Fi- m guurniquie Hin-i m- mass-. Stizze von Sei-in Heimfelsnk Der hauptmnnn Friedrich Perlitz der Tiroler Kaiserjiiger hatte wieder einmal einen größeren Napport ab zutun. Bei dem erschienen allerlei Strassiillige: Ueber-Dritten Kosernars reftbrecher, Vernachlässiger von Ge wehr Und Rüstungszeug und was sonst noch Strafen zwischen Einzel und Kaiernnrrest zu erwarten hatte. Zu den »Erichienenen’ gehörte auch der Jäger Hanntobias Wechselt-aged Er stand als letzter am linken Flügel und meldete: Das «Einriielen vom vierzehntägigen Urlaub und »zum Napport befohlen«. Er hatte betreffs einer Anzeige Rede und Antwort zu stehen, die vom heimatlichen Gemein deamt an das Kompagnielominando ergangen war. Sie lautete: »Der nach hierorts beurlaubt geweiene hunntos bias Wechselberger, Kaiseriiiger der fünften Kompagnie, hat im öffentli chen Gastlolal den Ortsvorsteher Darimann einen Schweinehund und gaberlunrpen genannt, was besagter rtgvoriteher auch bezeugen kann, daß es io ist. Daher ifl der Jäger zu bestrafen, was vom Beleidigten erbe ten wird. Achtunasvolu Wendelin Hartmann, Ortsvorsteher.« Es dauerte geraume Zeit, bis der Hauptmann zu Hanntobias lam. Der hatte also Zeit genug, sich ,auszu· topfen«, was er hauptsächlich zu sei ner Rechtfertigung vorbringen lönne. Daß er wegen des Ortsvorsteher-s Hartmann zum Rapport befohlen wurde, hatte ihm fchon der dienstsiihs rende Qberjiiger mitgeteilt, ein enge rer Landsmann Endlich stand der Hauptmann vor Wechselberger. Der meldete: »Herr Hauptmann, Jäger Hanntobini Wechselberger rneldet gehorsamst sein Einriieten vom Urlaub und dasz er zum Rapport befohlen istt« Der Hauptmann ließ den übrigen Napport abtreten, ren Jäger Wechselberger be sahl er in die Kompagnietanzlei Der Hauptmann Friedrich Perlih war kein Freund von vielen Redereii en. Er fragte stets lurz: ,,Wissen Sie, weshalb Sie beim Rappen stehen?« —- Zumeist erfolgte die Antwort ,Jawohl, Herr Hauptmann.'« — Auch heute verlies die Einleitung der Verhandlung aus diese Weise. Dem »Jawohl« des Jägers Wechselberger fügte der Hauptmann aber bei: »Dann sollten Sie auch wissen, baß ich eigentlich die Strafanzeige gegen Sie verfassen müßte, weil Sie eine Amtoperson, wenn auch nur im Wirtshaus-, gröblich beschimpften. Jch sehe von der Strafanzeige nur beb halb ab, weil Sie in der argen schule recht fleißig sind und ussicht ist. aus Jhnen einen brauchbaren Un terosfizier zu machen. Jch werde Sie also im eigenen Wirtungslreis bestra fen. Nun erzählen Sie mir aber vor erst offen und ehrlich den Hergang der Angelegenheit, wieso Sie dazu lam rnen, den Ortsvorsteher so gröblich zu beleidigen?'« »Er hat mich vor der Pointner Kathl, die ich einmal heiraten möcht’, wenn ich vom Milileir wieder frei bin, einen Dorcheriuinp geschorteu«· Der Hauptmann lächelte: »Mir cherlumpt . .. Jch lenne Euren Wort schatz an Beschimpfungen so ziemlich genau. Das «Dörcherlucnp" ist mir aber neu. Der Oberjäger ertliirte das Wort: Dörcher nennt man im Ober inntol die herumziehenden Kamer leut’; die sind gewissermaßen die Zi geuner Tirols.« »Bitt’ gehorsamst, Herr Haupt mann," fiel der Hanntobias ein, »das hat mich eben gelräntt. Jch bin lein Dörchertind, tvenn auch ..« Hanntobias schwieg und wollte sich schneuzen, bcch die Disziplin beim Napport verbot biet-. So verschluate er also die Tränen, die ihm durch die Nase« abflieszen wollten. Was ihm von Tränen in die Augen lam, das belieb er dort. »Was-? Wenn auch?'« fragte der Hauptmann »Au51eden!