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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (Sept. 7, 1916)
Sonntag-Hatt de Staats Art-zeiget und Wer-old Nel- Don erstgdeu7sp get viele-Ue sti. Von Gustav Menrink. Der Tibetaner schwieg. Die inagere Gestalt stand noch eine Zeitlang aufrecht und unbeweglich, kann verschwand sie im Dschtingel. Sir Roger Thornton starrte ins Feuer: Wenn er tein Sannyaiin — tein Bisßer — gewesen wäre, der Ti betaner« der überdies nach Benares wallsatsrtete, so hatte er ihm natürlich Lein Wort geglaubt — aber ein Gannisastn liigt weder, noch kann et betcgen werden. Oder hatte ilsn der Feuerschein ge täuscht, der sich so seitsani iti den Mongoieniiugen gespiegeltt Die Tibeianer hassen den Entg paer iiiid yiiien eisersiiclstig ihre ina giscxseti wet,ettnni:je, intt denen sie die isoa,:iit:itigeti Fremden einst zu vernich ten aussen, toenn der große Tag her titlthUZL Einerlei, er, Sir Hannibal Roger Ilsoriiioii, mußte tnit eigenen Augen set,eti, ob ottuLte sträsle tatsächlich in den Hattdeii dieses niertwtirdtgeii Butten tatst-n. —- Aber er brauchte want-rieth iiiutige Männer, deren Wiue nicht briast, auch ivenn die Dasreaeii eiiier anderen Welt hinter ils-ten stehen. »Der tritgiander musterte seine Ge sährieiu »Dort der vlsghatie toaee Der :ti.zige« der iii Betracht taine von den Asiateii, — siitastlog, tote ein Raub ltkk« doch abekglaubischL Es oleiot niso nur sein europäischer Diener Sir Roger berührt ihn niit seinem Stint. —- Pompejno Jtiburet ist seit seinem zehnten Jahre vollig taub, aber er versteht eg, set-es Wort, und sei es noch so fremdartig, von den Lippen zu lesen. Sie Roger Lhotnkon erzählt ihm mit deutlichen Gesten, was er von dem Tihetiiner ersahren: Etwa zwanzig Tageretsen von hier, in einem genau bezeichneten Seitentale des Hinten-at, befinde sich ein gunz seltsames Stück Erde. —- Aus drei Seiten senkrechte älelsmändez ver einzige Zugang abge spertt durch gistige Gase, die unun terbrochen auo der Erde dringen und Jedes Lebewesen, do- passieren will, ougenbtictitch töten. — Jn ver Schlucht setosk, die etwa fünfzig eng lische Quaorntnieilen umfaßt, solle ein kleiner Vollsstatnni leben — mit ten unter uppigster Vegetation, der der tideimiischen Rasse angehöre, rote spitze Müssen trage und ein bösarti geg sattnttscheo Wesen in Gestalt ei nes Psanes anbete. —- Dieses teuf lische Wesen hat-e die Bewohner itn Laute der Jahrhunderte die schwarze Magie geleyrt und ihnen Geheimnisse geossenbart, die einst oen ganzen Erd ball umgeftalken sollen, so lziide es ih nen auch eine Art Melodie oeigebracht, I- dui stärtsten Mann augenblicklich vernichten könne« Pompejus lächelte spöttisch. Sir Roger erklärte ihm, daß er ge denke, inii Hilfe von Taucherhelinen Und Initchtornisterm die kompriniierte Lust enthalten sollen, die giftigen Stellen zu passieren, utn ins Jnnere der gehetniniovollen Schlucht zu drin en. g Pompejus anurel iiickte zustim mend und rieb sich vergnügt die schmutzigen Hände Der Tibetaner hatte nicht gelogen: Dort unten lag iIn herrlichsten Grün die ieltinnie Schlucht; ein geil-brau ner, wüttenälinlicher Gürtel aus locke rein, vertoittertecn