Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, June 29, 1916, Sonntagsblatt, Image 9

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    Sonntag-statt de
Staats Ast-zeiget und Wer-old
Gw HII aWdNb ,vnD Wetstgdeu29I i6191
. Der barmherzig- Hauer-tier
Pon Hand Ovari. !
Die Nacht war sehr dunkel, als die
beiden Snnitötshundsiihrer hinauss
gesnndt wurden mit ihren Schäfer
hundem die, am Riemen geführt, still
und solgsmn neben den tapfer aus
schreitenden Männern herliefen.
Da si zur inken, in der Fern-,
aus den onnee chlag eines schweren
Geschii es ein Pmäthof u brennen
an. - ie Gram-te nasse in eine
Schenne gefa ren sein; wie rasend
schlugen die tichslnmtnen «nus dein
Mut-e hinauf in den- wollen
schwarzen himmel.
Und piöslich sont die Szene taghell
beleuchtet .
Der Führer Scherben wiewohl et
von hause aus Musiker war one
eigentlich sanftmütig« siuchte wie ein
beide. Hans Brendel dagegen verlor
seine Ruhe auelstietzt nicht und legte
sich mit dem leiien Nase: «Nieder!"
« das zerstampfte, nicht abgeerntete
übenseld.
Der andere blieb stehen. Die wall
qrtig erhöhte Ehuniiee gab wirle
so viel Schatten, daß sie nicht gesehen
wurden. sonst hätten die Engländer
da drüben im Schätzengenben wohl
geschossen-» , . .
Sie zogen sich also an den
Ehemsseeneall heran. sent-en sich da
aus den seuchten Erdboden hin nnd
überlegte-n wie sie üben die hohe. von
bengaliselzen Flammen beleuchtete
Straße Terminen
«Die zweie nrennt die ganze
Nacht,« meinte han« Brei-el, ,vni
litan wir« nicht»abwnrtes.« «
,t st
»Im. me wouen uns Ieoenknus
teennen.' sagte Scherben xgeh du ’n
hundert Schritt zurück, do haben die
Jamsreisee doch nich in leichtes Ziei·«
·Ach. du driiben is in auch ’n Ge
hölz und ich glaube, da finden wie
welche . . . Verwunbcte.«
Der lange Sei-erbet- ingte nichts
mehr. er lepch schon die Böschung bin
aui, oben steckte er den Raps iibee die
Straße: ’ -
«cb ich da gesund riiberlonineei«
Dann rannte er geb-est, was er
konntet -- « -
Es tnnlltr. Einmal und dann:
lnaeli lnacki knack! Knariernckraeli
Eine ganze Salt-ei
Hans Brenbel machte ein Enbchen
weiter hin diese-den Sprünge. und die
Engländer schenkten ibm nichts. Den
Lnnvsiurmlselni riß ihm eine Kugel
vom Kaps. Er siel. obwohl unver
letzt, aus der anderen Seite der
Böschung herunter. Lag eine Weile«
und sein geduldigez, kluges Tier stand
bei inm« mit dem Vorteil bei Ver
nunstloien begabt, das den Tod süh
len wuß, um nn ihn zu glauben.
Die dimmelseiite dunlelte pur
purn, und die Finsternis aus ver
Erde siieg wie schwarzer Nebel ,
dns Feuer drüben schien mit feinem
Fraß zu Ende zu lonnnen. Es
wurde möglich, die hünbin suchen zu
lassen. «
-,,Vorani, Viltnnl Such’ wund!'
Wie ein schwarzer Ball sprang
dnoon. Der Mann langsam nnd-, in
der Richtung nus das Gehölz. Der
hund- intn zurück, leer, und wurde
wieder hinnusgeschitli. — Der Füh
rer folgte mit behutsam tastenvem
Fuß. Denn biet war Wiesenboben,
voller Raupen und tückischer Löcher.
Vor einzelnen Erlenbiischen, bie wie
lnuernde Männer stunden, tonnte
man sich fürchten. Eber die Furcht
schlief ein,-wngte sieh laum an die
Denlsläche in dein Gräslichein bat
jeder Tag erneute. Nun iain der
Dun- aber-rnit, unb seit zeigte sein
leti f Schnee-sen da er etwas iin
Fang trug, das ee g unden hatte.
hnns Brendel nahm es ihm ab . . .
ah! ein pfundschwerer Grantspiitter!
