Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, August 31, 1916, Sonntagsblatt, Image 10

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    Is. Z. w- eissen AM.
Slizze non Martin Proslauer.
Schon als der Landsturmisetrus
ien-Nachschub nuf den wissenspr
marschierte und die Wachtrrffiek dies
Reihe der »3iviliiten« entksng gin«
gen, fiel Fritz- Bolttmutsdurch seine
riesig breite Brust angenehm, tuich»
sein dummes Gesicht und feine bist-en (
Antworten unangenehm auf.
Feige Volltrnut enttiiuschte auch(
bei der Ausbildung alle Erwartun
gen, die sich an seine Börenfigur ge
tniipft hatten. Er hatte vorzügliche
Augen und sah mit bloßem Auge
Bien, die die Gefchiiyfiihrer erst niit
dein Glase suchen mußten, aber fo
wie er — auf Grund dieser vortreff
lichen Augen zum Richtianvnier neit
ersehen —- nin RundsblickiFernrohr
saß und nun das Ziel nntichtens
sollte, war ec einfach unmöglich. Als s
Munitionötanonier war er zu lang
sam, und so tan- er schließlich, da
man ihn doch irgendwo unterm-in
gen mußte, als Je s« an den Lnsets
tenschtvanz, tso er auch mit seinen
haarigen Fäusten brav standhieltl
Aber was mußte Feine Bollttaut er
leben, bis er endlich als »K. Z« einen
»seinen Fähigkeiten entsprechenden
Posten« gefunden hattet
Beim Fußinnrfch und bein- Geis
schüsiExerzierem deiin Appell undf
beim seien-ganz immer stel Ieise
Bolltrauts dinei, gutmütiges, rotes
Gesicht den Borgesesten anf. Die
Unterofsiziete schrien ihn nn, warum
er seine Knöpfe nicht geputzt hätte —
fie waren wirklich reichlich schwierig
—- dern Wachtineister gefiel der Glanz
seiner Stiefel nicht — mit Recht —
und schließlich tani Oberleutnant
Hansem der schneidige, elegante Bat
teriefiihrer. und fing nn, an Boll
irauts haltung herumzubefsern. Auch
der Obetleutnant Hausen hatte recht,
wenn er den Kanonier Bolltraut an
schrie. Es war eben ein sehr schwie- ’
riger Fall. Alle Vorgeseiten hatten
recht, und doch tat Feige Bolltraut
wissentlich tein Unrecht. Er gab sich
Mühe, er wollte ein guter Soldat
sein, und doch galt ihm immer wieder
der erste Anschauher. Abends fass
Fritze Bolltraut in seiner Kasernens
stude, stünte den Kopf, der aus einem
wahren Biiffelnacten fast, in die Fäu
ste und versuchte, zu verstehen, was
ihm wieder tagsiiber passiert war.
So vergingen rasch genug die Wo
chen, die der Ausbildungözeit gegeben
waren. Und nur beim GeschiihsExees
zieren und später bei den Schießs
übungen empfand Feine Bolltraut
etwas wie eine leise Befriedigung
wenn er als »K. Z« hinter der La
sette stand und am eisernen Richt
baum das ganze Gefchiig nach den
Winken des Richttanonierö nach
rechts oder lints herumriß. Das
machte ihm Spaß, denn hier lonnte
er einmal zeigen, dafz er Kräfte hatte.
Und tarn Oberleutnant hausen, der
die Uebungen scharf überwachte, am
ersten Geschüh vorbei. so hatte Boll
traut immer das unangenehme Ge
fühl, als ob das hlintende Monotel
so recht höhnisch zu ihm herüber
suntelte. Dann packte er seine eiser
nen Richtbaumstangen noch fester und
starrte nach dem wintenden Finger
des Richttiinonieri.
Da hieß ei eines Tag-it .Eine
Batterie rückt ins Feld, wer will frei
willig mit«i« —- Jn Feine Bolltrants
Kopf dämmerte eine Idee, eine rich
tige, selbständig gedachte Jdee! Und
er trat vor und meldete sich freiwillig
ins Feld. Als er beim Ippell vor
Oberleutnant hausen stand, sah er
ihm zum ersten Mal frei ins Gesicht.
