die We Dem Leben tiacherzählt von Heide Schriter »Ach Gott! Ach Gott! Ach Gott! cmih wir haben Kriegl« Zittetnd siel Liese auss Sosa, lleminte die ausgestreckten Arme mit den ineinander gerungenen Händen Lwischen die Knie und saß in ihrer itadesangst zusammengelauert wie ein Vögelchem das aus den Cin sturz des himmeld wartet. Ader Eniil, den sie gerufen hatte, war nicht da —- noch in seinem Ge schast in der Stadt. So strömten denn die Tränlein, ohne daß ein Trö ster in der Mihe war, und tausend Schreaendbilder von hunger und Mord, von Kindetdeischleppung nnd Pestilenz tobten durch Frau Lieses armes Hirn. Dann aber hörte sie «Friiulein« mit den zwei Möden nach Hause kommen, und nun war es ganz aus mit ihrer Fassung. «Lieselott und Linn-Maria« Be bend siel die Mutter an den Kindern nieder. aVater muß in den Krieg, und wir müssen sliehenl Und hun gern werdet ihr müssen« ihr armen Kleinen. Und wer weiß, wie lange wir noch zusammen findt« Nun singen auch die Mädel ein schreckliches Geheul an, und als Va ter Emil mit wichtigem Gesicht heim tam, da tonnte er taum zu Worte kommen. «Nee, weißte, Liese, mit deinem Weinen ist da nun nichts zu machen. Nun saß dich m.«ii· Und ich brauch’ ja auch nicht mit. Und tiusine Lene hab' ich eben getrasseiy die ivill gleich ins Lag-um« sagt s.e'«. Noch halb verstort starrte Liese ihn an. »Du brauchst nicht mit?« ,,Ree, warum denn wohli Jch bin zweiundoierzig und had nicht gedient. Nur mit dein Geschast — psui Deu del, das lann schlimm werden«. »Und Lene will Verwundete pfle geni« »Ja, das sagten überhaupt alle Frauen. die ich unterwegs tras. Sie wollen iesst alle siir die Allgemeinheit tätig sein«. Nun trocknete Frau Liese schnell ihre Tränen. »Na. wenn du nicht mit brauchst, dann ist ja auch alles nur halb so schlimm. Zwar —- die armen Sol daten! — Ra, das ist aber ja nun mal ihr Beruf. Also denn will ich nur schnell mich in ein Lazarett mel den«. Ein Monat war vergangen. Frau Liese hatte nun völlig die Fassung wiedergefunden »und tonnte recht ernste Worte zu Freundinnen sprechen, die den Zions hangen ließen, weil ihnen die Männer in wenig Stunden von der Seite gerissen wor den waren, und die nun in Bangen aus die alt-bleibenden Nachrichten warteten. »So zeigt doch, daß ihr deutsche Frauen seid. Seist mich an. Jch will nicht, daß mein Mann eine topshiins gerische Frau sehen muß. Jch bin schrealich sleißig und sagte mir: Was der Krieg bringt, naß ohne Murren getragen werden«. Die Freundinnen schauten mit stillen Gesichtern zu der so stariner digen Liese empor und bewunderten ihre Ruhe. »Du arbeitest in einem Lazarett, nicht wahr, Liesef Deine Kusine Lene erzählte schon, wie so sehr anstrengend das ist. Und dabei siehst du so pruchtvoll wohl aus«. .Ach nein, wißt ihr. Den Gedan len zu pslegen habe ich ausgegeben. Es tat mir ja schrecklich leid, aher ich konnte et doch wirllich nicht mit mei ner Würde als Frau und Mutter ver einen, mich wie ein Schultind hinzu sehen und zu lernen. Wie ost habe ich meinen Mädeln schon nasse Um schliige gemacht! Und meinem Emil habe ich den hats gepinseltl Und nun alles von Anfang an neu lernen! Rec, das war mir zu dumm«. .Jn welcher Weise st du denn nun sleißig zu sein, Lese7« »Oh, ich muß enorm schassent Jch hatte ei iir meine erste Pflicht, zu sparen. Jch habe sosort mein Fräu lein entlassen, und nun muß ich den ganzen Nachmittag mich mit den bei den Miideln beschästigen. Und ich habe auch sosort mein hausmiidchen entlassen, und nun muß ich alles al lein kochen und plättem Wirklich, ver Krieg macht mir arg zu schassen!