Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, July 20, 1916, Sonntagsblatt, Image 11

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    Von seitens biet Fest-Wo
Au ich ers-schen Fette ein Sehnt
en meinen Beinen. Es wne bee.
Baches-often· bee, dreihundert Schm
te oveaussefchiekt dee Aufgabe hatte,I
in per diesem-, imfteken Dämme-he
mu uneemeesnchee Wieso-neige die
feine-nehm Syüsengnihen im Auge
its dehulteth
m· give-ef- - I
Er tue-me sich Ia dem schmalen
Linse-us oee Mutes henav uns
stecke feinen Kopf not. Er war sm
Isee, ich M- ts Von fernem Gesicht,
oeenahm vtos ein Finstern:
Meer-de Schman vie Rassen
scheuen name-zu- Schleichpateouiuen
z aus. Ich stande. sie keiften zu einem
Auge-M "
»zum Teufeleissien fie! Du weißt
ja daß sie nieman- in oee Rache an
greifeu.«
»Ich bitte, Inic doch zu glauben —
veyutete ver Soldat —- .ich, habe von
ihrer Deckung her vie Menageichalen
unten gehörn«
Ein Schus.
»Hei-en »de? Jest haben sie auf
den andern Posten geschossen. Hol«
mich vee Teufe-. wenn sie nicht an
geeifen wollen.«
«Wte spät ist ess«
«Jch glaube, daß ver Morgen bald
and-any oenn unten ten Dorf hellen
schon me Hunde."
Ich ever-e emen Blick auf meine
Uhr; oeewpettel funi uyr. Ich begede
Tuicch zum Telephon und gebe den Be
E rich- ad:
»Auch Mitteilung der Hokchpntroni
illen ist vet deii Isitnssen eine verdäch
iige itnruhe. Es ilt ein Eingriff zu
befürchten«
Nach wenigen Minuten geht an
die gollze Schwiirnitinie der Befehl
av:
»Der Mnnitianövorrni jedes Man
nes in von den sprich-seiden auf drei
hundert Stiiii zu ergänzen. Pater-tex
ien Jnd Posten-einziehen Bei jeder
Kompagnie hat ein Mann unaufhör
lich auiziipsqien Wenn der Feind
angreiii, darf tein einziger Schuß
abgegeben werden, bevor et nicht de
ionders heil-isten wird."
tiniie Leuten krochen unter ihren
Decke-i hervor, ttreeeien sich, gähnien
ein wenig, rieden sich die Mantels-it
der der Vetmnisieiiutne aus den Un
gen und tegten die schleunigst pei
teilteli Psitronenpntete vor sich iiui
die Bretter ver Oeitung hin. Rein
ein wenig Bewegung, Hurechtricheein
einige Bissen Zwange-, und dann
nannten iie inie dersetven weivdhnneii
und Ruhe· neven ihren Waffen tun
iteuiiiig ivie die Invettnrveiter, ·dii
idre Maschine- jedeii Morgen inii dein
gleichen Griff in Schwung dsingem
Jesi beginnt der Beinen Die Diiis
ziere schreiten hinter der Frpni ent
uiiig, veieliren noey einnint die Jun
gen; dann deeschnindei jeder hinter
der Deckung — nur der veobachteiide
Unieioifizier zielt inii seinem Feie
iiectzer nach der dnntien Linie der
ruiiiichen Hchiigengrcidem
Jin Often beginnt der horizvnt
heuer zu weiden, ein kchiouizlichei
Lovuitdiiiu weiti fiiy iider die zer
inarierten nuikerisseiieii Piirioiieliels
der. Jni Winde due duftige Verspre
cheneines heiterm, regetiioien, Linien
Tage-. dessen sinn sich unbedingt
freuen iniigtr. Und dennoch, ais die
Danteiheit ioich und die mitgequett
ten Schatten sich in den Wäldern
iiiid iin undurchdringlichen Dickicht
der gaiiziichen Gestriippe verkrochen,
da..d.intte tin- Iedee vermier Weg
iveitee ein Schmerzen-kratz jedes
Hügelchen ein frisch ausgeworfene
Miniengrnb.
