Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, July 20, 1916, Sonntagsblatt, Image 9

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    Sonntag-blast de
» Staats Aszeiger und Retold
Grauen-II Mit- Zion-ists m2.sthi1916
Ikkks Just sei-neidi
- Ums-.
—
Zeit-presse von h. see-seel
Der Iedalieur des Wiyblaiies
»He-vier Kopp«. herr August
Scham-L erwachte eines Morgens mit
einein lauten Aufschrei. und zwar mit
einem so lauten Ansichten daß seine
stau, die schon in ver Küche veschäsi
iigi spar, ganz erschreckt ins Schlus
sisimer siiitzie und nicht wenig Angst
bei-m, alt sie ihren lieben Gauen
Isii leichenbi em Gesicht nnd weit
susgerissenen agen, wie leblos im
sei-e liegen sah.
«Um Gelieswillem August, was
ifi Dir-if Ich bitte Dich um alles
in der Welt, August, rede doch, was
hast Duf«
Schmidi aber rührte sich nichi, er
ins noch immer wie leblos da, und
M wie geisietabwesend nach oben.
Fest nlö Frau Schmivi ihn in ihrer
usst noch lautet angerufen nnd ihn
tiichiis an den Schultern geriiiteli
hatte, brachte er mühsam die wenigen
Wstie herver: .Wv bin ich denn ei
nenilichk
«Wc Du bisi7« ries nun Irnu
Schneidi. «3u han« bist Du, bei
Deiner lieben, urkn Frau, bei Deiner
Berti-m in inein Schlaszitnrner
liegst Da, in Deinem Bei«
Schmidi schien die Worte seiner
rnee verstanden zu hoben, denn seine
» chisziige sehe-ten sich ein-at, und
schon deutlicher iam es iiber seine
Lippen: «Zu ui bin ich, in mei
nem seiW nd nachdem er einen
lange- Seusxr getan heite, sprach er
mit iiorer iinnne weiter: »Dann
Bartes also nur ein Traum. Opii sei
an l
Auch Frau Schmidt atmete erleich
terl auf, da ihr aus des Worten ihres
Mannes klar geworden war, das ibn
weiter nichts alt ein böser Traum
so beunruljigt und geängstigt hatte,
und sie ioar nun froh, als tsie ihn
wieder bei vollständiger Be nnung
vor sich sah.
Eben lieber August«, bub sie an,
»Das Du mir iir einen Schreck ein
aeioet heilt eitelme
ins Dir iiert sei, aber ich bin
nun beruhigt, do ich weiss, das nur
ein böser Traum sbte Ursache Deine
schrecklichen Zustandet warf
,.Ilbet was siir ein -Traum, ich
sage Dir, er war geradezu furcht
karT wars here Schmidt dazwi
n.
»Das will ich gern glauben, lieber
August, und et wird nun das Beste
sein« wenn Du gar nicht erst wieder
einzuschiasen versuchst. Siebe nur so
sort aus und ziehe Dich an, und dann
wollen wir gemiitlich zusaqu-a Kas
see trinlen.'·
herr Schmidt tat, wie ihm von
seiner Frau geheißen war, und eine
Viertelstunde später saßen Beide beim
Morgenlassee.
«Nun mußt Du mir Deinen schreck
lichen Traum aber ’mal ersäblen«,
meinte Frau Schmidt.
