Image provided by: University of Nebraska-Lincoln Libraries, Lincoln, NE
About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (June 15, 1916)
W des Staats Kur-zeiget und Ren-old GrW Mi. ptmD etsttg den sUJU pei» eise von der sihgasle Von Gustav Schröer. Der alte hillmer von der Hoh gasse hat etwas von einem Patriar chen. So mag wohl Abraham ge wesen sein, so groß, so aufrecht, mit guten. tlaren Augen und langem, fchlichtem Greisenhaar. Einen Bart wird der Abraham gehabt haben, so einen, der in silberner Welle bis aus die Brust herabreicht. Den besaß der Hillmer nicht. Er war ganz glatt im Gesicht und einen langen Mantel, wie weiland der Erzoater, trm er auch nicht, dafiir aber den Jltoaterischem langen, blauen Schoß roa mit silbernen Knbpsen Den leg te er an, wenn er in die Kirche ging. Eine hagar hatte der Alte neben seiner Susanne nicht gehabt. Viel leicht, dasz er eine genommen hätte, wenn ihm der Erbe versagt geblieben wäre. So ein Bauer, der ein Reis an einem Jahrhunderte alten, knot rigen Stamme ist, der ist um des Hofes willen zu vielem fähig. Aber der Erbe war da, stand derzeit in Frankreich und hatte selber schon ein Söhnlein von fiinf Jahren. Susanne hillmer, das Weib des alten Wilhelm Hillmer, lag lange aus dem Friedhofe, den der Bauer einst eingerichtet und in hartem Kampfe gegen den Geistlichen in der Stadt drunten behauptet hatte. Da war der Bauer gar in die Hauptstadt ge fahren. »Wir wollen einen Fried hof haben, einen Gottesacker unter den Getreidefelderm die man doch gemeinhin nicht siir Gottesacker an sieht, ob sie es schon sind,« hatte er. gesagt, »warurn sollen, so im Winter zum Beispiel, zwanzig, dreißig Leu te mit einer Leiche, der sie die lehte Ehre antun wollen, den fast drei Stunden weiten Weg machen und sich so viele dem Krantwerden aus sehen, wenn von der andern Seite her nur ein einzelner zu tornmen braucht, der einen Pelz hat, sich warm einzuhiillen, und der sich fahren las sen tann, von mir oder einem drun ten. Und dann: ich meine, so ein Friedhof, an dem man alle Tag voriibergeht, Der im Sommer voller Blumen sieht und im Winter schier aussieht wie ein Feld, in dem der Same schlummert —- denn bei uns schneien auch die Kreuzlein mit ein —- der hat allerlei zu sagen, das man sich wohl annehmen darf.« — Er hatte es durchgesetzy daß die Hohgasfe einen Friedhof betam, und die erste, die sich darin zur Ruhe legte, war Susanne hillmer. Jeht hat sie schon Gesellschaft reichlich ge nug. Der hillmer ist ein wohlhabender Mann, und mancher würde sich an seiner Stelle Gutsbesitzer nennen hundertfitnfzig Morgen umfaßt sein Besitz und ist damit fünfmal so groß als der aller übrigen auf der Dohgasse Angesessenen zusammen Außer dem Hühner-Hofe sind noch acht Anwesen, kleine, niedrige Hüt ten, in denen schlichte Leute wohnen, die auf dem Hofe arbeiten. So ist der Hillmer wirklich wie ein Patri arch unter dem Häuflein Menschen, deren Dasein von ihm abhängig ist. Es ist unter solchen Umständen ge wiß nicht leicht, mit den Leuten, nicht nur neben ihnen zu leben. Aber das versteht der Hillmer. Jn der Stadt nennen sie ihn den Weisen von der Hohgassr. « Einige Besonderhetten hat er. Er dichtet und ist ein Sterngucker. Sei ne Gedichte stehen in keinen großen Blättern, nur im Kreisanzeiger, der drunten im Städtlein erscheint. Es sind schlichte, kleine Verse, so zu Weihnachten oder zum Erntefest ge schrieben, aber sie sind sauber und es liegt