Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, June 08, 1916, Sonntagsblatt, Image 11

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    Zkgypikn die Achtungqu Englands
Von Oberstleutnnnt n. D. Heinicke.
Ein herrlicher klarer Dezembettng
ging zur Neige. Während ini We
sten die Sonne uns Lebewohl sagte
streute das Leuchtfeuer von Port
Seid feinen elektrischen Lichtteget
über die Einfahrt des Hafens, in
dem seit Eröffnung der Asien und
Europa verhindenven Wasserstraße
Tag und Nacht regez, pulsierendes
Leben herrscht und Zeugnis ablegt
von dessen stetem Wachstum, der
Wichtigteit des großen internationa
len Verkehrs und den fetten Ein
nahmen feiner Aktionäre. Auf der
sich von der Stadtseite weit hinaus
in das Meer erstreckenden Mole ragte
versiiindnii entsieht·, daß nur sie Der-«
ten der Lage in Aegnpien sind und
ieit mit ihren Schiffen sich dieses
Recht erzwingen werden, wenn es
ver Weltlrieg im Nilland erfordert.
Was gilt heute, wo vie Welt Kopf
steht, die vertragsmäßige, von den
Mächien beschlossene Neutralität des
Suezlanalsi Papier ist geduldig,
und falls es unbequem wird, wan
deri es in den Papierlotb; England
glaubte sich start genug, solche Ab
machungen zuerst zu mißachien.
Die!k ist und bleibt Tatsache in
Aegypien, seine im Jahre 1882 durch
geführie -Oltuvaiion, die Annexion
Aus Akgvvtrm Die große Nilbtücke bei Kam-.
in der mich zunehmenden Daniel-l
hett das Standbild Lesseps' zum!
ftetnübersiiten himmel empor. UnJ
mittelbar dahinter beginnt vie Stadtj
und der belebt- Lnndangsplutz, wo
die großen Ozeonkiesen ihre Kohlen-!
voträte erneuekm Waren gelöscht
und geladen werden und unendliche
Die Unmelncscnaräbcr in Man-o.
Neugen tleinet Boote die Schiffs
ireppes inndtöngem um die ankom
nændeu nnd nbfahrenden Reife-wen
zu befördern
In drei weißen Schiffen dampf
ien wir langsam vorbei, um unfeksi
Liegeplas u erreichen. Es waren
englische Kriegsschifo von einem
schmeiiekie ein Trompetensignal über«
des Nillandes hat nur zu deutlich
gezeigt. welche Pläne es seit Jahren
verfolgt.
Als das Kanalproiett auftauchte,
als tüchtige Männer und zuleßiLess
ferss sich abmiihten, den Durchstich
des Jsthmus zu fördern, hat Eng
land zunächst alles versucht, diese
Pläne zunichte sie machen. Zwar
hätte es diesen nahen Weg nach sei
nen indischen Kolonien gerne allein
besessen, aber die Befürchtung lag
nahe, daß den andern Nationen ein
zu großer Vorteil aus dieser Was
ferftrafze erwachsen tönnte.
Die schlauen Krämer aber fürch
teten die Konkurrenz anderer Groß
ftaaten zu sehr fiir Indien, darum
war es zunächst besser, alles zu tun.
damit der Plan ins Wasser fiel
Trotz alter politischen Wintelziige
Alhiong ist das große Unternehmen
,denoch zustande gekommen. Die deut
lich schon während der Vorarbeiten
zutage tretende Rivalitiit Frank
reichs wurde dadurch beigelegt, daß
der Kanal in ein internationales
Unternehmen mit gleichen Rechten
siir· alle Nationen umgewandelt wur
de. Tie erteilte Ronzession läuft
auf 99 Jahre, vom Tage der Eröff
nung gerechnet. Nach Ablauf dieses
Zeitraumes O- also im Jahre 19058
—.soll der Kanal an Aegypten fal
len.
Als nun die Listen siir die Zeich
nungen des Attientapitals ausgelegt
wurden, hat England wiederum
durch Beeinflussung des europäischen
Geldmarltes start intrigiert, die
Zeichnungen fielen infolgedessen sehr
Der Stieg-auch Die Larve zeigt die Breitcnvcchälmissr.
den Hafen, das don den übrigen bes!
atmvoktel wurde.