« Der Jäger Wechselberger sah zuerst den Oberjäger an. Als ihm dieser einen Blick der Aufmunterung zu wars, legte Hanntdbinö los. »Meine Eltern sie sind beide schon tot, haben nicht heiraten können, weil der Vater meiner Mutter, der Sag rniitler, die heiratöbewilligung nicht gab. Aber sie haben sich einmal fürs Leben gern gehabt, und so sind sie mitsatnmen in die Fremd« gezogen. Mein Vater ist in einein hotel in Torbole bei Niva Hoteldiener gewor den und meine Mutter Küchendirn in der Zipser Bierhalle in Rina. Zu da maligen Zeiten bin ich auch geboren worden. Meiner Mutter hab« ich dns Leben gekostet, und der Vater isi spä ter in Venedig gestorben-" ; »Ach so,« sagte der hauptmann sehr gedehni. .Und deshalb nennt rnan Sie daheim einen Pärchen Ver stehe! Bleiben Sie brav tvie bisher, dann wird die Zeit lornnien, in der Sie den Leuten zeigen können, dass ehrlicher Eltern Blut in Jhnen stedt. Uebrigens ist noch nicht nachgewiesen. daß weltsahrende Leute wie die Zi geuner oder Eure anolerddrcher durchweg schlechte Menschen ein mits sen. Und nun zum andern: ilr Jhre unüberlegte Beschimpfung des Vorste hers Jhres lVeirnatortes be rase ich Sie mit vierzehn Tagen Ka ernarrest. Abtretent: Hanntolias Wechfelbeeger machtes stramm »Hei-n Ench!« und verließ die Kompagnielanzlei Hauptmann Friedrich Perliß dil tierte dem Nechnungsunlerofsizier das nachstehende Tienstschreiben ein: «»Herrn Wendelin Hartmanm Orts vorsteher in Gnrgelleiten Ober inntol). Das Kommando der dtitien Korn pagnie des zweiten Butaillons desl dritten Tiroler KaiserjiigerregimentsI nahm Jhre Beschwerde über das un ziemliche Benehmen des Jäger-» Hanntobias We chselberger zur Kraut-s nis. Der Mann wurde vom gefertig ten Kompagniclommando entsprechend bestraft. ; Das Kompagnieiommando lann fe doch nicht mithin, zu belnerten, daß es wohl nicht am Plane war, einen bra ven Kaiserjäger dafür zu beschimpfen, ihn in seinen persönlichen Ehr-begrif fen fo schwer zu tränken, weil seine Eltern als ungetraut starben. Dafür hat man mit dem Kinde sol cher Eltern um so weniger zu rechten, wenn dies Kind alt Menfch und Staatsdiirger ehrlich seine Pflicht er iilll. f Findet es der Staat nicht unter sei ner Würde, solche Männer in den Heeresdienst einzureihem hebt der Staat von solchen Menschen die Blut und andere Steuern unerbittlich ein, nimmt die Kirche solche Menschen ohne weiteres in ihren Schoß auf, dann hat auch niemand ein Recht, sie um des »Geburtsfehlerö« wegen scheel anzusehen, noch viel weniger sie dafiir offentltch zu beschimpfen. Dies ist meine Ansicht, die ich im Wiederholungllfalle ähnlicher Krän tungen des mir unterstellten Jägers hanntobias Wechselberger sehr ener gisch zu verfechten wüßte. Denn wie ich verpflichtet bin, Strafvares zu ahnden, das oon der mir unterstellten Mannschast begatt gen wird, so habe ich andererseits auch die Pflicht, meine Mannschaft vor Beleidigungen und Ausreizungen zu einer unbedachten und straftviirdis gen Tat zu beschützen.« Als Hartmann etliche Tage später den Brief des Hauptmannes zugestellt bekam, als portofreie Dienftsache, spuclte er vor allem in die rechte hand. Dies sollte bekunden: »Diesen Brief begrüße ich ganz besonders: er bringt mir die Nachricht von der strengen Bestrafung des Hanntobias Wechselberger. Bon dem Dörcheklumi pen, dem elendigen! Die Pointner Kathl mitsamt dem Lerchenhof, den sie einmal zu erben hat, g’h·ort mei nem Schweftertind, dem Lungg Chri stoph. Punktum und Streusand dranf.