Er lobte das Tier, das sichseste und
den Riemen lang an seinem Brust
geschirt beseitigen ließ. Der Kara
binerhaten schnappte ein —- aber zu
gleich erdebte die Last von einem er
schütternden KnakL So genau tras
dieser Knall mit der kleinen Feder
--:wesung des Karabinerhakend zu
«kntnen, daß Brendei einen Augenblick
die Vorstellung hatte, es bestände
irgendeine Ver indung zwischen bei
den Vorgängen, eine Verbindung
einm, wie zwischen dem« elektrischen
Kontntt und der durch ihn entzün
deten Mine· Ader dann .zifchte eine«
Riesenichinnge aus, verwandelte sich in
ein heulendee Untiees das durch die
Nacht sauste, und zerbarst unter
eine-n grauenhnsten Sein-weiter
Sie schießen ans die erme, dachte
Hans Brei-del und ließ ohne Un
ruhe von dein Bunde le ten. Den
bund schien seiner Sache vollkommen
ewiß zu sein« Mir seendeh der ihn
fo ost bei der- Arbeit beobachtet
dotie, war das nichts Wunderbare
niehr. Er vertraute der in ichs
Situation zahllose Male erwiesene
Ueberienenheit des Tierinstinttel Ioie
ein-as « Seibsiderstiindiichernz Uebri
gest mußte er ia seine eigene Aus
tnerlsknnieit auch aus anderes richten
und sehr genau auspassen um nicht-«
in eins der Sumpslöcher zu fallen. s
Die Reise ging richtig ins Gehölz.:
Der Hund stand. Der Führer leuch-!
tete dem ingestreeiten vorsichtig ins»
Gesicht. ie Pupille stai sast unter«
dem oberen Lib. Tot? —- Ja, dass
Vers-kam still. ;
Aber da drüben stöhnte es. Der;
Hund lant leise winselnd wieder-(
da! Das mocht, wenn Inan aus!
einem Ohr schlecht hört, man irrt sichl
in der Richtung.«-- »
Oh, der lebte! « l
«Wasser . . . Wasser-! . . .«
»Ja. ja, armer Kerl,« Hans Brendell
seichte ihm die eldslasche, »der Durst
ist immer das chlinnnste!«
Dann sah er nach der Wunde.
Und der weiße eleltrische Strahl zuckteJ
zurück vor der entsehlichen Wunde, in
die das rechte Bein des Mannes
unterhalb des Knieö auslies
. »Meine Beine . . . und Arme . . .
ssind gesund . . . ich half . . . bloß
.’n Brustschuß« Die Worte lauten
einzeln, unwillig, aus einer vom
Todesgrauen gepackten Seele, die ihr
Eos nicht glauben wollte, die sich
wehrte gegen die Vernichtung
: Hans Bredeleaite schon zu viele
»gesehen, die Abschied nahmen oder
jnehtnen mußten —- er täuschte sich
;nicht. Aber er untersuchte doch die
HBrust des vom-Schrapnell Zerrissenm
IDer Unterossizier hatte außerdem
Ideei Kugeln, zwei durch die Brust,
seine durch den Leib — daß er lebte,
Iwar ein Wunden Das Gesecht, in
sdern er siel, hatte um drei Uhr statt
sgesunden am Nachmittag jetzt was-·
)nach Mitternacht
Der Sanitäter überlegte. Und da
wandte ihm der Leidende das Gesicht
zu.«
t
J Jn diesem Augenblick erkannten
sich die beiden.
i «Hans . — WGeorg
’ Reden kannte keiner Den Wun
dzt packte im Tode die Todesangst
dei wird sich an dir rächen, dich ver
lassen!. . . Er beiam es fertig, die
Linie zu erheben, sie auszustrecken.