Ja, diese betten Angelsnclzsenq
diele Den-en vom Stamme »Nimm«"
baden sich in Port Snid seht breit
gemacht; in allen politischen Dingen,
die den Knnnl betreffen, drängen sie
sich in den Vordergrund, damit ja
bei den andern Mächte-I kein Miß
Der Gan yet Malt in Port Seid sm
Femhalumg des Nilichlqmmes vom
murren Daten
schwach aug. Jn Frankreich wur
den zirka 20(),000 Anteile it 500
Frs. untergebrachi. Der Freund Les
seps·, der Vizeiönig Mohamed Said,
der sich lebhaft für den Bau in-.
teressierie und bereits eine namhafte!
Summe, man sagt 85,000,000 Frs.,i
her-gegeben hatte, übernahm jetzt auch
den Rest der Aktien, um das Un
ternehmen zu sichern
Der Bau wurde in Angriss ge
nommen; welche hindernisse zu über
winden Ivaren, welche Schwierigkei
ten bekämpft wurden, dies zu schä
dern, würde hier zu weit führen;
immer hatte England die Hand im
Spiele, das große Werk zu vereiieln
Endlich, im November 1869,wur
de die neue Wasserstraße unter gro
ßen Festlichteiien dem Verkehr über
gehen!
Der Bau hatte mehr verschlun
gen, als vorgesehen war. Gegen die
gezeichneten M,000,000 waren 482,
000,000 Fri. verausgahi worden,
und die erhoiften Einnahmen der
ersten Jahre deckten nicht einmal dre
Betrieb-tasten.
England fkohlockfe! Als aber durch
neu eingeführte Kanalgcbühren die
sen finanziellen Schwierigkeiten ob
geholfen wurde, als mit einem Schla
Die Zitadelle in Maiw, der stät-like
Punkt der EngländerH
ge das ganze Unternehmen dadurch
aus eine sichere, guten, ja glänzen
den Verdienst ahwersende Basis ge
bracht war, machten die Kriimer in
London ein langes Gesicht. Ein gu
tes Geschäft war ihnen entgangen;
flugs wurde nach einem Grund ge
siicht, das Schiischen noch ins Trot
tene zu bringen, um zu retten, was
zu retten war! ,
Diese Gelegenheit bot sich bald!
England machte sich die Mißwitt
schast des damaligen Vizettinigs Js
mail zunutze. Als dieser verschwen
derische Fürst in der ärgsten Geld
klemme iaß, als nicht einmal mehr
die Gehälter der Beamten nnd Offi
ziere gezahlt werden konnten, gaben
ihm die englischen Freunde zu ver
stehen, daß er seiner Gelt-not mit
einem Male abhelfen könne, wenn er
seine Anteilscheine des Kanalå an
England abtreten würde! Es ge
schah: 176,602 Aktien ioechselten die
Inhaber gegen eine einmalige völ
lige Absindnng von 4,000,000 Psd.
Sterling (20,()00,000, Millionen Dol
betriichtliches überragend, beherrschtI
die Festung mit dem hinter ihr em
porstrebenden gelben Kallsteinselsen
der Maiottamhöhen, aus denen sichs
England auch eingenistet hal, die zu z
ihren Füßen sich ausbreitenden Häu
sermassen!
Aus dem Gewirr der wintligeni
Gassen erheben sich die im blenden
den Sonnenlicht gleißenden Kuh-«
peln der vielen Häuser Allahs, in
deren deutlich wahrnehmbaren, vier
eckigen Hosen, umgeben von scham
gen, tühlen Bogengiingen, die zahl
reichen Studenten mit getreuzten
Beinen auf den glatt polierten Flie
sen hocken· Aus allen islamitischen
Ländern strömen sie herbei, um sich
in die Weisheiten des Korans und
die Lehren Mohammeds zu vertie
sen.
Hier in derselben Zitadelle, am
Platz, wo ich gestanden. geschah es.«
daß Mohammed Ali sich der ihm un
beauern gewordenen Mameluckenbeyg
durch Massenmord entledigte — zum«
Feste waren sie geladen, und ein
Blutbad erwartete die in herrlichen
Gewändern einherreitenden « Gäste;
nur einer, so will es die Sage, soll
entkommen sein, er sprang mit sei
nem treuen Pferd hinab über die
Brüstung in die Tiefe. .