« »Aber Lieset Eigentlich sollten wir Begüierten unsere Angestellten nicht gerade seht aus die Straße se en. Warum rnuszt du denn so sehr pa reni Leider Emils Geschäft so sehr unter been Krieges Die Arbeit ist uns Frauen so segenöreich setzt, Liesc. Nun hast du nicht viel Zeit, dir Sor gen über deinen Cmil zu ma en. Jst er eigentlich im Osten oder Westens Er hat sich doch gleich anfangs ais Freitvilliger gemeldet, nicht wahrs« .Ach nee, Kinder! Das tvar zum Glück nur so ein Gedanke in der al lerersten Begeisterung. Alt Ernil zur Vernunft tam. hat e« schön blei ben lassen! Tin, eure Männer sind Reserveossiziere, sür die ist ei tein Dpser hinauszugehen Aber Etnil hat nicht gedient; der müßte als Ge meiner eintreteni Born Mannschastgs tssen müßte er leben, und in der Ka serne rniißte er wolkneni Nee, nee, mein Cutil muss se ne Gemütlichkeit habieiy und sein Geschiift hat ihn auch irbtg«. . - Liesei beide Freundinnen dachten an ihre Männer, die tief in Feindes iand waren. Sie sahen sich an und schüttelten leise die Köpfe. hier war also ein haus, das in großer Zeit nur lleine Gedanken hegte. Ob sie versuchten, Liese i.uszuriit telnt Ob sich nicht auch hier der Funke schlagen ließ, der Millionen deutscher Herzen entzündet hattet »Dann also leb’ wohl, Liefe. Wir zwei müssen zu der Arbeitsauögabe, die wir für die Heimarbeiterinnen übernommen haben. Aber schade isl’s doch fiir dich, daß du nicht auch ein bissel für die Allgemeinheit schaffen hilsst. Du glaubst nicht, wie froh das macht und wie das trostel". Liese ereiserte sich. »Oh, wie recht ihr habt. Wenn ihr nur wußten wie ich mich danach seh ne, auch helfen zu Lutfenl Wie furcht bar groß wird noch all die Not wer den, und wie wahnsinnig gerne möch te auch ich mein Teil beitragen in die ser schweren Zeit! Jch kann euch gar nicht sagen, wie ich darunter leide, nichts tun zu können«. »Hu lönneii7« »Jawohl! Jch rann wirklich und wahrhaftig nichts tun, denn —- so ost ich auch den Wunsch schon gehabt habe, mittun zu wollen« niemand kann inich gebrauchen, und alle Stel len, die fiir mich passen, sind schon besehtl Jch leide schrecklich darunterl« Fast traten Tranen in Frau Lieses Aeuglein, aber ihr sollte schnelle Hilfe aus ihrer Not werden, denn fröhlich nahmen die beiden Freundinnen sie bei der Vand, und die eine ermuntern »Danii danle nur dein Himmel, lleine Liefe, daß er uns zwei beide heute zu dir hingeführt hal! Denk dir, wir heben Aroeit in Hülle und Fülle für dichl Jm Gegenteil, wir haben oich eigentlich brennend nötig, denn die tllahereiem die wir vom Beitridungoanii übertragen bekommen haben, sind so enorm angewachsen, dasz wir unbedingt mehr Hilfe haben müssen. Sonst werden die Sachen für die ausrückindeii Mannschasten reicht rechtzeitig fertig. Du siehst, wir wollen nicht nur dir eine Freude mit unserem Anerbieten machen, sondern das Vaterland braucht deine Hilse'·. Lieseil rundes fiiiisundzwanzigjähs rigeg Gesicht wurde bitterernst. Ein würdestroszendes llnterlinn legte sich wie schilhend um das junge Obal der Bücklein. Auf der Stirn lagen sin stere Falten, und die Arme ber chriiniten sich vor oer Brust wie zur bwehr gegen einen unsichtbaren Feind. l »Ja, da hohen wir’s! Nun kommt Ihr zu spö« Ich habe lchvn fest versprochen, morgen zu einer Bekann ten zum Tee zu gehen, und nächste Woche habe ich Schneiderim und übernächste Woche wält ich meine El tern in Dresden besuchen. Jch