here Schmidt war damit erst gar
nicht einverstanden, aber auf das
Drangen und Zureden seiner Frau,
liest er chdenn doch herbei, folgendes
Iu teu:
»Wie ich Dir schon sagte, liebe
Berlin-. es war ein furchtbarer
Traun-. denn denke Dir, mir träumte«
daß ich gestorben war, und alsbald
befand ich mich im Jenseit-. An
saugs wußte ich nicht, in welchem Tei
le des Jenseits i mich besanb, ob im
himmet oder in Hölle; die Qua
len aber· die ich bald erdulden olite,
Meer mich schnell erraten. das ch in
It Lille war. Denn denle Dir, all«
die iais-nein til-er die ich mi die
innen-Jahre lang « irr-meinem f ig
pMIl M chl MID UND lustig sc
knachi hatte, ali' diese Menschen, aus
allen Vtkuisllassen, siiiezien über mit
het, und nahmen siit den Sppil und
Schimpf« den ich ihnen durch mein
Blail angeian hatte, schreckliche Rache
an mir-" -
»Mein Geli, das isi ja enisesiich«,
siel ihm seine Frau ins Wori
»Jch sage Dir a, et war ein furcht
barer Traum, a r disk nur weile-,
iy will Die seit die Einzelheiten er
pie len.« Here S midi leecie erst sei
ne« siseeiasse, se ne Frau iai das
Glei , nnd dann sahe et in seiner
Etzi lang spri
»Km.kn, als ich im Jenseiis ange
iommen even-, lan. mit eine nach inu
senden zählenve Menschen-nenne ent
gegen die mit in drohender haliuns
den Empfang bete«iieie. Es waren
Sindenietn Hemmnis Unietossiziew
eine Menge Gigeein nnd schiie lich
ein Hause Diensitoiein männlchen
und weiblichen Geschleck-it Alle diese
fielen mii Säbelm Rapietenkdicken
Stifters und nsen Ins ilchen Akten
suöilapsgegensiiinden il mich her
un? wallten mich due , bis-i braun
und blau war. In ee Mi stan
den wohl mehrere hundert Professoren
Du weißt ja, die zerstreuten Profes
soren. Diese beteiligten sich nicht an
der Schlägerei, dafiär aber brachen sie
in ein lautet Dohngelächtet aus und
brachten mir schließlich eine ohrengiri
reißende Kahenmusit Es dauerte nicht
lange, da verging mir Hören und
Sehen, und ich fie« besinnungslos zur
Erde und hörte nur noch, wie mir
eine mächtige Stiane ins Ohr brüll
te: »Das war die Einleitung, Fort
segung folgi!«
«Entseglichl' bemerkte Frau
Schmidt, die bis jegi sprachlos zuge
hört hatte. s
»Ach,« seufzte ihr Satte, «eö kommt
noch viel chiimmer, liebe Berthcy höre
mich nur weiter ein-«
Als ich aus meiner Betäubung er
wachte und die Blicke wieder aufzu
richten wagte, fah ich mich wieder
von einigen hundert Meni en ums
geben« deren haltung mir io ptt ver
riet, daß sie keine freundi aftlichen
Gesinnungen gegen mich hegten. Es
waren meist Junge Leute, und eder
von ihnen trug ein großes Fabel
Papier unter dem- Arm. Bald et
tannte ich sie denn auch. und ich be
tom ieinen geringen Schreck, denn es
waren Dichterlingr. Sie begrüßten
mich mit einem großen halloh und
zwangen mich, ihre Wige und Ge
dichie anzuhören. Und nun las mir
jeder eini e hundert Wige und bei
nahe eben pviel Gedichte vor. Um
mit die Leute günstig zu stimmen,
lebte ich alles, jeden Wih belachte ich
W— Was-—
aus Leibeilriiftem und jedes Gedicht
pries ich als schwungdoll und form
oolienbet. Wenn ich aber glaute, die
Leute mir dadurch zu Freunden zu
machen, dann atte ich mich geirrt.
Es bemächtigte ihrer plönlich eine
furchtbare Wut, und einer von ihnen,
ein großer, starker Kerl, trat aus
dem Kreis heraus, stellte sich dicht
vor m hin und schrie mir zu:
»Was, u Crzgauner, Du magst es,
dieselben Manustripte jeyt gut zu
nennen, um die Du uns seiner Zeit
aus dem Redasiionsbureau hinaus
geworfen hast,oder die Du uns als alt
und unbrauchbar zurückgesandt hast?