Erdreich von der Breite einer halben Wegstunde, s loß des ganze Gebiet gegen die Au en tvclt ab Dns Gas, das aus dem Boden drang. war reine Kohlensäurr. Sir Roger Thornton, der von ei necn Hügel aus bie Breite dieses Gür telg abgeichätzt hatte, entschloss sich, bereits nrn tommenden Morgen die Expebition anzutreten — Die Tau cherlzeltng die er sich aus Bombny hatte schielen lassen, funltionierten t-1dellog. Pompejus trug beide Nepetiergei wehte und diverse Instrumente, die sein Herr fär unentbehrlich hielt. Der Aighane hatte sich hartnäckig neweigert, niitzugehen und erklärte, daß er stets bereit sei, in eine Tiger höhle zu klettern, sich es aber sehr überlegen werde, etwas zu wagen, tong seiner unsterblichen Seele Scha den bringen könne. — So waren bie beiden Europöer die einzigen Wage n.ntigen geblieben. Die tslpfernen Taucherhelrne funkel ten in der Sonne und warfen wun derliche Schatten auf den schwamm artigen Erdboden, one dem die gifti gen Gute in zahllofem winzigen Tituäschen ausstiegen. — Sir Roger hatte einen sehr schnellen Schritt ein geschlagen damit die lompricnierte Lrtt ausreiche, um die gasige Zone zis passieren. s- Er fah alles vor sich jin schwankenden Formen wie durch eine dünne Wasserfchicht. Das Son nenlicht fchien ihn gespenstig grün und färbte die fernen Gletscher —- das »Dort) der Welt« mit seinen giganti schen Profilen —- wie eine wunder fame Totentandfchaft. Er befand sich mit Pompejus be reits auf frifchem Rasen und zündete ein Streichholz an, um sich vom Vor handensein athmosphäricher Luft in allen Schichten zu überzeugen. — Dann nahmen beide die Taucherhelme iind Tornisier ab. Hinter ihnen lag die Gasniauer wie eine behende Wassermaer — Jn der Luft ein betäubender Duft wie von Amberiabliiten. Schillerrde hand gioße Falter-, seltfain gezeichnet, saßen mit offenen Flügeln wie aufgeschla geiie Zauberbiicher aiif stillen Blumen. Die beiden schritten in beträchtli chem Zwischenrauine von einander der Waldinsel zu, die ihnen den freien Ausblick hinderte. Sir Roger gav seinem tauben Die ner ein Zeichen, er schien ein Ge räusch vernommen zu haben. —- Pom pejus zog den Hahn feines Gewehres auf. Sie hatten die Waldspitze um schritten, und vor ihnen lag eine Wiefe. — Raum eine viertel englische Meile davon entfernt hatten etwa hundert Mann, offenbar Tibetaner, mit roten spitzen Mützen einen Halb kreis gebildet: — man erwartete die Eindringlinge bereits-. — Furchtlog ging Sie Thornton, — einige Schrit te feitlich vor ihm Pompejus, — auf die Menae iu. Die Tibetaner waren in die ge bräuchlichen Schasselle gekleidet, sahen aber trotzdem taum wie menschliche Wesen aus, so abschreelend häßlich und unsormlich waren ihre Gesichter« in denen ein Ausdruck surchterregemi der und übermenschlicher Bosheit lags Sie ließen die beiden nahe t,eranlon1-: men, dann hoben sie blitzschnell, wie ein Mann, aus das Kommando ihres Fiihrerg vie Hände empor und drück ten sie gewaltsam gegen ihre Ohren. Gleichzeitig schrien sie etwas aus vol len Lungen. Pompejus Jaburel sah fragend nach seinem Herrn und brachte die Fltnte in Anschlag, denn die seltsame Bewegung der Menge schien ihm das Zeichen zu