kann ihnen die Enttiiuschung nicht bereiten, abzusagem Und —- und —- und'· — Noch tausend und einen Grund stellte Frau Liese mit Wucht und Wichtigkeit vor ihre Freundinnen hin. Dann Pause. Und dann ein erleich tertes Ausatmen und ein herausge sprudeltes: »Ach Himmel, ja! Wie schrecklich leid tut ed mir nun wieder-, daß ich wieder nicht dazu kommen kann, mit zuhelsen. Aber da seht ihr’ö nun! So geschieh« mir eben immer! Im mer und ewig kommt mir etwas da zwischen. Jhr miiszt wirklich Mit teid mit mir haben«. Diese letzte Bitte ader mußten die zwei Freundinnen ihr abschlagen. Noch nie seit dem Kriege hatten sie herzlicher gelacht, alk da sie nun zu-. sammen die Straße- hinunter gingen und Frau Lieseo Benehmen nochmals überdachten. Wie so ost schon, hatten sie sich auch heute angezogen gefühlt von Frau Lieseö lebhafter Teilnahme, ib rer beredten hilfsbereitschast. Sie waren hereingesallen aus ihre heraus gesprstdelte Innigteit, aus ihre wurmherzägen Worte —- bis —«ja, bis sie nun heute plötzlich wußten, daß alles eben s— Worte waren. Ob Print Liese es sertigbringen würde, Ich toäbrend des ganzen Krie ges untättg zu halten? Fernab von einer Tätigkeit, rie dem Vaterlande galt-. I O Ein Jahr, ein schweres Jahr war vorübergegongen. Noch immer tobte derlKumps in bemmungsloser Ge .sn t. Und noch immer »sparte«' Frau Liese. Emils Geschäft ging glänzender denn je, und die haussrau hätte ge trost die entlassenen Dienstboten tote der einstellen Lönnem Aber sie wollte »etwas siir den Krieg.tun«, und so sparte äu denn eisrig siir —- den ei genen eldbeutet. Emit aber hatte inzwischen eine Betätigung gesunden, erfunden, die ihn hoch olber die Allgemeinheit stell te: sein« Gesangverein «Keuchhusten«, der vollzäitig einberufen war, sollte trüge-n daß auch der in der imat te liebene mit seinen — Ge anten bei ihnen war. Und so ließ et sich die Bereinstasse zur Bersitgung stel len und bestritt aus ihr sunderte von Feldpostpäckchen, die er einen Son eöbriidetn ins Ieindettand nach andte. Kam er aus dem Geschäft, so bitllte ihn diese Kriegstätigteit ändtg aus voll W uud Fu- eieie schaa- dik aus-i scheisten und schniirrte die Päckchen Hart und liebloe ioard da eine-S Tages dieses thll gestört durch den Gestelliingibesehl stir Einil. Auch der ungediente Landsturin mußte nun hel sen, vie Grenzen zu sichern, und es muß gestanden werden, daß Emil iisit schdnei Fassung dein Nase folgte. Er wurde zur Gatde ausgemustert und mußte taglich daraus gefaßt sein, ein berufen zu werden. Auch Frau Liese nahm den Schlag ruhiger, als sie es vor einem Jahre getan hätte, denn ganz ohne Ein fluß ioar die harte Zeit auch aus sie nicht gewesen. Aber als eines Tages ttusine Leue, deren Mann in den Karpathen gesallen war, zu ihr kam, um mit ihren Erfahrungen bei der Besorgung von Einils Ausriistung zu helfen, brach Frau Liese doch in lau ftes Schluchzen aus und gestand, daß j sie mit Nerven und Körper ain Ende ihrer Kraft angelangt sei. »Der Krieg hat mir eben zu sehr » zugeseht. Es bleibt mir nichts übrig, I ais nächste Woche siir einige Zeit an »die Ostsee zu gehen. Die hat inir noch-stets geholfen". Fassungslos blickte die ernste Lene si: all. »Und dein Einili Vielleicht muß ; er doch, schon in den nächsten Tagen, zur Ausbildung fort, und du siehst ihn vor dem Auszug ins Feld taum noch wieder. Willst vu ihm die letzten Tage in seinem schiinen Heim unge « mütlich machen? Willst du ihm deines eigenen Wohles halber Frau und Kinder entziehen, ehe er in pen Krieg geht?