Denn wenn er setzt nlilging — so
dachte Frihe Bolllraut —- dann war
er der ganzen «Schinderei« entron
nen. Feige Bolltraut wurde auch
ausgewählt und blieb als »K. 3«
beim ersten Geschäf. Aber feinej
schöne Idee hatte er umsonst ausge
dacht. —- Denn als die Batterie zusj
sammengeslellt wurde und die Namen 1
der Vorgesehten allmählich in den
Mannschastsftuben durchsiaertem hör-»
te er, daß fein Führer Oberleutnant
hausen sein würdet —
Die Batierie wurde verlaven, fahrt
nach Westen, zog ein paar Wocheni
lreuz und quer und tam Dann plöt
lich an eine Stelle, wo sie dünne Jn
fanterie-Linien oerstärten sollte. Ge
rade an dem Abend, bevor die Vatik
rie ihre Stellungen bezog, tan- sie
an einem alten zerichossenen Dorn
vorbei, dessen kahle graue Mauern
hart und wuchtig in den dunstigen
himmel sturrten. Und aus dem
Dorne tönte tiefer Mönnergeiang.,
Die Bntterie machte halt, Ober
leutnant hausen ließ vie Kanoniere
und Fahrer adsrhery und die Kolonne
rasselte in die Kirche hinein. Der
große gewölbte, von Geschossen zer
splitterte Raum war voll von Sol
daten, die hier beinr Scheine unruhig
zuckender Fesseln einem improvisier
ten Gottesdienft bewohnten Eine
Orgel war nicht mehr vorhanden,
aber vorn unter her Stelle, vo der
Altar wischen den Säulen gestanden
hatte, lten zwei felvgraue solida
ten, jeder eine Geige unter das Kinn
selleanax das «Rieverliindtfehe Dant
sebet« vor.
M klang der Gesang nicht recht
rnit. Die Soldaten mochten viel
leicht den Text del Liedes i sen
uen, oder die allgemeine Un ver
schlang die Melodie -»C Glis is
« z« III-cos
densulls nicht zusammen, nnd die
wild-feierltche Stimmung der Stun
de drohte zu zerflatterm Auch
Oderlentnant Hnnierk fo zu
empfinden, denn er das Mo
notel ein, ging sit nSchtits
ten-an der Seite-wand entlang und
stellte sich asis elken sen Mauer-«
brocken. Und dann lang eine tiefe
Männerstirnnre, den Raum beherr
chend. öder die Köpfe der Soldaten
ort: i
dWir treten sum Beten
Vor Gott« den Wen —- —"
sang Oderleutnant hausen kn den«
Dorn. Wundeer ernft und voll
wie Glockenton schwang es in den
Mauern; und aus den zuckenden
Lichtern der Fackeln, dem leise der
hallenden Raunen der Krieger im»
Kirchenfchiff nnd den dröhnenden
Worten des alten Liedes entbrannte
eine Stimmung, aus der jeder ge
radenwegs getröstet in Kampf und
Tod hätte rennen können.
Ganz hinten im Dorn stand Iris-e
Bellt-out und starrte mit offenem
Munde feinen Ogbnleutnant an
» ctrette zur Seite
Istqu uns gest-Indem
Er wollte. es sollte
Tals Recht siegrrtch sein —- —'
tlang es weiter. Ieise Bolllraut
meinte, so etwas Schönes überhaupt
noch nicht gehört zu haben. Wild
stiegen neue, nie gespürte Gesiihle,
ein ungesiiges und ungestümes Seh
nen in ihm empor, ohne daß es sein
armer, wenig verstehender Raps recht
begriss. Er stand nur da, riß die
Augen aus« als ob er damit auch das
Leib einsaugen tönnte, und horchte-—
Eine halbe Stunde später war al
les vorbei. Der zerschossene eDorn
stand leer, Frise Bolltraut sasz aus
der Prone des ersten Geschütze5, hatte
den Arm oorschristsniaszig in den
seines Nebenrnannes gehait und
dachte mit heissem, rotem Kopf über
das eben Erlebte nach. Und wo er
nur von jegt an Gelegenheit hatte,
steckte er in der sonst so gemiedenenI
Nähe seines Oberleutnant5, der mit«
detn ewigen Monotei im Auge längst
wieder der tiihle gestrenge Bauern
siihrer war. Die Batterie steckte jetzt
in »dirter Lust«, die Franzosen war
sen heißes Eisen aus die deutschen
Linien, und die Batterie mußte schwer
arbeiten, um der eigenen Jnsanterie
hier und da etwas Lust zu schassen.