Driiven nin dämmernden Berg
riiiten gerieten tie Schauen in Bewe
gung. Ali hätte der Morgenivind fie
in iiectiichen Rhytdinen hin- and her
bewegt. Oder haben fich vielleicht die
fahlen Schiehdornitriiitchet auf dein
Ahnung in Bewegung gesetzt und
marschieren hinten nach der windsc
tchiigten Wasserqiieiiek Jemand er
tannte fie: J ’
»Die per-near
«Dte Rassen iontrnen!« meldeten
jetzt schon mehrere Beobachter
Die helligteit nahm zu; irgendwo
hinter den fernen Bergen war viel
ieicht schon die Sonne aus ver. him
met htnausgetiertert. Man tonnte vie
Gestatten ganz tlar zwischen den in
einander oerwirrten Sträuchern des
Gestruppe unterscheiden. Jn dichter-,
unabsehbaren breiter Linie riictten
die gierchsörinigen Schatten vorwärts-;
sie waren noch ziemlich weit, etwa
.z!..senp Schritte entfernt, and schon
r urht hinter ihnen ganz parallel eine
zweite Linie ern-; bleicher nnv schma
ier, ais wiire te bloß per Schatten
per ersteren. Durch die Linse set
Felostecherö nirhm ich ganz riietwiirti
aus dem Kamme des Dügetrückens
Mich die dritte Linie per Reserven
ai)r, vie ver zweiten aus ungesiihr
zweit-anders Schritt folgte. Jch ries»
in var Telephon: ;
»Es handelt sich intsiichiig unt ei
ner-. ganz ernsten Angrtss. ie Rus
sen dringen in drei itarten Linien vor.
Es scheint, daß siegend nach so vielen
ersotglpsen Versuchen mit einein sit
ßersisn und entschlossenen cian den- »
noch aus der wichtigen Position ver
treiben wollen«
Der Oberst tieß mir nninwrtenz l
»Wenn ioie sesl einge enden sind.
wird auch dieser Angeisf Fett-hellem
Die Kompagnielommandanten sind
dnsiie verantwortlich daß kein Mann
seine Waffe fekiliei sit-seinen als das
Zeichen dazu gegeben wied. Wie
lassen sie aus hundert Schritte heran
kommen und weisen dann ·den An
griff mit einem gut geziemen heftigen
Feuex nd. Also: Ausdnnee bis zur
letzten Patrone nnd bis zum lesteni
Manni« . i
Ali die etfte Schützenlinie die«
Wusseteille, wo sie eine mächtige
Deciung sand« »Nicht hatte, etdssnete
ne one Feuer gegen uns. Uedei un
sern Köper drum-Mem tnatletten die
Geschosse, eine wilde Jagd dee kleinen
Stadilngeim ein lebendiges Wim-!
mein, ein wimc und disharmoniiches
Konzert von Vogelzmitscheem Schlan
genzischein Weinen, Kutschen und
Summen, wie des niif Stahl instru
inentieite Fortissimo eines Bienen
schwntmes. Eine nicht so fürchtet
» iicye als vielmehr einigermaßen denn
knyigende Mußt. Die Soldaten
stimmen sich in den Gruben nieder,
) steckten hinter der Brust-neh- die Köp
Hse heeooe und lauschten mit längst
Tgetoohntem Bangen diese-n Löst-n
iWie sie so in der Deckung tnuetten
lund dein Feind nicht Auge ins Auge
sehen konnten, felgeiten sie aus det
Tonstöele des Gewehegelnaiteke und
»aus der Schärfe den Kugelsansen5,
i wie weit die Rassen sein mochten.
Der Beobachter meldete;
»Das Butaillon, dao neben dein
itartosfelfelo oordringt, ist schon taum
zweihundert Schritte oon un; ent
fernt.«
Mein Herz pocht oor Erregung.
Jchhöre die Worte des benachbarten
teompagnietomrnandanten:
»Na seht, Jungens, Achtung!
Wenn ich pfeife, beginnt ihr zu schie
ßen. So heftig. als ihr nur found
Nur leine Angst, Jungen-, wenn ihr
gut schießt, werden sich bei dein
Sturm die Kopfe einrennen!" !
Doch die Soldaten waren trotz
der Mahnung unruhig und ners
doe. Das sollte namlich ihr-Dei
bitt sein. Es war noch nie gesche
hen, daß sie einen Sturmangriff der
Russen abzuwarten und zurückzu
schlagen hatten. Welch ein sonder
barer Gefuhl war ed doch, in de
Rettungf zu stehen und die Ilinteu
abzuschießem während die stitusseu
in riesigen Massen sich heranwalzs
ten. Zur Verteidigung geriistet,aber
doch förmlich untätig, den nahenden
Basonetten eutgegensehend, die maß
los aufgepeitschte Erregung auf die
tleinliche Handhabung vergeuden, den
Gewehrtolbein der auf feindlich
Schädel niederfausen möchte, diszips
tinjert an die Schulter preisen uno
stehen, stehen und vorn Befehl ge
lähmt warten, ohne den göttlichen
Schwung und den tierischen Rausch
des Sturmes!