« »Ich sage dir ja, ich bin selber irant vom Kriege. Jch muß auch einmal an mich selber denken«. Und Frau Liese verlebte süns herr liche Wochen an ihrer lieben Ostsee. I s s Wieder einige Wochen später. Eniii ivar nun eingezogen. Er war eigentlich ganz zairieden und libte ein ganz vergniigliiheg Soldatenleben. Da es seststand, daß er nur zu den Besatzungstruppen toiniiien iviirbe, war auch Frau Liese beruhigt und gab sich ohne Sorgen ihren Haus haltspslichten hin, die sie sich aller dings, da sie niiii ir einsam war, iiiit Ter- und Kasseebesuchen ein wenig versüßen mußte. Eines Abends —- sie tam even er hitzt aus einem Stricktaffee, bei dem zwar wenig Wolle» doch destv mehr Uaffee verbraucht worden war — fand sie Kusine Lene vor »Ach, liebe, gute Liefe, verzeih, wenn ich dich store. Gemis- bift du müde. Aber willst du mir wohl ei nen tieinen Gefallen tuni Jch bin in einiger Verlegenheit und benutze nur schnell einen freien Augenblick, urn dich zu sprechin". Frau Liese glaubte nicht anders, als dasz sie der im Nachbarhaus wolk nenden Lene ein Buch oder ein Haus haltungsgerät leihen sollte, und deeilte fich, mit vielen Worten ihre Bereitwil ligteit zu ertliiren. »Du weißt ja, Leite, ich tue so herzlich gern alles, was in meinen Kraften steht. Sage mir nur gleich, um was es sich handelt, ich versichere dich, daß ich dir schrecklich gern helfen lvill'«. Lene hatte auch wirklich volles Ver trauen zu Liefes Gutmütigleit und brachte schnell ihre Angelegenheit vor. »Sieh mal. Jch helfe doch siinf Vormittage in der Obsttiiche·' —- Lie fes Gesicht wurde länger — »aber es Jst ganz unbedingt nötig, dasz ich sel ber die ganze Sache in die Hand nehme. Das ist aber nur möglich, wenn ich jeden Tag hingehen könnte. Das läßt sich ja gut einrichten, wenn erst mein Nesthälchen zur Schule geht. Bis dahin ist’s aber noch ein ganzer Monat. Nun habe ich fünf liebe Menschen gefunden, die mir die Kleine jeder einmal wöchentlich mit ihren eigenen Kindern beaufsichtigen lassen. Wie gesagt, es würde sich für dich ja nur um vie vier Freitagmor gen in diesem Monat handeln, und doch wäre eö mir und der ganzen Obfttiiche von so großem Wert, wenn i du erlaubtest, dasz Maust dann mir deiner Lieselott, die ja auch noch nicht zur Schule geht, zusammen spielen s dürfte«. Lene hatte fröhlich und zuversi t lich gesprochen und hatte nicht e merlt, daß Liese ihr Iviirdevolles ) Unterlinn schon zur Hilfe geholt hatte. . »Also dann müßte ich mich ver pflichten, an diesen vier Vormittagen . dein Kind zu Besuch zu haben?'« »Ach ja, das ware lieb von dir, Liesc. Dann lönnte ich beruhigt mei I ner Arbeit nachgehen, das Obst würde ) bestimmt gut verwertet, und da du » doch so ost schon betont hast, daß s du gern sür die Allgemeinheit sorgen s möchtest, so hättest du hier einmal : eine Gelegenheit dazu, die dir wirt i lich weder Mühe noch Arbeit kostet. Jch wäre dir unendlich dankbar«. i Zuerst war Frau Liese recht er i schrocten gewesen; rann hatte sie sich hinter ihre Würde gesliichtet, nun aber tag ossener Hohn aus ihren Zügen. E »Nu: eines verstehe ich nicht« Leue iwie du es über dich bringst, dein - Kind alle Vormittage fremden Leuten zu überlassen«. «Liese, mein Mann it gefallen; ich brauche Arbeit, um ti r die ersten Zeiten hinwegzukommen und um die Empfindung haben zu dürfen, das Wert sitrs Vaterland sortzusehem aus J Jsksf III-ji« k-, i dein er selber su frlih abberusen wurde. Und trosdein wiirde ich ent sagen und still zu