Zins rendel nahen die Hund« diese
nd die ihn mit einem Hieb saß
Jerschiagen hattet
J Und aus einmal saß in der rot
Jdiimmrigen Trübe zwischen dem
Wunden und dem Gesunden eine
JFrau. Eine Frau in lichter Seide
Jmit tiesern, von Spitzen betoniem
JAusschniit mit Diamanten an den«
weichen banden und mit einem Lä
Jcheln, einem Lächeln um den roten
Mund, das der, dem ej gegolten. nie
Jmehr vergessen tonnie
. Meine Frau-' murmeiie der tad
wunde Unterossizier, der vom Gam
Jnasium her durch zwanzig lange
E ahre der Freund des Sanitätshunds
J iihrers gewesen war, bis das Weib
Jsie trennte.
J hans Brendels herz brannte von
tausend Irageni . . . Er sah, wie
durch einen weiten Raum der Erinne
rang, wieder in die breitgeschnittenen
Augen hinein, die ganz schwarz schie
.nen, deren holdes Leuchten ihm jahre
Jiang nachgeschlichen war und das ihn
Jsast wahnsinnig var Sehnsucht und
JSchinerz gemacht hatte . . . War
Wenig daran schuld? Hatte er sie
ihm weggesiahlen, ihre Liebe?
Der Sterbende atmete bang, mit
schwerem Ritchelm Da schämte sich·
hans Brendel schämte sich sa sehr,
Jdaß ihm die Tränen tamen. Und
Jder Zerschossene sprach: «Wenn ich
wieder . . . nach . . . nach use
Htomme .dann « Er chien
vergessen und inLeihargie zu
Jsinken hani Brendei saß ganz still
Jbei ihm aus dem seuchien Boden und»
ieli den Kaps, in dem das Fieber
rannte. Aus einmal tam eine neue
JWelle aus dem tiefen und unergrtinds
.iichen Born des Lebens empor; der
) erben sollte, hob eine band und
agte deutlich und fließend, als
horche er nach einmal ties in die Vers
angenheit und gäbe ihre Klänge und
Jåiine alle wieder.
» »Sie Ioar so gut . . . immer, nur
Jmanchrnal hat sie geweint, wenn ich
unvermutet larn . « . und wolli’ ej
nie sagen. . wie oft! wie oft hab’
sich sie damit ckequäli .ich glaube,
da warst es, caus. . und dabei
hat sie mich doch lieb! Kann man
denn zwei liebens.
Der Nachiwind ging im finsteren
Gezweige, oon den Bäumen iropfie
die Feuchiigleii Dein Manne der
hier ein Leben hingeleiieie an due
Idunlle Tot der Ewigleii, rannen die
Tropfen von den Wangen. Er fahi
feine Jugend wieder-, lal- alle- die
lichten heiterm Bilder, auf denen
Georg und er als fröhliche Kinder
spielten, und lal) in das rasselndqu
verstohlen lachende Frauen eiicht,
dessen dunkle Augen er sein geben
lang nicht ver-essen konnte. «
Da lani es ihm voi, als würde das
Leben um ihn her von einem schweren«
ringenden Schauer geschiiiieii . . .
)
»und ein Schrei klang, einer zerbro-!
ichenen Stimme ietztexi Klirrem .
«Hilde!...ach!...icht...
hildal . . . mein Gott! . . .«'
Wie wurde der Kopf des Freundes
aus einmal so schwer! . . ein Schlit-4
tetn da Glied-: . . . ex teckte sinnt
und’dann löste-sich alles im Tode . . .(
Da nahm Hans Brendel in tiefer
Auswallung das leblase Gesicht in;
seine Hände und tilszte den ertalteten
Mund voll Inbrunst.
Er wollte gehen.
Doch ihn bannte ein Geschoß, dass
mordjauchzend dahertam und mitteni
in das Bergliihen der Ferme hin-i
einraste, daß abermals rotgolden die!
Glut ausflog . . . Er überlegte: weis
würde dem Toten den letzten Dienst;
erweisen und das. was er bei sich
trug, nach hause an die Frau senden ;
die ihn beweintei . . . Vorsichtig
schlug er dem Freunde den Massen-l
rock und das Hund zurück.- Da war
eine Brieftascbe . . . ein Bild . . .
Eine rasende Lust, die darin zu
finden, die io vor ihm stand, als sei
er ihr gestern zuletzt begegnet, ließ
ihn kaum überlegen.