Dann tarn eines Mittags eine At-«
tacle der Feinde, die die ersten deut
schen Linien auseinander riß. Die
iihrung war unterbrochen und kleine
ruppj tämpsten in den Gräben und
Sprengtrichtern aus eigene Faust. Jtn
Wirrwarr drohten aber Geschiige der
Batterie aus und fuhren ab, sroh,
ihren ganzen Krentpel gerettet zu ha
ben, während das erste und zweite
Geschütz stehen blieben. Und bei ih
nen war der Führer Oberleutnant
hausen. Zugsiihrer und auch die
beiden Geschützsiihrer sielen. es siel
auth der Richttanonier ooin ersten Ge
schüs. Da sprang der Oberleutnant
hinzu, und iibernahtn, ohne eine
Miene zu verziehen, die Ausgaben
des Nichttun-inten. s
Feige solltraut kniete neben dem?
Lasettenschwanz und schob die La-(
iette hin und her, wie die hand sei-l
nes Oberleutnantj anzeith Rath
einer Stunde war auch das Zweite
»Geschiih still, weil dort nur noch der
Ladetanonier lebte. Der sprang hin- s
über zum ersten Geschüh und hats die
Geschosse stellen, die nun wieder ins
Schnetiseuertempo aus dem Rohr
bravsten. Schwarz und zerseßh die
verschmähten Dame in die Stirn ge
tlebt, arbeiteten die Kanoniere mit
der zähen Vetbissenheit der Pflicht
treue an »ihrem« Geschäft.
Und als es endlich Abend wurde,
schwemmte ein breit angelegtet Ge-;
genangriss die Feinde zurück; sies
mußten weichen obne an dieser Stellei
ein Geschütz oder Grubenstiiet erobert
zu hoben Noch ein paar sändiiche
Schrapneilz pinHten über den deut
schen Stellungen, und gerade- ais
Oberleutnant Hansen blaß und zer
rniitbt, doch schon wieder das Mo
notle itn Auge, sich votn Richtsts her
unter zwange, tras ein zottiger Spiits
ter die Brust von Feine sollst-tun
der mit einem tiesen Stöhnen den
Richtbaurn lozließ und auf den vorn
Spornbiech zerwiihlten Boden nie
versank Sein Oberieutnont sprang
hian und beugte sich iiber ihn. Irise
Bellt-mit hatte die Augen geschlos
sen. Als er sie Zssnete, ser er, wie
sein Batteriefiibrer vor ibtn kniete —
ohne Monotel — und ihm einen Ver
band anlegte.
Frihe Bolltraut bewegte den Mund
»Willst Du noch etwas, braver
Kern« fragte Oberleutnant can en.
grice Bellt-kaut flüstertc «L di
err Oberientnant — schönes Lieds·
Und der schneibige Oberleutnant ver
stand sofort, was Frise Bolltrant
wollte.
Er erhob sich auf die Knie, sab in
die dunkeinde Nacht nnd sang mit
seiner tiefen,s schönen Stint-ne san g
allein sterbenden »F s
venneextiåneinen ebüs das alte Lied und
Dantsebek
«-— Midas-Deinen gemeint-e
er e Ha ,
Wes
smä IO sieu — — est-"
ZZ
S !- I
—
Eine sie-e seschrlsmes is Messer Er
nähre-use - Seite-.
Die Einführung der Kasseelarte
in Wie-i loird oon einem humothes
Bach-ern Plauderer wie folgt bespro
Dieseo war der dritte Streich.
Der Krieg olsziplmiert dee Wienee
und hat ihnen ,-— hübsch nacheinan
der —- aIe die sehst-en und guten
Dinge genommen, aus die sieh einst,
der langer-, langer Friedenszeit, der
dose Rai der Wiener gründet-e. Zu
nächst einmal das Ochsen- oder
Amt-strich das die sleischlosen Tage
zweimai m der Woche oon jedem dür
gerlichen Mittagsttseh an der Donau
ftrilhem darauf die Fiaker, denen
lürzlich das Spazierensahren unter
sagt wurde« und nun am Ende geht
ed gar an den Kasser. Nindslelsch.
Fiater und Kasseehaus waren aber
die Weseueelemente des Wiener Le
bens wenigstens in der Nicht-Wie
ner-Vorstellung), und aus dem Ge
genständllchen ins Bollspsyazologii
sche til-ersehn bedeuten die drei Be
grisfe etlra soviel wie: tägliches
Rinsleisch glei? leinstädtislhes Spie
ßertum, Ilaler ahrt gleich Leichtsinn,
und Kasseehaue soviel wie Zeitver
geadung, Trödelei. mit — Rechte —
zu Rande — tommeln
So ungefähr war ja das liebens
würdige Porträt« das alle, die nie
in Wien gewesen waren, oon dieser
großen Stadt und ihren Bewohnern
gleichsam als Retseanoenten mit sieh
herumtrugen. Eine gründliche Um
wandlung dieses Bildes tut jedt not!