Mr alle wollte-r siir Demen- »Fau
len Kopf arbeiten, aber Du hast uns
alle schnöde absallen lassen.« Und
nun brach die ganze Menge in ein
furchtbares Wutgrheul aus« sie dran
gen aus mich ein« der Kreis um mich
herum wurde immer enger, und
schließlich in einem Anfali oon Rase
rei, schlugen sie mir ihre Manustripte
um die Ohren, so lange, bis dieselben
in Millionen kleinen Papierschnitzelm
Schneefloeien gleich, in der Luft um
her flogen. Jch war froh, als man
mir endlich eine Gasse frei ließ, aus
der ich entschlüpsen lonnte, und nun
rannte ich, was ich rennen konnte. Eis
ner oon ihnen ries mir noch nach, in
dem er damit wohl einen besonderen
Wih machen wollte: »Das ist unsere
Rache, fauler Kot-p- Dai«
»Ich lief immer weiter, aber nur,
um in ein neues Ungliicl hineinzureni
nen, denn mit einem Male sah ich
Si einem hausen oon Kunstmaleru
gegenüber. »Das riefen diese, ali- sie
mich erblickten, »da ist er ja, der Kerl,
der sich so oft iiber uns lustig ge
macht bat!« Und mit diesen Wor
ten toarfen sie ihre sarbendurchtriinti
ten Pinsel nach mir, und als sie
mir bis auf den Leib gerückt wa
ren, schlugen sie ihre vollen Farben
töpse aus meinem Kopfe entzwei. Jch
konnte noch immer, und während des
Rennens hörte ich, wie man mir nach
schrie, was wohl auch ein Wis sein
sollte: .Dem haben wiss aber ange
strichen!««
.Jnimer weiter rannte ich, wie ein
geheftet Wild; was sollte ich auch
andere tun, urn der Gefahr zu entrin
nen, aber anstatt Ruhe zu finden,
stellten sich mir immer neue drohende
Menscheninassen in den Weg, und se
rnde ieht, wo ich glaubte, mich ver
schnausen zu können, sah ich rnich so
-gar von zwei Seiten angegrijsen. Von
iinkö kamen dir Sonntagitstiger, von
rechts mindestens tausend Radsahrer.
Die Sonntagsjäget schossen nach mir
und wenn sie auch, wie immer-, schlecht
scho en, so traf mich doch, und das
weh auch nur durch Zufall, eine
Kugeh was bei den vielen, die mir
nachgesandt wurden, nicht wunderlich
erscheinen konnte. Diese eine Kugel
aber genügte, urn Inich zu Boden
u strecken, und nun fuhren die tau
end Rat-fahren jeder einzeln, iiber
tnir hinweg, und als der iehte mich
überfahren hatte, verlor ich die Be-«
sinnung.« «
Bis hierhin war Frau Schmidt
den Schilderungen ihres Manne
fmii gespannter Aufmerksamkeit und
sehne Unterbr ung gefolgt, jest aber
konnte sie ni t umhin, mal wieder
Hatt seine-n: »Entsediich!« einzusaii
; en.
s »Ja, ja, liebe Bertha«, bestäti te
Ihrer Schniidt, «es war entsesiich a e
nun lass rni nur zu Ende berichten-" l
Und er erz te weiter:
»Ich weiß nicht« wie lange ich in
meiner Betäubung gelegen haben
mag, kurz und ut, nach einer gewis
sen seit tanr r tvieder zu mir und
sah mich neuerdings von Menschen
umgeben; diesmal waren es Frauen.
Es waren alles alte Frauen, rnit has-s
haften und meist runzeligen Gesichts
zligen aus ihren Augen diisten Grolls
und Zorn, Grimm und Wut und:
rnir wurde ganz unheimlich zu Muth
als ich ihre wütenden, n s Gute
verheißenden Blicke alle au mich geij
richtet sah. Es waren, wie ich sofort
erriet, die Schwiegermittter, und an
ihrer Spitze, gleichsam als Führerin
da stand deute Dis, verehr-—- vol
stand Deine eigene Mutterck s
«Aber, August, ich bitte Dich; spotte
-nichtl« schrie Frau Schmidt dazwi
schen und sprang vom Stuhl aus.