« Als nun aber der Ortsvorsteher Hart-traun den Brief des haupt rnannez gelesen hatte, da fpuckte er wieder in die hand. Dies-mal in die Linke. Dies sollte sagen: »Dir tvill ich es auch noch eintränlen, mit einer politischen Amtsperfon so zu reden.« Nun lief er gleich zu seinem »Du freund«, dem Gendarmerietoachtniei-" ster, und fragte, was er zu tun habe,. damit der Kommandant der fünften Kaisersägertompagnie gleich bestraft werde. Er liefz den Dienstbrief des Hauptmanns den Wachlmeister lesen. Dieser las ihn, dann lachte er: »Was Du tun sollst? Das Maul follft Du! halten und die Nase des Herrn Hauprtnannes einstecken. Er hat auch ganz recht. Sei froh, daß Dich der tiaiferfäger nicht wegen Chrenbeleis digung verliagt.« Bon diefesn Tage an führte der Ortevorsleher hartmann auch den Wachtmeifter Karl Hueber auf der Liste derjenigen, denen ers bei pas sendet Gelegenheit eintränlen wollte. Diese Gelegenheit suchte die Bosheit des Ortvorftehers Wendelin Hart mann Tag und Nacht. - Monate und Monate vergingen. »Aus dem Jäger hanntobiad Wechsel berger wurde tein mU,latrouillef·iihret-, aus oem ein unreqager. Als er aus dauernden Urlaub ab gehen konnte, tvar er ansiihrer. Bei diesem Anlaß stellte er dem Hauptmann die »Urlauber« im Zim mer des ersten Zuges vor und stand dann am rechten Flügel, als der Hauptmann Friedrich Perliy das nachfolgende zu den vor ihm Erschie nenen sprach: »Ihr lehrt nun zu Euren bürger lichen Beruer zurück. Es soll jedem von Euch stets recht gut ergehen. Dies wünsche ich allen vom Herzen. Auch denen, die mir viel Aerger be reitet haben. Die Rechnungen sind ab geschlossen. wie scheiden als treue Re girnentsiameradem Nust Euch der Kaiser-, dann riiclt niit dem Bewußtsein ein, daß ich Euch der wieder sein werde, als den Jhr mich bei-n Abschied verlassen sollt, als Euren Regimentslameraden in hauptmannsunisorm. Braucht aber in der Zwischenzeit einer von Euch von mir Rat oder Hilfe, wendet Euch getrost an mich.« Die Urlauber brachten ein vom Zugssiihrer hanntobias Wechselberi ger mit allen schon vorher ausge machtes «Dreimal hoch! unserem herrn Hauptmann Friedrich Perlisz!« aus; dann begab sich jeder in sein Zugsziinmer, um die letzten Abreise vorbereitungen zu tressen. Nur Hanntobias Wechselberger blieb noch allein zurück Der hauptrnann reichte dem sug siihrer die Band und sagte: »Sie verliert ich fehr ungern. Ich habe Sie als einen tüchtigen und ehr lichen Mann kennen gelernt. Gehen Sie getrost zum Vater Ihrer Brautl und sa en Sie ihm: »Der haupt mann Friedrich Perlig würde sich fehr freuen, wenn er bei der Trauung der Kathetine Pointner mit dem bra ven hanntobias Wechselberger Trau zeuge fein iönnte.« »Das wollte der Hauptmann auch noch für mich inni« fragte der Unter offizier. »Gewiß,« lächelte der Hauptmann. »Schon um dem Heuochfen von einem Ortsvorsteher Hartmann eins auf’l Zeug zu flicken. Der müßte ja grün nnd gelb werden vor Gift undl Gallr. Und nun grüfz Gott. Schreiben Sie mir recht bald, wie der Vater Jhrer Braut meine GriIe und den Wunsch wegen Jhrer erheiratung aufnahm, was er dazu fagtek ; Schon nach wenigen Wochen traf das nachfolgende Schreiben ein: »Er-r hochwolgevorem Her Haupt mann! Ich meide gehorsamst, das es mir ini algeineinen nicht schlächt get. Der Posthoteltrirt hat mich als Hausdies ner angestelt, daniveken meiner, bei Jhnen her Hauptmann mir angeeits neten Biildunli Aber mit der Karl Pointner ist es ein Kreuz. Der Va ter von ihr ist noch immer gegen mich vonweten dein Unglück