Verstand darin und Herz. Dann guckt er dem alten Herrgott gerne an seinem Sternenhimmel zwischen die Finger. Etliche hun dert Mart kostet das große Fern rohr, das hillmer im Garten auf ftellt und hinter dem er in Sommer-» und Winternächten hockt. Er weiß: am htmmel Bescheid wie ein anderer» auf seinen Feldern. Seine Liebha--j berei hat ihm schon manchen Besuchl eingetragen, viel solchen, iiher den erI gelacht hat, indes doch dte Besuch-ri meinten, Grund zum Lachen zu ha ben —- und auch solchen, dem er sein graues Daupt lauschend entge gen neigte, weil er meinte, noch al lerlei lernen zu tönnen Der Weise von der hohgasse ließ die Leute ihres Weges gehen. Er guckte keinem in den Kochiopf und auf den Oberboden, aber er war va, wenn einer ein Aniiegen hatte. Und auf der hohgasse war es wie iibers all. Sie santien sich and vertragen sich. Die Feindichafien waren klein nnd brachen meist schon über Nacht knisternd in sich zusammen. i i i ..- ... —— —«- . . -»—,—..—.—«—H- « Des Alten Schwiegertochter, die Annemarie, war eine von den Ra schen und Aufrechten. Groß war sie ichier so groß wie der Alte, rasch bei der Arbeit und rasch mit dem Mun de. Und so geschah es, daß sie sich nicht gar selten einmal mit den Leu ten neckte. Neuerdingi wieder mit der Frieda Wagner, deren Häuschen als lehtes in der Reihe und noch da zu drüben iiber dem Wildbache lag. Auch die Frieda war ein junges Weib, frisch und mit flinker Zunge Der Wagner, der derzeit gegen Rus land log. hatte xin Weib aus der Stadt geholt. o sputte manches in ihrem Kopfe, was sich nicht in die altviiterifchen Zustände der Hoh gasse einfiigte, scharftantig war und leicht oerlehtr. Und als es einmal um haben und Nichthaben mit der Annemarie hillmer zum Reden kam, da schüttete die Frieda Wagner eine ganze Flut zorniger Worte iiber das Weib des reichen Bauern. Die gab reichlich zurück, und so war der Riß da. Und es war ein Riß, über den man nicht mit einem Schritte hin weglam. Da mußte man schon einen berzhaften Sah machen. Annemarie tlagte dem Schwieger vater, was ihr von der anderen wi derfahren war. Der lächelte-( .Brennt ietzt die ganze Welt, war-: um nicht auch die Hohgasse!« J Erst stuhte Annemarie, dann eifer-’ te fie: »So nehmt Jhr das? Ich bin doch in meinem Rechte.« »Aber freilich bist du im Nechte,« sagte der Alte. »Alfo.« »Sodiel sag’ ich auch.'« »Wollt Jhr mich narreni·' »Gut nicht, aber ich denke nur dran, wie dai wieder gut werden foll·" »Gut werden Sie wird wohl lommen.« »Das wird fie wohl —- halt auf den hof natürlich« »Jch... habe ihr getündigt.« »So, so. Das geschieht leicht ein mal. Jch werde im Vorbeigehen einmal bei ihr ans Fenster klopfen und fragen, ob sie wieder Arbeit sucht, die Frieda. Ja und nun...« »Aber Vater-!0 Er murmelt oor sich hin. »Jetzt muß sie aber schon etwas rechtschaf fen Guteg tun, die Annemarie, daß sie das wieder einrenlt.« »Was sagtet Jhr?« »Daß du mir nachher helfen tannsi, die Gläser im Rohr zu put zen. Du haft eine leichte Hand. — Und —- da fällt mir etwas ein. Hals ich dir vielleicht schon vom Baftian Rother erzahlt?« »Nein.'« » »Ich hab’ auch einmal eine Dumm sheit gemacht, das heißt eine große, jtleine gar viele.