Auch here Schmidt war ausgestanden.
jimd hatte rnit vieler Mühe erstl
wieder seine Frau zu beruhigen, ehe
er in seiner Erzählung sonst-han«
tonnte. !
Ra alsa," erzählte er nach dieser
Unterbrechung weiter, »Deine Mutter(
ergriff nun das Wort und hielt mir(
eine lange MoralpredigL Den Wort-l
laut weiß ich nicht mehr, aber es
war eine jener unendlich langen
Straspiedigten, wie sie sie mir zu
ihren Lebzeiten so ost gehalten hat,
in der sie rnir Bosheit, Niederträchtig
keit, Falschheit und andere Fehler1
und Untugenben zum Vorwurf mach
te. Dasiir aber, meinte sie, hätte ich
zu meinen Lebzeiten genügend ge
biißt, has ich aber bei all« meiner
Schlechtigteit auch no die Frechheit
bestre, mich liber ehrto ·rdige Schwie
igermiiiter lustig zu machen, dasiir ge
tbiihre mir noch eine Extrastrase, und
imit diesen Worten erhob sie ihre ge
waltige Faust, die anderen Frau »
folgten alle ihrem Beispiel, und ais-;
ein«Kommando-oort von ihr übersieleni
mich nun alle und verarbeiteten mich
wohl eine Stunde lang mit ihren
Fäusten. !
Es trat nun eine tleine Pause
ein, während welcher die Schwieger
miiitee plöhlich verschwanden, aber
ebenso schnell tauchten andere noch
schrecklichen Frauengestalten aus, die
ich sosort als alte Jungfern erlannte.’
Mein Gott, waren das Schreclgestali
ten, genau so häßlich und gräßlich,
»wir ich sie tausendsach in Wort und
Bild in meinem Blatte gezeichnet hat
te. Wie bei den Dichterlingen, trat»
»eine, ee war wohl die älteste und«
auch häßlichstr. aus der Mitte der
Schar heraus, und sprach zu mir-.
»Wir haben in unserem Rate be-»
schlossen, daß Du siir den Spott unv«
Schirm-L den Du uns Jahre hindurch;
in Deinem Blatt angetan hast« zur»
Strafe eine von uns heiraten sollst.;
Wir werden jehi Jagd aus Dich ma
schern und diejeni e, welche Dich zuerst
;erwischt, soll Di zum Manne habend
Also renne!«« (
»Das legtere ließ ich mir nicht»
zweimal sagen, denn sosort durchzuckte’
jmich der Gedanke, vielleicht ausrei
ßen zu können. rannte also, was»
sich konnte, und inter Mir her nun
Idie ganze horde alter Jungfern, ihre
lniichernen Arme lang nach mir aus
:gestreeit, und alle beseelt von dem
»Wunsch, mich zum Manne zu kriegen.
Die Angst muß mich wohl Riesen
schrltte haben machen lassen, denn zu
meiner Freude bemerkte ich, daß die
Entfernng zwischen mir und den
salten Jungfern immer größer wurde.
lDa sah ich in meiner Angst und Not
,in weiter Ferne eine einsame hätte lie
en, und in der Dossnunm dort eine
chete uslucht zu inden, lenlte ich
meine ritte dort n.
Jch erreichte sie auch glücklich,
ohne von den alten Jungfern erhascht
worden zu sein, and im Jnnern der
Viitte brach ich erschöpft zusammen.
