Sonntag-Hatt de Staats « Anzetger und Rat-old MWMN Don cxstng —. — Inseln-acht. Novelle vkn Hans Friedrich. ( An den Vogesen hing die Nacht eine woltenverhangene, pechschwarze Juninacht. Die Sterne schliefen. Aber andere, grellere Lichter waren wach. Scheinwerfer wanderten um her, tosteten an den Berghängen ent lang, suchten Sattel und Täler. prallten an dunklen, schirnienden Waldwiinden ab, schwangen und kehrten mit deiingstigrnder hartnät-. ligleit zurück. « Die Kompagnie lag in einer rasch gegrabenen Stellung und im Schutz von Felstrilmmcrn Sie hatte den Sattel nehmen sollen, aber der An grisf war abgeschlagen Zu start lag das Sturmseld im Feuer der stan zdstschen Maschinengewehrr. Man hatte gehofft, die scindlichen Gräben durch eine mehrstiindige Artillerie bearbeitung zerstören zu tönnen. Ader als die ersten Stürmer vordrangen, merkten sie, daß alles vergebens ge wesen war. Da wurden sie zurück genommen· « Sie warteten. daß die Geschiiye, die inzwischen in andere Stellungen ge bracht wurden, wieder zu sprechen de giinnen. Auch Verstärkungen waren eingetroffen. Die Verbände schaben sich enger zusammen Der Führer oes einen Sturmzugs zählte seine Leute. Glücklicherweise stimmten seine Befürchtungen nicht. Trotz des rasenden Maschinengewehrs und Schrapnellfeuers waren verhält nismäßig nur wenige geblieben· Aber er hatte nur crsahrene Leute vorge schiett. Die gingen nicht daraus los wie in den ersten Kriegswochen Die trugen den Angrifs vorsichtig und verschlagen nach vorn und waren darin ihren Gegnern drüben, den - französischen Alpenjägern, ebenbürtig. Mehrere Verletzte hatte man gleich mit zurückgebracht Ein Unterofsii zier und ein Mann waren tot, das hatten die Nächstsechtenden gesehen. Denen tonnte nsan nicht mehr helfen. Aber von drei anderen wußte main daß sie nur verwundet waren und mit der-e Leben davontotnwen lot-n ten, wenn sie geborgen wurden. Aber geborgen mußten sie. werden. Denn setzte morgen das seindliche Maschi nengewehrseuer wieder in der alten Stätte ein« so waren sie alle ver loren. »Wer holt sie mit rein?« Alle meldeten sich, obwohl jeder von den Beschwerden des Tages müde war »Ach-z genügen-« . . . Also ver wundet liegen draußen Huwald Und Bock. Und Harnisch.« Der Gesteite Mithlbrechi. der zu den sechs Ausgewäblten gehörte zuaie zusammen. . . harnisch . . . Jetzt wäre er ganz gern nicht mit dabei gewesen. Aber er tonnte nicht met-r zurücktreten. Es hätte so ausge seben, als stirchte er die Gefahr. furchte die Gruße der Schrapnelle, die noch dann und wann iiber dem Ge sechtssetd plagten. »Vorwärts! Seid vorsichtig! Wir brauchen morgen jeden Manni« Wie die Schlangen wanden die sechs, immer zu zweien, sich am bang entlang. Der Boden war von schwe ren Granaten durchpslügt. Baum stämme lagen am Boden. Zersplisi sene Stümpse ragten aus. Nur ein paar niedere Fichtenbiische schienen noF underledn . tiihlbrechr troch an der Spitze. Es waren lauter junge, gewandte Rette« Der Zugsiibrer hatte sich schon die richtigen Leute ausgesucht. Aber Mühlbrecht war doch der Jüngste-; Von der Schule sort, mit beschleu-» ntgtem Abiturium, war er in die» Kompagnie gekommen. Nun trugj er die Gesreitentnöpsc und seine Stie-l sörderung zum Unterossizier war nichts mehr weit. Die ersten Minuten blieb alles sinster. Dann aber löste sich aus dem Kamm ooen eine unheimliche helle lob. Ein Scheinwersers tastete aus sie zu. Die sechs duckten sich dicht an den Boden und rührten sich nicht. Wenn r sie erreichte« waren sie alle dem Ist-de näher als dem Leben. Aber er