Seine Laterne flammte aus: er
sah das Bild . .. . Und ein Zittern
der Enttäuschung, der Wut beinahe,
ließ ihn erbeben: das Gesicht war
sdrii hilde’s Gesicht hatte die
Kugel, die ihren Gatten tötete, brutal
zerrissen . . . Noch in der Zerstörung
gönnte sie sich ihm nicht. nicht einmal
die Freude ihres Anblicks iallte Dank
Brendel haben! Für ihn blieb nicht-!
Alles nahm der andere mit sich, alles!
Der Nachtwind wurde zum Sturm.
Von Westen her tnatterte Gewehr
seuer. Hans Brendel sear· , Was
sollte er noch hier? hatte et nicht
seinem Freunde übe-. das duntle
Sterben hinweggeholsen, der ihm da
siir im Tode nach das Leben dergöllts
Eine maßlose Bitterkeit rang in ihm
und der Wunsch. selbst an des anderen
Stelle aus der ialten Franzosenerde
zu liegen . . . Er wurde von niemand
erwartet, wenn er heimkom, und die
lieben, weissen Arme, die sich nach
dem Gesallenen ausbreitetem würden
sieh ihm abwehrend entgegenstrecken.
, d winfelte an feiner Seite
all wo te er lagen: es gibt noch
mehr Wunde, denen wir helfen
follenl . . . Doch sans Brendel
tand und stand. Er tarrte auf die
erme, die wieder lichterloh brannte.
Wozu das alles? Wozu das Weh
der Millionen? . . . Was ging es ihn
an. der ewig doch vertrieben wurde«
vorn Tisch des Lebensil . . . Die
Kälte und das Grauen und die laut
lofe Verwesung, die von überall ihn
anwehten, ließen ihn hart und ohne
Empfindung, er brauchte fein Mit
gefiihl fiir sich, denn er war unglück
licher als alle! . . . Die Tränen
tropften von feinen Lidern, er erfehnte
nichts mehr als den Tod.
Da llang es mit dem Winde her
iiber. wie Harmqu Das Angriffs
fignall —
Durch das Licht, das die Ferme
lohend weithin verstreute, rannten
taufend lleine schwarze Gestalten.
Die Gewehrfaloen tnatterien ihnen
entgegen! Ein Geschrei erhob sich.
Scheinwerfer betasteten grinfend das
Feld. »Hu . ho .horr . . «
laus- herl . . Die Deutschen griffen
an! . . . feine Kameraden. feine
Brüder! . . . .
Ja Hans Brendeli Bruft glühte die
Flamme, die fchon hatte verlsfchen
wollen« hoch aqu Er rannte vor
wärts! Er rannte und achtete auf
den Weg nicht. lpernd fiel er,?
lam hoch und rann , was er konnte»
. . . dahin, wo die Seinen läntpftenli
Wo fein Herz ihn hinruft! l
Die Gefchiihe trachten und Gra
unten heulten iiber ihn fort. Aber4
in ihm jauchzte und jubelte der Mut
und der Stol und die Liebe zu fei
nem Vaterlan e!·
Ein Telephsuseipräth.
Von Ludioig Biw.
Frauenftimme: halle, Hallo!
Yaueniiimmn Hallo, wer sprichii
ännersiisnme: »Als die Dank-J
ich bin's
Frauenstimme (unierbrechend): Ah,,
Sie sind's!
(Diese Worte waren wie ein freu
diger Ausruf betont worden, nun
aber werden sie leiser, gedämpfier,
beinahe vorwurfsvoll wiederholi):
Sie sind's?
Männerstimme: Ja, ich bin’s
Manie)
Frauen imme: So, sind Sie denn
zurück-Hexe ii
Männerfiimme(nach einer aberma
ligen Bank während welcher tnan
nur das naschen des Telephon
biirm Jst Ihr Bruder zu ulek
stoueniiunmet Rein. as wiins
Ichm Siei Wollen Sie ihn spre
chenc
Männer-flimme: Rein, ich will Iniir
Jhnm Wchm (Wiedet längere
Rauh dann die Mönnerfiitnsne mit
Anstrengung ganz heiler ooe Eite
gung): Ich will Jhnen lagen — das
heißt, ich will Sie bitten —- hören
Sie mich?