CI währte nicht lange, da tam aus
dem Hintergrunde der hätte ein alter
Mann und trat zu mir hin. Es
war ein ehrwürdi er Greis von gro
Per und noch kräftiger Gestalt und
chneetveisem Bart- und haupthaar.
ch faßte Vertrauen zu ihm, und auf
eine Frage, was mich hierher führe,
sefianv ich ihm alle-, sagte ihm, wer
und wat ich sei, und bat um
Gnade vor feinen Augen und um sei
ne hilfn
Aber ach, da tam i schön an,
statt in eine Zufluchtzsiatte war ich
n vie Höhle des Löwen geraten; denn
taum, daß ich dem Alten meinen Na
men und Stand verraten hatte, brach
er in ein furchtbares hohngelächter
aus, und schrie: »Was, Du bist der
Schmidt vom «Jaulen Kopf-W Das
freut mich ja barbarifch, daß ich Dich
endlich mal unter vier Au en sprechen
kann, das war ja schon anae mein
Wunsch, und nun treibt Dich Dein
eigenes Schicksal in meine Arme, so
daß ich endlich mal mit Dir abrechnen
iann.« s
- Und nachdem er wieder etn chan
etliches Hohngelächter aasg osen
hatte, das mir durch Mart und sein«
ging, driilltes er weiter: »Weißt Du.
wer ich dini Ich bin ein ehemaliger
alter Abonnent Deineö Blattes. Jadsj
relang habe ich den »Faulen Kopf-«
gelfaltem jahrelang habe ich den denn-J
men Qnatsch dar n gelesen, die alten:
Eulen Kalauer mir gefallen lassea,«
ese alten Wi e, die ich schon alle
mal in meiner riiben Jugend gelesen.
hatte, und als ch Dir einmal in et
nem höflichen Brief Vorstellungen
darüber machte, da gabst Du mir im
Briestaften mit groben Worten sur
Antwort, daß ich mich doch um meine
eigenen Angelegenheiten belilmmern
sollte und- nicht um Sachen, die mich
nichts angingen, und von denen ich
nichts verstande.
Das brachte mich alten ehrwürdi
gen Mann so furchtbar in Zorn und
Wut, das ich einen Herzschlag bekam,
welcher mein irdisches Dasein beende
te. Jetzt aber, jetzt bietet sich mir die
Gelegenheit Rache zu nehmen, und ich
werde diese Gelegenheit voll und ganz
augnutzen.«
Und da, nachdem er ein wahres
Triumphgeschrei ron sich gegeben hat
te, während seine Augen vor Wut wie
feurige Kugeln glühten — da erhob
er seine gewaltige Rechte und baute
mir eine-so furchtbare im wahren
Sinne des Wortes ,,l)öllische« Ohrfei
ge, daß ich· einen geltenden Schmer
zensfchrei ausstieß.«
»Und wank« sragte Frau Schmivt,
indem sie sich erhob.
,Und vann«, seufzte Herr Schnitt-it
weiter, »dann war es aus.«
»Das dachie ich mir'«, suhr sie
fort. .denn das war der Schrei, aus
den ich so erschreckt ins Schlaszimmer
gestürzt sam, tvo ich Dich in Deinem
trauigensustand vorfand. Aber laß
nur gut sein« es ist ja nun alles vor
über, und ei war ja auch nur ein
Traum. und Träume sind Schäume
Jm übrigen. lieber August, ist es
jesi au Zeit, daß Du in Dein Bu
eeau ge st.« Davon wollte Herr
Schmidt etst gar nichts wissen, et
wäre heute am liebsten zu hause ge
blieben, seine Frau aber redete noch
gut aus ihn ein, machte ihm ein be
sonders gutes Friihstiicl zurecht, holte
schließlich seinen Mantel herbei, half
ihm hinein und reichte ihm seinen
hut und Stock. So ausgerüstet und
von seiner sorgenden Gattin-noch mit
den schönsten Worten bis zur Tür ge
leitet,machte sich Herr August Schmidt
denn nuch nuf den Weg nach seinem
Redaliionsbureaiu wo er noch heute
nnch wie vor seines schrecklichen Am
tes waltet.
-.l
Was einen wünscht.
Siizze aus dem Leise-L Von Herinann
Wagner-.
Wenn ich an meine sriihcste Jugend
zurückdenle, dann finde ich, daß ei
gentlich recht wenige Tage in meiner
Erinnerung als Glückjtage hasten.
