besorgt, neben dem Gepiicl la gen einige Noten und die Geige. Hinter Lisa trat oer Wirt ein. Er war ausgeräumt, lebhaft und sehe bereitwillig. Der Krante sollte fort geschafft werden: um so bessert Er stellte Decken und Kissen zue Verfügung, der Transport im Wa gen war sa nicht leicht, und sobald die Sonne unterging, wurde es emp sinblich fühl. Als Lisa an Jcnres Bett trat, sah ct ihr suchend in die Augen. Er war bei Besinnung Bifa mugte sich anwenden. Zum ersten Mal in dieser erregten Stunde fragte sie sich: handele ich selbstlos, treibt mich nur die Sorge um ere oder auch die Sorge um meine eigene verzweifelte Lage? Nehme ich mich feiner an, weil ich mich von einem Vorwurf befreien wills — Bitter stieg es in ihr auf: kann ich denn garnichts mehr aus Güte tun, aus wahrhaftem Mitlei den? Und wiederum: will denn ere mein Mitleideni Würde er mit mir gehen, selbst wenn nur Mitleiden mich treibt? Weshalb fah er mich fo for schend ans· Sie hatte sich im Zimmer zu schaf fen gemacht und trat wieder an fein Bett. « »ere,« sagte sie leise, Balogh und ein Hausknecht trugen gerade das Ge päck und Decken zum Wagen, sie war allein mit ihm, «ere, ich meine es gut« Er konnte seinem eigenen Gedan kengang nicht mehr klar folgen. «Späker, Lifa, später. Jch sage Dir alles,« stammelte er. Lisa küßte ihn auf die Stirn ,,Nicht mehr denken, lieber Jnire, vertraue mir, ich meine es wirklich gut.« Er schloß die Augen! Als Balogh ihn tragen wollte, wehrte ere ab. Er umfaßte die Schultern der Männer und ging bis zur Treppe. Dort ließ er es gesche hen, daß man ihn trug· Balogh wollte nnt nach Grande fahren, aber Lifa wehrte freundlich ab. Sie hätte feine Hilfe gebrauchen können, aber fie hatte eine unüber windliche Scheu davor, mit einem Zigeuner vor die Augen von Peter und Maria Bartel zu treten. Sie drückte Bologh dankend die Hand. »Ich gebe Nachricht, Herr Balogh, nach Budapest, ich habe die Adresse auxgefchriebem verlassen Sie sich dar au .« Der Wagen fuhr langsam davon. Balogh fah ihm lange nach. Er war sehr traurig um Andras Jtnre und voll Verwunderung über das blonde Mädchen. Sie hat ihn in all den Jammer hinein gebracht, dachte er, und sie liebt ihn doch. Mehr konnte er nicht begreifen, feinere Gedankenfäden hatte er nie gesponnen. Was für ein großartiger Primas cr war, dachte Balogh weiter, es gibt keinen wie er. Jetzt ift er krank, krank —- vielleicht kommt er nie zu rück. Balogh nagte nachdenklich an sei nem Schnurrbart, er wischte mit der Hand über die Augen und ging ins Haus zurück. —- -— — — Lifa hatte eres Kopf an ihre Schultern gelehnt. Der Wagen war geschlossen. Jinre stohnte bisweilen leise, Pisa hielt seine Hand, Als der Wage-i aus der Landstraße war, kam ein klarer, würziger Hauch vom Meere herüber und strich über Jrnres Gesicht. Er lächelte mit ge schlossenen Augen: »Meine Köiiigin.« Wehinuisvoll fah Lisa in den sin lendeii Abend. Es schien ihr, als ob das Fieber heftiger würde. Sein bleiches Gesicht tötete sich, er sprach abgerisseiie Worte· Lisa ver stand sie nicht —- Worte seiner Mut tersprache. Der Weg zog sich so lang hin, Li sas Sicherheit schwand. Sie fragte sich iiiiiiier wieder, ob sie recht daran getan hätte, Andrus ere mit nach Granre zu nehmen, oder ob sie nicht sofort einen Arzt jhätte rufen lassen sollen, der dann alles hätte anordnen können, so wie es für den Kranken am besten war. l Als sie merkte, wie der Wagen lendlich zum Oasen hinabrollte, at mete sie auf; nun noch die tleine Stei «gung, und das Schlimmste ivar über standen. . (Fokisktzuåg foigi). — Kindeemund Martia »Siehst du, die kleinen Sardinen wer den von großen Fischen aufgefre en.« Karlchenr »Wie kriegen die me Idie Büchsen aufli« -