ging oorilber. Nur siins Meter von dem äußersten Paar lints entfernt. Aber sie genügten. Harnisch —- schoß es Mühlbrecht durch den Kaps. hatte es den also auch ekwischee arme wan in ums sagen; Jst eigentlich nicht schade um den! Aber er drängte es zu rück. hier war Krieg. Doch die Erinnerungen konnte er! nicht zurückdrängerr. Zwei Jahre und! etwas drüber war ei her. Wie die Zeit verging! Schon zwei Jahrhl Und doch war das alles noch so» nahe. Ein Jahr, wie langsam das endet, wenn man es in der Schule wiederholen muß und die Masse habt, weil man doch hinaus möchte ins Leben, ins große, lachendh freie Lebens Das war von Unter- nach Ober-l prima gewesen. Und dazu hatte ihm harnisch verholsen. Sie hatten alle zehn zusammen gestanden —- alle zehn Primaner. Und sie hatten den Professor siir La teinisch gehaßt, weil er sie rnit ist-ironi-l matit und immer wieder nur mitl Grammatik und Regeln und Muster sätzen und auswendig zu lernenden Gedichten quälte und nichts Leben digeni in der Sprache sein Recht ließ. Und einmal —- da hatte er ihnen statt des üblichen Extemporalet eine Uebertragung aus dem Lateinischen ins Deutsche ausgegeben, ein Kapitel aus der »Römischen Geschichte« des Titus Livius, des Zeitgenossen des Kaisers Augustus. Sie aber wuß ten, dasz jedes Semester eine solche Uebertragung kam, und warteten schon drei Wochen daraus. Und sie wußten auch, dasz er immer Livius dafür zu wählen pflegte. Und sie hatten alle vier Vände der »Römischen Geschichte« in deutscher Uebersetzung bei sich. Und da er ihnen zuerst den lateini schen Text diktierte und sie dann mit der Uebersetzung bis zum Schluß der Stunde Zeit hatten, suchten ein paar trampshast unter der Bank in der deutschen Ausgabe. Und sie fanden die Stelle und schrieben in aller Eile und die anderen schrieben sie ab, und die treuen Bande liefen verschwiegen weiter. Da wurde die Uebersetzung gut. verhängnisvosl gut! Denn der Professor schöpfte Verdacht, und es gab eine große Szene, ein regelrechtes peinliches Verbot Acht der Primaner blieben stumm, allen slammenden Erntahnungen des Direktor-s zum Trotz. Acht kümmer ten sich nicht darum, daß er schwor-, sie bei der nächsten Arbeit in der Aula wie beim Abiturientenexamen jeden allein auf eine Bank zu setzen, zwei Schritt Entfernung dazwischen, um so ihr »verlogeneg Jgnorantentum« an den Taa zu bringen. Und acht bebten auch nicht davor zurück. Briefe mit nach Hause zu bekommen. Sie wußten, was Fiameradschaft hieß. Aber zwei waren vorn Blute des Judas Jfcharioth. Zwei wurden schwach bei den angedrohten Strafen und verrieten nicht nur sich und die anderen, sondern das von Generation zu Generation vererbte, heilig gehal tene System, die vier Blinde Livius in deutscher Uebertragung unter der Bank, die dort fast zehn Jahre lang gewissenhaft und ehrlich ihre unehrs liche Pflicht taten. Von diesen beiden Verrätern war der eine der Letzte der Klasse. Er hatte eigentlich nichts zu verlieren. Es war sicher, daß er sitzenblieb, und fraglich, ob er jemals zum Exainen zugelassen werden würde. Aber er war von Natur nachgiebig und feige Der andere war Harnisch, der Pri muo der tilasse , der zuliinftige Primus der ganzen Schule. Er hatte es nicht nötig. Er lonate auch ohne deutsche Ausgabe eine gute Ueber setzung liefern· Doch er wurde zum Verräter, weil er sich feine Note im Betragen nicht verderben wollte· Er ertlärte, er hatte leine llebers setzung benutzt wie die anderen. Er log ein wenig, nicht ganz, nur ein wenig. Denn an mehreren Stellen hatte er die Abschrift seines