« Meine Kindheit war triib und
düster, denn die schweren, materiellen
Sorgen, mit denen meine Mutter zu
kämpfen hatte, lasteten ahnungsvoll
auch aus mir
Jch war verschiichtert und scheu
und hatte es frühzeitig gelernt, mich
zu ducken. Wo andere lach"ten,« da
lachte ich nicht mit, da mir das lvie
ein Unrecht schien. Jn meinen dürs
tlgen Kleidern steckte ich wie ein
Däuslein Elend, denn der Rassen
und die Kartosselm meine und mei
ner Mutter hauptnahrung, waren
nicht sonderlich geeignet, mich dick und
ratwangis zu machen
Und Wünsche hatte ich daman ei
gentlich gar leine, da auch diese mir
Ivie ein Unrecht vorlanren.
Nur eines Wunsches erinnere ich
mich, und diesen hatte ich, als ich mit»
meiner Mutter einmal nach einem;
Aussiug im Gasthaus bei einem Tel-;
ler Sappe saß. i
Neben uni- am anderen Tisch saßf
ein dicker herr. Er hatte eine See-s
viette vorgebunden und tat si ans
Braten gütlich. Und neben der ra
tenschiissel stand noch ein kleinerer
gläserner Teller mit einem roten Et
was. Und dieses rote Etwas waren
Prelhelbeerem Aus ihnen lagen«mei
III Augen wie gebannt.
Meine begehrlichen Blicke mochten
meiner Mutter wohl ausgesallen sein,
denn sie stieß mich an und ragte:
»Viel-, dummer —- was ha deutli«
»Ach,Mutter«, sagte ich, »ich möchte
orfsu gern einmal Preißelbeeren es
en.«
Aber meine Mutter sah mich nur
mißbilligend an:
»Geh, schiim dichi«. verwies sie
Mel-. Und ich schämte mich wirt
«— I « I
Später, als ich schon in die Schule
müssen sich unsere Verhältnisse
los etwas gebessert haben, denn es
kam uweilen vor, daß ich Pretßels
beerena essen konnte. «
Diese besseren Verhältnisse scheinen
auch der Grund gewesen zu sein, wes
halb ichmvon jegt ab öfter Wänsche
hatte, iiusche. die ties empfunden
waren. aber nur selten m Ersüllung’
gingen. s
Mein verwegensier Wunsch war,
sicher der, ich möchte eine Taschennhr
besi n.
ine Taschenuhr —- welch eine
UngeheuerlichLeitt «
Ei gab in der sechsten VollsschulJ
klasse, in der ich damals saß, nur
einen Jungen, der iiber eine Taschen
uhr verfügte, und dieser Junge war
dee Sohn eines Mannes, der kurz
we der Millionär hieß.
Ich sah das Großenwabnsinnige
meines Verlangens denn auch bald
ein und begnügte mich damit, von ei
ner Taschenuhr fortan nur zu träu
men. Dies freilich besorgte ich in
einer ausschweisenden Weise. Noch
niemals hat in seinen Träumen je
mand so viele Taschenuhren besessen,
wie ich.
Dabei zählte ich sehnsüchtig die
Jahre und Tage, die mich von dem
Besitz dieses geiiebien Gegenstandes
etwa noch trennen lonnten.
«Mutter«, sagte ich eines Tages,
als ich eben wieder umständliche Be
iechnungen angestellt hatte, »wenn ich
aus der Schule kommen werde, wirst
du mir dann etwas schenlen?« s
»Warumlt" F
»Mir deswegen —- ich möchte so
gern eine Uhr!«
» Woraus mich meine Mutter ganz
sassnngslos ansah und nur das eine
äußerte
i »Du bist verrückt!«
I Womit mein Wunsch natürlich in
einer abgrundtiefen Versenkung ver
:schwand. -
J- 0 III sei
Als ich einige Jahre später dann
aus dem Gymnasium tvak, besaß ich
nicht nur eine Taschenuhr, ondem
Mauch die dazu gehörige silberne Kette.
