Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, August 24, 1916, Sonntagsblatt, Image 12

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    Schmutze-Perlen
Mitte-trauten von III-I Wil
(6. IortfesungJ
- »Mir nicht fo förmlich, lieber
Doktor!« fiel ihm Mary ins Wort.
zBor mir brauchen Sie sich nicht
zu versiellen. della nnd ich sind
eit frühefler Kindheit vertraut-.
reundinnen. ch weiß alles. Ge
nieren Sie sich nicht. Geben Sie
ihr einen Fluß! Ich werde mich vor
stellen, oanttt man es von der Allee
aus nicht sieht!«
»Aber Maro!« wandte hellu in
tödlicher Verlegenheit ein
»Wenn du nicht willst, bitte!«
Das Glück, das aus dein Antliy
ihrer Freundin strahlte, ließ Mord
die eigenen Sorgen einen Augenblick
vergessen
.Segen Sie sich her zu uns, Herr
Doktor! Nicht hierher — auf die
andere Seite, zu Heller natürliche«
Der Doktor folgte bereitwillig der
Aufforderung der Baronin. Die
Hände der jungen Leute fanden sich
zu herzlichetn Druck, wag Mary
Flbsioerftiindlich nicht bemerkte, da
te in die mtgegengefetzte Richtung
blickte, um das Paar nicht zu stören
.,Wie geht’s zu Haus-« fragte
Doktor Wutmset.
»Ach« —- anttoortete della —
»dan- macht dem Vater viel Sor
gen.«
,.Was ist denn mit deinem Bruder
eigentlich wieder !o5?« fragte Mart-.
»Das ist schwer zu sagen. Jch
glaube, es steckt ein Mädl dahinter,
denn seit einiger Zeit ist er wie aus
gewechselt."
»Ein Mädchen, glaubst dui'
»Ja, ich glaub’, die Tochter dont
Gauner hier. Du weißt doch, wie
harmlos und frohlich er war, jeßt
ist er immer so smster. Ganz einen
wilden Ausdruck hat er manchmal im
Gesicht. Und so was Scheues. Ganzes
Tage herbringt er außer haust
Denk dir nur, er, der früher nich-!
wegzubeingen war vom Kasten, dem.
et die größte Freude machte, das Ge
wehr iiber die Schulter zu werfen
und hinein in den Wald zu lau
sen.' ’
«Wohin geht er denn jehtk
»Wir wissen es nicht. Gestern
war er den ganzen Tag in Wien.
Jn der Früh mit dem Achtstlhrssuge
suhr er hinein und am Abend so halb
Mr Uhr tam er erst zurück«.
Das Geräusch eiliger Schritte
wurde hörbar. Durch die Allee tam
Johann aus die tleine Gesellschaft zu.
Als der Kommissar den alten Die
ner erblickte, fuhr ihm ein Gedanke
durch den Kaps
Die Baronin rief Johann schon
non weitem an: «Wollen Sie von
mir etwas, Johanni«
»Ja, gnädigste Frau Baronirn Der
Herr Oberleutnant läßt fragen, ob
er Frau Baronin seine Aufwartung
machen darf-«
»Es wird uns sreuen, wenn et
hierhertomntt. Sagen Sie dein
Herrn Oberleutnant, daß wir ihn
hier im Pakt bei der Linde erwar
ten.··
Johann wollte wieder gehen. Aber
.der Kommissar hielt ihn an.
«Sie, bitte, welchen Zug haben Sie
.gestern benutzt, als Sie in die Stadt
-suhren?«
.Den Acht-Uhr-Zug« herr Kom
missar.«
«Dantel«
Johann eilte wieder zum hause
zurück. Der Kommissar wandte sich
an die Baronim .,Können Sie sich
erinnern, wann Johann gestern abend
aus- der Stadt lam?«
»Ja, beiläufig. Eine halbe Stun
de veoor wir zum Abendessen gin
gen —- wir soupieren immer um
halb neun. Vom Bahnhos bis hier
her ist nur eine halbe Stunde, also
dürste er nach dieser Berechnung um
halb acht angekommen sein.'