« » Die Annemarie sitzt ein wenig sperdrossen hinter dem Tische nieder. sSie hat doch teine Dummheit ge Jmacht, aber da ist mit dem Vater Inicht zu rechten. Der hat seinen Ieigenen Kopf. Sie horcht ein wenig widerwillig aus. - »Es war gegen den Winter hin, lag schon viel Schnee aus dem Kam me droben und da unten bei uns. Da tommt ein warmer Wind ge slogen, der singt und geigt um die hausen bliist dem Winter allerlei Schelmereien in die Ohren, und der tann sich nimmer halten. Es fließt und fließt, völlig, als ob der Weiß bart Tränen lache über den närri schen Kerl, dessen Zeit doch eigentlich das Frühjahr ist und — vergeht von heute zu morgen. hernach besinnt er sich, dass er sich hat übertölpeln lassen. Jst das ja nun zu spät, aber nun läßt er seine Wut aus, mit Kra chen und Donnern im Wildbache. Schier gebriillt hat der Bach. Um dieselbe Zeit gehe ich aus« nach den Erlen zu sehen, die ich abgeschlagen. Liegt da ein Stamm halb im Was ser, Jch zieh’, rutsch, und heidigeht: die Fahrt abwärts. Krieg da einei Kopsnuß und dort eine, rette mich! aber gegen das Ufer. Das ist hochi Ich bin matt geworden und kanns nicht heraus. Da kommt einer des Weges daher und der —- tommt aus dein Gefängnis. Der Bastian Oto ther war es, und der ihn hatte ein sperren lassen, das war ich. Fünf Garben Weizen hatte er mir gestoh len. Steht mich der Bastian,tornint gerannt, lacht und streckt mir die band hin. Do, Bauer, lupf, hoppt heraus war ich.« »Ja, und ver Bastinn?« »Der hat — gelacht, und ich hab’ mich geschämt, daß ich« itn Sommer so dumm gewesen war-« »Wenn doch aber der Bastian ge stehlen hattef »Feeilich, freilich. Und das hab’ ich ihm ausgelebt-ein« »Wie »sich das gehört!« .Fteilich, Annemarie, freilich. Gleich am anderen Tage hab' ich ihm einen Morgen Land mehr gege-; ben, daß er hauen konnte, was er mit seinen Kindern brauchte. -Her-: nach hat er nicht mehr gestohlen.« Da geht die Annemarie stille hin aus, und der Schwiegervater lächelt vor sich hin. Andern Tages ist die Frieda Wag ner wieder auf dem Dafe, aber die zwei Frauen gehen unfrei aneinan der vorüber. So, als oh sich jede schäme. Hatte der Alte auch" ver Frieda Wagner in seiner feinen Wei se etliches gefagi. se si- se Ggen den Ausgang des Sommers seht das schlimme Regenwetter ein« das im lieben Vaterlande der Ernte so arg mitgespielt hat, gerade jeßt im Kriege, wo doch jedes Korn ein Vaterunser ist. Eine ganze Weile hat die dürre Erde den Regen in tiefen, durstigen Zügen getrunten. Hernach aber war es plötzlich genug, wie wenn ein Maß voll ist und das, was noch hinzukommt, überläuft. Der Wildhach schwillt an im hand umdrehen. Das Brücklein, das über den Bach nach Frieda Wagners Häuslein führt, reißt das Wasser fort, steigt und giert auf das Haus. Die Frieda arbeitet auf dem Hills mer-Hofe, und als sie gegen den Mittag heimgeht, um nach ihren zwei Kleinen zu sehen, da sieht sie sie drü ben am Fenster die Händlein treten, und —- das Wasser brüllt ihr zu Füßen. Sie schreit lan auf. aus andern häusern rennen Leute her zu, und einer tust es auf dem bill mer-hast durch die Tür. daß Frie da Wagners Kinder am Ertrinren sind. Die junge Mutter will sich in das Wasser stürzen, aber sie hal ten sie zurück. Darin tann nicht einmal ein starter Mann stehen« Annemarie hillmer steht neoen Frieda Wagner, faßt ihre Hand« hält sie fesi und zittert· Dann ist sie fort aus dem Häuflein Leute, unter dem taum drei Männer sind, und von denen ist teiner start Der alte hillmer läßt eine Erle jumfehiagen gegen den Bach hin, daß Iman so eine Brüste gewönne, aber sdas Wasser faßt den Baum, wirft sihn herum und legt ihn am mer lang So wars umsonst — und das Wasser steigt. Annemarie