Der Wiener hat gezeigt, daß er auch
hart und statt sein und manche liebe
Gewohnheit, die man —- wie er zu
sagen pflegt — »so g’wöhnt« wur,
entbehren cann. Das Rindsleisch,
den Finter und das Kasseehaus. Das
heißt: ans Kasseehauö geht ex dies
mal nicht, sondern an den Kassens
Ja. das Kasseehaus wird in der1
neuen Knifeetarienvetordnung gera-4
dezu mit Glacehandfchuhen behan-(
de1t, nur wer — iiir seine Hans-i
wirtfchait -- Koffee kauft, ist aufs
die Kxiffceinrte (dtei Achtel Kilo-.
gramm fuk 8 Wochen) beichtäntt,j
nicht« tret ihn im Kafieehaus trinkt«
Aber — bitte, ganz genau sahn-H
passen! —- der richtige, der leiden-i
schriftliche, der andachtsvolle Koffer-«
triniet geht nicht ins Aufhebens-»
und umgekehrt: dem richtigen, dein
unentwegien, dem nimmetsatien Ko is
feehausbefuchet sammt es got ni t’
auf den Kassee an. Er liebt die Tit-»
mosphäre des Baumes die zwei Dut-!
send Gespräche, die er mit seinen Orts
kunnten rasch anspinnt, rasch obbricht,4
den Zeitung-berg, den der Ober vor
ihm auftürmt, in dem er bliittett nnd«
da von einem politischen, dort vom
einem schdngeifiigen Aufias nippi
und nascht Der Kaiser im Kante-»
haus ist nur die Aus-ede, oet Vot«
wand für dieses net-Vie, nniegende
Vieieriei von Wspräi und Leiiiire,s"
oder —- wenn man will — es ist
ganz einfach das Sitzgeld, dat- man
dem Besiger bezahlt, die Form, in dets
man fein Einiriiisgeld im KasseeJ
daui entrichtet Jch tann mit ganz
gut ein Kasseehiuö ohne Kaiser den
ken, und eben darum iößi die Rassees
iatte dar Kufieehaud unberührt
anohl, Seine Exzcllenz, der Herr
Minister des Innern, weiß Bescheid
in den Voltseigeniiimlichteitew Die
haupttoniumentem die Haupts-mil
zer des Kaifees sisen gar nicht im
affeehaul. Sie sisen daheim, sie
müssen den Zassee feibfi«»getau·st,
elpst gebraut haben uns rauqu Inn
in ungestörter Andacht genießen tön
nen. Literweise, humpenweise: drei-«
siermal an-. Tage, aus abgrundtiefen
Schalen, in die —- einst — lleine
Mißbrotstiiachen .eingebrockt'· wur
den. Für diese Menschen ist das
Kasseetrinken sast eine heilige nnd
rituelle handlung. Und webe bein,
der fie dabei stören würde! Die
«Kasseeschwester«, wie inan im Volls
nmnd diese Art des «honio sapienk
nennt, hat den Mund aus dem rech
ten Fleck. Einen sebr großen, sehr
redegennndten Mund, über dem, nicht
selten, eir. gehöriger Schnauzbart
hängt. Tenn das Wort »Boshe
Ichmestec« trügt und lügt: es gibt
vielleicht nicht weniger männliche als
weibliche Kasfeeschtoestetn«. Diesen
Nitnknersuiten allerdings wird die
Kasseetaite ihre Tagesrntion ein we
nig· verkürzen. Aber das Ausster
ben einer so gelungenen und spaßigen
Figur Dir-d uns die Laune wahrhaf
tg nicht verderben: wir normalen
Kgseeteintee Wiens finden nämlich
it« der Kasseelarte unser volllotnino
net Inst-muten
—- Der Grund. »Was sa en
Sie dazu, d der kleine Sohn es
berüchtigten inbrecheri Kugler bei
seiner Geburt schen vierundzwanzig
Pfund lot-gi«
«Ja, in der Familie konnte nur ein
schwerer Junge zur Welt losnrnen«.
—- Eine Gen-is entstand
Ueltliche Dame (elyr Wäre «Nein,
eine solche beban uns lie ich mir
»Hättest-Kauz niemal: esallleäuä
,.’- J « nn n , rnu ,
wenn Sie noch einen besseren-P
— Ins »Wie kommt et denn,
der here Kapith lange niqt niebr
Ækaptihueves «
Wie-ei » M
fis-mesde
F Johanna Schopenhaiter, deren150.