.So mußte dein Bruder dieselben
Züge denuht haben, wie Johanni«
wandte Wurmser sich wieder an he
lette
»Schon mögiich.«
Mary, die vielleicht den Gedanken
gang des Kommissars erraten hatte,
bemerkte: »Den Doktor-, Sie dürfen
nicht vergessen, daß nach Baden je
den Augenblick ein Zug kommt. Die
Zeitdisserenz drückt sich natürlich bei
der Wagensahrt nicht genau aus und
überdies könnte das wohl nur Jo
hann selbst genau seststellen.«
«Kennt Johann den Bruder Dele
liest Eigentlich,« lotrigierte er sich
selbst, »ist diese Frage übersliisstg
Bei dieser nahen Nachbarschaft ist es
wohl selbstverständlich, daß sie sich
kennen«
»Nicht so ganz, Herr Dotter. Vor
vielen Jahren hat er den hani stei
-lich ost gesehen. hani war damals
noch ein kleiner Knabe-« antwortete
Mart-. »Die leiten drei Jahre hat
hani beim Milität verbracht. Er
ist erst im vorigen herbst wieder nach
fthause gekommen.«
.So so Ulso er kennt ihn
M ...', murmelte der Kommis
.the Mart- elwas erwidern konnte.
M Obertenne-at sann Waldes zu
.Voelönsig noch nichts Besonde-"
res.«
Also hat man ihn noch nichtk
»Ich bin noch immer aus der
Suche.'
«Hier, bei den Damens Wenn
Jhr Beruf Sie immer mit so schö
nen Repräsentanten ver Menschheit
zusammensiihrt, dann sind Sie wahr-·
lich zu beneiden!«
Dein Kommissar war es sehr an
genehm, den Oberteutnant in Marhs
Gesellschaft zu sehen. Er hatte ge
stern abend keine Gelegenheit gesun
den, mit dem Ofsiziet zu sprechen
over ihn zu beobachten. Wenn in
ihm auch nicht ver geringste Verdacht
rege wurde, daß Baron Walven in
Zusammenhang mit dem Verschwin
ven des Schmuckstiickes gebracht wer
den konnte, so war er Ia schliesslich
doch eine jener wenigen Personen, die
den Aufbewahrungsort lannten Wie
er jetzt den jungen, lebenssrischen Os
sizier mit Marh in harmlosem Ge
spräch sah, stieg auch nicht der ge
ringste Zweifel in ihm aus, daß die
Haltung des Osfiziers eine erliln
stelte sein lönnte.
Doktor Wurmser begann absichtlich
das Gespräch wieder auf die Vor
sälle des gestrigen Abends zu len
len. Nicht, um Aeußerungen des
Oderleutnants zu hören, wohl aber.
um den Ton ins Ohr zu bekommen,
den jener dabei anschlagen würde
Baron Walden sprach in der un
dersiinglichsten, freiesten Art, die man
sich denlen konnte, über die Angele
genheit. Der Kommissar gewann die
Ueberzeugung daß jeder Schritt nach
der Richtung nur vergeudete Zeit be
deuten tvürdr. Jn dem halt-stündi
gen Gespriich, das unter der Linde
geführt wurde und ausschließlich die
leidige Angelegenheit behandelte, er
kannte der Kommissar aber auch, daß
er an dem geraden, offenen, liebend
würdigen Mann einen wertvollen
Mithelfer finden könnte, falls er
dessen einmal bedürfe·.
Und die halbe Stunde genügte auch
dem Kommissar, um zu der Er
kenntnis zu gelangen, daß der junge
Osfizier und die Baronin toärmer
für einander fühlten, als es ein bloß
gesellschaftliches Verhältnis erheischt
.·t
te.
Dotter Wurmser fand es nur ganz
stieg-reiflich daß die Baronin nach
zlurzer Zeit den Vorschlag machte.
Heine Promenade durch den Parl gu
sunternehmem Auch hella und er be
xgriißten diesen Spaziergang freudig.
HWenn auch die Baronin von ihrer
Liebe wußte, so lvar es doch schöner,
sganz allein mit dem geliebten Mäd
;chen sprechen Du tiinnen. Er schritt
daher mit de ene rasch voran.