hillmer leucht gegen die Berge. Jmmer höher hinaus, immer höher. Da ist eine Stelle, an der» das Wasser wie in einem Graben zwischen Felsen hindurch schießt. Es schäumt und gurgelt, aber Annemarie springt in mächti gem Satze. Da ist sie drüben,jauchzt. rennt talwärts und eilt auf das lhäuslein zu. Schier wie ein Geist taucht sie drüben aus dem Walde auf. Dann sieht man sie drinnen die Kinder herzen und trösten, sieht, wie sie lächeln und sich die Tränen trocknen. Jm Stühlein war das Wasser schon so gestiegen, daß es der jungen Bauerin über die Schuhe ging. Es wuchs noch eine Weile, aber dass Häuslein stand, und am Abend schimmerte daraus freundli cher Lichtschein über das Wasser. Am dritten Tage schlugen die Leute wieder ein Brücklein. Auf dem ging Annemarie Hillmer, ein Kind an je der Hand, Frieda Wagner entgegen. Die konnte nichts sagen, aber ihre Augen waren so demütig und dani bar, daß Annemarie rot wurde und» abwebrte. ! Drüben aber stand der Schwieger-! vatec und hielt ihr den eigenen Busi ben entgegen. Nun lachte Annemasj rie, als wäre sie nach langer Zeit von etwas frei geworden, das fiel doch recht bedrückt hatte. Unterwegs sagte der Alte: »Aber gerächt hast du dich an der Frieda Wagner-, gründlich und für immer!« Die Schwiegeetochter lachte: »Ge rade wie Ihr am Bastian.« »Schau, fchau,« sprach der Bauer und zwinäerte mit.I den Angen. Nun kam der zweite Kriegswinter Ein einsamer Winter. Bevor es einschneite, ging Wilhelm hillmer noch einmal in die Stadt zur Kirche. Da predigte der Pfarrer von den er ften Christen. Jetzt fei Krieg, sagte er, und fragte dann, ob man nicht ein wenig heute wieder nach der Al ten Weife leben könne, fo einer für den andern. Wilhelm Hillmer nickte vor sich hin. Nach dem Gottesdienfte reichte er draußen dem Pfarrer die Hand und faste: »Ja der Stadt toird das wohl nicht gehen, Herr Pfarrer, aber auf der ldohgaffe...'· «Ja,' rief der Pfarrer rasch, »da ift nur etnert« »Ah nein, herr Pfarrer, da sind ein gan es Häuflein« »Ich fagh da ift nur einers« »Und der ift darnach,« lachte-der Welfe von der hohgaffe, und es klang geringfchäsig. »Und der ist danach wiederholte der Pfarrer, und es lag eine hohe freudige Achtung darin. Auf dem heimwege ließen die Gedanken den Bauern nicht los. Man müßte die Leute mehr zusammenhal ten in jetziger Zeit, baute er inwen dig auf. Cz trägt sich leichter, und es fördert herzhafter. Und es ging. Sie lamen gerne auf den hillmer-hof. Hatte doch der Bauer auch einen Sohn drau ßen. So war er gleich den andern acht. Aus jedem Hause war einer fort von der hohgasse, und drei schliefen schon in der Erde An den Abenden, an denen sie zufammenfaßem hatte der Bauer al lerhand dicke Bücher und alte Pa piere vor sich liegen Er ging weise zu Werte «Schaut,« sagte er, »du steht aus dem Jahre 1634, daß die Kaiserlichen das ganze Städtlein drunten zerstörten, dem Pfarrer den Schwedentrunt mit heißem Wasser gaben und sieben Dirnlein fort schleppten. Hat niemand wieder et was von ihnen gehört. Dann da von 1678, daß der Nicol Leich in die Hauptstadt ging, drei Tage hin, drei her — und waren da Wälder und Wölfe — für einen Silbergru fchen. Müssen damals mit wenig zufrieden gewesen sein« Auf sechs-Z Tage einen Groschen. Ich meine, wir sind besser daran. Und hernach als die Franzosen im Land waren.