Nachbarn doch zu Rate gezogen. Aber Pro fessor und Direktor glaubten ihm. Er hatte ja der Wahrheit die Ehre gegeben! Die anderen suchten ihn Lügen zu strafen. Eine Woge von Haß bran dete gegen ihn auf. Jetzt wollten sie ihn hineinlegen. Und sie sprachen die ganze Wahrheit. Aber es half Richts. Man glaubte ihnen nicht. s Da nützte es nichts, daß ihre Fäuste sich nachher an Harnisch nich-J ten. Den acht ging es schlecht! Dies paar Stunden Arrest waren zwar» bald überstanden. Aber in den nächU ften Wochen wurden sie nach allen Regeln der Kunst auch weiter peinlich behandelt, und Ostern wurden vier von ihnen nicht versetzt. Zwei wären auf jeden Fall hoffnungslos gewesen« die beiden anderen jedoch hätten wohl durchlomrnen können. So aber blie ben sie hängen, weil Director Magre und Professor Stievenböck vor ver sammelte-n Lehrerlollegium erklärten, es fehte ihnen die sittliche Reife. — Die französischen Scheinwerfer wandten sich den deutschen Stellungen zu. Es wurde unt die Bergangsi mannfchaft herum wieder finster-. Mühlbrecht klebte am Boden, als solle er nie, mehr los· Ein Jahr hatte ihn das alles gekostet. Zwei Semester Universität könnte er schon hinter sich haben. Und Harnisch hatte seinen Vorsprung benutzt. Liselatte . . . Ein Ruf seines Nachbarn riß Mühlknecht empor. Er biß die Zähne auseinander und kroch vorwärts. . . . Er liebte Liselotte, seine tletne Aufme« nicht. Aber sie war ein kutei Mädchen Und Darnifch war brer nicht wert. Er gab tbr nur schöne Worte, am Staat satt the zu Imachen. Und wenn er es wirklich Iernft meinte, tat er es nur weil ihr Vater einen hohen Titel hatte und iihn bei seiner juristischen Karriere behilflich sein konnte . . . ; Borne Flüstern. Das mittlere Paar hatte einen Betwuiideten ge funden. Die Nacht ioar so still, fast unheimlich still, als hielten alle die Gegner in den gewehegespickten Grä ben den Atem an. Mühlbrecht lauschte. Das war nicht harnischens iStimmr. ) c r und sein Kamerad gitten weiter und rutschten in eine Senkung hin sah die einigermaßen vor dein feind lichen Feuer geschützt war Da san !den sie den Vermißteii. J Er hatte einen Schuß durch ben Schenkel und viel Blut verloren. war aber bei Bewußtsein. Als er die sbeiden lomnien hörte, machte er ein sseichem s Sie beugten sich Liber ihn. Da er lkannte er Mühlknecht »Du« . . . ! Der antwortete nicht Der andere jhatte sich notdürftig einen Verband angelegt. Sie untersuchten ihn. Mehr konnten sie vorläufig auch nicht J.tun Also vorwärts! » Sie schleppten die Last, so schnell les ging. Die Nacht ioar immer noch sfinster. Aber bei den französischen jPosteii mußten sie doch etwas ge Einerkt haben. Die Alpenjäger hielten scharfe Wache Ein paar Kugeln pfiffen - Ein leiser Fluch Die beiden Trä »ge- setzten sich schiieller in Bewegung. IDer Kranke ächzte ? Von den anderen Paareii sahen sie nichts. Das erste war wohl schon in sSicherheit, das andere suchte vielleicht jnoch. . Wieder eine Kugel. Haar-scharf ;p pfiff sie Mühlbrecht am Ohr vorbei. sDaiin war nian in der deutschen Stellung. Es wurde nach Bahren geschickt. Harnisch richtete sich auf. Er war bei dein Stoßen des eiligcn Transports einer Ohnmacht nahe gewesen· Nun schüttelte er sie mit Gewalt ab. d· »Du . . . Mithibrecht. . . danke ir." . . . »Brauchst nicht zu danien.« . . . »- o ." . . . »Pflicht« . . . »Ich war doch dein Feind.« «Bist du auch noch . . . zu Hause . . . Hier aber gehört das nicht her.« »Ich iann nicht mehr dein Feind zsein . . . trotz allem, was du mir früher gesagt und wic du mich be ihandelt hast.