meiner Arl tern und vermeint zu wissen: der Apfel fallt nicht weit vorn Stamm. Als ob meine armen Eltern etwas schlechtes getan hätten. Jch habe schon zweimal aus ihn, den Vater meiner herzlieben und getreuen Katl mit ei nem Holzpriigel aufgepaßt, aber nuhr die Lehrren des Hern Hauptmanns und das ich ein Ziigfiihrer bei den Tiroler Kaiserjägern bin, hat mich vom Totschlat abgehalten. Alsdann, der Her Hauptmann wissen derzeit ganz gnul. Ja das ich nicht vergesen tars, der Hund von einein Ortsvorsteher Hartniann hat mich angerempelt voniveien des Schreibens das ihm der her haupt niann eingesalzen haben. Jch habe vor ihm ausgespiben und habe ihm mein Hinterteil gezeigt. Mit Achtung! der gehorsamste und gelibte Oanntolsias Wechselberger, Lohndiener im Posthotel und K.u. K· Zugfiihrer. P. S. Das ich nicht vergese, die Katl schilt vile Grise, und danlt dein Hern Hauptmann siirr das große Versprechen uns beizustehen wen wir heiraten tun. Den heiraten tun wir, ich und die meinige, die Rath Die Briefantiooit des Hauptman nes Friedrich Perlitz lautete: »Lieber Wechselbergeri Jhr Brief hat mich sehr gefreut, weil ich daraus ersehe, daß Sie auch» iin Zivilroct zu Jhrem Hauptmann noch Vertrauen haben und mich alsl Waffentameraden so einwerten, iviei ich es bei meiner gesamten Mann-s fchaft erzielen möchte. Jhr sollt im Hauptmann nicht immer nur den Of fizier sehen, der euch einsperrt und niit soldatischen Disziplinen vollstop sen muß, sondern den Miterzieher jenes Volkstums, dein er ja selbst an gehört, und von dein er alljährlich einen Teil zur Erziehung fiir den Kriegsdienst überniiiiint. Aber nicht allein zii diesem, sondern ich möchte die mir unterstellte Mannschaft zui recht tüchtigen Staatsbiirgern im all gemeinen heranbildeii, an der Heran bildung mithelfen. Daß Sie, lieber Wechselbeiger, diese meine Absicht be griffen haben, erienne ich nun erst recht aus Jhren lieben Briefen, dies mich recht erfreuen. Sie sollen sich ans mir auch nicht getäuscht haben. Jch will nun selbst Jhrem zukünftigen Schwiegervater schreiben und ihn bit ten, er soll Sie die Kathl heiraten lassen. Ofer gestanden, ist es für Sie schade, wenn Sie sich als Hoteldiener sortfressen müssen. Es wäre aber auch schade um Sie selbst, wenn Sie viel Geld verdienen würden in die ser Stellung. Der Bauernstand kann, bei der immer mehr überhandnehinens den Landflucht, Leute wie Sie nur schwer entbehren. Dies werde ich auch Jhrem zu künftigen Schwiegervater chreiben. Also, Kopf hoch, lieber Wech elberger, ich stehe Jhnen bei, weil ich die Un gerechtigkeit der gewissen Menschen gegen Sie und Jhre Braut erkenne und verurteile. Jch bitte Sie, mir Jhre Braut vielmals zu grüßen. Beim Brautsiihren bleibt es . . Wochen waren wieder vergangen, hauptmann Friedrich Perlitz dachte an allerlei anderes, nur nicht an sei nen ehemaligen Zugsiihrer hanntos bias Wechselberger, als ihm der Os AFiersdiener meldete: der hanntobias echselberger sei mit einem Frauen zimmer im Borzimmer und bitte um Gehör. Bald darauf betrat der bannte bias mit seiner Kathl das Zimmer des hauptmanns. Der ehemalige Zugslihrer nahm die habachtstellung an und sagte »Jeh melde gehorsamst, herr Oauptmanm das ist meine Kathh die mit mir gerad so durchgehen will von daheim, wie es meine Mutter selig getan hat mit dem Vater selig. Wir lassen uns nicht länger beschimpfen, nicht von den Freunden des hart mann. Wir werden schon zum Heira ten iomrnen, umindest wenn die Kathl in vier ahren volljähris