Geburtstag nits den 9·Jtili fiel, lebt in
unserer- Erinnerung nicht niir ou
Lhie Mutter hei berühmten Philoso
«phen fort, sondern auch als eine
sFratn deren gesellschaftliche Stellung
»iiiid deren schrisiftellerische Gaben
Tkhr einenff nicht tinkeseiitesnjhenkötkikik
lstiiß auf die Kultur ihrer Zeit sicher
Jten. Sie hat mit ihren zahlreichen
sit-matten ein großes iinh degeistertes
Publikum gesunhinz sie hat tii th
ren Reisebttherii, vie viel Wett- und
Lehenstenntnis iiiih einen frischen
Blick für tunstgeschtchitiche Dinge
verraten, anschatitiche Zither ihrer
Gegenwort festgehalten, vor allem
aber in ihren Tagediichern nnd Le
hengertnnerungeit ein unscheinbare
Materien zur Geschichte weimar
und Goethes vetgeiiagen. Die be
deutende Eigenart thter Betst-mich
teti ptsetivtiii sich ain sinitsteit in
niesen engen sreunhschasiiichctt Be
ziehungen zu weihe, in oer hervor
ragenden Hirt-ung, vie sie sich in
Jiiriseiihen zu erst-erben muste.
Mach oetti Lohe ihres warten wiir
hie öoiahitge, aus etiteiu wanziger
yeatrtztergeschiecht staxiimeiihe statis
nninngrvtitve mit ihrem Ihchierchcn
Miete ttach wetniac uvergesievettz
den Sohn, in sein sich der geniate
Sonderttng schon haittais regte, tieß
sie in Hamburg, wo er Kaufmann
werden sollte. Sie tani in jene
grausigeti Veanzosentage ve- Otto
ver 1506 hinein und bewahrte Da
bei ihre menschenfreunvtiche Euch
tigtett aus vao Beste. Wenn sie
einmal gesagt hat: »He inehr Un
gliin ich in ver Weit ertehe, desto
besser bin ich mit den Menschen gu
srieden,« so tonnte sie nun ihre
Menschenliebe in reichstein Mast
störten; sie linderte oag Elend, too
sie eo sand, und wurde, wie Goethe
sagt, «ourch diese Feuertause zur
Weinteraneiin«. Auch als das
1Schlimmste vorüber war, wurde ihre
Gegenwart noch weiter von glücklich
steui Etnslug. Goethe war es, der
zu ihr sagte, da der Winter trüber
als sonst heranrttae, mußten ste auch
zusammenruaeii, ittn einander die
jage wechselseitig zu erhellen.
So entstanden die Teeabende im
Hause der echvpenhaueiz der erste
durgerliche «Salon«, der berühmt ist
ttt der Geschichte unserer Geselligteit
wegen der hier unter Goethes Zith-»
rung entsalteten Gesellschaft-Mitte
«Alle Abenbe,'· so tann sie schon ittt
Oltober 1806 ihrem Sohne berich
ten, »so lange diese Tage des Trüb
sals währen. versammeln sich meine
Bettinnten um mich her; ich gebe
ihnen Tee und Butterbrot im streng
sten Verstande des Worte-. Es toird
tein Licht mehr als gewöhnlich an
gezündet, und doch lotnmen sie im
mer wieder, und ihnen ist wohl bei
mir: Mehre, Ferne-to, Goethe bis
weilen, sind darunter". Stolz tonni
te sie später ihm mitteilen, daß ihr
Zittel in ganz Deutschland nirgends
seinesgleichen finde. Goethes Freund
schaft gewann sie besonders dadurch,
daß sie die erste war, die seine Frau
Christiane gesellschaftlich anertannte
und herzlich bei sich ausnahm. Pers
Dichter bildete natürlich den Mittel-s
ptitilt des Kreise-, von dem alle-s
Licht itnd alles Leben ausging. s
Goethe las den Anwesenden vor«
besondere Calderon, den er damaleH
sehr verehrte, und Johanna hat unss
eine wundervolle Schilderung des
Vorleserg Goethe gegeben; er zeigte
neue Nunftdliittm zeichnete und hör-»
te feine Gedichle an, die ihm in der(
Vertonung von Zelter oder Reichardtl
vorgesungen wurden. Alle entzückte
er durch seine komischen Improvisa
tionen, feine Reitereien und die von
ihm veranstalteten Maskeraden. Von
dieser Unterhaltung-sanft des al
ternden Goethe erfahren wir arn
meiften aus den Briesen oer Frau,
deren angenehmes baue ihm zu die
fer Entfaltung seiner Persönlichkeit
Gelegenheit gab. Jeder Fremde von
einiger Bedeutung, der nach Weimar
inni, fuchte bei ihr eingeführt zu
werden, und nicht nur den bei ihr
veriehrenden «Zelebriiäten« galt die
Auswertsamteit, fondern auch der
Wirtin selbst, die ja eine berühmte
Frau war.
hre Eitelkeit, ihre umfassende
Bi dring, die sie gern zur Schau trug-,
ihr geistreichee Sichvordriingen irn
speiieh stie en freilich manch feine
aiue ad. v war sie Wil lrn v.