« . . . »Doch.« . . . i »Das heute löscht aus.« i »Unsinn! Keine Seniinientali ;iäten! Nichts löscht aus. Später stresfen wir uns wieder-« . . . ’ Mühlbrecht meinte over er meinte Inicht, er fühlte nur, er wolle Lise "lotte schützen. Und er dachte an Säbel und Pistolen. Aber jetzt nicht daran denken! Jetzt war das ja lächerlich. Doch später, wenn es wieder ein Leben da heim gab und Frauen, die man liebte . . . und bunte Miiyen und . . . Oder gab es die fiir ihn nicht mehr? Wurde nian hier draußen nicht nur fiir den Krieg zum Mann, sondern auch fiir den Frieden . . . fiir immer? Mühlbrecht schmierte- Der Sprung, »den er von der Schule hierher ge macht hatte, erschien ihm auf einmal ungeheuerlich. Er hatte das bisher nur nie so gespürt wie jetzt. Reine bunten Mühen . . . leine großen Reden . . . ieine Säbel- und Schlägermenfuren uin nichts, nur um des Ranfens willen . . . ieine Liebe leien zum Spaß mehr . . · . Ein anderes Leben . . . » Arbeiten . . . ftart fein . . . arbei ten fiir Deutschland, das Männer» braucht, um noch größer zu werdeni . . . und Liebe . . . wirkliche Liebs . . . keine dummen, zeitberfchwenden den Liebeleien. . . . Die Bahre kam Die beiden Feinde trennten sich. Dieamal war es Mühlbtecht, der das schwere Schwei gen brach. »Wenn du heimionimft, griiß’ Lifes lotte von mir!« Jn feinen Augen blihte etwas. harnifch verstand, aber verstand falsg . » » u . . . wenn du im Spiel bist .. . . ich will nichts mehr von Lise lotte.« . . . »Das geht mich nichts on,« unter brach Mühlbrecht rauh. Aber ganz heimlich fühlte er doch eine Befrie digung. Liebte er sie vielleicht doch? Aber das hatte ja Zeit. Was sollte hier Liebes Das hatte noch viel Zeit. Vier regierte jetzt eine andere Welt. Der Alltag war zerbrochen. Man stand außerhalb feines Ringes in einem neuen Ring. Wer einst Feind geheißen hatte, war es hier nicht mehr. Da drüben las ihrer aller Wv.... . Die Stimme von mehr als dreiszig Geschützen zerriß die Nacht. Wie er wartet, wurden die feindlichen Schlit zengräben wieder unter Feuer ge-" nommetn Mühlbrecht fühlte: Troß des Donners der Kanonen würde nun ein bleischwerer Schlummer über sie fallen. Und dann . . . wer wußte . dann? Es gab keine Logik des Alltags mehr. Man rettete den« der einem fehr weh getan hatte . . . weil er ein Deutscher war. Es gab keine Logik des menschlichen Fersens mehr. Man schlug Wundernl nd wenn man sie geschlagen hatte, verband man sie und fühlte Mitleid . obwohl es Feinder galt. Man war nur noch die Hand seines Volkes . . . bewehrte, todbringende Hand Und es gab nur noch einen Gedanken, der gegenwärtig war, und der hieß Sieg Alles andere . . . Liebe . . . Feindschaft . . . war nur ein Herüberwinken aus früherer Zeit. So wie jener halhzersplittertr. hohe gichtenstamm jetzt im anfgleißenden cheinwerserglanz herüberwiatte als Erinnerung eines gewesenen Waldes. Liselottr. . . . Jetzt winkte ihr Bild nicht einmal aus der anderen ’Weli herüber. Noch ferner als sit-s xvdr war die Liebe . . . so fern, fern,; daß sie auch nicht den oft begangenen, »in den harten, traumlosen Schlaf der« Erschöpfung Und morgen war Sturm. . . . l ! , Zlio Magen. Sitzer von Halid Zia Vet) Endlich hatte sie ihren Sohn Alis wieder bei sich, den sie seit fünf Jah-J ren nicht gesehen hatte. Als wär-ej er ein anderer Mensch geworden, sos kam er ihr vor. Jn ihrer Erinne-» rung stand er als Siebenjähriger vor ihr, und jetzt war er so verändern daß die Mutter den Jungen staunend betrachtete. Z Und Ali erzählte seine Erlebnisse Wenn er von den