Frauenstimnie (lehe leise): Ich
höre, was wollen Siei .
Männekfiimtne (zitiekno): Sie sol
len meine Frau werden!
Frauenstiknme: Was soll das be
deuten?
Männetitiimne Gott und laut):
Das soll bedeuten, daß ich Sie liebe,
und daß Sie mit mit glücklich sein
werden«
Fruuensiimme: Das lann ja nicht
sein. Sie meinen es doch nichtNim
Etniti
Männetslimme: Diesen Zweifel ha
be ich nicht verdient, glauben Sie
mit oder nichts
Frauenstitnme Ganz leise): Jch
glaube Ihnen.
Männerftimme (jubelnd): Nun fes
hen Sie! Und da Sie mich verstehen,
will ich Ihnen lagen, aus welchem
Grunde ich Sie plötzlich auf vielem
Wege ilbetrumpelt habe. Jch will
Ihnen alles erklären, um Jhnen Zeit
zu lassen, auf meine Frage zu ant
worten. Also seit zwei Jahren lieb
ich Sie von Tag zu Tage inniget,
heißer und fehnliichtiger. Damals
lebte noch Jht Gatte. —- Hören Sie
michi
Frauensiinnne (zitternd): Ja
Miinnerstixnniez Als ich Sie zuerst
tennen lernte. beneidete ich Jbten
Gatten nnd dieser Neid verwandelte
»sich in Wut. Schiner- und Verzweif
lung bis mir plöslich die erlösende
Ueberzengnng karn, daß wir besser
Zu einander passen. einander besser
verstehen und daß —- aber uns-Got
tes willen —- hitren Sie mich denn
nach — ballt-, ballo, hörten Sie
mich?
Frauenstinsme (sebr leise): Jch böte
jedes Wort.
«Miinnerstininie: Also, baß auch
Sie das zu empfinden schienen. Mit
Hinein Wort, es ward mir klar, baß
ESie meine Liebe —- nach langen
Obwpr zwar, denn Sie sind die
jgugend selbst —- nicht ungern sahen
- Inn starb ihr Mann. Hören Sie
mich? "
Frauenstimmn Jch böte, aber ich
der ehe nicht —
Männerstiinme: Sie verstehen nicht«
warum ich nicht sprach, als ich end
lich sprechen durfte; Sie verstehen es
nicht« warum ich damals ohne ein
Wort der Erklärung, des Abschiedes,
in feiger, sinnloser Flucht abreiste,
mich selbst unglücklich machend und
Sie orrletztend —- denn ich habe Sie
verletzt und getränkt, nicht wahr?
Antworten Sie, ich bitte Sie instän
digsti
Frauenstimme: Nun ja, ich war
wirklich —
Männerstimme: Gott sei Dant!
Jch habe es an Jhrem ersten Wort
gehört und wenn es nicht so gewesen
wäre, hätte ich auch jetzt noch nicht
den Mut gesunden, zu sprechen.
Frauenstimnm Jch war wohl et
was gekränkt, aber nur weil —
Miinnerstimnies Nein, nicht nur.
weil ich keinen Abschied genommen;
nicht wahr, Sie waren mir nicht nur
deshalb böse?
Frauenstimme: Jch weiß wirklich
nicht, es kann wohl sein —
Mtinnetstimme: O ich danke Jhs
nen! Aber nun schulde ich Jhnen
die Erklärung, warum ich abreiste:
Weil ich diesem Zustande, den ich
nicht mehr ertragen konnte, ein Ende
machen mußte. Warum ich nicht ge
sprochen habet Weil es mir einsach
unmöglich war. Jch zitterte vor der
Eventualität, daß ich mich doch geirrt
haben kiinnte und daß ich mit mei
nem Geständnis eine Taltlosigkeit be
ginge, und diese Angst schnürte mir
die Kehle zu, so oft ich sprechen woll
te. So mußte ich denn vor Ihnen,
vor mir selbst die Flucht ergreifen.