Humdoldt »durch Figur-, timme
und as ettiertes Wesen fatal«, nnd
auch oethe flüchtete wohl einmal
vor der »in-seligen Dame Sehr-pen
hauer«, als sie ihn «mit unbändigen
Fragen nach dem Ursprung der See
le beinahe toll gemacht hatte«. Jrn
allgemeinen aber wird doch gerade
lhr suriirthaltendes und gastfreund
lich tiebenstoiirdiges Wesen betont
und durch ihre nigra Lenntnise und
crsahrungen, due ihr samtnen
Zeåenn 1Izitit Zeit beseiter enpgifem
' er i er - e sti
iiehteit einen solchen Za , daß sie
den Mitledenden sedeutendes zu
gehen to te und noch heute aus ih
ren sei nnd schrtsten tu uns
rnit dein eindrucksan Klang einer
Whnlses Ratte spricht
II sitt-.
Brit Marie Troxler.
Wenn es Uhren gäbe, deren Werte
fp fein konstruiert miten, daß fie sich
nach veii Gefäßiens Ind Empfindun
gen der Menschen r teten,«tins fee-»
«fe nachdem ins unser-en Ue Zu
Izii fliegen ove zti zaudern fch"e,
Lwegten, welch eine .vtii·veibore
Fixiweffims würden Dir des-htt
en
Es sind ntir fünf Minuten, eine
kurze Zeit iino doch oft so wichtig
into foigenfchtverx Wer hat oen
Wechsel nicht schon tin fich Ietvft ei
jcitirenf Heute scheinen iie tin- Mo
mente iino morgen —- eine Ewig
teit.
Der Gericht-mal ift ganz unge
iütit. Auf der tintlogevuni sitzt per
derkrechet iino wartet iitif vg- Ur
sieiL Zeoee singe in atti chn lzerrin
iei Lautiofe vtitte ringt tin entste.
»Ja fttnf Minuten wirt- vits echte
Hiit entschieden fein, Leben, Frechen
Tiiiich Advtißitng der etcafe over ver
»Hättet oes Deiner-.
T Es gibt intchterliche fünf Minu
Hieii aiif einein Wie wurden sich vieie
jcootzt auf vetit Zifieeviatte iiiiseier
Itihi tennzeichiteni —
; Geh hinein ins Krankenzimmer.
IDie entspinnt find gest-geti, nttr ein
mächtiger Schein oei untergehenden
Jeonne bliett oeiitoylen hinein. Oii
ithft nur Steinen. yorsi nur
cchttichzeir. Aus vein mitnienveiie
.·iegt vteich tinp matt ver getievte
Bitten Seine hanc iit fu«-erhub
·er Miit fchon giiinztoe tino Itaii,
uas Wart etftoioeti auf sen Iitrvs
iofeit Lippen. Gattin und Kinder
nnifteheii im Stirvemger. Sie mis
sen es wom, tatiiii funf ruiinuieit
noch tinv der Vater ist tot. —- Wie
ließen sich i-ie stinf Minuten wuyi
fchitoerni Werden Iie nicht fiiiti
Hitiize Leben iir Herzen etitsiitvieit
seine
Frage vie Mutter, welche draußen
in« Amtszimmer warm, nnyreno
ver zur Aruns-rennen yetvergeruyene
elezt um seinen Kollegen ain Kran
teneseue .hre5 Rinde- tonieetert. —
Bade werten sie herauskommen —
Ere legt dre yano uqu pochense
Herz. — Ball- rvrrd sie wissen, ol) sie
ryr einziges iltnv am neuer hoff
nung un ore Brust neune-. var-, oder
—- ov es scheiden muß Don hinnen
Wie lange glauva ou wohl, ver Ihr
diese fünf Riemen oortprntnenf —
Zunf Stunden — fünf Jahre —
run! Ewtglenersl
Auf «k.» Perron ve- cawyofes
send iserinnedene Gruppen versam
melt, aber rch Haue nur auf etne ver
J:le:.rernnen. Quer uno von-: pe
nen zusammen vor einem Personen
wagen. Der Vater ist all und
schwach; nur mit Mütze Mist er irch
auf fernen Stdn, aoer man merkt et
wohl« das stunden Ihm auch alle
Stecke ver Welt zur Berkugun9, tytn
Doch vie einzige, redliche etuye jetzt
entrissen wiev. Jn suni Minuten
geht ver dun. Des jungen Mannes
yanktaiqe uns Schirm liegen schon
sorgfältig itn Wagen ausvewayrt.