hause bleiben, wenn ich nicht wüßtex daß es meinem Kleinchen viel besser ist, wenn es mit Altergenossen spielt als wenn es bei seiner traurigen Mutter sitzt. Bin ich vormittags fleißig gewesen, so kann ich auch nachmittags init ihm ein wenig fröhliy sein«. . Noch immer lag der Hohn in Frau Lieseö Augen. » »Ich verstehe dich ja vollkommen, ; liebe Leite. Aber ich inusz sagen, daß » du wirklich zuviel an dich selber denkst "und nicht auch an mich. Sieh mal. wein Mann ist nun gefallen; das ist ia traurig, aber damit liegt nun aiich alle Unruhe. alle Sorge hinter dir, während ich fast rerzweiseln muß über das, was noch toinnien tann! Auch ich bin jetzt wirklich nicht geeignet, deinem kleinen Mädchen Erheiterung zu bringen, und dann inusz ich auch gestehen, daß ich nicht gern die Ver antwortung fiir fremde Kinder aus mich nehme.« Frau Lene mußte sich später immer besinnen, wie sie wieder aus die Straße gekommen war. Bisher hatte sie Lieses Verhalten immer mit Hu mor beobachtet, nun aber war sie von Ekel übermannt worden« und niit kurzem Gruß hatte sie Lebeivohl ge agr. Die treten-g ioe Imtla — Slizze von Alsred Zciiicnuu Es gab da tein anderes Wort da für; in aller Morgenfriihe um 4 Uhr, die Sonne sah gerade ein bis chen über den tviand der Berge, die Napallo umgaben, und ein rotlicher Schimmer floß zart und diinn durch das silbergriine Laub der Oeldiiume, die aus den Hiigelspitzen standen, da kamen die Jieiliener sacht wie Batzen den Schlangenivea empor und eroberten Rapallo. Das war das Wort, «erodern", und es war ein Sieg mehr auf der Liste des Leut nants Nett. Es ioar schon das driiie Dorf, das er in acht Tagen »erobert« hatte iftun muß inan allerdings sagen, daß alle diese Eroberiiiigen nicht mit Opfern an Munition oder gar iiiit Blut oertnüpst waren. Neris Stra tegie wandte sict inii Vorliebe Ort schaften zu, in deren Nähe tein öfter reichifches Fort drohte, und die tei nerlei Befestigung-en aufweisen. Alle diese Ortschaften dachten auch gar nicht an irgend welchen Wider stand, und der Gemeindevorfteher empfahl sich sofort samt der ganzen Bevölkerung dem Wohlwollen des Berfaglierileutnant5, dein die Kriegs lusi aus den schwarzen Augen brann te, und der einer Ordensauozeichnung aitgsegengitterta Denn Reri hatte zu seinem großen Schmerz den Tripos listrieg versäumen müssen —- da mals hatte ihn ein Beinvruch, den er sich durch einen Sturz von einem rafsigen Gaul zugezogen, gründlich in der Heimat gehalten — und nun wollte er auch gleich die Lorbeeren für eine versäumte Zeit nachpflüclen. Niemand unter all’ seinen Kamera den war darum begeisterter alö er oon dem Krieg, bei dein es ja auch gleich die Erlösung der bedrückten Brüder galt. Das war das Stich wort für das ganze Heer, und bei keinem hatte sich dies Wort so fest in das Gehirn geprägt wie bei dem achtundzioanzifiihrigen Leutnant Ne ri. Es trat sein Kriegsrus seine Fanfare und bei jedem neuen Unter nehmen oerfehlte er nie, seine Leute anzufpornen iiiit einer kurzen, feuri gen Ansprache, in der die Erlösung der unterdrückten Brüder Anfang, Mitte und Ende war. Dani· tam das Hoch auf den König und das tapfere Heer, und dann zog Leuiiiant Neri mit den seinen ftrammen Schrittes vorwärts. Er hat-e auch nichts dagegen, wenn seine Leute un terwegs das Mamelilied fangen, und er summte auch regelmaszig den ine frain mit. Aber sobald er in die Nähe der seindlichen Ortschast lam, gebot seine hand energisch Schwei gen, das Lied brach jäh ab und nun ging es ruhig