Jn dieser Zeit wurden die Wün
sche in mir immer zahlreicher und
vielseitiger-· Aber dadurch, dasz ein
’Wunsch immer sogleich den anderen
nächste, ging mir die Tatsache, daß
lein einziger sich erfüllte, nicht son
! derlich zu Herzen.
Bis eines Tages all mein Seh
nen« all mein Hossen in dem einen
Verlangen lulminierte: »O lieber
Himmel —- besiiße ich doch einen
Schnurrbart!«
Dieses Begehren war nicht so lä
cherlich, als es vielleicht scheint, denn
in unserer Klasse gab es einen Schü
-ler namens Fiedler, der tatsächlich
« so etwas wie einen Schnurrbart hatte.
Er war daher auch der Abgott all
sseiner Mitschiiler, denn mit seinem
’Schnurrbart war natürlich auch eine
grenzenlose Frechheit gegenüber den
Professoren, eine imponierende tör
perliche Stätte und der Besitz einer
langen Studentenpseise verbunden.
Jch studierte in jener Zeit mit gro
ßem Eifer den Jnseratenteil verschie
dener Zeitungen und bat jene Fir
men, die Mittel zur Erzielnng eines
imposanten Bartes empiahlen, um«
Zusendung von Prospettm
Diese Prospekte sammelte ich, ohne
sreilich jemals imstande zu sein, von
ihnen Gebrauch zu machen.
»Ach, hätte ich doch zehn Kronen,
damit ich mir eine Dose garantiett
echtes Darasin bestellen löiinte!«
seuszte ich.
Aber leider hatte ich teine zehn
Kronen, und so blieb meine Ober
lippe auch weiterhin kahl.
Das bereitete mir tiefen Kummer.
Und dann hatte ich eines Tages
wirllich einen Schnurrbart.
Er war zwar nicht groß, machte
mir aber immerhinsÆgnügen Den
Gipfelpuntt meiner iinsche bildete
er freilich längst nicht mehr. Denn
ich war ja «erwachsen« und iiber der
lei .,Kindereien« längst hinaus.
Jch hatte das Ghninasium verlas
sen und arbeitete als Praltilant in
einem Bureau. Jch arbeitete sleißig
und strebsam, aber ich arbeitete ohne
Lohn. Und das war mein Kummer.
Jch kannte jedt nur ein Ziel, das
wert war, angestrebt zu werden, und
dieses Ziel hieß: Geld!
O, wie berauschte ich mich an dem
Glauben, daß einmal ein Tag lam
men müsse, an dem ich mein erstes
Gehalt empfingt Was ich da tun
würde, war gar nicht auszudenlent
Vor allem würde ich mir ein Paar
echte Lederhandschuhe tausen, einen
Stock mit horngkkss ,ein Fläschchen
»Parsiim. ein Paar elbe Schuhe und
ein rotseidenes Tafchentuch Dann
würde ich täglich ins Kasseehaus ge
hen, um die Zeitungen zu lesen und
um zu rauchen, und auch ein Gast
haus wiirde ich mir aussu en, in
dem ich ein Stammglas be ommen
und von der Kellnettn stets mit mei
nem Namen begrüßt wlirdr. Auch
Visitentarten würde ich mir drucken
lassen, Goethes gesammelte Werte
wärde kmmir tausen; ferner ein
sont-ers ikon nnd einen pho
tograp pparat le ere zwei
agegen monatl Roten
Thüre-gen Und dann würde ich je
n Sommer eine Reise machen: ein
mal nach Schweden, n zweites Mal
nach Italien, ein drittes Mal nach
der Schweiz.
O, es war herrlich!
Inzwischen machte ich fiir die zu
kau senden Waren die besten Bezeige
zuellen ausfindig, schielte durch die
affeehansfenster notierte mir die
Namen jener Firmen, die gegen Roten
lieferten und fertigte detaillierte Rei
sepliine an.
Und wartete auf Geld.
I sc I
Jch erhob meinen ersten Gehalt
mit dem Gefühle eines Menschen,
dem sich die Tore aller Erkenntnis ge
öffnet hatten.