Ländern sprach. die er durchquert hatte, spannte er seine Arme aus, um der alten Frau« wel cher ihr Dorf die Welt war, einen Begriff von der Ausdehnung jener Gebiete zu geben. Dann erzählte er ihr von den Militärtransporten und von den Kämpfen. Die alte Mutter verstand nichts davon, aber sie hörte zu und war zufrieden, seine Stimme zu hören. Und wenn Ali einmal seine Erzählung unterbrach, sei es, um sich eine Zigarette zu drehen oder einen Blick aus die Wiesen zu werfen und sich im Zimmer umzuschauen, wo er mit seinem Vater glückliche Tage verlebt hatte, sprach die alte Mutter: ,,Ali, erzähle weiter.« s Aber auch er hatte mancherlei zu fragen: «Mutter,« sagte er, »erzäl)lei Du auch etwas, erzähle von meinem« Vater-" Da wurde es plötzlich still um die beiden Menschen- Tie Alte verbiß einen Schmerz in ihrer Seele und hielt dieVTränen zuriick Der Junge senkte den Kopf. « Und die Alte erzählte leise, wie der Vater beim Pfliigen gestiirzt war und wie die Söhne des Nachbarn ihn» heimgetragen hatten und wie ders Sterbende in seinen letzten Augen-i blicken seines Sohnes gedacht hatteJ nach den er sich in Sehnsucht ver-i zehrt hatte. s Ach, welche Sehnsucht sie nach denii Kinde gehabt hatten! ! Und Ali erzählte dann wieder sei-» nerseits· Fünf Stunden lang sprachs er von seinen Erlebnissen. Und als« er damit zu Ende war, wollte er die Mutter noch etwas fragen, fand aber: nicht den Mut dazu. Warum dachte die Mutter nicht selbst daran? Warum erzählte sie nicht ungefrath Aber die Alte hatte den Blick des Sohnes verstanden und sprach lä-. chelnd: »Emine«. Da sentte er seinen Blick zu Bo den. wie ein verschämtes Kind. Diese tindliche Verlegenheit brachte die bei den einander so nahe, daß die Mutter ausstand und Ali in ihre Arme schloß. »Ja, Mutter,« sagte er, »wie stehts es mit Eminet« Da erzählte die Alte bon einem Brief, den Emine vor drei Monaten aeicbrieben hatte. Eknine lvur eine nrine Waise. Sie waren zusammen erzogen worden und als Ali 15 und Emine 12 Jahre nlt war, hatten die Eltern immer gesagt, sie gehöre ihm. Er liebte das Mäd chen und Emine, die wußte, daß sie ihm versprochen war, hing an Ali. Ali schiirnte sich vor seiner Mut ter: »Das heißt, Emine ist gesund, weiß sie, daß ich gekommen bin?« Die Mutter verneinte die Frage. Man hatte dem Mädchen nichts von seiner Ankunft mitgeteilt. Da wurde es wieder still zwischen den beiden. Die Mutter streichelte die saure ihres Sohne-, der seinen Kopf aus den Schoß der alten Frau legte· Er dachte an vergangene Zei ten, Ivie er und Emine da draußen auf diesen Feldern gespielt hatten Ali war nicht militiirpflichiig ge wesen und damals freiwillig in das Heer eingetreten. Emines Augen ver rieten bei dieser Nachricht Freuden zeichen versteckter Gedanken, und als Ali sie fragte: ,,Emine, in Dir geht etwas vor, was ich nicht verstehen kann. Was fehlt Dir?«, sprach sie nicht und lief weg. Einmal«hatte es den Anschein als wollte Emine etwas sagen; sie fand jedoch nicht den Mut dazu. Schließlich aber erklärte sie, daß auch sie wegteisen werde ,,Wohin willst Du reisen?« fragte Ali· Ja, sie wollte nach Konstanti nopel gehen«und dort solange als Dienstmädchen bleiben, bis Ali wieder zurückkam. Sie konnte dabei auch etwas Geld verdienen. Ali war damit einverstanden Und als am darauffolgenden Morgen die neu eingesogenen Jungmannschasten mit Trommeln und Pfeier das Dorf verließen, ging Ali zu Emine und sagte: »Jn der Hauptstadt sollst Du mich aber nicht vergessen.