mit Kahentritten wei ter. So war es auch mit erpallo ge gangen. Neri hatte natürlich feine Rundschafier. die, mit einer Lira zu frieden ihm wichtige Nachrichten zu trugen, und war selbstverständlich davon unterrichtet, daß die Eroberung Ratsallols ohne Widerstand erfolgen würde. Wieder einmal waren die Oesterreicher weit vom Schußl dachte der Leutnant ärgerlich. Man konnte die Kerle wahrhaftig nie zu fassen bekommen Aber einmal mußte und würde es ihm doch gelingen. So rückte er denn in gewohnier Weise vor. und als Rapallo in tie fem Schlafe lag, erscholl schon das energische Kommando des Leutnants iiber den Dorsplatz. Es wollte ein heißer Tag werden. Die Jtaliener tten bereits einen Weg von vier ftunden zurückgelegt und spürten nun große Lust, sich zu erquicken. Aber der »Schwarze Adler« war noch geschlossen. llnd blieb es auch vor läufig, wenn sich nicht die neue Herr schast bemerkbar machte. Der Kor poral Garro hämmerte aus einen Wink deit Leutnants an die Tür Es waren ein Paar tüchtige lombari bische Bauernsäuste, die das olz be schlugen, und da Gar-ro selbt einer s Umb- unger halte, hätte Neei lei inen be neu Klopfet finden tbnnem )E:-o1ich öffnete sich oben ein Fenster und ein zerzausten- geauet Männer lops ersch.en. Wütende Blicke, noch heftigen Worte aus der Zunge, die aber rasch heruntergeschluckt wurden, als Signor Mosca, der Besitzer des Schwarzen Adlers-, der Jtaliener ge wahr wurde. Neti gab dem Gast wikt einen lkäsligen stummen Wink und nach zehn Minuten war Mosca unten. Es slellle sich auch gleich aus die Frage des Leumauts heran-, daß Mosca der Gelnetndeooksteher war und so gab ihm zuerst Neu Kunde von der Ccobekuug Rapnllos cnlt dem streng gerncssenen Austrag, sie unver züglich du gesamten Bevdllerung weileezugeben Mosca schielte sosorl Knecht und Magd in die Häuser, die Leute zu weäen, und nach einer Stunde war Rapalld volllkmmen auf Plan und Gassen und selbst zu den allen bau fälligen Hülle des Ziegenhitlen Pre lto war die Kunde gedrungen von der neuen Herrschaft, und Pietra, mit feinen siebzlajähnges Beinen, stelzte den holpengen Weg zum Dorfs-las hinaus. Es war ein Wogen und Summen tvie in einein Bienenstock zur Schwarinzeit und der Dorfplass war schwarz don Menschen. Aue Köpfe und Augen waren niit dem Ausdruck hochster Spannung auf den Schwar zen Adler gerichtet, hinter dessen staubigen Fenstern Leulnant Ner-. saß nnd boii ker braunen Luigia Mosca bedient ioiirdr. Die Rapallefei- niclteii sich zu, die se: Mosca idar doch ein ganz geris seiier Kerl. Naturtich die Luigial Wenn die es nicht oerstand, niii die sen Gästen umzugehen, dann oerfiand es wahrhaftig niemand hi.r oben. Llllmähig schob stch die Menge na her an den Gasthof heran und be drängie fast torperlich den Posten, der an der Iur Wache hielt. Der ,,Schwnrze Adler« war bis aus den lehren Wintrl oon Yierio Leuten ge füllt, die sich an dem dunkelroren Vanerngselchten, dem Roggenbrot, gelben Lanrtäfe und dem roten Wein ivohl sein ließen, der ioie Purpur glühte. Mosca hatte gerade wegen tiefer- Weineo einen geogen Rus, und die Leute kamen Sonntags stunden toeit, uin einen Eiter dieses Bino rosfo Zu triiiten. Der Leuiiianl hielt es nun für seine Pslichi, dem oeri sammelten Volk von Rapallo iii eig ner Person die Aufrichtung der ita lienischen Herrschaft mitzuteilen, und trat mit Gurt-o aus den Platz. Die Menge ioich etwas zurück. Der Po flen stand stranim und präsentierte das Gewehr während der Ansprache Retti. Der Leutnan