Die Aussen gingen jetzt schon in
befchleunigtem Tempo auf und loo
Sie waren nunmehr hundert Schrit
te entfernt. Jeht tommt der
Sturm! Obzwar ich unerfchiittlts
ches Vertrauen zu unsern Waffen
hatte, nahm ich es dennoch fiir ge
iioiß an, daß diese futchtekticheunsfi
Ise menschlicher Knochen und ver
hörteter Muslulaturen — die
furchserregend herandriihnte d- über
uns hinwegfegen, uns plattdriicken
werde, ohne daß zwei feindliche Ba
sonette aneinander stießen.
Ein scharfer, schneidender Pfiff.
Auf dieses Kommanbo geht das
Schießen los. Die Gen-ehre speien
förmlich teuchend die Kugeln uno
in ihnen den Tod aus. Es war
»ein wahnwihiger Lärm, den für Au
’genbliae unsere Maschinengewehre
ixnit eintönigem Gestammel iibertiins
en. «
! «Urra!« briillte eine Stimme ausi
sden Reihen der Rassen. ;
s »Um! Urrai -Urra!« ertönte her-i
iser aus hundert Kehlen der Wider
hall wie eiu teuflischer Chor.
Und im nächsten Augenblick sa
hen wir schon, mit welch verblüf
fender Präzision unsere Waffen ar
;beiteten: fast jeder fiinste — sechste
Mann wurde aus der Schwarmlinge
gerissen und aus dem Abhange hin
gestreckt. Diese gleichmäßige, wenn
auch ganz unwilliürliche Körperkre
wegung mußte aus die an starre
Kornniandoworte gewöhnten Rassen
eine außerordentliche suggestioe Wir
tung ausüben, denn in der nächsten
Minute wars sich die ganze Schwanet
linie nus den Bauch. Wir hätten
nusjnuchzen mögen, Leuchten aber
bloß:
»Der Sturm ist gebrochen!«
Die Rassen lonnten nicht in ei
nem einzigen, einheitltchen und un
widerstehlichen Schwung an unsere
Desung gelangen. Bot " unserem
verheerenden Augelregen duckten sie
sich zu Bodens das war letn Sturm
mehr-.
Unsere Jungen schossen mit wun
deebarer Ausdnuer und-Eile. Jst)
sah keine Gestalten und Gesichter
mehr-, nicht Ossiziere und Jnsnntei
risten, sondern bloß die mechanischen
Zuckungen von Armen, wie sie die
Verschlußiolbsen zurückziehen uno
vorwärtsstoßen, bloß das Ausbliszen
der Patronenhiilsen, wie sie in gro
ßem Bogen unter dem Verschluß
hernasspriftem Und in dem furcht
baren Au träumen von Empsnduni
gen, in dern siebernoen Bewußtsein
dses nn einer Stelle errungenen Sie-1
ges und ver Mögilchteit der Nie
derringnng sehen wir die zweite Li
nie nahen, um die erste erschöpste
und perblntete, gelichtete und tot-es
tounde Wlanx In verdichte-n und
im ver-zweifelten Sturm ver gliiheni
den Körper nnd Leidenschasten noch
einmal ostwärts n reißen. Unser
elendes, nackter erg scheint eine
wichtige nnd heißer-se te Position
gewesen zu sein, daß re vie intatten
Bdtaillone mit solch verschwenderi
scher Freigebigkeit nngeziihlt gegen
diese slamlneniose lStille trieben.
Als vie zweite russische Linie zwi
schen vie jammernden Verwunbeten
und groteöt hingestredten Toten der
ersten gelangt war, sprang ein jun
ger blonder Ossizier vor vie Reihe.
und sein blanter Säbel blitzte ini
frischen Morgenstrahl anf. Ich habe
noch niemals vorher jemand in he
roischeeer Austichtung und Mann
hastigteit gesehen.
«Urra!" schrie er aus heller Kehle
und schwang sich mit Stahlnerven
und Stahlmnstelin »Urtai·« schie
nen die stürinenden Beine, der vor
gestreette Ober-körper, ver himmel
wärts erhobene Arm nnd Säbel zu
schreien: «Urra! Urra!'« schrie der
ausgerissene grünliche Wassenroet,
und ver ganze Mann, der ganze
Soldat erklang und erbranste im
Delirium des Sturmes. Trompete
und Alarmsignal war dieser russii
sche Ossizier, ein übermenschlicher
Befehl, der die beziinierten Kom
agnien aus obncnäehtiger Erstar
;rung eniporriß, die Bertvundeten
Heurchblitzte und selbst die Sterben
"ven in ihrer Agonie erschütterte.