Auch die Baronin toar glücklich,
»mit Leo allein sein zu können. Wie
shatte sie diesen Augenblick schon er
sehnt. So vieles hatte sie ihm zu
sagen!
. Ungestüm faßte Leo die nd Ma
rtis und bedeckte sie mit Kii sen.
» «Wo warst du denn heute?« fragte
;er zärtlich.
; .Jch habe in Wien Besorgungen
gehabt und war dann heim Advotas
ten.«
i ,Beim Advotntenii hast dv denn
auch geschäftliche Angelegenheiten?«
.Geschästliche Angelegenheiten ge
rade nicht — aher —- er ist ja nicht
nur ein Recht-freund, sondern ein
alter Freund unserer Familie und
besonders mir sehr ergeben. Und du
hah’ ich ihn halt um Rat gebeten-"
»Warst du heute wegen dieser
halsbundgeschichte bei ihm?« srug
Leo weiter.
« »Ja, ja, wegen der Geschichte«,
antwortete Marh nachdenklich. Ell-er
toir sprechen lieber nicht darüber. Jch
höre ohnedies den ganzen Tag von
nichts anderm. Erzähle du mir.«
s «Was soll ich dir denn erzählen?
Das einzige, das niich interessiert, hist
du, höchstens noch das Rennen. Na,
Gott sei Dant, der Janto ist wieder
ssamos gegangen."
·Gottloh! Also du hossst?«
.Jch hoffe nicht« ich Mk be
stimmt. Wenn nicht der Teu el die
band tin Spiele hat, muß ich als
Erster herein.'
Muth hiin te sich schwer in den
Arm des Os hier-.
»Du, Leo', sliisterte sie mit dr
wegter Stimme, «es wäre schrecklich.
wenn es nicht der Fall wäre. Alle
unsere hoffnungen sind aus diesen
einen Mit gesetzt«
»Mache mich nur nicht ängstlich,
Mart-! Sonst werde ich nervös und
dann passiert mir noch ein Malheur.
Unsere hoffnungen liegen in nn3.«
Er drückte zärtlich den Arm der
Geliebten und ergriff ihre hand.
Mary zögerte einen Augenblick,
dann sagte sie in befiitnmtent Tone:
«Du hast wirklich recht. Wenn du
auch schließlich Zweiter wirst, was
tatst Wir werden schon ein ande
res Mittel finden, den Vater umzu
stimmen.«
»Weißt, Kind, ich denk« nicht gern
an diese Möglichkeit, aber peinlich
wär-i schont Du weißt ja. wie die
Geldleute sind, wenn inan Pech hat.
Sie haben dann erst recht In it um
ihr Geld und werden tllckst tue-.
Sie sihen rnit ohnedtei im acken.
Das bißl jugendlichen Leichtsinn muß
man gehörig bezahlenk
Eus nur, laß nur, Leoi Wir
W schon ein Mittel find-ist«
stein, liebe Ward-' antworteva
offiin must m mit nachts-each
Jücht ·toir«, sondern ichi«
fSie blickte soll Webnng is ih
an
.Ilber, Leo, du nnd ich, wir sind
doch einst«
,Getoiß· mein Kind. Aber W
in Geldangelegen itenl Die laß
nur hübsch meine arge seini«
Mary blieb stehen.
»Amt« rief sie. .Das Weib, das
dich liebt. das deine Frau werden
wird, ollte nicht das Recht haben.
deine orgen zu teil-ni«
»Das Weil-, das ich liebe, soll nur
die Sonnenstnnden mit mir teilen!'«
antwortete Leo. »Wenn ich einmal
lrant sein werde. dann sollst dn mein
Trost, meine Stilsn meine hilfreiche
Gefährtin sein. Aber in Geldangeles
genheiten muß ich schon trachten, al
lein darchzutominem da dars ich
deine Dilse nicht in Anspruch neh
men. Die sind lediglich meine Sache.