irgendeinem Angriss zu sein. -—— Was er nun tvahrnahm, triebl ihm alles Blut zum Herzen: Um seinen Herrn hatte sich eine zitternde wirbelnde Gagschicht gebil det, ähnlich der. die beide vor kurzem durchschritten hatten. —- Die Gestalt Sär Rogers verlor die Konturem als ob sie von dem Wirbel abgeschlissen wurden, der Kopf wurde spitzig, die ganze Masse sont wie zerschmelzend m sich zusammen, und an der Stelle, wo sich noch vor einem Augenblick der sehnige Engländer befunden hatte, stand jetzt ein hellvioletter Kegel von der Größe und Gestalt eines Zucker hutes. Der taube Pompejus wurde von wilder Wut geschüttelt. —- Die Tibe taner schrien noch immer, und er sah ihnen gespannt aus die Lippen, um zu lesen, was sie denn eigentlich sagen wollten Es war immer ein und dasselbe Wort. Plötzlich sprang der Fuhrer vor, und alle schwiegen und senkten die Arme von den Ohren. — Gleich Panthern stürzten sie jetzt aus Pom pejus zu. — Dieser seuerte wie ra send aus seinem Repetiergewehr in die Menge hinein, die einen Augen blick studie. Jnftinttiv rief er ihnen das Wort zu, das er vorher von ihren Lip pen gelesen hatte: Aemiilän; Arm mä — län brüllte er, daß die Schlucht erdröhnte wie unter Naturgewalten· Ein Schwindel ergriff ihn, er sah alles wie durch starke Brillen, und der Boden drehte sich Unter ihm. — Es war nur ein Moment gewesen, jetzt sah er wieder klar. Die Tibetaner waren verschwunden, wie vorhin sein Herr, —- nur zahllose violette Zuckerhiite standen vor ihm. Der Anführer lebte noch. Die Beine wnren bereits in bläulichen Brei verwandelt, und auch der Ober törper fing schon an zu schrumpfen, — es war, als ob der ganze Mensch von einem völlig durchsichtigen Wesen verdaut würde. Er trug teine rote Mütze, sondern ein mytraiihnliches Gebäude, in dem sich gelbe lebende Augen bewegten. Jaburet schmetterte ihm den Fün tentolben an den Schädel, hatte aber nicht verhindern tsnnen, daß ihn der Sterbende mit einer im letzten Mo ment geschleuderten Sichel am Fuße verletzte. Dann sah er nm sich. — Kein le bende-s Wesen weit und breit. Der Duft der Amberiabliiten hatte sich verstärkt und war faft siechend ge r.orden. — Er Echten von den violet ten Regeln auDJ-gehen, die Pompejus jetzt besichtigte. —- Sie waren einan der gleich und bestanden alle aus dem selben hellvioletten gallertartigen Schleini. Die Ueberreste Sir Roger Thorntons aus Diesen violetten Pyra miden herauszufindem war unmög lich. Pompejus trat zähnetnirschend dem toten Tibetanersiihrer ins Gesicht undz tief dann den Weg zurück, den er ge-I kommen war. —- Schon von weitern sah er die tupsernen Helme in ist« Sonne blitzen. -— Er pumpte seinen Tauchertornister voll Luft und betrat die Gaszonr. — Der Weg wollte kein Ende nehmen. Dem Armen liefen die Tränen über das Gesicht. — Ach Gott, sein Herr war tot. — Gestat ven, hier im fernen Indien. — Die Eigeiesen des Himalaya gähnten gen Himmel, was kümmert sie das Leid eines winzigen pochenden Menschen bergen-. Pompejus Jaburet hatte alles, was geschehen war, getreulich zu Papier get-tacht. Wort sür Wort, so wie er es erlebt und gesehen hatte, — denn verstehen konnte er es noch immer nicht —- und es an den