Unwilliiirlich tam mir beim An
blick der «Stelle der Gedanke: Wenn
sich das Volk da unten gegen die
englische Herrschaft empören würde,
so schösse man es von hier oben un
barmherzig zusammen, wo allig von
Glsschiitzem Munition und Schnell
feuergeschijtzen strotzt —- Blut würde
durch die engen Gassen fließen!
Zu Füßen der englischen Zwangs-«
burg liegt der große Rumeleh-Platz.s
Von hier zieht jedes Jahr die Ka
rawane des heiligen Teppichs nach
Mella. Schwarz von Menschen,
Einheimischen nnd Reisendcn, war
Ein deutscher Fell-graues beim Einkauf auf dem Markte einer numdouifcheu Stadt.
lats). Mit diesem Geschäft wurde
England die Hauptteilhaberin des
Unternehmens und begann von die- ;
sem Tage ein getoichtigeo Wort in
allen Kanalangelegenheiten mitzu
sprechen!
Welch gutes Geschäft Aldion ge
macht hatte, geht ans folgendem her «
dor. Diese Stanalanteile repräsen
tieeen heute einen Wert von BUT-,
000,000 und bringen 87,t)00,-)00
jährliche Zinsen! Ader nicht allein
war es ein Goldgeschäst, sondern
auch ein politisches von außerordent-:
lichem Wett! Was wird geschehen«
wenn einmal die Konzession abge
lausen ist?
Jn Kalt-o weht ans der Zitadellc
die englische Flagge! Es ist der«
Stüszpunlt der heutigen Macht iml
Delta, ist gefüllt mit allen möglichen
Kolonialtruppem Geschützen und(
Munition. s
Dieser stolze Bau wurde vomi
Sultan Saladin im Jahre 1176ausj
den herbeigeschasften Steinblöckenj
der Pyramiden von Gizeh ausgeführt
nnd befestigt. Die Stadt um ein
Straßenbild in mirs-.
stets in Lvergangenen Jahren de:
Platz an diesem hohen Festtag. Ein
wunderbare-s Gemisch und Gesamt
bild eukopäischer und orientalischek
Trachten. Die phnntnstischen Bur
nusse der Arnbee, die roten Feze
clee vornehmen- schwarz gekleideten
egypter nnd die vielmals um den
Kopf geschlungenen Turdane der
Priester nnd Gelehrten mischten Ich
mit den prächtinen Toiletten der
aus dein Abendmnd hetbeigesttöm
ten Fremden, die dicht gedrängt aus
ihren Wagen und Autos stunden, um
das sestliche Schauspiel zu genießen
Wütdig ist die Jst-ich macht einen
tiefen Eindruck aus das Volk, auch
der Kheoive ist zugegen, um oke
Schnur zu tiissen, nn ver das Kn
mel, welches das Mahmol (Siinste)
trägt, nach Mettu geführt wied.
Auch in diesen Jukgen voll welier
schütternder Ereignisse ist der Raine
lehPlatz gesiillt mit Menschen, und.
die herumstehende, g.1ssende eingebo
rene Bevölkerung blairos wirst aus
sie haßersijllte Blicke-, manches höh
nische Schimpswort entsährt den
trotzigen Lippen, manche Faust ballt
sich unter dem salligen Umhang.
Schon zweimal seit Ausbruch der
Feindseligteiten hat die enalische
Regierung den Auszug der Meth
karalvane Verboten —- lvas dies siir
die sanalische Bevölterung des Lan
des bedeutet, versteht jeder, der einen
solchen Tag unter den Mauern der
Zitadelle erlebt hat.
Jetzt tummeln sich englische Trup
pen aller Wassengattungen und aller
Schattierungen der Hautsarbe aus.
dem Platz, es sind Feinde der Ae
gnpter, sie kämpfen gegen ihren Ka
lisen in Stambui.
Der Weltbrand hat das sonst so
heitere, ledenssrohe Kairo in ein Mi
litärlager umgewandelt. Dröhnende
Schritte marschierender Truppen
schallen durch die ehemals mit einem
teiselustigen Publikum belehren
Straßen.
Die in die Bahnhöse einlausenden
Züge bringen endlose Reihen Ver
Ruf VorpfsffteH
Den Kameraden nsqit, weit vorgeschoben«
Liegt cr im Feld, Im Anhfchlag das Ge
tvc k
Und hält vorsichtig seinen Kopf erhoben:
Sein Auge überragt die niedre Wehr
Dic cc aus Llckererde vor sich ausgeschar
tc t.