Germaner Inhrtane alles Ist In
Ordnung. Dre lenken Donnrer-hun
sen sind gelan- mine kleinen, är
serlichen und doch so wohltuenven
Störungen leiten vie Gedanken von
set bevorstehenden Trennung mehr
ac.
Der aiie Mann siegt seinem erino
ins Auge und der Sohn dem Vater.
Es muß wohl eine weite Reise fein,
die er feyt unternimmt, das sagt uns
deutlich der gegenseitige Blick.
«Bitte, einfieigen!« —- eine lange
schnierzliche llinarinung —- ein gel
iender Pfiff. — Jetzt ist’s vorbei, er
ist fort — Ob diese legten siinf
Minuten ihnen turz oder lang oors
lamen? Jch weiß es nicht, — ich
glaube, sie wußten es selbst nicht.
Es gibt auf Erden Augenblicke,;
die nicht nach oer Zeit gemessen wer-»
den können l
Was konnte nicht fo eine altes
Biihnhossubr fiir Memoiren schen-(
ben! — Aber nicht inimer wären sie:
so webniiitig. I
HJn sit-if Minuten tomcnt der;
Zugs heißt es. O, diese wonnige«
ngedulis und Erwartung! Werden(
diese fiiiif Minuten oenn nie zu Ende »
seinf seht nur noch drei, noch!
wei, noch eine! Mit lustigem Pfeisl
en p. siert die Lolowoiioe schon dies
leste ieguug· Wieder ein langes
Untat-nen, aber tein schmerzlichen —i
Das waren flins lange Minuten ders
Hemde und des Wiedersebenö, fie«
wiegen Jahre der Trennung aus. »
stach jahrelanger Abwesenheit im
fremden Lande will man sich wieder
einfchifJeih beimzulebren ins Land
der V«ter. Nur eine kurze Strecke
ist esbis an Bord, wo der Dampfer
bereitsteht. —- Hor ! Was ist dass
Ueber vie Fluten trinkt wie Mosis.
«- Man verdoppelt seine Schritte-—
ekt in ver Strand erreicht Es
cheint, alt ob die ganze Bei-blie
eung sich biet versammelt hätte. die
Scheidenden nochmals zu riißen,
bbee —- o Schrecent —- borifi t«der
Danks-set schon in die hohe See. —
Illsd vergebens —- e.lles vorbei. s
«Uor sit Minuten ist ee efabs
ren.« - a, bie fiinf M nuten
schmerzliche- Stimmung, die f i ol
enl«-— uriisgefiellt tir bien ch en
·onbe fi die bei-m abrt. —- Was
gäbe mnn nicht, tun b ese fünf Minu
ten Hurtielsienebmeni
II Ae W
Speck- oder Schtnteno
Höfe. Mk Pint Mehl werden mit
einer Obertaffe tatterMitch und zwei
Gern zv einem guten Kirsteig ge
tkhtt Dann gibt man zwei in
Wl geschnittene geröftete Beist
schen. etwas Pfeffer, Salz, Muetats
rnn , fawie I,I«·- Pfund vorher ge
n; darchgewachfenen. in Wut
felchen geschnittenen, geräucherten
Bauchlappen over Schtnten dazu.
Nachdem vie Möße gekocht sind, wer
den sie mit Bnaobft over Sauerttaut
zu Tisch gebracht. Etwas Baakuls
ver macht die Flöhe locker.
Gefülltes hamrnelblatL
Aus dem Hammetblatt müssen alle
Knochen forgfältig entfernt fein, dann
wird es gewaschen, abgetrodnet und
auf folgende Werfe gefüllt: ein vier
»tel Pfund gehacktee Rindfleifch, ge
friebene Semmel, etwas Speck, Salz
Hund ein ganzes Ei werden mit em
nnder vermischt und in die Oeffnung
sgefüllt, wo ver Knochen gefessen hat.
Die Oeffnung wirt- darauf zugenäht
und das Hammelblatt mit den Kno
chen in Salzwaffer weich gekocht. Die
daraus entftandene Brühe verwendet
Man entweder am felben Tage, over
Fu einer ergiebigen Saure.