txt. Bis dahin geht sie in Dienst Gelt ja, K«athl »Ja, fell woll,« deiräftigte die stramme Oderinntalerin. «Lieder als mich dont Vater an einen andern vertuppeln lassen, ged« i in den Dienst, zu fremden Leuten..." hauptrnann Perlitz ließ der Knihl Kassee bringen und Bäckerei. dem hnnntobias Knackwiirfte und Mise, dazu einen Krug Bier. Auch die Vir ginierzigarre wurde nicht vergessen. Während der Jaufe erzählte der hanniobias dem Hauptmann: Sein Brief an den Vater der Kathl machte aus den Alten einen gewaltigen Ein druck. Alles schien bereits gewonnen. Da verstand es der Ortsvorsteher Hartmann aber doch wieder, den Pointner-Bauer umzustimmen. Be fonders deshalb, weil der Vater der Kathl für den Reichstag tandidierte und fv die Werbearbeit der Partei des Harttnann brauchte... «Schuftereien über Schustereien,« maulte der lVauptmann in ehrlicher Etnpörung7 dann rief er den Offi ziersdiener ins Zimmer. «Laus’ in die Wohnung des Herrn Oberst und frag nach, ob er noch da heim ist....« Der Diener iam mit der Meldung zurück, der Herr Oberst erwarte den Herrn Hauptmann. Hauptmann Perliß hieß das Paar auf ihn warten. Es wiihrte nicht zu lange, bis er wieder zurückkam. »Ich war beim Herrn Oberst und habe ihm Jhre An gelegenheit oorgetragen,« lächelte der Hauptmann recht zutraulich »Die Sache ist die: Jch brauche ge rade einen tüchtigen längerdienenden Unterosfiziey der tann auch heiraten, weil der Platz für einen Verheirateten noch frei ist. Wollen Sie also wieder eintreten, dann können Sie schon morgen für den Attivdienst präsen tiert werden. Ich kann mir nicht den ten, daß der Herr Vater Jhrer Braut Sie dann noch immer scheelen Auges ansehen wird. Denn Sie können in zwei Monaten schon wirtlicher Ober jöger sein. Ueberlegt euch nun, was euch lieber ist, dies oder der Dienst im Zivil. Jch möcht euch helfen. . .« »Der Herr Hauptmann wollen das für uns tun?'« schluchzte Kathl auf· Und der Hanntobias vergaß ganz, daß er Soldat sei, und wollte des Hauptmanns Hand küssen. Lächetnd wehrte er ab: »Nicht tin disch sein« Wechselberger2« Es wurde vereinbart, daß Wechse1 berger sich schon morgen file den At tivdienst stelle, während Fiathl heim fahren soll, um den Unmut des Va ters nicht zweckios noch mehr zu rei en. fö« Dem Vater soll sie mitteilen, daß Hanntobias Wechselberger wieder in den Attivdienst der Kaiserjäger auf genommen wurde und schon bald Oberjäger werde. Der Hauptmann lasse den Vater grüßen und werde nun für seinen baldigen Oberjäger Hanntobias Wechselberger um die Hand der Lerchenhofbesißerstochter Katharina Pointner. Eine Woche später kam der alte Pointner selbst zum Hauptmann, und ein halbes Jahr nachher fand am Lerchenhof die Trauung des Ober-jä gers Hanntobias Wechselberger mit der Katharina Pointner statt. Erster Trauzeuge des Bräutigams war der Hauptmann Friedrich Perliß. Und als die drei Jahre der frei willigen Dienstverpslichtung um wa ren, da zog der Oberjäger Hannto bias Wechselberger mit seiner »Kathl« und einem ftrammen »Retruten« für das Tiroler Kaiserregiment am Ler chenhos ein, zur Uebernahine des Be sitzes. ' Jahre waren wieder vergangen, Hanntobias Wechselberger war Orts vorsteher von Gurgelleiten, da kam das dritte Regiment der Tiroler Kai seriiiger in die Gegend ans Manöder. Das zweite Bataillon tommandierte der Major Friedrich Berüh An eine-n dienstsrcien Sonntag lud der Ortsvorsteher Wechselberger die Osfiziere und Ilnteroffiziere des Ba taillong zu einer ,,Marand« auf sei nem