Geldsragen zwischen Mann und Frau
—.das wider-strebt meinen Gefäh
len.«
.Aber geh’ Leo« das sind doch so
veraltete Ansichten! Schau’, man
spricht doch nur so davon. Jn Wirt
lichteit könnte ich gar nicht hel
fen. Du tennst ja meine preliire
Sixuation. Du weißt sa, dasz ich
ganz vom Vater abhänge. . . Aber
gesetzt den Fall. ich wäre reich, sehr
reich. . . oder mir würde pliiilich
oon Verwandten der Betrag zur Ber
siigung gestellt werden, den du
brauchst, um dich zu rangieren,
würdest du das wirklich nicht anneh
tnenil Würdesi du meine Vermitt
lung wirklich adlehneni«
«Gewi.ß würde ich das, mein
Kindl« agte Baron Walden in be
stimmtem Tone.
»Auch in Anbetracht des Umstan
des, daß wir nicht heiraten Sinnen
bevor diese Angelegenheiten geordnet
sind?«
Der Ossizier nickte ernst.
»Ja, mein Herz, das ist schon so.
da läßt sich nichts machen!« bemerkte
er·
Mary seuszte und ein sorgen
voller Axt-denkt trat in ihre Au en.
»Wir werden halt noch ein sal
bes Jahr warten, das ist alles!« trö
stete Leo.
»Und opsern ein halbes Jahr Ja
gend, ein halbes Jahr Glückl« mur
melt; Mart-.
driickte ihren Arm sest an
-
nch
»O Martx welches Glück, wenn
du erst mein Weib bisit Wenn
nichts mehr uns zu trennen ver
mag!«'
Mart) schwieg und blickte gedan
kenvoll in das Blätterwert. Bei
Leos beißen Worten war sie leise er
schauert. Dann hob sie ibr weißes
Gesicht zu ihm empor, ihre duntlen
Augen leuchteten.
Zither schau’, Leo«, sagte sie,
siehst du nicht selbst ein, daß et ei
gentlich ein Widerspruch ist: Wenn
Ich reich wäre, würdest du doch
meine Mitgift ruhig annehmeni«
Der junge Ossizier richtete sich
hsher auf. Die Weichheit war aus
seinen Zügen geschwunden.
»Liebe Mary«, antwortete er und
eine leise Ungeduld klang in feiner
Stimme, »wenn du dich nicht in
die Lage eines Gentleman, der neben
bei stizier ist, hineinverseszen willst
—- denn daß du es nicht kannst,
will ich gar nicht annehmen —- so
kann ich dir nicht helfen. Wenn du
es nicht verstehst, so mußt du dich
eben ohne Verständnis meinem Wil
len siigen. Es ist doch etwas an
derei, ob man von der Mitgift seiner
Frau mit der Frau lebt oder ob
man sich von einer Dame, die
ossiziell noch gar nicht die Braut
ist, seine Schulden bezahlen läßtt«
Das Paar war in den sogenann
ten «wilden Part« gelangt. Eine
Weile schritten sie schweigend dahin,
bis sie fu einer Gruppe von Bluthu
cheu ge angten, deren tiestatei Laub
neben den sast weiken Blättern einer
Silberpappel pon eltsamer Wirtung
war.
Dort blieb Ward sieben und blickte
Leo bittend an.
.cher schau« lieber Leb —«, be
gann sie zagha .
Sie tam nicht weiter.
»Ich bitte dich, iiber diese Angele
genheit nicht mehr zu sprechen!«
Mary sah, welch erregten Aus
druck das Antlih ihres Bräutigams
angenommen hatte. Sie tannte ihn
zu gut, um nicht in wissen, daß
jedes Wort vergebens wäre.
Und obwohl sie es vedruaie, das
es ihre Vereinigung auf unbestimmte
Zeit hinauszuschieben drohte, freute
es sie doch im geheimsiem Erkannte
sie doch, wie selbstlo- Leo sie liebte·
Und eine unendliche «rili ieii
wallie in ihr aus« Kindich s ln
sie die Augen zu ihtn auf, Unle
klang ihre Stimme, als sie ihn frag
te: .Bifi vielleicht bös auf deine
Manf«
Ein Lächeln erhellte die Züge
Leg-I.