Schüsselspeise von Bir
nen. Man schiilt 16——20 Stück
saftige, aber nicht zu reise Birnen isnd
schneidet sie in Schnitzehem die, niit
Zucker bestreut, eine Stunde beiseite
gestellt werden. Nun oerriihrt man
2 Eier mit 1—2 Lüssel sein geriebe
nen tgeschöltem süßen Wundern,
etwas Milch und so viel geriebener
Semiitel nebst den Bitnenithnigem
daß es einen festen guten Teig gibt,
den man nach Geschmack noch mit
Zucker siißt. Er wird in die mit Brit
ter oder Kunstbutter ausgeslrichene,
mit geriebener Semtnet bestreute
seuerseste Form oder Auflaiissmiissel
gesiillt, obennus mit etwas Semiiiel
und Butter bestreut und 40 bis 45
Minuten itn Lsen zu schöner, gelb
gelber Farbe gebraten- Wird in der
ist-tin ausgetragen.
Klopse mit Sardellen
Ein Pfund gesyabtet Rindsleisch,
etwas eingeweicytr Seniiiiet, Z Eier
und einige -seingeiviegie Sardelleir
werden gut vermengt, zu Kloßen ge
sorint und in weißer aber brauner
Sarbellensauee U-; Stunde gelochL
Dazu liißt man 6 Unzen Sardellen
mit Butter und einer Zwiebel ein
schivihem gibt 2 Lossel Mehl dazu
und Fleischbrühe von den Sehnen
des Rindsleischeti. Nun läßt man
alles durchtochen, gibt es durch ein
Sieb, perriihrt nochmals 3 Unzen
Sardellen tin die Satice und gibt
die Klopse hinein
Einen sehr guten Kartof
selsalat stellt man aus folgende
Wei e her: Man loeht Kartosseln in
der Schale, zieht sie ab und schneidet
dieselben in seine Scheiben. Dann
gießt man eine Tasse heißen Wassers
darüber und dettt dug Gericht zu. Un
teideß rührt man zwei bartgetochte
Eibotter, Satz« Pfeffer, etwas klein
gesthnitlene Zwiebelm Z Eßliissel Oli
venbl, s Eßliissel Fleischextratt oder
Bouillon zu einer Saure, init der
man die Kartossel vermischt. Ley
tere müssen bani noch eine halbe
Stunde ziehen, ehe sie angerichtet
werden.
Kartossetielleriebrei. Ei
ne grosze Sellerietnalle wird gründlich
gesäumt mehrere Male gewaschen,
in Scheiben geschnitten, oann in Salz
wasiee so weich gelacht, daß sie sich zu
Brei derrühren läßt. Die Seileries
brühe verwendet niiin zur Sappe, in
dem man sie mit Striwigmehl sämt,
mit Brühtviirseln würzt und nor dem
Anrichten mit Eiersag aindet. Etwa
doppeit so viel Kartoffeln wie Selte
tie schält mitti, tacht sie in Salzivasser
ganz weich, gießt sie ab, rührt sie eben
falls zu Brei und vermischt ste «init
dein Helminan Dann gibt man
gewäriiite Milch und zerlassene But
ter darunter, mischt alle- gut durch
und würzt nach Belieben mit einer
Prise Besser, warmt das Gericht an
und reicht ein beliebige- gebratene
Fleisch dazu.
GesullteBirnrn Man iocht
7 Unzen Reis zweimal al) und quillt
ihn dann in Bitnensast, wenig Zitte
nensast, etwas Welßwein und dein
nach ndtigen Zucker und einem Stück
Vanille aus. Aus den Birnen, die
man braucht, schneidet man ein Vier
tel heraus und bohrt das Kernhaus
aus« woraus man sie gar schwach ab
trodsen und erkalten 1iißt und in ch
retn Saft den Reis gar macht. Der
lessiere wird in eine glatte, talt aus
gespiilte Kappe-form gedrückt, erkal
tet lassen und gestürzt, woraus man
ihn mit den Birnen garniert, deren
höhlung man abwechselnd mit einge
machten Mirabellen und eingemachten
Kirschen sägt Der Saft der Früch
te wtrd mit etwas Zittonensast ein
gelacht und ais Sauee dazu gereicht.
Meerrettichtuntr. Der
Meerretiich wird geschickt dann aus
dem steil-ei en gerieben. Es wird
eine helle ehlschivitze oereitet, mit
tochender Milch ausgefüllt und der
Meerretich hineingetan. Diese brei
arttge Lunte wird gesalzen, na Be
Ren gesiiszh mit Essig ange äueet
. zum Schluß einige einaewiegte
Wandeln hinzugesiigt. an läßt
alles noch einmal austachem und sollte
die Tunte nicht diii genug sein, rührt
man noch etwaZ qeriebene Semmel
durch.