Wer noch einen Funken Leben in
»sich hatte, sprang empor. Noch ein
tödlicher Ansturm... doch unsere
Gewehre speien ihnen wild ihre Ku
geln« entgegen.
O- ·- skep
»He-us Icarus- vusuru sagtest-se
nur schnell!« riefen die Offiziere, die
gleichfalls Manlichergewehre in ils
ren Händen hatten. Doch die Kont
mandowcrte verllangen ungehiirt in
diesem fürchterlichen Wirtwarr.Anch
ich schrie etwas, ich weisz nicht mehr,
was; ich hörte meine eigene Stim
me nicht mehr, nicht das Getöse der
Waffen, nur mein Herz, das häm
merte und selbst das Stimmenchavs
dieses sutanischen letzten Gerichtes
übertiintr.
Der Elan der ersten wilden
Sprünge hatte uns alle erschüttert
Hier und dort sprangen die Leute
—- vielleicht vom Entsetzen, vielleicht
von der unzurechnungsfähig wilden
Leidenschaft des Tötens hingerissen
;-— aus dem engen Graben hinan
Tauf die staut-enden Rasentviirsel de
’Brustwehr die Bajonette gegen das
nahende warme Menschenfleisch vor
streckend Die hände deschteunigten
noch mit einer letzten Kraftanstren
gung den Takt der Repetiervorrich
tungen der Gewehre die Maschinen
gewehre verschlangen mit gefräßiger
Gier die neuen Patronengurte, das
Geknatter floß zu einein hysterischen
Kreischen zusammen, und wir mäh
ten die Rassen ietzt in ganzen Mas
sen nieder.
Kaum zwanzig Schritte vor un
sern Deckungen, unmittelbar vordem
Augenblick des dramatischen Aneini
anderprallens, staute die ganze rus
sische Phalanx urplötzlich, wie in
die Brust getroffen, zurück. Einige
schleuderte-i ihre Waffen fort und
erhoben zum Zeichen der Ergebnan
ihre hände gegen himmel; die übri
gen htiuften sich übereinander, gin
gen verwirrt aufeinander los. Fuß
und Fauststöfze fielen hageldicht in
das Chaos der erdfarbigen Mäntel.
Und dann lief, stürmte, toste diese
ganze Menschenmasse abwärts, roll
te wie eine lockete, zerbröclelnde La
wine, den Abhang hinab bis zui
Wasserrille, wo sie erschöpft hinfiel.
Unsere Soldaten schpssen ihnen
nicht nach. Jhre Gesichter flamm
ten, sie schrien unverständliche Wor
te. Welch eine erhebende Wonne wa:
es, so im frischen Morgengrauen zu
stehen und dem fliehenden Feind
nachzujauchzetn
Wir versammelten bie entlvnssne-·
ten Feinde hinter unsern Deckungsm
015 aus bem gegenüberliegenben hü
l, vort, von wo die Nusien eben
zum Angriss gestürcnt waren, bie
seinblichen Maschinengewehre In
scharfem Soprnn zu lnnttern be
gnnnen.
»Was wollen diese Nnrrent« stag
ten wir uns überrascht. Die Ma
schinengetvehre lnntterten in regel
mäßige-n Init, vier, sechs aus ein
mal. Doch, wns sollte bns bedeu
ten? Keine einzige Kugel slog aus
uns zu. Aber von dort unten, aus
beni Gewimmel des braunen Men
sehenbausens in ber Wasserrille gell
te ein furchtbares Stimmenchaoi zu
uns empor, und im nächsten Augen
blick stoben bie erbsnrbigen Mäntei
auseinander-, liesen dort unter bem
Schuh ter steilen Ufern-Linde sort
und suchten hinter den großen Stet
nen eine Zuslucht — an ver Stelle
aber, wo sie vorhin in einem Dou
sen zusannnengeiauert waren, blie
ben zwei, brei Duhenb regungslos
liegen.
Ein Oberleutnnnt, ber sie durch
seiinen Felbslecher beobachtet hatte.
res:
»Die Russen beschießen ihre eige
nen Teuppen1«
Wie wen-deren one man-e Juki-s
hin nnd hielten der Ueberraschungs
den Mund essen. Die von den Mi« ;
trailleuseniagein anseinanverges i
sprengten Rossen bewegten ihre Köp« «
se erschrocken hin und her und wint- f
ten verzweifelt, brüsten, fluchten den «
iin Gediisch maskierten Maschinen
gewehren su. Doch dort oben ar-l
beiteten die Vormeister unerschrocken
mit der perdersen Wonne der Blut
gierz sie tsteten und verheerten, sen
deten einen Kngelregen nach der ais
Zuflucht ewiihlten stille und schl s.
gen die oldaien wie ein schwe ri?
hagel die unreife Saat nieder.