Aus meiner Reise ward diese Zent
nerlast aus meiner Seele noch uner
träglicher, bis mir plötzlich in Paris
als ich ziellos umherbummelte, ein
rettender Gedanke kam: Jch mußte
hcinireisen und Sie zum Telephon
ruseut Wenn ich mit hnen spre
chen kann, ohne Sie zu eben, dann
habe ich den Mut, Jhnen alles zu sa
gen. Wenn ich nicht in Jhre Augen
zu schauen brauche, vor deren stau
nendem, strasendeni Blick ich mich io
sehr siirchte —-, wenn ich Jhren Mund
nicht sehe, uin dessen zarte Lippen sich
so ein eiskalter Zug der Verachtung
legen kann —
Fraueustirnmez Und woher wissen
Sie denn. daß ich seht nicht
nuerstimmet Oh, jetzt hat mich
alle Feigheit verlassen, jeht siihle ich
die Wärme Jhreö Tones, jest höre
ais das Beben Jhrer Stimni t Dies
es verrät, was Sie nicht wär leug
nen können. und jeht wieder ole ich
meine Bitte: Hören Sie aus. den ar
men Sutiad zu detrauern, und ina
TM sit mich zum gliicklichsten aller
uscher.
i Feuuensiimnie: Aber wie kann ich
denn to plötzlich — — —
, Männerstinime: Sehen Sie, das
Telephon ist auch deshalb einer Un
Ikrrevung unter vier Augen vorzu
ziehen. weil es Jhnen so viel Zeit
jzue Ueberlegung gönnt. —- Während
kich mit cui-sichtlicher Weitfchioeifigteit
sprach. hatten Sie oollauf Zeit zu
überlegen. Sie brauchen stch teinen
Zwang aufzuerlegen. um Ihre Ge
tichthiige zu beherrschen. Sie
brauchten nicht zu fürchten, sich«ir
genowie zu verraten. Während
iunferes tuezen Telephongespriiches
Ilyntten Sie mehr Zeit, sich zu som
Hmetn als wenn ich Ihn eine vier
lunozwanzigitiindige Mitzett ge
Jgönnte hätte, und ich bin überzeugt,
Evaß Sie schon mit sich einig find, daß
JSie Jhten Entschluß bereits gefaßt
ihaben —- Antrooiten Sie knir also
iErwidern Sie.ineine Liebe und wol
Hlen Sie meine Frau werden, ja oder
inein? Gange PanieJ Wenn Sie
»,,Nein« sagen, reife ich sofort ob,
zoenn Sie »Ja« sagen, eile ich zu Jhs
lnen. —- Alfo antworten Sie mir,
-Liebfte, Gelt-Neste spinnen Sie mich
nicht länger auf vie Falte-!
Frauenstimme iversucht zxi sprechen
und itock:. —- Lange Paus .)
Mönnerftimtne: Enden Sie meine
Quin! Wollen Sie vie Meine werben
over nicht? Ja over Nein?
J Frauenstimme (1eise, aber fesm
a!
M—
In ,,Y-uner-8eeux".
Erzählung ban Felix ban Rembach
Der Fluß war aus beiden Seiten
eisersiichtig und ängstlich bewacht,
mit aller Sorgfalt, Tag und Nacht·
lWenn die Nussen auch nicht glaubten,
dasz die Deutschen ej wagen würden,
iiber ihn zu setzen, so hatten sie doch
schon genug von der Tsllliihnheit der
Feinde gehört, um aus der hut zu
ein. Und man mußte ihnen das
Kompliment machen, daß sie sich in
allem gehörig vorgesehen hatten. Es
Wicht-unangenehm, niemals vor
den Granaten und Schrapnells sicher
zu sein und sozusagen leine ruhige
Stunden zu haben. Man tat sein
möglichstes zu ihrer Abwehr-, aber
ste war nicht erfolgreich genug und
tbnnte den seindlichen Geschoßregen
nicht dämmern-. So war es vor altem
eine Batterie, die sich durch besondere
Bravour und besondetee Glück her
vottat. Sie wurde von den Deutschen
turzweg ,,Donner-Kreuz« genannt,
weil, wenn sie einsetzte, die Deutschen