So liegt et stutttu·tifrtnq.«t Ein Voget
et
Tcu Schrei der Not in Aas-n und Ein
samk eit.
Zu die der Blick des Spähenden gerichtet.
Lco Heilkr.
wundeter von den Kriegsschauvliitzen
Die Terrassen der hotelrn wo sonst
die Fremden aller Länder im süßen
Nichtstun das Kairoer Straßenleben
betrachteten, wimmeln von Unisors
men; wohin man blickt, sind die Ka
tiröcle, die schottischen Farben, kurze
Röcke, nactte Knie vorherrschend. Au
stralische Reiter tränken ihre grossen,
startknochigen Gäule am Nil! Eng
land hat beizeiten vorgesorgt, daß
dies Volk der Fellachen jedweder
Schußivasse entbehrt; die Einsuhr
wurde strengstens übern-acht Der
stämmige Araber dars nur mit sei
nem Kniittel über Land gehen. Die
einheimischen Truppen, aus-schließ
lich auu Berbern bestehend, waren
nur eine Paradetruppe-—eine Schein
armee. Von englischen Osfizieren ge
drillt, wurden sie nach Ausbruch
kleiner Putsche entwassnet; ihre Was-»
fen und Munition befinden sich a
der Zitadelle hinter Schloß und Rie
gel.
Die Verpflichtung Englands, das
Niltal zu räumen, sobald es sähigj
war sich selbst zu regieren, hat nurj
als Phrase aus dem Papier gestan
den! Mit beispielloser Willkür hat’
eg· bei Aus-brach des Weltkrieges den
den Vizekönig Abbas vertretenden
Negenten gezwungen, eine Kriegser-"
llärung gegen Deutschland zu unter ;
zeichnen I
Die ersten Feindseligkeiten richte-:
ten sich gegen den bedeutenden öster
reichischen und deutschen Handel, so
gar die Vertreter dieser beiden Groß
möchte wurden gewaltsam aus Kairo
entfernt. Dieses briiste Vorgehen
Englands hat das ganze wirtschaft
liche Leben zerriittet, aller Handel
und Wandel stockt. Wohin soll die
große Ernte an Baumwolle. Keins
Gold ist im Lande, und der Fellache
kennt lein Papiergeldl Der tausend!
und aber tausend Menschen ernäh
rende Fremdenvertehr ist ausgebliej
ben, die Not wird immer größer,
und das blühende Land geht zuruckJ
Am JO. Dezember 1916 warf
England die Maske ab und erklärte
Aegnpten als britisches Protettorat,
der Khedive Abbag ll. wurde des
Thrones verlustig erklärt und seine
ganze Familie des Landes verwie
sen. Der von ihm an sein Voll ge
richtete Ausruf ist betannt; in einer
zweiten Flugschrist vertröstet er sei
ne Untertanen aus den Einmarseh
Konzert im Ln,3ntktt.
»Ja meiner Heimat —
Wird es- jetzt Frühling —- -«
der türtiichen Truppen. Bisher ist
noch nicht viel geschehen am Sueztas
nat, und nur von kleineren Kämpfen
haben die Zeitungen gefchkieben.Aber
die Abrechnung dürfte kommen! Die
ögyptische Bevölkerung, mit Span
nung dem Donner der Geschützelans
sehend, hofft dann ans Befreiung.
Umsonst hat nicht der Sultnn in
Stambul alle Moslemg zu den Waf
.sen gerufen. Jeder, der einen Säbel
schwingen kann, eilt freudig unter
das Banner des Propheten, um nur
der Stimme des Glaubens zu ge
;-«,w(ith und diiiiez Stockwerk eine-J von
einer 21 Zentimeter - Gmnate ge
liofiincn Hauses in JicimJ
horchen. Allnh wird dem tät-fischen
Heere den Sieg verleihen, und ist
erst der Suezlmml überschritten, eilt
die ganze Bevölkerung des Phatao
nenlnnde5, über das seit Bestehen der
Welt so viele politische Stürme da
hingernst sind, seinen Glaubenser
demv mit offenen Armen entgegen.
Der Halbmond wird wieder auf der
Zitudelle von Kniro wehen!