« So in klug hedachter Weise an viele.. Abenden. Er erreichte, was er wollte. Die Leute verlernen das" Klagen über die Zeit. Sie lernen. sehen, wie reich unser deutsches Volt noch ist im größten Kriege-, den die Welt je gesehen. Aber noch haben sie die Herrlich-» leit der Zeit nicht erfaßt. ihre Größe und die Heiligleit der Opfer. Drei Witwen weinen um ihre Männer, und wer weiß, ob nicht bereits wie-I der so eine leidschwere Botschaft nn terwegs ist. Auch dem Kleinmut geht der Wei T von der hohgafse zuteil-e: ,,Viillig wirr ist man heute im Kopfe,« sagt er, «es ist zu groß, man tann es nicht übersehen und steht fremd da vor. So muß man sich nach seiner Weife zurechtsinden Wie ein Ge birge steht mir das vor den Augen.s Kommt ihr drunten aus dem Tales herauf, so seht ihr den Wall, aber! laum eine von seinen tausend Heim-s lichleiten, den Felsen, den Grün den, den Wassern, den Weilern.J Wenn man darüber schweben lönntei und von oben her sehen, dann wür-« de man erkennen, wie wunderbar sich eines an das andere fügt, und daß nichts sehlen dürfte. Sie bauen auch ein Gebirge aus. Hoch und mächtig. Die Schlachten, das find die Kuppeii,! die Gesechte, die Hügel, der Friede,z der sieqhaste, der zu höchst hinaus; ragende Berg, die Wässerlein die; Tränen, die stillen, schönen Weiler’ die Friedhöse draußen. Aber sie bauen das Gebirge erst, das man die neue Zeit wird nennen müssen,? und es wird viele, viele Jahre brau chen, bis wir hoch genug sind, seines Herrlichkeiten zu erkennen. Und ini diesem Gebirge bauen sie ein Schloß, ein seines, hoch ragendes Schlos; mit vielen Türmen und Erlern. Das wird man das neue Deutsch land neiinen.« Jeder General, der sein Leben draußen ließ, ist ein hoher Turm daran, der Oberst ein Erler am Schlosse, jeder Mann ein Stein oder eine Stufe, aus der wir hinaussteigen in dem Schlosse, um don da aus ein Land zu sehen, herr lich und reich, und der Friede steht darüber wie eine Sonne.« Als der Weise so redet, da wer den die Augen der Weinenden trot len und ein Glanz wacht darin aus. Wir bauen auch mit an dem Schlos se, das sie das neue Deutschland nen nen werden, wir armen Leute von der hohgasse. Stille ist es über dem Häuflein der Weiber und Männer, die im hillmeriHofe sitzen. Der Wind geht in tiefen Tönen um das Haus. Da wird es Hillmers Enkel, der unter den Kindern sitzt, zu ernsthaft ,,Großvater," bittet er, »so erzäh1’ auch einmal etwas Gefcheites!« Ein herzliches, befreiendes Lachen fliegt auf. Der Alte wischt einen Tropfen aus dem Augenwintel. Er lächelt. »Recht hast, Bub, und jetzt erzähP ich was Gescheites... Es war ein mal ein wunderschönes kleines Mäd chen, mit blauen Augen, blonden Ringelliickchen und ein Paar flinken Fäßchen. Weil es immer ein rotes Käpplein trug, nannten es die Leute Rotläppchen . . Die Nacht geht über das Land, draußen drüllt der Rieg, und der Weise von der Hohgasse erzählt ein deutsches Mätlein. Herr Its-m Von Wuls Blen. Jegendein großer Mann soll ein mal am Ende feiner Tage in vertrau tem Kreise geäußert haben: »Wenn man es in der Welt zu etwas oringen will, muß man einen guten Magen baden. -Nur mit gebeimem Gruseln gedenke ich der erlesenen Bantette, durch die man sich zu Ruhm nnd Ehre hindurchfuttern muß. Brt.« Der große Mann griff mit seiner schönen Greisenhanv nach dem blin tenden Römer voll Rheingauer Wei nes: »Ist-, das hier ist etwas anve reEJ als soas Gift von Scham-us Hierinnen funtelt das Rheingold, und wer Augen hat« zu sehen, der sieht darin auch ver Rheintöchter necken des Spiel. Es ist halt ein Stück chen Heidentum· aber auch ein Stück chen Herrgott und Heimat darin. Na, prost, meine Herrschaften! Daß; ich das noch nar« oante ich meinem Magen.