Lerchenhof ein. Jm Bauingartenl war der Tisch für die Mannschast ge deckt, am Söller des Hauses, der im Schmueke feuerroter Nellen und dufi tender Rosmarinstörke prangte, saßen die Herren Ossizierr. Der tleine Fritz Wechselt-erget, das Patentind des Majors Verm-, saß auf dessen Knien und übte »Galoppi kcllcll · Mit einemmal erhob sich der Orts vorsteher und Hofbesitzer Hanntobias Wechselberger zu folgender Ansprache: »Was meine Familie und ich dem herrn Major Perlitz zu verdanken haben, wissen die Herren. Zur Er tenntlichteit dafür und zur bleibenden Erinnerung an den heutigen Ehren tag des Lerchenhofed haben meine Frau und ich beschlossen, daß auf dem Hof, solange ihn ein Wechselberi ger oder eine Wechselbergerin besitzt, alljährli ein Unterossizier und ein Herr Of izier des zweiten Bataillons vom dritten Tiroler Kaiserjiigerregii ment, die denErholungsurlaub in fri xcher Gebirgsluft von Nöten haben, reie Unterlunft und Verpflegung ha ben sollen. Jch bitte den Herrn Major und die anderen Herrn Offiziere, davon Kenntnis zu nehmen und mir bei der Verfassung des Stiftöbriefeg gleich beizustehen, damit er das heutige Da tum tragen darf.« per Ueberlänfern Kriegzepisodc von Aisihur G Albrecht Dort, wo die Pinn sich unter dickem Eis hinweg ihren Weg nord «osttvärtg sucht, wr- weiß der seichte ISumps sich breitet, weithin in vie schneeneblige Unendlichkeit Nuß lands hinein« dort haben er Und ldie Seinen sich in des Morastes Einöde aus einem Jnsclchen, nicht Iviel größer als der Buckel eines iElesnnten und ungefähr von dersel ben Farbe, einen Unterstand ge jbnut Stamm türinte sich aus «Stomm, und bald trnr ein Block »l:aus aus russischen Kiefern fertig, wie es schöner nie in der ganzen Rußliindei gestanden hat. Aber der Oberleutnnnt hatte eh schon gei schimpft, daß sie ihre »Billn« gar so proyig dahingestellt hatten, und »was sein muß, das muß sein. Also türmten sie den russischen Dreck um "die Blodhiiitr. Dort führte er das Kommando. Er ist Unteroffizier, hat den Chi nafeldzug mitgemacht und ist schon damals wegen Tapferkeit vor dem Feinde ausgezeichnet worden« Er stammt aus den baherischen Bergen. Eigentlich ist er Kavallerist. Aber wie so ziemlich alle, hat auch er in diesem Kriege umgelernt und ist vom Roß heruntergestiegen und in den Graben getrochen. Der Oetterer war wieder »zum dein« gegangen. Wenn er zündeln ging, und das tat er oft und gern, meist allein, zuweilen aber mit ein paar gleichgesinnten Kamera den, dann nahm er selten sein Gewehr mit. Dafür aber ein hirsch fängerartiges Messer, das er in den Stiefel steckte, und ein paar Schach teln Streichhölzer. Und wenn draußen im weiten Sumpfland, dicht bei den am weitesten vorgeschobeuen Stellungen des Feindes, die hochge schichteten Haufen Sumpfheus auf flammten und hell die Glut gen Himmel loderte, dann wußte man in ganz Pinsl und die Pina hinaus und hinunter: der Oetterer ist am Zündeln. Das mit dem Heuhaus sen war so: die pflegten die Russen sogar am hellichten Tage mit Schlitten und Gespannen hereinzu holen. Das wär’ dem Oetterer egal gewesen, denn er gönnt auch den Russenpserden, was ihnen zu lommt. Aber — daß die Russen es gelegentlich rislierten, »Batrulje« hinter so einem Heuhausen zu ver stecken, und daß bes.rgte Patrouille hinter dem Heuhaufen hervorschofi und die eigenen Streifen ihres Le bens nicht sicher waren, das war’s, weshalb der Oetterer so fuchtig war auf die braunen Stapel. Der Oetterer tennt den Pripjet Sumpf, wie er seine Burg im