begann, foldas tisch, kurz. Er hatte ja die Rede schon ein paarmal gehalten Er be obachtete dabei scharf die Menge. Es tam nur daraus an, was das Weihe wort oon der Erlösung der bedrück ten Brüder für einen eindruck mach te. Die Rapallefen hören zu, stumm, erstaunt, verblüfft. Reti ivar fertig, sah sich uni. Er meinte ein titchern hinter seinem Rücken gehört zu haben. Da stand Luigia. llin ihren Mund spielte noch ein Lächeln. Es wollte sich vor Nerio strengen Blick flüchten, aber es blieb um die vollen roten Lippen. Luigia fah den Leutnant standhaft an. Jhre Augen, die so braun ioaren wie ihr traufes Haar-, leuchteten schalthast aus. Sie hatte ein Glas Wein in der Hand, ooll bis zum Rand und die Sonne durch bligte das Rot. Die Rapailesen hat ten die turze Szene bemerkt und eine stille Heiterkeit begann sich ihrer zu bemächtigen Der alte Pietro stand in der vordersten Reihe. Er hatte sich durch die Menge gedrängt, er war schwerhörig und stand unmittelbar vor Neti. Wahrhaftig, nun blinzelte er dem Lentnant schlau zu, dann wandte er sich uni und zog durch eine unverschöiiite Geberde eine Brücke zivifchen Neii und ttuigia, die dem Leutnant seht unmutig das Glas Wein bot. Yteri verlor eine Minute die Fassung. Dieser alte Kerl da drohte wahrhaftig, ihm den ganzen Effekt zu verderben. Jetzt galt es: der Leutnani nahm mit einer hefti gen Geberde das Glas, rief: «Hoch der König, hoch Jtalienl'« und leerte es auf einen Zug. Die Rapallefen waren durch diese Szene hingerissen und schrien: Mochi Hoch! Hoch!" Der alte Pietro durchdrang niit fei ner mächtigen dunklen Stimme den Chor: »Hoch Tirol, hoch Oesterreichl« Der Leutnant wars ihm einen wü » Leiden Blick zu: SoL ein Eseli —-—-- Its TUJML lllllllct Ums leuutzk zeugt fest auf den Hirten gehalten, rief er nochmal: «Hoch Jtalienl« und trat dann eilig in die Wirtsfiube zu rück. Nun kam auch Leben in die Dorf bewohner. Der Platz war wie ein unruhig wogendes Meer. Also jetzt war Rapallo italienisch. Wer hätte sich das noch gestern träumen las en! Freilich, man wußte, daß Montebale und Caprille von den Jtas teuern genommen waren. Aber die beiden Dörfer lagen doch stundenweit av. Dxese Jtuliener waren wirllich fixe Kerlel Nun, so lange sie sich höflich aufführten, konnte man ich ja diese Gäste gefallen lassen. llnd vorläufig konnte man sich auch nicht Tiber sie beklagen. Mochten sie im Schwarzen Adler sitzen und scch an Moscas Wein gut sein lassen! Der war ihnen gegonnt. Es war auch anzunehmen daß sie alles bar bezahl ten. Und wenn nicht« dann hatte Mosca aen Schaden, und der konnte ihn schließlich ohne Beschwer tragen. Jn der Gaftstabe ward Neri wie der oon Luigia bedient. Aber der Leutnani war nicht mehr so höflich wie vorher Er war lurz angebun den. Die Szene mit dem Glat- Wein ärgerte ihn und das Volk hatte ihm nicht recht gefallen. Die Begeifte rung war nicht über die Menge ge lommen. Das Schlagwort von der urlöfung hatte nicht gesunden Neri hatte eiiie tiefe Falte zwischen den Brauen. Was machte man da! Man rannte sich auf das Bolt nicht ver iafsen. Er dachte an diesen alten Kerl, der ihiii oor der Nase das Hoch aus Oesteireich ausgedracht hatte. Reti deriet s".ch niit Gara, kurz. Ja, so mußte es gemacht werdenl Der tarporai trat dienstlich gemessen an Mosca her-ai. Der Wirt sali ver blitfst auf. Wag? Er have nicht recht geh-sit txr sollte Geisel sein? Und zwei andere aus dem Dorf auch nich? Ehe Mit-ca ftch recht oon seinem Staunen erholt hatte, waren schon die Soldaten