««. . . s Der Lentnant o. Z. . ., allgemein! «Pän3« genannt, weit er ,,Piing" zu sagen pftegte zum Zeichen, oafz er ausgesprochen habe, viiictte sich trut nantgmäsziger aus: »Ich vertrag’ Vi triol.'« Dabei ging er mit seinem Magen sehr vorsichtig um. Aber ich habe ihn doch einmal in stammer regender Weise zechen schen. Da wurde nämlich eines Tages ein neuer Stabsossizier aus dem Osten in sein Regime.it versetzt, ein ge waltiger Vertitger schwerer ostöftli cher Getränte. Doch ,,Piing« stand seinen Mann. Er trank oen Trunk sesten regelrecht unter den Tisch und fragte ihn am nächsten Morgen tä chelnd, ob er etwa einen Kater habe. Der war erstaunt: »Haben Sie denn teinen2« »Nein, Herr Major, ich vertrag’» Vitriol!« · Lange Zeit hatte ver Dienst uns auseinander gesalzen Jn Frankreich sayen wir uns wieder. Wir hatten ei-; tun triftigen hausertamps in einecns bald brennenden Dorfe gehabt. Der Rauch beizte die Augen nnd machte das Atmen schier unmöglich. Da kam ein Sanitäter und fragte mich« wo sie mit einem schwervermundeteni Offizsier bleiben sollten, ver aus eiJ ver Bahre lag. Es war Päng. Das Hospital stand abseits vom Feuer. Dort walteten deutsche Aerzte und sranzösische Schwestern ihres Amtes. Jch ließ ihn hatt-ringen Man wollte ihn deoch wegen vollständiger Ueber siillung nicht ausnehmen. Ich ver suchte, der Oberm tlarzumachen, daß es um den Schwerveridundeten ge schehen sei, weni. er nicht sofort in die Hände eines Arztes käme. Sie erklärte hartnäckig, es sei unmöglich. Jch lies hinaus, erbettelte mir bei einem hauptmann eine Flasche Bur gunder und bestach mit dieser das Herz der Schwester: »Wenn er Platz findet, bekommen Sie diese Fla sche Mercurey sur französische Ver wundete!« Das zog. Wenige Minuten dar aus lag er in einem Bett, das durch Tod srei geworden war. Als der Stabsarzt ihn sah. rang er zunächst Lie Hände: »Ja, mein Gott, wo soll man denn da c«iif-.ingen?!« Päng war buchstäblich übersät mit Schrapnelltugeln und tleinenSprengs-« stiicken. Nur Gesicht und Bauch wa ren unverletzt. Bleich lag er da. Er hatte acht Stunden so in der Sonnenglut gelegen. Jm Nachbar bett lag ein Hauptmann, ein Hüne von Gestalt. dessen halbe Kompagnie von einer einzigen schweren Granate weggepuyt worden war, mit schwerem Bauchschuß. Der bekam einen Wein lramps· Ein französischer Soldat schrie nach seinem Schwesterchen. Ein anderer schrie: »Sagt diesen Schurken in Paris, daß ich nicht sterben will. O meine Kinder!« Die Schwestern gingen herum, um zu beruhigen und zu trösten. Der Stabearzt überlegte immer noch und brummte etwas in den Bart. Es ist aber nicht die Gewohnheit deutscher Aerzte, lange in den Bart zu brunanen, wenn es zu handeln gilt. So fragte er mich: «Kennen Sie ihn?« Und als er bejahte: »Wi sen Sie, ob er einen guten Magen hattm Mir war nicht ganz tlar, was diese Frage mit den vielen Wunden unseres guten Päng zu tun hatte. »Sehen Sie, der Mann hat taum noch einen Tropfen Blut im Leibe« Die Schulter ist zerschmet tert. Und überall sind ossene Wun den. Dazu ist er vollständig erschöpft. Daß er überhaupt noch lebt, ist ein Wunder. Wenn er nicht wieder zu Kräften kommt, nüht mir alles Ver binden nichts Es handelt sich vor allen Dingen darum, ob er Nahrung annimmt oder nicht. s »Herr Stabzarzt der verträgt Ve lriol!