»O du, du! Wie lönnie ich denn
jemals böse auf dich seini·
; Und mit einer nnåesiiirnen Bewe
gung schlang er die knien-n Mnrd
und drückte feinen Mund auf ihre
zeippms
, »Daß du mich wirklich so liebs«
Sie nie-tun S nist. Sie Mr
etnanper naticsinsie Iu .
lgi- Qeft unt sie her war oernns
i zULaryP klang es in diesem Ils
sent-lich
» Sie sei-reckten empor; ver Zauber
swar machen
« Ti. atmend ließ er sie aus seinen
Arme-n Sie hoo die Arme sind ne
stelte an vetn Haare-toten.
Als sie ihren Namen rusen hörte,
war eine leise Röte bis zur Stirn
ausgestiegen
»Wenn man uns nur nicht gesehen
hatt« sliikerte sie Leo zu. j
Der sa sich unt. j
»Ach. wenns 'nur schon Sonntag
wär’i« fuhr ver Oberleutnant aus.
Damit doch einmal all piete ve
tniitigenden Heimlichieiten aufhörten.
Könnte ich nur schon ehrlich und»
offer- vor deinen Vater hintre
ten und aller Welt mein Glück sei
gen!« »
Und zum zweitenmal wurde Mart)
angerufen
«Korntn’, Leo. es ist Hellal Was
soll sie sich senten, wenn wir uns gar-»
nicht melden? Jch möchte nicht, daßi
man uns hier findet.'« ·
Mary wollte Leo sortziehem »
»Das geht nicht mehr. Ich iehe
ihr Kleid schon durch vie Bäume
schimmern. Ruf« sie nur recht unbe
fangen her."
Fröhlich und laut ries ste:
»heillo, wir sind hieri«
»Bitte, totntn’ hierher! Wir sind
beim alten Turm! Stepltan möchte.
mit dir sprechen!« hörte man HellasH
Stimme schallen. l
— Jst .
x. « s
Muth eilte mit Leo iiber die Lich-?
tung zurück und schlug einen klei-;
nen Seitenpsad ein, der sich zwi
schen Brombeergestriiuch nach einer
etwas höher gelegenen Wiese schlän
gelte.
An ihrem Rande nahe einem klei-«
nen Fichtenbestande, erhob sich ein
uralten masssver. halbversallenerI
Turm, dessen Wände dunkler Eseui
teilweise umsponnen hatte. Der?
Turm war unbrauchbar und iibersl
flüssig. Nur weil er so romantisch
wirkt-, duldete man ihn noch. An der;
vorderen, der Wiese zugelehrteH
Franc war eine grobgeztmmerte holzis
titr dem alten morschen Gemäuer
eingefügt worden.
Vor diesem Tor standen della und
der Polizeitommissar
heene wintte schon von weitem. i
.Stephan — der herr Dottorc i
verbesserte sie sich rasch, als sie Las-«
ansichtig wurde, »interessiert sich fiir
den Turmk·
»Wenn Sie nicht an mein histori
sches Wissen appellieren, Den Dot
tor«, sagte die Barontn heiter, «bin
ich gern bereit« ;
Dottor Wurmser war Marv eint-J
ge Schritte entgegengegangen und
antwortete:
»Nein, verehrte Baronin, siir
mittelalterliche Romantit habe ich
gar seinen Sinn. Was mich inter
essiert, müssen Dinge jüngsten Da
tums sein.«
»Im Zusammenhang mit dem
Turms Mit dem uralten Turm
hieri« fragte Marh erstaunt
»Ja, im Zusammenhang mit die
sem Turm!« erwiderte der Miit-mittä
sar bedeutungsvolL Wenigstens
glaube ich, daß ein solcher Zusam
menhang besteht."
«Ah, da wäre ich doch neugierig.«
Der Kommissar siihrte Marh zur
Tür des alten Turmes und s te
sich mit ihr aus eine breite, ne
dere, steinerne Dant, zwischen deren
zRigen sich junges Grün eingenistet
hatte.
: «Sagen Sie, Qaronim hier stand
:wohl ursprünglich das Schloß, nicht
Iwahe t«
»Ja. Nicht ganz knapp, ein paar
s Schritte weiter recht-. Dieser Turm,
laut oetn dreizehnten oder oierzehnten
Essahrhanoert toie ich glaube, ist der
egte Ueberrestje del Stammschlosses
meiner Familie.'