Da plöhlich Este sich aus der zum
Tode derurteilten Masse der Rus
sen eine entschlossene und erbitterte
Gruppe los nnd rannte, siiirmte teu
chend bergauf, direkt in der Rich
tung, auf der das Knattern der
nehmbar war. Sie hielten ihre Ba
jvnette stoßdereit..
HeiligeriGottl Rassen stürinen
gegen russische Maschinengewehtei
Das rechtsseiiige Maschinengewehi
tnatierte bereits mit häusigen Aus
lassungen. Die wilde Gruppe —
don der· rnan unmöglich mehr glau
ben konnte, dasz sie noch vor einer
Stunde in geordnete, disziptiniektev
Kompagnien eingeteilt war-stiirint
mit hestialischern Geheul gegen die
Maschinengewehrr. Eine Minute
lang war nur das erschauernde
Ringen sichtbar. Die gewaltsame
und bereite hinsterbende Agonie des
Gelnatlers brach plötzlich ab. Was
würde seht satgeni Der vehemente
Schwung reißt auch die Bemannung
der Maschinengewehre mit sich fort
— es war ein grandioseg Schauspiel
in den kahlen Bergen.
Jetzt zieht sich, wickelt sich der lot
tere Soldatenhausen, die Gruppe
der Siiirnier, zusammen und kriecht
ganz langsam, einer Riesenraupe
gleich, aus den hiigel hinauf, wälz
sich über dessen Gipsel hinweg, und
nach wenigen Augenblicken ist nichts
mehr davon sichtbar
. Was ist wohl aus ihnen gewor
den?
Unter Still-sein
Von Liidlvig wauciu
Lugano, im Mai 1916.
Viele Orte haben ihre berühmten
Spezialitäten, in friedlichcren Zeiten
dachte man bei Nürnberg zuerst an
Lebtuchen, bei Briifsel an Spitzen,
bei Leipzig an seine Messen, bei
Straßburg an Gänseleoewasteten
Bei Lugano aber dentt man gleich an
seine Spione. Das ist allerdings eine
Spezialität, die erst init dem Kriege
entstand, aber sie ist darliin nicht min
der bemerkenswert. Freilich teilt Las
gano den zweifelhaften utuhm init
Genf, Berti und Zurich, mit den we
nigen Orten in Europa, wo noch An
gehörige der verschiedenen Nationen
sich begegnen und sich belauern. Aber
das mindert die besondere Bedeutung
der schönen Fremdenstadt im Tessin
nicht. Jin allgemeinen rechnet man
hier aus fünf Fremde sechs Spionez
das ist nicht etwa ein Scherz, weil
ja manche für verschiedene feindliche
Staaten zugleich spionieren, ihre Be
obachtungen beiden Ungern rnitlei
Ien. Zuerst habe ich daran nicht ge
glaubt, und auch jetzt bin ich über
zeugt, daß das Gerücht Iei lich
ubertreibt, doch bleibt die Vlngele en
heit merkwürdig genug. Kennzeich
nend hierfür ist der spähende Blick,
dein iiian oft begegnet: der Unbefan
gene bemertt ihn gar nicht, der Acht
sainc gewöhnt sich bald an ihn. Al
lein: der Blick tommt ooii rechts und
links, streift uns und hängt sich an
uns, möchte die Geheimnisse unserer
Brieftasche und unseres Kopfes er
gründen. Es gibt allerlei feine Un
terschiede. Einige, das sind die Nai
ven, starren uns an. Anfangs hielt
ich sie fiir Spione, doch bald über
zeugte i mich, es wären harmlose
trinheitiii che. Das heißt: ganz
harmlos sind diese nicht immer, man
findet unter ihnen Ainateur - Spio-T
ne, freiwillige Helfer aus Begeistek
rung sur pag oenacyoarte «regno'·.
Doch hier äußert sich das Mißtrauen ;
und die Neugierde zumeist so deutss
lich, daß sie wohl ganz ungefährlichs
ist. Der andere Blick kommt mehr»
oon der Seite, ist rasch, mit einem:
cnslug des Vertrauen-, als wollte er s
mit einem unterirdischen Lächeln sa
gen: Mein Lieber, sind wir nicht
Kollegen und arbeiten im gleichen
Austragell hier tann man alle Ab
stufungen des Biinzelns und Zwin
lerns unterscheiden. Die dritten je-l
doch streifen uns mit einem gleich il- l
tigen, gelangioeilten Blick — das ind
die Schlauen und die Gesährlichen.