« Jenen Augenblick sah Ali jetzt wie der vor sich und wagte nochmal die Frage, ob Emine von seiner Ankunft unterrichtet sei Die Mutter antwortete ihm, schrei be ihr, daß sie kommen soll. Dann könnt ihr heiraten. Ali versank in tiefes Nachdenken. Seine Absichten wollte er der Mutter verbergen. Sie aber verstand seine Sorgen und bestand darauf, daß er sich offen ausspreche. »Mutter, ich gehe weg, um Emine zu holen.« Da wurde die alte Frau ganz bleich. Sie wollte sprechen, fand aber keine Worte. ihre Augen öffneten sich groß, und deutlich konnte man ihre Gedanken daraus lesen: Du wilst mich verlassen, und ich soll in Sehn sucht nach Dir sterben, wie Dein Va ter. »Aber dente Dir, Mutter,'« sagte Ali, »Emine hat jetzt Vermögen: ich aber besitze gar nichts. Was schadet es denn, wenn ich auch nach Konstan tinopel gehe. Dort kann ich etwas verdienen, um mir einen Wagen zu tausen.« Und er malte der Alten das Bild seines Wagens-. Nach einer Woche reiste Ali ab. Tie Alte begleitete ihren Sohn bis zum Kreuzweg, zeigte auf einen Fel sen beim Teiche nnd sagte: »Hier bei diesem Teiche werde ich jeden Tag bei Sonnenuntergang auf Dich war ten.« Eines Morgens wurde Emine Be such aus ihrem Dorfe gemeldet. Sie war an solche Besuche gewöhnt, drei bis viermal jährlich kamen Bekannte, die Nachrichten aus dem Dorf brach ten. Trotzdem kam eine Aufregung über das Mädchen. Sie stürzte zur Tür, und überrascht begrüßte sie den unerwarteten Besuch, indem sie lang sam nnd erstaunt seinen Namen aus-; sprach: »A—l—i!" »Ja, Emine.« Sie standen einander gegenüber, aber keine-«- von beiden brachte ein Wort hervor.- Einme sah einen Mann, den sie als funfzehniährigen Knaben gekannt hatte, und Ali sah ein erwachsener-, schön gewordene-J Mädchen vor sich. Von oben aber hörte er eine Francnstimmet ,,Einine, wer ist dort-« Sie antwortete: ,,Ali." Da sie aber wußte, das; diese Antwort der Fragenden nicht genü gen tonnte, lief sie hinauf, um zu erklären, daß Ali, ein Verwandten gekommen sei. Mehr konnte sie nicht sagen. Da aber im Hause ihre Be ziehungen zu Ali betannt waren, wußte man sofort, um welchen Ali es sich handelte. Nachdem Einine wieder herunterge tommen war, begann ein gegenseiti geg Fragen. Ali erzählte, daß er schon seit drei Tagen in der Haupt stadt weile, daß er sich aber aus der Reise erkältet habe und deshalb erst jetzt gekommen sei· Und als er mit seinen Erzählungen zu Ende war, sragte sie: »Alt, Du bist gekommen, um mich abzuholen?« Ali lachte, denn er erwartete diese Frage und sprach ihr von seinen Plänen. Einine war nicht einver standen damit. Wozu sollte Ali in der fremden Stadt arbeiten. Sie hatte ja Geld, um einen Wagen und zwei Pferde zu tausen! Aber sie schämte sich, ihm das Geld anzubieten. Jetzt erst fiel es Emine aus, daß Ali hustetr. Er legte jedoch keinen Wert aus diese Erscheinungen und schickte sich zum Fortgehen an, um in der Stadt eine Stelle zu suchen. Als sie sich voneinander verabschie deten, nahm er ihre band und sagte leise: »Emine.« Ei schien. als sollte sein ganzes Dasein von dieser hand abhängen, die er aus sein her-z legte. Dann ..-- « .--«———- -.- -»-... -.