Wird er bewahetk
.Wo deuten Sie hint« antwortete
die Baronin lächelnd.
«Wozu wird der Turm seht be
nützti«
»Ich sente, gar nicht«
.Waren Sie schon einmal drin,
Barontnk
Die Baronin lächelte, wie in Erin
nerung an frohe Kindertagr.
«Einmali« Meine ganze Kindheit
habe ich sozusagen in diesem Turm
verbracht. Fragen Sie nur Hellat
Er hotte immer etwa-« geheimnisvoll
Anziehendes sier mi
«Wann waren Se das letztemal
im carni, Baroninf«
«Das sind natiirlich viele Jahre
ber« Genau sann ich mich nicht er
innern. Als einmal Reparaturen
hier tm hause notwendig waren und
der Vater einen ngenieur holen
ließ, warnte nn- d ser, den Turm
In betreten. Da verbot mein Bater
den Eintritt. Seit dieser Zeit wird
der Turm wohl nicht mehr besucht
worden sein.«
,Jch bin andrer In it Ver
Turm ist erst vor ganz arger Zeit
betreten worden!« erklärte der Kom
MII Ist k·
wiss-l Wer sollte drinnen
gewesen ein
Me, t·
f see-user »Ja-Irr daro
Itn In der alten colstli r.
Betrachten Sie etnnmi sie
Ilinte genas-. Da sehen Sie ganz
deutlich tin Staub vie Spuren einer
IVanW
Die Baronin beugte sich nieder
und antwortete:
. .Seitsam, aber Sie haben recht.
,Wer tönnte in dein alten Turm
etwas zu tun gehabt hadeni Kannst
,vu dir out erklären, bellst Ah,
mir fällt ein, oieiteicht hat per Gärt
ner Werkzeuge over dergleichen hin
eingestellt. Das wäre tu nicht un
mögiich.«
»Du muß Jhr Gärtner lehr feine,
onst-statische Hände haben!« erwi
derte ver Kommissar etwas ironisch.
»Dein-. Sie sehen, es ist der Abdruck
einer schmalen. zarten Dank-P
»Was Sie alles aus diesen Staub
tinien herausleseni Orpentlich fürch
ten könnte man sich vor euch Polizei
beamten!«
»Und sehen Sie dort auf der Erde
den Knopr
Der Kommissar beugte sich nieder
uno hob einen Knopf auf, den er der
Baronin reichte ·
MKannen Sie ihn vielleicht?«
.Nein. Aber oon den Kleidern
res Gärtners oiirfte er nicht herrüh
ren. Es ist auch lein Knopf, wie
ihn Damen tragen.«
Der Kommissar nickte.
»Es ist ein Knopf, ver an einem
Herrenrock hing. An welchem, pas
will ich bald herauslriegen!« -
Der Kommissar betrachtete oen
Knopf aufmerksam von allen Sei
ien. Die eingeprägte Marle war
eine englische. Zweifeltos ein Knopf,
ver zu einem eleganten Anzug ge
hörte.
.Gestatten Sie. daß ich den Turm
besichtigt-W fragte ver Kommissar
nach einer Weile.
»Selbstverst.inolichl Nur muß ich
Sie darauf aufmertsam machen, daß
es gefährlich ist! Namentlich soll
die Wendeltreppe, die zum kleinen
Söller hinauffiihrt, gänzlich baufäl
ng tein.«
.An Gefahren sind wir gewöhnt.
Baronin Der Turm wird nicht ge
rade in dem Augenblick zusammen
stürzen, da sich die Polizei fiir ihn
interessiert.'
«coffen wir, daß er so rücksichtss
ooll sein wird!' meinte Mary la
chend.
Doktor Wlltmskt wsllplc Illlj zum
Geben
.Wenn die Damen geflaiten«, sagte
er, ,dole ich setzt meine beiden Agens
ten. Jn einer Stunde will ich « html
Bericht erstatten. was ich im urm
gefunden habe.«
Der Kommissar entfernte fich ge
gen das Schloß zu. Dort rief er
Brandiner und Raimund und befahl
ihnen, ihm zu folgen.