Selretär sei neg Herrn nach Bombay, Adheritol lnhstraße 17, adressiert. — Der Afgs trank hatte die Besorgung übernom men. — Dann tvar Pompejus ge storben, denn die Sichel des Tibetas ners war vergiftet gewesen. »Ailah ist das Eins, und Mohams mev ist sein Prophet,« betete der Asghane und berührte mit der Stir ne oen Boden. — Die Dinoujager hatten die Leiche mit Blumen be streut und unter frommen Gesängen auf einem Holzstoß verbrannt. Ali Murrad Beh, der Sekrekiir, war bleich geworden, als er die Schreckensbotschaft vernahm und hatte das Schriftstiicl sofort in die Redak tion der »Jndian Gazette« geschickt. Die neue Sintflut brach herein Die »Jndian Gazette«, die die Veröffentlichung des »Falles Sir Ro ger Thornton« brachte, erschien am nächsten Tage um volle drei Stunden später als sonst-— Ein seltsamer und schreckenerregender Zwischenfall trug die Schuld an der Verzögerung: Mr. Vieendranath Naorodjee, der Redak teur des Blattes, und zwei Unterbr amte, die mit ihn- die Zeitung vor der Herausgabe noch mitternachts durchzupriifen pflegten, waren auLI dem verschlossenen Arbeitszimmer spurlos verschwunden. —- Drei bläu liche gallertartige Zylinder standen auf dem Boden und mitten zwischen ihnen lag das srischgedructte Zei tung-blatt. —- Die Polizei hatte aber kaum mit bekannter Wichtigtuerei die ersten Protokolle angefertigt, alr- zahl Iolc ähnliche Fälle einliefen. Zu Dutzenden verschwanden die zei tunglesenden und gestikulierenden Menschen vor den Augen der entsetz ten Menge, die aufgeregt die Stra ßen durchzog. —- Zahllose violette tleine Pyramiden standen umher, aus den Treppen, auf den Märkten und Gassen —- wohin das Auge blickte. Ehe der Abend lam, war Bombay halb entbölkert. —- Eine amtliche sa nitiire Maßregel hatte die sofortige Sperrnng des lHasens, wie überhaupt jeglichen Verkehres nach außen ver fiiqt, um eine Verbreitung der nennt tigen Epidemie, denn wohl nur eine solche konnte es sich hier handeln, möglichst einzudämmem Nur Tele graph und Kabel spielten Tag und Nacht und fchickten den schrecklichen Bericht, sowie den ganzen Fall »Sir Thornton« Silbe fiir Silbe über den Ozgm in die five-ne Welt Scholl Ulll llllllnlcll Lage Wllcsctulc Quarantäne, als bereits verspätet, wieder aufgehoben. Aus allen Ländern verliindeten Schreckensbotschastem daß der »vio leite Tod« überall fast gleichzeitig ausgebrochen sei und die Erde zu ent völlern drohte. Alles hatte den Kon verloren und die zivilisierte Welt glich einem riesigen Ameisenbausen, in den ein Bauernjunge seine Tabalöpseise gesteckt hat Jn Deutschland brach die Epidemie zuerst in Hamburg aus; Oesterreich, in dem ja nur Lotalnachrichten gelesen werden, blieb wochenlang verschont. Der erste Fall in Hamburg war ganz besonders erschütternd. Pastor Stühlten, den dass ehrwürdige Alter fast taub gemacht hatte, sasz sriib am Kasseetisch im Kreise seiner Lieben: Theobald, sein Aeltester, mit der lan gen Studentenpseise, Jette, die treue Gattin, Minchen, Tinchen, kurz alle, alle. Der greise Vater hatte die eben angelangte englische Zeitung ausge schlagen und las den Seinen den Be richt über den »Fall Sir Roger Thornton« vor. Er war laum iiber das