-— hauchte er den Namen des Mädchens nochmal über seine Lippen. Eine Woche lang ließ sich Ali nicht blicken. Emine war in Sorge um ihn. Jmmer dachte sie an ihn. Sie iiberlegte, was sie ihm zur Hochzeit taufen sollte, was sie im Dorfe ma chen würden, wie die Vor-hänge sein sollten, die sie für ihr Schlafzimmer kaufen wollte. Sie hatte schon Stoffe fiir neue Kleider und zwanzig Pfund zusammengelegt, von denen sie einen Wagen taufen wollte. Eines Tages schlug der eiserne Klopfer gegen die Haustür. Emine stürzte zur Tür; es war aber nicht Ali, sondern ein Unbekannter, der sie sprechen wollte. Und er sagte ihr, Ali sei lrant, sie möchte rnit ihm kom men. Ali lag in einem armseligen Gast hausr. Die Fenster waren zerbro chen und das Bett bestand aus einem Strohhaufen. Ali lag bewußtlos da und versuchte sich zu erheben, als er Emines Stimme hörte. Er huftete in einem fort und sah schrecklich bleich aus« Emine laufe Wurzeln und Heil trauten legte warme Ziegel in sein Bett und lochte ihm eine Suppe. Bei Sonnenuntergang bat Ali das Mäd chen, heim zu gehen. Emine bestand darauf, bei ihm zu bleiben, doch Ali drängte-. Was würde auch ihre Herr schaft dazu sagen, wenn sie die Nacht über hierbliebe. Da ging die. Jhre Herrschaft machte ihr Vorwürfe dar über, warum sie keinen Arzt geholt habe, und die ganze Nacht hindurch lagen die Gedanken schwer auf ihrem Gewissen: Warum habe ich leinen Arzt aeholth Als sie am andern Tage auf dem Wege zu Ali an einer Apotheke vor beikam, fragte sie nach der Adresse eines Arztes. Ali ärgerte sich über Eminr. Er brauchte keinen Arzt, meinte er. Die ser stellte eine Ertältung fest. Ewi nes zwanzig Pfund verminderten sich Weines. Alis Zustand verschlimmerte sich von Tag zu Tag. Emine brachte immer einen neuen Arzt mit in der Hoff nung, daß einer ihm das richtige Mit- · tel ver-schreiben würde. Jhr Geld schrumpste zusammen. Ali sagte sie freilich, ihre Herrschaft habe die Aekzte geschickt. Einer der Aerzte sagte ihr, Alt könne hier nicht gesund werden, er miisse in ein Krankenhaus oder in sein Dorf gebracht werden Ini« Krankenhaus genas Ali, aber die Blässe wich nicht von seinem Ge sicht. Da nach Emines Meinung nur eine Heimreise Ali retten konnte, schlug sie ihm vor, mit ihr nach dem Dorf zu fahren. Ali wollte nichts davon wissen. Aber Emine bat und sagte: »Wenn Du willst-, kommen wir später wieder, aber jetzt wollen wir fort. lind sie erzählte Von den Er lebnissen ihrer Kinder-jahre, vom Sonnenuntergang, von den Feldern und Wiesen. So schlug denn Ali ein. Als sie den Dampfer verlassen hatten, wollte Ali den Wagen eine-s Bekannten abwarten. Mit rührender Stimme fügte er dann hinzu: »Hätte ich einen eigenen Wagen, würden wir sofort abfuhren-« Am nächsten Morgen hatte Ali Fie ber, das mehrere Tage anhielt. An einem Donnerstag wallten sie reisen. Jm Wagen war Ati bei bester Laune, und mit Sonnenuntergang begann er zu singen. Unterwegs fragte Ali: »Wirst Du Dich verheiraten, wenn ich jetzt ster be«-« Emine antwortete nicht, son dern legte ihm die Hand ans den Mund. Er wiederholte seine Frage nicht mehr, schloß die Augen und schlief ein. Als sie in die Nähe des Teiche-Z ta men, sahen sie aus einem Felsen ein altes Weib sitzen, dessen Augen auf den Weg starrten. Alle Dorsbeivohner versammelten sich im Hause (smi11es. Sie schluchzi te, und die Alte fragte nach Ali. Endlich sagte man ihr die traurige Wahrheit. Sie weinte nicht, hörte nur zu. Dann schrie sie unter einem häßlichen Lachen; Jhr liigtt« . Und von diesem Tage an geht die Alte wieder bei Sonnenuntergang zum Ufer des Teiche-z und wartet auf die Antunst Aliss mit seinem Wagen. — — P r o te st. Missionar: Mein Vorgänger ist hier spurlos verschwun den. Kannibalu Noi. noi, a Zahn hab’ i mi d’bei rausbeißt. —- Höitichk Aufforde rung. No, was hast d« denn mit dem Rassen gemacht, Seppi · Na, was werd i’ gemacht hab’n, zuerst wies i' ihn mit dein Kolben z’techt, dann trat i’ ihm bona Besuch und sagte, wann d« jest net dei’ I wehe wegtust. nacha merk i« steht