« " Päng, der ein wenig zur Besin nung gekommen war, lächelte leicht. ; »Schwester! Holen Sie schnell et was Kognnt und etwas Fleischbtiihe mit Eil Wenn er die nicht wieder von sich gibt« ist er gerettet. Aber schnell. Vite, vitel« Nix confpsjgdsP «Uitl Cognac und Bouillon mit oeut mittemang. Immer noch nix comprends?" '«si, si, Monsieur!" Der Kognat brachte Päng ganz zur Besinnung. Einen Augenblick stöhnte er auf, weil er nun Schmer zen fühlte. Dann gab man ihm tec lösfelweise die Fleischbrühe ein. Ein mal schien es, als sollte es nicht glücken. Aengstlich beugte sich der Stabsarzt über ihn. Doch es ge lang. Päng hauchte noch, als er fertig war lächelnd: Jch der tragf«— Darüber sont sein Kopf zurück in die Kissen, und tein Stöhnen und Ausschreien der anderen vermochte ihn aus dem stillen, ruhigen Schlafe de: Genesung zu wecken. Die Ober schwester murmelte ein Dankgebet. Der Stubsurzt brummte befriedigt und ging zum nächsten Bett. Ein französischeg Schropnell riß die Genfer Flagge vom Dache. Ziegel klirrten. Jn den Betten schrie alles aus in seiner Hilslosrgleit. Besorgt sah der Stabsarzt aus Päng. Der schlief ruhig weiter, ein Lächeln im Gesicht. »Der wird wieder! Mordsterl!« brummte der Stabsarzt. Ich weiß nicht« ob er noch lebt. Einmal hörte ich, er sei irgendwo oben ·in Flandern an »Herrn Wil sons Friedensgebeten«, wie unsere Leute nn der Front die amerika nischen Giftgasgranaten nennen, er fiicki. W l Unter Freundinnen »Meine liebe Frau Wotherby, ich fürchtete schon, daß Sie nicht mehr tommen würden; aber ich weiß, wie schwer es ist, von Hause wegzugehen, wenn man vie ganze Arbeit ohne Mädchen besorgen muß.« »Gewiß, aber ich wollte um teinen Preis versäumen, mir Jhre Tafel an zufehen; ich may doch sehen. wie sich mein Silber auf Ihrem Tisch aus nimmt.« —-———.-.-.—-— Er hat gut reden. Ein junger Reporter war von dem Lotalcebalteur beauftragt worden« einen prominenten Polititer zu in terviewen, der als ein ebenso hitziger, wie roher Patron bekannt «:Var. Nach einer Stunde rief der Reporter seinen Vorgesetzten telephonisch an. »Haben Sie das Intermele fragte der Lotnlredntteut. »Nein — er verweigerte jede Aus tnnfL Er packte mich beim Kragen, versetzte mir einen Fußtritt und wars mich Die Treppe hinunter.« »So?! Gehen Sie sofort noch ein mal zu ihm und sagen sie dem alten Pralthans, daß ich mich nicht von ihm einschiichtern ließet« -.———— Heimat-leuchten Jn eine tleine Gastivirtschaft kommt ein Mann mit einem Hunde und der Jrländer fragte den Neunntömmling, welcher Rasse der Hund sei. Der Eigentümer blickte den Jrcn hämisch von Kon bis zu den Füßen nn und nnttvortet dann hochmütig-. »Eine streuzung zwischen einem Affen und einem Jrländer.'« »Ach,« sagte der Jre iiberrascht, ,,schnn, schau, da find wir jn beide mit dem Tier verwandt!« — Logische Folge. A.: »Du, sag’ mal, wag macht denn eigentlich die Käthi von danials?« « '·’»·«.T»",7·Jia, weißt du« die hab’ ich im Magen!« A.: »Hm, gleich gedacht, weil. du sie ja damals vor Liebe immer aus fressen wolltesi!« —- Kutpfuicherei. »Don nerivetter, ich glaubte mir die schöne Nelly schon so ziemlich sicher, nnd nun pfuscht mir dieser sade Geck dazwi schen und schneidet ihr auch die Karl« »Na, so belangcn Sie ihn doch wegen Kurpsuscherei!« —- Boshaste Frage. A.: »Sie trinlen ja seit einiger Zeit gar kein Bier mehr?« - B. (dessen Frau Aerztin ist): »Meine Frau hat es mir verboten« A.: »Als Frau oder als Tier-ein«