Wort Aemälän hinausgekommen und wollte sich eben mit einem Schluck Kassee stärken, als er mit Entsetzen wahrnahm, daß nur noch biolette Schleimlegel um ihn herum saßen. Jn dem einen stat noch die lange Stu dentenpseish Alle vierzehn Seelen hatte der Herr zu sich genommen. Der fromme Greis fiel bewußtlos um. Eine Woche später tvar bereits mehr als die Hälfte der Menschheit tot. Einem deutschen Gelehrten war esf vorbehalten, wenigstens etwas Licht in diese Vorkommnisse zu bringen. —I Der Umstand, daß Taube und Taub stumme von der Epidemie verschont blieben, hatte ihn auf die ganz rich tige Jdee gebracht, daß es sich hier um ein alustisches Phänomen handelte. Er hatte in seiner einsamen Stu dierstube einen langen wissenschaftli chen Vortrag zu Papier gebracht und dessen öffentliche Verlesung mit eini gen Schlagwotten angelündigt. Seine Auseinandersetzung bestand ungefähr darin, oaß er sich auf einige fast unbetannte indische 2iieligion5 fchriften berief, die das Hervorbringen von astralen und fluidischen Wirbel stiirmen durch das Anssprechen ge wisser geheimer Worte und Formeln behandelten, —- und diese Schilderun gen durch die niodernften Erfahrun gen auf dem Gebiete der Vibrations und Strahlungstheorie stütztr. Er hielt seinen Vortrag in Berlin und mußte, während er die langen Sätze von seinem Manustripte ablas, sich eines Sprachrohres bedienen, so enorm war der Zulauf des Publi ium5. Die dentivurdtge Rede schlosz mit den lapidaren Worten: ,,Gehet zum Ohrenarzt, er soll euch taub machen und hütet euch vor dem Aussprechen des Wortes »Aemälän«. —- Eine Se tunde später waren wohl der Gelehrte und seine Zuhörer nur mehr leblose Schleimtegel, aber das Manuskript blieb zurück, wurde iin Laufe der Zeit bekannt und befolgt und die Mensch heit vor dem gänzlichen Aussterben bewahrt. Einige Dezennien später, man schreibt 1950, bewohnt eine neue taubstucnme Generation den Erdball. Gebrauche und Sitten anders, Rang und Besitz Verschobem — Ein sOhrenarzt regiert die Welt. Noten fchriften zu den alchimistischen Rezep ten des MittelalterH geworfen, Mo zart, Beethoven, Wagner der Lacher lichteit verfallen, wie weiland Alber-» tug Magnus und Bombaftus Para celsug. Jn den Foltertammern der Museen fletscht hier und da ein verstaubteg Klavier die alten Zähne. Nachschrift des Untat-H: Der ver ehrte Leser wird gewarnt, das Worts ,,’!letniiliin« laut auszusprechen l - Of ! Irr isåkugun O s Von W. Qauswirth (Vern). Bei den Radfahrern war's! Jch habe keine treuere Seele je getanntZ» Bei der Mobilmachung fragte eins Wachimeister unt, wer sich beims »Ober« alH Ordonnanz melde; es sei wahrscheinlich etwas heitel, fügte er: aus eigener ZlJtaclzivotltommenheitl hinzu. — ,,Durch dick und diinn muß er tnit mir gehen, und — gern muß er dies tun,« hatte der geäußert. — Na — es waren doch mehrere da. — Mein »August« war mir schon früher ausgefallen durch seine Sau betteit nnd Ruhe. das war mein Mann! Und wie ist er’s gewesen! Ein blutjunger Mensch, kaum der Nettutenschule entsprungen, Mechani ter im ZiviL — Nichts auffallendes, in keiner Beziehung —- aber wenn erl vor mir stand, Haxen beieinander, die großen Hände an der