Beim Turm og Wurmser den
Knopf, den er gefunden batte, aus
der Tasche, wickelte ibn in ein reines
Stück Papier und übergab ihn dem
Agenten Brandtner.
.Sie, Brandtner, ich wünsche so
bald als möglich zu erfahren, an
welchem Kleidungssiück hier im
Schloß diefer Knopf fehlt. Er ift
ganz frisch abgerissen. Das sehen
Sie ja an den Fäden. Wäre er üb
rigens lange biet gelegen, so müßte
man ihm das anmerlen. Um so
mehr, als eö vor drei Tagen erst
sehr ftari geregnet bat. Vielleicht
läßt sich dr: Sache dadurch vereinfais
chen. daß Sie sich binter einen derl
Diener stecken.« s
»Das tann ich leicht machen,s
Ver-r Doktor, ich bin mit dem Leo
pold sehr gut. Er bedient den
Herr Baron und der Herrn Ober-«
leutmnt.«
.Brado! Das geht ja nach
Wunsch! Und iedt ans Werks Oeff
nen Sie die Tütt«
Die Querbalken wurden herunter
fgenommen und die eine Hälfte der
;Tiir aufgerissen.
’ Der Kommissar trat in den Turm.
Ein tleiner, halbrunder Raum um
’fing ihn. in dessen hintergrund eini
iåe Stufen zu einer eisenbeschlagenen
iir führten. Dur eine in Manns
höhe angebrachte ,. uie erhielt der
Raum Licht genug, so das- man sich
orientieren konnte.
Aufmerksam sah sich Doktor
Wutrnser nach allen Seiten um.
Jn dem Raume standen einige
Gießtannen und Geräte, wie sie Gärt
ner brauchen. Vermutlich diente die
ser Teil des Turmes als Aufbewah
runasort fiir alte Geräte.
Dotter Wurmser prüste den Bo
den und ging bis zu den Stufen,
welche zu der zweiten Tür siihriem
vor. Er lächelte befriedigt
«Sie, Brandtner sehen Sie diese
Fußspur das« wandte er sich an den
Agenten
.Jn, here Kommissari Ein schma
ler, langer Fuß, ein Männersuß.
Zweifelle ein andrer als det, den
wir am Eingang vorne bei den Gerä
ten bemertt haben.«
»Wenn wir da sertig sind, nehmen
wir diese Spur ab. Aber geben Sie
vorsichtie u Werte und geben Sie
sehr . iese Fußsvnr ist vielleicht
wichtig «
In der verstaubten, verrvsieten
Klinke der Zweiten Tür. In wel r
ein paar s usen hinaussiihrten als
Dotter Wurniser wieder den i
schen Abdruck einer schmalen Man
nes-band Sein Gesicht wurde im
nier versnsgter.
Mit äußerster Vorsicht, um diese
Spur nicht n permis-dem öffnete er
dann die T·r.
Kalte, modrige Luft wehte ihm
entgegen. Etwas entraaicht blickte er
fsch lim.
Er befand sich in einem Gewölbe,
das fast vollständig leer war. Jn
einer Ecke stand ein wurmzerfressener
alter Tisch. Daneben eine rohgezinrs
merte Bank. Der Tiich war oon
Spinnmeben umzogen.
Aber man beniertte ganz deutlich,
daß das Gewebe an einer Stelle, nahe
an der Bank, weniger dicht mar. Es
sah wie eine erst frisch übersponnene
Lücke ans.
Gespannt blickte Dottor Wurmser
auf diesen Flec.
»Al» auch das könnte stimmen!«
murnielte der Kommissar. »So also .
wäre der Schaum am Ellbogen des
herrn zu erlliirenl"
Die Banl zei te deutlich den Ab
drul eines Men chen, der sich nieder
gesent hatte.
»Hier hat er Plan genommen und
da inuß er si nufgeftiist haben!«
sprach Doktor s urmfer laut dor sich
hin.
»Wer, bitte?' fragte der Agent.