Denn wenn man sich sehr rasch oder
ilberraschend umdreht, lann man mit
Erstaunen wahrnehmen, ·wie jener
arglose Gesichtsausdruck ganz anders
wurde, wie Entschlossenheit und Jn
teresse sich plötzlich in ihren Zügenl
ausprägt. Natärlich gilt dies nicht
immer; es gibt auch Leute, die leine(
Spinne sind und sicher bilden sie die i
liberwiiltigende Mehrheit. Nur sah
len sie weniger aus und beherrschen.
unsere Aufmerksamkeit nicht. s
Der Spion ist seinem Wesen nach;
zur Gattung der Parasiten gehörig,
deshalb findet er sich nur dort, wo die .
meisten Menschen sind, also im eigent- I
lichen Lugano selbst; die kleinen Hms
telp und Pensionen der nahen Umge
bung, am sonnigen Hange des Monte
Jst-d and in Ca agnola nnd vor ihm -
sicher-. Arn lieb .en hält er sich in den
großen Hoteis aus, das gehört zu sel
nen Erschöstsauszagen Und sehr
hunfig ist er weiblichen Geschlechteo
und dann zu jedem Entgegenkommen
bereit. Die liebenbwiirdtge Aufmerk
samkeit, das einladende Lächeln gel
ten nur seltener-, Jl- die Eitelkeit der
Männchen glaubt. den Vorzügen ih
ren gewinnenden Erscheinung, viel
mehr den Geheininissen, die sie besitzen
oder doch beschassen können. Das ist
mir nun immer ein Rätsel geblieben:
Was kann ein Spion von Fremden
erfahren? Was weiß der Bürger bom
Kriege, was been Feinde Gewinn
bringen lanni Bestenfalls wo sein
Bruder oder Nefse iiinipsn Oder ei
nige Erzählungen von Freunden, die
aus Urlaub waren. Nichts lann da
bei sein, was ver Feind gebrauchen
kann, und dennoch verschmäht der
-Spian keine Annaherung oder Be
kanntschaft. Ossenbar versteht er,
auch Gesprächsabsalle zu nutzen, nnd
ich habe ihn sehr im Verdacht, daß er
in neunundneunzig Fällen non hun
dert seinen Auftraggever beträgt. Mit
der Oandelgspivnage tnag es anders
stehen; hier erfährt der Spion manch
mal Bezngsquellen, Aushilsen, Umge
hungen »von Schwierigkeiten, und
dann rächt sich allzu große Vertrau
ensseligteit in Mitteilungen We
nigstens sagte mir einmal ein Raus
mann, er tönne sich nicht erklären,
wieso ein ganz unverdächtigeo Er
satzmiitel (die Verwendung als Er
sagmitiel war sein Geschastsgeheiw
nig) plötzlich nicht mehr erhältlich sei.
Jch aber sah »den Angestellten jenes
Hauses einmal in Gesellschaft eines
sehr eleganien Herrn, von dem ich
Jhnen gleich erzthlen werde, und das
verstand ich den Zusammenhang.
Jener Herr war als Mario Gal
biati im Votel gemeldet, und er hieß
also jedenfalls nicht so. Er genießt
meine uneingeschräntte Sympathie,
dean er war der ersie, dein ich ge
sährlich schein. Er jagte auf mich
lauerte mir aus, es war sehr ausre
gend, Tind während der zwei Regen
« wochen bildete dies meine ganze Zer
streuung. Er begegnete mir beim
Postschalter, wo ich gerade einige ita
lienische und franzosische Zeitungen
adonniecte, und das interessierte ihn
wohl Er wollte zwar nur einige
Briefmarten gerade iiii selten Augen
blicke laufen, aber das war ein Vor
wand, er sah rasch auf den Zettel,
auf dem die Namen der Zeitungen
standen. Mit einer absichtlich hasti
gen Bewegung steckte ich den Schein
ein, und seit dieser Zeit beschäftigte
sich Maria Galbiati ausschließlich mit
mir. Als ich inir die Haare geschnit
«.ten hatte, stand er in der Nähe des
«Ladens, und wie ich im Train fuhr,
stand er auf der Plattform. Dann
entschwand er meinem Gesichtskreis
— doch wie ich auf den Balton inei
nes Hotelzimmers trat, bemerkte ich
zn meiner Verbliifsung, wie von der
Landstraße aus ein Herr nnderwandt
auf das Haus sah, und iin selben
Augenblicke, als ich erschien, weiter
ging. Maria wußte also nunmehr,
wo ich wohne und damit auch als
bald meinen Naiiien. Die Anfangs
Ofsensive loar ihm gegliickt. Keiiieii
Augenblick zweifelte ich, daß ich ihn
bald wieder sehen würde. Boshast,
wie der Mensch bei längereni Regen
manchmal wird, entschloß ich mich zu
einer Kriegslist. Ein iiiir besten-i
deter Ministerialbeamter hatte mir
geschrieben, und niich gebeten, von der
Schweiz aus einem ihm bekannten
Kriegsgefangeiien nachzuforschen; die
Umhiilliing seines Briefes trug den
Ausdruck des Ministerium-L Jn diese
«’steckte ich meine hotelrechnung und
wartete auf den Spion.