Mo rast tennt nnd daheim seine dahe rischen Berge. Was er nicht sieht, das fühlt er, wenn er sich behut-: sam, Schritt vor Schritt, oortastet.! Der Oetterer ist schon bald einen Kilometer vorgedrungen Ganz lang sam, ganz behutsam. Eine Stun de hat’s wohl gedauert. Jetzt ist er im Röhricht. Da richtet er sich vor sichtig auf und späht. Drüben bei dem dreieckigen Zelt steht der rus sische Posten. Steht still, maus chenstill, wie eingefroren »Jetzt, was war denn dos,« dentt der Oet terer, wie sein scharfes Auge sieht, daß der linke Arm des Ruf-en sich hin- und herbewegt, als flattere ein leerer Aermel im Wink-. «Js dem wohl schon gar der Arm abg’fallen und steht er als steife derfrorne Leich’ da, oder was ist los mit dem da drüben?« Fuß vor Fuß, Tritt vor Tritt. Es ist so still, so totenstill. Nur wenn von der eisigen Weite drüben ein Windstoß kommt und die Schilf halme raschelnd aneinanderschlagen, dann geht ein geisterhastes Raunen durch die Stille, als flüsterte es aus unbekannten Regionen. Den Oette rer srent’s, dasz ein bissel ein Wind weht, und gar, dasz er ihm entgegen Iveht. Da kommt was hinter ihm her. Ganz sacht, lautlos fast. Aber er hört’s. Und weiß auch allsogletch, daß es sein Schnauzl ist, sein Hund« der ihn seit dem ersten Augusttage, als er ausgezogen, begleitet und Brest-Likowsk und Warschau und vieles andere Große mitgemacht hat. »Der Sakra, der ölendige,« denkt der Oetterer, ,,jetzk is er ehna auskemma«. Weil er weiß, dasz der Schnauzl in der warmen Stube den ganzen Abend über nur aus den Moment gelauert hatte, bis einer der Kriegskameraden die Tür mal auf einen Augenblick offen ließ. Jetzt kriecht er heran an den Vette rer. Geduckt, als erwarte er Schel te oder gar Schlimmeres. Er weiß wohl, der »Sakra", daß er dem Ver bot zuwider gehandelt hat. Aber der Oetterer ist gar nicht wütend. Er tätschelt dem Schnauzl den Kopf und sagt ganz leise: »Na, weil d« halt schon da bist, Spitzbub vermaledeiter, is schone guat, aber wannst oan Ton von Dir gibst, dann huit — hast mi verstanden?« O ja, Schnauzl hat verstanden ——! Jetzt schleichen beide vor. Derl Schnauzl vorang, der Oetterer hin terdrein Da bleibt der Hund ste ben, stellt die Ohren, schnuppert in der Luft und blickt sich nach seinem Herrn um »Was hast denn,Viech,« sagt der. Das heißt, er sagt esI nicht, er flüstert es nur zwischen ten Zähnen hindurch. Es Eises sich nichts. Einen ganz kleinen, ganz unhörbaren Knurrer gibt Schnur-Hi von sich. «Ohci,« denlt derF Oetterer, »der is wos im Wind.«« Er greift nnch dem Messer. «thri. scheints eine Selsleichpntrcuilles Konturrenz.« ' Es rauscht iin Röhricht, als schö be sich etwas zwischen den dürren Stengeln hindurch. Etwas Frem des, Unbekiinntcs. Ec- tcnmit ihm entgegen. Er- schliirit tin-Z dein Schilf nnd bleibt einen Augenblick. mn Rand der weiten Eissliichr. Es. richtet sich aus, wie zum Spähen. Dem Oetierer sträuben sich die Haa- - re, dem Schnauzl stehen nlle Bor sten zu Berg, daß er an sich halten kann. »Meine Söl’, a Roß, a leibhaftiger lebendiger Rußl'« Daß er kein Gewehr hat, sieht der Det teree gleich. Soll er ihn nnrnfent Soll er nicht? Einen Augenblick nur überlegte der Bayer, dann duckt er sich und lauert sich, sodaß der da draußen auf der schneebeschienes nen glitzernden Cissläche ihn nicht schen und nicht wissen rann, woher der Laut lommt, dann tujt er halblaut hinüber: »Wer dal« ; Wie beim Hampelcnonm wenn man die Schnur zieht, stiegen die Arme des Russen in die Höhe, und, halblaut, wie der Oetterer, tust er herüber: ,,Ergeben!