»Jcner Herr, der zu dem Knon
gehöri, den Sie in der Tasche ha
ben und dessen Fußspiiren wir bis
hierher feststellen tonnten.'«
Der Kommissar dachte einen Au
genblick nach. Dann schritt er in den
Hintergrund des Gewölbes, den eine
Wand abschloß, durch die eine Tür
zu einer zweiten, kleineren Wendel
tteppe führte.
Die Fußspuren, die schon im Vor
rauin gefunden worden waren,
ließen sich einige Stufen weit der
folfgew Dann hörten sie plöylich
au.
Doktor Wurmser dachte nach.
Der unbekannte Brsucher des
Turmes mußte irgend etwas gesucht
haben, denn seine Spuren ließen
sich kreu und auet nach allen Rich
t--ngen in in dem Gewölbe verkoc
gen. Was konnte er in die em
alten oerlassenen Turm gewollte ba
bent Vielleicht satte er den Schmuck
nach dem Dieb talsl bier oersteckti
Dann wäre es begreiflich, warum
man im ganzen hause sonst keine
Spur sand.
,Sie, Brandtnen bringen Sie ein
mal ein paar Laternen aus dem
Vorraum und eine Leiter!«
f Der Agent tat, wie ihm gebei
»en.
»So! Raimund, belsen Sie! Vor
allem miissen wir mit den Brettern
ein paar recht klare Spuren liber
deiken, damit wir sie nicht verwischen,
womöglich die Gangbilder, die zur
Stiege führen. Aber recht vorsichtig
bitte «
Raimund und Brandtner vollführ
ten den Beschl.
»Nun können wir uns wenigstens
srei bewegen,« sagte der Kommissar.
Dann seßte er ich aus die Bank nie
der und ließ die Agenten die ganze
Längswand absuchen und abklopsen
Leider ohne Resultat.
Nach einer halben Stunde vergeb
licher Arbeit sagte Doktor Wurmser:
.J-ch muß jetzt ins Schloß hinaus.
Unterdessen stellen Sie ein Nachbild
einer schönen, klaren Fußspur ber
Aach die handspuren an der Klinke
fixieren Sie-«
«Soll ich das sosort tun, herr
Doktor?' sragte der Ugent
»Ja, gewiß. sosorti Dann stellen
Sie die Bretter wieder aus den alten
Plaß und bleiben in der Nähe des
Turmes.«
»Wie lange, herr Doktors«
«Vorläusig bleiben Sie da, bis
ich zurückkommr. Wir werden
dann schon das Weitere besprechen«
Doktor Wurmser wandte sich nun
an den zweiten Agentem
»Sie können einstweilen ins
Schloß zurückgehen, Raimund, aber
nicht aus demselben Wege wie ich.
Machen Sie den kleinen Umweg
durch den wilden Part. Vergessen
Sie wegen des Knopses nicht. Das
möcht' ich möglichst bald wissen.«
»Ich werde es besorgen, here Kom
mi ari«
ottor Wurmser trat rasch in
den Garten hinaus und schrirr
aus dem tiirzesten Wege dem hause
zu.
Der Tee wurde nicht im Boudoir
der Baronin seroiert wie bisher, da
dieses Zimmer aus Wunsch des
tiominissars oerscholssen worde war
Man nabmt ibn in die Bibliothek. «
Doktor Wuemser Fano schon oie
ganze Gefelllchaft versammeln Die
Batonin und vee Oberleutnant stan
den beim Fenster, alt ver Kommis
sar eintrat. Hella saß mit dem
alten Baron and vessen Neffen beim «
Tisch.
; Johann bot eben Sandcviches und
inach englische-n Rezept geköstete Beo
ite an·
i »Na, haben Sie tha, lieber Dot
ftoeW fragte ver hausheey als
Wutmfee zum Tisch trat.
»Ich habe Ihn zwar noch nicht«
aber —- ee ist in geeifbaret Rädel«
erwiderte Wutmser heiter und unbe
fangen. Dabei betonte et absichtlich
das leite Worte.
Der alte Freiheit sprang wie elek
teisieet auf.
Evas Sie nicht sagen!« tief et.
Sie leimen also schon den Dieb.«
«Dakauf kamt ch in vielem Au
Mblia noch letne Antwort geben«
e sann-·
GMMM fslws