Am Abend. als ich bei einein Glase
Bier saß, war Mario Galbiati zufäl
»lig am Nebentische des lleinen Re
staurants. Jch zog meine Rechnung
aus der Umhiillnng hervor, starrte sie
ansmerlsam an, versah sie init klei
nen Bleistiftaniiierlungen, wobei ich
mich ängstlich umsah. Dann steckte
ich sie in die«Tasche und ließ das
i
l
i
l
rekre senveri liegen und verließ das
Rierhaus. Eine Minute später kehrte
ich zurück, als hätte ich etwas ver
gessen. Das Kunert war nicht mehr
da, und Galbiati war ebenfalls schon
bei der Türe. Alles stimmte. Jch
ging wieder, nnd nun zerriß ich rnit
ienslischer Beharrlichieit die Rech
nung in zahllose lleine Stückchen, die
ich im Durcheinander während des
Heimweges aus die nasse Fahrstraße
streute. Damit mein Freund ein soe
nig auf seine Kosten käme-, hatte ich
nämlich überall sonderbare Worte da
zugefchriebem ,,:ltegiment 215«, oder
Chisfren mit italienischen Stadtma
tnen, wie Em. Si., Bologna. Jn
mir war die frohe Gewißheit, daß
Galbiaii ein jedes Papierstiickchcn
sammeln und sie zusammensiigen
würde. Und schon morgen lief sein
Bericht nach Itaan und in Bologna
wurde nach einer Em. St. gesucht —
und was war das mit dem Negiment ·
215 und mit dem »Vincenco« ins
Udine. gerade im Hauptquartieri Ach
Gott« alle, die dort Vincenco hießen,s
hatten vielleicht Unannehmlichleiten.
Immerhin, Galbiaii hatte zu tun, ich
fühlte mich verpflichtet, ihn zu be
chiistigen. Er zertnarterte seinen Kopf
und sal) am nächsten Abend ganz
angegriffen ans. Aber nie habe ich
ein anhänglicheres Wesen um mich!
gehabt Und lvie dankbar er mirs
wart Zweifeln-s verschaffie ich ihm«
Delos-engen und Ziel-eigen Besit,
er hätte mir sogar Geld get .
Aber da lain endiich die Sonne —
und ich wurde des Spieles Werde-its
sig. Aus dein Teiegraphenamte war
es, da nahm ich ein Formulae und
schrieb daraus, einfach und schlicht:
Maria Galbiati, Sie find ein Eseli
Zerriß es und wars e- in spen
Papierlord. Dann wartete ich drau
ßen, bis er herausiann Er verruch
iete mich mit den Augen einer zerrte
tenen Viper.
Ein kleines, Jelangiose5, fast lin
discheg Erieviiis, wird nian sinnen
Sicherlich. Aber trag hier bloß ein
Spiel war, laun anderen-o dedrohlnh
werden, schwache Naturen vernichten,
unerllärlichen Schaden stiften. Unter
die paar hundert Menschen, die in
Lugano den erlaubten Frühling su
chen, finden sich diese sonderbaren Ge
stalten geniengt. stundige dersichern«
die eigentliche Spionage - Konjunk
tur oon Lugano sei langst vornher-;
sie destand ain Anfang des Kriege-Z,
als aue Staaten den Grenzschuiz we
niger genau iiahiiieik die Aussicht we
niger strenge war isi.d die Gegenspios
nage noch nicht arbeitete. Mag sein«
man wird dennoch mit Staunen alle
die zweideiitigen Damen und Herren
aller Sprachen mustern, die sich in
den Hotellsauen auslsaiten, ani Stran
de spazieren oder im Kuiyaug den
Tänzerinnen zusehen, Tango tanzen.