Und ich ging hin, kaufte mir ein
Paar Lederhandschuhe, einen Stock
mit HorngrifL ein Fläschchen Par
fiim, ein Paar gelbe Schuhe und ein
rotseidenes Taschentuch.
Und angetan mit all diesen schönen
Sachen nahm ich meinen Weg nicht
ins Kafseehaus, o nein -— ich nahm
ihn zum Denkmal des alten Fürsten
Bismant, vor welchem Elsa mir das
erste Rendezvons —- damals sagte
man leider noch nicht: Stelldichejn
—- vewilligt hatte.
Wer Elsa war?
LMMU Braut natürlich!
Denn was bedeuteten mir die
schönsten Kasfeehäufer, was Goethes
gesammelte Werte, was alle Sommer
reisen der Welt, wenn ich sie mit
dem Eindruck verglich, den Elfa aus
mich inachtel
Dieser Eindruck war ein unaus
sprechlich tiefer, sozusagen Maus-lösch
ltcher, und um ihn nur einigermaßen
zu paralysieren, gab es nur einen
Weg: den Weg der Ehe!
Denn daß ich heiraten würde, das
war nun eine sestbefchlofsene totsichere
Sache, und was noch zweifelhaft
blieb, war nur der Zeitpunkt, an dem
ich diefen letzten und.·gthkten meiner
Wunfche erreichen würde. '
Nun, an mir sollte es wahrlich
nicht liegen; was in meinen Kräften
stand, das wollte ich redlich tun!
Dieses schwur ich Elsa feierlich zu,
während ich unter Bismarels disku
iem Lächeln ihren ersten Kuß emp
fing.
II O
Ja, und ein paar Jahre später hei
ratete ich wirklich. Ob ich von dieser
Zeit an noch Wünsche empfunden
habe, weiß ich so genau nicht zu sa
gen.
Was ich dagegen mit aller Be
stimmtheit behaupten kann, ist dieses:
daß ich seit meiner Verheiratung noch
niemals einen Wunsch geäußert hab-«
Nie!
Dazu ift meine Frau da!
-.-——
—An die richtige Schmie
de. Vater: Junge, springe mal so
fort zum Arzt. Tante ist lrani ge
worden, trotz ihrer· Pserdenatur.
Junge: Zum Roßarzt, Vater?
-—— Orthographie schwach.
Minna (an ihren Feldgrauen schrei
bend): Nun weiß ich im Augenblick
wirklich nicht, ob Alexander mit »i«
oder »et« geschrieben wird!
—- Betrnchtung. Banibeam
ter (ini Felde, nls er mit seiner
Mannschast ein Terrain zu überm-ie
ren hat): Gesährliches Terrain das,
leine Bäume, teine Gräben, wie
ein sauler Wechsel steht mnn da, gar
keine Deckung!
—- Gewuhnheit. A.: Bei ei
ner S leichpatrouille hat sich Krause
das Ei erne Kreuz verdient.
B.: Das glaube ich wohl, darin
hatte er von jeher etwas los, beson
ders wenn er nachts heim schlich, da
mit seine Frau nichts merken sollte.
—- Der· rechte Mann am
rechten Ort. Student: Ja, im
Pumpen bin ich ein Genie.
Kommilitonu Aber Mensch, da
bewirb dich doch um den Posten des
kussischen Finanzmii.isters.
—- Der Nachtschwiiriner.
Onkel: »Ja den Polargegenden ist
es Monat« lang ununterbrochen
Nachtl«
Nesse (Student): »Ja, wann
tommt nmn denn da eigentlich sum
Schlafenisp
—- Dai moderne Einmal
eins. Beim Einiiben des Einmal
eins wird Frischen gefragt, wieviel
B mal 7 sei.
Der Kleine nntwortct hierauf:
«6 mal 7, das ist — die »dicle
Beria«.«
s- Liebesbsetveis. MHaben
Siee etwas-file mich, »Herr Betesträ
set « . .