drüben sagten: ,,Donner-Kreuz, jetzt
siingt sie wieder an.·' Und das ,,,Don
net-Direuz·« war mit den Wochen zu
einem schweren Kreuz in des Wor
tes wahrster Bedeutung sur die Deut
schen geworden. Man hörte es aber
nur« niemand wußte, wo es eigentlich
steckte. Man hatte es mit allen Mit
teln zu ertunden versucht, aber selbst
die Flieget vermochten es nicht zu
entdecken. Es war wie weggezaubert,
wie von der Erde eingeschluclt. Man
»konnte natürlich sich nach der Schuß
zrichtung und manchen anderen Kenn
szeichen ein ungesährei Bild von
»seiner» Stand machen, aber es war
doch nur eine Annahme, die sich aus
nichts Sicherea stützte. Ja den deut
Hschen Schützengräben ·herrschte, nach
sdem tnan die Sorge eine Zeitlang
zertragen hatte, helle Wut über das
’,,Donner-Ftreuz«, die Fläche über
zseine Tätigkeit mehrten sich mit je
;detn Tag. Es war klar, daß tnan
kein Ende machen mußte. So erregte
»ert eigentlich tein Aufstehen mehr, als
»veranntgegeoen wurde, oakz oae
Eiserne Kreuz und eine hohe Geld
summe dem Ioinlten, deni es gelänge,
das »Donner-Kreuz" derart sichtbar
zu machen, daß man es mit Erfolg
beschieszen tönne. Paul Thiel ging
»ein paar Stunden in tiefen Gedan
ten herum, gab aus die Fragen der
Kameraden zerstreute und verkehrte
Antworten und nahm von dem »in
tullischen Mahl« wie der Gesteite
Haget das Gemisch von Reis, Brühe
und einem Stückchen Fleisch nannte
nur wenig zu sich. Und als etwas
Unglaubliches wurde erzählt, daß er
selbst die halbe Zigarette, die ihm
von einem guten Kameraden zuteil
ward, eigentlich- ohne Genuß tauchte.
Der Grund zu diesem eigentümlichen
Verhalten ward aber allen klar, als
bekannt wurde, daß Paul Thiel sich
gemeldet hätte als der, der den Ver
such machen wolle, das »Donner
Kreuz« zu ermitteln. Nun stellte es
sich heraus, daß noch mehrere andere
sich mit der gleichen Absicht getragen,
aber Thiel hatte das Vorrecht und
ließ es sich nicht mehr nehmen. Arn
HAbend des Tages, an dem Paul
sThiel seinen Weg antrat, erhob sich
det Wind plöhlich und begann längs
der User sein Spiel zu treiben. Das
Weisen, Sausen und Brausen des
ungestümen Gesellen erleichterte ihm
seins Vorhaben, schluckte den hall sei
ncr Schritte und das Rascheln in
Gras und Kraut, das well und dürr
nieder-hing. Mit dem Bade im Fluß
begann das Wagni5. Thiel hatte vom
Ufer ans sich genau iiber die Rich
tung, die er nehmen mußte, orien
tiert. Gerade hinüber war das Beste.
Die Gefahr blieb die gleiche Der
Fluß war nicht sehr breit und das
Wasser sonst still, aber in dieser
Nacht war der Wind am Wert. Thiel
biß die Zähne aufeinander, indes er
Arm und Fuß brauchte. Endlich
stieß er wieder auf Schilf, das kni
sterte und raschelte. Er machte, tief
Atem schöpfend, halt. Das Wasser
rann an ihm herab, erst in kleinen
Bächen, dann in langen Tropfenrei
hen. Er schüttelte sich kräftig. Ein
Schauer iiberlief ihn. Aber er durfte
sich leine Ruhe gönnen. Er mußte
weiter. Erst jth begann ja der ge
fährliche Teil. feines Unternehmens.
tkr lroch weiter, Schritt fiir Schritt,
iiber den Sand wie eine Eidechfe.