Hosennaht, nnd mit seinem treuherzigen »zu Be fehl, Herr Oberleutnant«, den Aus trag quitierte, dann tonnte ich tot sicher sein, daß die Sache in Ord nung kam. — Eg ist abscheulich, seinen äußeren Menschen einem unzuverlässigen Kerl anvertrauen zu müssen. Naß tommt man ins Quartier —- weit und breit leine Seele; da muß man springen und fluchen, bis so ein Mensch er scheint. Jst etwas zerrissen —- dann darf man womöglich in eigener Per son damit zum Schneider-, sonst bleibt die Geschichte liegen, bis — man sie unbedingt braucht und dann —- wieder Aerger. Jm Zimmer alles so fremd, die richtige Mietbude, nicht die kleinste, persönliche Note! Ruft man die Ordonnanz einmal, dann schießt sie eilsertig herein, oh gewiß; das Gewünschte wird ja wohl erledigt; aber man weiß genau, daß der betreffende innerlich unwirsch ist Anders, ganz anders, mein «August«. Jch nannte ihn nämlich so. Das soll man wohl eigentlich nicht; aber denkt man, 7 Monate, 7 ganze, volle, wohlgezählte Monate waren wir beisammen. Da kommt er gegen Ende einmal zu mir: »Mächte der Herr Qberleutnant mir bitte August rusen.« «Das darf ich nicht.« »Wenn ich es doch gerne hätte, bitte.« Der war komisch! »Na, hören Sie mal, sind Sie eigentlich gerne bei mirs« Sein Mittelsinget krabbelte an der Hosennaht, das linke Auge tniss er zu, es blinkerte —- ,,zu Befehl, sehr!« »Na, dann sind wir ja beide ver sorgt.« Der Mensch war wirklich riihrend! — Als er mich am nächsten Morgen weckte, fuhr es mir unwill kürlich herauf-: »Guten Morgen! Sagen Sie mal, August, was will das Wetter heute?« Und da lächelte er ganz leise, ganz innerlich — ich merlte erst jetzt, daß ich ihm den Vornamen gegeben und wie es ihn freute — von da weg war der »August«. Jch habe dadurch keine Unze von Hochachtung eingebüßt. Wie der August allmählich das Metier lernte! Nie brauchte ich mich um einen Riß zu belürnmernz meine Schuhe waren stets marschbereit. Wars kalt, dann hatte er, ohne ein Wort zu fragen, etwas Wärmeres bereitgelegt; die Ausgangstenue stets »a Propos«; ich traf meine Perle ein mal mit dem Bügeleisen in der Hand, (»seine« Köchin war ausge gangen). Wie die srische Wäsche kam, die alte verschwand, wußte ich eigent lich gar nieht recht. Das besorgte er alles. Ja, wenn ich keinen Zettel be reit hatte, mit einem Gruß für die Schwester, die meinen reinlichen Menschen in Obhut hatte, dann tat er es fiir mich. »Der Herr Oberleut nant ist ganz gesund und schickt herz liche Griißr.« —- FamoS! Der dachte sogar an meine Reputation Aus die sen Schlich kam ich ihm erst anlijßlich eines Urlaubes. — Dabei tat er all dies aus eine unausdringliche Art und Weise, die direkt wohltuend wirkte! Es gibt tausend Ordonnan zen, die aus der Treppe unbedingt poltern müssen, damit der ,,Oss« ja hört, daß sie stark beschäftigt sind; beim Schuhputzen müssen sie unbe dingt direkt vor dem Zimmer bleiben und pusten wie Schwindsijchtige — mit der gleichen Unterintention — bei jedem Hosenbein, das wieder eini germaßen in Stand gebürstet ist, muß des langen und breiten erklärt werden, es habe met Arbeit gegeben, es sei auch gar schmutzig gewesen — aetscht Als ob das nicht ein oberster Lehrsatz