drangen und tehiien nkit dein alten elloise und Carlo Muratori zurück, die ebenso oerlslufft waren, wie der Wirt. Was hieß oag alle-? War oae die Erlö sung, von dei der Leutnani vorher gesichelt hattet Dianfzen auf dem Platz stand der alte Pietra. Er iiusite ist-h immer nicht recht, was vorging Was wollten die Jtaliener oenn in Ratsulloi Dann sah er die Geiseln abzuhrein Hallo, was be deutete dag- Aloise, der ihm ersi ge stern eine Lira fiir eine wiedergefun dene Ziege geschenkt hatte, den nah iiien die Jtaliener einfach niitt Da non konnte teine Rede sein. Da hatte e.· auch noch ein Wort niitzusprechem Mit ein paar langen Sätzen, setzt oers gafz er ganz feine alten Beim, war er durch die Menge und verschwun «en. Wirt freute sich über seinen guten Eins-all· Jtun war er gesichert. Wenn sent das Volk zu mulsen wag te, sollten es seine Geiseln schon ou hein Da wurde kurzer Prozeß ge macht. Die Unruhe trieb ihn and Fen ster. Er wollte auch Liiigias Augen vermeiden. Wahrhaftig, es ging oa draußen schon los! Er fah zusam «iei.gestcote stopfe, heftige wcoaioen i-i:d drohende Augen. Ein Rot-Unan dowort brachte feine Leute auf. Da hub drauf-en ein Geschrei an. Eisen ednnte kein Wort verstehen. Er sah nur, wie die Masse sich tüacvaris wandte. lind jeyi vernahm er deut lich einen Schuß mehrere· Da.«. muß ten die Oefterreicher fein. Und wie Ler braunen das Geschrei, mutet-. larmender als vorher. Mit einein Sah war der Leutnant draußen, die Seinen ihtn nach. Wahrhaftig, da fchrie jemand: ,,hoch, Oeftetreich! Hoch!« und nun nahm tie Masse den Ruf auf und es war ein Braufen, das Neri ein fach forifchcveminic. Er wußte spä ter nicht, wie es eigentlich gegangen. Garro war, darauf befann er sich, der Erste gewesen, der den Hügel hinab jagte und der Leutnant wurde durch die Seinen mitgerissen, unwi derstehlich. Wie weit hinten die blauen Röcke der Jtaliener verschwan den, ftand keuchend der alte Pietro auf dein Dorfplatz und fluchte über fein Gewehr, das fich zu früh ent laden. Aber dann fchinunzelte er doch, als er fah, daß er auch so fei nen alten Freund Aloife befreite hatte. W Abfchielh Sie tauchte die Feder in ätzenden Spott Und ließ iie über der Bogen eilen: »Ich soll dir schreit-sent Du lieber Gottl Was hatte ich dir wohl noch mitzuteilenI Denn daß ich n Sonntag nur deinet wegen Hjtn Pakt netoartct dis puntt halb drei, lud noch dazu bei strömende-n Regen — Sei sicher, daß ich bös-i das niemals ver zei Und daß du vom Kränzchen die gräßlich « tolette Elfriede, die Erstaunt-, begleitet nach · » aus — Na, wenn ich dny gestern gesprochen hatte —l Ich kann dir nur iagen, rnit und iir es aus-l Mich kannst du niit tauschen — dn liebt mich nicht mehkt Das hab' ich mir nämlich schon lange ge n t. Denn heute sind's grade drei Wochen cr, Dass du mir zuletzt Schololade gebrachti'«« Und so ging es weiter im selben Ton, Durch alle Details mit behaglichen Breite. Und als zu Ende der kleine Sermoii, Gerade am Schluß der dreizehn-cis Seite, Da machte sie nochmals den Fing-ice · ltruinni « · Und kritzelte cisrixi die letzten zwei Zei lci Jch soll dir schreibst-i? Mein Himmel-— iiciriini? Was hätte ich dir ivohl noch niitznteilenil . -—- Kein Wunde«r. »Meine Frau bockt heute mit mit.« »Da hast du jedenfalls wieder so viel dumme Zielen gemacht!«« —- Vorsichtig. Besuchen »Warum sitzt denn Jhr Sohn da oben aus dein Schrnnt?« . Fram »Ach wissen Sie, damit ihm niemand aus die Hühneraugen tritt, der arme Junge hat so furcht bar große Füße.«