Sie neigen dazu, Bekanntschasten zu
machen und- recht unvermittelt idre
Lebensgeschichte zu erzählen; durch
Vertrauen wollen sie Vertrauen ge
winnen. Natürlich syinpatyisieren sie
stets mit dem Lande, dein iyr neuer
Freund angehört, ja, sie übertreiben»
diese Sympathie ein wenig. Viele
stellen sich dumm« unt jeden Verdacht
zu entsernen, und andere gedensich
yilssoediikstig erbitten Rat in der
tvickelten Familien- oder Vermögens
srageri. Da gibt ein Wort dag an
dere, und am liebsten ist es ihnen,
wenn auch die Beziehungen ihres neu
en Bekannten uiisicher oder gefährdet
nnd — vielleicht sindet sich anlegen
heit, ihn anzuwerven, das ist natür
ttch besonders vorteilhaft siir sie. Ach,
Sie haben russische Papiere als Ber
inrigen, Sie erhalten jetzt teine Zin
sent Da kann ich tvohl helfen, ich
habe Betannte in Frankreich Der
andere horcht hoch aus — welch eine
»uberrasa)end angenehme Aussicht!
Natürlich tvill aoer auch der neue
Freund einen Dienst und das
Schlußwort dieser Unterhaltung
spricht dann irgendwo ein Kriegsge
richt.
Niemand vertaßt jetzt ohne Not
die bedrohte Erde seiner- Vaterlande-g,
und neben den Hunderten, die in
folge einer Notwendigkeit des-Er
,tverbe9, der Gesundheit oder aus-be
sonderen ehrenwerten Grunden zur
Reise genötigt waren, gibt es andere
oie sich mit der Sorge und dem
Schicksale ihres Bolteg wenig verbrin
den fühlet-« es bloß als Ilnannehms
tichieit ansehen, der man gerne aus
tveicht. Oder andere, die ihr teures
Leben gerne sankteren Zeiten ausspri
ren. Bei diesen Menschen, deren
Vollsgesiihl angesault oder zumindest
geloctert ist, hat der Spion einen ge
ringeren natürlichen Widerstand zu
b-!siegen, sei es, daß er einen Hetser
oder die untre-dachte Schwatzhastigteit
abhorcht nnd aus-deutet. Das gehört
ja zu dieser schiiiidlichen Kunst, von
den Leuten. mehr zu erfahren, alsv
diese selbst wissen, und es gibf da
Genie-es iin Kombinieren, diezugleich
von einer unsaszbaren Vorsicht sind
itnd gleich Waltenstein niemals
Schristltches von sich geben. Manch-.
mal verschwinden sie fiir kurze Zeitj
infolge einer dringenden Familien
sache. Alles an ihnen ist ungewiß, ih
Name, ihre Abstammung. ihre
Staatsiuigehörigkeit, vor altem aber,
wovon sie leben. Jedenfalls leben sie
gut, tragen sich mit geckenhaster Ge
nauigkeit oder sie überraschen als
Halbiveltterinnen durch Uebertreibun
gen der Mode. Ja, viele Spinne
wirken mehr als Unternehmer und
lassen ausschließlich diese Damen für
sich arbeiten. Ost genug glaubt so
ein junger Drückeberger sich zu amti
sieren, und er ist ahnungstes schon
mitten im Verrat. Zeigt Briefe, er
zahlt, und die Spionin lächelt.
Sonderbare, verdächtig elegante
Existenzen spielen hier mit in
einer unzeitgeinäßen Komödie gesell
schaftlicher Buntheit, während drau
ßen die große Tragödie donnert.
W—
—- Noch schlimmen Fräu
lein A.: Mein Papa verlangt. ich
solle einen Mann heiraten, den ich
noch nie gesehen habe!
Fräulein B.: Das ist noch niislklsl
Mein Papa verlangt, ich solle einen
heiraten, den ich gesehen habe!
—- Jndislrete Frage. För
ster: —- — Dem hab' ich aber die
Wahrheit gesagt. f
Freund: Wie hast du denn das
wohl gemachte
—- Anch ein Kompliment.
Gatte: Eben habe ich meine Photo
graphien abgeholt; wie gefällt dir
das Bilds
Gattin: Sehr gut! —- Jch wünsch
te, du sähest mal so aus.
—- Brllderlich. Deine Schwe
ster, Franzi, hat sich verlobl2 Was
ist denn ihr Bräutigam?
Was er ists —- Zn bedauern ist
etl