wäre, daß der Vorgesetzte die Arbeit des Untergebenen tariercn lernt! —- August tat alles still, man sah nichts davon, es war einfach ge macht. — Auf den vielen Fahrten und — ol) tretsch —- wie oft waren sie mith sam, war ihm das schrecklichste, wenn er einen Nagel fing und deshalb zu riiclbleiben mußte. Fieberhaft flickte er, um bald wieder in der Front Zu sein. Einmal, nach 120 stilometer Fahrt, klappte er ab, wie so mancher andere. Es war kurz vor einem Stundenhalt. »Sie, Sch.·. vorwärts, Vorwärts!« »Herr — Ober —- leut nant — es —- geht nicht mehr.« Jch spürte die 120 Kilometer ja selbst in allen Knochen — aus und ab nnd auf nnd ab —- Waden und Ober schenkel zum Platzen prall, niiide im Kreuz, in den Armen den Krampf das war nicht zum Lachen —- sicher nicht —- aber — er durfte einfach nicht zurückbleiben —- es war wie ein selbstverständliches Gelöbnis — und schließlich wars auch nicht mehr so weit! Ich fuhr neben ihm: «August, Sie werden doch nicht etwa zurück bleiben wollen?!« Er reckte sich, schleckte die trottenen Lippen —«-—.,eks — geht —- oieueicot —- nocy." uno es ging. Jch plauderte mit ihm, lach te mit den Leuten über einen gesun den Witz —- es ging. Und so ist es noch oft ,,gegangen«. — Meine Ordonnanz hatte bald mei ne Narrheit fiir Blumen herausge niertt, und stets standen frische Sträuße im Zimmer, ohne das ich ihm je eine Andeutung gemacht ,·a«tte. Es war in diesem bescheidenen Ar beiter ein echter, gesunder SeelenadeL der ihn so handeln ließ, und der war es aueh auch, der ihn trotz aller Dienstbarleit vor jeglicher Serviliiät bewahrte. — Jeh fragte ihn wohl bei Gelegenheit nach der Hertunft all’ der Pracht —- da wurde er rot — ich habe ihn seitdem in Ruhe gelassen mit so »duminen« Fragen. War das nicht rührend: er bettelte bei »seiner« Köchin, oder bei ,,seinem« Zimmer mädchen uni Blumen fiir ,,seinen Of fizier'«. Uebrigens hatte oer Mann Glück in dieser Beziehung. Sein rn higes, soldatisches Benehmen, das ihn zum guten Kameraden machte-, gewann ihm auch manche-Z Herz; und er toar nicht so hartherzig, daß er nicht fiir mehrere ein liebes Wort ge habt hiitte. Später freilich neigte er immer mehr zu ,,soliden« Ansicht-Ins ich fah ihn wenigstens nur noch mit »einei« und ich fürchte, ich furchte, er ist ein ,,Kriegsopfer« geworden. —-— Nach flinf Monaten Dienst wollte ihn ein Oberst auf sein Bureau. ,,( u Befehl, Herr Oberst.« —- »Hm, was ist los; geben Sie den Burschen etwa nicht gern her-i« »Herr Oberst, er ist seit dem ersten aktiven Diensttag bei mir Ordonnanz — aber wenn Sie besehlen —k' »Der Teufel, was Sie nicht sagen! Seit 5 Monaten! Mein Lieder, Sie haben fabelhaftes Glück! Na, dann felbswerständlich behalten Sie ihn, das ist ja sonnentlar!« Jch hatte wahrhaftig Glück, denn einen zweiten August fand ich nicht so bald. — Sieben Monate waren wir bei sammen! Und nie mußte ich ihn ta deln! Er war mir treu wie Gold! Und das Geheimnis dieser Treue? Jch habe ihm nie ein leichtfertiges Wort angeworfen und scheute mich hinwiederum nicht, ihm meine Zu friedenheit erkenntlich zu machen! Dafür wäre er für mich durchs Feu er gegangen! — Die Ablösung stand nahe bevor. »Na, August, jetzt sind Sie wohl froh, daß es bald heimwärts geht. Sie haben ja eine ganz nette Stelle, nicht?