Von Zeit zu Zeit hob er den Kopf
und horchte. Aber er vermochte vor
dem Lärm des Windes nichts zu hö
ren. Allerlei Geräusche erregten und
ver-wirkten ihn. Da war ein Baum
stumpf, das mußte ein Posten sein,
Gewehr schußbereit. Ja, er sah das
Gewehr deutlich. Er blieb wie ge
iähmt liegen. Dann raffte er sich
auf. Weiter! Er hatte doch das Ziel
oor sich, und das Ziel war noch so
weit. Wo war es? Das Blut schlug
ihm durch den Kopf, das Oerz klopfte
mit starkem Schlag-« in den Schlafen
pochte es ihm wie mit Dämmer-m
«Tack, tack,«-taci,- tad. Jezt erst lam
qihm cas werou nein neuen, roas er
unternommen. ie ganze Größe der
Gefahr. Er war hier den Feinden so
gut wie ausgeliefert, der ärgste Tod
stand vor ihm und begleitete ihn
Schritt siir Schritt. Jnstinttio kroch
er weiter. Wo ihm seine Phantasie
den Feind oorspielte, wich er nach
rechts ever links aus. Da war wie
der ein Posten. — Oder wars ibnr
nur sein erregtes Blut das Schreck
gespenst vor seine Augeni —- Er
ionnte doch eigentlich gar nichts se
hen. Er glaubte, Stimmen, Knacken
von Gewehrlänsen zu hören, die sich
aus ihn als ein leichtes Ziel richteten.
Einmal meinte er, einen Rus an sein
Ohr schlagen zu hören. Aber er kroch
immer vorwärts —- da ebbte sein
Blut zurück, die Ruhe iam wieder,
langsam und allmählich wurden sei
ne Sinne wieder klar. Er mußte jeyt
die Vorposten und seindlichen Schüt
zenlinien passiert haben. Nun hieß
es auspassen. Mit aller Sinnes
ichärsel Wenn es nur etwas lichter
gewesen wäre! Aber er blieb und
tappte im Dunkeln.
Er wagte nicht, sich auszurichten.
Er tasteie mit den Händen vorsichtig
den Boden ab. Sand, Gras, nichts
sonst. Weiter! Minuten verrannen,
kostbare Minuten, eine nach der an
deren tropste ab zu Viertelstunden,
halben« ganzen Stunden. Nun schob
sich die Wolkenwand von der Mond
sichel sort, langsam, zum Erbarmen
langsam. Thiel starrte empor, wäh
rend ein blasses, feines, dünnes Licht
allmählich sich ausbreitete. Dann
duckte er sich, hob jedoch gleich wieder
vorsichtig den Kopf. Was war das
vor ihnit Da lag eine Art von Hü
gel, Sandhaufen, mit Gestrüpp be
deckt, ohne Vuschlverl, aber dort
starrte etwas wie ein Mant,
eins, noch eins. Thiel biß die Zahne
auseinander. Das mußte das »Don
ner-Kreuz« sein. Kein Zweifel. Er
schob sich heran, erregt, vor den
Augen Schleier-, die erst sanken, als
er vor den Mänlern hielt. Nun galt
es schnell handeln! Er tlomm auf
den Hügels Da standen die Krüppel
tiesern. Rasch den Knicler hervor und
das Astwert fort! Das Messer sä
belte mit Fieberhasi in den Zweiger
bis sie kahl standen. Nur die Stäm
me blieben wie Psiihlr.
Dann herab vom Hügel, schlüp
send wie eine Eidechse, den Sand
herab, vorwärts. Wieder erregt.
Diesxnal aber froh, mit gehobenem
GesiihL Vorwärts! Am Himmel nur
die Flimmerlichter der Sterne, das
Mondlicht von den Walten der
schluat. Dunlel wie vordem, Nacht,
still-mische Nacht mit Windesbrausen.
Weiter — da unten lag das Wasser,
jetzt Schilf, Röhricht, Gras; das
knirscht, wenn sich ein schwerer Kör
per dazwischen wirst. Ein leises
Gleiten, Ruderstöße —- heicn — heim
—- gliictlich heim! —
Arn andern Morgen schossen sich
die Deutschen aus das »Danner
Kreuz« ein. Die drei Kiefernpsähle
waren ein wunderbaret Tresspunit.
Die Rassen kamen nicht mehr zu
Atem. Sie erwiderten das Feuer,
das war selbstverständlich Aber es
ward « schwächer, schwächer; dann
ward es still —- das »Donner-Kreuz«
war gesunken. Ehe es noch ganz ge
fallen war, hatte Thiel schon seit n
Lohn und die eldpost eine wich
und bedeutungs thwere Sendung
daheim.