« · »Dös möcht i dir auch g’mt’n hinn, du Lacill« Fast bätt’s der Oetterer geschrien. » Und mit drei, vier Riesensätzem so wie man daheim in den Bergen von einem Felscngrat auf den an deren springt, ist er drüben und hat den Rassen beim Mittel. Der zittert am ganzen Körper wie das Schilsrohr im Nachtwind zittert. Hat teine Mütze aus, keinen Man tel an und ist ganz unbewassnet. Aber noch dentt er, es handle sich um eine Falle, und rasch zieht er seinen Gefangenen ins schützende Schilf. Dort mußte er sich ducke-U »Wannst oamal das Maul aus machst, dann —«. Das Messer in, des Bayern Hand spricht dem Ruf-« sen eine beredtere Sprache als der Deutsche. Er muclst nicht, während der Oetterer vorsichtig sich aufrich tet und späht. Nichts ist zu sehen. Blos der russische Posten steht noch drüben, stumm nnd still und steif, und sein linter Aermel flattert im Wind. Grad wie vorher. ·, Jetzt schleichen die drei durchs Sumpfgeliindr. Genau so vorsich-’ tig, wie der Oetterer vorhin allein geschlichen ist. Der Ruß’ voraus, hinter ihm der Oetterrr, der Hund daneben, dicht aus den Fersen des Gefangenen. Bald sind sie an der Burg im Schlamm. Die ganze »Besaszung« ist gleich auf den Beinen und be schaut sich, was der Oetterer mitge bracht hat. Sie durchsuchen den Russen und finden nichts bei ihm als ein ovales Metallschildchen mit einem Heiligenbild daraus und ein paar abgegrissene, beschmutzte, an den Rändern der tlmschläge ausge franste aber uneröffnete Briefe. Arn Morgen marschiert der Ori terer seinen Gefangenen nach Pinskl hinein zum Kommandierenden Eier Dolmetscher wird geholt und derz kitusse wird ausgesragt. »Ein Ueberlöuferi Einen Ue-« berläufer hob i derwischt? Pfui Deixel,« sagt der Oetterer. « Der Russe war aus Posten ge wesen. Da war ihm der Gedanke gekommen, zu den Deutschen hin-, überzugehen Er habe sein Gewehr mit aufgepflanztem SeitengewehrxiI in den Schnee gesteckt, habe seinen’ Mantel ausgezogen, mit Schnee ern gerieben, ihn eine Weile gehalten, bis er in Mannes-breite steif gefro-« ren war, ihn dann ans Gewehr ge hängt, die Mütze obendraus gesetzt und habe sich davongeschlichen. Was er mit den Briesen, die man bei ihm gefunden, und die der Oetterer abgeliefert, fiir ein Bewandtnis habe, wurde der Rasse gefragt. Die seien von seiner Frau. Warum er sie nie geöffnet habe, sie wären doch fast ein Jahr alt, wie der Poststempel zeige. Er selber könne nicht lesen, sagte der Gesan gene, in seiner ganzen Kompagnie sei nicht ein einziger, der das ver stehe, und an einen der Osfiziere habe er sich nicht herangekom Man könne doch nie wissen, wag die· Frau einem zu sagen habe. Zuerst glaubte man dem Rassen nicht," aber als der Dolmetsch die Briefe vorlas, wurde er ganz still in dem Raum, und man hörte nur das Schluchzen des Rassen, der zum er sten Mal seit einem Jahr wiedeuj von den Lieben in der HeimatKun-.I de erhielt, die ein Jahr alt war. ,,Alurat wie der Schnauzl, wann« ihm oaner auf den Schwanz tritt, so hat er g’heult,« sagte der Vette rer später, als er den Kameraden die Geschichte erzählte. Aber da von, daß der Kommandierende sich mit einem Mal für irgend etwas-, was draußen vor dem eFenster vor ging, ganz ausfallend interessiert, und davon, daß er selber, der Oct trrer nämlich, sich ganz ungebühr lich laut gefchneuzt hatte, so daß ihm nachher die Augen ganz rot wa ren und ganz sonderbar glanzten — davon hat er den Kameraden nichts gesagt, der Oetterer