« »Gewiß, Herr Oberleutnant, das schon —- aber —« »Na, was denn?« Er würgte, er lrabbelte an der Hosennaht, —- ,,aber —- ich woll te Sie —- schon lange —- fragen — Herr Oberleutnant —- ob ich — nicht bei Jhnen bleiben tönnte.« —- Jrh begriff nicht. »Ja hören Sie mal, jetzt werden wir doch alle entlassen, und —« »Ja, ich meine, gleichwohl —« Jch war starrt Die treue Seele —- da konnte man ja Augenwasser beloinnienl Alle-«- sehnte sich heim, wohl trennte sich der oder jener mit inertlichem Ruck von guten Kamera den, aber doch zog es ihn mit allen Fasern. aus dem Dienste fort. — Wie mancher Vorgesetzte sah beim Befehl ,,Abtreten!« die Leute von ihm wegfliehenl Mancher erntete wohl Achtung fijr seine Arbeit und Pflicht erfüllung, gewiß — aber der da, der einfache Bursche da, der hatte mich ja lieb gewonnen, wahrhaftig! Das tat wohlt »Aber hören Sie mal, mein guter August, ich bin Jhnen sehr dankbar fiir Jshre Pflichterfüllung, sehr, wirt lich, Sie haben mehr als nur Jhre Pflicht getan, gewiß —-aber (ich lä chelte trampfhaft) was Sie da mei nen, das vermag ich nicht, ich bin ja ein Kerl, so arm wie eine Kirchen maus.« »Herr Oberleutnant — ich möchte ja —- teinen Lohn —- wenn — nur — Essen —.« Dabei hatte der Mensch eine gute Stellung. Jch klopfte ihm auf die Schulter — das toar ja unglaublich — der treue Mensch —- es wa: höchste Zeit, daß ich mich abwandte — heiß wollte es mir in die Augen quellen — wahr haftig! — —- Das hatte wohlgetan! Das war der schönste Dank für mich zum Abschied! — -—- Ein Prachtterl, mein Augusti« —- Kteiner Irrtum. Wirt tztxm Kellner): »Mensch, stehen Sie doch nicht immer am Garderobenstan der und schlafen. Da hat Ihnen ja schon wieder der lurzsichtige Professor seinen Ueberziel;er — ans rechte Ohr gehängt!« — Dilemma bei der S ch in i e r e. »Liebe; Fraachen, es ist bloß ein Mensch im Theater, sol len wir vor dem allein spielen?« ,,Betvahre, gib ihm das Eintritts gelb wieder«. ,,Dafiir hab' ich ja schon Wurst ge tauft«. —Ein Schlaubergex Herr-: »Würden Sie mir wohl zum Abschied einen Kuß geben, liebes Fräulein?« Fräulein: »Nein, mein Herr, das darf nicht sein«. Herr: »Dann erlauben Sie mir wenigstens-, daß ich Jhnen einen gebe«. --« —- Oekonomisch. Sie (zu ihm): »Mensch, schreibst Du aber einen Stiefel zusammen, wenn man ihn nur wenigstens anziehen tönnte!« — Jm Part. — Fräulein tschnmchtenb zu dem neben ihm sitzen den Herrn): »Ist das nicht eine Nach tigall, die da flötei, mein Herr?« Herr: ,,Ja....nber ich bin leiter schon verheiratet!« —- Tressend. A.: »Seben Sie nur, wie sich der Schriftsteller Feder bei dem Lustspiele seines Konkur renten amiisiert«. B.: »Ja, er lacht Krotodilsträi nen«. — Abhilfe. »Sie glauben nicht, wie mein Mann an Nervenscthäche leidet. . ." »Da taufen Sie ihm doch einen Kraftivagen!« — Der schalthaste Poli ze i k o m m i ssa r. Polizeitommis sur (bei der Absperrung): »Hier tön nen Sie nicht durch, mein Herr«. »Ich bin aber Arzt und will zu einem Kranke-it« »Ganz egal; Sie müssen einen ilnnveg machen. und wenn Jhr Pa tient inzwischen gesund werden sollte!«